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Leseprobe

Table of Contents

Title Page

Über das Buch

Der Drache mit den Sternenaugen - Anja Lehradt

Die gestiefelte Katze - Mercy Cunningham

Ayumi und die Prinzessin der Meere - Eva Andersson

Sieh mit dem Herzen - Nikki Reva

Die königlichen Geschwister - J. Walther

Das Herz einer Löwin - Jan Jürgenson

Von der Nixe und dem Menschsein - DasTenna

O Hexenkind, mein Hexenkind - Mo Kast

Rosalie & Ayana - Kuro Umi

Das Geheimnis des kupfernen Löffels - Jobst Mahrenholz

Aquamarin - Sarah Natusch

Der Geschmack nach Zuhause - Annina Anderhalden

Das Lied der Sirene - Nadine Engel

Das Märchen von den Lichtermädchen ... - Bettina Barkhoven

Dornenherz - Serena C. Evans

Die Königstochter & die Drachenzähmerin - Julia Kohlhaussen

Die Gefallenen - Katherina Ushachov

Von einer unerwünschten Liebe - Saskia Rönspies

Über die Beteiligten

Impressum

Märchen von der Liebe unter Frauen

 

Hrsg. J. Walther

 

Über das Buch

 

Was, wenn Schneewittchen eine Jägerin trifft, die Kräuterhexe sich in eine böse Hexe verliebt, die Schwester der kleinen Meerjungfrau eine Menschenfrau rettet, die Prinzessin der Tochter des Kochs ihre Gunst schenkt? Wenn das Hexenkind einem Stern folgt, eine Katze die Stiefel spornt und der Weg zur Rettung von Dornröschen durch eine Grotte voller Feen führt?

Dann handeln diese 18 Märchen von starken Frauen, die Frauen lieben – Die erste Sammlung dieser Art!

 

Mit Märchen von: Eva Andersson, Serena C. Evans, Jobst Mahrenholz, Anja Lehradt, Mo Kast, Saskia Rönspies, Katharina Ushachov, Mercy Cunningham, Nikki Reva, Jan Jürgenson, DasTenna, Kuro Umi, Sarah Natusch, Annina Anderhalden, Nadine Engel, Bettina Barkhoven, Julia Kohlhaussen und J. Walther

 

Anja Lehradt

 

Der Drache mit den Sternenaugen

 

 

Es war einmal vor langer Zeit, da lebte in einem weit entfernten Reich eine Königin. Sie war noch sehr jung und wurde von ihrem Volk geliebt. Ihr Königreich war reich an Fisch und Wild und auf den Äckern spross das Korn. Niemand aus ihrem Volk litt Hunger und selbst die Ärmsten unter ihnen hatten ein Dach über dem Kopf.

Die junge Königin hatte ein gutes und liebevolles Herz. Aber sie war auch ein wenig verzogen worden. Schon sehr früh hatte sie ihre Eltern verloren, sodass die Bürde des Reiches bereits als Kind auf ihren Schultern lastete. Der Hofstaat hatte Mitleid mit der Königin und so verwöhnten sie das Kind, wo sie nur konnten. So wuchs die Prinzessin mit der Annahme heran, dass alles nach ihrem Kopfe gehen musste.

 

Als die Königin einundzwanzig Jahre alt wurde, beschloss sie zu heiraten, um die Regierungsbürde nicht länger allein zu tragen. Sowohl eine weise Zauberin aus ihrem Reich, als auch ein armer Prinz aus dem Nachbarland hielten um ihre Hand an. Die Zauberin war beinahe doppelt so alt wie die Königin. Diese empörte sich über den Heiratsantrag der älteren Frau so sehr, dass sie ihn rundweg ablehnte und sich dem schönen jungen, aber armen, Prinzen zuwandte.

Diese Ablehnung schmerzte die Zauberin so sehr, dass sie sich einen Eisenring um ihr Herz legte und ihre Eifersucht einschloss. Den Schlüssel übergab sie ihrem Freund, dem Fisch. Dieser brachte ihn zu der tiefsten Stelle des Meeres und versteckte ihn dort.

 

Die Königin indes bemerkte nichts von dem Leid der Zauberin und verliebte sich in den Prinzen. Nachdem er ihr ein Jahr lang den Hof gemacht hatte, heirateten beide mit einer großen Hochzeit. Das ganze Volk war eingeladen, bis auf die weise Zauberin. Diese liebte die Königin noch immer und wollte einen weiteren Versuch wagen, sie für sich zu gewinnen.

Noch bevor der Prinz und die Königin sich das Jawort geben konnten, schlich sich die Zauberin auf das Fest und unterbrach die Zeremonie. Sie bat die Königin inständig, sie zu heiraten, da sie sie liebte. Doch die Königin war erbost über die Unterbrechung und fand das Ansinnen der Zauberin so lächerlich, dass sie sie vor allen Anwesenden auslachte. Voller Wut rannte die Zauberin davon. Ihr Hass war so groß und fraß in ihren Eingeweiden, dass die Zauberin einen weiteren Eisenring um ihr Herz legte und den Hass darin einschloss. Sie nahm den Schlüssel und übergab ihn ihrem Freund, dem Bären. Dieser trug den Schlüssel tief in den Wald hinein und versteckte ihn dort.

 

Ein Jahr später brachte die Königin ein Mädchen zur Welt. Die kleine Theresa war herzallerliebst und das glücklichste Kind, das man sich vorstellen konnte. Anlässlich der Geburt hielt das königliche Paar ein rauschendes Fest, zu dem das ganze Volk eingeladen war. Alle, bis auf die weise Zauberin. Diese war einsam und traurig. Sie wünschte sich ein wenig Lebensfreude. So schlich sie sich auf das Fest und sprach die Königin an. Sie erzählte ihr von ihrer Einsamkeit und bat sie, ihr Theresa zu überlassen. Die Königin aber war so empört über das Anliegen der Zauberin, dass sie sie von ihren Wachen hinauswerfen ließ. Aber noch bevor sie sie ergreifen konnten, richtete sich die Zauberin auf und verfluchte das Kind.

»An ihrem achtzehnten Geburtstag wird das Unheil über sie hereinbrechen und ein Ungeheuer wird das Land heimsuchen. Nur die Blume, die in jedem Herzen wohnt, wird euch vor dem Untergang bewahren und die Prinzessin retten! Habt ihr die Blume am Tag ihres einundzwanzigsten Geburtstages nicht gefunden, so ist die Prinzessin für immer verloren.« Dann verschwand sie und war fortan nicht mehr gesehen.

Die Zauberin hatte sich tief in die Wälder zurückgezogen. Sie war so traurig, dass sie kaum noch leben wollte. Daher nahm sie einen dritten Eisenring, legte ihn sich um ihr Herz und schloss die Traurigkeit ein. Den Schlüssel übergab sie ihrem Freund, dem Adler, der den Schlüssel auf den höchsten Berg trug und ihn dort versteckte.

 

Die Jahre gingen ins Land, und Theresa wuchs heran. Sie hatte von dem Fluch keinen Schaden genommen und war ein gesundes Kind. Lediglich ihre Augen leuchteten von da an wie Sterne, sodass sie bald nur noch die ›Prinzessin mit den Sternenaugen‹ genannt wurde.

 

Etwa zur gleichen Zeit wie die Königin wurde dem Müller in einem Dorf unweit des Schlosses sein zweites Kind geboren, eine Tochter. Seine Frau überlebte die Geburt nicht. Fortan musste er seine Tochter und den älteren Sohn allein aufziehen. Es war ein hartes Leben und der Müller trauerte tief um seine verstorbene Frau. Seine Tochter Anna hatte das gleiche Antlitz wie ihre Mutter. So sah der Müller Tag um Tag was ihm genommen wurde und sein Herz wurde schwer. Er vermisste seine geliebte Frau und hatte immer weniger Lebensmut.

Anna war ein fleißiges Mädchen und half ihrem Vater, wo sie nur konnte. Sie arbeitete in der Mühle und kümmerte sich um den Hof. Ihr sechs Jahre älterer Bruder Johannes hingegen war faul und musste zu jeder Arbeit angehalten werden. Der Müller hatte seine Hoffnung längst aufgegeben, dass Johannes einmal die Mühle übernehmen würde. Er hatte einfach zu wenig Interesse am Handwerk und fühlte sich zu Höherem berufen. Johannes träumte davon, an den Hof der Königin zu gehen und dort als reicher Mann zu leben. Wer weiß, vielleicht würde er sogar eines Tages die Prinzessin heiraten und selber König werden? Solchen Träumereien hing er jeden Tag nach, sodass die Arbeit an Anna und ihrem Vater hängen blieb.

 

So vergingen die Jahre, und Anna wuchs zu einem wunderschönen Mädchen heran. Doch die Müllerstochter hatte es immer schwerer, genug Essen auf den Tisch zu bekommen. Der Müller hatte sich in seiner Trauer um Annas Mutter verloren und war krank und bettlägerig. Johannes war keine Hilfe. Er saß den ganzen Tag im Wirtshaus und vertrank das Wenige, was sie noch hatten. Auch das Land kränkelte. Vor der Hochzeit der Königin wurden die Flüsse und Bäche leer. Nirgends gab es noch einen Fisch, der gefangen werden konnte. Nach der Hochzeit der Königin verschwand das Wild aus den Wäldern. Die Jäger kehrten tagein und tagaus ohne Beute zurück. Am Schlimmsten wurde es aber nach der Geburt der Prinzessin. Der Regen blieb aus und das Korn auf den Feldern verdorrte. Die Ernten fielen immer häufiger aus. Und als die Jahre ins Land gingen, hatten die Menschen auch ihre letzten Reserven aufgebraucht. Nun, im zwanzigsten Jahr nach dem Fluch der Zauberin, begann das Volk zu hungern.

