Das Herz macht uns Dinge vor, die wir nie wussten.
Unsere Herzen sind Tänzer in einer endlosen Maskerade.
Eine Nacht kann ein ganzes Leben ändern.
Sie kann durch die dunklen, gebrochenen Augen hindurchsehen.
Wir lernen das Licht erst nach Ewigkeiten in der Dunkelheit zu lieben.
Kann die harte, kalte und undurchdringbare Schale
Einen weichen und fragilen Kern wahren?
Der Schlüssel zum Kern ist Vertrauen, blindes Vertrauen.
Nur das kann sie befreien.
Befreiung ist die letzte Chance
Sie ist ihre letzte Chance.
Ein Kampf um Leben und Tod
Kannst du noch denen vertrauen, die dir am nächsten sind?
Dies ist eine Geschichte über Freundschaft, Liebe und Verrat.
Denn wenn die Wahrheit rauskommt, liegt die Gefahr viel näher.
Hermine lag auf der Couch im Wohnzimmer der Weasleys und hörte dem regelmäßigen Klopfen des Regens an den Fensterscheiben zu. Es beruhigte sie, es war ihr vertraut, es war wie in ihrer Welt. Die Nacht war schon vor Stunden eingebrochen und doch konnte sie nicht schlafen.
Morgen fand Bills und Fleurs Hochzeit statt und der zukünftige Ehemann und seine Freunde waren noch immer nicht von der Junggesellenfeier zurückgekehrt. Hermine hoffte inständig, dass sich Ron mit dem Trinken zurückgehalten hatte, er vertrug nicht viel. Doch sie ahnte bereits, dass er wieder über die Stränge geschlagen hatte und morgen wohl allerschlechtester Laune sein würde.
Sie drehte sich zum Feuer und atmete tief durch. Es würde schon alles gut gehen, so seltsam eine Hochzeit in ihrer Lage auch zu sein schien. Vielleicht würde Ron dann endlich den nächsten Schritt wagen, sie endlich berühren, sie küssen - oder auch nur ihre Hand halten.
Als sie ein Knarzen vor der Tür hörte, setzte sie sich auf und blickte zum Eingang. Die Tür wurde polternd geöffnet und ein völlig durchnässter Ron betrat torkelnd das Haus. Hermine sprang sofort auf und lief auf ihn zu.
„Leise Ronald, die anderen schlafen schon längst; wo warst du nur so lange?“ Er stütze sich an ihr ab, sein Atem roch stark nach Feuerwhiskey und in seinen Augen lag ein rebellischer Glanz.
Hermine schloss leise die Tür, während sie ihr Bestes gab, selbst nicht hinzufallen, während sie Rons Gleichgewicht hielt.
„Du solltest schleunigst ins Bett, morgen heiratet dein Bruder! Wo ist der überhaupt?“
Ron grinste. „Noch nicht wieder da, kommt schon noch.“ Hermine verstand sein Genuschel kaum, hielt es aber für überflüssig, nochmals nachzufragen und zog Ron stattdessen die nasse Jacke aus.
Vorsichtig und mit voller Geduld hielt sie ihn fest, während sie seine Arme aus der viel zu großen Jacke befreite und diese schließlich aufhängte.
Auf einmal spürte sie, wie Ron sie von hinten umarmte und an sich drückte. Kurz lächelte sie, doch dann begriff Hermine, dass der Mut wohl auf den Alkohol zurückzuführen war - und diese Art von Begehren wollte sie nicht.
Ohne Widerwehr konnte sie sich aus der Umarmung lösen und lächelte ihn an.
„Ron, du solltest wirklich nach oben gehen. Es ist spät.“
Auf einmal griff er nach ihrem Gesicht und küsste sie. Es war weder leidenschaftlich noch voller Liebe, er presste seine Zunge durch ihre Zähne und drückte sie an sich heran.
„Nein! Ron, lass das; du tust mir weh!“ Doch ihr bester Freund schien sich nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Als Hermine sich mit aller Kraft aus seiner Umklammerung löste, funkelte er sie an und sein Mund wurde zum schmalen Strich.
Ihr Herz raste als sie ein paar Schritte zurückstolperte und angsterfüllt wimmerte.
„Bitte Ron, geh jetzt einfach. Du bist nicht ganz bei dir und morgen werden wir darüber reden. Aber lass mich allein, du machst mir Angst.“
Er lachte laut auf und Hermine bekam eine Gänsehaut; sein Gelächter war nicht mehr länger ausgelassen und freundlich und sie bemerkte, dass er nicht mehr der Junge zu sein schien, in den sie sich einst verliebt hat.
Er kam auf sie zu, mit dunklen Schatten um den Augen und schnellen Schritten. Hermine bekam es kaum mit, dass er sie schubste, sodass sie auf das Sofa fiel. Auch nicht, wie schnell er ihr trotz seines Zustandes die Hose hinunterziehen konnte.
Erst als sie ihn in sich spürte, rauschte das Adrenalin durch ihre Adern und sie versuchte, ihn hinunter zu schubsen. Sie bäumte sich auf, drückte ihn von sich weg, bis ihr die Tränen die Wangen hinunterliefen, doch er hielt sie mit seinem ganzen Gewicht auf dem Sofa.
Als Hermine schreien wollte, wegen den ungeheuerlichen Schmerzen aber auch wegen ihres gebrochenen Herzens, hielt er ihr den Mund zu und beugte sich zu ihrem Ohr.
„Wage es nicht, Hermine. Du bist so wunderschön, genieße es.“, säuselte er und stieß erneut zu, sodass sie ein Wimmern nicht unterdrücken konnte.
Der Geruch von Alkohol und Schweiß stieg ihr zu Kopf und sie drehte ihn zur Seite, während sich Ron an ihr verging. Mit größter Mühe versuchte sie, sich von ihrem Körper zu entfernen, nicht mehr eins mit ihm zu sein, doch der ungeheure Schmerz drang immer wieder zu ihr durch.
Das ist nicht Ron. Er will das nicht. Er ist nicht er selbst.
Sie wiederholte die Worte immer und immer wieder in Gedanken und als er schließlich fertig war, setzte er sich auf und machte sich die Hose zu. Mit einem Lächeln auf den Lippen küsste er Hermine, die noch immer ins Leere starrte, auf die Stirn und ging schließlich mit wankenden Schritten nach oben.
Erst als sie hörte, dass er die Tür geschlossen hatte, zog sie ihre Beine an und schlang ihre Arme um sie. In dieser Embryo Stellung konnte sie die Tränen nicht mehr zurückhalten und sie schluchzte laut auf.
Sie fühlte sich beschmutzt, missbraucht, leer, dreckig.
Der Regen fiel noch immer und mit letzter Kraft stand auch Hermine auf, machte sich mit zitternden Fingern die Hose zu, zog sich mit abwesender Miene die Schuhe an, griff nach ihrem Zauberstab und ging nach draußen.
