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Kapitel 1: Alltag

"Haha! Was sind denn das für Dinger?"

 

Es stand ein Junge am Fenster. Blondes Haar und ein weißes, lockeres Hemd. Er sah nicht aus dem Fenster raus. Er mied es.

 

"Siehst aus wie der letzte Vollidiot!"

 

Der Junge schob die Gardinen zusammen, sodass man ihn nicht mehr sah. Dann erst schaute er raus. Nicht mit einem normalen Blick. Mühsam ließ er seine Augen zu, dafür aber andere offen. Eines an der Wange, eines am Hals und eines am Schlüsselbein. Er konnte zu viel sehen. So viel, dass er es sich nicht mehr wünscht. Es ist anstrengend für ihn, er muss jedes Mal darauf Acht geben, aber daran ist er gewöhnt.

 

"Lass mal sehen! Sind die echt? Ekelhaft!"

 

Mit einem gesenkten Blick stellte er sich vor den Spiegel. Betrachtete sich. Betrachtete diesen deformierten Menschenkörper, wenn man das doch so nennen kann. Er kannte sich und seinen Körper. Trotzdem wird er hin und wieder davon überwältigt. Ob es nun sein Drang zu etwas sei oder das unbewusste Anstarren von Personen.

 

"Du bist nicht normal!"

 

Er knöpfte das Hemd zu und versuchte normal auszusehen – versuchte die Erinnerung zu unterdrücken. Die Emotionen dürfen nicht siegen. Das wäre Schwachsinn. Man darf ihm nichts anmerken lassen, obwohl er doch recht emotional ist. Er wischte die Träne weg, die ihm runter lief.

 

"Leute, da ist der Stalker!! Schnell weg hier!"

 

Energisch ging er zur Haustür, griff den Türknauf und hielt inne. Wo wollte er hin? Was wollte er tun? Das, was auch immer nötig ist, um diesen Erinnerungen aus dem Weg zu gehen. Als er noch klein war, folgten die meisten Kinder ihm bis nach Hause, nur um ihn dann auszulachen, ihm Angst zu machen oder einfach zu verletzen indem sie Spaß an seinem Körper hatten. Vor allem an den Körperteilen mit den meisten Augen. Ja, das war es was sie wollten. Vielleicht waren sie einfach nur eifersüchtig darauf?

"Papa, wieso hab ich das und die anderen nicht?", fragte der kleine Everett seinen Vater, während er auf das geschlossene Auge an seiner Wange zeigt. Er hatte einige von diesen Augen am Körper, die bisher nur sehr empfindlich waren und er mit ihnen nichts anfangen konnte. "Das ist etwas Besonderes, was nur du hast", erklärte er, "man wird dich immer daran erkennen können." Der Junge schaute zu den anderen Kindern im Kindergarten, die ihn auslachten. "Aber wenn es was Besonderes ist, wieso lachen sie dann?"

Der Vater lächelte: "weil sie nicht wissen was es bedeutet."

Sie wussten gar nichts. Und daran hat sich auch nichts geändert. Deshalb konnten sie noch lachen.

Das Lachen.. Das ist eine Sache, die man tatsächlich nicht verlieren sollte. Es ist etwas besonderes, aber er verlor es. Everett verlor die Freude am Leben. Er sah nur Trauer ohne eine Motivation um weiter zu machen. Ohne ein Ziel um weiter zu kommen. Trotzdem hatte er ein warmes Herz, auch wenn es nach außen nicht so schien. Er hatte die Gabe zu verzeihen und er könnte lieben, wenn er jemanden hätte dem er was bedeuten würde. Wenn er jemanden hätte, der ihn liebt so wie er ist. Jemand, der sich nicht davor scheut, ihn zu berühren oder zu umarmen. Die Wärme zu geben, die er braucht.

Es ist kalt.

Er schloss die Fenster.

Es ist so kalt.

Er legte sich in sein quietschendes Bett.

Einsam. Allein. Er vermisste jemanden, den er nicht kannte.

So vergingen die meisten Tage. Immer wieder in die Traurigkeit verfallen und nichts dagegen tun.

 

Es kam sein Geburtstag.

 

Kapitel 2: Die Feier

 Das Mädchen schaute sich um, richtete nochmal ihre schwarze Kutte und beugte sich vorsichtig zu dem neben ihr: "Hey, wann geht es denn jetzt endlich los? Wir sind jetzt schon seit 3 Stunden hier.." - "Geduld, meine Liebe. Es ist ein besonderer Tag, an dem du uns Gesellschaft leistest."

Everett drehte sich um und verkroch sich in seiner Decke, die ihm Wärme spendet.

"Möge es dem jungen Gott Freude geben! Oh, du siehst alles, du vergibst allen, die es brauchen, du tötest alle, die es nötig haben und schickst alle in die Hölle, die es verdient haben!"

Wieso fühlte er sich so komisch? Jedes Mal an seinem Geburtstag hatte er ein Gefühl, das ihn ein wenig heiterer, jedoch gleichzeitig nieder macht. Er fühlte sich manchmal besser, manchmal schlechter.

"Du machst das falsch, du verdammter--! Gib das her! "

Was ist das? Was ist das für ein Gefühl? Woher kommt es?

"Vergib mir, oh Herr, ich will nichts Böses!"

Dieses Mal ging er raus. Es war dunkel, recht spät und immer noch kalt. Dieses Gefühl verschwindet nicht. Es wird nur stärker.

Er riss es auseinander.
"Er... scheint nicht schlecht gelaunt zu sein!"

Everett setzte sich auf den Bordstein und betrachtete den Nachthimmel. Es kommt ihm so vor, als würden viele an ihn denken, auch wenn er es nicht wahr haben kann. Er kann diesem Gefühl nicht trauen. Es kommt immer wieder und trotzdem sieht er nichts als Hass. "Ich verstehe es nicht", murmelte er leise vor sich hin. Trotzdem fühlte er sich durch das Gefühl nicht so schlecht und vor allem nicht so allein.

"es ist vollendet und zum ersten Mal seit Langem wieder gut gelaufen.. wie schön. Kein Grund zur Sorge, kein weiteres Opfer, nur Freude."

Das Gefühl wird wieder schwächer. Der Wind bläst durch sein blondes Haar. Es ist kühl, also stand er auf und bewegte sich ein wenig, damit ihm nicht so kalt ist. So spät kommt ihm doch sicherlich keiner entgegen, oder? Er knüpfte sein Hemd zu und versuchte nicht zu auffällig zu sein. Mit gesenktem Blick lief er den Weg entlang bis er auf jemanden traf.

Es ist mitten in der Nacht und trotzdem sind Menschen unterwegs? Das ist komisch. Er sah diesen Menschen von weitem an. Ein Mann mit weißem Shirt und dunkelblonden Haar - viel mehr konnte man in der Dunkelheit nicht besonders gut erkennen. Der Mann sah in seine Richtung. Moment mal, wieso kam Everett diese Person so bekannt vor? Er war tatsächlich einer seiner Opfer. Einer seiner Ersten.

Diese Gestalt im Dunkeln konnte doch nur er sein.

Dieser Mann hatte überlebt? Wie ist das möglich? Normal sterben doch alle-- lag wohl daran dass er einen viel zu kurzen Augenkontakt hatte.

Seine blauen Augen die in Everetts Blick gefesselt waren. Sein Verstand, der ihn langsam verließ. Sein Herz, das schneller schlug. Sein Körper, der ihm nicht mehr gehorchte. - eine alte Erinnerung an das erste Mal, dass er jemanden im Blick hatte. Everett hasste dieses Gefühl. Er fühlte sich danach so schuldig und wollte es wieder rückgängig machen, doch das ging nicht. Es war die eiserne Realität. Hier geschieht alles, wie es eben passiert, keiner kann die Vergangenheit ändern. Genauso wenig wie er, egal wie sehr er es sich wünschte.

Der Mann kam näher. "Mist! Was will er?", dachte sich Everett, "wieso verschwindet er nicht einfach?" Es machte ihn nervös, er dreht sich weg, sieht überall hin wo es Alternativen zur Flucht gibt.

Weiter. Näher. Ist er das wirklich?

Der Druck stieg, Everett hatte Angst ihn erneut zu verletzen, also schloss er seine Augen, während er seinen Blick mied. Die Körper-Augen konnte er nicht verstecken. Was soll er tun? Der Mann stand nun hinter ihm, vor ihm war eine Wand.

"Everett"

Keine Antwort seinerseits. Keine Reaktion, außer einem kleinen Zucken.

"Everett"

Eine Hand berührte seine Schulter, um ihn sachte um zu drehen.

"Ich wusste, ich bin nicht verrückt"

Das Auge an der Wange schaute ihn an.

Geh, sonst verletze ich dich nur wieder.

Der Mann schaute ihm ins Auge. Langsam nahm er etwas aus seiner Jackentasche. Was war es? Er konnte es nicht erkennen. Es ist was schwarzes, das aussieht wie ein Stück Stoff.

"Ich wünsche Ihnen einen schönen Geburtstag, junger Herr."

Kapitel 3: Hilfe

 Eine sekundenschnelle Reaktion war gefragt.

Der Mann packte Everett mit dem Ellenbogen am Hals, drückte ihn runter und presste das Tuch gegen sein blasses, schwitziges Gesicht.

Das war zu schnell. Das ging so schnell, dass Everett keine Zeit zum Reagieren hatte. Er hat damit nicht gerechnet. Natürlich versucht er sich aus dem Griff zu befreien, doch er hat zu viele empfindliche Stellen, die mit Augen besetzt sind. Heißt also, er kann sich nicht wehren. Nicht ohne ein Hilfsmittel. Niemand war draußen zu dem Zeitpunkt. Keiner der ihm jemals helfen würde. Das war seine Schwachstelle - ein Nahkampf. Noch dazu, wenn es jemand ist, gegen den er normalerweise nichts hat und diese Person ihn in einem Winkel festhält, sodass er sich nicht durch Augenkontakt verteidigen kann.

Er gab auf. Dieser Geruch im Tuch war stark, es machte ihn schwach.

"Haben Ihnen meine Geschenke gefallen, Herr?"

Everett wehrte sich nicht mehr. Kein Widerstand war mehr zu spüren. Keine Kraft mehr, die zur Verfügung stand. Er sank langsam zu Boden, der Mann half ihm, sich nicht zu verletzen. Alles wurde schwarz.

"Ich habe Sie, keine Sorge. Jetzt müssen Sie nicht mehr traurig sein."

Als Everett wieder langsam zu Bewusstsein kam, bemerkte er, dass er auf hartem Boden lag. Er setzte sich hin. Kettengeräusche? An seinen Handgelenken und Knöcheln waren Ketten befestigt. Er war gefangen. Nun fiel ihm der blutig-metallische Geruch auf. Das kam wahrscheinlich vom ungewaschenen Messer auf dem Tisch und der Blutlache in der Ecke. Widerlich. Was ist hier passiert? Ein Gefühl von Nacktheit überkam ihn. Tatsächlich fehlten sein Hemd und die Schuhe. Beides lag auf der anderen Seite vom Raum ordentlich auf einem Regal. Langsam versuchte er aufzustehen. Zwar etwas wackelig, aber er konnte halbwegs zum Regal gehen. Die Ketten klapperten.

"Er ist aufgewacht! Ich höre die Metallketten!"

Der dürre Junge erschrak. Da war noch jemand. Er versuchte aus dem Raum zu gehen, jedoch hielten ihn die Ketten auf. Erkennen konnte er dennoch nichts außerhalb des Raumes. Eine hölzerne Tür versperrte den Weg nach draußen, doch selbst durch das Gitterfenster in der Tür konnte er nichts sehen. Es war viel zu dunkel.

Schritte. Sie kamen näher. Wo zur Hölle ist er?

"Wie ich sehe, sind Sie endlich wach, mein junger Herr."

Wieso junger Herr? Und wo bin ich hier eigentlich?

"Sie sind eine Gottheit. Jemand mit speziellen Fähigkeiten. Man darf sowas doch nicht frei herumlaufen lassen, wo keiner Sie akzeptiert oder mag. Wir lieben und ehren Sie, Everett. Sie dürfen uns nicht verlassen, sonst stößt Ihnen noch was zu, was wir nicht verhindern können. Wir haben Ihnen Opfer gebracht, Ihnen versucht eine Freude zu machen! Heute ist der Tag an dem Sie zu uns gekommen sind! Der Tag an dem alles gut wird! Herrlich!"

Moment mal, was?!

Er ging auf ihn zu, erneut mit einem schwarzen Stoff in der Hand. Diesmal schreckte Everett zurück.

"Keine Sorge, mein Herr. Ich verbinde Ihnen lediglich nur die bestrafenden Augen."

Er ließ es zu. Wieso? Damit er sie nicht versehentlich aufmacht und wieder jemanden zu Unrecht verletzt. Nun konnte er seine gefährlichen Augen entspannen. Mit den anderen sah er den Mann an.

"Haben Sie Bedürfnisse?"

Entfessle mich bitte.

"Das tut mir schrecklich leid, aber ich kann diesen Wunsch nicht erfüllen. Wollen Sie mir vielleicht zeigen, was Ihre Augen an anderen bewirken? Ich habe es ja bereits zu Gesicht bekommen, möchte es aber dennoch bei jemand anderem sehen."

Nein, das mache ich nicht! Ich verletze keine unschuldigen Menschen!

"Ach so ist das. Was habe ich denn damals falsch gemacht?"

Er kam näher.

Kapitel 4: "Schuldig!"

 

G-Gar nichts! Das war ein Versehen, es tut mir leid!

"Sie geben keine Ratschläge? Ich habe Sachen falsch gemacht, sagen Sie es mir! Sagen Sie mir was ich falsch gemacht habe!"

Der Mann hielt Everett an den Schultern und schüttelte ihn.

N-Nein, ich weiß nicht was Sie früher gemacht haben! Ich kenne Sie nicht!

"Ohhh doch, und ob du mich kennst! Du kennst mich seit du geboren wurdest. Seit du ein Kind mit Verstand bist. Seitdem du mir diese Bestrafung gegeben hast!"

Er wurde aggressiv. Viel zu aggressiv. Everett überforderte das. Er weiß nicht wie man mit so einer Situation umgeht. Die Augen sind weit aufgerissen. Tränen kamen und das Stoffstück um die Augen wurde feucht. Everett bekam keinen Ton mehr raus. Der Mann starrte ihn an, hielt inne und ließ dann los.

"Ich schaue später vorbei, entschuldigen Sie mein Benehmen."

Nachdem er den Raum verließ und die Tür zu schloss atmete der überforderte Everett auf. Was war das denn? Hatte sein damaliger Blick ihn so aus der Reihe gerissen? Man hörte das laute Einrasten der Holztür ins Schloss. Zwei Mal mit etwas Abstand. Das heißt, er ist jetzt alleine. Everett versuchte sich von den Ketten mit allen Mitteln zu befreien. Ans Messer kam er nicht ran - nicht mit den Händen. Er lehnte sich weit nach vorne um den Tisch zu erreichen. Vielleicht konnte er es ja mit dem Mund fassen. Was würde es ihm bringen? Die Ketten sind befestigt an Stellen an der Wand, die gestützt werden. Vielleicht bringt es ja tatsächlich was. Es vergingen Minuten, Stunden, Tage, mit vielen gescheiterten Fluchtversuchen bis er sich entschloss sich in die Ecke zu setzen, mit dem Kopf in den Knien versenkt. Dann hörte er wieder Schritte. War er doch nicht allein? Wurde er die ganze Zeit beobachtet? Die Schritte kamen jedoch nicht allein, da war ein grelles Licht, keine Kerze könnte je so ein helles kaltes Licht werfen. Der Schlüssel öffnete geräuschvoll die Tür, davor ging das Licht aus. Everett wurde ein wenig geblendet.

Jemand schaute in den Raum, als würde er es nicht kennen.

Das war sicherlich keiner von denen, die ihn festhielten.

Die Person schlich durch die Tür und schloß sie geräuschlos. Er oder sie schlich in die dunkelste Ecke des Raumes und beobachtete ihn vorerst. Everett bewegte sich nicht.

Die Person näherte sich langsam und vorsichtig, blieb auf Abstand, wie vor einem wilden Tier, und musterte ihn. Everett benutzte nur ein Körperauge um sie zu beobachten, die anderen blieben geschlossen. Er oder sie bemerkte es anscheinend, da das Auge nun gemustert wurde. Das Auge am Handrücken öffnete sich und starrte zurück, was die Person erschreckte. Everett selbst bewegte sich nicht weiter.

 

...Wer bist du...

“I-Ich heiße Xelina…”

 

Das Mädchen setzte sich vorsichtig auf. Everett öffnete mehr Körperaugen, die sie anschauten.

 

...möchtest du auch etwas von mir verlangen…?

 

“Was? Nein… Ich wollte wissen, was in dem Raum hier ist… Dallis hat mir eigentlich verboten hier reinzugehen, aber ich wollte es wissen.”

 

Er hob seinen Kopf in Richtung Tür.

 

Dallis…Ist das dieser… Verrückte?

 

“Wenn du mit verrückt die Rituale und diese Besessenheit von ‘Gott’ meinst, ja. Es ist der Verrückte.”

 

Sie musterte ihn nochmals. Man sah, dass sie etwas Angst hatte.

 

Verstehe… Deshalb hat er so reagiert…

 

Er nahm die Arme von den Knien weg und stützte sich auf denen ab. Es klimperte ein wenig durch die Ketten. Die Körperaugen blinzelten vereinzelt, schauen teils die Tür und teils Xelina an.

 

...Wie kamst du hier rein?

 

“Ich habe aus dem Ritualraum den Schlüssel gestohlen. Dallis hat, denk ich, nichts gemerkt… wenn doch, dann wäre er schon hier.”

 

Kannst du versuchen mich zu befreien…?

 

“Ich kann’s versuchen…”

Sie nahm seine Hand und schaute sich die Fesseln an.

“Da ist ein Zahlenschloß dran…”

 

Bitte… Ich bin keine komische Gottheit…

 

Er war den Tränen nah. Sie schaute ihn an und lächelte sanft.

 

“Es wird alles gut, ja?”

 

Everett wurde sehr emotional. Wie konnte sowas passieren? Wie kommt man auf so eine Idee? Er zitterte leicht.

 

Ich will schnell weg von hier…

 

Das Mädchen stand auf, schaute sich um und wurde fündig. Sie nahm das rostige Messer vom Regal und schnitt zumindest die Befestigungen durch, die aus Seilen bestanden.

 

“so… die Fesseln selber kann ich dir leider nicht abmachen.”

 

Dankbar stand er auf, streckte sich, wobei die Rippen unabsichtlich herausstachen.

 

“Wie lange bist du schon hier?”

 

Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit, aber es waren wahrscheinlich nur paar Tage oder so…

 

“Willst du was essen? Ich hätte etwas Brot und Wasser dabei.”

 

Ich stehe in deiner Schuld…

 

Everett konnte wieder etwas lächeln. Was für eine Tortur. Während er sich zu ihr drehte, schauten alle Körperaugen Xelina an, woraufhin ihre Reaktion darauf kurzes Schaudern war, dann aber wie versprochen ihm Essen und Trinken aus ihrer Tasche holt.

 

“Ich helfe gerne.”

 

Nachdem er es ihr zurückgab und sie es einpackte, bot sie ihm an, ihm beim Anziehen zu helfen. Er verneinte, bekam aber dennoch Hilfe, da er mit den langen Ketten nicht durch die Ärmel kam.

 

“Ich nehme dir die Augenbinde ab, ja?”

 

L-Lieber nicht… E-Es ist besser, wenn sie da bleibt.

Er wandte sich von ihr ab.

 

“Warum denn?”

 

Lass es einfach…

 

Everett ging in Richtung Ausgang, sie folgte ihm.

“Wo willst du jetz hin? Hast du Familie oder Freunde zu denen du gehen kannst?”

 

Ich...Ich habe keinen… und ich schätze in meinem alten Zuhause bin ich auch nicht mehr sicher…

 

“Du… könntest zu mir”

 

Beide stehen nebeneinander. Seit wann können Menschen so freundlich und zuvorkommend sein?

 

Kann ich dir da vertrauen..? Lebst du denn alleine?

 

“Du kannst mir vertrauen. Ich lebe bei meinen Eltern, aber ich hab ein Geheimversteck in meinem Zimmer.”

 

Ich habe keine andere Wahl.

 

“Keine Angst, mein Vater ist meistens eh weg und meine Geschwister sind auch selten da.”



Kapitel 5: Rettung

 

Einige Zeit verging und sie kamen bei ihr an. Es war beängstigend. Alles neu und unbekannt. Everett hat Angst entdeckt zu werden. Wie besprochen bleibt er hinter Xelina und befolgt ihre Anweisungen so leise wie möglich. Sie betraten das Haus, Everett nahm die Ketten in die Hand, um sie leise zu halten. Xelina ging vor. Sie ging den Flur entlang bis zur Treppe, prüfte ob jemand im 1.Stock ist und winkt ihrem neuen Mitbewohner zu, der ihr dann leise folgte. Das Mädchen kannte sich in ihrem Haus aus und stieg vorsichtig die Treppen hoch zu ihrer Zimmertür. Die Ketten streiften ein wenig das Treppengeländer, wodurch sich Everett ein wenig erschrak. Xelina sah besorgt zu ihm. Er verlor das Gleichgewicht kurz, hielt sich aber bevor er stolpern konnte, was sie beruhigte. Er sollte leise sein.

Es ging weiter.

Sie öffnete die Tür und ging in ihr Zimmer, während Everett noch etwas zögerte und sich versuchte das alles einzuprägen.

 

“Hey! Komm schon! Mein Bruder geht nachts manchmal aufs Klo und könnte dich dann sehen!”, flüsterte sie und winkte Everett zu sich. Er kam also. Die Tür fiel zu.

Sie waren nun endlich in Sicherheit. Xelina stoßte einen Seufzer aus, legte ihre Tasche ab und streckte sich. Everett musterte das Zimmer. Das Mädchen öffnete ihren Schrank, schob die Bügel beiseite und öffnete eine weitere Tür.

 

das ist echt gut versteckt…

 

“Jupp, glücklicherweise hab ich das Zimmer bekommen.”

 

Sie lächelte und betritt mit ihm den Raum.

 

“Also… ich hab leider kein richtiges Bett hier, aber eine Matratze sollte in Ordnung sein.”

 

Vielen Dank nochmal…

 

Xelina legte noch Decke und Kissen dazu, bevor er sich auf die Matratze setzte.

 

“Bitte”, sie lächelte und ging aus dem Zimmer, “Gute Nacht.”

Mit dem Satz hat sie die Schranktür geschlossen und legte sich auch in ihr Bett.

Sie schliefen beide gut ein.

 

Der nächste Morgen. Everett döste weiterhin vor sich hin mit der verrutschten Augenbinde. Das Mädchen ging leise in das Zimmer und stellte einen Teller mit Broten auf einen Hocker neben der Matratze. Als sie die Rufe ihrer Eltern hört, sieht sie noch einmal zu dem Jungen bevor sie sich umdreht, durch die versteckte Tür zurück in ihr Zimmer und anschließend in die Küche geht.

Nachdem der Junge die Stimmen wahrgenommen hat, setzte er sich auf und schaute zum vorbereiteten Frühstück. Nie hätte er gedacht, dass das mal passieren würde. Das ist ja fast wie im Himmel. Genüsslich aß er das Brot und versuchte zu verstehen, was unten besprochen wurde, aber es war zu undeutlich. Kurz darauf hörte er Schritte die Treppe wieder hochkommen. Schnell probierte er die Augenbinde wieder zu richten, doch sie war schon da.

 

“Haben dir die Brote geschmeckt?”

 

Ja sehr.

 

Er lächelte in diesem Haus öfter, als er es wahrscheinlich in seinem ganzen Leben je tat.

 

“Das freut mich.”
Sie setzte sich zu ihm und musterte ihn.
“Willst du vielleicht ein paar Klamotten haben?”

 

Wenn es ok ist, gerne…

 

Everett legte die Augenbinde, die er die ganze Zeit in der Hand hielt, beiseite und ließ einfach seine schwarz-roten Augen geschlossen.

 

“Natürlich nicht”, sie sagte das sehr ironisch und gab ein Lächeln zum besseren Verständnis. Xelina stand also wieder auf, ging zum Kleiderschrank und suchte für ihn ein Shirt und eine knielange Hose raus, die sie ihm anschließend überreichte.

“Passen die Sachen?”

 

Wir… wir werden sehen.

 

Er fing sogleich an sich auszuziehen, während die Körperaugen Xelina teils beobachteten.

 

“W-Warte! Du kannst dich doch nicht einfach so ausziehen!”
Ruckartig drehte sie sich zur Wand.
“Lass mich kurz noch rausgehen und dann kannst du dich umziehen.”


Sie verließ das Zimmer und seufzte leise. Ihre Gedanken schweiften von wie isoliert er gewesen sein muss, dass er so wenig Scham hat, zu dem, wie faszinierend und schön seine Augen am Körper aussahen.

Everett zog sich weiterhin an. Es ist komisch für ihn jemanden wie sie zu haben, der sich so um ihn kümmert. Ganz anders als der Verrückte.

Nach ein paar Minuten öffnete er vorsichtig die Tür und schaute raus zu dem Mädchen, das gerade auf ihrem Bett saß und aufstand als sie ihn bemerkte.

 

“Es scheint dir zu passen.”

Er stimmte zu und kam aus der Schwelle raus.

 

Darf.. ich mich zu dir setzen?

 

“Klar, komm her.”
Sie lächelte ihn an, rutschte zur Seite und klopfte auf den freien Platz.

Er setzte sich zu ihr und war für einen kurzen Moment erstaunt davon, wie weich ein Bett sein kann.

 

“Also… wieso hast du so viele Augen?”

 

Oh… das ist eine gute Frage… Ich bin damit aufgewachsen.

