Cover


Geschrieben am 30.07.2009
Nachdruck, auch auszugsweise nur nach Genehmigung des Autors
Rechtschreibung. nach bestem Wissen und Gewissen
Coverfoto: © /TechnoRanma.deviantart.com
Gestaltung und Satz: Robin Jander




Für Dominik.

Vielen Dank
für die wunderbare Zeit,
die wir zusammen hatten.




Der Bus fährt weg. Verdammter Bus. Jetzt muss ich wohl oder übel laufen. Im Grunde bin ich ja selber schuld. Hätte ich nicht noch in letzter Minute gemeint mich ein weiteres Mal frisieren zu müssen, wäre das nicht passiert. Der Weg in die Innenstadt dauert zu Fuß auch nur etwa eine halbe Stunde. So schlimm ist das auch nicht. Ich habe ja meinen MP3-Player mit. So habe ich wenigstens gute Musik auf den Ohren.

Achso, ich bin übrigens Rob. Eigentlich Robin, aber so nennen mich nur meine Eltern. Gottsei Dank wohne ich nicht mehr bei Ihnen. Direkt mit achtzehn Jahren bin ich in meine eigene kleine Wohnung gezogen. Ihm Augenblick bin ich auf dem Weg in eine kleine Kneipe in meinem Heimatort.

Wie ich gestern erfahren habe, wird dort jeden Diensttag Poker gespielt. Eigentlich habe ich noch nie gepokert. Aber ich wurde für heute eingeladen.

Ist schon interessant, sechs lange Jahre lang bin ich mit Dominik auf eine Schule gegangen. Nie ist er mir aufgefallen. Dann sitze ich auf einmal in meinem Stamm-Pub und peng er ist dort und fällt mir sofort ins Auge. Zum Glück hat er mich angesprochen. Ich bin immer so verdammt schüchtern und traue mich nicht. Tja von da an haben wir uns den ganzen Abend unterhalten. Zum Schluss hat er mich für heute eingeladen. Natürlich will ich mir das nicht entgehen lassen. Dominik ist einfach super süß. Warum war er mir früher bloß nie aufgefallen?

Endlich stehe ich vor der Kneipe. Bis jetzt bin ich hier immer nur vorbei gegangen. Bevor ich herein gehe kontrolliere ich nochmal mein Äußeres in der Spiegelung eines Modeladens gegenüber. Ja so sollte es wohl passen. Direkt als ich die Tür passiere, sehe ich Dominik an der Theke sitzen. Der Platz rechts neben ihm ist noch frei.

Wir umarmen uns herzlich. Verdammt riecht Dom gut. Und dann diese Wärme, die er ausstrahlt. Ich fahre voll auf ihn ab. Es fällt mir schwer meine Gefühle zu verbergen. Dennoch versuche ich es. So lässig, wie es mir möglich ist setze ich mich auf den Barhocker neben ihm und bestelle mir ein Bier. Mein Blick wandert die Theke entlang. Diana ist da. Ich fasse es nicht. Diana habe ich seit Jahren nicht gesehen. Sofort stehe ich wieder auf und begrüße sie anständig. Ganz früher als wir kleine Kinder waren, pflegten unsere Eltern eine lockere Freundschaft. Später gingen wir zur selben Schule. Zwar ist Diana einige Jahre jünger als ich, aber was solls? Was bedeuten schon so ein paar Jahre? Sie ist ein verdammt lieber Mensch. Schön sie heute hier wieder zu sehen. Wir wechseln ein paar Worte. Diana spielt mit Dominik zusammen Poker. Wer hätte das gedacht?

Mein Bier ist da. Genüsslich nehme ich den ersten Schluck. Ausser uns dreien ist bisher noch kein Spieler in Sicht. Dom erklärt mir, er habe mich extra früher herbestellt, da er mir noch die Regel beibringen will. Geduldig setzt er sich mit mir hin und erklärt mir das Spiel. Mann, ist das teilweise kompliziert. Diana gesellt sich dazu. Mit der Hilfe der beiden bekomme ich so langsam den Bogen heraus. So schwierig es mir auch anfangs schien, so leicht kommt es mir allmählich vor. Wir packen die Karten wieder ein und setzten uns zurück an die Theke. Die anderen kommen wohl erst in etwa einer Stunde. Mir soll es recht sein. So habe ich mehr Zeit mit Dom. Wir albern herum und haben Spaß miteinander. Er ist einfach zu komisch. Ständig bringt er mich zum lachen. Das habe ich gebraucht. Von der ersten Sekunde unseres Wiedersehens an, gab er mir das Gefühl etwas besonderes zu sein. Er scheint mich wirklich so zu nehmen, wie ich wirklich bin.