Sie hätte den Impervius-Zauber auf ihre Kleider anwenden können, doch sie wollte nass und kalt werden. Nichts mehr spüren, außer diese unnachgiebige Kälte.
Nachdem sie ein paar Schritte gegangen war, drehte sie sich nochmals zum Fuchsbau um. Sie würde nie wieder hier hin zurückkehren. Ein Band zwischen ihnen war gebrochen. Sie würden nie wieder ein Trio sein.
Mit einem lauten Knall, das die Nacht durchbrach, verschwand Hermine, ohne zu wissen, wo sie wieder auftauchen wollte.
Als Hermine nach kurzem Schwindel wieder zur vollen Besinnung kam, fand sie sich auf den nassen Boden einer Straße wieder. Um sie herum standen große Häuser, mit dunklen Fenstern oder mit Brettern zugenagelt.
Ihr Magen verkrampfte sich, als sie die Winkelgasse wiedererkannte. Dort war früher einmal Ollivanders Zauberstabladen gewesen, als kleines Mädchen war sie diese Straßen entlang gehüpft und konnte sich an den vielen Farben nicht sattsehen.
Heute war die Gasse nur noch ein Schatten ihrer selbst.
Ihre Füße führten Hermine zum „Tropfenden Kessel“, es war sicherlich nicht viel besser dran als alles andere hier, doch es würde dort wenigstens trocken und sicher sein.
Sie ging um eine Ecke und blieb unvermittelt stehen. In weiter Ferne waren zwei Schatten zu erkennen, die sich aber beim Näherkommen bedrohlich vergrößerten. Hermines Herz blieb ihr beinahe in der Brust stehen als sie sich vorstelle, dass dies zwei Todesser sein könnten; sie wäre so gut wie hinüber. Sie sog scharf die Luft ein und presste sich schließlich gegen die kalte und steinige Hauswand von Ollivanders Laden. Die Dunkelheit verschlang sie und sie hoffte inständig, dass sie so gut wie unsichtbar sein würde. Das Geräusch von Schritten kam näher und Hermine versuchte, einen Blick auf die beiden zu erhaschen. Sie unterdrückte ein Aufkeuchen, als Mondlicht auf die Gesichter der Gestalten fiel.
Dunkle Augen, umgeben von blasser Haut. Die Jahre in Askaban haben einen großen Anteil ihrer Schönheit gefordert, doch Bellatrix Lestrange hatte noch einiges von ihrem vergangenen Glanz behalten. Ein paar ihrer dunklen Locken fielen ihr ins Gesicht und gaben ihr ein beinahe kindliches Aussehen. Die rubinroten Lippen stachen beinahe aus ihrer hellen Haut hervor und Hermine war erstaunt, wie etwas so böses derartig schön sein konnte. Gleichzeitig war es für sie eine weitere Erinnerung daran, wie unfair die Welt sein konnte. Das Böse sollte hässlich sein und Bellatrix war alles andere als abstoßend.
Hermine erkannte auch die zweite Gestalt. Ein wenig größer als Bellatrix und in einem überteuerten Mantel gekleidet brauchte sie keinen zweiten Blick, um ihn zu erkennen. Lucius Malfoy schnitt seiner Schwägerin den Weg ab und lief einige Schritte vor ihr, während er mit seinem Zauberstab rumspielte, als ob ihm langweilig wäre. Hermine hielt ihn für einen hochnäsigen, arroganten und engstirnigen Dummkopf. Merkmale, die sein Sohn Draco scheinbar geerbt hatte. Wie der Vater, so der Sohn.
Hermine klammerte sich an die Hoffnung, dass sie sie nicht sehen konnten. Es hätte sie nicht schlimmer treffen können, als ausgerechnet Lucius und Bellatrix bei regnerischer Nacht alleine über den Weg zu laufen. Ihr Herz schlug so laut, dass sie Angst hatte, dass die beiden es hören konnten. Sie redeten nicht miteinander und schienen den jeweils anderen komplett zu ignorieren. Hermine erinnerte sich, dass Bellatrix ein nicht gerade inniges Verhältnis mit ihrem Schwager pflegte. Sie folgte ihnen mit stummer Miene, als sie an ihr vorbeigingen, nur einige Schritte von ihrem Versteck entfernt. Beide schienen nicht einmal zu ahnen, dass sie beobachtet wurden. Sie wollte gerade einen tiefen Atemzug nehmen, als sie sich einige Meter entfernt hatten, als ein roter Blitz in ihre Richtung schoss. Instinktiv riss sie ihren Zauberstab in die Höhe und wehrte den Spruch ab, sodass er in ein Fenster in ein Haus gegenüber traf. Glas zersplitterte.
„Aha!“, schrie Bellatrix und lief behände zu der Stelle, wo sich Hermine versteckte. Sie hielt den Zauberstab in die Dunkelheit gerichtet, bereit, einen weiteren Spruch abzufeuern. „Ich wusste, dass dort jemand ist. Komm heraus, du kleine, dreckige Ratte!“
Hermine zögerte nicht und kam einen Schritt aus der Dunkelheit hervor. Sie sah die Überraschung auf Bellatrix‘ Gesicht und das anschließende, lüsterne Grinsen, das ihre dunklen Augen aufblitzen ließ. „Na wenn das nicht Potters kleine Schlammblut-Freundin ist.“
Hermine schreckte nicht länger vor dem Namen zurück. „Bellatrix.“
„Hüte deine Zunge!“, zischte diese und schwang ihren Zauberstab. Hermine fühlte ihre Stimme in sich ersterben. Bellatrix hatte einen Schweige-Bann benutzt. Sie war fast schon von der Einfachheit des Zaubers enttäuscht. „Wie kannst du es auch nur wagen, mit mir zu sprechen?“
„Potters Schlammblut-Freundin?“ Lucius hatte Bellatrix wieder erreicht. Ihn nervte die Tatsache, dass Bellatrix Hermines Gegenwart gespürt hatte und er nicht. Er musterte das brünette Mädchen von oben bis unten und auch er lächelte. Er und Hermine sind sich schon durch viele Umstände über den Weg gelaufen. Er hasste sie; dies beruhte auf Gegenseitigkeit. „Ist sie… allein?“
„Siehst du noch jemand anderen?“, fragte Bellatrix schnippisch und Lucius‘ Mund stand offen, er fand keine Worte. „Wenn ihre dummen kleinen Freunde mit ihr gekommen wären, wären sie doch schon längst aus ihrem Versteck gekrochen.“ Sie musterte Hermines Gesicht. „Nein, natürlich ist sie allein.“ Mit einem Zucken ihres Zauberstabes zwang sie Hermine, ihr in die Augen zu sehen. „Nun, wieso sollte ein kleines Schlammblut wie du mitten in der Nacht hier draußen herumspazieren, ganz allein?“
Finite Incantatem.
