Cover

Kapitel 1: Klara und Heinz zu Hause.

Heinz.

 

Heinz lebte in einem kleinen Haus, am Rande der Großstadt. Er war vor kurzem in seinen wohlverdienten Ruhestand eingetreten. Er hatte Schlosser gelernt und die ganze Zeit in derselben Firma gearbeitet. Eine goldene Armbanduhr mit einem schwarzen Lederarmband hatte ihm sein Chef zum Abschied gegeben. Von wegen. Heinz betrachtete die Uhr an seinem Handgelenk. 

»Das ist nun die Belohnung für vierzig Jahre aufopferungsvolle Arbeit für diesen Heuchler.« Die Uhr bestand gar nicht aus Gold, sondern nur aus vergoldetem Stahl. Das Armband war mittlerweile verschlissen. 

Geheiratet hatte er auch und Kinder bekommen. Sie waren lange aus dem Haus, lebten ihr eigenes Leben. Seine Frau war noch da. Meistens lag sie auf der Couch, vor dem Fernseher. Manchmal schaute er nach, ob sie noch unter den Lebenden weilte. Hin und wieder bewegte sie einen Finger über die Fernbedienung, um die nächste »Dokusoap« einzuschalten. Oftmals das einzige Zeichen für Leben. 

Heinz las gerne die Hochzeitsinserate in seiner Tageszeitung. Oft waren Fotos von den Brautleuten dabei. Er fragte sich dann immer, ob seine Frau und er früher auch so ausgesehen hatten: jung und glücklich.

»Wo ist nur die junge, schlanke Frau geblieben, die ich einst geheiratet habe? Und wo kommt Jabba her, der mit einer dunklen Perücke auf meiner Couch liegt? Was ist nur aus meinem Leben geworden?«, dachte Heinz bedauernd. 

Drachentöter wollte er werden und seine Frau beschützen. »Ich bin nur noch ein Pantoffelheld.« 

Traurig betrachtete er die Fotos von jungen, vor Glück strahlenden Pärchen. Er war auch mal so gewesen. Jung und voller Tatendrang, im Herzen ein strahlender Held.

Heinz schrak zusammen. Ein Geräusch kam von der Couch. 

»Du musst noch einkaufen«, rief seine Frau herrisch zu ihm herüber. Längst hatte er ihren Namen vergessen.

»Warum geht sie nicht mal selbst?« Heinz hatte keine Lust, in diesen Laden zu gehen. Dort fühlte er sich nicht wohl, er hatte Angst vor der Frau an der Kasse. Sie behandelte die Kunden wie ihre Untertanen.

»Ich möchte woanders einkaufen«, sagte er zaghaft. 

»Papperlapapp. Du weißt genau, dass es nur dort meine Lieblingssorten gibt. Reiß dich endlich mal zusammen. Geh jetzt gefälligst«, befahl Jabba. 

Heinz ergab sich in sein Schicksal. »Ja, ja, ich bin schon weg.« 

Im Moment fühlte er sich so, als würde er gleich einem Drachen begegnen. Nur war er nicht der Drachentöter von einst, sondern nur ein Hasenfuß.

 

Klara.

 

Klara hatte es sich auf ihrer Couch bequem gemacht, die Fernbedienung hielt sie in ihrer Hand. Gleich begann ihre Lieblingssendung. Ihr Mann saß in der Küche, Heinz hieß er oder so ähnlich.

Sie hatten drei wundervolle Kinder. Klara dachte an ihre Hochzeit zurück. Gut hatte er in seinem Anzug ausgesehen. Mit seinen dunklen, schulterlangen Locken und seinem gewinnenden Lachen hatte Heinz, oder so, sie damals erobert. Sie hatte sich unsterblich in ihn verliebt. »Wo ist dieser schöne junge Mann nur hin? Und wer ist dieser runzelige kleine Gnom, der jetzt hier wohnt? Hätte er eine grüne Haut, könnte er glatt als Joda durchgehen«, dachte Klara belustigt. 

Heinz, oder so, war kein schlechter Mann, schließlich sorgte er für sie. Nur war er nicht der Prinz in der glänzenden Rüstung, der für sie Drachen tötete. Das war er nie gewesen.

Früher hatten sie viel unternommen. Mal zum Tanzen oder ins Kino. Jetzt saß Heinz, oder so, meistens vor seinen Kreuzworträtseln oder blätterte stundenlang in der Tageszeitung. Er nannte sie nicht mal mehr bei ihrem Namen. 

An warmen, trockenen Tagen lag er draußen, auf seiner Plastikliege und grinste die Pflanzen blöd an.

»Du musst noch einkaufen!«, rief sie in Richtung Küchentisch, an dem ihr Mann die meiste Zeit verbrachte. Sie wusste, dass er wieder Ausreden suchen würde, um nicht gehen zu müssen. Doch sie duldete keinen Widerspruch, sonst würde er sich gar nicht bewegen.

Kapitel 2: Das Lied der Kassiererin.

Heinz stand noch eine ganze Weile vor dem Laden. Ängstlich versuchte er einen Blick ins Innere

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Rolf Fischer
Cover: Rolf Fischer
Lektorat: Rolf Fischer
Satz: Rolf Fischer
Tag der Veröffentlichung: 08.02.2018
ISBN: 978-3-7438-5551-9

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /