Cover


Geschrieben am 20.03.2012
Nachdruck, auch auszugsweise nur nach Genehmigung des Autors

Basiert auf der Kurzgeschichte Fenstertheater von Ilse Aichinger

Rechtschreibung nach bestem Wissen und Gewissen
Coverfoto: © / Plingeh.deviantart.com
Gestaltung, Satz und Bildbearbeitung: Robin Jander




Am Fenster. Wiedereinmal. Wie häufig habe ich hier schon gestanden? Wie häufig den Blick schweifen lassen? Wie häufig erhofft etwas Neues zu sehen?
Etwas Neues. Eine Begebenheit. Eine Rettung vor dem Einerlei des Tages. Doch nichts geschiet. Nichts jetzt. Niemals.
Will mich abwenden. Will mich der Banalität des Alltages zuwenden.
Mein Stilles flehen. Wurde es schließlich doch erhört?
Gerade noch rechtzeitig erhasche ich einen Blick ins Fenster gegenüber. Das Interesse ist geweckt. Die Neugierde flammt auf; Einem Leuchtfeuer in der Dunkelheit gleich.
Ich erkenne ihn sofort: Der Alte von Gegenüber. Doch was tut er da? Meint er etwa mich? Kann das sein? Will er mir durch seine wilden Gesten etwas sagen?
Voller Verwunderung schaue ich weiter hin. Immer klarer wird es. Er will mich zu etwas animieren. Was ist es?
Immer verrückter werden seine Eskapaden; haben schon lange die die Grenzen zum Lächerlichen überschritten. Ist das die Antwort? Ist er verrückt; der Unsinn eine Eruption des Wahns? So muss es sein.
Dennoch bin ich fasziniert, kann meinen Blick nicht abwenden? Es muss etwas geben. Irgendetwas. Es muss Möglich sein. Es muss einen Weg geben.
Es fällt mir ein. Die Polizei. Ja sie muss herbei. Dem Alten muss geholfen werden. Mir muss geholfen werden. Die Alltäglichkeit muss durchbrochen werden.
Es ist richtig. Immer wieder sage ich es mir. Wie ein Mantra. Dann wähle ich.
Es geht schnell. Ganz so wie erwartet. Schon bald sind sie da.
Rasch. Mit raschen Schritten laufe ich durch das Treppenhaus. Es tut gut. Lebendigkeit, so wie lange nicht gefühlt.
Die Polizisten. Voller Erwartung ist ihr Blick. Sie wollen etwas. Etwas von mir. Wollen etwas wissen. Kann es ihnen sagen. Ich alleine. Ich bin Wichtig.
Viele umringen uns. Niemand der Wichtig wäre. Alles konzentriert sich auf mich. Ich stehe im Mittelpunkt. Wie lange schon? Ewig wartete ich auf diesen Moment. Mein Moment. Mit sicherer Stimme spreche ich.
Die Polizisten und ich. Zusammen. Gemeinsam. Als gehörte ich dazu. So betreten wir die Wohnung des Alten. Das Herz Klopf. Aufregung durchströmt, umfließt, umarmt mich. Dankbar. Ich bin Dankbar dafür.
Die Tür fliegt auf. Wir stehen vor dem Alten. Endlich. Kann ich es ihnen zeigen. Es ihnen beweisen: Der Alte ist verrückt. Ich alleine war es. Ich alleine habe es heraus gefunden.
Dann der Schock. Der Blick. Der Blick hinüber. Hinüber in mein Wohnhaus.
Der Alte ist nicht verrückt. Nicht mal verwirrt. Er ist nur gütig. Hat Herz. Er spielt etwas. Etwas für einen Knaben in der Wohnung über der meinen. Ein Spiel. Nur für die beiden. Nicht für mich.
Der Blick in mein eigenes Fenster. Vollkommen finster. Ein Ort ohne Licht. Ein Ort der Kälte. Ein Ort der Einsamkeit.
Es ist mein Augenblick. Mein großer Moment.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 22.03.2012

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