Table of Contents
Title Page
Über die Geschichte
Episode 1
Episode 2
Episode 3
Episode 4
Episode 5
Episode 6
Episode 7
Episode 8
Episode 9
Episode 10
Episode 11
Episode 12
Episode 13
Episode 14
Episode 15
Episode 16
Epilog
Nachwort
Impressum
Buchtipp
J. Walther
Daniel & Ismael
Zusammengehören
Über die Geschichte
Nachdem Daniel und Ismael trotz aller Widerstände zusammengekommen sind, führen sie drei Jahre eine heimliche Beziehung, versteckt vor der Glaubensgemeinschaft von Ismaels Familie. Als Ismaels Mutter sie entdeckt, zermürbt sie ihren Sohn mit Vorwürfen, bis dieser die Beziehung beendet. Ismael heiratet und bekommt einen Sohn, Daniel lässt sich von einem anderen Mann trösten. Bis ein schwerer Unfall die Weichen anders stellt.
Fortsetzung der 2012 erschienen Erzählung Daniel und Ismael.
Episode 1
Zurück am See
Am Inselsee ist es ruhig, es sind Leute da, aber sie verteilen sich an der weiten Uferzone. Für Mai ist es schon wirklich warm, aber das Wasser ist noch kalt. Uns stört das nicht, wir wollen einfach nur zusammen hier sein. Einen gestohlenen Tag und eine gestohlene Nacht. Mehr ist nicht möglich, ohne dass Ismaels Eltern misstrauisch werden. Bald wird auch er achtzehn, aber das wird nichts an diesen Dingen ändern.
Fast ein Jahr ist es her, dass wir uns am Dorfteich trafen. Und hier an diesem See, im Zelt … Es sind schöne, glückliche Erinnerungen.
Es war Sommer und viel voller hier. Auf die Unterarme gestützt liege ich in T-Shirt und kurzen Hosen am Wasser. Eine Mädchen, das ein Stück entfernt im Bikini auf einer Decke liegt, schaut immer wieder zu mir. Vor einem Jahr hätte ich nicht geglaubt, dass die Blicke mir gelten, aber heute habe ich mehr Selbstbewusstsein. Ich weiß, dass ich nicht schlecht aussehe. Meine aschblonden Haare lass ich immer mal aufhellen und ich weiß auch besser, welche Klamotten mir stehen. Aber das ist es nicht. Ich bin glücklich, tief in mir drin, und ich glaube, das sieht man auch.
Der Grund für mein Glück kommt jetzt von unserem versteckt stehenden Zelt die Wiese herunter gelaufen. Er weiß immer noch nicht, wie gut er eigentlich aussieht. Seine braunen Locken sind kinnlang und von seiner Mutter mehr schlecht als recht geschnitten, seine Hose ist altmodisch und sein T-Shirt zu groß, aber das alles tut ihm keinen Abbruch. Ich strahle ihn an. Im Augenwinkel sehe ich, dass auch das Mädchen ihre Aufmerksamkeit verlagert. Nun, keine Chance, das ist meiner.
Am Abend sitzen wir wieder hier, ganz alleine, nur weiter vorn ist eine Gruppe von Jugendlichen, die Musik hören, lachen und trinken. Die Sonne ist fast untergegangen, ich habe ein Sweatshirt übergezogen und Ismael eine graue Strickjacke, die seine Mutter gemacht hat.
Das letzte Licht zaubert violette und rote Töne auf das Wasser, ein Reiher fliegt vorbei, fliegt ein weites Stück flach über der Wasseroberfläche, bevor er landet. Es ist friedlich.
Wir sitzen nah beieinander, aber ohne uns zu berühren. Gerne würde ich den Arm um Ismael legen, ihn an mich ziehen. Aber ich weiß, er mag das nicht, nicht hier, wo jemand vorbeikommen könnte, unsere Silhouetten in der Dämmerung erahnen könnte. Es ist in Ordnung, es ist fast genauso schön. Wir schweigen, aber wir sind uns nah. Und später werden wir im Zelt sein, versteckt.
***
Ismaels weiche Wange an meinen Lippen, sein Gesicht, das er zu mir dreht, seine Lippen, die sich mir öffnen. Wie in unserer ersten Nacht. Er ist schüchtern, er ist verklemmt, aber er blüht auf in meinen Armen. Man muss sanft mit ihm umgehen, vorsichtig. Es ist jedesmal wunderschön, ich fließe über, halte ihn in meinen Armen, gebe ihm alles.
Das Licht des Frühlingsmorgens fällt weich durch den Zeltstoff. Ismael reagiert auf meine Berührungen, seine Haut wird weich, sein Körper nachgiebig, sein warmer Atem streift meine Wange. Seine Lippen erkunden meinen Mund. Er schmilzt in meinen Händen. Ich schaue ihn an, während meine Hand zwischen seine Beine dringt, ich seinen Schwanz umfasse, sanft wie er es mag, ihn langsam, zärtlich streichele.