 

Er streichelte das Bett und schaute weg, die Körperaugen hielten ihren Blick auf Xelina.

 

“Interessant… wie viele hast du? Und kannst du durch die alles sehen oder kannst du dir aussuchen was du sehen willst?”

 

Ich habe nie nachgezählt. Ich sehe durch alle ..alles eben. Wenn ich etwas Bestimmtes sehen will, dann schaue ich mit fast allen hin und so…

 

Er kratzte sich am Hinterkopf mit leicht verlegenen Blick, da er sowas nur in der Kindheit gefragt wurde.

 

Xelina hörte aufmerksam zu und nickte immer wieder kurz.
“Verstehe.”
Sie kam einem der Körperaugen etwas näher und betrachtete es kurz, bevor sie wieder den vorherigen Abstand nahm.
“Wieso hat Dallis dich da eingesperrt?”

 

Ä-äh.. Ich weiß nicht.. Er nannte mich nur "junger Herr" und wollte, dass es mir gut geht, neben dem eingesperrt-sein, denke ich…

 

“Hm.. Dallis war schon ziemlich vernarrt in dich. Er sucht dich jetzt sogar. Du scheinst ihm ziemlich wichtig zu sein.”

 

Unheimlich. Bei Everett stellten sich die Haare auf und er begann sich nervös umzuschauen.

 

E-er sucht also nach mir?

 

“Keine Angst. Er sucht nach dir, aber ich denke nicht, dass er hier nach dir suchen wird. Meine Eltern gehören zum Kult und sie würden sicherlich keine Häuser der Kult-Mitglieder untersuchen.”

 

Deine.. Eltern gehören zu dieser Gruppe dazu?!  W-was ist dann mit dir?

 

“Ich hatte gestern mein Einweihungsritual, aber um ehrlich zu sein interessiert es mich nicht.”
Sie zuckte mit den Schultern.

 

Dann… ist gut.

 

Everett atmete auf und versuchte sich zu entspannen, indem er sich nach hinten lehnte.

 

Wieso bin ich sein… sein “Herr”? ...Als er mich irgendwie.. dort hin gebracht hat, erzählte er mir dass ich eine Gottheit sei und er mich um jeden Preis beschützen müsste…

 

“Keine Ahnung. Er sieht in dir eben etwas Besonderes.

Das erklärt, wieso er nach dir sucht. Wenn du ihm so wichtig bist und er meint, dass er dich beschützen musst, dann wird er dich auch wieder einfangen wollen.”

 

Heißt wohl, dass ich mich nur vor ihm verstecken kann…

 

Er schaute leicht besorgt aus dem Fenster.



Kapitel 6: Einleben

 

“Ja, das scheint so. Vielleicht bekommen wir es hin, dass du es in ein anderes Land schaffst. Oder zu deiner Familie. Die muss sich doch auch unglaublich viele Sorgen machen.”

 

Meine Familie soll sich sorgen..? Die einzige Person, die sich Sorgen über mich machen würde, ist meine Mutter... und sie ist…

 

Ihm fiel es schwer keine Fäuste vor Wut zu ballen, je mehr er sich daran erinnerte, doch er fuhr fort:
Sonst warst du bisher die einzige, die sich um mich so gut gekümmert hat…

 

“Oh.. Tut mir leid. Hätte ich gewusst, dass dich das Thema so sehr trifft, hätte ich es nicht angesprochen.

Weißt du.. ich habe meine richtigen Eltern nie kennen gelernt.“

Sie schaute ihn an, in der Hoffnung, dass das ihn aufheitern würde, damit er sich nicht alleine fühlt.

Everett wollte ihr ins Gesicht sehen, brach dann aber sicherheitshalber ab und schaut sie weiterhin mit den Körperaugen an.

 

...das sind nicht deine richtigen Eltern?

 

“Ja, sie sind meine Adoptiveltern.“

Das Mädchen stand auf, nahm einen Bilderrahmen von der Kommode und setzte sich wieder neben Everett.

“Das hier sind meine Adoptiveltern und das meine „Geschwister“.

Wir sehen uns alle nicht wirklich ähnlich, deswegen habe ich es recht schnell herausgefunden.”

 

oh..

 

Er sieht sich das Bild genau an und versucht sich die Gesichter dabei einzuprägen.

 

und du weisst wirklich nichts von deinen richtigen Eltern...?

 

“Nein, ich weiß auch nichts über andere Verwandte. Im Waisenhaus meinten sie nur, dass ich genau wie meine Mutter aussah.”

 

das muss schwer für dich sein…

 

Er möchte Xelina trösten, aber weiss nicht wie und hebt deshalb auf komische Art und Weise seine Hand und legt sie auf ihre Schulter.

Woraufhin sie überrascht zu ihrer Schulter sieht, dann aber leicht lächelt als sie seine Hand sieht.

 

“Dir muss das nicht leid tun. Ich habe hier auch ein schönes Leben. Vom Kult mal abgesehen. Aber den Kram werde ich schon noch los.”

 

Es... ist wichtig, dass wenigstens du ein glückliches Leben haben kannst...

 

Er kann nicht anders, als ihre Schulter sanft streicheln. Dabei hat er rosige Wangen bekommen.

 

“Aber du sollst auch ein schönes Leben haben. Nur weil du ein paar mehr Augen hast als Andere, heißt das nicht, dass du nicht auch glücklich sein darfst.”

 

Glücklich, aber berührt lächelte er, wobei er ein leises Danke von sich gab.

 

“Dallis ist wirklich ein Verrückter. Sperrt dich einfach ein und magert dich ab.. “

 

Enttäuscht schnalzt sie kurz mit der Zunge und sieht dann wieder zu ihm.

 

“Kannst du lesen?”

 

Er war sichtlich überrascht und leicht verwirrt von dem schnellen Themenwechsel.

 

W-Was? Klar, kann ich lesen.

 

“Ah, gut. Ich muss morgen nämlich in die Schule und dann müsstest du dich in der Zeit irgendwie beschäftigen.”

 

oh.. ich schätze ich sollte dann besser nicht aus dem Raum raus, oder?

 

“Ja, und wenn du ein Geräusch hörst, gehst du am Besten sofort nach hinten. Manchmal kommen meine Geschwister und meine Eltern in mein Zimmer.”

 

Okay.. wann kommst du wieder?

 

“Ich komme so um 13 Uhr wieder. Ich hab ganz viele Bücher, also bediene dich ruhig.”

 

Gut. Viel.. Spaß?

 

“Danke“,

sie lacht leise und steht auf.

“Aber ich muss erst morgen hingehen. Also sollte ich dir vielleicht etwas mehr über meine Familie erzählen..”

Dabei geht sie zu ihrem Schreibtisch und schreibt alles mit.

“Also mein Vater ist tagsüber kaum zu Hause, außer am Sonntag. Da bleibt er meist den ganzen Tag zu Hause. Nachts ist er alle 2-3 Tage beim Kult und kommt so zwischen 23 und 2 Uhr Heim. Meine Mutter ist von 8 - 19 Uhr an der Arbeit und geht zusammen mit meinem Vater zum Kult. Mein ältester Bruder ist unter der Woche nachts unterwegs, schläft dafür tagsüber von 7 bis 14 Uhr hier. Aber er schläft wie ein Stein, deswegen kannst du um die Zeit auch im Haus herumgehen. Meine große Schwester studiert, weswegen sie von 8 bis 20 Uhr nicht zu Hause ist. Und mein anderer Bruder ist eigentlich auch immer außer Hause, wenn ich es bin. “

Sie legt den Stift weg und gibt Everett das Blatt.

“Hier steht nochmal alles drauf.”

 

Puh... okay danke

 

Überfordert schaut er das Geschriebene nochmal kurz an.

 

Das ist eine Menge... und 3 Geschwister vor denen ich mich verstecken muss. Wie alt sind sie denn?

 

“Also Bill und Jack sind beide 21 und Jessy ist 20.

Bill ist der mit den roten Haaren und Jack hat blonde Haare.

Solange du dich gut versteckst, ist alles gut.

Oh ach ja. Willst du eigentlich duschen? Ich glaube nicht, dass Dallis dich gewaschen hat.”

 

Ah, okay… ich glaube Duschen ist eine gute Idee.

 

“Dann muss ich kurz nach sehen..”

Sie steht auf und verlässt ihr Zimmer, geht auf den Flur und sieht nach, wo ihre Geschwister und ihre Eltern sind. Alle befinden sich gerade unten im Wohnzimmer.

“Hey, ich gehe duschen also besetze ich das Bad kurz”, rief sie von oben runter.

Nachdem von unten zustimmendes Gemurmel kommt, geht sie wieder zu ihrer Tür und winkt Everett raus, woraufhin er zu ihr kommt und sie beide in das Badezimmer gehen.

 

“Also.. Hier ist ein Handtuch und in der Dusche steht das ganze Waschzeug. Ich warte draußen auf dich. Und schließ’ am besten die Tür nicht ab, dann kann ich schnell reingehen, wenn jemand kommt.”

 

gut... danke nochmal.

“Mache ich doch gerne. Es ist schön Menschen glücklich zu machen.”

 

Er geht also ins Bad, zieht die Tür nur leicht zu, und beginnt sich auszuziehen und zu duschen, wobei ein sehr erleichtertes Seufzen ertönte, da er seit langer Zeit kein so wundervoll warmes Wasser mehr zum Duschen verwenden konnte. Glücklich genießte er die sanften Wassertropfen, das fruchtig-frisch riechende Duschgel und als Letztes den weichen Stoff des Handtuchs. Everett band sich das Handtuch um die Hüfte und sah in den Spiegel. Zuhause hatte er ihn abgehängt, da er es nicht ertragen konnte sich ständig zu sehen. Er fasste sich an die Wange und fragte sich, wie man einer Kreatur wie ihm helfen wollen würde. Doch er wird unterbrochen. Ein Klopfen. Die Tür öffnet sich.

“Hey, bist du schon fertig?”

Everett erschrickt, seine Augen sind auf die eintretende Person fokussiert, doch der eigentliche Blick schweift nach unten. Diese Person ist Xelina. Sein Herz beruhigte sich wieder.

 

Oh ja… ja, bin ich.

 

“Oh, tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken. Komm mit, ich geb dir die Klamotten in meinem Zimmer.”

