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Über die Wunder reflektiert




„Ob ein Ereignis oder eine Sache wunderhafte Züge trägt, ist grund-
sätzlich der Meinung des Betrachters überlassen. In bestimmten Situationen glauben Augen- und Ohrenzeugen, sie hätten etwas Unfassbares erlebt oder gesehen. Oft werden die Wunderberichte weiter erzählt, um eine ganz bestimmte Sicht der Dinge bei anderen Menschen zu bewirken. Während religiöse Menschen die Möglichkeit von Wundern meist bejahen, wird sie von areligiösen Menschen meist grundsätzlich verneint“ (aus Wikipedia)



Ich gehöre zu den eher nüchternen Typen, was Wunder anbetrifft. Somit will und kann ich mich aus dem Blickwinkel der römisch-katholischen Kirche der Thematik ganz bewusst nicht nähern. Mir fehlt schlicht der Glaube.
Menschen lieben Wunder, sie wünschen sich Wunder, insbesondere, wenn sie in Bedrängnis geraten sind. Allein die Hoffnung auf ein Wunder bewirkt Erstaunliches. Ohne mich medizinisch auszulassen, denke ich, unser Gehirn leistet hier Unglaubliches. Überhaupt bin ich der tiefsten Überzeugung, dass die Wunder sich in unseren Köpfen abspielen. Wir wollen welche sehen, also sehen wir sie auch.
Ich möchte nicht in einer Welt voller Wunder leben, sondern in einer wundervollen Welt, die von allen Menschen gleicher-
maßen geachtet und geschützt wird. Leider scheint genau dieses eine Illusion zu sein.

Erfreut sehe ich dennoch zahlreiche Bemühungen, die darauf hoffen lassen, dass unsere Welt auch für die nachfolgenden Generationen wundervoll bleibt. Man sollte gerade in dem Punkt allerdings nicht auf Wunder hoffen, sondern einen kleinen Beitrag, einen ganz persönlichen leisten, dann ist schon viel gewonnen.
Ich dulde in meinem Haushalt keine Plastiktüten mehr. Man glaube mir, d a s ist nicht so einfach! Es ist ein Wunder, dass ich als Konsument in dieser Wirtschaft d a s durchsetze.

Text und Bild Helga

Die wundervolle Welt als Aquarell:






Wunder - eine Sichtweise



Es gibt sie wohl in den unterschiedlichsten Bedeutungen und Verstehenszusammenhängen, je nachdem, welchen Blick man darauf hat.
Besondere, absolut nicht alltägliche Leistungen, die man nicht erwarten kann, werden als Wunder bezeichnet. Es gibt Wunder der Tierwelt, der Technik, die Weltwunder. Das Überleben von schweren Katastrophen oder die plötzliche Heilung einer an sich als unheilbar geglaubten Krankheit werden allgemein hin als Wunder bezeichnet. Das alles sind Ereignisse und Dinge, die man üblicherweise nicht erwartet, oft solche Geschehnisse, die sich nicht in das übliche Ursache-Wirkungsprinzip der Naturwissenschaft einordnen lassen oder die diesen Gesetz-
mäßigkeiten widersprechen.
Wenn eine unnatürliche Ursache widerlegt werden kann, spricht man in diesem Sinne auch nicht von einem Wunder.
So kann man heute ja viele in der Bibel geschilderten Wunder durch natürliches Ursache-Wirkungsprinzip widerlegen.
Manche Menschen möchten das nicht, denn sie glauben gern an Wunder.

Bild von Nora


So gibt es denn auch die ganz persönlichen Wunder, die sehr individuell empfunden werden, die aber meist dennoch nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip erklärbar sind. Hier greift eher der Begriff der Wahrscheinlichkeit oder eben Unwahrschein-
lichkeit.
Stürzt z.B. jemand aus einem hohen Stockwerk aus dem Fenster und überlebt dies, sagt man sehr schnell: Das ist ein Wunder.
Eigentlich ist das Überleben aber nur unwahrscheinlich, jedoch nicht unmöglich.

