Geschrieben am 03.06.2011
Nachdruck, auch auszugsweise nur nach Genehmigung des Autors
Rechtschreibung nach bestem Wissen und Gewissen
Coverfoto: © /Privatfoto
Gestaltung und Satz: Robin Jander
Die Zelle um mich herum war vollkommen dunkel und gerade einmal einen Quadratmeter groß. Weder Türen noch Fenster, nur blankes Mauerwerk um mich herum.
Ich wusste nicht, wie lange ich hier schon saß. Jegliches Gefühl für Zeit war mir abhanden gekommen. Vielleicht waren es nur wenige Jahre, möglicherweise auch schon Jahrzehnte. Zu Anfang hatte ich mich noch gewehrt gehabt. Doch umso mehr ich kämpfte, desto schneller verlor ich meine Energie. Mein Verstand sah die Niederlage damals rasch kommen. Nur die Seele brauchte länger um es zu erkenen. Schließlich hatte ich aufegeben. Was war mir anderes übrig geblieben?
Dies war der Moment gewesen, in dem beruigende Lethargie mich erfasste. Alles wurde trübe, bis sich meine Wahrnehmung gänzlich aschaltete
Doch warum war ich nun aufgewacht und was war inzwischen mit mir geschehen? Ich konnte nicht einmal mehr sagen, wer mich in diese Zelle gesperrt hatte. Doch eines wusste: Ich musste hier heraus.
Aus vollem Halse begann ich zu schreien und um mich zu schlagen. Es half nichts. Im Gegenteil. Ich fügte mir dabei nur selber Verletzungen zu. Es war ganz so wie beim ersten Mal. Meine Energien verließen mich. So würde ich nicht weiterkommen. Statt meine Zeit also weiter in sinnlose Ausbrüche zu verschwenden, setze ich mich in eine Ecke und begann angestrengt nachzudenken. Irgendwo in meiner Vergangenheit musste der Schlüssel zur Freiheit verborgen liegen.
Mit fest verschlossenen Augen versuchte ich mich zu erinnern. So wenig ich auch daran geglaubt hatte, es gelang. Eine Flut von lange vergessenen Bildern strömte auf mich ein.
In der Mitte einer großen Wiese, unter einem sonnenklaren, blauen Himmel entdeckte ich einen kleinen Jungen. Niemand sonst stand dort bei ihm. Die Schultern hingen traurig nach unten, der Blick gen Boden gerichtet. Vor meinen Augen veränderte sich das Bild.
Der Himmel zog sich allmählich zu und andere Meschen betraten die Wiese. Einige von ihnen betrachteten den Jungen überhaut nicht, andere tätschelten ihm kurz den Kopf nur um ihm wenige Sekunden Später auf den Hinterkopf zu Schlagen. Viele beannen sogar Steine nach ihm zu werfen. Bei jedem Treffer, den er abbekam zuckte der Junge zusammen. Ein leises Wimmern drang an mein Ohr, doch außer mir schien es niemand zu bemerken.
Auch auch der Junge wandelte sich. Er wuchs, wurde älter. Nur seine Narben verheilten nicht. Sie blieben dort wo Steine und Schläge sie hinterlassen hatten. Irgendwann blieckte er endlich auf. Tränen rannen sein Gesicht herunter. Seine Hände streckten sich den Steinen um ihn herum entgegen.
Doch er wehrte sich nicht. Er stapelte die Steine um sich herum auf, bis sie einen dichten Schutzwall bildeten. Immer schneller wurde sein Tun, bis nur noch ein großer Quader an der Stelle des Jungen stand.
Der Junge war ich. Niemand hatte mich hier an diesem Schrecklichen Ort eingesperrt. Ich selbst war es gewesen, der alle anderen ausperrte.
Tag der Veröffentlichung: 03.06.2011
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