 

Everett nickte kurz, folgte ihr und bekam, nachdem sie unentdeckt wieder zurück in Xelinas Zimmer ankamen, die Klamotten. Um ihr es ebenfalls so angenehm wie möglich zu machen, nahm er die Klamotten mit in den geheimen Raum, um sie dort anzuziehen. Er hörte sie kurz lachen bevor er rausging. Draußen sah er ihr immer noch lächelndes Gesicht und prüfte deshalb schnell ob sie sich einen Scherz bezüglich der Kleidung gemacht hat, aber da an denen nichts war, schaute er sie verwirrt an.

 

...was ist so lustig?

 

“Du hast mein Duschgel benutzt. Das fand ich lustig.”

Sie lächelt ihn wieder an.

 

O-Oh... Tut mir leid, das wusste ich nicht. Es roch einfach so gut..

 

“Alles gut”, sie lachte, “du kannst es ruhig benutzen. Es ist doch schön, wenn zwei Menschen dasselbe mögen.”

 

Everett lächelte leicht beschämt, schaute dann aber für einen kurzen Moment nachdenklich, bevor er sie fragte.

 

...Hey.. wie lange meinst du kann ich hier bleiben..?

 

Sie hat ihre Finger kurz an ihr Kinn gelegt und überlegt.

“Du kannst hier bleiben so lange du willst. Außer es besteht die Gefahr, dass du entdeckt wirst, aber das glaube ich nicht.”

 

Ah...was soll ich am besten tun wenn ich gesehen werde?

 

“Gute Frage.. Versuch in das Hinterzimmer zu gehen oder verstecke dich draußen im Gebüsch. Aber die Chance, dass du gesehen wirst ist eher gering.”

 

...Wie kannst du dir so sicher sein?

 

“Ich vertraue darauf, dass meine Familie nicht hier reinkommt und keiner außer mir weiß von dem verstecktem Zimmer”, versicherte sie ihm.

 

Dann.. bin ich beruhigt.

 

Sie redeten bis es dunkel wurde. Everett legte sich dann in sein Bett und versuchte zu schlafen. Er bekam einige Alpträume, trotz der ganzen Versicherungen Xelinas. Sie gab ihm Sicherheit, aber nur wenn sie da war. Mit ihr fühlte er sich gut. Mit ihr konnte er lachen. War sie diejenige, die er braucht?

 

Der nächste Morgen. Xelina ist gerade dabei ihren Rucksack anzuziehen um zur Schule aufzubrechen, während der immer noch unsichere Everett sich durch ein Gespräch mit ihr versucht zu beruhigen.

 

B-...bist du sicher, dass ich mir keine Sorgen machen soll?

 

“Du musst dir wirklich keine Sorgen machen”, so versuchte sie ihn lächelnd aufzumuntern, “wenn du Geräusche hörst, geh einfach in den Schrank oder bleib im Hinterzimmer.”

 

Aber was ist wenn...

 

Er stoppte und seufzte kurz, als er merkte, dass er sich viel zu viele Sorgen macht.

 

O-Okay... ich äh.. warte dann einfach hier auf dich.

 

“Es wird alles gut. Ich bin um 13 Uhr ungefähr wieder da. Viel Spaß beim Lesen.“

 

Sie schenkte ihm nochmal ein Lächeln, bevor sie dann durch die Tür verschwand, um sich auf den Weg zur Schule zu machen. Everett sah ihr besorgt hinterher, bevor er sich dann umdrehte und die großen Regale mit den vielen Büchern ansah. In der Hoffnung etwas Einfaches zu Lesen zu finden, schaute er die Bücher durch. Nach einer Weile nahm er sich irgendein Buch heraus, lief im Zimmer hin und her, während er darin herum blättert und sich versucht damit abzulenken. In seinem Kopf war die ganze Zeit dieses eine Mädchen. Sie und dadurch die Gefahr, sie zu verlieren. Nicht etwa durch seinen schrecklichen Blick, sondern auch durch etwas oder jemand anderem. Was wäre, wenn sie nicht mehr heim kommen würde und er sich den Rest seines Lebens damit abfinden muss, nicht zu wissen wo sie ist oder wie es ihr geht? Was wäre, wenn sie genauso wie er selbst von jemandem gekidnappt wird oder gar umgebracht wird? Was wäre, wenn… Was wäre, wenn...

“Komm schon... lenk dich ab... ihr passiert nichts”, sagte er sich, um sich selbst etwas Sicherheit zu verschaffen. Schließlich setzte er sich auf ihr Bett und atmete durch. Er hing im Buch, das er die ganze Zeit hat versucht zu lesen, immer noch am ersten Satz. Er sah die Wörter, aber vergaß sie sofort. Er konnte es nicht im Kopf behalten. Xelina war in seinem Kopf, jedoch kein Schimmer von Konzentration um davon abzulenken. Um die Zeit weiterhin zu vertreiben, schaute er abwechselnd mal in Bücher rein und mal aus dem Fenster. Mal liegt er am Boden und starrt die Decke an, mal läuft er sinnlos im Kreis herum. Die Zeit zog sich unendlich lang.

Es vergingen Stunden, die sich wie eine Ewigkeit anfühlten, bis Everett Schritte die Treppe hochkommen wahrnahm und anschließend die Türklinke hörte. Ein kurzer Blick auf die Uhr: Das sollte sie sein! Es ist kurz nach 13 Uhr, wie sie gesagt hat. Glücklich öffnete er die Schranktür, doch die Person war nicht Xelina...



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Tag der Veröffentlichung: 08.02.2019

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