Im Gegensatz zu den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen sind Wunder nicht fassbar, man kann sie nicht im Experiment unter immer gleichen Bedingungen wiederholen.

Problematisch wird es bei bislang nicht erklärbaren Ereignissen, die man gern als Wunder bezeichnet. Hier denke ich an die sogenannten Wunderheilungen.
Sehr oft muss dann Gott herhalten, für den gläubigen Menschen ist das keine Frage, die es zu diskutieren gilt. Die anderen sagen dann, dass eben nur noch die wissenschaftlichen Erkenntnisse fehlen.

Auch in der christlichen Religion muss kein blinder Wunder-
glaube herrschen. Im Gegenteil: Wahrhaft gläubige Menschen sehen in geschilderten Wundern sogar einen Eingriff Gottes in die Natur, eine Verletzung der Naturgesetze, was wiederum der Allmacht des Schöpfers widerspräche.
Hier forderte man sogar, den Wunderglauben aufzugeben, um die Werte des Christentums nicht ad absurdum zu führen.
„Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind"

- dieser Ausspruch aus Goethes Faust gewinnt so einen völlig neuen Stellenwert, tatsächlich scheint hierin eine Kritik an dem „Gott als Lückenbüßer für Unerklärliches“

- Gedanken zu liegen.

Das Thema Wunder beschäftigt Menschen immer wieder. Zu viel noch begegnet uns an Unerklärlichem und häufig mögen Überzeugungen ins Wanken geraten, in Staunen sich wandeln.

Bis vor kurzen gab es eine wohl interessante Ausstellung in Hamburg mit dem Thema:

WUNDER
KUNST, WISSENSCHAFT UND RELIGION VOM 4. JAHRHUNDERT BIS ZUR GEGENWART.

„WUNDER ist eine Ausstellung über die Grenzen abendländischer Rationalität – an ihren Rändern, in ihrem Innern und in ihrer Geschichte. Werke der Gegenwartskunst umkreisend, beschäftigt sich die interdisziplinäre Ausstellung mit dem, was in unserer Welt aus dem Rahmen fällt: von der unerklärlichen Heilung, dem unglaublichen Naturschauspiel und dem wundersam Fremden über die unverhoffte technische Innovation, die künstlerische Idee bis hin zum bloßen Zufall.

Die Exponate aus allen gesellschaftlichen Bereichen zeichnen nach, wie christliche Religion und antike Naturphilosophie unsere Vorstellung des Wunders geprägt haben. Das Wunder wird so kenntlich als eine Öffnung in der Welt, aus der Kunst, Wissenschaft und Technik hervorgegangen sind. Während letztere eher zweck- und zielorientiert sind, zeichnet sich die Kunst durch einen ungleich größeren Freiheitsgrad aus, dieser Öffnung immer neue Gestalt zu verleihen und sie zur Diskussion zu stellen.“



Motive aus Wissenschaft, Religion und Kunst wurden im Vergleich zu unterschiedlichen Sichtweisen aus anderen Kulturkreisen und Religionen dargebracht.

(s. hier: http://www.wunder-ausstellung.de/)

Ich selbst glaube nicht an die großen Wunder.
Das, was uns ein Wunder zu sein scheint, kann vielleicht lediglich etwas sein, das wir noch nicht wissen. Insofern mögen die Grenzen für das, was wir als Wunder ansehen, tatsächlich fließend, nicht starr, sondern wandelbar sein.
Ich selbst versuche meine kleinen privaten Wunder zu sehen, in mir und im Dialog mit anderen Menschen.
Etwas sehen, spüren und entdecken, worüber ich mich zunächst wundere, das ich dann annehme und für das ich nicht immer eine Erklärung suche, das ist dann eines meiner kleinen Wunder.

Abgesehen von irgendwelchen Glaubensfragen:
Nein ich bin kein sehr gläubiger religiöser Mensch, in diesem Sinne glaube ich auch nicht an Wunder.
Ich bin aber auch keine absolut überzeugte Atheistin, eher eine ewig Suchende, die noch offen sein möchte für das Unerklär-
liche auf dieser Welt.

