Cover

Ein blutiges Erwachen



Blut.
Überall war Blut.
Der ganze Boden war voller Blut. Sogar an den Wänden lief es herab. Unter den dickflüs-sigen dunkelroten Tropfen konnte man die Struktur der Holzwände gerade noch so erah-nen.
Ansonsten war der kleine quadratische Raum leer. Keine Stühle, kein Tisch, keine Regale oder Schränke noch nicht einmal ein Bild.
Bei genauerem betrachten des Raumes viel auf, dass es noch nicht einmal ein einziges Fenster oder eine Tür gab.
Doch wo kam das ganze Blut her?
Etwas lief von ihrem Haaransatz über die Stirn und dann über ihren Nasenrücken. Sie wischte es sich mit den Handrücken vom Gesicht, es war ein Blutstropfen.
Verwirrt blickte sie zur Decke, dort war nichts zu sehen.
Nun lief immer mehr Blut von ihrem Kopf, über ihr Gesicht, an den Schultern und über ihren Körper herunter.
Ihr Blick wanderte an ihrem Körper herab, dieser war übersät mit Blutergüssen und Schnitten, aus diesen quollen noch mehr dickflüssiges Blut.
Was war passiert und vor allem wo befand sie sich?
Vergebens versuchte sie sich aufzurichten, doch ihr Körper schien wie gelähmt. Von irgendwo her ertönten Schritte, Panik stieg in ihr hoch.
Verzweifelt versuchte sie sich aufzurichten, doch ihr Körper wollte ihr einfach nicht gehor-chen.
Die Schritte verstummten direkt hinter der dünnen Holzwand hinter ihr.
Stille.
Urplötzlich ertönte ein Ohrenbetäubender Knall. Alles verschwamm, bis alles um sie herum schwarz wurde.


Begegnung im Wald



Schweißgebadet schreckte Deidra aus ihrem Traum hoch. Es war ein angsteinflößender Traum. Sie hatte oft Alpträume, doch dieser hatte sich so real angefühlt, ihr war immer noch ganz mulmig zumute.
Wie viel Uhr es wohl war? Ein Blick zum Wecker verriet ihr das es halb Vier war. Mondlicht viel durch den schmalen Spalt der beiden bodenlangen weinroten Gardinen vor der Balkontür.
Etwas irritiert sah sie sich in ihrem Zimmer um. Es war ein großes rechteckiges Zimmer, die Stuckverzierungen, die wohl Weinreben darstellen sollten zogen sich über alle Wände.
Deidra hatte es spärlich eingerichtet, nur das nötigste, ihr großes Himmelbett stand an der schmalen Seite neben der Tür, auf der rechten Fensterlosen Seite stand ein riesiger antiker Kleiderschrank, dieser stand neben der Badezimmertür. Auf der linken Seite, an der sich fünf bodenlange zweiflüglige Fenster reihten, stand eine riesiger Spiegel mit einem reich verzierten Goldrahmen. Am ende des Zimmers stand ein alter Schreibtisch, nur wenige Meter von der riesigen zweiflügligen Balkontür, sie reichte fast über die gesamte Länger der Wand.
Sie atmete einmal tief ein, stand auf und ging auf die Balkontür zu. Ihr Blick schweifte zum Horizont, der sich über einen riesigen, im Mondlicht finster aussehenden Wald. Eine Weile schien sie ins leere zu starren, dann schloss sie die Tür. Kurz verweilte sie auf ihrer stelle und streichelte geistesabwesend den Schreibtisch neben ihr. Er hatte mal ihrem Vater gehört, dieser war gemeinsam mit ihrer Mutter vor zwei Jahren bei einem Autounfall in Paris gestorben. Sie wollten dort auf ein verlängertes Wochenende hinfahren, um mal das aufregende Stadtleben zu genießen. Das war für die beiden ein richtiges Abenteuer, die Einwohnerzahl in ihrem Dorf betrug nicht mehr als 70 Bürger.
Doch in ihr geliebtes Dorf waren sie nie zurückgekehrt.
Als Deidra wieder aus ihren Erinnerungen auftauchte, schüttelte sie einmal kurz ihren Kopf, wobei ihr lockige rote Haarsträhnen ins Gesicht vielen.
Sie drehte sich auf dem Absatz herum, stieg wieder in ihr mittlerweile ausgekühltes Bett, rollte sich einmal herum und schlief.

