Der Beginn wird mit Leere eingeläutet.
Sie gefällt uns nicht und so trachten wir danach, sie anzufüllen.
Was eignet sich mehr als einen Gedanken, einen kleinen Gedanken groß werden zu lassen und ihn einzupflanzen in einen guten Boden.
Alles andere passiert wie von selbst ...
Ein Gedanke
Er tauchte auf und befiel die Menschen. Der gleiche Gedanke, es war haargenau der gleiche Gedanke und heute fragt man eigentlich kaum noch woher er eigentlich kam, wenn man dabei einmal großzügig von den üblichen Standardfragen absieht, die uns am Beginn löcherten, hier oder da ein Kreuzchen zu machen.
Der Gedanke kam zu uns aus dem Reich UNENDLICH. Das ist nicht wahr, rufen schon die Ersten und vermeinen damit, dass letztlich alles endlich sei. Der Mensch, das Leben, die Planeten, selbst die Sonne, alles hat irgendwann sein Ende und doch möchte man glauben, dass sofort mit dem Ende des Einen wieder etwas Neues entstünde. Somit gibt es einen ewigen Kreislauf, eine Unendlichkeit, die für uns unbegreiflich sein mag, denn die Millionen Jahre sind außerhalb unserer kleinen Vorstellungskraft.
Egal, ich behaupte als Erzählerin dieser Geschichte, dass es dieses Reich UNENDLICH gibt, denn genau in ihm trugen sich die Ereignisse nämlich zu.
Der Gedanke sich zu offenbaren, ohne alles von sich preisgeben zu müssen, der Gedanke damit das Interesse anderer Menschen zu wecken, sie und sich zu inspirieren, sich zu befruchtende Ideen zu beobachten, genau der Gedanke führte die Menschen in die Welt UNENDLICH.
Ich habe selber erlebt, dass einige von ihnen sich besonders zugetan waren, andere sich wiederum heftig bekämpften und in ganz wenigen Fällen ging sogar alles zu Bruch. Räume wurden dunkel und still, obwohl vorher viel Leben in ihnen erkennbar war. Der Grundgedanke war einfach zerplatzt. Aber wie das immer so ist, aus den einzelnen Stückchen gründeten sich neue Ideen, so wurde der Gedanke fortgesetzt. Im Reich UNENDLICH ist das an der Tagesordnung.
Einer der Fizzelchengedanken führte sie zusammen. He, Ce, Ey, Ge, Si und Co, später stießen Tigger, Tomka und Pascha zu ihnen, um Sicherheit und Gelassenheit in allen Situationen und Gefahren zu geben. In der Welt UNENDLICH braucht man vor allen Dingen Gelassenheit. Die Gefahren sind nicht so groß, weil jeder sich, so er nicht mehr mag, nur durch einen einzigen, lausigen Klick wieder ausklinken kann. Also mich beruhigt das sehr, wenn ich auch weiß, dass man einer gewissen Sucht verfallen kann. Das ist die eigentliche Gefahr. Man findet den Knopf nicht mehr, der Allem eine Ende bereitet.
He,Ce, Ey, Ge, Si und Co, auch Tomka, Tigger und Pascha wollten etwas erleben, sie wollten Spaß, Eindrücke, Heiteres und Ernsthaftes genießen, jeder auf seine unnachahmliche und ganz spezielle Art und Weise. So wagten sie sich eines Tages in die nächtliche Aquarellierwelt, die ein besonderer Teil des Reiches UNENDLICH darstellte. Hier war es dunkel und hell zugleich, es schien ruhig aber auch voller Lebendigkeit zu sein, es gab geheimnisvolle Ecken und Büsche, die für Tomka, Pascha und Tigger verführerisch rochen.
Das große Rad der Möglichkeiten begann sich sofort zu drehen, nachdem die kleine Gruppe eingestiegen war. Jeder warf seine Ideen hinaus und schaute ihnen nach, immer in der Hoffnung sie bereichert zurückzubekommen. Manche wurden nicht beachtet, dann konnte man mit Glocken und Knarren nachträglich auf sie aufmerksam machen. Manchmal griff sie auch jemand ohne großes Gedöhns auf. Zuweilen stand unter den wunderschönen Gedanken und Geschichten von ihnen nur Mäh oder Muh, mitunter klebte sogar ein wenig gelbgrüner Hühnerdreck an ihnen, auch das gehört dazu. Unendliches fliegt im großen Reich UNENDLICH herum.
