Bei dieser Kurzgeschichte handelt es sich ausdrücklich
um eine fiktive Handlung ohne Bezug zur Realität.
Geschrieben am 28.06.2009
Nachdruck, auch auszugsweise nur nach Genehmigung des Autors
Rechtschreibung. nach bestem Wissen und Gewissen
Coverfoto: © /aqua1000.deviantart.com/
Gestaltung und Satz: Robin Jander
Ich ging zu unserem Tisch. Mein Essen hatte ich gerade bestellt und jetzt war es Zeit um ein bisschen Spaß mit meinen Freunden zu haben, bevor es weiter ging. Wir machten es jeden Freitag so. Die meisten von uns hatten nur fünf Stunden Schule und dann anderthalb Stunden Zeit, bis wir zu den Proben mussten. Also machten wir das beste daraus und gingen essen. Praktischer weise war direkt gegenüber unserer Schule ein griechischer Imbiss. Und hier fanden wir uns jede Woche ein. Es war ein Ritual, das wir allwöchentlich seit circa eineinhalb Jahren zelebrierten. Und wir liebten es so unbeschwert Zeit miteinander verbringen zu können. Wir alle waren im Grunde ganz verschieden, und doch teilten wir etwas. Wir alle waren in der Theater AG unserer Schule.
Ich selber war schon seit vier Jahren dabei, also seit ich elf war. Damals hätte ich mir nie träumen lassen, was diese einfache Arbeitsgemeinschaft für mich aus machen würde. Und doch hatte ich hier all meine Freunde getroffen. Dies war insbesondere daher für mich sehr wichtig gewesen, da ich vorher nie wahre Freunde gehabt hatte. Natürlich waren da ein paar Leute gewesen, mit denen man sich verstanden hat, aber wahre Freunde waren es nicht. Das hatte sich aber glücklicherweise geändert. Nun hatte ich einige wirklich gute Freunde. Ei paar von Ihnen waren jetzt schon nicht mehr auf unserer Schule, da sie doch um einiges älter waren. Andere waren in meiner Klasse oder meiner Stufe.
Nun saßen wir wiedereinmal hier. Wir lachten, redeten und lästerten über unsere Lehrer und Schulkameraden. Und doch war ich heute mit dem Kopf nicht ganz dabei. Es war schon den ganzen Tag so. Ich konnte mich weder auf den Stoff in der Schule noch auf sonst etwas konzentrieren. Etwas beschäftigte mich. Ich wusste, was ich mir für heute vorgenommen hatte und mir war auch klar, dass es nicht einfach werden würde. Jede Windung meines Verstandes kreisten um jene drei Wörter: Ich bin Schwul. Das ich Schwul bin, wusste ich schon seit Jahren, aber für heute hatte ich mir vorgenommen mich vor meinen Freunden zu outen. Ich hatte schon jetzt einen großen Kloß im Hals, wo ich nur daran dachte. Noch hatte ich keine Ahnung, wie und bei welcher Gelegenheit ich es ihnen sagen sollte. Wie würden sie reagieren? Denjenigen meiner Freunde, die schon nicht mehr auf unserer Schule waren, hatte ich es bereits vor zwei Wochen gesagt. Es waren Herbstferien gewesen und wir waren gemeinsam in den Urlaub nach Trier gefahren. Ich hatte diese Gelegenheit wahrgenommen um ihnen reinen Wein einzuschenken. Sie alle hatten äußerst positiv reagiert. Es war nicht einer dabei gewesen, der ablehnend mir gegenüber gewesen wäre. Und doch hatte ich Angst, wie der heutige Tag ausgehen würde.
Ich hatte ernsthafte Bedenken, dass mich die Menschen, die ich nach so vielen gemeinsamen Jahren zu lieben gelernt hatte, plötzlich ablehnten. Sie alle waren mir derart wichtig, dass ich ihre Ablehnung nur schwerlich hätte ertragen können. Und doch war mir insbesondere die Meinung eines bestimmten Menschen wichtig. Sascha. Sascha war mir wichtiger als jeder andere hier. Insgeheim, war ich verliebt in Sascha, auch wenn ich wusste, dass daraus nie etwas hätte werden können. Trotzdem wäre es sehr schmerzlich gewesenen, wenn er auf einmal nichts mehr mit mir hätte zu tun haben wollen.