Um neun Uhr erwachte Sie schließlich, gleißendes Licht eines wunderschönen Morgens viel in ihr Zimmer. Nachdem sie sich genüsslich gestreckt hatte stand sie auf und begab sich in Richtung Badezimmer. Dort ließ sie sich Badewasser in eine große Messingwanne, die in der Raummitte stand, ein. Anschließend streifte sie ihr Knielanges, himmelblaues Nachthemd ab. Dann tauchte sie mit einem erleichternden Seufzer in die warme Herrlich-keit ein. Für einen Moment schloss sie ihre Augen um die wohltuenden Wellen des Badewassers auf sich wirken zu lassen. Riss sie jedoch sogleich wieder auf, ein Mann stand in der Tür. Deidra verschränkte ihre Arme über ihren Brüsten, er trat heran und setzte sich an den Wannenrand.
„Was willst du Sören?“
Sören war der Großcousin von ihr und ihrem Bruder Liam. Er war schlank, muskulös, aber nicht ganz so hochgewachsen wie Liam. Er hatte Blonde, glatt nach hinten gekämmte Haare die sich in einem goldenen Glanz von seiner blassen Haut abhoben. Er hatte etwas von einem Vampir, nur das seine Augen nicht in Rot sondern in Eisblaue zu ihr herab starrten.
„Ich frage dich noch einmal, was willst du?“
„Mich verlangte es danach dich noch einmal zu sehen, bevor ich verreise.“
„Du verreist? Das ist ja prima, du kannst dann ja gleich da bleiben!“
Er lächelte, dies war jedoch keinesfalls ein freundliches Lächeln. Es verlieh seinem Gesicht einen geradezu dämonischen Glanz.
Sörens Blick wanderte von ihrem Gesicht, über ihr Décolleté, hinab zu ihren immer noch verschränkten Armen. Er beugte sich weiter über den Wannenrand.
„Untersteh dich auch nur daran zu denken!“
Er ignorierte ihre Warnung und streckte seine Hand aus. Sie hielt den Atem an und press-te ihre Arme eng an ihre Brüste.
„Ich würde es bevorzugen, wenn du meiner Schwester ihre Privatsphäre lassen würdest!“
Liam betrat das geräumige Badezimmer, sofort stand Sören auf und wich ein paar Schritte von der Messingwanne zurück.
„Natürlich.“
Mit einem letzten Blick auf Deidra verließ er den Raum.
„Er ist ein echtes Eckel, ich kann ihn nicht leiden. Warum Daddy ausgerechnet ihn dafür ausgesucht seine Geschäfte zu leiten, bis du 21 bist verstehe ich immer noch nicht.“
„Er war nun mal sein engster Vertrauter.“
Er zuckte mit den Schultern und reichte ein Badetuch herüber. Sie nahm es entgegen und wickelte es sich eng um den Körper, während sie aus der Badewanne kletterte. Sie seuf-zte und blickte aus dem Fenster, die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte mit all der Energie, die sie in diesem Kalten Herbst aufbringen konnte. So in ihre Gedanken versunken, bemerkte sie Liam nicht, er von hinten an sie herangetreten war. Vorsichtig legte er seine Hand auf ihre Schulter und legte seinen Kopf an ihren.
„Du solltest dich nicht immer so in diese Herbstdepression stürzen!“
Er lächelte das Lächeln, was sie so an ihrem großen Bruder liebte.

Ihr großer Bruder war der einzige in ihrer Familie, der ihr nach den Tod der Eltern geblieben war. Die Nachricht ihres Todes war ein Schock für beide gewesen. Vor 3 Monaten erhielten sie die Nachricht von ihrem Tod. Deidra hatte kein einziges Mal geweint, im Gegenteil sie hatte sich komplett zurückgezogen. Liam war der gewesen der jede Nacht zu ihr ans Bett getreten war als sie schreiend aufgewacht war. Seit dieser Zeit hatte sie jede Nacht Alpträume, ihm hatte sie davon nichts erzählt, er dachte sie hätten aufgehört.
Sie blickte sich zum um und erwiderte sein lächeln. Liam sah ihrem Vater zum verwechseln ähnlich, er wahr dürr, hochgewachsen und extrem gutaussehend (soweit sie das als seine Schwester beurteilen konnte). Seine Karminroten Haare, die ihm in seidigen Wellen bis zur Schulter fielen, trug er im Nacken mit einem schwarzen Band zusammen-gebunden. Seine Augen waren heller als Deidras, ein helles Braun, dass wenn er lachte, sein ganzes Gesicht strahlen lies.
Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und strich ihr im vorbeigehen über die Schulter.
Einen Moment verweilte sie wie angewurzelt auf der Stelle, dann jedoch trat sie in ihr Zim-mer vor den goldumrahmten Spiegel und betrachtete sich. Mit einer kurzen Handbe-wegung wischte sich sich ein paar Haare ihres Ponys aus dem Gesicht. Ihr langen Karminroten Haare vielen ihr in sanften Wellenbewegungen über den Körper, bis hinunter zur Taille. Ihre großen dunkelbraunen Rehaugen wurden von langen geschwungenen Wimpern umrandet. Sie war nicht sehr groß, dünn und hatte sehr feminine Rundungen, die sie zu einem wahren Augenschmaus machten. Ihre Haut war blass, dadurch wirkte sie jedoch sehr Anmutig.
Zwanzig Minuten später klopfte es an Deidras Tür und Tobias trat herein. Tobias von Deidra liebevoll Tobi genannt, wurde vor 7 Jahren von ihrem Vater im Wald gefunden. Er hatte keinerlei Erinnerungen an das was vorher geschehen war. Seit diesem Tag lebte er bei ihr und ihrer Familie, die beiden hatten sich sehr schnell miteinander angefreundet und waren seither unzertrennlich. Doch seit dem Tod ihres Vaters hielt er sich auffällig oft in Sörens nähe auf, was Deidra keineswegs gefiel. Er hatte sich verändert, war verschlos-sener und es schien als bereitete ihn ihre Gegenwart keiner Freude mehr.
„Deidra. Magst du etwas zeit mit mir verbringen?“
„Ja, natürlich. Was würdest du denn gerne machen?“
„Ich möchte in den Wald!“