Ein großes Wunder ist für mich das Universum an sich.
In diesem Sinne:

"Wer sich nicht mehr wundern kann,
ist seelisch bereits tot."


(Albert Einstein)

Enya

Quellen:



Birgit Kaiser: Wunder passieren jeden Tag, Sankt-Ulrich-Verlag

Heinz Kuhberg: Die Zeichen mehren sich -
Die logische Verbindung ungewöhnlicher Phänomene,
Silberschnur, März 2001



Foto: Mario Fuß

Wunder



Ist all das, was über unseren Erkenntnishorizont hinausgeht, ein Wunder?
Geht es auf wie die Sonne am Morgen, der Vollmond hinter der gezackten Kulisse der Berge? Manchem mag die Beobachtung dieser Naturereignisse schon wunderbar erscheinen, anderen ist sie selbstverständlich und zeigt ihnen nur an, dass es schon wieder Tag, oder aber, wie schnell dieser vergangen ist.

Wir sind groß im Organisieren, machen Lebenspläne – neben Schule, Ausbildung, beruflichem Lebensweg, privaten Unter- nehmungen, dem Eingehen in Beziehungen bis zur Ehe, dem Planen und Bekommen von Kindern, dem Hausbau, den Investitionsvorhaben, dem Abschließen von Lebensversiche- rungen: In allem jagen wir dem Traum nach, wir seien Herr unseres Lebens und können dieses sicher gestalten.

Das Leben zeigt uns aber, dass es keine Sicherheiten gibt, dass sich zum Beispiel Krankheit ebenso wahrscheinlich unser bemächtigen kann wie Gesundheit, die uns allezeit selbstver- ständlich war und für die wir ja auch einiges getan haben.

Andere nicht berechenbare Phänomene sind Glück und eben: Wunder.
Sie zeigen uns, dass wir alles andere sind als Herr unseres Schicksals, das sich wie von selbst zum Guten oder auch zum Schlechten wenden kann.

Wunder im religiösen Sinne sind sozusagen Gratifikationen für kirchenkongruentes Verhalten. Sie erfordern den Glauben und basieren manchmal auf naturwissenschaftlichen Rander- scheinungen oder Zauberkunststückchen. Parapsychologische Phänomene gehören in diese Gruppe, Wunderheilungen durch paramedizinische Therapien, die die Selbstheilungskräfte generiert haben, Plazebos, an deren Wirkung selbst die Schulmedizin glaubt, oder besser: von deren Wirkung sie weiß.

Meinem 90jährigen Vater, der am Ende eines geistig hoch-
karätigen Schaffenslebens seine Ausdrucksfähigkeit in ge- schliffener Sprache eingebüßt hatte und nicht mehr sprechen konnte, war bis zu seinem Tode nur noch ein Wort geblieben: „wunderbar“. So wurde ihm alles zum Wunder.

Cecilia


Wunder aus der Sicht eines Poeten:

Eine kleine Fabel von Helga
Über Feuersalamander und Blindschleichen



Unter einem Stein hat sie sich eingenistet, das kleine Hasel-
würmchen, auch Blindschleiche genannt.
Sie hieß Eulalia, lebte allein und sie fühlte sich unter ihrem Stein ziemlich sicher. Sie hat gelernt, dass es besser ist, ein sicheres Versteck zu haben.

Aus Unkenntnis und Abneigung gegenüber der vermeintlichen Schlange wird die völlig harmlose Blindschleiche auch heute noch in großer Zahl erschlagen oder zertreten, wenn man ihr begegnet. Von Hauskatzen und anderen Kleinreptilien werden Blindschleichen gejagt und dabei oft verletzt. Durch ihr Verhalten, sich auf Wege zu legen, um Wärme zu tanken, fallen sehr viele Blindschleichen dem Fahrzeugverkehr zum Opfer. Sogar von Radfahrern werden sie oft nicht rechtzeitig erkannt und überfahren.
Es war also äußerst schwierig geworden, sich in Ruhe zu häuten.