„Robin, wo bist du den gerade?“, fragte mich Sascha. Er lächelte mich an. Wie so häufig schien es als ob er in mir lesen würde und sofort sagen konnte was mit mir war.
„Ähm, worum ging es gerade? Ich war noch bei der Klassenarbeit heute“, erwiderte ich.
Verdammt, noch blöder hätte ich auch nicht Antworten können. Das lächeln auf Saschas Gesicht wurde nur noch breiter. Dieses Lächeln war es, dass mich zeitweise wirklich verrückt machen konnte. Es lag so viel, Charme und Witz in ihm. Und dann erst die Augen. In diesen Augen hätte man sich wirklich verlieren können.
Langsam merkte ich, wie ich schon wieder abdriftete. Doch dieses mal zog ich rechtzeitig die Reißleine und kam gedanklich ins hier und jetzt. Das hätte mir gerade noch gefehlt, dass er merkte, dass ich was für ihn übrig hatte. Sascha war durch und durch Hetero, dass hatte ich bereits gemerkt und ich wollte unsere wirklich gute Freundschaft nicht durch meine Schwärmerei verderben. Also richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Menschen um mich herum. Ich musste innerlich Grinsen, als ich wieder die unterschiedlichsten Persönlichkeiten an diesem Tisch versammelt sah, die sich doch so grandios verstanden.
Es war Zeit zu gehen. Die Probe würde in wenigen Minuten anfangen. Wir erhoben uns alle und zahlten einer nach dem anderen unser Essen und unsere Getränke. Danach gingen wir alle zusammen zurück zur Schule. Wir waren alle so unbeschwert, wie wir es nur sein konnten, wenn wir unter uns waren. Auch ich war nun endlich wieder halbwegs ich selbst, auch wenn ich mein vorhaben stets im Hinterkopf hatte. Wir schlenderten lachen und scherzend über die Straße und gingen zu unserer Aula, wo wir für unsere große Aufführung probten. Dieses Jahr hatten wir eine Kriminalkomödie geplant. Leider waren die Fortschritte bis jetzt noch sehr schleppend. Daher hatten wir uns vorgenommen heute ganz besonders hart zu proben. Wir bogen gerade um die Ecke, die zur Aula führt, als wir auch schon unsere zwei Lehrerinnen bzw. Regisseurinnen sahen. Wir waren gerade rechtzeitig gekommen. Es ging direkt los.
Der Tisch wurde achtlos in der Ecke abgestellt. Genauso war es mit allen anderen Requisiten, die wir gebraucht hatten. Mittlerweile waren wir alle ziemlich fertig und wollten einfach nur noch nach Hause. Entgegen unserer sonstigen Gewohnheit hatten wir nicht nur zwei sonder gleich vier Stunden geprobt. Die Erfolge waren heute durchaus sichtbar gewesen. Viele hatten sich in diesen wenigen Stunden messbar verbessert. Nichtsdestotrotz hatte ich mein Vorhaben, das bisher immer noch nicht umgesetzt war. Also rief ich kurz in den große Raum:
„Moment bitte noch, setzt euch doch alle nochmal kurz zusammen. Ich habe euch etwas zu sagen.“
Ich hörte einiges murren, aber verdenken konnte ich es ihnen nicht. Wie gesagt, wir wollten alle gerne Heim. Trotzdem setzten sich alle noch einmal in einen Halbkreis auf diverse Stühle und harten der Dinge die da kommen würden.
Ich saß ihnen allen direkt gegenüber auf der anderen Seite des Halbkreises. Der Kloß den ich vorhin schon gespürt hatte, wurde dicker und dicker. Er drohte mir fast die Kehle zu zuschnüren. „Ich wollte euch allen etwas sagen. Ich hoffe, dass es nichts ändern wird, aber ich denke, dass ihr es wissen sollte. Schließlich seit ihr alle sehr wichtig für mich. Ich will einfach nicht, dass ich mich bei euch ständig verstellen muss.“
Erwartungsvolle Blicke schauten mich an. Es schien bis jetzt noch keiner genau zu wissen, worauf ich hinaus wollte.