Nun liefen sie schon fast zwei Stunden schweigen neben einander her und waren schon tief in den Wald vorgedrungen. Der Wald war Deidra noch nie ganz geheuer gewesen, irgendetwas gespenstisches lag über ihm. Und sie begann zu frösteln.
Tobi beäugte sie von der Seite mit seinen schwarzen Augen. Sie fand sie unglaublich faszinierend, wenn sie ihm in die Augen schaute glaubte sie immer eine tief verborgene Traurigkeit zu sehen. Auch sonst sah er ziemlich gut aus, er war groß, gut gebaut, aber vor allem war seine Schulterpartie wahnsinnig gut ausgeprägt. Seine Haut war braun von der Sonne, die kupferfarbenen Haare standen kurz in allen Himmelsrichtungen ab. Als sie ihn an sah, lächelte er sie flüchtig an.
„Tobi, was ist los mit dir in letzter Zeit bist du nicht mehr du selbst … du bist …
anders. Ist irgendetwas passiert, kann ich dir helfen?“
Einen kurzen Moment wirkte er zutiefst Traurig, fing sich jedoch schnell wieder.
„Ich weiß nicht was du meinst, ich habe mich in keiner Weise verändert?
„Wenn du nicht mit mir reden willst okay, aber bitte halte mich nicht für Blöd. Ich bin
nicht Blind, ich sehe das was nicht stimmt.“
Verärgert und etwas verletzt lief sie etwas schneller um nicht mit ihm auf eine Höhe gehen zu müssen. Er merkte das er sie verletzt hatte und wollte etwas sagen, als Deidra plötzlich stehen blieb.

Sie standen mitten auf einer Lichtung, die durch die Anordnung der Bäume Kreisrund war.
Deidra wandte sich zu Tobi um.
„Wo sind wir hier? An diesem Ort war ich noch nie!“
Er öffnete den Mund um zu antworten doch bevor ein Ton seine Lippen verlassen konnte, antwortete eine andere, ihr unbekannte Stimme.
„Kein Wunder, für jemanden wie euch ist dieser Teil des Waldes Tabu!“


Wölfe



Zwei Gestalten traten aus den Schatten der Bäume heraus. Die junge Frau war klein und unglaublich zierlich, vom Körper her wirkte sie wie ein kleines Kind. Doch ihr Gesicht verriet, dass man sie keines Wegs unterschätzen sollte. Sie blickte verbissen drein und Wut kochte in ihren grauen Augen auf.
„Verschwindet von hier, ihr habt hier nichts zu suchen! Das ist unser Teil des Wal- des!“
Einen Moment lang überraschte Deidra die Stimmgewalt die von diesem zierlichen Körper ausging. Doch dann trat Tobias vor und neigte das Gesicht demütig zur Erde.
„Es tut mir leid, ich habe nicht auf den Weg geachtet, wir werden natürlich sofort
gehen!“
„Tobi!“ Deidra war entsetzt. „Niemand hat das Recht uns von hier zu vertreiben.
Oder steht hier auf den Bäumen irgendwo euer Name?“
Nun sah der Begleiter etwas verdrießlich drein. Er war wahnsinnig gutaussehend, sein Körper war unglaublich durchtrainiert, seine Grünen Augen zogen Deidra sofort in ihren Bann. Strähnen seines strubbligen schwarzen Haares vielen ihm ins Gesicht, seine Haut schimmerte im Sonnenlicht rotbräunlich.
„Bringt man euch da hinten den gar nichts mehr bei, dass ist die erste Lektion die
man über den Packt der …“
„Genug jetzt!“ Tobi trat an Deidra heran und packte sie am Arm. „Wir gehen jetzt.“
„Nein Tobi warte. Was meint er denn mit Packt?“ Sie sträubte sich und versuchte sich loszureißen. Der Mann, den Deidra nicht viel älter als sich selbst einschätze beäugte sie nun mit sichtbarem Interesse und zog dabei verwundert eine seiner schwarzen Augenbrauen hoch.
„Sie weiß es nicht?“ fragte er neugierig, Tobi fuhr wütend zu ihm herum. „Sei still,
dass geht dich absolut nichts an, Deidra bitte … lass uns gehen. Wir haben hier
nichts verloren.“
„Da hat er Recht, verschwindet endlich! Sonst werde ich euch Beine machen.“ Ein merkwürdiges Glimmen flammte in ihren Augen, einen Momentlang hätte Deidra schwören können, dass ihre Augen nicht mehr Grau sondern leuchtend Blau. Ihr Begleiter legte vorsichtig seine Hand auf ihre Schulter.
„Kendra, nein. Beruhige dich bitte, das ist weder der richtige Ort noch die richtige
Zeit.“
Kurz schien es so als wollte Kendra etwas erwidern, doch sie nickte nur. Er zog seine Hand wieder weg und wandte sich zu Deidra um.
„Ihr solltet gehen, bevor …“
Er drehte sich schlagartig um. Dort traten zwei riesige Wölfe auf die Lichtung und beäug-ten Deidra und Tobi, der sich nun schützend vor sie gestellt hatte.
Der größere Wolf hatte ein rötlich schwarzes Fell und leuchtend Gelbe Augen, die Tobi scharf betrachteten.
Der zweite, etwas kleinere Wolf hatte dunkelbraunes Fell mit roten, grauen und weißen Flecken, er hatte etwas von einer Glückskatze. Über seinem rechten Auge zog sich eine Narbe, die seine Augenbraue teilte. Mit seinen Grünen Augen sah er interessiert zu Deidra herüber.
Ein tiefes Grollen ging durch den Körper des riesigen schwarzen Wolfes, er machte sich ganz steif und zeigte die volle Größe seiner beeindruckenden Eckzähne. Als das Grollen in seiner Kehle ankam, veränderte es sich und wurde zu einem erbahmungslosen Knurren. Er trat einen Schritt auf die beiden zu und machte sich Sprungbereit.