Man darf nicht denken, dass das alles leicht und schnell zu schaffen ist und nur eitel Freude bringt, deshalb beschlossen He, Ce, Ey, Ge, Si und Co irgendwann nach einer unendlichen Fahrt in das kleine leuchtende Karussell abzuspringen. Es war gerade groß genug für sie und die Tiere hätten auch noch Platz aber diese wollten sich nicht mit drehen. Sie hatten in der nächtlichen Welt ihre eigenen Abenteuer zu bestehen und waren inzwischen schon ein wenig müde geworden.
Im kleinen Karussell erging es der Gruppe ein wenig besser. Sie fühlten sich ziemlich wohl und ließen auch davon hin und wieder etwas ins große UNENDLICH fliegen. Bis sie bemerkten, dass eigentlich alle das so machten. Es gab inzwischen sehr viele kleine Karussells, in denen sich so allerlei abspielte. Genaues wussten sie aber nicht immer.
Ich halte das für nicht so schlimm. Man kann nicht überall hineinschauen und alles wissen oder gar mitmachen.
Als das kleine Karussell einmal ganz langsam drehte, nutzten He, Ce, Ey, Ge, Si und Co, auch die Tiere, die schon darauf warteten, die gute Gelegenheit, um herauszuspringen.
Es wird mir kaum einer glauben aber sie landeten glücklich aber auch ein wenig erschöpft auf einem Sofa, auf meinem fantastico Sofatorium.
Im Vertrauen, sie kommen da nur wieder weg, wenn sie nicht vergessen haben, wo der Schalter ist und auch dann wird es schwierig, denn sie müssen unbedingt wieder durch das Reich UNENDLICH surfen, um irgendwie von dort Nachhause zu kommen.
Der Gedanke hat sich inzwischen sehr verselbständigt und er lässt sie so schnell nicht wieder los. Aber das wissen alle schon lange, sie nehmen es gelassen in Kauf oder doch nicht so gelassen...? Man weiß es nicht.
Helga
Was Wind sät... :
Da saßen sie nun, nachdem der Wind sich gelegt hatte.
Der Wind? Genauer gesagt: die Windhose.
Was war das für ein Überlebenskampf gewesen, Hose gegen Hose, förmlich.
Kein Kampf um die Form, ein Kampf mit der Form, wenn man die Hose als solche bezeichnen darf.
Der besorgte Leser mag sich fragen: Und was ist mit dem Inhalt? (Er ist nämlich gebildet und weiß um das Prinzip „Inhalt und Form“.)
Ist das nun zu philosophisch?
Nein, denn der Inhalt ist, bei erhaltener Form, glücklich und gut gelandet. Vielmehr: Er ist bereits darauf bedacht, seine Substanz (und damit seine Form) erhalten zu wollen.
Nun stehen zur Auswahl bereit (denn selbst daran ward von der Schöpferin gedacht): geistige und zutiefst körperliche und den Körper zutiefst beglückende – wenn auch flüssige – Genüsse.
Das Geistige manifestiert sich in Form eines Aquarells, welches – o Zufall – eine Art Logo darstellt, unter und hinter dem sich die Argonauten zu versammeln pflegen. Hier haben sie sich darum herum drapiert. Ein Logo, logisch, denn es zeigt Abenteuerlust, den Traum vom Fliegen, den ewigen Kreislauf, die Lichter der Nacht und die Selbstvergessenheit des wahrhaft philosophischen Menschen, des Dichters, des Wortgebärers, des Texters, des BXlers.
Das Auge des Betrachters mag wandern, mag versuchen, sich nicht in der rasenden Drehung fangen zu lassen; allein, es ist umsonst.
In höchster Not schweift es ab und verankert sich an den müden und durstigen Gestalten, den Vertretern der Menschenrasse sowie den würdigsten Repräsentanten der humanen Tierwelt, die stellvertretend für die 100 Wurzeln der Geschlechter (und dies ist beileibe nicht erotisch gemeint) an diesem lukullischen Ort eingetroffen sind.