Die Königin erinnerte sich an den Fluch der weisen Zauberin und ließ nach ihr suchen. Doch sie wurde nicht gefunden. Erste Gerüchte über eine riesige, dunkle Gestalt am nächtlichen Himmel kamen auf, die das wenige Vieh von den Weiden der Bauern holte. Für Anna gab es kaum noch Arbeit in der Mühle. Die wenigen Körner, die die Bauern ernteten, wurden als Brei gegessen. Kaum mehr jemand hatte genug übrig, um es mahlen zu lassen und Brot zu backen.

Während sich Anna jeden Tag fragte, wie sie ihre Familie sattbekommen sollte, machte sie sich große Sorgen um ihren Vater. Der Müller hatte bereits aufgegeben und sich mit seinem Schicksal abgefunden. Die Traurigkeit hatte ihn krank gemacht. Anna versuchte alles, um ihren Vater zu helfen.

Die Heilerin des Dorfes schlug vor, ihm einen Tee aus Rabenwurz zu verabreichen. Aber das Kraut war selten und schwer zu finden. Nur tief im Wald und bei Mondschein gepflückt entfaltet es seine ganze Heilkraft. Doch im Wald war es gefährlich. Seitdem das Wild verschwunden war, spukte es in den dunklen Wäldern. Unheimliche Wesen, ja sogar Ungeheuer würden zwischen den Stämmen hausen, berichteten die Dorfbewohner.

Anna hatte Angst. Aber ihre Sorge um den Vater ließ sie abends, nach Sonnenuntergang, ihren Mantel umlegen und in den Wald gehen. Im fahlen Mondlicht wanderte Anna umher und suchte aufmerksam den Waldboden nach dem Kraut ab. Doch nirgends konnte sie es finden. Bald schon graute der Morgen und Anna musste unverrichteter Dinge wieder heimkehren. Am Abend würde sie es erneut versuchen.

So ging Anna jede Nacht tiefer und tiefer in den Wald hinein, immer auf der Suche nach dem rettenden Kraut für ihren Vater. Jeden Morgen kehrte sie mit leeren Händen zurück. Doch Anna wollte nicht aufgeben. Ihrem Vater ging es immer schlechter und so beschloss sie, heute noch tiefer, direkt in das Herz des Waldes, zu gehen. Dort sollte ein Ungeheuer hausen, aber Anna hatte keine Wahl. Sie brauchte das Kraut.

Der volle Mond leuchtete bis auf den Waldboden herab und tauchte das Moos unter ihren Füßen in zartes Licht. Vorsichtig drang Anna immer tiefer in den Wald hinein. Längst hatte sie die letzten, vertrauten Bäume schon hinter sich gelassen, als sie plötzlich eine Lichtung zwischen den dunklen Stämmen entdeckte. Am Rand der Lichtung stand eine kleine, windschiefe Hütte. Zarter Rauch kräuselte sich aus dem Schornstein. Anna fragte sich, wer hier wohl wohnen mochte. So weit entfernt von jedem Dorf, hier inmitten des Waldes? Zögerlich näherte sich Anna der kleinen Hütte und klopfte an. Vielleicht konnten ihr die Bewohner bei ihrer Suche helfen und wussten, wo sie das Rabenwurz finden konnte.

Aufmerksam lauschte Anna, doch auf ihr Klopfen kam keine Antwort. Es musste aber jemand da sein! Irgendjemand hatte schließlich Feuer gemacht. Anna klopfte noch einmal, diesmal etwas kräftiger. Wieder keine Antwort. Vorsichtig streckte sie ihre Hand nach der Türklinke aus und drückte sie hinunter. Leise quietschend öffnete sich die Tür.

Anna sah sich in der kleinen, aber leeren Hütte um. Ein Tisch, ein Stuhl, ein alter Ofen und ein grobes, hölzernes Bett standen darin. Auf dem Tisch befand sich ein Teller und daneben lag ein umgekippter Becher aus Ton. Der Stuhl war hastig zurückgeschoben worden. Es sah so aus, als hätte jemand fluchtartig die Hütte verlassen. Das kleine Feuer spendete wohltuende Wärme und Anna legte ihren Mantel ab. Sie beschloss, auf die Person zu warten, die hier wohnte. Sie war ihre einzige Hoffnung. Anna hatte nun den ganzen Wald abgesucht und kein Rabenwurz gefunden. Wenn es in diesem Wald etwas Rabenwurz gab, dann wusste es vielleicht die Besitzerin dieser Hütte. Anna hatte sich kaum hingesetzt, als sie auch schon ein dumpfes Poltern vernahm, welches vom Dach zu kommen schien. Die kleine Behausung vibrierte und Staub fiel herab. Vor Schreck sprang Anna auf und rannte aus der Hütte. Panisch sah sie sich um. Doch sie konnte nichts entdecken. Der Mond war verschwunden und die kleine Lichtung vor ihr in Dunkelheit getaucht. Angestrengt lauschte Anna, als sie ein Geräusch vernahm, welches sie an Flügelschläge im Wind erinnerte. An große Flügelschläge. Ängstlich schaute sie nach oben, wo soeben einige Fetzen Mondlicht die Dunkelheit erhellten. Der Anblick, der sich ihr bot, ließ Anna entsetzt aufschreien. Über ihr, so groß wie die Lichtung selbst, schwebte ein gewaltiges Ungeheuer. Riesige Schwingen hielten es in der Luft. Die Schnauze war gespickt mit gewaltigen Zähnen, die Anna mühelos zermalmen konnten.

Immer noch schreiend rannte Anna so schnell sie konnte zurück in den schützenden Wald. Sie ruhte nicht eher, bis sie wieder zu Hause angekommen war. Schwer keuchend schob sie den schweren Riegel vor die Tür und atmete erleichtert auf. Sie war in Sicherheit! Immer noch zitternd legte sie sich in ihr Bett und schlief ein.

 

Der nächste Morgen brachte die ersten Schneeflocken. Mit Schrecken realisierte Anna, dass sie ihren einzigen Mantel in der Hütte gelassen hatte! Wie konnte das nur passieren? Sie hatte nicht genug Geld, um sich einen weiteren Mantel kaufen zu können. Das Wenige, was sie beiseite gepackt hatte, damit es Johannes nicht im Wirtshaus vertrank, brauchte sie, um Lebensmittel für sich und ihren Vater zu kaufen. Fröstelnd machte sich Anna an die Hofarbeit. Auch heute gab es keine Aufträge für die Mühle. Anna würde wohl oder übel zu der Hütte zurückkehren müssen. Der Weg war weit und sie hatte große Angst, dass das Ungeheuer immer noch da war. Anna nahm sich daher vor, noch vor dem Sonnenuntergang aufzubrechen. So würde sie, möglichst im Hellen, die Hütte erreichen. Entschlossen machte sich Anna an ihr Tagwerk. Als Anna den Hof und ihren Vater versorgt hatte, war der Tag beinahe schon zur Neige gegangen. Nicht mehr lange und die Sonne wäre vom abendlichen Himmel verschwunden. Schnell machte sich Anna auf den Weg. Wenn sie sich beeilte, könnte sie die Hütte zusammen mit den letzten Sonnenstrahlen erreichen. Vielleicht war ja das schreckliche Biest verschwunden und die Bewohnerin wieder zu ihrer Behausung zurückgekehrt? Anna hoffte inständig, dass das Ungeheuer nicht wieder käme.

Ihr Herz pochte wild, als sie die kleine Lichtung betrat. Es war ein kleines Wunder, dass sie sie überhaupt gefunden hatte. Sah doch der Wald am Tage ganz anders aus.

Bevor Anna die Lichtung betrat, schaute sie sich aufmerksam um. Weit und breit kein Ungeheuer zu sehen. Das Biest war verschwunden!

Erleichtert atmete sie auf und ging hinüber zu der kleinen Hütte. Diesmal kam kein Rauch aus dem Schornstein. Ob überhaupt jemand da war? Die Sonne begann bereits unterzugehen und Anna musste sich beeilen. Sie klopfte an die Tür und lauschte. Doch nichts als Stille antwortete ihr. Langsam öffnete Anna die Tür. Die Hütte war diesmal aufgeräumt. Der Teller und Becher abgewaschen. Es war also jemand hier gewesen! Anna sah ihren Mantel an einem Haken hinter der Tür hängen. Wer hatte ihn dort hingehängt?

»Ist hier jemand?«

Annas Stimme hallte laut in der Hütte, die mit dem zunehmenden Dämmerlicht immer dunkler wurde. Als niemand antwortete, seufzte Anna resigniert. Hier war niemand. Sie würde keine Hilfe bekommen. Enttäuscht nahm sie ihren Mantel vom Haken und trat vor die Hütte. Sorgsam schloss sie die Tür und blickte, im Licht der letzten Sonnenstrahlen, über die Lichtung. Während sie ihren Blick schweifen ließ, entdeckte sie neben der Hütte einen kleinen weißen Flecken auf dem Boden. Unzählige kleine Pflanzen blühten dort, wo Moos sonst den gesamten Waldboden bedeckte. Ihre weißen Blüten zur gerade untergegangenen Sonne gerichtet, um auch noch die letzten warmen Strahlen einzufangen. Mit offenem Mund starrte Anna auf die kleinen Pflänzchen. Das war Rabenwurz! Endlich. Sie hatte es gefunden. Mit einem kleinen Aufschrei rannte Anna los, als plötzlich der Boden unter ihren Füßen zu beben begann und sie umwarf. Ein tiefes Grollen hallte über die Lichtung und ließ sie erstarren. Mit vor Schreck geweiteten Augen sah sie, wie sich ein gewaltiger Drachen in die Luft schwang. Anna hatte noch nie einen Drachen so nah gesehen. Eigentlich hatte sie überhaupt noch keinen Drachen gesehen. Bis jetzt!