Alles ging ganz schnell. Tobi fuhr wie von der Tarantel gestochen zu Deidra herum, packte sie am Handgelenk und stürzte mit ihr in den Wald, Weg von der Lichtung. Weg von den Wölfen. Weg von den beiden Menschen.
In diesem Moment, in dem Deidra an den jungen Mann mit diesen wunderbaren leuchtend grünen Augen dachte, durchfuhr es sie wie einen Blitz. Was wenn die Wölfe die beiden anfielen. Sie mussten ihnen helfen. Sie wusste zwar nicht wie sie den beiden gegen solch rieseigen Wölfen helfen konnten. Aber sie konnten sie doch unmöglich schutzlos dort auf dieser Lichtung stehen lassen.
Sie versuchte stehen zubleiben, doch Tobi machte nicht die Anstalten stehen zu bleiben.
„Tobi, bleib stehen. Wir müssen den beiden helfen. Wir können doch nicht …“
Blitzartig stoppte er, fasst wäre sie in ihn hineingerannt. Dann drehte er sich ruckartig zu ihr herum. In seinen Augen war etwas, dass sie noch nie zuvor in seinem Blick gesehen hatte. Wäre er nicht ihr bester Freund, hätte sie ihrem inneren Drang nachgeben und wäre ein paar Schritte vor ihm zurückgewichen.
„Gar nichts werden wir, verstanden?“
Einen kurzen Augenblick lang, sah Deidra ihn sprachlos an. Dann ohne jede Vorwarnung drehte sie sich auf dem Absatz herum und rannte los und ignorierte Tobis rufe.

Als sie schließlich völlig außer Atem an der Lichtung ankam, brauchten ihre Augen einen Augenblick um sich an das gleißende Licht zu gewöhnen. Die Lichtung lag da, als wäre nichts passiert. Lichtstrahlen fielen auf den moosbewachsenen Boden. Nichts deutet darauf hin, dass ihr soeben zwei Bärengroße Wölfe gegenüber standen, die deutlich Kampfbereit gewesen sind.
Deidra blickte sich aufmerksam um, es deutete auch nichts auf zwei Menschen hin, die durch diese angefallen worden sind. Nirgends war Blut zu sehen.
Als sie schon sich schon fast zum gehen umdrehen wollte, sah sie es zwischen zwei moosbewachsenen Steinen liegen. Die Sonnenstrahlen die darauf vielen ließen es in vielen bunten Farben leuchten.