„Weil ich es kann.“. antwortete Hermine geradeheraus und Bellatrix schien überrascht, dass ihr Bann wortlos gelöst werden konnte. Hermine wusste nicht, woher ihre plötzliche Kühnheit kam, doch ihre Augen waren nur auf Bellatrix‘ Zauberstab gerichtet. Sie wusste, was das Ding anstellen konnte. Sie wusste, was es bereits getan hatte. Und seltsamer Weise verspürte sie keinerlei Angst bei dem Gedanken an das, was ihr jetzt bevorstehen würde. Sie hob stolz ihren Kopf. „Soweit ich weiß, ist es nicht illegal, nachts allein herumzuspazieren.“
„Illegal, nein.“, flüsterte Bellatrix und auch sie musterte ihren eigenen Zauberstab. „Aber gefährlich, ja…“
Es geschah alles viel zu schnell.
„CRUCIO!“, schallte Bellatrix‘ Gekicher durch die regnerische Nacht. „Crucio! CRUCIO!“
Hermines Körper fiel zu Boden und war augenblicklich dem Fluch unterlegen. Sie rollte sich zu einem Ball zusammen, doch der Schmerz schien auch davon nicht weniger zu werden. Es war, als ob sie jemand Zentimeter für Zentimeter von innen aufschneidet und ihr statt Blut Säure durch die Venen schoss. Der Schmerz in ihrem Kopf schien explodieren zu wollen, weshalb sie ihre Hände tief in ihren Haaren vergrub und anfing, diese herauszureißen. Brennende Tränen rannen ihr über die Wangen als sie spürte, dass sich Bellatrix Zugang zu ihren Gedanken verschaffte. Die Bilder, von denen sie so verzweifelt geflohen war, kamen wieder hervor. Sie fühlte Ron wieder auf ihr, in sich, seine nach Alkohol schmeckenden Lippen auf ihren. Sie hörte das Stöhnen seiner Liebe wieder in ihren Ohren, wie ein Echo, das sie ständig verfolgte. Sie hörte seine Stimme, sah sein Gesicht und erinnerte sich an seine Augen. Die Erinnerung daran, wie er in ihr zum Höhepunkt kam, gab ihren Magen den Rest und sie übergab sich auf der kalten Straße. Ein herzzerbrechender Schrei entfuhr ihrem tiefen Inneren.
„Warte.“, zischte Bellatrix und senkte ihren Zauberstab. „Etwas läuft nicht richtig.“
„Nicht richtig? Alles läuft grandios!“, meinte Lucius hämisch grinsend.
„Sei still!“, fauchte Bellatrix und blitzte ihn böse an. Er trat einen unsicheren Schritt zurück.
Hermine hatte inzwischen genug Kraft gefunden, um sich auf Hände und Knie hochzurappeln. Sie hielt ihren Zauberstab fest umklammert, als sie mit der anderen Hand in eine Pfütze griff und versucht, sich das Gesicht abzuwischen. Sie stöhnte auf. Solch einen Schmerz hatte sie noch nie erfahren müssen. Sie schaffte es, über ihre Schulter zu blicken und sah, dass Bellatrix sie umkreiste und schließlich vor ihr stehen blieb. Die Todesserin schüttelte ihren Kopf.
„Ich habe die Bilder in ihrem Kopf gesehen.“ Sie umkreiste Hermine nochmals, ohne den Blick von ihr zu nehmen. „Es war nicht mein Schmerz, den sie erlitt.“, sagte sie schroff und hob Hermine grob auf die Füße. Bellatrix‘ Mundwinkel verzogen sich nach oben und der kranke Schalk in ihren Augen war erkennbar. „Ihr kleiner, rothaariger Freund hat sie gevögelt.“
Lucius unterdrückte ein Auflachen. „Diese Weasleys sind eine Schande; Blutsverräter.“
„Ah ja… aber unserem kleinen Schlammblut hier hat das Ganze nicht gefallen.“ Sie umkreise Hermine nochmals. „Nicht wahr? Hat er dich endlich als das erkannt, was du bist? Wertlos und dreckig?“ Sie hielt wieder genau vor Hermine an. Ihre dunklen Augen schienen Hermine zu durchlöchern. „Ich glaube, es hat dir gefallen. Wie er tief in dich hineingestoßen ist.“ Eine einzelne Träne lief Hermines Wange hinunter. Bellatrix kicherte leise. „Hat er dich danach verlassen? Seine Hände gewaschen, weil er dein dreckiges Blut berührt hat?“
„Hör auf.“ Hermine war von ihrer eigenen Bitte überrascht. Sie wollte, dass die Bilder sie wieder verlassen. Sie wollte, dass es aufhörte. Doch Bellatrix sorgte dafür, dass sie alles wieder und wieder durchlitt. Wieder und wieder. Endlos. Es war schlimmer als der Cruciatus Fluch. „Hör… einfach auf.“
„Hast du ihn auch so angefleht? Mit dieser leisen, jämmerlichen Stimme?“, fragte Bellatrix und ihr Gesicht kam Hermines ganz nahe. „Nein, hast du nicht. Du hast dich ficken lassen, weil du eine dreckige, kleine Hure bist und er seine Chance erkannt hatte.“
„NEIN!“, schrie Hermine laut. Es war überwältigend, als ob ein Feuer in ihr ausgebrochen wäre. Sie reckte ihren Zauberstab in die Höhe, der Bellatrix fast berührte. Als der Fluch über ihre Lippen kam, glaubte sie, die Todesserin lächeln zu sehen. „Crucio!“
Bellatrix landete einige Schritte entfernt auf dem Boden, konnte sich aber schnell wieder hochrappeln und bevor Lucius sie verteidigen konnte, hatte Bellatrix ihn schon zur Seite gestoßen und in ihrem Blick lag eine Mischung aus Hunger und Lust. Sie stieß die Worte wie ein Flüstern aus, dennoch war es gut hörbar. „Du musst es wollen, Schlammblut.“
Als sich ihre Blicke trafen, Hermines voller bebender Wut und offenbarten Fragilität, lächelte die Todesserin sadistisch und umklammerte Lucius‘ Handgelenk. „Komm, unsere Arbeit hier ist getan.“ Er warf ihr einen verwirrten Blick zu, traute sich jedoch nicht, nochmals Gegenworte zu erheben. Mit einem letzten verhassten Aufblitzen seiner Augen Hermine gegenüber, drehte er sich mit seiner Schwägerin um und verschwand in einer Wolke aus schwarzem Rauch.
Hermines Atem bildete grauen Rauch in der kalten Luft, als sie sich mit rasenden Herzen an eine Wand lehnte und versuchte, ihren Gedanken zu kontrollieren.
Sie konnte noch immer nicht fassen, was gerade passiert war. Sie hatte zwei gefährliche Todesser getroffen, einer von ihnen war die rechte Hand von Voldemort persönlich, wurde gefoltert, ausspioniert und dann zurückgelassen? Wieso?
Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie an die wenigen Minuten dachte, die sie mit Bellatrix verbracht hatte. Sie war wahnsinnig und durch und durch böse. Hermine hatte es bis zu diesem Moment nicht für möglich gehalten, doch sie hatte in Bellatrix‘ tiefschwarzen Augen geblickt und darin nichts als die pure Manie gesehen.
Sie schluckte schwer, als die Tränen auf ihren Wangen brannten und ihre Finger verkrampften sich um ihren Zauberstab. Es schien nirgendwo mehr sicher zu sein. In die Muggelwelt konnte sie auch nicht zurückkehren, da ihre Eltern ihre eigene Tochter nicht mehr erkennen würden, Hogwarts litt unter der Leitung von Todessern - die einzige mögliche Option, die ihr blieb, war es, zurück zum Fuchsbau zu gehen. Bei dem Gedanken lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken, aber was blieb ihr anderes übrig?
Die Dunkelheit hatte sie bereits verschlungen, nicht nur die Nacht um sie herum, sondern tief in sich spürte Hermine einen Schleier, der alles verbarg, was sie an sich so sehr liebte. Ihr ganzer Körper zitterte und stand unter immensen Druck, als sie schließlich einen Schritt nach den anderen setzte, ohne Ziel, ohne Endstation.
Vorsichtig hob Hermine ihren Zauberstab und flüsterte „Desillusio.“
Nun verschmolz sie nicht nur mit der Nacht - sie war Nacht.
Am gleichen Abend fand im Haus der Malfoys ein Treffen von Todessern statt; Voldemort saß am Kopf des Tisches, während sich seine Gefolgsleute links und rechts befanden. Der Einzige, der abwesend war, war Severus Snape - als neuer Schulleiter von Hogwarts konnte er nicht mehr die Zeit aufwenden, die der Dunkle Lord beanspruchte.
Bellatrix starrte hämisch auf den leeren Platz; natürlich musste er fehlen. Nach wie vor ahnte sie, dass er lang nicht so loyal war, wie er vorgab, zu sein.
Als sich ihr Blick mit dem ihres Schwagers traf, bemerkte sie sofort, dass er sie schon lange anstarrte. Sie kniff die Augen ein wenig zusammen und kräuselte ihre Lippen. Sofort wandte er den Blick an seinen Herren, der all ihre Gesichter musterte.
Als er zu sprechen anfing, schien die Temperatur im Raum um einiges kühler zu werden. „Nun?“ Ein einziges Wort genügte, um sie alle unruhig werden zu lassen. Narzissa blickte auf die Wand ihr gegenüber, während ihr Mann auf seine Hände starrte. Bellatrix warf ihrem Lord einen wehmütigen Blick zu, ihre Lippen zitterten.
Wer sollte zuerst das Wort ergreifen, auf die Gefahr hin, den Dunklen Lord zu erzürnen?
„Mein Lord, wir haben alles in unserer Macht stehende getan, um den Potter-Jungen zu töten!“ Tränen stiegen Bellatrix in die Augen und sie schien unter den Augen ihres Herren zusammenzuschrumpfen. „Moody ist ausgeschaltet, der Orden schrumpft und ich schwöre, dass ich alles in meiner Macht stehende tun werde…“
Voldemort unterbrach seine treueste Untergebene mit einer Handbewegung, als er Lucius mit einem Mundwinkel zucken sah. „Ist… irgendetwas amüsant an unserer derzeitigen Situation, Lucius?“ Die Miene des blonden Zauberers erstarrte und sein Gesicht wurde weißer, als es eh schon war. „Ne-nein, Herr… Es ist nur…“ Voldemorts Züge verhärteten sich. „Was ist passiert, Lucius?“
Der Todesser räusperte kurz und ignorierte den vorwurfsvollen Blick seiner Schwägerin. „Nun, heute waren Bella und ich-“ - „BellaTRIX!“, verbesserte sie ihn scharf. „Bellatrix und ich in der Winkelgasse, Kontrollgang, mein Herr, wie immer. Potters kleine Schlammblutfreundin hatte sich dort versteckt, doch Bellatrix bekämpfte sie und… ließ sie gehen.“
Bellatrix senkte den Kopf voller Scham, doch Voldemort war bereits aufgestanden, umrundete den Tisch, bis er hinter ihr stand. „Stimmt das etwa, Bella?“, fragte er mit weicher Stimme. Heiße Tränen liefen der Todesserin über das Gesicht. „J-ja, mein Lord, es stimmt.“ Er sog scharf die Luft ein. „Dann steh auf.“
Unter den feixenden und bemitleidenden Blicken der anderen, erhob sich Bellatrix mit erhobenem Kopf, als sie dem Dunklen Lord jedoch gegenüberstand, ließ sie erneut das Haupt sinken. „Wieso hast du das Schlammblut am Leben gelassen?“ Bellatrix sah ihm in die roten Augen und biss sich auf die Unterlippe, bis diese leicht blutete. „Herr, Ihr müsst verstehen, das Mädchen wurde vom Blutsverräter Weasley gegen ihren Willen ge…“ Sie brach ab und wimmerte. „Ich habe sie gefoltert, Herr, und sie hat geschrien, aber als ich mir Zugang zu ihrem Kopf verschaffte, sah ich, dass es nicht mein Schmerz war, der sie schreien ließ. Sie und Potter stehen nicht länger auf derselben Seite. Das Schlammblut ist allein und von ihr droht keine Gefahr mehr.“
Voldemort versuchte, seine Wut in Zaum zu halten. „Ich bin enttäuscht von dir, Bella.“ Er wandte sich zum Rest der Anwesenden. „Was macht man mit einem Ordensmitglied, wenn man es allein und hilflos trifft?“ Jeder wusste, dass es eine rhetorische Frage war, weshalb alle still blieben.
„Er hätte sie auch töten können!“; schrie Bellatrix und deutete auf Lucius. Voldemorts Mundwinkel zuckte fast unmerklich. „Sicher hätte er es auch töten können. In ihm habe ich alle ich allerdings niemals so große Hoffnung gesetzt wie in dich. Und deshalb, Bellatrix, hast DU mich enttäuscht.“
Diese Rüge hatte gesessen - Bellatrix starrte zu Boden und wimmerte, legte jedoch keinen Widerspruch mehr ein. Voldemort ließ sich wieder am Kopf des Tisches fallen und blickte Lucius und seine Frau an.
„Ich verlange, dass ihr das Schlammblut fangt. Tötet sie nicht, sie könnte noch einige nützliche Informationen für uns haben. Es scheint mir, als wäre Bellatrix allein für diesen Auftrag nicht genug, hoffentlich erweisen sich die Malfoys als nützliche Begleiter.“
Damit schien das Thema erledigt und sie beratschlagten, wie sie nun, nachdem Potter in Sicherheit war, vorgehen sollten. Es schien so gut wie unmöglich, an ihn heranzukommen und ein schlüssiges Ergebnis stand bis zum Ende aus.
Schließlich erhob sich Voldemort, schlechter gelaunt denn je und verließ den Raum, alle anderen blieben angst- und respekterfüllt sitzen. Endlich löste sich Bellatrix aus der Starre, in der sie sich die ganze Zeit stehend befunden hatte und packte ihren Schwager an der Schulter und drehte ihn grob um, sodass ihre Gesichter nur Zentimeter voneinander entfernt waren.
„Blut ist dicker als Wasser, Lucius. Und sicherlich auch sehr viel dicker als die Klinge meines Dolches. Wenn du meine Schwester eines Tages in so einen Ärger bringst, werde ich das eine oder das andere benutzen, um dich zum Verschwinden zu bringen, einfach…“ sie schnippte mit zwei Fingern „so.“
Er nickte schnell und warf seiner Frau einen unsicheren Blick zu, diese lächelte schwach. Damit richtete sich Bellatrix wieder auf, sah nochmals verhasst jeden einzelnen Todesser an und ging aus der gleichen Tür, aus der ihr Herr vor einem Moment gegangen war.
Sie würde das kleine Schlammblut ganz alleine zur Strecke bringen. Sie würde in diesem Fall nicht auf Voldemorts Anweisung achten und sie am Leben lassen, ihr Stolz war verletzt und das würde das Mädchen zu spüren bekommen.
Als Harry am nächsten Morgen die Treppe hinunter trottete und sich die Augen rieb und ausgiebig gähnte, kam ihm sofort Ginny entgegen gesprungen. „Harry, Hermine ist weg! Ich kam vor ein paar Minuten nach unten, die Couch ist leer und auch sonst keine Spur von ihr!“
Harry lächelte seine Freundin an. „Du weißt doch, wie sie ist. Bestimmt sitzt sie draußen unter einem Baum und liest, weil sie das Schnarchen der anderen belästigt hat.“
Ginny deutete aus dem Fenster in den Regen, der noch immer erbarmungslos fiel. Nun wurde auch Harry unruhig. „Dafür gibt es sicherlich einen Grund, jetzt mach dich nicht verrückt, Ginny.“ Doch er konnte nicht verleugnen, dass auch er ein ganz schlechtes Gefühl hatte.
Beim Frühstück waren nur sie beide, Mrs. Weasley, Luna und Fleur anwesend, die Männer des Hauses mussten ihren Rausch der letzten Nacht ausschlafen. Molly stapfte wütend vor sich hinmurmelnd durch die Küche, Hermines Verschwinden und die Abwesenheit ihrer Söhne und ihres Mannes schienen die arme Hausfrau völlig aus dem Häuschen zu bringen.
„Molly, die Männer ‘aben es einfach übertrieben. Und ‘ermine wird bald da sein, sischerlisch!“ Mrs. Weasley sah ihre zukünftige Schwiegertochter mit einem liebevollen Blick an und rang sich ein Lächeln ab. „Ich hoffe nur, dass du Recht behältst, Fleur.“
Wie aufs Stichwort, klopfte jemand heftig gegen die Haustür, Luna sprang sofort auf und lief los, ihr blondes Haar wehte ihr wie ein Schleier hinterher. Als sie die Tür aufriss, stand eine durchnässte und zitternde Hermine vor ihr.
Ginny keuchte erleichtert, stürmte auf das frierende Mädchen zu und schloss sie in die Arme. „Wo bei Merlins Bart warst du, Hermine?“, fragte Harry von seinem Platz aus und lächelte seiner besten Freundin aufmunternd zu.
„Ich habe heute Nacht seltsame Schatten draußen gesehen und bin ihnen gefolgt… Ich glaube, dass Todesser mich in eine Falle locken wollten, bin aber rechtzeitig wieder umgekehrt.“ Sie zuckte schwach lächelnd mit den Schultern.
Mrs. Weasley hatte sie inzwischen erreicht, nahm Hermine in den Arm und schob sie bestimmt in den Raum. „Nun ist aber gut, nimm lieber erst einmal eine warme Dusche, sonst wirst du noch krank!“
Es fiel Hermine ausgesprochen leicht, die Weasleys und die anderen Hochzeitsgäste zu entkommen, sie fand immer wieder neue Aufgaben, die sie aber nicht von ihren Gedanken ablenken konnten. Ja, sie war aus Angst zurückgekommen, Angst um ihr Leben. Als sie in Ginnys Zimmer saß und sich selbst im Spiegel betrachtete, erkannte sie das Mädchen kaum, das mit dunklen Augen zurückstarrte.
Doch schließlich begann die Trauungszeremonie und Hermine machte sich seufzend auf den Weg, traf währenddessen weder Harry noch Ron.
Im Zelt angekommen fand sie einen einzelnen, leeren Stuhl in der 2. Reihe, als sie sich nervös umsah, fiel ihr Blick auf Ron. Kurz zuckte etwas in ihrer Brust zusammen, doch er schien viel zu abgelenkt, um sie überhaupt zu bemerken: Er starrte eine von Fleurs Cousinen an, sie hatte lange, blonde Haare und ebenso eisblaue Augen wie die Braut.
Während der gesamten Zeremonie saß sie steif auf ihrem Sitz und starrte ins unendliche Nichts, doch als sie einen Blick auf sich spürte, wurde sie sich bewusst, dass sie noch da war. Andromeda sah ihr direkt in die Augen, als sich ihre Blicke trafen, lächelte die Ältere. Hermine erwiderte es und ihre weißen Zähne blitzten auf, während sie sich inständig fragte, ob nicht irgendjemand sehen konnte, dass etwas nicht mit ihr stimmte.
Als die Feier begann, schienen alle vollkommen fröhlich zu sein, Mrs, Weasley konnte vor Freude nicht aufhören zu weinen und tanzte mit ihrem Mann in schnellen Kreisbewegungen. Harry sprach mit einem älteren Mann, Ron unterhielt sich lachend mit Fleurs Cousine. Der Klang der Stimmen und das Gelächter konnten jedoch nicht Hermines Innere erreichen, es war vollkommene Leere. Immer wieder erwischte sie Andromeda dabei, sie anzustarren, doch wann immer sich ihre Blicke auch trafen, wandte sich die Ältere von ihr ab.
Auf einmal ertönte ein lauter Knall und Hermines Augen schossen zur Tanzfläche, auf der sich nun niemand mehr bewegte und ein heller Ball schwebte über den Boden, er leuchtete und als auf einmal eine Stimme aus ihm ertönte, erlosch jegliche Musik. Kingsley Shacklebolts Stimme sagte nur drei Sätze, die allen Anwesenden eine Gänsehaut bereitete:
„Das Ministerium ist gefallen. Der Minister für Zauberei ist tot. Sie kommen.“
Die Panik, die darauf losbrach, wurde von Schreien und lautes Weinen begleitet. Menschen disapparierten, rannten, riefen nach ihren Liebsten. Hermine stand einfach nur da, während sie verzweifelt nach jemanden Ausschau hielt. Irgendjemanden, der sich um sie sorgte. Als sie Andromeda in der Menge erblickte, wollte sie ihren Namen rufen, doch ihre Stimme wurde jäh von einem hellen Strahl genau vor ihr durchbrochen und jemand erschien. Ein hässlich aussehender Todesser drehte sich und schickte einer Hexe, die Hermine nicht kannte, allmögliche Flüche hinterher. Weitere Todesser erschienen und die Wehklagen der Gäste schienen immer lauter zu werden.
Harry und Ron kamen auf Hermine zugerannt, doch diese rührte sich noch immer nicht. Wie in Zeitlupe sah sie die beiden näher kommen und augenblicklich wusste sie, was von ihr erwartet wurde: Mit ihnen zu gehen, als Trio zu kämpfen. Doch all ihr Vertrauen war dahin. Sie zog ihren Zauberstab und sprintete los - in die entgegengesetzte Richtung.
„HERMINE!“, hörte sie Ron schreien, doch sie sah nicht zurück. Genau neben ihr ging jemand zu Boden - Arthur Weasley. Doch sie blieb auch nicht stehen, um ihm zu helfen.
Ein unerwartetes Gekicher ließ sie schließlich anhalten und nach rechts blicken - sie stand Aug in Aug mit Bellatrix Lestrange. Doch die Todesserin schien nicht zu realisieren, wer da neben ihr stand, denn sie war viel zu beschäftigt damit, ihre jüngste Schwester zu töten.
„Hermine, NEIN!“, schrie Harry und als Hermine sich zu ihm drehte, musste sie feststellen, dass die Beiden nur einige Meter von ihr entfernt waren.
Es waren nicht mehr viele Mitglieder des Ordens übrig, die restlichen Gäste waren geflohen oder gefallen.
„Was in Merlins Namen tust du hier?“ Andromeda schaute über die Tischkante, den sie als Versteck genutzt hatte, Hermine vorwurfsvoll an. Doch diese wusste nicht, wohin sie zuerst blicken sollte, und so sprang ihr Blick von Bellatrix, zu Andromeda und zu Harry und Ron im Wechsel. Die Todesserin grinste hämisch, als sie Hermines Verwirrung sah. „Hermine, renn weg von ihr; renn!“
„Wir müssen gehen!“, schrie ihr jemand zu, aber es war schwer auszumachen, wer es gewesen war, denn in einer Ecke des Zeltes war ein Feuer ausgebrochen und dieses fraß sich immer näher zu ihnen heran. Hermine hustete einige Male, weitere Zauberer und Hexen disapperierten, doch Ron und Harry blieben.
„RÜCKZUG!“, schrie Bellatrix und auf ihr Kommando disapperierten nun auch einige der dunklen Gestalten. Die Todesserin drehte sich zu Hermine und streckte, ohne ein Wort zu sagen, die rechte Hand aus.
„Hermine, was zur Hölle…“, begann Harry, ohne zu wissen, was Bellatrix tat. Er und Ron kamen nun noch näher, mit der Absicht, sie von hier wegzubringen, weg von dem Wahnsinn der Lestrange.
Aber Hermine ignorierte beide. Sie streckte einfach die Hand aus und umgriff die von Bellatrix. Das seltsame Gefühl in ihrer Bauchgegend verriet ihr, dass sie gerade Disapperierten und sie sah Ron und Harry ein letztes Mal an. Ihre Augen… Sie konnte nun kaum noch scharf sehen, doch sie schienen ziemlich verwirrt zu sein. Auch Andromeda sah Hermine an, suchte nach einer Entschuldigung, einer Bitte - doch sie konnte in den Augen der jungen Hexe nichts finden. Nicht einmal Hoffnung.
Als Hermine von den schwarzen Schleiern verschluckt wurde, hörte sie ihre Freunde; sie riefen ihren Namen, wieder und wieder. Andromeda verwandelte sich in dunklen Rauch und vor Hermines Blick löste sich nun alles auf: Das Zelt, ihre Freunde und all die Mitglieder des Ordens, die noch geblieben waren. Alles war verschwunden. Alles. Einschließlich Hermine.
Als Hermine und Bellatrix ihr Ziel erreicht hatten, fiel die Jüngere keuchend zu Boden. Für sie war es immer noch mit höchster Anstrengung verbunden, zu disapperieren. Die Todesserin stand nun über ihr und grinste mit blitzenden Augen zu ihr hinab.
Instinktiv rappelte sich Hermine ein Stück auf und krabbelte langsam rückwärts von Bellatrix davon, doch die ältere Hexe folgte ihr mit gemächlichen Schritten, während sie zu flüstern begann.
„Das war äußerst unklug von dir, Schlammblut. Ich bin ja beinahe schon enttäuscht von dir… Einfach so mit mir mitzukommen…“, sie kicherte. „Nun, zumindest machst du es mir um einiges leichter, jetzt, wo ich doch deinen Zauberstab habe.“
Hermine wollte diesen Worten keinen Glauben schenken und suchte in der Tasche ihres Kleides nach ihrem Zauberstab. Er war tatsächlich nicht da. Die Todesserin musste ihn beim Disapperieren an sich genommen haben.
„Du musst ja eine sehr masochistische Ader haben, Schlammblut. So töricht, mit mir zu kommen…“ Bellatrix zog ihren Zauberstab, richtete ihn auf Hermine und schwang ihn kurz. Sofort riss es sie wieder zu Boden, ihr Kopf schlug auf den harten Boden auf und ihr wurde kurz schwarz vor Augen.
Die Todesserin beugte sich über sie und die Schatten in ihren Augen wurden dunkler. „Hast du deine dreckige, kleine Zunge verloren?“ Sie packte sie am Kragen und zog das Mädchen näher an sich heran, sodass sie den Atem ihres Opfers spüren konnte.
Hermine traute sich noch immer nicht, zu reden. Doch erwiderte sie den Blick der Wahnsinnigen. Und als braune Augen auf schwarze trafen, veränderte sich etwas. Die Finsternis und der Hunger wichen aus Bellatrix‘ Gesicht. Für nur eine Sekunde, einem winzigen Moment, erschien so etwas wie Menschlichkeit und Zuneigung in ihren Augen aufzublitzen. Die junge Hexe wagte es nicht zu atmen, doch als die Spannung zwischen ihnen fast schon zu explodieren drohte, wurde eine Tür aufgerissen.