Eines Tages, als sie sich am Morgen auf ihrem Stein ein kleines Sonnenbad gönnen wollte, saß dort ein Feuersalamander und blinzelte ein wenig müde, als sie sich heraufschlängeln wollte. Er war schließlich als nachtaktives Tier reichlich unterwegs gewesen und musste dabei seine exzellenten Ohrdrüsen und auch sein Vomeronasalorgan oftmals sehr beanspruchen Nun wollte er nur ein wenig Ruhe.

Eulalia wagte sich, ein wenig züngelnd noch, vorsichtig schlängelnd, langsam näher, denn es war doch ihr Stein und sie wollte sich auch nur sonnen. Auf einmal lag sie neben dem hübschen Feuersalamander, dem man so allerlei nachsagte, denn er besaß die Fähigkeit der willkürlichen spritzförmigen Abgabe von giftigen Flüssigkeiten mittels besonderer Drüsen. Das hat in vergangener Zeit stets die menschliche Phantasie bewegt, im Feuersalamander ein dämonisches, mit über-
natürlichen Fähigkeiten ausgestattetes Wesen zu erkennen.
Eulalia schien das nicht zu stören. Sie besaß immer noch ein ganz klein wenig Urvertrauen. Die Sonne schien und es passierte nichts. Beide lagen einträchtig auf dem Stein und der Feuersalamander sagte nur, er wäre der Bergnarr oder das Tattermandl, würde sich aber durchaus gerne mit einer kleinen Schleiche einen Stein teilen können.
Das ist ein Wunder.



Wunder – gewundert – verwundert



„An Wunder glaube ich nicht!“, sagt der Voreilige. Nun ja…, wirft die Autorin ein. Wahrscheinlich hat sich der eine oder andere von uns schon einmal gewundert in seinem Leben, so über dies und das. Auch Verwunderung oder gar Bewunde-
rung gab es sicherlich in verschiedenen Situationen.

Das ist auch nicht verwunderlich, denn nach umgangssprach-
licher Auffassung handelt es sich beim Wunder um „ein Ereignis, dessen Zustandekommen man sich nicht erklären kann, so dass es Verwunderung und Erstaunen auslöst. Es bezeichnet demnach allgemein etwas ‚Erstaunliches’ und ‚Außergewöhnliches’".



Seinen Ursprung hat das Wort *Wunder* in der Antike. Der Begriff „bezog sich vor allem auf erstaunliche Beobachtungen in der Natur“

und diese nicht erklärbaren Ereignisse wurden auch als *Paradoxe* bezeichnet. Der Lateiner verwendete dafür den Begriff *miraculum* (=Wunderding). Damit wurden außerge-
wöhnliche, auch sensationelle Leistungen des Menschen bezeichnet. „Die größten vom Menschen geschaffenen Mirakel wurden seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. als die sieben Weltwunder vorgestellt.“

Beim althochdeutschen Wort *wuntar* wird der indoger-
manische Wortstamm *uen* (= verlangen) vermutet. Dann wäre das *Wunder* etymologisch verwandt mit dem Wort *Wunsch*.

Der Blick auf Wunder änderte sich im Laufe menschlicher Geschichte. Im Zuge der Aufklärung und mit der allgemeinen Anerkennung von Naturgesetzen wurde mehr differenziert, was ein Wunder ist. Die heutige Sicht, dass „…man darunter ein Ereignis in Raum und Zeit, das menschlicher Vernunft und Erfahrung und den Gesetzlichkeiten von Natur und Geschichte scheinbar oder wirklich widerspricht.“

, galt für die Menschen der Antike und des Mittelalters nicht. Sterben also die Wunder mit dem Wissen um die Existenz von Naturgesetzen aus? Ist es der Wissende, der sich weniger *wundert*? Oder hat der heutige Mensch es mit anderen Wundern zu tun? Nämlich da, wo ihm das Wissen über die Zusammenhänge fehlt?

Die biblischen Wunder sind mittlerweile zum Teil erklärt. Hier werden im Folgenden exemplarisch einige der zehn Plagen erklärt:

„Die Burgunderblutalge, wenn sie sich zersetzt, verfärbt das Wasser des Nils rostbraun und lässt es aussehen wie Blut.