Der Clan der schwarzen Wölfe



Es regnete in strömen, doch an dem prasselnden Feuer im Karmin war es schön warm und behaglich. Von dem alte Haus aus, welches auf dem Berg Solitaro thronte hatte man sonst immer einen vortrefflichen Blick auf den Wald und das dahinter liegende Dorf Apalancarse. Morgan blickte aus dem Fenster der Bibliothek in die Dunkelheit hinaus, der Regen verschluckte die gesamte Landschaft, nur gelegentlich wurde die Nacht durch einen Blitz erhellt, auf ihn folgte nur wenige Sekunden später das tiefe grollen des Donners.
Die Bibliothek war ein nahezu quadratischer Raum. An der Wand gegenüber der beein-druckenden hölzernen Flügeltür, die reich an Schnitzereien war, befand sich ein großer Marmor Karmin. Dieser war geschmückt mir etlichen steinernen Figuren, sie zeigten Wölfe in den verschiedensten Positionen. Zu ihm führte ein wunderschöner roter Flokati Teppich.
Wenn man in die Bibliothek hinein kam, befand sich linke ein große hölzerne Treppe die zu etlichen Bücherregalen führte. Rechts befand sich eine prachtvoll angelegt Fensterseite.
Morgan saß in einem teuer aussehenden Ledersessel ganz hinten in der Bibliothek zwischen Karmin und Fenster.
Gedankenverloren strich er sich die Strähne schwarzer Haare weg, die ihm ins Gesicht gefallen war.
Dieses Mädchen von der Lichtung ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Wie schön ihre roten Haare in der Sonne geglänzt haben. Wie intensiv ihr Blick gewesen war, als sie ihm für einen kleinen Moment tief in die Augen geschaut hat. Es kam ihm so vor, als hätte sie mit ihren großen, braunen Augen tief in seine Seele geblickt. Und auch sonst fand er war sie eine wirkliche Schönheit, die blasse Haut die aussah als wäre sie aus Perlmutt ...
„Hallo ... he Alter hörst du zu?“
Eine Hand wedelte dicht vor seinem Gesicht herum. Verwundert sah Morgen auf und erblickte das Gesicht seines besten Freundes Jonathan.
Jonathan trug seine dunkel Blonden Haare wie immer zurückgekämmt, sie sahen immer so aus als würden sie beiläufig so liegen. Doch Morgan wusste ganz genau, dass Jonathan oft Stunden vor dem Spiegel stand und versuchte seine Haare in Form zu bringen.
Das auffälligste an ihm waren jedoch nicht seine Haare oder die dunkel grauen Augen sondern die Narbe die quer über seine rechte Braue verlief. Sogar Morgan wusste nicht woher Jonathan diese hatte, fragte man ihn, lächelte er nur und schüttelte den Kopf.
„Mensch Alter die Perle muss es dir ja echt angetan haben, du bist ja wie
weggetreten.“
Auch das war Typisch für Jonathan, immer ein blöden Spruch parat, doch enthielten diese in den meisten Fällen ein kleines Fünkchen Wahrheit.
„Ach quatsch, was redest du denn da?“
Morgan stemmte die Arme in den Sessel und hievte sich ein Stück nach oben, um die Lage seines Beines etwas zu ändern. Die letzte Stunde hatte er in ein und derselben Pose ohne diese zu verändern auf ihm gesessen und seinen Gedanken nachgehangen. Nun war sein Bein eingeschlafen und fing furchtbar an zu kribbeln.
„Na ich meine das Mädchen aus dem Wald, von der träumst du doch gerade oder
etwa nicht? Ich meine, die sah ja auch echt scharf aus.“
Jonathan setzte sich auf die Fensterbank direkt neben ihn und grinste ihn breit an.
„Na wenn du meinst.“
Morgan gefiel es nicht das Jonathan „Sie“ als Perle und scharf bezeichnete. Diese Beschreibungen waren viel zu einfach und herabsetzend für sie. Sie war wunderschön, zierlich, anmutig und ihre Augen strahlten eine Intensität und Stärke aus, die er so noch nie gesehen hatte.
„Hey hörst du mich?“ Jonathan knuffte ihn leicht in die Seite. „Kail will uns alle
sehen!“
„Wieso das denn?“ Morgan blickte seinen Freund verwundert an. Doch dieser zuckte nur mit den Achseln.
„Keine Ahnung, ich denke mal er will über die heutigen Ereignisse sprechen.“
Mit diesen Worten stand er auf und ging Richtung Tür. Bevor er aber diese erreicht hatte drehte er sich noch einmal um.
„Na was ist, kommst du jetzt? Wenn wir noch weiter so trödeln, steht Kendra gleich
auf der Matte und deren Laune ist eh schon im Keller. Du kannst nachher noch
weiter träumen.“
Mit einem breiten grinsen schlüpfte er aus der Bibliothekstür hinaus und ging laut pfeifend den Gang Richtung Küche entlang.

Die Küche war ein großer heller Raum mit einer großen gläsernen Schiebetür, die auf eine kleine Terrasse führte.
Betrat man die Küche, befand sich auf der linken Seite die Küchenzeile mit Spüle, Waschbecken und Kühlschrank. Rechts stand der Vorratsschrank ihm gegenüber die Sitzecke mit Eckbank, massivem Holztisch und vier gut gepolsterten antiken Holzstühlen.
Morgan und Jonathan ließen sich auf die bequeme Eckbank fallen. Eine zeitlang schwiegen die beiden, dann drehte sich Jonathan zu Morgan um.
„Du sag mal, hast du nicht auch das Gefühl, dass zwischen Kendra und Kail
momentan eisige Stimmung herrscht? Ist etwas vorgefallen?“
„Weiß nicht, sie ist doch deine Schwester frag sie doch!“
„Habe ich ja, sie hat mit ziemlich angefahren und gesagt ich sollte mich doch um
meinen eigenen Kram kümmern.“
Morgan hatte mühe seinen Blick von dem Regen der nun unwetterartig gegen die Terrassentür peitschte abzuwenden.
„Dann solltest du die beiden das vielleicht alleine klären lassen. Sie sind doch alt
genug.“
„Ach komm schon, du bist doch sonst nicht so. Das liegt alles nur an dieser Perle,
du bist gar nicht mehr du selbst.“
Unerklärliche Wut kochte in ihm hoch, ihm wurde ganz heiß und sein ganzer Körper begann zu kribbeln. Als er von der Bank hochsprang, kam er mit so einer Wucht auf dem Boden auf, dass der Tisch samt Stühle einen halben Meter weit wegrutschten.
„Das hat überhaupt nichts mit „Ihr“ zu ...“
„Was hat mit wem zu tun?“
Morgan stockte mitten im Satz. Kail, sein älterer Bruder stand in der Tür und schaute beide misstrauisch an.
Kail war hochgewachsen und muskulös, wenn auch nicht so sehr wie sein kleiner Bruder Morgan. Seine Haare waren schwarz und schimmerten in einem rötlichen Glanz.
Er trat einen Schritt näher an den Tisch heran und musterte beide aufmerksam.
„Ihr redet von der kleinen von der Lichtung dieser Deidra!“ Dies war mehr eine Feststellung und keine Frage. Jonathan konnte sich sein Grinsen nicht verkneifen und stupste Morgan mit dem Ellenbogen in die Seite. So als wolle er sagen: Ertappt. Durch diese Gestik fühlte er sich allerdings noch mehr provoziert.
„Und was ist wenn es so sein sollte?“ Diese Worte klangen mehr wie ein knurren, doch Kail verstand sie einwandfrei. Er seufzte tief und lies sich auf einen der Stühle sinken. Nicht schon wieder, dachte er, nicht noch einmal.
„Morgen, hör mir bitte zu … und lass mich ausreden.“ Ergänzte er als Morgan etwas erwidern wollte. Er schob seine Ärmel hoch und zog sie anschließend wieder herunter. Diese Prozedur wiederholte er einige male bevor er anfing zu sprechen. Dabei sah er ihn durchdringend an.
„Sie ist von der Gegenseite, es geht einfach nicht … sie …“
Morgan unterbrach ihn „Aber sie scheint noch überhaupt nichts zu wissen hast du nicht
gesehen wie verwundert sie dich und Jonathan angeschaut hat und wie viel Mühe
sich dieser Kerl gegeben hatte, damit es so bleibt?“