Es gab unzählige Geschichten über Drachen und Anna hatte jedes Mal fasziniert gelauscht, wenn Theo, der Geschichtenerzähler des Dorfes, diese erzählte. Doch niemals hätte sie daran geglaubt, einem Drachen leibhaftig zu begegnen.

Jetzt, im Dämmerlicht zwischen Tag und Nacht, konnte Anna ihn erst richtig erkennen. Die ledrigen Schwingen waren schwarz und ausgebreitet, bedeckten fast die gesamte Lichtung. Der gewaltige Körper des Drachen schimmerte dunkelgrün im Dämmerlicht. Sein riesiger Kopf endete in einer großen Schnauze, dicht gespickt mit Zähnen, von denen jeder mindestens genauso lang wie Annas Arm war. Kluge Augen, die wie zwei helle Sterne leuchteten, musterten Anna eindringlich.

Unter dem aufmerksamen Blick erwachte Anna aus ihrer Starre. Schnell sprang sie auf und hielt die Hände abwehrend vor sich. Langsam, den Drachen fixierend, zog sie sich Schritt für Schritt rückwärts zum Waldrand zurück. Als sie zwischen die Bäume trat, drehte sie sich um und hastete nach Hause. Ihre Gedanken kreisten immer nur um das Eine. Sie hatte einen Drachen gesehen! Einen echten Drachen! Und er hatte sie nicht verschlungen! Anna konnte es kaum glauben. Wenn das ein Ungeheuer war, warum hatte es sie dann nicht verschlungen? Stattdessen hatte es Anna eher … interessiert gemustert.

Als sie schwer atmend nach Hause kam, wartete Johannes auf sie.

»Wo bist du gewesen? Vater hat nach dir gerufen!«

»Ich … ich …« Anna wollte ihm nichts von ihrer Begegnung mit dem Drachen erzählen. »Ich war im Wald um Rabenwurz für Vater zu suchen. Die Heilerin hat …«

Doch ihr Bruder fiel ihr ungehalten ins Wort. »Ich würde auch gern im Wald herumtollen, doch es gibt hier Arbeit zu tun. Vater hatte einen Anfall und du warst nicht da. Ich musste mich um ihn kümmern! Sieh zu, dass das nicht noch einmal passiert. Ich habe wirklich besseres zu tun, als hier bei Vater zu sitzen. Es sollen heute Kundschafter der königlichen Armee gekommen sein. Ich muss ins Dorf.«

Mit diesen Worten ließ er Anna stehen und eilte von dannen. Anna hatte sich schon längst an die schroffe Art ihres Bruders gewöhnt, sodass sie ihm nicht weiter Beachtung schenkte. Eines jedoch hatte ihre Aufmerksamkeit geweckt. Kundschafter? Hier, in ihrem Dorf? Warum? Doch die Fragen mussten warten. Sie würde morgen Johannes fragen. Anna eilte zu ihrem Vater.

 

»Die Königin hat Kundschafter in alle Himmelsrichtungen entsandt. Der Fluch ist wahr geworden! Ein großes Unheil ist über unser Land gekommen. Es heißt, ein gewaltiges Ungeheuer treibt sein Unwesen in unserem Land, stiehlt das bisschen Vieh und verbrennt die dürren Ernten. Die Kundschafter erkundigen sich überall danach, wo das Ungeheuer gesehen wurde. Jeder, der etwas weiß, soll sich bei ihnen melden.«

Aufgeregt berichtete Johannes die Neuigkeit seinem Vater, der ihn mit großen Augen von seiner Bettstatt aus anstarrte.

»Vater, das ist die Möglichkeit für mich! Zusammen mit ein paar Burschen wollen wir ins Nachbardorf. Dort finden wir vielleicht noch ein paar Männer und durchkämmen dann die Wälder nach dem Biest. Falls ich es erlegen kann, ist mir ein Platz im Schloss sicher gewiss!«

Anna, die aufmerksam ihrem Bruder gelauscht hatte, fragte sich, ob das Ungeheuer ihr Drache war. Ihr Drache? Sie schüttelte leicht den Kopf.

»Ich muss los Vater. Anna ist hier und kümmert sich um alles. Lebewohl.«

Ihr Vater, zu schwach um etwas zu entgegnen, nickte nur und schloss die Augen. Als sich Johannes umdrehte, erblickte er seine Schwester, die ihn mit großen Augen anstarrte. Unwirsch fuhr er sie an. »Was stehst du da herum und glotzt mich an? Ich habe eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Ich werde ein reicher Mann! Du kümmerst dich um Vater und den Hof. Bald bin ich zurück.«

Johannes nahm sich das letzte Stück Brot und den letzten Weinschlauch aus dem Schrank und verließ den Hof.

Anna war entsetzt! Er war einfach gegangen und hatte sie mit Allem allein gelassen. Es war nicht so, dass er in den letzten Jahren je Hand angelegt hatte. Aber er war hin und wieder da gewesen, sodass Anna das Gefühl hatte, nicht ganz allein mit dem Hof und ihrem kranken Vater dazustehen. Nun war er weg und sie war wirklich auf sich allein gestellt. Und ihrem Vater ging es immer schlechter. Sie fürchtete, wenn sie nicht das Kraut besorgte, würde er bald sterben. Anna musste zurück zur Drachenlichtung. Als Anna diese Nacht die Lichtung betrat, fand sie den Drachen zusammengerollt auf dem Boden liegend. Atemlos und mit vor Angst klopfendem Herzen betrachtete Anna die riesige Gestalt vor ihr, deren Augen geschlossen waren.

»Na, du bist nicht so leicht einzuschüchtern, was?«

Erschrocken wich Anna zurück in den Wald. Wer hatte da gesprochen? Anna vernahm ein leises Rumpeln, was beinahe wie ein tiefes Lachen klang.

»Anscheinend habe ich mich doch getäuscht.« Der Drache öffnete ein Auge und starrte Anna an, die sich hinter einem Baum versteckt hielt. Fasziniert beobachtete Anna, wie sich das Sternenlicht in dem Auge des Drachen zu fangen schien. Obwohl die Angst ihr fast den Atem raubte, fasste sie sich ein Herz und trat hervor.

»Guten Abend. Bitte friss mich nicht. Ich … ich wollte dich nicht stören.«

»Und doch tust du es.«

»Ich … es tut mir leid. Die Sache ist die … mein – mein Vater ist krank. Und die Heilerin sagte, das Einzige, was ihm jetzt noch helfen könne, ist Rabenwurz.«

»Rabenwurz?«

»Ja, R… Rabenwurz. Die … die kleine Blume, die hier auf deiner Lichtung wächst.«

Mit offenem Mund beobachtete Anna, wie sich der Drache aufrichtete und umsah. Seine Augen suchten aufmerksam den Waldboden ab. Und tatsächlich, dort, gleich neben der kleinen Hütte, schimmerte der Waldboden in leuchtend weißen Farben.

»Das da?«

Anna, die sich immer noch fragte, ob sie nur träumte, dass sie mit einem Drachen sprach, antwortete nicht gleich. Fasziniert starrte sie in die wunderschönen Augen des Drachen. Sein großer Kopf schwebte genau vor ihr. Während sie ihn so betrachtete, fühlte sie ihre Angst schwinden. Anna spürte, dass er ihr nichts Böses wollte.

»Menschlein? Ist es das Kraut dort drüben?« Der Drache schnaubte leise und kleine Rauchwolken schwebten aus seinen großen Nüstern und umhüllten Anna vollständig. Hustend wedelte Anna mit den Armen, bis sich die Rauchwolke verzog.

»Ja, genau die.«

»Was hat dein Vater?«

Das Interesse des Drachen schien ehrlich und so fand sich Anna bald darauf, gemeinsam mit dem Drachen, auf dem Waldboden sitzend und ihm ihre Lebensgeschichte erzählend, wieder. Zwischendurch, wenn es Anna zu kalt wurde, hauchte der Drache seinen Feueratem auf den Waldboden, der sich daraufhin wunderbar erwärmte.

Anna bemerkte gar nicht, wie die Zeit verflog. Als die Dämmerung einsetzte, wurde der Drache unruhig.

»Du musst gehen, Anna, es wird Zeit.«

»Oh!«

Anna gähnte und blickte überrascht auf. Tatsächlich. Bald schon würde der Morgen hereinbrechen. Schnell und mit dem Versprechen, sich heute Abend wiederzusehen, machte sich Anna auf den Weg. Nicht jedoch ohne vorher eine Handvoll Rabenwurz zu pflücken.

Erst zu Hause fiel ihr ein, dass sie gar nicht gefragt hatte, wer in der kleinen Hütte wohnte.

 

Die Wochen vergingen und Anna besuchte jede Nacht ihren Drachen. Stets traf sie ihn auf der Lichtung liegend an. Die kleine Hütte war immer leer. Als Anna danach fragte, zuckte der Drache nur mit seinen Schultern. Außer ihm und Anna hatte er hier noch niemanden weiter gesehen. Die meisten Nächte unterhielten sie sich und lachten bis weit nach Mitternacht, nur um dann, eng aneinander gekuschelt, einzuschlafen. Noch nie war Anna so glücklich gewesen. Jeden Tag fieberte sie dem Abend entgegen, wenn sie sich auf den Weg zur Waldlichtung machen konnte.