Auch Frösche und Stechmücken sind am Nil keine Seltenheit. Im Laufe der Geschichte kam es immer wieder vor, dass sich diese explosionsartig vermehrten und somit zu einer wahren Plage wurden.

Ebenso hat auch die Hundsfliege hat die Region um den Nil schon dass eine oder andere Mal heimgesucht. Zumeist in riesigen Schwärmen.

Die Viehpest war höchstwahrscheinlich die Nilkrätze, eine Blatternart, welche sowohl Mensch als auch Tier befällt. Die Geschwüre sind eine Folgeerscheinung der Krätze.

Hagel am Nil ist zwar wirklich selten, hat es aber auch schon gegeben.

Jeder, der einen Fernseher besitzt, kennt sicherlich die Bilder von Heuschreckenschwärmen gigantischen Ausmaßes, die ganze Landstriche Ratzekahl fressen. Trotzdem habe ich noch nie jemanden beim Anblick dieser Bilder von einem Wunder Gottes sprechen hören.

Auch Sonnenfinsternisse und Sandstürme, welche unseren licht- u. wärmespendenden Planeten zu verdunkeln pflegen, werden heutzutage kaum noch mit einem Wunder assoziiert.“



Dennoch ist der Glaube an Wunder nach wie vor fest verknüpft mit Religion. Kritik an Religion geht auch immer einher mit der Kritik am Wunderglauben. Das führt dazu, „…dass mit der Ablehnung aller Übernatürlichkeit in der modernen Zeit der unkontrollierte Glaube an alle möglichen Wunder zunehme.“

(so Kardinal Ratzinger in einem Interview) Ein interessanter Aspekt, denn trotz der naturwissenschaftlichen Kenntnisse und der teilweisen Widerlegung religiöser Wunder mittels Wissenschaft, gibt es offensichtlich einen Wunsch der Menschen nach Wundern. Da öffnen sich auch schnell Tür und Tore für Scharlatane…

Bei der Annäherung zum Thema „Wunder“ fand sich auch diese interessante These von Edgar Wunder: „Die etymologische Frühgeschichte eines Begriffes ist irrelevant für die Frage, wie wir ihn heute verwenden sollten, um ihn im heutigen wissenschaftlichen Diskurs analytisch möglichst fruchtbar zu machen.“

Paul Tillich meint im Zusammenhang mit der Verwendung des Wortes *Wunder* im Neuen Testament, es sei sinnvoller, „…von zeichengebenden Ereignissen zu sprechen…“,

weil das im Neuen Testament oft gebrauchte griechische Wort *semeion* „…auf den religiösen Sinn der Wunder…“

hinweist. Und weiter schlägt er vor: „Man sollte das Wort ‚Wunder’ nicht auf Ereignisse anwenden, die eine Zeitlang Verwunderung erregen, z.B. wissenschaftliche Entdeckungen, technische Schöpfungen, eindrucksvolle Werke der Kunst oder Politik, persönliche Leistungen usw. Sobald man sich an diese Dinge gewöhnt hat, hören sie auf, Verwunderung zu erregen, obwohl eine tiefe Bewunderung für sie bleiben oder sogar wachsen kann…“



Diesen Gedanken findet die Autorin wertvoll, weil in heutiger Zeit sprachlich allzu oft das Wort *Wunder* geradezu inflationär verwendet wird. (*Das Wunder von Bern*, Das Wunder von Lengede*, *Die Wunder der Tierwelt*, *Die Wunder der Technik*, *Wunder Erde* seien nur exemplarisch genannt.) Es erscheint nach Meinung der Autorin nicht wichtig, ob der Mensch Wunder, aus welchen Gründen auch immer, bejaht oder verneint. Und so wünscht sie dem geneigten Leser, sich auf die Mirakel und Paradoxien dieser Welt einzulassen und fordert: Jedem seine eigene Wundertüte!