„Nun ja, wie sagt man es am besten? Ich bin Schwul.“
Der letzte Satz schien mir selber so leise zu sein, dass es keiner hätte hören können. In der Tat war es einen Augenblick lang still. Doch dann überschlugen sich plötzlich die verschieden Stimmen. Und ich wusste endlich, dass es sie nicht weiter interessierte. Sie alle gaben mir zu verstehen, wie sehr sie mich bewunderten, dass ich es ihnen offenbart hatte und dass es ihnen sehr egal war, ob ich auf Mädchen oder Jungs stand. Endlich war auch diese Hürde bewältigt. Ich war sehr erleichtert. Doch all das verblasste plötzlich als ich Sascha sah. Er nickte nur kurz und machte anstellten seine Sachen zu packen. Eigentlich wollte ich mit ihm, wie ich es jedes Mal tat, zur Bushaltestelle gehen. Schließlich fuhren wir beide mit dem selben Bus. Doch er eilte schon aus der Aula und ich unterhielt mich noch mit meinen anderen Freunden. All Ihre Reden, ihre Gratulationen zu meinem Mut waren auf einmal ganz weit weg. Das was ich befürchtet hatte, dass schlimmste, was damals hätte passieren können, war geschehen. Ich wusste, dass es zwischen mir und Sascha nie wieder wie zuvor werden könnte. Er hatte mir gezeigt, was er dachte.
Erst viel später als normal kam ich an der Bushaltestelle an. Ich nutze jede Möglichkeit um den Bus zu verpassen und damit Sascha aus dem Weg zu gehen. Einerseits war ich glücklich nun allen meinen lieben gesagt zu haben, was es zu sagen gab. Sie alle waren so lieb zu mir gewesen, dass ich wusste, es machte ihnen nichts aus. Selbst die Lehrerinnen waren zwar anfangs etwa geschockt gewesen, hatten dann aber ihren Respekt und ihre Bewunderung bekundet. Und doch war es einzig und allein Sascha gewesen, dessen Verhalten mich bis ins Mark erschütterte. Er alleine hatte es geschafft aus einem für mich eigentlich schönen Moment, einen der traurigsten meines Lebens zu machen. Selbst als ich schon im Bus saß und den über 30 Kilometer langen Weg fast hinter mich gebracht hatte, trübte es noch meine Gedanken. Ich war unglücklich. Nichts hätte das verändern können. Besser gesagt hätte es nur einer verändern können, doch es war wohl endgültig mit unserer Freundschaft vorbei.
Fünf Wochen waren seit meinem Outing vor meinen Freunden vergangen. Nichts hatte mich in diesen fünf Wochen aufheitern können. Das Essen war fade, der Alkohol war war trübe und der Alltag schmerzhaft. Nie hätte ich erwartet dass mich Saschas verhalten so mitnehmen könnte. Ich war wohl doch viel mehr in in verschossen, als ich es jemals gedacht hätte. Nach meinem Outing hatte er gerade mal das Nötigste mit mit geredet. Ich merkte, das etwas in ihm zutiefst bestürzt war und entsprechend groß war die Kluft zwischen uns. Ich wäre fast daran verzweifelt, doch dann kam das Licht am Ende des Tunnels, in dem ich mich emotional befand. Eigentlich war es eine Kleinigkeit, doch für mich war es alles. Bei uns im Dorf war ein mittelalterliches Fest. Ein solches Fest war für unsere Region relativ einzigartig. Ich wollte unbedingt dort hin, da ich für ein solches Event wirklich einen Fable hatte. Dankbarer Weise wollte meine Mutter an diesem Wochenende zu ihrem Freund. Also hatte sie mich mit vielen Regeln, die ich eh nicht befolgte und einigem Geld für zwei Tage verlassen. Dies allein wäre schon genug gewesen, um meine Stimmung ein wenig aufzuheitern, aber was dann geschah war für mich unbeschreiblich. Sascha hatte mich in der Schule gefragt, ob wir nicht zusammen zum Fest gehen könnten. Und da war endlich wieder sein unwiderstehliches Lächeln gewesen. Ich hätte beinahe vergessen ihm zu antworten, als ich mich nach so langem entbehren wieder in seinen Augen verlieren konnte. Diese Augen waren es, die mich verrückt werden ließen. Sie waren es, die mich manchmal ihm gegenüber wie ein Trottel erscheinen ließen. Auch in dem Moment war es so gewesen. Er hatte mich drei Mal fragen müssen, ob das in Ordnung sei, weil ich nur an seine Augen denken musste.