„Bist du wirklich so dumm? Das war doch hundert pro gefaket.“
Alle drei wandten den Kopf zur Tür, Kendra lehnte sich gegen den Türrahmen und sprühte fast vor Wut.
„Du lässt dich doch wohl nicht von ihrem Bambiblick und ihrer“ mit den Fingern
malte sie Anführungszeichen in die Luft „ich weiß von nichts und bin so unschuldig
Tour täuschen?“
Jetzt war es Kail der wutentbrannt aufsprang, mit zwei großen Schritten war er bei Kendra an der Tür angekommen. Er griff nach ihrem Arm und hielt ihn fest. Er beugte sich ganz langsam zu ihr herüber, bis seine Lippen fast ihr Ohr berührten.
Fast sah es so aus, als wolle er ihr einen liebevollen Kuss geben. In Morgans Magengegend begann es heftig zu kribbeln und das Bild von „Ihr“ schoss ihm durch den Kopf. Wie wunderschön sie in den Sonnenstrahlen auf der Lichtung ausgesehen hatte. Ihre Augen strahlten förmlich und luden ein in ihnen zu versinken.
Er wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als Jonathan sich zu ihm herüberlehnte und fragte ob er was von dem verstanden hätte, was Kail eben gesagt hat. Noch völlig benebelt von seinem Tagtraum schüttelte er langsam seinen Kopf.
Das Bild vor seinen Augen verschwamm und sein Blick landete wieder im hier und jetzt. Kendra hatte sich aus Kails Griff befreit, ging wortlos an ihm vorbei und setzte sich auf die Bank neben ihren Bruder.
Einen kurzen Moment lang wirkte Kail so als überlegte er ob er bleiben oder gehen sollte.
Er fing sich aber schnell wieder und nahm wieder denselben Platz ein wie zuvor auch.

Jonathan war der erste der das schweigen brach.
„Nun, weshalb wolltest du uns alle sehen? Was war es dass du besprechen
wolltest?
Kail blickte ruckartig auf und sah für einen kurzen Moment etwas irritiert aus. Morgan glaubte jedoch, dass es niemandem sonst aufgefallen war.
„Ich bin der Meinung wir sollten, dass besprechen was heute Nachmittag passiert
Ist!“
„Alles klar du bist der Chef.“ Sagte Jonathan und klopfte dreimal auf den Tisch.
Kendra fauchte zurück „Lass den scheiß, der Blödsinn ist ja nicht zum aushalten. Ist doch
ganz klar was die Göre mit ihrem Schoßhündchen hier wollte. Die wollten uns
ausspionieren, bespitzeln und als die beiden dann schließlich von uns erwischt
wurden, wollte die uns auch noch für blöd verkaufen.“
„Ich fand nicht, dass sie so aussahen als wollten sie uns ausspionieren.“ Morgan war mit seiner Wort- und Tonwahl etwas vorsichtiger als bei seinem Bruder. Er wollte die ohnehin schon brodelnde Kendra nicht noch weiter reitzen.
„Und du mein lieber sei mal ganz still, ist doch klar dass du dein Prinzesschen
Schützen möchtest, aber die Prinzessinnen Masche zieht bei mir nicht.“