Die wahre Ruhe aber findet es – das Auge des Betrachters – beim Anblick der bombastischen Pokale, die wohlgefüllt auf dem Tisch darauf warten, dass an ihnen genippt, geschluckt und gesogen werde.
Jeder Trinkspruch, und sei er auch noch so russisch und putinesk, kann nur das wundersame Zusammenwirken der hehren Gesell-
schaft hervorheben - wohlformuliert und inhaltlich prägnant; die Laudierten heben nun endlich die Pokale und lassen den Honigseim durch die Kehle rinnen.
Und siehe da: Es währt nicht lange und sie sitzen nicht mehr, sondern lehnen, wie es die Odaliske H. von Anfang an vorgemacht hat, in den Pfühlen.
Cecilia
Weltübergang
Alles ist möglich heute
auch der Weltuntergang für viele Leute.
Daran denke ich nicht
aber ein Welt ü b e r gang mit viel Licht,
den schafft man selbst in der Nacht,
die Idee, ein Bild und schon ist es erwacht,
das Lächeln von Euch. Ich den Atem mir hole,
aus mir heraus, für Euch und zum Wohle,
für mich und Viele ich staunend wandere
von einer Welt in die andere.
Helga
Rudi Ratlos interviewt die Autoren der Blickwinkel-Gruppe
Willkommen, liebe Leser, heute wird uns ein Einblick in den Inner Circle der Autorengruppe Blickwinkel gewährt. Auf Helgas Sofatorium fantasticum haben Helga, Cecilia, Enya, Conrad, Geli und Signe Platz genommen.
Rudi:
Es freut mich, dass ich euch ein paar Fragen stellen darf, hoffend dass ihr sie mir auch beantwortet. Eure Gruppe existiert seit März 2012. Warum wurde diese gegründet, mit welchem Ziel?
Helga:
Wir versuchen die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.
Kulturell, politisch, sozial, literarisch, philosophisch, der Blick unserer Wahl: normal
Rudi:
Normal. So, so ... Nun bemerke ich, dass ich in dieser Runde nicht das einzige Tier bin.
Cecilia:
Pascha fühlte sich als Y-Chromosomträger etwas einsam, deshalb war er über die Apotheose von Tiggi überglücklich. Als Signe auch noch Tomka mitbrachte, da war die Arche Noah bereit und konnte in See stechen...
Enya:
Tiggi mag Hunde und freute sich auf Tomka.
Cecilia:
Dein Tigger, liebe Enya scheint der Bruder meines Pascha zu sein, eine länderumspannende Dynastie der Ceylon-Tiger, oder isn't it? Der Tigger m u s s t e auf unser Sofa! Er kann dann den Pascha unterstützen in seiner Hundeangst ...
Signe:
Die größte Angst hat wahrscheinlich Tomka ... Großmutter war Angsthäsin ... Nun ja ... Aber ihr Platz zu unseren Füßen ist perfekt!
Conrad (macht einen Salto Wortale):
Im Grenzbereich, in dem Traum und Wirklichkeit innig miteinander verschmelzen, wird das Tier, das wir zu kennen glauben, zu einem magischen Wesen. Man könnte meinen: Morgens hat die Welt ein böses Hundegesicht.
Helga:
Jetzt könnte man eine Geschichte ausdenken, wie es dazu kam oder was wir uns wohl so erzählen ...oder planen wir etwa den gänzlich verrückten Sprung ins Ungewisse? In die Nacht der geheimnisvollen Riesenräder und Karussells? ... oder sind wir dieser gerade entkommen, um uns erst einmal auszuruhen von den Abenteuern in der Parallelwelt BookRix ... vielleicht sind wir auch nur in einer durch uns erschaffenen Welt ... ja, das könnte alles sein: ein BookRixmärchen! Harmonie pur ... nee, wir sind nur entspannt, weil wir genug vom Stress und dem ewigen krümelkackerischen Gezänk haben ... haste gehört, liebe Geli?
Da stehen oder sitzen wir doch drüber.
Conrad:
Schön sich hier, wie ich hoffte, als kleinbleibende Schar, auf waldeinsamer Lichtung zu treffen.
Signe:
... immerhin ist Licht, auf dieser Lichtung ...
Enya:
Das Licht ist ein sanftes, kein blendendes. Man hat Zeit, sich daran zu gewöhnen. Das ist schön, wie ich finde.
Cecilia:
Eine lichte Lichtung, auf die wir aus unserem Winkel blicken: das soll der 'Blickwinkel' sein. Ich freue mich, Euch hier versammelt zu sehen!
Geli:
Ich freue mich unglaublich mit dabei zu sein. Ein schönes Gefühl, mit so lieben Menschen einiges zu teilen, ich bin froh ... Und ja, liebe Helga, ich habe es gehört. Genau! Da sitzen wir drüber!
Rudi (räuspert sich):
Sind die Cocktails auf dem Tisch nur Dekoration? Sehen aus wie gemalt ...
Helga:
Nö. Cocktail für alle. Habe mir so gedacht, wir gönnen uns nicht nur verschiedene Blickwinkel, sondern auch etwas Gutes.
Genau diesen köstlichen Cocktail habe ich auf einem Schiff im Sonnenschein bei allerbester Sicht auf Alles des öfteren genießen können.
Hoffentlich kann ich damit auch Euren Geschmack ein wenig treffen, sind wir doch fast alle dem Meer sehr zugetan ...
Enya:
Herrlich ... Meer und Cocktail, da weckst du die Sehnsucht. Ja, ist doch prima.
Signe:
Dann nehme ich den linken Cocktail, der ist alkoholfrei ...
Cecilia:
Ich sehe mit Vergnügen die funkelnden Gläser vor der wässrigen Kulisse. Da habe ich k e i n e Lust mehr, abzutauchen.
Rudi:
Nun wundert mich gar nichts mehr! Apropos ... Euer erstes gemeinsames Buch hatte ja das Thema und ihr habt „Über Wunder reflektiert“. Zufall oder Wunder?
Helga:
Wir führten eine kleine Diskussion über die Wundergläubigkeit. Ich fragte mich und meine Mit-Autoren: Möchte man an ein Wunder glauben, auf ein Wunder hoffen, erst wenn man in allergrößter Not befindlich ist?
So als Strohhalm vielleicht? Ich kann mir vorstellen, dass auch ein eingefleischter Atheist auf Wunder hofft, wenn's ihm an den Kragen geht. Ist alles wieder gut, kehrt die Vernunft zurück in die Köpfe.
Rudi:
Cocktail – Wunder – Strohhalm? Oder eine andere Reihenfolge? Egal! Ihr führtet dann in eurer Gruppe einen regen Austausch darüber; und habt innerhalb einer Woche euer erstes Buch veröffentlicht ...
Geli:
Es ist ein schönes Büchlein geworden und es hat mir große Freude gemacht, daran mitzuschreiben.
Enya:
Es ist ein tolles Buch geworden. Mir hat es großen Spaß gemacht da mitzuschreiben. Ich hoffe, es gefällt anderen auch.
Cecilia:
Ein wirklich „rundes“ Büchlein mit hohem Informationswert ist hier entstanden; wir haben uns um alle denkbaren Wunder herum-
gewunden - und es hat gar nicht weh getan.
Signe:
Mit so wundervollen Autoren zusammen zu arbeiten, etwas zu gestalten, hat mir Spaß gemacht und war eine Herausforderung für mich. Schon der Entstehungsprozess war spannend. Das Resultat ist wunderbar!
Helga:
Gemeinschaftsbücher zu kreieren macht mir immer noch viel Spaß. Themen zu finden, die für alle interessant sind, ist nicht ganz so einfach. Hier hat es prima gepasst. Es gäbe sicher noch zahlreiche Blickwinkel, Wunder zu beleuchten, doch wir können und wollen nur einen Ausschnitt bieten.
Rudi:
Themen habt ihr bisher interessante gefunden. Ihr habt über das „Leben im Tollhaus“, über das „Erwachen“, das „Paradies“, die „Toleranz“, über „Mutabor“ und den „Ehrgeiz“ geschrieben, habt „Aus dem Sommerloch“ berichtet und eure „Antennen in der Einsamkeit“ ausgefahren. Leider haben sich immer weniger Leser für eure Bücher interessiert. Waren eure Pläne zu ehrgeizig? Oder seid ihr den Nicht-Lesern tolerant gegenüber? Oder ist BX ein Tollhaus mit ganzjährigem Sommerloch?
Helga:
Natürlich möchte man in erster Linie einen Erfolg ernten, ein positives Reagieren wäre schön, denkt man sich. Ein einsames Büchlein ... keiner findet es, doch darüber müssen wir nicht traurig sein ... Es ist wie mit allen Gemeinschaftsbüchern: der Weg ist das Ziel. Wir haben es für uns erstellt. Die Bemerkungen und Kommentare sind sowieso meist nichtssagend, also wurscht. Ich war gerne dabei und habe mit Freude Eure Beiträge gelesen.
Geli:
Jeder will gelesen werden und Herzen kassieren. Was sind sie wert, was sagen sie aus? Eigentlich nichts. Ein guter Kommentar ist wertvoll und es gibt hier wenige, die sich wirklich Mühe geben. Wir hier im Blickwinkel erstellen gemeinsam ein Buch und das ist toll. Jeder trägt dazu bei mit seinen Ideen und Möglichkeiten. Damit fühle ich mich wohl.
... hier wird so viel Schrott gepostet und so toll bewertet und unser Büchlein steht im Schatten. Ich mache mir darüber meine eigenen Gedanken, es ist verdammt schade, aber mit euch etwas zu erstellen ist schon toll, und das überwiegt.
Enya:
Aus "Pflichtgefühl" soll uns keiner lesen und echtes Interesse fehlt wohl.
Rudi:
Nun, mein Interesse habt ihr! Was sind eure nächsten Pläne?
Cecilia:
Jugendwahn und Alterswahnsinn. Da kommt ein Wortpaar dahergewackelt. Jugendwahn hat den Alterswahnsinn an die Hand genommen. Die kühle Hand, die heiße Hand.
Rudi:
Das klingt wahnsinnig (interessant)! Dann wünsche ich euch weiterhin heiße Ideen und kühlen Verstand. Danke für die wunderbare Zeit auf Helgas Sofa. Prost!
Aus einer Idee
- gleich einem Samenkorn -
ist etwas
zusammengewachsen.
Gepflegt, gehegt,
mit Sonne belohnt,
mit Wasser verwöhnt,
mit Dünger genährt
Aus dieser Gemeinschaft,
von fleißigen Gärtnern,
ist etwas entstanden,
was Blüten trägt
und üppig wächst.
Wir tragen es weiter
und Stück für Stück
entsteht ein
prachtvolles Beet
in reicher Vielfalt
von Farbfacetten.
Geli
Aus den Augen
von Katja Kortin
Dorothea hat den Gang zum Krematorium lange vor sich herge-
schoben, aber es muss sein. So selbstverständlich sie es findet, dass Jakob sie dorthin begleitet, so unbehaglich ist ihr dabei zumute.
Die blasse Hagere an der Schreibmaschine fertigt die Urkunde aus. Mit den Worten "36 Euro" schiebt sie ihr das Dokument zur Unterschrift über die Theke, und setzt hinzu: "Mit oder ohne Ermordung?" Dorothea ist platt. Was hat denn Ermordung damit zu tun. "Ohne natürlich!" entscheidet sie entrüstet. "Dann", erklärt die Beamtin in gleichgültigem Ton, "kann ich Ihnen das Dokument nicht aushändigen. Ohne Ermordung hat es nur drei Monate Gültigkeit." "Und wenn ich die Frist einhalte", erwidert Dorothea aufgebracht; insgeheim einen wenigstens etwas wärmeren Ton erwartend. Die Beamtin aber ist bereits mit anderem befasst. Dorothea wendet sich ab, begreift nicht wie bar jeglicher Anteilnahme eine so heikle Sache abgehandelt wird. Der Weg ins Freie führt durch einen unabsehbar langen Flur, vorüber an einer weit offenstehenden Tür. Sie blickt in die weite Halle, die voll besetzt mit schwarz gewandeten Leuten ist.
