"Mirror, Mirror, can't you see? - What you show is killing me!"
Es lacht. Jeden Tag lacht es mich glücklich an. Schaut mir direkt in die Augen und beteuert mir, dass es ihm gut geht. Nur heute nicht. Es ist verschwunden. Das Lachen – Weg. Einfach so.
Ich starre auf die gläserne Fläche vor mir. Traurige Augen blicken mir entgegen. Ausdruckslos, müde schauen sie mich an. Nichts. Gefühlslos.
Ich versuche zu lächeln. Will es wieder zum Lachen bringen. Es geht nicht. Mein Gesicht regt sich einfach nicht. Nicht das kleinste Lächeln gelingt mir. Kein Freundlicher Blick. Warum?
Es hatte immer gelacht. Immer! Egal, wie schlecht es mir ging, lachte es mich an… Diese Person auf der anderen Seite des Spiegels lachte mich, und somit die ganze Welt um mich herum an. Immer. Aber warum jetzt nicht? Alles war ganz normal; Ich habe geschlafen, bin aufgestanden, und dann war es weg.
Enttäuschung macht sich in mir breit. Es hat mich im Stich gelassen… ich war allein. Ganz allein.
„Ich hasse dich!“, flüstere ich tonlos und schaue weiter in den Spiegel. Nichts – Keine Regung, kein Lachen, keine Träne. Nichts.
„Ich hasse dich!“, wiederhole ich und drehe mich um. Schaue an die Wand gegenüber. Will, dass es geht. Verschwindet und nie mehr wiederkommt! Ich will dieses traurige Gesicht auf der anderen Seite nicht mehr sehen.
Nach einer Weile drehe ich mich zurück. Erwarte allein zu sein… Dass es weg ist. Doch es ist immer noch da; Steht ruhig und Bewegungslos auf der anderen Seite des Spiegels und starrt mir direkt in die Augen.
Lach! Lach doch endlich…!
Verzweiflung breitet sich in mir aus. Wenn es nicht lacht… wie soll ich es dann machen? Warum lacht es nicht? Warum?
Es lacht immer! Egal, ob mit gebrochenem Herzen oder unendlicher Wut im Bauch. Es lachte. Warum also jetzt nicht mehr?
„Los!!!“, brülle ich plötzlich. Ich will es nicht, doch es platzt einfach aus mir heraus. „Lach! Lach endlich!“
Tränen steigen ihm in die Augen und es versucht sie zu unterdrücken. Ich erkenne es genau. Sehe, wie es sich quält. Es blinzelt oft. Will die Tränen mit aller Macht zurücktreiben. Die Augen färben sich rötlich. Ich brülle wieder, „Hör auf!“
Es soll nicht weinen. Es darf nicht weinen. Es muss lachen! Lachen! Für immer. Für mich.
Nein… nicht für mich. Für die Anderen! Damit keiner fragt. Keiner soll fragen, weshalb es weint. Keiner soll es fragen, was passiert ist. Niemand.
Eindringlich schaue ich es an. Was hat es? Diese Person auf der anderen Seite des Spiegels… Sie soll aufhören. Sofort. Jetzt. „Hör auf…“, flüstere ich wütend, „Hör endlich auf und reiß dich zusammen!“ Es hört nicht auf. Im Gegenteil; Es kann es nicht mehr zurückhalten. Tränen rennen über seine Wangen und lassen sein Gesicht glitzern. „Hör auf!!!“, brülle ich. Meine Stimme überschlägt sich. Zittert. Es ist mir egal. Wütend trete ich näher an den Spiegel heran. Hebe drohend die Hand. Will zuschlagen. Nur mit Mühe schaffe ich es sie wieder zu senken. Es weint weiter. Steht da und guckt mich an.
Ich hasse dich…
Es bemerkt meinen Blick. Weiß ihn zu deuten. Die Tränen rennen schneller, dicker, schwerer. Und trotzdem… Der Mund verzieht sich langsam. Es will lächeln! Für mich. Für alle anderen.