Signe

Verwendete Quellen:



http://de.wikipedia.org/wiki/Wunder

http://www.unmoralische.de/bibel.htm

http://www.karl-leisner-jugend.de/wunder.htm

Edgar Wunder, Religion in der postkonfessionellen Gesellschaft,
Franz Steiner Verlag, S. 17
in: http://books.google.de/books

Paul Tillich, Systematische Theologie,
Walter de Gruyter Verlag, S. 139f.
in: http://books.google.de/books

Bild Helga





Er. Sie. Es.
Haben. Sein.



Sie hat eine Wund’, er
ist ihr Wunder.

Die Weisheit weiss
um ihr eigenes Verschwinden.

Die Wahrheit versickert
und kann sich darüber nur wundern.

Die Weisheit, die Wahrheit.

Der Wind. Der Wunsch.

Das Wunder.


Cecilia


Bild: Ausschnitt aus "Der Garten der Lüste" von Hieronymus Bosch um 1500

Mein kleines Wunder



Foto Geli




Es war 1983. Ich hatte gerade erfahren, dass ich wieder schwanger war und schwebte im siebten Himmel. Mein Mann arbeitete als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an seiner Promotion. Meist kam er spät nach Hause, so dass der Älteste und ich oft zusammengekuschelt auf dem Sofa saßen. Er guckte gern die Sesamstraße mit mir zusammen.

Es war schon dunkel, als mein Mann kam. Er sah sehr blass aus und war aufgeregt, das konnte ich sofort erkennen. Christian lag schon im Bett und so setzten wir uns an den Küchentisch. Ich kochte Tee und er erzählte mir dann folgende Geschichte.

Mal wieder war er unterwegs, um Messungen vorzunehmen, die er dann auswerten wollte. Diesmal hatte er noch einen Kollegen dabei. Sie wollten an einem Schaltschrank arbeiten. Der Strom war angeblich abgestellt. Mein Mann fasste zu und bemerkte im selben Moment den Strom, der ihm durch den Körper schoss. Sofort wollte er loslassen, aber die Hände und Arme sind wie festgeklebt. Ein Gefühl, als wenn sie aus Gummi sind und immer länger werden.

Er hat mir erzählt, dass es ihm endlos vorkam. Sein Kollege hat sofort gemerkt was los war und den Notschalter umgelegt. Während er nur Sekunden am Strom hing, hat er gedacht, dass er sterben würde. Er kannte sich aus und wusste wie gefährlich ein Stromschlag ist.
Die Beiden haben beschlossen, es für sich zu behalten. Das war grob fahrlässig, denn Stromschläge wirken sich oft Tage später aus. In diesem Augenblick hat keiner daran gedacht.
An den Armen hatte er Brandverletzungen. Die Narben konnte man jahrelang erkennen und bestimmt sind sie noch heute, nach fast 30 Jahren zu sehen. Es hatte für ihn keine Folgen. Von dem Schock hat er sich sehr schnell erholt und sich selber Vorwürfe gemacht, nicht genauer kontrolliert zu haben.

Er hätte tot sein können. Erst viel später ist mir das wirklich bewusst geworden. Heute erfüllt es mich immer wieder mit Dankbarkeit, denn ohne ihn wäre mein Leben leer gewesen.
Ich bin nicht sehr gläubig, aber trotzdem denke ich, er sollte noch nicht gehen. Seine Zeit war noch nicht gekommen.


Vielleicht war es auch nur ein Zufall, für uns jedenfalls ein Wunder.

Geli


Wortwunder



Worte träufeln in mein Hirn
und geben mir
einen Einblick
in deine Gefühle,

Gefühle spiegeln sich in meinem Herzen
und geben mir
einen Ausblick
auf das Wunder,

das
uns
geschieht.


Signe


Leipziger Wunder



da ich zugesagt habe, von Leipzig zu berichten, hier also die dramatischen Ereignisse in Kürze. Was gibt es von der Messe zu erzählen, eine ganze Menge, aber nichts Ungewöhnliches. Gedränge auf allen Gängen, vor und zwischen den Ständen.
Lesungen, die überfüllt waren und dazu langweilig! Lesungen, bei denen kaum jemand anwesend war, die jedoch anspruchs-
volle Literatur brachten. Ich selbst hatte zwar vor, bestimmte Stände zu besuchen, mich jedoch dermaßen verlaufen, dass ich aufgab. Immerhin verharrte ich beim Arno-Schmidt-Stand und staunte über die Faksimilie-Ausgaben. Doch es gab einige andere Höhepunkte, wie unsere Lesung im Brauhaus "Napoleon" und die Preisverleihung an Ingo Schulz.
Aber ohne ein wirklich spektakuläres Ereignis hätte mir was gefehlt für eine richtige Reise. Meine Erwartung wurde in gewisser, obzwar unerwünschter Weise sogar erfüllt.
Zwei Tage vor unserer Lesung im "Napoleon" (Freund Mark, genannt der Leuchtturm, hatte den für Lesungen idealen Saal im ersten Stock ausfindig gemacht) trafen wir uns unten in der Gaststube zum Abendessen. Ich bestellte mir etwas Säch-
sisches, Sauerbraten mit Blaukraut, woraufhin mir schlecht wurde. Vermutlich lag es nicht an dem Sauerbraten, ich hatte mir vorher schon den Magen mit Süßigkeiten und ähnlichen Genüssen verdorben. Jedenfalls wurde mir dermaßen übel, dass ich nicht am Platz bleiben konnte. Ich stieg die breite Treppe in den ersten Stock hinauf, in dem sich auch die Toiletten befanden, und hoffte mich übergeben zu können, was aber nicht klappte. Freund Mark vermisste mich, und schaute nach mir. Er konnte mir indes auch nicht helfen, ich beruhigte ihn, er ging wieder, ich ihm hinterher. Ganz langsam. In der Mitte der Treppe wurde mir plötzlich schwarz vor den Augen, und meine Knie wurden weich, ich konnte mich nicht mehr halten, und purzelte Hals über Kopf die Treppe hinunter. Als Knalleffekt knallte ich mit dem Kopf zuletzt noch an die Wand, und dies so heftig, dass ich annahm, mein Kopf sei zertrümmert. Da lag ich dann am Boden vor der Treppe und war wie ein Boxer knock-out. Ich wollte aufstehen, im Moment ging das nicht. Kurz darauf hätte ich es gekonnt, aber ich war umgeben von meinen lieben Freunden, und die verlangten, ich solle liegen bleiben, und telefonierten um einen Rettungswagen. Bis der endlich kam, mussten die Gäste des Lokals, die nach oben zu den Toiletten wollten, über mich drüber steigen. Über die Diskussionen, die aus Besorgnis um mich entstanden, will ich nichts weiter sagen. Die Sanitäter hoben mich auf eine Trage, als endlich auch der Arzt eingetrof-
fen war, brachten sie mich in ein Krankenhaus.
Andrea, eine liebe Freundin, fuhr mit dem Taxi hinterher, und sie blieb bis 3:00 Uhr morgens, da wurde ich endlich entlassen. Eine Tortur, dieses Warten. Warum dauerte das fünf Stunden. Die Ärzte stellten zwar fest, dass nichts gebrochen, und mein Kopf heil geblieben war, aber bis der Blutdruck von 250 allmählich einen anständigen Wert annahm, das dauerte eben fünf Stunden.

Am nächsten Tag war ich wieder aktiv dabei, allerdings ließ man mich nicht aus den Augen, und immer hakte sich jemand bei mir ein. Die Belegschaft vom Napoleon war erleichtert, als ich mit den Freunden zwei Tage nach dem Sturz zur Lesung erschien. Auch dieser "Abend" endete erst gegen drei Uhr. Nun will ich keinen Roman daraus machen und beende diesen Bericht, mit der Frage:
Hatte ich bloß unverschämtes Glück oder war mir ein Wunder widerfahren?.

Conrad Cortin




Leipziger Buchmesse, Bild von Geli

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.03.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Blickwinkel von: Enya, Signe, Cecilia, Helga, Geli und Conrad

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