"A u s d e n A u g e n a u s d e m S i n n", echot die Stimme des Predigers vielstimmig von den Wänden des Gewölbes zurück. Im Freien angelangt bemerkt Dorothea gleich nebenan das Herren-Kre-
matorium. "Bei mir war das mit der Ermordung nicht", grübelt Jakob deutlich vernehmbar vor sich hin. Dorothea wartet darauf, dass er weiterredet; zum Beispiel: Unsinn. Das mit der Ermordung machen wir natürlich nicht! Aber er sagt nichts weiter. Sie zieht ihren Umhang fester um sich und geht unwillkürlich schneller. Ihr ist kalt.
Conrad
Fremder Körper
Alle Träume verschwimmen, zerfließen, verschwinden im Nichts.
Leider ist es nicht das wirkliche Nichts, denn es ist ein widerlicher Fremdkörper,der Träume frisst.
Eine kleine Stelle nimmt ihn auf, saugt ihn gierig ein, eine Stelle in meiner Brust zerkaut meine Träume.
Es schmerzt nicht, ich halte es aus, ich könnte neue Träume gebären…vielleicht.
Aber mein Lachen ist ganz klein geworden.
Ich will die Sprache meines Körpers verstehen, ganz genau hinhören.
Warum macht er mir soviel Angst?
Warum jetzt?
Warum so plötzlich?
Ich war gerade so glücklich, glaubte alles Schwere erlebt zu haben.
Er gibt keine Antwort. Ich bin ganz ruhig, ich lass ihn kommen, er hat Gewalt über mich, ich bin ihm ausgeliefert, meinem eigenen Körper.
Wohin könnte ich auch vor ihm fliehen?
Ich ertrage ihn.
Der Kreis schließt sich. So fing es an als ich die Hölle betrat, aus der ich glaubte entkommen zu sein.
Ich gestalte meine Hölle mit guten Gedanken.
Die Hölle wird bewohnbar.
Immerhin.
Helga
Das Karussell hat sich gedreht
wie der Wind.
Es ist in's Schwarze eingetaucht.
Die Hölle ist so dicht
und ohne Licht.
Man weiss nicht mehr ein noch aus,
nicht mehr, wo innen und aussen beginnt.
Aber:
Es dreht sich weiter, das Karussell.
Und es wird wieder hell.
Cecilia
Sofa
"Er hat keinen Auftrieb, er unternimmt nichts, er sitzt am Wochenende zu Haus rum und abends macht er es sich auf dem Sofa bequem. Es kommt kein Gespräch zustande. Und im Bett ist er flau und phantasielos. Ich muss es ja wissen, schließlich war er zehn Jahre lang mein Mann." So spricht diese Frau zu Klara über Leo. Und Klara glaubt ihr das. Sie blickt missbilligend zu Leo hin, als wolle sie sagen: Was bist du doch für ein lahmer Geselle. Man kann es deiner Frau nicht verdenken, dass sie dich verlassen hat.
Aber Leo kennt die Frau überhaupt nicht, sieht sie heute zum ersten Mal. Mathilde heißt sie, und sie könnte Leo sogar gefallen, würde sie nicht so schlecht über ihn daherreden. Man trifft sich übrigens jeden ersten Montag im Monat in diesem hübschen kleinen Lokal am
Stadtrand. Und Leo ist in diesem Kreis dafür bekannt, dass er was von Frauen versteht.
Mathilde hat ein hübsches, intelligentes Gesicht, volles braunes Haar und eine schlanke, gefällige Figur. Zudem ist sie geschmackvoll gekleidet, leicht ausgestelltes Shirtkleid aus Jersey mit Bordüren in Sand-Rot-Braun und mit Teilungsnaht im Rücken. Mehr wüsste Leo über sie nicht zu sagen.
Es müsse ihm doch bekannt sein, meint Klara, dass Mathilde gleich hier in der Nähe wohne, in einem kleinen Fachwerkhaus am Teufelsbach, mitten in dem Gehölz aus Erlen, Kiefern und Weiden. Dort habe sie auch ihre Praxis. Sie sei Psychotherapeutin. Und als solche könne sie sich ein Urteil über Leo bilden. Das müsse er einsehen. Leo kann darüber nur den Kopf schütteln: Die spinnt ein bisschen; na klar, dafür ist sie ja auch Psychologin.
Conrad
Tag der Veröffentlichung: 01.12.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Autoren:
Cecilia, Signe, Enya, Conrad und Katja, Geli, Helga