Doch es kann nicht.
Eine Fratze – verzogen bis zur Unkenntlichkeit schaut mir entgegen. Versucht zu lächeln. Die Augen zusammengekniffen, die Tränen verschmiert.
Nein!!!
So darf es nicht aussehen. So gequält. So verzweifelt. Es muss lachen… richtig lachen! Oder gehen…
„Hau ab!“, fordere ich, „Verschwinde!“
Es bleibt. Steht auf der anderen Seite. Kann nicht lachen, nicht gehen. Was soll das?
„Hau ab!!!“ Verzweiflung. Ich bin verzweifelt.
Warum?
Ich kann es nicht mehr klar sehen. Meine Welt steht Kopf. Es lacht nicht, es geht nicht. Warum?
Bevor ich es wirklich merke, stehe ich vor dem Spiegel. Schreie, hole aus und schlage zu. Immer und immer wieder. Ich trommle gegen die gläserne Scheibe vor mir. Es soll gehen. endlich verschwinden. Doch es bleibt.
„Ich hasse dich!“, brülle ich wieder, und in derselben Sekunde bricht das Glas. Sein Gesicht zerspringt. Alles zerfällt in tausende von Teilen. Zerfällt. Einfach so. Endlich.
Die Scherben schneiden in meine Haut. Bohren sich tief in mein Fleisch. Ich sinke auf die Knie. Sitze in einem Meer aus Scherben.
Es ist weg. Das weinende Etwas vor mir. Endlich.
Etwas tropft auf den Boden vor mir. Ein Tropfen… eine Träne. Wie das?
Nein! Es ist weg! Ich habe es zerschlagen. Mit meinen eigenen Händen! Es muss weg sein. Das Weinen muss weg sein! Aber warum weine ich dann immer noch…? Ich verstehe es nicht.
Ich schreie und weine. Schlage verzweifelt immer und immer wieder mit der flachen Hand auf den Boden. Scherben bohren sich hinein. Es ist mir egal. Ich bin kaputt. Zerstört.
Es ist egal, dass das Spiegelbild zerschmettert wurde. Es spielt keine Rolle. Jetzt sehe ich mich tausendfach. Mich selbst in diesem Meer aus Scherben.
Ich schaue in die Scherben und in das verheulte Gesicht. In Mein verheultes Gesicht. Ich bin kaputt. Zerstört. Kann nicht mehr lachen. Zu viel ist passiert… Einmal zu oft habe ich Dinge gehört, die ich einfach nur herunterschlucken wollte. Nur ein einziges Mal… Und jetzt ist alles kaputt.
Ich lasse mich nach hinten fallen. Scherben bohren sich in meinen Rücken. Es interessiert mich nicht. Die Schmerzen sind taub. Nur ein leichtes Kribbeln, ohne jegliche Bedeutung. Nichts ist mehr von Bedeutung. Alles ist egal. Blut… Warmes Blut überströmt meinen Körper. Meine Arme. Meine Beine. Meinen Rücken. Es ist egal!
Ein leichtes Gefühl überkommt mich. Mir wird schwindelig. Mein Körper wird leicht. Federleicht… Immer leichter.
Das Bild vor meinen Augen verschwimmt. Immer weiter. Wird langsam schwarz…
Alles ist egal. Scheißegal! Es interessiert niemanden. Es ist egal. Jahrelang hatte ich es mühelos geschafft meine Maske aufrecht zu erhalten. Dieses Lachen… Es war anstrengend, doch es hat geklappt. Ausnahmslos jeder traute dem falschen Gesicht!
Jetzt nicht mehr. Es war gebrochen. Ich war gebrochen. Für immer. Und niemand wusste es. Es ist egal. Niemanden interessiert’s. Kaputt.
Tag der Veröffentlichung: 26.12.2013
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