Cover



Geschrieben am 21.07.2011
Nachdruck, auch auszugsweise nur nach Genehmigung des Autors
Rechtschreibung nach bestem Wissen und Gewissen
Coverfoto: © /phoenix.deviantART.com
Coverfoto: © /sei_tan.deviantART.com
Gestaltung, Satz und Bildbearbeitung: Robin Jander




Die Schmerzen beim Erwachen waren fürchterlich. Fast hätte sich Shawn gewünscht das Bewusstesein nicht wiedererlangt zu haben. Es waren sicherlich vier oder fünf Meter gewesen, die er herunter gestürzt war. Der verdammmt Boden hatte einfach unter ihm nachgegen. Zukünftig würde er bei der Auswahl eines Hauses umsichtiger sein, schwor er bei sich.
Vorsichtig versuchte er sich zu bewegen. Es war schmerzhaft. Doch zumindest schien nichts gebrochen zu sein. So weit so gut. Hier draußen war ein gebrochenes Bein gleichbedeutend mit einem zumeist sehr grausamen Tod. Wieder einmal war Shawn also mit dem Glück davon gekommen.
Langsam rappelte er sich auf und tastete nach seiner Taschenlampe. Es war stockdunkel. Er musste wohl im Keller aufgeschlagen sein.
Erst nach einigen Minuten ertasteten seine Finger die bekannte Form der Lampe. Sie war defekt. Shawn konnte es nicht glauben. Ganze zwei Kanister Wasser hatte er für sie springen lassen müssen. Kopfschüttelnd verstaute er sie in seinem Rucksack. Später würde er sie vielleicht reparieren können. Dann wäre es doch keine komplette Fehlinvestion gewesen.
Jetzt jedoch waren erst einmal gravierender Probleme zu lösen. Er musste hier heraus kommen. Unsicher versuchte er sich durch den Raum zu bewegen. Dies alleine stellte schon eine Herausforderung da. Immer wieder stolperte er über Bretter oder sonstiges Gerümpel. Dabei auch noch einen Ausgang zu finden war gelinde gesagt schwierig.
Dennoch gelang es ihm schließlich. Erleichterung machte sich in Shawn breit, als seine Finger sich fest um die Türklinke schlossen. Schnell wandelte sich das Gefühl in Frustration. Das durfte einfach nicht wahr sein. Die bescheuerte Tür war nicht zu öffnen. Nicht einmal die Klinkie ließ sich herunter drücken.
Shawns Gedanken rasten. Im Geiste ging er seine Möglichkeiten durch. Natürlich konnte er versuchen einen anderen Ausgang zu suchen. Allerdings bezweifelte er stark hier noch einen Weiteren zu finden. Das Loch in der Decke, durch das er gekracht war schied auch aus. Zwar hatte er ein Seil dabei, aber hier unten half ihm das auch nicht weiter. Vielleicht würde ihn jemand hier unten finden. Jedoch bezweifelte Shawn stark, dass ihm dieser Jemand freundlich gesonnen sein würde. Es war allseits bekannt, dass sich in den Ruinen der Stadt Aasgeier aufhielten.
Aasgeier. Alleine bei dem Namen wurde es Shawn ganz anderes. Im Dorf hatte er Geschichten gehört. Mörder und Wahnsinnige, die sich in den einstigen Städten breit gemacht hatten. Wer ihnen in die Hände fiel hatte mindestens mit Versklavung zu rechnen. Vieleicht auch mit Vergewaltigung. Oder er wurde einfach umgebracht und gefressen. Möglicherweise konnte einem sogar alles zusammen blühen. Die Reihenfolge war dabei unerheblich. Nein, lieber würde Shawn sterben als von diesen Tieren gefasst zu werden.
Dabei war er gewarnt worden, wie gefährlich es hier draußen war. Aber in seinen Augen war der mögliche Gewinn einfach zu verlockend gewesen. In diesen Ruinen hatten die Vorfahren gelebt. Vor vielen Generationen. In der Zeit vor dem fünf Jährigen Winter. Bis heute rankten sich Legenden um die sagenhaften Errungenschaften, die damals Normalität waren. Und immer wieder konnte ein findiger Sucher etwas von diesem Reichtum bergen. Die meisten Dinge waren für immer zerstört. Oder man hatte im laufe der Zeit vergessen, wie sie zu reparieren waren. Einige Gegenstände hingegen waren auch nach Jahrhunderten noch zu gebrauchen. Auf diese Weise war Shawn auch zu der Lampe gekommen, die nun nutzlos in seinem Rucksack lag. Ein Sucher hatte sein Dorf besucht und seine Fundstücke dort angeboten. Er war es gewesen, der Shawn auf die Idee gebracht hatte hier her zu kommen.
Niedergeschlagen ließ sich Shawn an der Tür herab sinken. Wie von alleine wanderten seine Gedanken zu jenem ersten Treffen vor drei Wochen zurück:


Mit großen Kanistern beladen machte sich Shawn auf den Weg zum Brunnen. Noch war der Tag jung und die Luft angenehm kühl. Bereits in wenigen Intervallen würde sich dies Ändern. Schon jetzt konnte er fühlen, wie die Sonne unbarmherzig auf seiner Haut brannt. Spätestens wenn sie im Zenit stand würde man es draußen nicht mehr aushalten können.
Jeden Morgen legte er diesen Weg zurück. Seine Familie gehörte zu den Wenigen, die überhaupt jeden Tag Wasser beziehen durften. Und das auch nur, weil sie Gemüse anbauten, welches im Dorf dringend benötigt wurde. Dennoch war es ein Luxus. Andere Familien mussten mit ihren sparsammen Rationen auskommen. Wasser war Mangelware. Nur einmal im Jahr, wenn der große Regen kam und der Brunnen aufgefüllt war, wurde die Rationierung aufgehoben. Hierüber würden jedoch noch einige Mondzyklen vergehen.
Obwohl es noch früh war, herrschte bereits rege Beschäftigung im Dorf. Er war nicht der Einzige, der die kühlere Tageszeit ausnutzte. Später würden sich alle in ihre unterirdischen Behausungen zurück ziehen und auf den Sonnenuntergang warten. Beiläufig schaute sich Shawn um. All die Wellblechverschläge und Holzhütten, welche die Eingänge zu den eigentlichen Wohnzellen bildeten, kannte er seit er denken konnte. In diesem Dorf war er vor siebzehn Regen geboren worden und hier würde er wohl auch sterben. Etwas anderes kannt er nicht. So war es bei fast jedem, der hier lebte. Einzig der alte Cloud hatte nicht immer hier gelebt. Aber auch er war bereits lange vor Shawns Geburt hier her gekommen. Was Cloud vorher gemacht hatte, wo er gelebt hatte, war ein großes Geheimnis. Niemand hier wusste es. Als Kind hatte Shawn häufig versucht ihn auszufragen. Die Antwort war immer die selbe gewesen: „Lass gut sein Jung'. Da draussen ist nichts wovon's sich zu erzählen lohnt. Kannst'de mir ruig glauben. Hier ist's besser als überall sonst.“
Shawn hatte das immer angezweifelt. Andererseits war dass was die Anderen von der Welt dort draußen erzählten wirklich nicht sehr erbauend. Sie redeten von Aasgeiern, toten Ruinen und Monstern, die jeder Beschreibung spotteten. Doch jedes Mal wenn Shawn den Glauben an die Welt dort draußen verlieren wollte, erinnerte er sich an die Helden seiner Kindheit. Die Sucher. Von ihnen berichteten die Alten nur flüsternd. Mutige Männer und Frauen seihen sie. Glücksritter, die weder Tod noch Teufel fürchteten. Sie waren es, die die Wunder der Vorfahren ihren Gräbern entrissen und sie den Menschen brachten. Aber mit eigenen Augen gesehen, hatte Shawn noch keinen. Angeblich soll vor vielen Regen einmal einer ins Dorf gekommen sein. Aber wenn dies stimmte, war es so lange her, dass sich nur noch eine Hand voll Bewohner...
Er kam nicht dazu, den Gedanken zu Ende zu führen. Sein Blick hatte sich an etwas verbissen, was Shawn noch nie zu sehen bekommen hatte. Dort draußen aus dem Staub der Ödnis schälte sich eine Gestallt. Es war ein Mensch. Fast hätte Shawn vergessen zu atmen, so aufgeregt war er. In seinem ganzen Leben hatte er nie erlebt, dass jemand in ihr Dorf kam. Auch andere hatten erkannt, was da vor sich ging und versammelten sich um den Rand des Dorfes. Mehre dutzend Augenpaare hefteten sich auf den Fremden; beobachteten wie er langam näher kam.