Natürlich war es in Ordnung gewesen. Das er bei mir obendrein auch noch schlafen wollte, war fast zu viel für mich. Ich wusste immer noch nicht, wie ich mich verhalten sollte. Das einzige was ich wusste war, dass ich ihn liebte. Ich wusste, dass ich alles an ihm liebte. Er war der perfekte Junge für mich. Er war mit seinen knappen ein Meter und siebzig etwas kleiner als ich und hatte einen leiten Bauch, den ich nur zu gerne berührt hätte. In seinen blonden kurzen Haaren wollte ich mich vergraben und seine blauen Augen waren zum verlieben. Alles in allem war er der Boy, den ich wollte. Und doch konnte ich ihn nicht haben. Dass er zu mir kam war eine Art Friedensangebot. Und ich wusste einfach nicht wie ich damit klar kommen würde, ihn bei mir zu haben. Ich wollte ihn berühren, seine weiche Haut streicheln und doch konnte ich nichts von alle dem.
All diese Gedanken gingen mir durch den Kopf als ich meine Haare machte. Ich wollte unbedingt gut aussehen. Egal ob Sascha was für mich übrig hatte oder nicht, ich wollte für ihn gut aussehen. Kurz sah ich in den Spiegel, bevor ich los musste. Ich sah mich. Nicht das ich mit mir wirklich zufrieden war, mit meinen mindestens zehn Kilo Übergewicht. Aber so ging es einigermaßen. Mein kurzes dunkelblondes Haar war aufgestellt, wodurch auch meine Naturwelle gut zu Geltung kam. Ich hatte, da es immer noch sehr warm war, eine kurze beigefarbene Hose und ein weißes T-Shirt gewählt. Nein, ich war bestimmt nicht mit mir bis zur Gänze zufrieden und doch war ich soweit, dass ich mich raus traute ohne mich deplatziert zu fühlen.
Trotz all dieser Gedanken war ich glücklich als ich mich in Richtung Bushaltestelle aufmachte. Schließlich würde Sascha gleich dort sein. Ich war so froh dass es offensichtlich wieder zwischen mir und Sascha so war wie zuvor. Es hatte sich bereits am letzten Freitag abgezeichnet. Es war fast so als habe es mein Outing nie gegeben. Wir hatten unbeschwert gelacht und Witze gerissen. Hatten uns angelächelt und einfach ganz ohne Worte verstanden. Das war eine Fähigkeit, die Sascha und ich über die Jahre entwickelt hatte. Wir konnten uns anschauen und und ganze ohne Worte verständigen. Es war sogar so weit gegangen, dass wir auf der Bühne wilde Lachanfälle bekommen hatten, ohne das irgendjemand gewusst hätte warum. Wir musste uns nur gegenseitig in die Augen blicken um zu wissen, was der andere dachte. Diese tiefblauen Augen, die mich so in ihren Bann zogen. Die mich tiefer und tiefer in Sascha eindringen und mich verloren in der realen Welt wirken ließen. Ich war ihnen wieder verfallen, gerade als Sascha aus dem Bus aus stieg. Seine Augen waren das einzige, was ich benötigte um mich ganz nah bei ihm zu fühlen. Nichts war mehr wichtig, nichts mehr real. Nur dieses unendliche blau. Ich war so verliebt in ihn. Erst jetzt wurde mir wirklich klar, wie tief meine Zuneigung ging, wie sehr ich seine Nähe genoss und wie sehr mich seine Abwesenheit in den letzten Wochen geschmerzt hatte. Es hatte so verdammt weh getan. Es war fast so als ob ich nicht komplett gewesen wäre. Alles war so leer gewesen. So trist. Nun war ich endlich wieder mit ihm zusammen.