Ein zurückhaltendes Lächeln gleitet über sein Gesicht, schönstes Geschenk. Ich werde schneller, seine Hand berührt meinen Schwanz, jedesmal wieder schüchtern. Seine Finger fahren die Unterseite entlang, die schon längst nach oben zeigt. Nimmt ihn in die Hand, steigt in meinem Rhythmus ein. Er stöhnt. Ist endlich über den Punkt, wo er das Denken sein lässt. Kommt in meinen Armen, in meinen Händen.
Ismael.
Er presst seinen Schenkel an meinen Schwanz, reibt mich, befördert mich in den Himmel. Hört nicht auf, mich festzuhalten.
Meine Lippen an seinem Hals, seine Stimme an meinem Ohr – Ich liebe dich. Er sagt es das erste Mal. Ich weiß es schon lange.
Episode 2
Entdeckung
Es gibt dieses Stück der Zugstrecke, das ich wirklich hasse. Es führt durch einen herrlichen Nadelwald, durchzogen von Bachläufen, die Sonne fällt durch die Bäume und auf das dunkelgrüne feine Gras am Boden. Aber deswegen hasse ich es natürlich nicht. Am Anfang habe ich noch Fotos von dem Wald aus dem Zugfenster gemacht. Doch der Reiz hat sich verloren. Denn der Zug muss hier langsam fahren, die Schienen sind schlecht, diese Nebenstrecke wird als letztes erneuert werden. Der Zug zuckelt mit höchstens vierzig km/h dahin. Dabei will ich nur eins – zu Ismael. Ein halbes Jahr studiere ich nun schon Journalismus – in einer viel zu weit entfernen Stadt. Achtundvierzig mal diese Strecke.
Ismael ist schon fast mit seiner Tischlerlehre fertig. Wohnt noch zu Hause, in dem kleinen engen Haus am Dorfrand. Kümmert sich um seine Geschwister, vor allen um Ruth, die erst sechs ist. Nein, er will nicht in die Kreisstadt ziehen, wenn er von seinem Ausbildungsbetrieb übernommen wird. Was er natürlich wird. Nein, er will sich keine Wohnung suchen. Natürlich nicht vom ersten Lohn, aber auch dann nicht.
Doch ich beschwere mich nicht. Wir sehen uns jedes Wochenende, mal kürzer, mal länger. Und dieses Wochenende – dieses wird ein Fest. Ismaels Eltern und Geschwister sind verreist, zu einem Gebetswochenende. Was auch immer … Wir können drei Tage und zwei Nächte miteinander verbringen. Kochen, essen, chillen, reden. Dinge, für die wir sonst wenig Zeit haben. Kein Fernsehen, kein Computer, nicht mal ein Radio, aber das stört mich nicht. Das schmale Bett in Ismaels winzigem Zimmer. Stört mich bestimmt nicht. Kuscheln, Sex …
Der Zug fährt endlich wieder schneller, bringt mich meinem Ziel näher.
***
Als Ismael an diesem Morgen aufwacht, betrachte ich ihn schon eine Weile, den Kopf an seiner Schulter. Betrachte den warmen Ton seiner Haut, seine langen dunklen Wimpern, seine schön geschwungenen Lippen. Durch das Dachfenster über uns drängt dämmriger Morgen herein.
Als er nun aufwacht, lege ich mich auf ihn, meine Unterarme auf seiner Brust verschränkt, mein Kinn auf den Händen abgelegt. Seine Brust ist nackt, genau wie meine. Wir sehen uns an – eine lange Weile sehen wir uns nur an. Dann schiebe ich mich weiter vor und küsse ihn. Mit sanften Druck, aber geschlossenen Lippen. Dann lächelt er.
»Es ist schön, Zeit zu haben«, sagt er leise.
»Bring mir bei, wie man Eierkuchen bäckt«, antworte ich. Er macht sie sonst für Ruth. Ismael lacht leise. So ziemlich das schönste Geräusch der Welt.
Er hebt den Kopf. »Ist da was?«
»Was?«
Da wird auch schon die Tür aufgerissen. »Ismael, Ruth hat …« Seine Mutter verstummt und mustert uns fassungslos. Ismael zuckt unter mir zusammen und ich versuche irgendwie die Decke über uns … aber es ist sinnlos, wir liegen hier mit nacktem Oberkörper aufeinander im Bett. »Bist du des Teufels?«, fragt Ismaels Mutter wütend. Mich sieht sie nicht
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 16.06.2020
ISBN: 978-3-7487-4595-2
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