Auch ihrem Vater ging es mit jedem Tag besser und bald schon bedurfte es keines Tees mehr. Er konnte das Bett verlassen und kam langsam wieder zu Kräften.

Doch ihr Glück wurde jäh unterbrochen, als Johannes zurückkehrte. Überrascht erblickte er seinen Vater, der den Hof kehrte.

»Vater! Du bist wieder gesund! Das ist ja wunderbar!«

Erfreut umarmte er seinen Vater. Lachend klopfte er ihm auf die Schulter und sah sich im Hof um. Seine Augen suchten Anna, konnten sie aber nirgends entdecken. Er hatte viel zu erzählen und platzte beinahe vor Aufregung.

»Anna! Komm her, ich habe große Neuigkeiten.«

Als seine Schwester um die Ecke bog, zog er überrascht die Augenbrauen in die Höhe. Noch nie hatte er sie so glücklich gesehen. Sie schien von innen heraus zu leuchten. Argwöhnisch runzelte er die Stirn. Was ging hier vor?

Anna, die sah, wie Johannes sie aufmerksam musterte, fragte sich, ob ihr Bruder in ihr Herz schauen konnte.

»Johannes! Du bist zurück.«

»Wie du siehst. Aber nun kommt, lasst uns hineingehen.« Während sie um den Essenstisch saßen, berichtete ihr Bruder von seinen Erlebnissen. Gemeinsam mit drei anderen jungen Männern war er ins Nachbardorf gezogen, um Neuigkeiten über das Ungeheuer zu erfahren. Wie sich herausstellte, wusste der junge Köhler von einer Begegnung zu berichten, die sich eines Nachts zugetragen hatte. Eines Abends hatte er, wie immer, seinen Kohlemeiler aufgebaut und darauf gewartet, dass er langsam herunterbrannte. Dabei musste er eingeschlafen sein, denn als er wieder erwachte, schwebte ein großes Biest über dem Meiler, das nach wenigen Augenblicken einen Feuerstoß ausstieß und dem Holzkohlemeiler den Garaus machte. Der Köhler hatte all seinen Mut zusammengenommen und war davongerannt. Er war froh, mit dem Leben davongekommen zu sein.

Zusammen mit dem Köhler und ein paar Männern war Johannes zum Schloss geritten, um der Königin mitzuteilen, dass das Ungeheuer in ihren Wäldern lebte. In ein paar Tagen würde die Armee hier eintreffen und sie würden jeden Stein umdrehen, bis das Biest gefangen worden war.

Als Anna dies hörte, bekam sie einen großen Schreck. Ihr Drache war in Gefahr! Sie konnte sich nicht vorstellen, dass dieses sanftmütige Wesen, das sie immer zum Lachen brachte, ein blutrünstiges Ungeheuer sein sollte. Sie musste ihn warnen!

Schnell sprang Anna auf und stieß dabei beinahe den Stuhl um.

»Wo willst du hin Anna?« Ihr Bruder hatte sie aufmerksam beobachtet. Ihm war die innere Unruhe Annas nicht entgangen. Wusste sie etwa, wo sich das Biest befand, und wollte den Ruhm für sich beanspruchen? Er würde sie im Auge behalten.

»Ich … ich … muss noch einmal los. Vaters Kräuter gehen zur Neige.«

»Kräuter? Was für Kräuter? Es ist bald Zeit für das Abendbrot und ich habe Hunger. Kräuter kannst du auch später pflücken! Oder gibt es da sonst noch etwas, was du mir verraten willst?«

»Was? Wie? Nein, was denn?«

Anna zwang sich zur Ruhe. Es fehlte noch, dass ihr Bruder noch mehr Argwohn schöpfte und sie ihn geradewegs zu ihrem Drachen führte.

Eilig ging Anna in den Garten und holte alles, was sie für ihr karges Abendmahl, eine Gemüsesuppe, benötigte. Ihre Hände arbeiteten wie von selbst, während ihre Gedanken bei ihrem Drachen weilten. Hoffentlich kam sie nicht zu spät. Er musste sich in Sicherheit bringen, bevor die Armee der Königin hier eintraf.

Unruhig wartete Anna darauf, dass ihr Vater und Johannes zu Bett gingen und schließlich Ruhe einkehrte. Erleichter stand sie auf, schlich sich leise aus dem Haus und rannte in den Wald. In ihrer Hast bemerkte Anna ihren Bruder nicht, der ihr mit etwas Abstand folgte.

 

Als Anna schließlich die Lichtung erreichte, sah sie ihren Drachen auf dem Boden liegen. Schnell eilte sie auf ihn zu und lehnte sich an den Kopf des Tieres. Ihre Arme umfassten so gut es ging die große Schnauze. Sanft presste sie ihre Stirn an die warme Haut des Drachens und blickte auf. Besorgt schaute sie in die leuchtenden Sternenaugen des Drachens. Sie seufzte tief.

»Was bedrückt dich, Anna?«

»Du musst mir gut zuhören, Drache. Die Armee der Königin ist auf dem Weg hierher. Sie wollen dich gefangen nehmen. In nur wenigen Tagen durchkämmen sie die Wälder! Du musst dich in Sicherheit bringen, schnell.«

»Nur ruhig Anna. Ich bin so tief im Wald, dass keine Menschenseele mich hier finden kann. Die Lichtung ist gut versteckt.«

»Aber …«

»Habe keine Angst Anna, mir wird nichts geschehen. Sie werden mich hier nicht finden.«

Anna ließ sich von ihrem Drachen beruhigen. Bald schon schmiegte sie sich an seine Seite und gemeinsam verloren sie sich in ihren Geschichten.

Johannes aber hatte, aus der Ferne, mit offenem Mund seine Schwester beobachtet, die sich offenbar mit diesem Biest angefreundet hatte. In aller Hast drehte er sich um und eilte zurück zum Dorf. Dort hämmerte er laut mit seiner Faust an das Tor des Schmieds.

»Hans, mach auf! Ich brauche dein Pferd!«

Der verschlafene Schmied zögerte nicht lange. Es war einfacher dem Hannes seinen Wunsch zu erfüllen, als lange darüber zu reden. Der Johannes war keiner, dem er gern widersprach. Also gab er Johannes sein einziges Pferd und ging, lauthals gähnend, zurück in sein Bett. Johannes aber schwang sich auf das Pferd und galoppierte die Straße in Richtung Schloss davon. Das Glück war mit ihm, denn es war noch nicht einmal Mitternacht, als er auf das Lager der königlichen Armee stieß.

Als Johannes erklärte, dass er wisse, wo sich das Ungeheuer aufhielt, wurde er schnell zum General vorgelassen. Nur kurze Zeit später machte sich die gesamte Armee auf den Weg, angeführt von Johannes.

 

Der Morgen war nicht mehr fern und Anna hatte sich eng an ihren Drachen geschmiegt. Seine große Schwinge deckte sie wärmend zu. Ihr Gespräch war nach Mitternacht eingelullt und beide schliefen friedlich beieinander. Plötzlich erwachte Anna. Sie spürte eine innere Unruhe und stand auf. Aufmerksam schaute sie über die kleine Lichtung, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Plötzlich surrte ein Pfeil an ihr vorbei und verhakte sich in der ledrigen Schwinge. Entsetzt schrie Anna auf und rannte in die Richtung, aus der der Pfeil kam.

»Anna, nicht!«

Mit einem tiefen Gebrüll richtete sich der Drache auf und schwang sich in die Lüfte. Von allen Seiten hagelte es Pfeile auf den imposanten Körper des Drachens. Den dicken Schuppen konnten die Pfeile nichts anhaben, doch seine weichen Schwingen hatten den Widerhaken nichts entgegenzusetzen. Schmerzerfüllt brüllte der Drache auf. Er zögerte, seinen Feueratem einzusetzen, aus Angst, Anna zu verletzen. Diese schrie unaufhörlich.

»Hört auf! Hört auf. Ihr tut ihm weh! Hört doch endlich auf!«

Anna rannte wie von Sinnen zwischen den Bäumen hin und her. Überall sah sie bewaffnete Soldaten, die mit Armbrüsten auf ihren Drachen zielten. Und mittendrin stand ihr Bruder, mit einem selbstgefälligen Grinsen auf den Lippen.

Als Anna ihn entdeckte, rannte sie wütend auf ihn zu. »Johannes, wie kannst du es wagen …«

Aber Johannes unterbrach sie, indem er ihr eine schallende Ohrfeige versetzte, die sie für einen Moment taumeln ließ. Schnell fing sich Anna wieder. Mit einem Aufschrei warf sie sich auf ihren Bruder, der ihren Angriff milde lächelnd abwehrte.

Der Drache, der die Auseinandersetzung beobachtet hatte, senkte sich trotz des andauernden Pfeilhagels drohend zu Johannes hinab. Als der den Drachen auf sich zufliegen sah, ergriff er schnell seinen Dolch und hielt ihn Anna an die Kehle. »Halt! Wenn du mir auch nur ein Haar krümmst, wird sie sterben.«

»Anna!« Verzweifelt blickte der Drache auf den Boden, wo seine Anna in den Händen ihres Bruders hing. Der kalte Stahl an ihrer Kehle blinkte im ersten Dämmerlicht.

»Flieg weg, bring dich in Sicherheit!«

Doch der Drache schüttelte seinen großen Kopf. Mit Tränen in den Augen beobachtete Anna, wie schwere Netze über ihn geworfen und er weggeschleift wurde.

Wütend riss sie sich von ihrem Bruder los, der sich gemeinsam mit der Armee auf den Weg zurück ins Schloss machte. Den Drachen, mit schweren Ketten gefesselt und in eine gewaltige Kiste gesperrt, zogen zehn Ochsen.

 

In den Strahlen der Morgensonne stand Anna allein auf ihrer Lichtung, die wenige Momente zuvor noch voller Kampfgetümmel gewesen war. Mit gesenktem Kopf trottete Anna wieder nach Hause. Ungehindert ließ sie ihre Tränen fließen. Sie hatte ihr größtes Glück verloren. Sie hatte ihren Drachen verloren.

 

Als sie wieder zu Hause eintraf, wartete ihr Vater schon auf sie. Er hatte Annas Veränderung in den letzten Monaten bemerkt. Er wusste nicht, wohin sie jede Nacht verschwand, nur, dass es sie glücklich machte.

Als sie nun weinend nach Hause kam, nahm er sie still in die Arme. Geduldig wartete er darauf, bis sie sich beruhigt hatte. Es dauerte lange, bis sich Anna soweit wieder gefangen hatte, dass sie ihrem Vater die ganze Geschichte erzählen konnte. Aufmerksam hörte er ihr zu. Als sie schließlich geendet hatte, blickte sie ihn so hilflos an, dass sein Herz brach. Er nahm ihre Hände und schaute ihr aufmunternd in das Gesicht.

»Verzweifele nicht, mein Kind. Wenn uns diese Geschichte etwas lehrt, dann, dass nicht alles Böse ist, was auf den ersten Blick so erscheint. Und das nicht alles Gut ist, was auf den ersten Blick so vermuten ließe. Dein Drache ist nicht das böse Ungeheuer, für das es alle halten. Gehe zur Königin und versuche, mit ihr zu reden. Vielleicht kannst du sie davon überzeugen!«

»Meinst du wirklich Vater?«

Annas Vater nickte zustimmend. »Wenn es jemanden gelingt, die Königin zu überzeugen, dann dir.«

Mit diesen Worten machte sich Anna auf den Weg ins Schloss. Hoffentlich kam sie nicht zu spät.

 

Der schwere Karren mit dem Drachen wurde in das dunkle Verlies gezogen. Dorthin drang kein Geräusch, nicht der Duft des Waldes oder das Licht der Sonne. Nur wenige Fackeln erhellten den Kerker. Hier, in dem größten Verlies, wurde der Drachen angekettet. So sehr er auch zog und sich aufbäumte, er konnte die Ketten nicht brechen. Morgen, bei Sonnenuntergang, würde die Königin ihn töten lassen. Resigniert legte sich der Drache auf den Boden. Das Leuchten seiner Augen dimmte sich und verschwand schließlich ganz. So hatte sich Theresa das nicht vorgestellt. Bisher war es ihr gelungen, ihr Geheimnis für sich zu bewahren. Selbst ihre Mutter hatte keine Ahnung von dem dunklen Drachen, in den sich ihre Tochter jede Nacht bei Sonnenuntergang verwandelte, nur um sich bei Sonnenaufgang wieder zurück in ihre menschliche Gestalt zu verwandeln. Wenn Theresa ein Drache war, hatte sie ganz andere Gelüste. Es dürstete sie nach Fleisch und Vernichtung. Um niemanden Schaden zuzufügen, hatte sie sich die kleine Hütte im Wald gebaut. Dorthin begab sie sich jeden Abend und kehrte mit den ersten Sonnenstrahlen wieder zurück. Es war ein einsames Leben, das Theresa seit ihrem achtzehnten Lebensjahr führte. Immer auf der Hut, rechtzeitig im Wald zu sein, bevor die Verwandlung einsetzte. Sie ging auf keine Bälle, verreiste nicht und freundete sich mit niemandem an, aus Angst ihr Geheimnis zu verraten.

Erst Anna hatte ihre Einsamkeit beendet. Sie hatte sie mit ihrer freundlichen Art gefangengenommen. Theresa hatte sich immer öfter dabei ertappt, dass sie den Abend herbeisehnte, damit sie Anna wieder sehen konnte. Ihre süße Anna! Die keine Ahnung hatte, wer sie in Wirklichkeit war. Würde sie sie überhaupt wollen, wenn sie wüsste, wer sie war? Sie hatten über alles reden können. Noch nie hatte sich Theresa einem anderen Menschen so nahe gefühlt.

Aber nun war alles vorbei. Ohne Sonnenlicht konnte sich Theresa nicht zurückverwandeln. Entweder sie ließ sich morgen Abend töten, oder aber ihr Geheimnis würde aufgedeckt. Was sollte sie nur tun? Wenn die Menschen wüssten, dass ihre Prinzessin dafür verantwortlich war, dass ihr Vieh starb, wie würden sie reagieren? Was würde ihre Mutter dazu sagen?

 

 

Als Anna am nächsten Tag das Schloss erreichte, war die Sonne bereits untergegangen. Der Schlosshof war dicht gefüllt mit Menschen. Alle wollten das Biest sehen, das so viel Unheil über ihr Land gebracht hatte. Anna drängte sich durch die Menschenmassen, bis sie schließlich ganz vorn stand. Sie bekam gerade noch mit, wie der General der königlichen Armee ihrem Bruder einen Orden an die Brust heftete. Dieser strahlte über das ganze Gesicht und blickte triumphierend in die Menge. Als sein Blick auf Anna fiel, wurde sein Lachen sauer. Sie würde ihm alles verderben und jedem erzählen, dass sie den Drachen gefunden hatte! Wütend starrte er sie an.

Die Königin indes hob ihre Hand und augenblicklich trat Stille ein.

»Mein Volk, diesem jungen Mann hier ist es zu verdanken, dass meine Armee endlich das Ungeheuer gefangen nehmen konnte. In Anerkennung seiner Leistung erhält er den Titel ›Königlicher Kundschafter‹ und darüber hinaus jährlich zwei Goldstücke.«

Johannes hatte es also geschafft. Er war ein reicher Mann geworden. Allerdings hatte er dafür seine eigene Schwester verraten. Das konnte und würde ihm Anna nie verzeihen. Sie hatte immer darauf gehofft, dass er sie tief in seinem Herzen liebte, egal wie widerlich er ihr gegenüber war. Aber da hatte sie sich wohl getäuscht.

»Mein Volk. Nun ist an der Zeit, dass wir uns ein für alle Mal von diesem Biest befreien. Henker! Bringt das Ungeheuer!«

Erst jetzt bemerkte Anna die schweren Eisenringe, die tief in den Boden gelassen worden waren. Mehr als fünfzig Wachen hielten die Eisenketten straff, mit denen sie den Drachen auf den Schlosshof zerrten. Dann befestigten sie die Ketten an den Eisenringen im Boden und zogen die Ketten straff, sodass der Drache, den Hals langgestreckt, am Boden lag. Entsetzt starrten die Menschen auf das große Biest, das ihr Vieh geraubt hatte. Es sollte auch dafür verantwortlich sein, dass es keine Fische in den Flüssen und kein Wild mehr in den Wäldern gab. Hier endlich sahen sie das große Unheil, welches ihnen die Zauberin vor mehr als zwanzig Jahren prophezeit hatte. Ein lautes Raunen ging durch die Menschenmenge. Dann begannen die ersten Rufe, die immer lauter wurden und schließlich über den gesamten Schlosshof hallten.

»Tötet es!«

»Schlagt ihm den Kopf ab!«

»Es soll büßen!«

»Befreit uns.«

Die Königin hob ihre Hand und die Rufe verstummten.

»Henker! Walte deines Amtes. Zu lange leiden wir schon unter diesem Unheil. Es wird Zeit, dass der Wohlstand in unser Reich zurückkehrt.«

Der Henker nickte seiner Königin zu und stellte sich vor den Hals des Drachen. Dieser hatte seine Augen geschlossen. Der Henker hob sein riesiges Beil und holte weit aus.

»Nein!« Anna stürmte nach vorn und fiel dem Henker in die Arme.

»Nein, bitte nicht. Er ist nicht für das Unheil verantwortlich. Es ist nicht so, wie es scheint. Bitte, lasst ihn leben!«

Annas tränengefüllte Augen blickten verzweifelt die Königin an. Verwundert starrte sie auf das junge Mädchen, welches sich über den Hals des Drachen geworfen hatte, um ihn vor dem Beil des Henkers zu bewahren. Doch noch ehe sie dazu kam, etwas zu sagen, stürmte ihr kürzlich ernannter ›Königlicher Kundschafter‹ vor und ergriff grob den Oberarm der jungen Frau. Mit einem Ruck versuchte er sie von dem Drachen wegzuziehen. Doch die wehrte sich energisch gegen die grobe Behandlung. Soeben holte der Mann aus, um die junge Frau zu schlagen, als plötzlich eine tiefe Stimme weit über den Schlosshof hallte. »Genug! Mutter, gebietet dem Einhalt.«

Entsetzt schwiegen alle und blickten auf den Drachen, der sie nun aus sternenleuchtenden Augen anstarrte. Alle Blicke wanderten zwischen der Königin, dem Drachen und der jungen Frau, die sich immer noch über den Hals des Drachens beugte, hin und her. Johannes hatte vor Schreck Anna losgelassen und war mehrere Schritte zurückgewichen. Der Drache konnte sprechen?