Mit einem anzüglichen Lächeln stand Narcissa Malfoy in der Tür, die Arme vor der Brust verschränkt und mit schüttelndem Kopf sah sie zu den Beiden hinunter. „Hast du dir wieder ein Spielzeug besorgt, Bella?“
Als diese von ihrer Schwester wieder zu Hermine blickte, waren ihre Züge wieder vereist und dunkel wie eh und je. „Darauf kannst du wetten, Cissy…“ Die Todesserin erhob sich und richtete ihn abermals auf Hermine. „CRUCIO!“
Die beiden Frauen beobachteten Hermines Reaktion diesmal haarscharf. Bellatrix wollte das Schlammblut dazu zwingen, ihre Schmerzen zu spüren. Als die junge Hexe wiederum ihre Haare ausriss und anfing, aus der Nase zu bluten, wandte sich Narcissa ab und ging davon. Sollte ihre Schwester doch ihren Spaß haben - aber sie wollte letzten Endes nicht die Verantwortliche sein.
Schließlich erlöste Bellatrix Hermine von ihren Qualen, das ganze hatte nicht länger als ein paar Minuten gedauert, doch für die Gryffindor waren es wie Stunden gewesen.
Hustend und keuchend rappelte sie sich auf alle Viere auf. Als sie zitternd aufstehen wollte, schlug ihr Bellatrix mit dem Handrücken über das Gesicht. Die Jüngere fiel abermals zu Boden und die Schwärze breitete ihre Flügel über sie aus.
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Harry starrte auf die Stelle, auf der Hermine vor wenigen Augenblicken noch gestanden war. Er konnte es nicht glauben, dass sie mit Bellatrix Lestrange geflohen war. Als er Andromedas Hand auf seiner Schulter spürte, sah er sie vorwurfsvoll an.
„Wieso haben Sie sie nicht aufgehalten? Bellatrix ist Ihre Schwester, bei Merlins Bart!“ Andromeda blickte ihn traurig an und nickte langsam. „Du hast Recht, Harry. Ich hätte dazwischen gehen sollen. Aber… warum ist sie freiwillig mit Bella gegangen? Es schien ja beinahe so, als wären sie sich schon einmal begegnet.“
Harry schüttelte ihre Hand ab und sein Blick verfinsterte sich. „Hermine hat sie noch nie getroffen, das weiß ich! Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist die, dass Ihre Schwester den Imperius-Fluch angewendet hat!“
Andromeda runzelte die Stirn. Sie wusste von den Fähigkeiten ihrer Schwester, dennoch schien es äußert unwahrscheinlich, einen Unverzeihlichen Fluch non-verbal zu benutzen. Doch sie wollte sich nicht weiter mit Harry streiten und so zuckte sie einfach mit den Schultern.
Ron schluckte schwer. Er ahnte, dass wenn Hermine nicht verhext wurde, er der Grund war, weshalb sie lieber mit ihrer größten Feindin gegangen war als mit ihnen. Er konnte sich an alles erinnern, was passiert war, schämte und hasste sich und war doch viel zu ängstlich gewesen, um Hermine zu Seite zu nehmen und um Verzeihung zu bitten. Sie hätte es sowieso nicht getan, flüsterte es in seinem Inneren. Und trotzdem, er hätte es tun sollen. Jetzt Harry und seine Familie einzuweihen erschien ihm als noch falscher, schließlich mussten sie sich darauf konzentrieren, Hermine zurückzuholen.
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Als Hermine wieder zu sich kam, lag sie auf einem nass-kalten Steinboden, unter Ächzen rappelte sie sich auf und trotz spärlicher Beleuchtung konnte sie erkennen, dass sie sich im Keller befinden musste. Sie zog die Beine an ihren Körper und unterdrückte ein Zittern. Denn von dieser Minute wusste Hermine - ganz tief in sich - dass nichts mehr so sein würde, wie es einmal war.
Als Hermine auf dem kalten Boden erwachte, merkte sie sofort, dass sie nicht allein war. Sie konnte nicht ahnen, wann sie eingeschlafen war und wie viele Stunden das jetzt wohl her war, doch es schien bereits der nächste Tag angebrochen zu sein.
„Steh auf.“ Die junge Hexe drehte sich zur Quelle der Stimme, Narcissa stand vor ihr und starrte mit eiserner Miene zu ihr hinab.
„Bist du taub? Aufstehen!“ Die Geduld der Malfoy schien wohl bereits erschöpft, deshalb nahm Hermine alle Kraft zusammen und rappelte sich auf.
„Wo hättest du sie denn gerne, Bella?“ Erst jetzt sah Hermine Bellatrix hinter ihrer Schwester an die Wand gelehnt stehen. Sie haben wollen? Was hatte die Todesserin nun mit ihr vor?
„Sie stinkt.“, erwiderte Bellatrix nüchtern. „Muss wohl an ihrem Blut liegen. Ich werde das nicht anfassen.“ Narcissa runzelte die Stirn. „Und was dann?“ Ihre Schwester zuckte gelangweilt mit den Schultern. „Lass sie ein Bad nehmen.“ Dann sah sie Hermine zum ersten Mal an und ging auf sie zu. „Und wenn du dich benimmst, gibt es dann sogar etwas zu essen.“
Mit diesen Worten drehte sich die Schwarzhaarige um und verließ den Raum. Narcissa zog ihren Zauberstab und deutete mit ihm auf Hermine. „Du folgst mir jetzt. Und stelle am besten nichts an, klar?“ Die Jüngere nickte zitternd und gemeinsam durchquerten sie das riesige Haus. Für Hermine war noch immer nicht klar, wo sie sich aufhielten. Im zweiten Stock stieß Narcissa eine Tür auf und mit einem Zucken ihres Zauberstabs füllte sich eine riesige Badewanne mit sprudelndem Wasser.
Hermine wartete darauf, dass die Ältere den Raum verließ, doch diese schien keinerlei Eile zu haben. „Ich nehme an, dass sich auch Muggel ausziehen, um ein Bad zu nehmen?“, fragte Narcissa genervt. „Sie werden… mir zusehen?“ Als Hermine das Zucken ihrer Augenbraue sah, war die Frage schon beantwortet. „Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du dich etwas beeilen könntest.“ Zögernd streifte sich Hermine Hose und Pullover ab. Als sie nur noch in Unterwäsche dastand, wandte sie sich von Narcissa ab und zog behände Slip und BH aus.
Als sie in die Wanne stieg, hieß sie die angenehme Wärme sofort willkommen. Seufzend ließ sie ihren Körper in das Wasser gleiten und als sie wieder zu Narcissa blickte, verließ diese gerade den Raum. Nun genoss die junge Hexe zum ersten Mal ihre Umgebung in vollen Zügen, schloss die Augen und wäre beinahe eingeschlafen, doch schon bald fühlte sie erneut die Präsens von jemand anderem.