Je näher er kam, umso mehr wurde Shawn von dem Unbekannten in dessen Bann gezogen. Voller Faszination betrachte er ihn. Er sah so Fremdartig aus. In einem Dicken Mantel gehüllt, das Gesicht von einer Maske verdeckt, stapfte er vollkommen ungerührt durch das Ödland. Statt der Sandalen, die hier üblich waren, trug er schwere Stiefel. Selbst seine Hose war gänzlich anders als die hiesigen. Sie selbst nähten ihre Beinkleider aus groben Leinenstoff. Der Unbekannte trug hingegen Hosen aus einem einem dichten, robusten Stoff. Und sie war mit zahlreichen Taschen und Schlaufen bedeckt.
Ganz instinktiv wusste Shawn, wen er hier vor sich hatte. Es konnte sich um niemand anderen als um einen Sucher handeln. Bei dem Gedanken machte sein Herz einen Sprung. Ein Sucher, ein Held seiner Kindheit, besuchte ihr Dorf. Er konnte es kaum noch erwarten, dass er das Dorf erreichte. Am liebsten wäre Shawn dem Fremden sogar entgegen gelaufen. Das kam ihm allerdings doch zu kindisch vor. Also musste er sich gedulden.
Es lohnte sich. Erst wenige Schritte vom Dorfrand entfernd, nahm der Sucher die Maske vom Gesicht. Was Shwan ohnehin schon vermutet hatte bestätigte sich. Es handelte sich um einen Mann. Vielleicht ein oder zwei Regen älter als er selst. Dennoch spiegelte sich nichts jugendliches mehr in seinem leicht rundlichen Gesicht wieder. Vielmehr schien es wie in Granit gemeißelt zu sein. Die dunklen Haaren waren auf wenige milimeter abgeschoren. Nur seine hellgrün schimmernden Augen verrieten eine gewisse weichheit.
„Hallo“, grüßte er die Versammelten kurzum. „Ihr scheint hier nicht oft Besuch zu bekommen?“
Die Sirn in falten gelegt beobachtete der Fremde die Menschen vor ihm. Keiner machte anstallten ihm zu antworten. Nach wie vor starrten sie ihn einfach nur an. Hier und da blitzen sogar feindselige Blicke auf.
„Also, ich will euch keinen Ärger machen. Es wäre nur schön, wenn ich für ein Nacht irgendwo schlafen könnte. Und vielleicht hättet ihr ja auch noch etwas Wasser? Natürlich nicht umsonst. Ich habe Dinge, die ich mit euch tauschen könnte.“
Enttäuschung machte sich in Shawn breit als ihm das Gerede rund herum bewusst wurde. Zwar konnte er nur einige Wortfetzen aufschnappen, doch deren Bedeutung war eindeutig. Die Dörfler waren alles andere als begeistert über das erscheinen des Fremde. In diesem Moment konnte Shawn die Menschen einfach nicht verstehen. Hier passierte gerade etwas großartiges. Wie konnten die Dörfler da nur eine Störung ihr Alltags befürchten? Waren die Leute denn wirklich so kleingeistig? Nicht einer schien dem Unbekannten willkommen heißen zu wollen.
„Du kannst bei uns übernachten. Und das mit dem Wasser bekommen wir bestimmt auch hin“, hörte sich Shawn plötzlich sagen. Es wr einfach so aus ihm heruas geplatzt. Alle starrten ihn an. Ein Paar mit Verwunderung, ander wirkten eher zornig. Selbst der Sucher musterte ihn mit hochgezogener Augenbraue. Shawn versuchte es zu ignorieren. Zumindest soweit das überhaupt möglich war. Sollten doch all denken was sie wollten. Wenigstens er würde nicht unhöflich sein. Ebensowenig wie er sich die Gelegenheit entgehen ließe mit dem Sucher zu sprechen.
Ein Nicken war die einzige Reaktion des Fremden. Offensichtlich war auch diesem die Situation alles andere als angenehm.
Seite an Seite und ohne ein Wort zu wechseln verließen Shawn und der Unbekannte die Versammlung. Nur zu deutlich war sich Shwan der Blicke bewusst, welche sich in seinen Rücken bohrten.


Fortsetzung gewünscht?



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Tag der Veröffentlichung: 21.07.2011

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