Die Königin starrte mit großen Augen auf das gewaltige Biest, welches angekettet in ihrem Schlosshof lag. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Und wieso nannte das Biest sie Mutter?

»Wachen, lasst den Schlosshof räumen und bringt mir das Mädchen.«

Die Wachen beeilten sich, der Aufforderung ihrer Königin nachzukommen und bald schon lag der Schlosshof verwaist im fahlen Mondlicht.

Die Königin erhob sich von ihrem Thron und begab sich zu Anna, die sich immer noch weigerte, ihren Drachen loszulassen. Sie hatte keine Ahnung, warum er zu der Königin Mutter gesagt hatte, aber sie fürchtete, wenn sie losließe, würde der Henker sein Werk vollenden. Verzweifelt krallte sie sich an die kleinen Schuppen am Hals. Sie würde nicht loslassen.

»Anna.«

Sie durften ihn nicht töten. Anna würde alles tun, um dies zu verhindern.

»Anna!«

Endlich drang die tiefe Stimme in ihr Bewusstsein.

»Anna, es ist gut, du kannst mich loslassen.«

»Nein ich … sie wollen dich töten. Ich kann das nicht zulassen! Ich darf dich nicht verlieren!«

Verzweifelt begann Anna zu weinen. Sie bemerkte die Königin erst, als sie sich zu ihr herunterbeugte und langsam ihre Hände vom Hals des Drachens löste.

»Ich nehme an, du bist mit dem Biest vertraut?« Fragend blickte die Königin in Annas Gesicht. Die nickte stumm. Dann ergriff sie die Hände der Königin und flehte sie mit tränenerstickter Stimme an. »Bitte eure Majestät, der Drache ist nicht böse. Er bedeutet mir Alles auf dieser Welt. Bitte lasst ihn nicht töten.«

Die Königin war gerührt von so viel Loyalität und Liebe. Interessiert betrachtete sie die junge Frau, die sie aus tiefblauen Augen anstarrte. »Wie heißt du, mein Kind?«

»Anna, königliche Hoheit.«

»Woher kommst du Anna? Und woher kennst du dieses Ungeheuer?«

Die Königin lauschte gespannt, als Anna von ihrem Leben und ihrem Treffen mit dem Drachen erzählte. Als Anna schließlich geendet hatte, war die Sonne bereits aufgegangen. Erste Strahlen fanden ihren Weg in die Dunkelheit des Schlosshofes.

Die Geschichte, die ihr diese wunderschöne junge Frau erzählt hatte, klang abenteuerlich. Und doch hatte sie, genau wie alle anderen, die Stimme des Drachens vernommen. Noch ehe sie ihre Gedanken weiter verfolgen konnte, durchbrach ein leises Stöhnen die Stille.

Mit offenem Mund sahen Anna und die Königin, wie sich der Drache aufbäumte und langsam schrumpfte. Einen Lidschlag später lag dort, wo sich soeben noch der schuppige Körper des Drachens befunden hatte, die nackte Gestalt einer Frau. Aber nicht irgendeiner Frau. Der Prinzessin!

»Tochter?«

»Wa…?«

Anna konnte es nicht fassen. Ihr Drache war die Prinzessin!

Theresa stand auf und streifte die letzten Fesseln ab. Hastig eilte sie zu ihrer Mutter. »Es tut mir leid, Mutter.«

Dann blickte sie zu Anna und senkte beschämt den Blick. »Verzeih mir, bitte!«

 

Mit Entsetzen lauschten die Königin und Anna der Geschichte von Theresa. Annas Herz fühlte mit Theresa, als sie von deren Einsamkeit erzählte. Wie schlimm musste es für sie gewesen sein? Wie allein musste sie sich gefühlt haben, bis Anna auf sie traf?

Auch die Königin war schockiert, dass Theresa solange ihr Geheimnis für sich behalten hatte. Wertvolle Zeit war verstrichen. Sie bedauerte zutiefst ihr Verhalten von damals, dass zu dem Fluch ihrer Tochter geführt hatte. Sie war klüger und weiser geworden. Lange hatte sie nach der weisen Zauberin suchen lassen. Doch immer kehrten ihre Kundschafter unverrichteter Dinge wieder zurück. Und nun blieb ihr nur noch weniger als ein Jahr, um den Fluch zu brechen, oder aber ihre Tochter würde für immer ein Drache bleiben und das Reich untergehen.

 

Theresa hatte ihren Blick gesenkt, die wunderschönen Augen geschlossen. Als Anna sie so sah, ergriff sie Theresas Hände, die sie darauf hin anblickte, und schaute ihr tief in die Sternenaugen.

»Oh Theresa, das tut mir so unendlich leid. Aber verzage nicht. Ich werde die Welt durchwandern und nicht eher ruhen, bis ich die ›Blume, die in jeden Herzen wohnt‹ gefunden habe. Ich darf dich nicht verlieren! Ich verspreche dir, dass ich einen Weg finden werde! Und wenn ich dafür jeden Stein umdrehen muss.«

Noch einmal umarmte sie ihre Prinzessin, verbeugte sich vor der Königin und machte sich auf den Weg.

 

Auch die Königin blieb nicht untätig. Sie entsandte Kundschafter in alle Himmelsrichtungen, die nach der Blume, die in jedem Herzen wohnt, suchen sollten. Und sie lud die mächtigsten Zauberer des Landes ein. Aber keiner der Zauberer konnte einen Gegenzauber erschaffen, der stark genug war, den Fluch zu brechen. Als schließlich auch die Kundschafter ohne Blume zurückkehrten, sah sich die Königin zu einer verzweifelten Maßnahme gezwungen.

Sie versprach die Hand ihrer Tochter der Person, die mit der Blume zurückkehrte und ihre Tochter und das Reich rettete.

Viele machten sich auf den Weg, doch niemand kehrte zurück. Auch Annas Bruder erklärte großspurig seine Absicht, die Prinzessin zu retten. Doch er kam nicht viel weiter, als bis zum nächsten Wirtshaus. Dort trank er tagein tagaus und ersann sich immer verrücktere Ideen, wie er die Prinzessin retten würde. Anna hingegen war gleich nachdem Theresa ihre Geschichte beendet hatte aufgebrochen. Sie wollte ihren Drachen, ihre Prinzessin, nicht länger leiden sehen. Sie wanderte über unzählige Felder, durch weite Flüsse und über hohe Berge. Und jeden, dem sie begegnete, fragte sie nach der ›Blume, die in jedem Herzen wohnt‹. Doch niemand konnte ihr weiterhelfen. Anna war nun schon fast ein halbes Jahr lang unterwegs. Sie vermisste ihre Prinzessin schrecklich. Noch immer hatte sie nicht die gesuchte Blume gefunden. Ihre Schritte führten sie am Ufer eines großen Meeres entlang, als in ihr tiefe Verzweiflung emporstieg. Mit Tränen in den Augen wandte sie sich an die tosenden Wellen vor ihr.

»Meer, liebes Meer! Bitte sage mir, wo ich die ›Blume, die in jedem Herzen wohnt‹ finden kann. Die Zeit läuft mir davon und meiner Liebsten droht gar großes Unheil!«

Gespannt lauschte Anna, doch das Meer blieb stumm. Stattdessen vernahm sie ein klatschendes Geräusch. Als sie sich umsah, entdeckte sie einen großen Fisch, in dessen Maul ein riesiger Angelhaken steckte. Die Schnur hatte sich im seichten Wasser verfangen und so den Fisch an Land gezogen. Hilflos zappelte er auf dem Trockenen. Als Anna das Elend sah, dauerte sie der Fisch. Schnell eilte sie zu ihm.

»Hab keine Angst, lieber Fisch, ich werde dir helfen!«

Behutsam löste sie den Haken aus dem Maul des Fisches und trug ihn ins Wasser zurück. Als der Fisch wieder in seinem Element war, katapultierte er sich vor Freude aus dem Wasser und schlug einen Purzelbaum. Als Anna zu lachen begann, blickte er sie aus runden Fischaugen an. »Hab Dank, mein Kind. Ohne dich, wäre ich sicher gestorben.«

Anna wehrte freundlich ab. »Nichts zu danken lieber Fisch, ich habe gern geholfen.«

Gerade als Anna ihren Weg fortsetzen wollte, sprach der Fisch weiter. »Ich habe deine Frage an das Meer gehört. Und auch wenn ich darauf keine Antwort weiß, möchte ich dir diesen gläsernen Schlüssel geben. Er soll dich für immer an unsere Begegnung erinnern.«

Und aus dem Wasser kam ein kleiner, gläserner Schlüssel geradewegs in Annas Hand geflogen. Silbern funkelte er im Sonnenlicht. Noch ehe sie sich für das Geschenk bedanken konnte, war der Fisch in der Tiefe des Meeres verschwunden.

 

Annas Weg führte sie weiter am Ufer des Meeres entlang, bis sie zu einem großen Wald kam. Endlose Tage durchstreifte Anna den Wald auf der Suche nach der einen Blume. Wieder drohte eine tiefe Verzweiflung sie zu überwältigen. Mit Tränen in den Augen wandte sie sich an die großen Bäume vor ihr.

»Bäume, liebe Bäume! Ihr seid schon so lange auf dieser Welt. Bitte sagt mir, wo ich die ›Blume, die in jedem Herzen wohnt‹ finden kann. Die Zeit eilt mir davon und meiner Liebsten droht gar großes Unheil!«

Gespannt lauschte Anna, doch die Bäume blieben stumm. Stattdessen hörte sie ein Tier leise jammern. Anna ging neugierig in Richtung des Geräusches. Auf dem Boden vor ihr lag ein großer, brauner Bär, der sich hin und her rollte. Seine Hinterpfote steckte in einer verrosteten Falle. Als Anna den Bären so leiden sah, hatte sie Mitleid mit ihm.