Bellatrix lehnte gleichgültig an der Wand und schenkte Hermine keinen Blick. „Was… machen Sie hier?“ Die Todesserin seufzte kurz und blickte der jungen Hexe direkt in die Augen, sodass diese eine Gänsehaut bekam. „Dich abholen. Schließlich bist du nach wie vor kein Gast der unseren Luxus ewig genießen darf. Meine teuerste Schwester will dich nicht länger im Keller gefangen halten, weiß Merlin, wieso. Wenn du dich benimmst, hast du also schon heute einen neuen Schlafplatz.“
Wenn sie sich benimmt. Diese Worte hatte sie heute schon zwei Mal gehört und noch immer wusste Hermine nicht, bei was sie sich bitte zu benehmen hatte. Als Bellatrix sich umdrehte, wurde ihr jedoch bewusst, dass sie schleunigst aus der Wanne sollte, doch sie verließ diese Annehmlichkeit nur widerwillig. Neben der Wanne lagen dieselben Kleider, die sie zuvor getragen hatte, sie schienen nur frisch gewaschen zu sein.
Kurz darauf - frisch angezogen - räusperte sie sich und die Todesserin drehte sich wieder zu ihr. Mit einem anzüglichen Grinsen deutete sie auf die Tür. „Nach dir.“ Hermine biss sich auf die Unterlippe und verließ den Raum. Sie ahnte bereits, dass ihr nichts Gutes bevorstand.
Bellatrix wies sie zum Salon, in den Raum, in den sie gestern appariert waren. Narcissa wartete bereits auf sie und als das Mädchen auf sie zukam, stand sie vom Sofa auf und kam auf die Beiden zu. „Übernimmst du, oder soll ich?“ Hermine zitterte. Sie hätte es besser wissen sollen und die Gutmütigkeit der Hexen nicht fraglos hinnehmen sollen. Als Narcissa fast unmerklich nickte, stieß Bellatrix sie von hinten und Hermine fiel abermals auf den hölzernen Boden und als sie sich unter Stöhnen aufrappeln wollte, jagte ihr jemand einen Spruch in den Rücken, sodass ihr Kopf unsanft aufschlug. Sie spürte das Blut aus ihrer Nase fließen, als Narcissa sich über sie beugte und laut fragte: „Was hat Potter vor?“
Hermine zitterte und ihr Mund wurde trocken. „Ich… ich weiß nicht!“ Narcissa stand auf und ging zu ihrer Schwester, die junge Hexe konnte nicht hören, was die Schwester berieten, doch plötzlich spürte sie ein Brennen auf ihrer Brust, das sich rasant über ihren gesamten Körper ausbreitete. Es fühlte sich an, als ob jemand sie in Flammen gesteckt hatte und Hermine schrie auf.
„Wo ist er?“ Dieses Mal war es Bellatrix. „Ich weiß es nicht.“ Hermine versuchte, jedes einzelne Wort einzeln zu betonen und warf einen nervösen Blick auf Bellatrix‘ Zauberstab, der noch immer auf ihre Brust gerichtet war.
Auf einmal schien der Raum wortwörtlich unter der Kraft von Magie zu sprengen - die Fenster zerbarsten und ein Erdbeben schien sich unter ihnen auszubreiten. Bellatrix schien völlig außer sich und jagte Sprüche und Flüche auf alles, was sich bewegte, aus ihrem Zauberstab schossen alle Art von Farben und Formen. Hermine nutzte den Moment und sprang auf und versuchte sich, in Sicherheit zu bringen.
Als ein blauer Blitz Hermine nur um Millimeter verfehlte, schrie die Todesserin auf. „NEIN!“ Die junge Hexe sah die nackte und pure Angst in Bellatrix‘ Augen, als ihre Haare wie ein Hurrikan umherflogen, die Angst war auch in ihrer Stimme hörbar. „NEIN!“
„IMPEDIMEN-“
„PROTEGO!“
Bevor Bellatrix den Lähmungszauber aussprechen konnte, stellte sich Narcissa vor Hermine und wehrte ihn ab. Auch die jüngere der beiden Schwestern hatte Angst vor den Fähigkeiten der Älteren, was sie aber nicht davon abhielt, sich mit ihr zu messen.
Hermine sah etwas in Narcissas Manteltasche herausragen und als sie ihren Zauberstab erkannte, japste sie. Wenn sie nur schnell genug wäre, könnte sie sich ihn schnappen und sich mit Bellatrix duellieren. Doch auch Narcissa wäre noch da und sie könnte es niemals mit beiden aufnehmen.
Was ihr in diesem Moment durch den Kopf schoss, war die Frage, wieso Bellatrix auf einmal die Beherrschung verloren hatte. Und wieso, bevor die Wut kam, die Angst sie zu beherrschen schien. Hermine nahm einen tiefen Atemzug und wollte keine Sekunde mehr zögern. Entschlossen lief sie auf Narcissa zu und gerade als sie sie erreicht hatte, schienen die Schwestern zu begreifen, was sie vorhatte. Doch Hermine reagierte blitzschnell, riss Narcissa zu Boden und griff gleichzeitig nach ihrem Zauberstab.
Bevor die Todesserin reagieren konnte, schrie Hermine schon „STUPOR!“, doch der Zauber verfehlte Bellatrix um einiges. Narcissa gab der jungen Hexe einen kräftigen Stoß, sodass Hermine fiel und sie sich auf ihr befand. Der Zauberstab rollte der Gryffindor aus den Fingern direkt vor Bellatrix‘ Stiefel.
Die Schwarzhaarige grinste breit, als sie den Zauberstab aufhob und mit ihn zwischen ihren Fingern spielte. „Du dämliches Schlammblut!“ Sie ging auf die beiden zu und sah hinunter zu Narcissa, die zu ihr aufblickte. „Lass uns allein, Cissy.“
Diese stand auf, mit einem fast schon enttäuschten Glanz in den Augen und verließ den Raum. Bellatrix deutete nun mit beiden Zauberstäben auf ihre Brust und um sie herum waren nur noch Rauch, zersplittertes Glas und verstaubtes Holz übrig.
„Steh auf.“ Hermine gab ihr bestes, um möglichst schnell auf die Beine zu kommen, als Bellatrix schon ihr Handgelenk umschloss und sie mit sich zu einen der Sofas zog.
„Was war das für ein Zauber?“, flüsterte sie. Hermines Herz überschlug sich beinahe und sie versuchte, ihre Worte wiederzufinden. Sie hatte keine Ahnung, von was Bellatrix sprach.
„Ich… Was meinen Sie?“
Doch die Todesserin blieb ihr die Antwort schuldig, stattdessen kam sie Hermine so nahe, dass diese jede einzelne Linie ihrer Lippen, jede Wimper und jede Träne, die noch versteckt waren, erkennen konnte. Ihre Haut schien Porzellanfarben und spannte sich straff über ihre Haut, als sie flüsterte: „Ich sagte doch, du sollst dich benehmen…“
Texte: Candice Black
Bildmaterialien: mockingjayssarmy
Tag der Veröffentlichung: 02.02.2013
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