Es ging alles so schnell, dass selbst wenn er es hätte stoppen wollen, es ihm unmöglich gewesen wäre. Es splitterte, der Tisch knackte bedrohlich als er drei Meter durch den Raum schlitterte. Aus dem Augenwinkel glaubte er zu erkennen wie ein Stuhl zu Bruch ging. Doch es war ihm egal, Kendra war eindeutig zu weit gegangen und er wollte und konnte seine Gefühle nicht zurückhalten. Ein heißes fast schmerzhaftes kribbeln durchzog seinen Körper. Ihm wurde heiß, es kam ihm vor als hätte jemand ein Feuer in seinem Magen entfacht. Haare sprießen aus seinem Gesicht, seinem Rücken, seinen Händen. Er spürte wie seine Wirbelsäule sich verlängerte und sein gesamter Schädel sich verformte.
Aus seinen Händen die sich mittlerweile zu riesigen Pranken verwandelt hatten, wuchsen Krallen.
Er hatte sich verwandelt. In der Küche stand nun ein riesiger schwarzer Wolf, seine Orangen Augen schienen vor Wut zu glimmen. Nach einem kurzen Moment beklemmender Ruhe wandte er seinen Kopf herum zu Kendra. Ein tiefes grollen, dass in seinem Magen begann und sich bis in seine Kehle vorarbeitete und dort zu einem bedrohlichen Knurren wurde, entfuhr ihm. Er ging nun langsam auf sie zu. Kail der sich als erster aus seiner Schockstarre gelöst hatte, griff Morgan an die Schulter.
„Beruhige dich Morgan. Hör auf. Du willst ihr nicht weh tun, dass weißt du genau
so gut wie ich und der Rest hier.“
Morgan hielt inne und sah ihn mit seinen orangen an. Sein Körper entspannte sich etwas, seine Muskulatur lockerte sich und er lies sich auf die Hinterbeine fallen. Kail nutze die Gelegenheit um zu handeln.
„Jonathan, bring Kendra auf ihr Zimmer.“
Im vorbeigehen murmelte er ihm noch zu, dass er dafür sorgen solle das sie auch dort bleibt. Mit seinen Wolfsohren konnte er jeden noch so kleinen Laut wahrnehmen.
Jonathan nickte und half Kendra beim Aufstehen. Vor lauter schreck war sie von der Bank gerutscht. Gemeinsam verließen sie die Küche, bevor beide die verlassen hatten, warf Jonathan Morgan noch einen Blick zu. Dann schloss er die Tür.



Das Medaillon



Blut.
Überall war Blut.

Wieder befand sie sich in diesem quadratischen fensterlosen Raum mit den Holzwänden.
Wieder tropfte das Blut von den Wänden herab und lief über den Boden.
Wieder konnte sie sich nicht bewegen und war mit Schnitten und Blutergüssen übersäht.

Sie verspürte eine beklemmende Angst, denn sie wusste was jetzt gleich geschehen würde. Und tatsächlich wieder ertönten von irgendwo her Schritte und wieder stieg Panik in ihr hoch.
Deidra wartete, gleich würden die Schritte direkt hinter der Wand hinter ihr zum stehen kommen, es würde einen lauten Knall geben und sie würde aufwachen.
Doch diesmal war es anders. Kein Knall war zu hören, stattdessen stand der Mann von der Lichtung direkt vor ihr und musterte sie mit seinen leuchtend grünen Augen. Ein Anflug eines Lächelns flog über sein Gesicht. Er öffnete den Mund, schloss ihn aber direkt wieder als hätte er es sich anders überlegt. Einen Moment lang stand er ganz still vor ihr und schaute ihr tief in die Augen.
Dann kniete er sich hin und strich ihr sanft über die Wange.
Plötzlich verschwamm alles und wurde schwarz.

Schweißgebadet wachte Deidra auf. Eine kühle Briese wehte ihr durch die roten Locken. Es war vier Uhr morgens, der Vollmond schien durch die nicht komplett zugezogenen Gardinen auf ihr Bett.
Kerzengerade saß sie im Bett und dachte über ihren Traum nach. Nächtelang hatte sie immer denselben Traum. Nie hatte sich auch nur ein Detail geändert, doch nun war „Er“ da gewesen und hatte sie berührt. Wieder fing es in ihrer Magengegend heftig an zu kribbeln und ihr Gesicht wurde ganz warm. Sie atmete dreimal tief ein und umklammerte dabei ihren Bauch.
Es raschelte, ein paar Blätter hatten sich von ihrem Zeichenblock gelöst und wurden durch den Luftzug von ihrem Schreibtisch geweht. Sie stand auf und hob die Zeichnungen auf und blickte auf sie hinab.
Das Medaillon was darauf abgebildet war, hatte sie gestern Nachmittag nach der Begegnung mit den Wölfen und den beiden Fremden auf der Lichtung gefunden.
Ob sie wohl ein Paar waren?
Sie schloss die Augen und schüttelte ihren Kopf, dass ging sie doch überhaupt nichts an. Doch warum machte sie der Gedanke, er könnte die Frau mit den kurzen schwarzen Haaren und den stechenden grauen Augen liebevoll in den Arm nehmen, so verrückt.
Sie zwang ihre Gedanken zurück zu dem Medaillon, so ein Zeichen hatte sie noch nie gesehen. Zwei Wölfe, völlig in einander verschlungen bildeten einen Kreis. Ob es wohl eine Bedeutung hatte? Vielleicht war es eine Art Familienwappen. Wenn es so wäre könnte sie es vielleicht in einem der Bücher der Stadtbibliothek finden.
Irgendetwas riss Deidra aus ihren Gedanken im ersten Moment konnte sie nicht genau sagen was es gewesen war. Doch sie glaubte draußen im Wald etwas gesehen zu haben, eine Bewegung? Irgendetwas war dort.
Deidra riss die Balkontür auf, in drei Sätzen war sie am Geländer und versuchte mit zusammengekniffenen Augen im Schatten des dunklen Waldes etwas zu erkennen. Doch der Wald bildete trotz des Mondlichtes eine einzige dunkle Masse.
Eine ganze Weile verharrte sie in ein und derselben Position und versuchte etwas ungewöhnliches zu entdecken. Langsam begann sie zu frösteln. Der Herbst machte sich mittlerweile, vor allem nachts nun deutlich bemerkbar. Ihr dünnes Nachthemd war nicht gerade dafür geeignet um auf einem zugigen Balkon zu stehen und nach etwas Ausschau zuhalten, was sie sich wahrscheinlich eh nur eingebildet hatte.
Ein paar Minuten nachdem Deidra die Balkontür geschlossen hatte und wieder in ihr großes Himmelbett gestiegen war, trat ein großer Wolf aus dem Schatten des Waldes heraus. Er hatte ein glänzendes schwarzes Fell. Selbst für einen Wolf seiner Größe hatte er beachtliche Muskeln die sich deutlich abzeichneten. Langsam setzte er sich hin und starrte mit seinen leuchtend orangen Augen zu der Stelle, auf der Deidra noch vor wenigen Minuten stand. Er verharrte in dieser Position, bis die ersten Sonnenstrahlen am Horizont zu sehen waren.