»Hab keine Angst, lieber Bär, ich helfe Dir.«

Vorsichtig ging Anna auf den Bären zu, der sie aus dunklen Augen aufmerksam musterte. Behutsam, aber mit aller Kraft, stemmte Anne die Falle auf, sodass der Bär seine Pfote herausziehen konnte. Vorsichtig nahm sie die verletzte Pfote in ihre Hände. Als sie sah, dass die rostigen Zähne der Falle tiefe Wunden hinterlassen hatten, riss sie ein Stück Stoff aus ihrem Gewand, säuberte die Wunden und verband anschließend die Pfote. Dann richtete sie sich wieder auf und lächelte dem Bären zu.

»Bitte lieber Bär. So gut wie neu!«

»Hab Dank, mein Kind!«

»Ach, das war nicht der Rede wert. Gern geschehen.«

Als Anna sich soeben umdrehen wollte, um ihren Weg fortzusetzen, sprach der Bär. »Ich habe deine Frage an den Wald gehört. Und auch wenn ich darauf keine Antwort weiß, möchte ich dir diesen gläsernen Schlüssel geben. Er soll dich für immer an unsere Begegnung erinnern.«

Aus seinem Fell zog er einen kleinen, gläsernen Schlüssel und legte ihn in Annas Hand. Aufmerksam betrachtete sie den zarten Schlüssel, der grün im Sonnenlicht funkelte. Noch ehe sie sich für das Geschenk bedanken konnte, war der Bär im Dunkel des Waldes verschwunden.

 

Anna wanderte weiter durch den Wald, bis sie an eine Wüste kam. Noch immer hatte sie die Blume nicht gefunden, die ihre Liebste retten würde. Und so zog sie durch die sengende Wüste, immer in der Hoffnung, hinter der nächsten Düne die Blume zu finden. Tagelang wanderte Anna durch die Hitze, bis sie schließlich am Fuße eines gewaltigen Gebirges stand. Verzweifelt blickte sie auf die hohen Berge. Sie war am Ende der Welt angekommen. Wenn sie die Blume hier nicht fand, würde sie sie nirgends finden.

Entschlossen machte sich Anna an den Aufstieg. Tagein tagaus erklomm sie die hohen Berge und hoffte, in einem Tal die Blume zu finden. Doch sie fand sie nicht. Große Verzweiflung durchdrang sie. Mit tränenerstickter Stimme wandte sie sich an die steilen Felsen vor ihr.

»Berge, liebe Berge! Ihr steht hier schon seit Anbeginn der Zeit. Bitte sagt mir, wo ich die ›Blume, die in jedem Herzen wohnt‹ finden kann. Die Zeit läuft mir davon und meiner Liebsten droht gar großes Unheil!«

Gespannt lauschte Anna, doch nichts als der Wind rauschte durch die tiefen Täler und Schluchten. Plötzlich vernahm sie ein flatterndes Geräusch. Schnell eilte Anna darauf zu. In einer Felsspalte eingeklemmt, den einen Flügel unter Geröll begraben, versuchte sich verzweifelt ein stattlicher Adler zu befreien. Immer wieder öffnete er seine Schwinge und versuchte in die Luft zu steigen, um sich zu befreien. Anna, die die vergeblichen Mühen sah, hatte Mitgefühl.

»Hab keine Angst, lieber Adler, ich helfe dir!«

Vorsichtig erklomm sie die Felsspalte und näherte sich dem Adler, der sie aufmerksam musterte. Sanft entfernte sie das Geröll, sodass der Adler seine Schwinge herausziehen konnte. Dann hüpfte er ein wenig zur Seite und breitete probehalber seine Schwingen aus. Ein paar kräftige Schläge und er schwebte über ihr in der Luft.

»Hab Dank, mein Kind!«

Anna winkte lächelnd ab. Sie war nur froh, dass der Adler nicht verletzt war. »Ich habe gern geholfen.«

Als Anna sich soeben umdrehen wollte, um ihren Weg fortzusetzen, wandte sich der Adler an sie. »Ich habe deine Frage an die Berge gehört. Und auch wenn ich darauf keine Antwort weiß, möchte ich dir diesen gläsernen Schlüssel geben. Er soll dich für immer an unsere Begegnung erinnern.«

Und aus seinen Krallen ließ er einen kleinen, gläsernen Schlüssel in Annas Hände fallen. Im hellen Sonnenlicht funkelte der kleine Schlüssel azurblau. Noch ehe sie sich für das Geschenk bedanken konnte, war der Adler am weiten Himmel verschwunden.

 

Auch nach tagelangem Suchen im höchsten Gebirge am Ende der Welt hatte Anna die Blume nicht gefunden. Resigniert machte sie sich auf den Heimweg, um wenigstens in den letzten Momenten bei ihrer Liebsten zu sein.

Als Anna schließlich nur noch einen Tagesmarsch vom Schloss entfernt war, stand der einundzwanzigste Geburtstag der Prinzessin unmittelbar bevor. Morgen würde sich ihr Schicksal entscheiden. Anna hoffte nur, dass die Königin einen Gegenzauber gefunden hatte. Erschöpft nächtigte Anna in einem Gasthaus.

Was Anna nicht wusste, war, dass auch Johannes sich hier aufhielt. Er hatte sein gesamtes Vermögen vertrunken und war nicht einen Schritt vor die Tür gekommen. Als er seine Schwester in die Wirtsstube kommen sah, versteckte er sich. Bestimmt hatte seine Schwester die Blume gefunden. Doch sie würde die Prinzessin ganz gewiss nicht bekommen. Dies stand ihm zu. Ihm ganz allein. Er war dazu bestimmt, König zu werden. Als die Wirtin nicht hinsah, mischte er Schlafpulver unter die Suppe, die sich Anna zum Abendbrot bestellt hatte und beobachtete voller Genugtuung, wie sie diese bis auf den letzten Tropfen verzehrte.

 

Als Anna am nächsten Tag erwachte, dröhnte ihr der Kopf. Ein Blick zum Himmel verriet ihr, dass es schon beinahe Mittagszeit war. Theresa! Schnell machte sie sich auf den Weg ins Schloss. Anna hastete die engen Gassen entlang, die sie hinauf ins Schloss führten. Als sie den Marktplatz passierte, sah sie eine alte Frau, deren kleiner Holzwagen, mit denen sie ihre Blumen transportierte, umgekippt war. Sie selber war gestürzt, bei dem verzweifelten Versuch ihn aufzurichten. Es war ihr nicht gelungen. Die Menschen um sie herum schenkten ihr keine Beachtung, sondern strömten achtlos an ihr vorbei. Anna hatte Mitleid mit der armen alten Frau und eilte schnell zu ihr.

»Warte Mütterchen, ich helfe dir.« Anna nahm die alte Frau an die Hand und half ihr auf. Dann stemmte sie sich mit aller Kraft unter den Wagen und richtete ihn, Stück um Stück, wieder auf. Die Blumen der Frau lagen verstreut auf dem Pflaster. Emsig sammelte Anna die Blumen wieder ein und überreichte sie der alten Frau, die sie aus trüben Augen anblickte.

»Ich habe das Meiste retten können, Mütterchen, doch leider nicht alles.«

»Hab Dank, mein Kind für deine Freundlichkeit.«

Verlegen winkte Anna an.

»Nichts zu danken, Mütterchen. Ich habe gern geholfen. Doch nun muss ich eilen, meiner Liebsten droht gar großes Unheil.«

»Warte mein Kind, hier nimm diese Rose als Zeichen meiner Dankbarkeit.«

Anna betrachtete die schönen, blutroten Blätter und die spitzen Dornen. Als sie sich bei der alten Frau bedanken wollte, war diese bereits verschwunden.

Schnell hastete Anna weiter. Und während die letzten Sonnenstrahlen die Dächer des Schlosses vergoldeten, erreichte Anna den Schlosshof.

Hunderte Menschen drängten sich dicht an dicht, um die Rettung der Prinzessin zu bewundern. Der ›Königliche Kundschafter‹ hatte verkündet, die ›Blume, die in jedem Herzen wohnt‹ gefunden zu haben und eine sofortige Hochzeit mit der Prinzessin gefordert. Erst nach der Hochzeit wollte er sie von dem Fluch befreien.

Anna, die von alledem nichts wusste, versuchte verzweifelt, sich durch die Menschenmassen zu drängen, als sie plötzlich am Arm gepackt und in eine Ecke gezerrt wurde. Erschrocken blickte sie in Johannes Gesicht, der sie wütend anstarrte.

»Wo hast du sie?«

»Was?« Anna, die keine Ahnung hatte, wovon ihr Bruder sprach, starrte ihn verärgert an.

»Spiele keine Spielchen mit mir Anna, das zieht schon lange nicht mehr. Ich weiß, dass du die Blume gefunden hast. Gib sie mir.«

»Johannes, ich habe die Blume nicht gefunden, das musst du mir glauben.«

»Ach ja, genauso wenig wie den Kram hier?!«

Verärgert hielt er Annas kleines Stoffbändchen hoch, an dem die drei kleinen, gläsernen Schlüssel hingen.