Gemeinsam gingen wir in Richtung des Festes. Wir hatten eine Menge Spaß. Wieder war es so, das wir uns einfach nur anschauen musste, um plötzlich anzufangen zu lachen. Da war dieses tiefe Verständnis zwischen uns, dass ich nun endlich wieder geniessen durfte. Es war einer der schönsten Abende meines Lebens. Wir hörten den Trommeln und den Dudelsäcken zu, die einschmeichelnde Musik von sich gaben und tranken den Met, der unser Laune nur noch mehr steigerte. Alles hier war so perfekt. Alles mit ihm war schön. Mir wären beinahe die Tränen gekommen, so schön war es. Die Zeit war zwischen zeitig schon stark fortgeschritten, so dass wir uns unter einem sternenklaren Himmel wiederfanden. Lagerfeuer brannten hell und die Musik war allgegenwärtig geworden.
Ich lachte. Sascha war einfach komisch. Er hatte einen Witz und einen Schalk in seinen Augen, der einen einfach mitreißen musste. Zumindest mir ging es immer so. Und wieder waren da seine Augen. Fast schien es mir so, als würden sich sowohl das Lagerfeuer als auch der Schein der Sterne in ihnen widerspiegeln. Doch ich merkte, das etwas nicht wie sonst war. Wahrscheinlich hatte Sascha meine schmachtenden Blicke bemerkt. Innerlich verfluchte ich mich selbst. Der Alkohol und die gesamte Stimmung hatten mich wohl dazu verleitet, mehr zu zeigen als ich eigentlich wollte. Was sollte er nur von mir denken? Doch dann merkte ich, dass es sich nicht darum handeln konnte. Sascha schaute mich mit einem wissenden und doch fordernden lächeln an, als ob er mich durchschaut hätte und doch mehr wollte. Ich war vollkommen verwirrt. Wir beide standen abseits des Restes und genossen die Atmosphäre. Unsere Gesichter waren uns ohnehin schon sehr nahe, doch er verkürzte den Abstand noch. Und auf einmal war alles ganz einfach. All das nachdenken, das Warum und Wozu war verschwunden. Sein Kopf bewegte sich allmählich auf meinen zu. Seine Lippen kamen meinen immer näher. Und auf einmal war alles gut für mich. Seine Lippen lagen auf meinen. Sein Körper schmiegte sich fest und weich an meinen an. Es war das erste Mal, dass ich einen anderen Menschen küsste, und diese Nähe brachte mich fast um den Verstand. In Erwartung des kommenden öffnete ich leicht meinen Mund und seine Zunge drang sanft in meinen ein. Unsere Zungen berührten sich und fingen langsam an einander sanft zu umspielten. Dieses Gefühl war unbeschreiblich und wunderschön. Wir küssten uns so minutenlang. Wir genossen die wärme des fremden Körpers und verloren uns ineinander. Meine Hände vergruben sich in seinen Haaren und ich konnte seine Hände auf meinem Rücken spüren. Wir beide waren in diesem lang gezogenen Moment so vertieft in uns, dass wir nichts um uns herum wahrnahmen. Alles verschwamm, alles verschwand, bis nur wir beide noch übrig waren.
Als wir uns schließlich löste und uns anlächelten, machte mein Herz einen Sprung. Alles was ich mir jemals erhofft hatte, war in diesem Moment erfüllt worden. Und doch nahm ich meine Umgebung wahr. Es war ein kleines Dorf und ich konnte die missbilligenden Blicke der Menschen um uns herum förmlich auf mir spüren. Sie alle waren mir egal. Nie hätte ich gedacht, dass sie mir so gleichgültig hätte sein können, doch jetzt war alles egal. In diesem Moment war nur Sascha für mich wichtig. Und ich konnte spüren, das es ihm genauso ging. Die Stimmung lässt sich wohl nie wieder wiedergeben, doch sie war grandios. Sie war so bewegend für uns beide. Trotzdem wollten wir weg von hier. Es war nichts, was einer von uns hätte aussprechen müssen. Es war eine stille Übereinkunft zwischen uns. Wir beide wussten es.
Wir machten uns auf den Heimweg. Schon wenige Schritte nachdem ich losgegangen war, spürte ich Saschas Hand, wie sie nach meiner tastete. Ich ergriff sie nur zu gerne. Seine Wärme so zu fühlen war ein Genuss für mich. Es war im Grunde eine Kleinigkeit; nur eine Hand, ein paar Quadrat Zentimeter Haut auf meiner. Und doch war es für mich in diesem Moment das Größte, was mir hätte passieren können. Den ganzen Weg über nach Hause fühlte ich mich so beschwingt, so unbeschwert, so glücklich. Immer wieder machten wir lange Pausen um unsere Lippen aufeinander zulegen und die Küsse des Anderen zu fühlen.
Als wir bei mir ankamen war nichts von dem Zauber verflogen. Wir beide waren verliebt in einander und der eine konnte es dem anderen ansehen, so wie er ihn nur anschaute. Das meine Mutter nicht da war, machte es in diesem Moment nur einfach für uns beide. Wieder war dieses Lächeln zwischen uns, das alles verriet. Wir wussten was wir wollten und dass es nur der andere erfüllen konnte. Wieder nahm ich Sascha in meine Arme, wieder fühlte ich seine Zunge in meinem Mund. Wieder deren zärtliche Berührung. Auch fühlte ich seine Hände an Meinem Hintern. Sie streichelten leicht darüber und fuhren unter mein T-Shirt. Ich meinerseits fuhr unter seine Hose und seine Boxer um seine weichen Kurven an seiner Hinterseite zu erforschen. Langsam zog er mir mein T-Shirt aus. Einen Moment standen wir so voreinander, bis ich meine Hände zu seiner Brust führte und allmählich anfing sein Hemd aufzumachen. Knopf für Knopf wurde immer mehr von seinem Oberkörper für mich sichtbar. Ich genoss es langsam mit meinen Fingern darüber zu fahren und seine warme weiche Haut zu fühlen.
Ich war so erregt, dass ich ihn nahm, hoch hob und ungestüm auf mein Bett warf. Ich legte mich direkt auf ihn, so dass ich seinen Körper unter mir fühlen konnte. Wieder küssten wir uns und dieses mal wusste ich nicht mehr, wie lange wir so lagen. Als wir uns wieder von einander lösten und uns anschauten konnte ich nicht anders als im zu sagen: „Ich lieb dich. Schon seit langem. Nur dachte ich immer, dass du das nie erwidern würdest.“ Auf einmal war es still. Sascha schaute mich an. Er schaute mir in die Augen und, so hatte ich das Gefühl, durch sie hindurch direkt in meine Seele. „Ich habe mich seit lange zu dir hingezogen gefühlt. Zunächst wusste ich es nicht einzuordnen und dachte, es sei lediglich freundschaftlich. Bei deinem Outing erst wurde mir wirklich klar, was es bedeutet. Robin, ich liebe dich, ich habe dich schon seit Jahren geliebt und es tut mir Leid, dass ich es dir erst jetzt zeigen kann.“
Wieder schaute ich ihn an. Und wieder sah ich in seine Augen. Aber dieses Mal nahm ich etwas in ihnen war, was ich sonst nie gesehen hatte. Es ließ mich alles vergessen, nur noch seine Wärme spüren. Ich sah seine liebe, seine Zuneigung und seine Zärtlichkeit in ihnen.
Ich streichelte über Saschas Kopf, seinen Rücken. Ich genoss es ihn zu spüren. Ich Atmete tief ein, um jede Nuance seines Duftes in mich aufzunehmen und meine Hände glitten über seinen Oberkörper. Wir verloren uns in wilden Umarmungen und zahllosen Küssen, an deren Ende wir beide nackt aufeinander lagen. Dies war der eine Moment, der Moment, an den ich mich bis zum Ende meines Lebens erinnern sollte. Es war das erste Mal, dass ich mit einem Jungen schlief. Es war wunderschön und ich hätte gewünscht, dass diese Moment ewig andauerte.
Schließlich schmiegten wir uns eng an einander an. Ich fühlte abermals seinen warmen Körper. Er gab mir in diesem Moment solch eine Sicherheit und eine Geborgenheit, wie ich sie nie zuvor gefühlt hatte. Langsam schlief Sascha ein, während ich noch seinen Kopf und seine Brust kraulte. Ich wusste in diesem Moment, dass er mir so vertraute, wie ihm. Es war vollkommen klar für mich, dass mir nichts geschehen würde, nichts böses passieren konnte, solange er bei mir war. Und so entglitt auch ich allmählich in das Reich der Schlafenden.
Tag der Veröffentlichung: 22.05.2011
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