Diana und er fangen an zu erzählen. Die reden über einen Jungen in unserem Alter. Ich kenne ihn nicht. Aber das was sie sagen, geht mir unter die Haut. Aus dem Gespräch geht hervor, er ist verstorben. Etwas an Dianas Ausführungen tut mir verdammt weh. Längst vergessen geglaubte Erinnerungen bedrängen mich und die Gefühle, die sie mit sich bringen sind wieder so real wie eh und je. Es dauert nur wenige Minuten, bis mir selber die Tränen in die Augen schießen.

Ich entschuldige mich und verlasse die Kneipe. Ein paar Schritte weiter lehne ich mich gegen die kühle Häuserwand. Unzählige Gedanken bestürmen meinen Verstand. Scheiße, es geht mir schlecht. Das ganze gerede hat mehr in mir aufgewühlt, als ich jemals in mir vermutet hätte. Die tränen von eben wollen nicht zurück. Nur gerade so kann ich sie unterdrücken. Aber ich weiß ich muss nur einmal in Dianas Gesicht blicken, damit sie sich ihre Bahn brechen. Was mach ich jetzt nur? Schließlich kann ich nicht ewig hier draußen herum stehen. Erst einmal eine Zigarette. Den Rauch bekomme ich kaum an dem Kloß in meinem Hals vorbei. Erst nach einigen Zügen geht es so langsam. Dennoch fühle ich mich jämmerlich.

Eine Stimme ruft nach mir. Es ist Dom. Was soll ich bloß machen? Er soll mich nun wirklich nicht so sehen. Er fragt mich was los ist. Ich kann einfach nicht mehr. Ich erzähle ihm alles was in mir vorgeht. Er lacht nicht. Ganz im Gegenteil. Dominik nimmt mich fest in seinen Arm. Ich weiß nicht, wann ich mich das letzte mal so geborgen gefühlt habe. Jetzt spielt es auch überhaupt keine Rolle mehr. Er hält mich und das ist gut so. Endlich kann ich meinen Tränen freien Lauf lassen. Es stört ihn nicht. Verständnisvoll und zärtlich streichelt er mich und wartet ab, bis ich endlich wieder zu mir finde. Mir scheint es eine Ewigkeit zu dauern.

Schließlich beruhige ich mich wieder. Er macht es einfach für mich. Ein paar Minuten stehen wir einfach so vor der Kneipe und schauen uns an. Dann entschließen wir uns dazu wieder herein zu gehen. Drinnen werden wir schon erwartet. Natürlich kommt die Frage wo wir waren. Dom antwortet ausweichend. Ich bin ihm dankbar dafür. Muss schließlich nicht jeder wissen, dass es mir so schlecht ging. Ein weiteres Bier wird von mir bestellt. Ich will nicht mehr nachdenken.

Nur wenige Minuten später kommen die ersten anderen Poker Spieler. Gott sei dank habe die mich nicht schluchzend vor der Kneipe gesehen. Der Laden füllt sich so langsam. Wir gehen an den vorbereiteten Tisch. Insgesamt sind wir bestimmt zehn Spieler. Es geht los. Ich beginne Spaß am Poker zu finden. Wiedererwartens bin ich gar nicht so schlecht. Es sind nur noch drei weitere Spieler am Tisch, als ich ausscheide. Mit den wirklich guten kann ich wohl doch noch nicht mithalten. Naja, mache ich s mir halt an der Theke bequem und warte darauf, dass Dominik auch fertig ist. Ein Bier jagt das Nächste. Es dauert noch eine ganze weile, dann sitzt Dominik wieder neben mir.

Die ganze Zeit über widmet er mir den Großteil seiner Aufmerksamkeit. Dennoch unterhält er sich mal da und mal dort. Es scheint mir fast erstaunlich, wie viele Menschen ihn hier kennen. Ich bin ja wie gesagt ziemlich schüchtern. Es ist mir unbegreiflich, wie man so offen und fröhlich auf andere zugehen kann. Trotzdem profitiere ich davon. Ich habe mir diesen Anderen mindestens genaus so viel Spaß, wie Dom. Etwas von ihm scheint auf mich ab zu färben. In seiner Gesellschaft fühle ich mich viel sicherer, viel offener, als ich es normalerweise wäre. Dieses Gefühl, dass er mir vermittelt, tut mir verdammt gut.

Wie gerne würde ich ihm jetzt zeigen, wie gerne ich ihn habe. Aber ich traue mich nicht. Mittlerweile sind alle Pokerspieler außer Diana nach Hause getigert. Auch wenn sie noch da ist, so sitzt sie doch etwas abseits von uns. Als wollte sie uns genügend Raum lassen.

Immer wieder sieht Dominik mir fest in die Augen. Diese Augen sehen so wunderschön aus. Klar und hellblau. Sie scheinen mich durchschauen zu wollen. Gerne möchte es ihnen gestatten. Auf einmal bestellt Dom zwei kurze. Noch geht es mir ziemlich gut. Einen Schnaps vertrage ich locker. Ihr müsst wissen, ich trinke nicht selten, so dass mich ein wenig Alkohol nicht aus der Bahn wirft. Ich nehme das Glas in die Hand und will die klare Flüssigkeit auch schon herunter schütten als Dom meinen Arm fest hält. Er fragt mich, ob wir schon einmal Freundschaft getrunken hätten. Natürlich haben wir das nicht. Daran könnte ich mich erinnern. Sein arm umschlingt meinen. Wir heben beide das Glas und trinken den Alkohol. Jetzt ist es soweit. Ich habe es mir so sehr gewünscht. Unsere Lippen berühren sich. Eigentlich ist nur ein kurzer Kuss üblich. Nicht so bei uns. Lange verharren wir so. Zuerst umspielen sich nur unser Lippen, dann öffnen wir unser Münder und ich spüre seine Zunge.

Die Sekunde erscheinen mir wie Minuten. Ich bin einfach nur glücklich. Ich wollte genau das hier. Ich habe es bekommen. Dieser Junge, er ist es den ich will. Wieso nur habe ich es nicht schon vor Jahren bemerkt? Wie schön hätte es sein können? Egal, das hier und jetzt zählt. Einige Kneipengäste schauen uns irritiert an. Den meisten macht es nichts aus. Nachdem wir uns voneinander trennen, reden wir weiter, als ob nichts gewesen wäre.

Viele solche Getränke inklusive Kuss folgen. Dann lassen wir sie weg. Wir küssen uns einfach nur so. Weil wir es wollen. Jeder ist zärtlicher als der voran gegangene. Unsere Körper lernen sich besser kennen. Dann ist Sperrstunde. Wir sitzen vor unseren Bieren und starren hinein. Wie soll es nur weiter gehen? Ich weiß einfach nicht, was ich jetzt tun soll. Diana ergreift das Wort. Das was sie sagt wird mich noch lange Jahre beschäftigen. „Jetzt sitzt doch nicht so da. Ihr lebt ihm hier und heute. Macht einfach was ihr wollt.“ Wir tun es. Gemeinsam zahlen wir und verlassen die Kneipe. Wir kommen nicht weit. Dominik schubst mich schon nach wenigen Metern an die Wand und pinnt mich dort fest. Er streichelt meinen Körper, während wir uns ein weiteres Mal küssen. Ich kann nicht genug von ihm bekommen. Ich will mehr. Immer noch mehr. Meine Hände wandern unter sein T-shirt und streicheln die warme haut darunter. Irgendwann hören wir ein „Gute Nacht“. Diana geht an uns vorbei. Wir halten kurz in unserem Tun inne und lächeln. Es ist keinem von uns peinlich. Dennoch will ich noch etwas trinken. Um diese Uhrzeit hat nur noch eine Kneipe auf. Mein und Dominiks Stammpub. Wir gehen hin.

Sofort als wir die Örtlichkeit betreten werden wir begrüßt. Ja hier gehören wir hin, hier sind wir fast zu Hause. Ich setze mich, Dom lässt sich neben mir nieder. Wir trinken noch etwas. Die ganze Zeit über hält er meine Hand. Was kann ich noch mehr wollen. Er weiß einfach was ich gerne habe. Diese kleine Zuwendung ist mehr wert als tausend Worte.

Doch auch im Pub gehen bald die Lampen aus. Wir müssen gehen. Wieder sind es nur wenige Meter, die wir weiter kommen. Dieses Mal, bin ich es, der Dom an die Wand drückt. Wir genießen die Nähe zu einander. Immer wieder küssen wir uns und streicheln den anderen. Ein Auto fährt an uns vorbei. Es ist Chris, der Kneiper aus dem Pub. Er schaut ungläubig zu uns herüber. Sicherlich hat er eben nichts mitbekommen. Wir lachen darüber, bevor wir uns wieder ganz uns selber zuwenden.

Ich weiß an diesem Abend nur eines. Es ist um mich geschehen. Ich liebe diesen Jungen, der mich so einfühlsam küsst. Er ist alles was ich will.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.05.2011

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