»Woher …«

Erschrocken tastete Anna ihren Gürtel ab, an dem das Schlüsselbändchen fehlte. Das waren tatsächlich ihre Schlüssel, die Johannes da hochhielt! Woher hatte er sie? Gestern Abend noch hatte sie sie vor dem Zubettgehen betrachtet und die feine Arbeit bewundert. Aber nun hielt Johannes sie in seinen Händen. Langsam dämmerte es ihr. Er hatte sie bestohlen! Mit einem Aufschrei warf sie sich auf ihren Bruder.

»Gib sie mir zurück. Das waren Geschenke! Sie gehören dir nicht.«

Doch ihr Bruder war größer als sie und so wehrte er sie mit Leichtigkeit ab. Dabei sah er die Rose in Annas Hand aufblitzen. Natürlich, das war es! Die Rose galt als Zeichen der Liebe. Er würde doch noch König werden. Entschlossen entriss er Anna die zarte Blume und warf ihr die Schlüssel zu.

»Hier, den Plunder kannst du haben. Ich werde gleich in Gold schwimmen.«

Damit drehte er sich um und verschwand in der Menschenmenge.

Fassungslos starrte Anna ihrem Bruder hinterher. Ihr war es gelungen, die Schlüssel aufzufangen. Entsetzt betrachtete sie ihre blutende Hand. Die spitzen Dornen hatte ihre Haut verletzt, als Johannes ihr die Blume entrissen hatte. Laute Fanfarenklänge rissen sie aus ihrer Starre.

Theresa! Sie durfte auf keinen Fall Johannes heirateten. Energisch bahnte sich Anna einen Weg durch die Menschenmassen, bis sie schließlich vor dem Thron der Königin stand.

Vor ihr standen Theresa und Johannes. Anna musste mit ansehen, wie ihr Bruder grob nach Theresas Hand griff. Seine Stimme hallte laut über den Schlosshof. »Nun beeilt euch Hoheit, oder eure Tochter ist für immer verloren. Ihr wollt doch sicher nicht, dass sie auf ewig ein Ungeheuer bleibt.« Dabei hielt er siegessicher die Rose in die Luft. »Ich habe die ›Blume, die in jedem Herzen wohnt‹ gefunden. Es ist eine einfache Rose. Ich werde sie ihr als Hochzeitsgeschenk überreichen, sobald sie meine Frau ist.«

Die Königin beugte verzweifelt den Kopf und seufzte tief. Was sollte sie auch machen? Sie hatte ihr Wort gegeben. Es ging um so vieles mehr, als nur das Leben ihrer Tochter. Das Überleben ihres Volkes hing von dieser Hochzeit ab. Sie hatte keine Wahl. Ein Blick in die untergehende Sonne verriet ihr, dass ihre Zeit abgelaufen war. Mit einem letzten, mitfühlenden Blick auf ihre Tochter hob die Königin an. »Mein Volk, wieder sind wir hier versammelt, um die große Tat dieses Mannes zu feiern. Erneut hat er unser Königreich vor Unheil bewahrt. Durch seine mutige Tat hat er sich die Hand meiner Tochter verdient. Sie …«

»Nein!« Mit einem Aufschrei stürzte Anna nach vorn und nahm Theresas Hand. »Theresa, du darfst ihn nicht heiraten! Königliche Hoheit, das ist nicht die gesuchte Blume. Er hat mir die Rose gerade gestohlen. Ich bekam sie vorhin von einer alten Frau …«

»Hoheit, hört nicht auf sie. Meine Schwester weiß nicht, wovon sie redet. Dies ist die Blume, nach der alle suchten. Es ist allgemein bekannt, dass sie als Zeichen der Liebe gilt.«

Die Königin beobachtete die Geschwister. Mit ganzem Herzen glaubte sie den Worten Annas. Während sie von Anna einen guten Eindruck und sie als hilfsbereit und ehrlich erlebt hatte, konnte sie derartiges über den ›Königlichen Kundschafter‹ nicht sagen. Alles, was ihr zugetragen worden war, sprach von Faulheit und Trunksucht. Während die Königin ihren Gedanken nachhing, verschwanden die letzten Sonnenstrahlen hinter dem Horizont.

Ein leises Stöhnen ging durch Theresa, die immer noch Annas Hand hielt. Sie wusste, ihre Zeit war abgelaufen. Mit Tränen in den Augen wandte sie sich an Anna, während ihre Füße anfingen, sich zu Klauen zu verformen. »Ich liebe dich Anna! Nur zu gern hätte ich mein Leben mit dir verbracht. Es tut mir leid.«

Anna blickte in die Augen, die sie ein letztes Mal wie leuchtende Sterne anschauten.

»Ich liebe dich Theresa! Es ist mir egal, ob du ein Drache bist oder nicht. Ich …«

Theresa begann am ganzen Körper zu zucken. Schon waren die ersten grünen Drachenschuppen zu sehen.

»Das Vieh heirate ich nicht.« Ihr Bruder warf die Rose zu Boden und versuchte sich davon zu stehlen. Ein Wink der Königin und die Wachen ergriffen ihn.

Annas Arme schlangen sich um Theresas Nacken. Verzweifelt versuchte sich Anna festzuhalten, während Theresas Körper immer weiter wuchs. Sie blickte in Theresas Augen und presste sich an sie. Sie bemerkte gar nicht, wie sie dabei die drei gläsernen Schlüssel zerbrach, die sie wieder an ihren Gürtel gebunden hatte. In der Nähe erklangen drei Geräusche, als würde Eisen brechen. Doch Anna schenkte dem keine Beachtung. Für sie zählte nur noch Theresa, die sich bis auf den Kopf bereits vollständig verwandelt hatte.

Theresa beugte sich zu Anna hinab, die sie immer noch fest umklammerte. Als sich ihre Lippen trafen, ging ein Beben durch den großen Drachenkörper. Ein starker Wind fegte plötzlich über den Schlossplatz und wirbelte Staub auf, der sich wie eine große Wolke über die Menschen legte.

Als sich die Wolke wieder legte, stand Anna immer noch an ihrem Platz. In ihren Armen eine nackte Theresa, die Anna anlächelte.

»Du hast es geschafft. Du hast den Fluch gebrochen!«

Voller Glück begann Anna zu lachen und alle stimmten mit ein. Die Königin eilte zu ihrer Tochter, bedeckte sie mit ihrem Umhang und umarmte sie voller Freude. Dann legte sie ihre Arme auch um Anna und wandte sich an ihr Volk. »Der Fluch ist gebrochen! Lasst uns Hochzeit feiern.«

Das versammelte Volk schrie und jubilierte. Der Fluch war gebrochen!

Als sich die Königin umdrehte, stand vor ihr eine alte Frau. Anna, die sie wiedererkannte, löste sich aus der Umarmung und rannte auf sie zu. »Mütterchen!«

Auch die Königin erkannte die alte Frau. Tief verbeugte sie sich. »Weise Zauberin. Ich habe dir großes Unrecht angetan. Und auch, wenn ich damals noch jung und unwissend war, soll dies keine Entschuldigung für mein Verhalten sein. Bitte nimm meine Entschuldigung aus tiefstem Herzen an. Nicht ein Tag ist vergangen, an dem ich meine harschen Worte und mein Verhalten dir gegenüber nicht bereut hätte. Bitte, verzeihe mir.«

Die weise Zauberin lächelte milde. Die Eisenringe, die ihr Herz verschlossen hatten, waren zerbrochen. »Ich verzeihe dir gern. Die Liebe ist unsere größte Stärke, wenn sie unseren Herzen wohnt. Und so ist auch das Verzeihen. Nun lasst uns Hochzeit feiern. Ich hoffe, dieses Mal darf ich bleiben.«

Sie zwinkerte der Königin zu, die daraufhin laut loslachte. Dann zwinkerte sie zurück. »Ihr dürft bleiben, solange Ihr wollt.«

 

Drei Tage und drei Nächte lang feierten die Menschen die Hochzeit von Anna und Theresa.

Die Fische kehrten in die Flüsse und Bäche zurück, in den Wäldern tummelte sich das Wild und auf den Äckern wuchs das Korn.

Annas Vater hatte so viel zu tun, dass er sich nie wieder Sorgen um sein Auskommen machen musste.

Johannes aber, der wurde davon gejagt. Als die Königin und ihr Gemahl im hohen Alter abdankten, regierten Theresa und Anna gemeinsam ihr Reich und lebten glücklich und zufrieden. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

 

Mercy Cunningham

 

Die gestiefelte Katze

 

 

Es war einmal, in einem Land jenseits der dunklen, tiefen Wälder. An einem Ort, an dem die Macht der Magie selten und kostbar war. Dort lebte ein finsterer Zauberer. Er war ein Mann von hoher Bildung und weit größerem Geltungsdrang. Ein Drang, der sich mit der Zeit in eine unbezähmbare Gier verwandelte. So griff er, wenn schon nicht nach der Krone, dann wenigstens nach der Macht im Lande.

Um mehr an Bedeutung zu erlangen, studierte er pausenlos die alten Schriften. Und eines Nachts war es soweit. Er rief die Kreaturen aus den Reichen der Schatten an seine Seite. Sie stiegen aus den Tiefen der Unterwelt auf, ihre durchdringenden Schreie hallten von den Bergen wider. Die Menschen in den umliegenden Dörfern, die dies hörten, verriegelten ihre Türen und verkrochen sich zitternd unter ihren Bettdecken.

Mit der Hilfe dieser mächtigen Wesen beschwor er eine nie gekannte, dunkle Gewalt herauf. Der Zauberer war sich bewusst, dass ihm sein Wunsch um den Preis

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 31.03.2021
ISBN: 978-3-7487-7893-6

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