Er konnte einfach nicht anders er musste sie sehen. Sie sah in ihrem hell blauen Nachthemd so wunderschön aus. Ihre Haare leuchteten wie pures Gold im Mondlicht, ihre blasse Haut wirkte wie weicher und geschmeidiger Samt. Am liebsten wäre er zu ihr auf den Balkon geklettert, hätte sie in den Arm genommen und ihre rosigen Wangen gestreichelt.
Mit einem leichten Sprung verließ er den Wald und lief in die Richtung eines herrschaftlichen Anwesens. Stoppte jedoch bevor er den kiesigen Weg betrat, er drehte sich um. Selbst mit seinen ausgezeichneten Wolfsaugen konnte er die wunderschöne Villa in der Deidra lebte nicht mehr sehen. Er spürte wie sich ein flaues Gefühl, wie ein Tuch aus Blei über seinen Magen legte. Morgan wusste nicht genau was es zu bedeuten hatte, sollte dies aber bald erfahren.
Bevor er den Garten betrat verwandelte er sich zurück. Er spürte wie sich die Krallen zurückbildeten, sein Schädel und seine Wirbelsäule nahmen wieder ihre ursprüngliche Form an. Die Haare bildeten sich zurück, nur die struppige Mähne auf seinem Kopf blieb zurück, von der ihm gleich eine Strähne ins Gesicht fiel.
Mit einem lässigen Sprung überwand er den schon etwas morschen Gartenzaun. Er lief um die Ecke und wollte durch die Terrassentür der Küche ins Haus hinein. Doch direkt vor der Tür stand sein Bruder Kail und wartete offensichtlich auf ihn. Eine Weile verharrten beide in ihrer Position und starrten sich an. Morgen verlagerte das Gewicht auf sein anderes Bein „Kein Vortrag!“ stellte er fest.
Kail zog eine Hose von der Bank neben der Tür und warf sie ihm zu. Er fing sie geschickt auf und schlüpfte hinein. Kail musterte ihn streng, doch die Strenge wich Besorgnis.
„Ich will dir keinen Vortrag halten oder über dich bestimmen. Ich liebe dich, dass
Weißt du. Ich werde dich immer unterstützen, egal was du tun wirst. Aber ich muss
dich das fragen, bitte versteh das.“
Morgan zog die Augenbraue hoch, er spürte wie sich seine Muskulatur versteifte, war auf alles gefasst.
„Magst du sie wirklich? Und ich meine damit nicht, dass du sie bloß irgendwie interessant findest, weil sie Bildhübsch ist.
Du weißt was auf dich, auf euch zu kommen würde. Ihr hättet nie die Möglichkeit eine normale Beziehung zu führen. Du, ihr werdet kämpfen müssen.“
Kail sah ihn nun mittlerweile fast traurig an.
„Das ist mir bewusst.“
Schweigen.
„Dann werde ich an deiner Seite sein.“
Morgan spürte in seiner Kehle ein leichtes Kratzen, er konnte nicht antworten. Doch Kail verstand ihn auch so. Er trat einen Schritt auf ihn zu, nahm seinen kleinen Bruder in den Arm und klopfte ihn auf den Rücken.
„Und jetzt geh schlafen, du wirst deine Kraft in den nächsten Tagen brauchen.“

Die Bibliothek befand sich in einer kleinen Seitenstraße, des Dorfes an dessen Ende Deidra und ihre Familie, damals noch glücklich lebten. Nun aber bestimmte Sören über die Familienangelegenheiten bis Liam 21 wurde. Sie konnte immer noch nicht nachvollziehen wieso ihr Vater ausgerechnet Sören als engsten Vertrauten wählte. Liam wusste offensichtlich mehr, wollte es ihr aber nicht erklären. Sie gab sich nur damit zu frieden, weil sie wusste das Liam in drei Monaten 21 wurde.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 31.08.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /