Der König war tot, doch das war noch das kleinste Problem.
Königin Ophelia schritt in ihrem Turmzimmer auf und ab. Der Saum ihres Morgenmantels, den sie über ihr dünnes Nachtgewand geworfen hatte, verursachte bei jeder Drehung ein schleifendes Geräusch auf den Steinfliesen. Zwischendurch blieb sie stehen, schüttelte ihr offenes, langes Haar, warf ihre Hände in einer Geste der Verzweiflung hoch oder fasste sich an den Kopf. Dazu gab sie abwechselnd stöhnende Laute oder laut ausgestoßene Flüche von sich, deren genauer Wortlaut einer Königin nicht gerade statthaft war.
Lord Radobald, der erste Berater seiner Majestät, beobachtete das Schauspiel nun schon seit einiger Zeit mit angespannter Miene.
„Ich muss nachdenken“, hatte die Königin verkündet, bevor sie in ihre Wanderung durchs Turmzimmer verfallen war, die sie wie ein gefangenes Raubtier in einem Käfig wirken ließ. Gleich würde sie entweder explodieren oder zusammenbrechen, aber etwas musste geschehen. Er räusperte sich verhalten und erreichte, dass Ophelia in ihrer Bewegung innehielt und ihn schnaubend anstarrte.
„Meine Königin, wir müssen etwas unternehmen“, sagte er vorsichtig. „Die Zeit drängt.“
Sie stieß ein freudloses Lachen aus und stemmte die Hände in die Hüften. Wie eine frisch gebackene Witwe wirkte sie im Moment nicht. Eher wie eine Furie, eine wild gewordene Frau, die ihren Zorn kaum noch unterdrücken konnte.
„Wie konnte er mir das nur antun?“ rief sie aus. Lord Radobald zuckte mit den Achseln. Er konnte seine Herrin durchaus verstehen. König Theobald hätte sich keinen schlechteren Zeitpunkt aussuchen können, um das Zeitliche zu segnen. Er war einen Tod gestorben, den sich so mancher Mann wünschte: in den Armen einer schönen Frau, auf dem Höhepunkt körperlicher Leidenschaft. Dummerweise hatte es sich bei der schönen Frau nicht um seine Gattin Ophelia gehandelt, sondern um die zweite Küchenmagd Marianna. Das allein hätte schon ausgereicht, um die Wut der Königin zu erklären. Doch noch schlimmer war, dass in spätestens zwei Tagen eine Delegation aus dem benachbarten Königreich der Drei Seen eintreffen würde. Seit Jahren hatten sich dessen König Aramon und Theobald, Herrscher über das Königreich der Fünf Berge, in einer Fehde verstrickt, die besonders in den Dörfern und Siedlungen entlang der Grenze für blutige Zwischenfälle und Unruhen gesorgt hatte. Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl hatten Lord Radobald und die Königin diese Verhandlungen überhaupt erst möglich gemacht. Wenn Aramons Leute erfuhren, dass das Königreich der Fünf Berge keinen Herrscher mehr hatte, würde die Hölle los sein. Sie würden sie einfach überrennen und die Königin entweder zur Heirat mit Aramons Drittgeborenem zwingen oder sie töten und das Reich direkt an ihr eigenes angliedern.
Ophelia hielt an und ließ sich erschöpft in einen Sessel sinken. Ihre Zofe eilte sogleich zu ihr und bot ihr ein Glas Wein an, von dem die Königin erst vornehm nippte, es sich dann aber anders überlegte und den Inhalt in einem einzigen Schluck hinunterstürzte. Eine Weile saß sie zusammengesunken da, das Gesicht in den Händen verborgen. Hätte Radobald es nicht besser gewusst, er hätte angenommen, die Trauer wäre jetzt endgültig über sie hereingebrochen. Doch er kannte seine Königin. Die Art, wie sie gleichmäßig ihre Schultern hob und senkte und wie sie ab und zu ein Schnauben von sich gab, zeigte an, dass sie angestrengt grübelte und kurz vor einer Lösung ihres Dilemmas stand. Er verlagerte alle paar Minuten sein Gewicht von einem Bein auf das andere und wartete geduldig.
Königin Ophelia erhob sich so plötzlich aus ihrem Sessel, dass Radobald vor Schreck zusammenzuckte. Sie baute sich vor ihrem ersten Berater auf.
„Fassen wir die Lage zusammen“, begann sie in sachlichem Tonfall. Sie hielt einen Finger hoch und sagte: „Erstens: Unsere Reiche fechten schon seit Jahrzehnten einen Kampf um den Grenzverlauf. Der eine erlaubt dem anderen den Handel nicht. Die Durchreise auf dem Weg ins Nachbarkönigreich wird verboten oder durch horrende Gebühren erschwert. Dabei ging es immer nur um Nichtigkeiten wie die Quelle eines so genannten Wunderbaches, um das Jagdrecht in den Wäldern entlang der Grenze und um Grenzsteine, die unsere Leute angeblich versetzt haben sollen.“
„Nun ja, das mit den Grenzsteinen entspricht schon der Wahrheit, auch wenn König Theobald es eher als einen Scherz angesehen hat…“ lenkte Lord Radobald zögerlich ein.
„Nichtigkeiten!“ unterbrach Ophelia ihn unwirsch.
Sie hob einen weiteren Finger. „Punkt zwei: Beide Seiten betrachten eine Ehe zwischen unseren Häusern als die einzige Möglichkeit, Frieden zu schließen. Das Königreich der Drei Seen wartet seit Jahren darauf, dass wir eine Tochter zur Welt bringen, damit der dritte Sohn von Aramon sie eines Tages ehelichen und unseren Thron besteigen kann. Wir haben mit Aramon darüber sogar einen Vertrag abgeschlossen. Aber…“, der dritte Finger schnellte in die Höhe, „mein lieber Gemahl hat es nicht ein einziges Mal fertig gebracht, ein Kind zu zeugen, weder mit mir, noch mit einer seiner Huren.“
Lord Radobald wollte aus reiner Gewohnheit Partei für seinen Herrn ergreifen und setzte zu einer Gegenrede an, doch Königin Ophelia schnitt ihm mit einer drohenden Geste das Wort ab.
„Zeige mir auch nur ein Balg am Hof, das entfernt Ähnlichkeit mit Theobald hat. Nein, der konnte sein königliches Zepter vielleicht überall reinstecken, aber herausgekommen ist nie etwas, dafür fehlte seinen Lenden der Saft!“
Radobald schluckte peinlich berührt. Ophelia hatte sich in Rage geredet.
„Viertens“, fuhr sie in verschärftem Ton fort, „hat Aramon von den Drei Seen die Nase voll und will nicht mehr warten, ganz zu schweigen von seinem dritten Sohn, der jetzt gerade auf dem Weg hierher ist. Dass der eine Stinklaune hat, brauche ich dir ja wohl nicht zu erklären.“
Ophelia hielt den fünften Finger hoch. „Und zu guter Letzt stirbt mein untreuer Dreckskerl von einem Gemahl plötzlich und unerwartet bei einer weiteren Nummer mit einem seiner Flittchen und überlässt mir nichts als einen riesigen Haufen Probleme.“
Ihr Gesicht war nun ganz nah vor Radobalds. Er konnte ihre Wut glühend heiß auf seinen Wangen spüren.
„Also was tun wir jetzt?“ Ihre Frage schwebte im Raum. Niemand sagte etwas oder wagte auch nur zu atmen. Radobalds Eingeweide krümmten sich unter dem brennenden Blick seiner Herrin. All die Würde und Erhabenheit, die er sonst ausstrahlte, waren wie weggeblasen. Ein piepsiges „Ich weiß es nicht“ war alles, was er hervorbringen konnte. Ophelia knurrte ihn verächtlich an und begann wieder, im Raum auf und ab zu laufen. Doch wie es aussah, hatte sie bereits einen Plan.
„Wer weiß von Theobalds Tod?“ fragte sie. Lord Radobald zeigte auf sich und Mechthild und ergänzte: „Außerdem der junge Mann von Theobalds Leibgarde, der in dieser Nacht Wache schiebt. Und Marianna.“ Das arme Ding, dachte Radobald. Die unglückselige letzte Gespielin des Königs hockte immer noch allein in der Schlafkammer hinter der Küche und schluchzte vor sich hin. Marianna war ein nettes Mädchen. Sie hatte genau in das Beuteschema des Königs gepasst. Jung, hübsch, unerfahren und einfältig genug, sich auf die Avancen ihres Herrschers widerstandslos einzulassen. Was für ein Schock musste es für sie gewesen sein? Tränenüberströmt, nur mit einem Laken notdürftig bedeckt, war sie zu Ophelias Kammerzofe gelaufen und hatte ihr in stammelnden Worten erklärt, der König läge in seinem Bett, seltsam verkrümmt, blau angelaufen und geatmet hätte er auch nicht mehr. Wahrscheinlich glaubte sie, dass sie den König umgebracht hatte. Theobalds Leichnam lag übrigens immer noch in seinem zerwühlten Bett. Noch etwas, worum sie sich kümmern mussten.
Die Königin riss ihn aus seinen Gedanken. „Hol den Hofnarr und warte hier mit ihm“, befahl sie ihrer Kammerzofe. An Radobald gewandt fuhr sie fort: „Und wir beide statten der kleinen Küchenhure einen Besuch ab.“
Die Zofe machte einen leichten Knicks und entfernte sich. Lord Radobald sah seine Herrin fragend an. Ihre Augen funkelten entschlossen. „Hast du deine Waffe dabei?“ fragte sie ihn.
„Meine Königin, es ist mitten in der Nacht“, erwiderte er verdutzt.
„Was soll’s“, entgegnete sie unwirsch und marschierte los. „In der Küche gibt es genügend Messer.“
Radobald eilte ihr hinterher. Er ahnte nichts Gutes.
***
Einige Zeit später verließen die Königin und ihr erster Berater die Küchengewölbe wieder. Ophelia wischte ihre mit Blut besprenkelten Hände an einem Tuch sauber, das sie anschließend achtlos auf den Boden fallen ließ. Sie waren auf dem Rückweg in das Turmzimmer. Radobald war blass und fühlte sich nicht besonders gut. Die Königin dagegen schien vor Tatendrang nur so zu sprühen.
„Sag dem Koch, dass er sich schleunigst nach einer neuen Magd umschauen soll. Immerhin bekommen wir in Kürze sehr hohen Besuch“, wies sie Radobald an, während sie in so großen Schritten dahinflog, dass es ihm schwer fiel, mit ihr mitzuhalten. „Und schicke den Eltern des Mädchens eine angemessene Abfindung.“
„Aber was soll ich ihnen sagen?“
Ophelia machte eine wegwerfende Handbewegung. Für sie war dieser Fall längst abgeschlossen. „Ein Arbeitsunfall, was denn sonst? Hat nicht aufgepasst und sich an einem Messer verletzt.“
Radobald war fassungslos. So herzlos hatte er seine Herrin noch nie erlebt. Vielleicht setzte ihr der plötzliche Tod ihres ungeliebten Gemahls doch mehr zu, als sie zuzugeben bereit war. Er folgte ihr in das Turmzimmer, wo die Zofe in Begleitung eines müde aussehenden Mannes in einem zerschlissenen Nachthemd schon auf sie wartete. Kaum betraten sie den Raum, war der Mann hellwach und sprang aus dem Sessel der Königin auf, in dem er es sich bequem gemacht hatte. Allein dafür hätte jeder andere sofort eine saftige Bestrafung erhalten, doch er war der Narr des Königs. Er genoss eine ganze Menge Freiheiten und die nahm er sich auch in vollen Zügen.
Ophelia blieb vor ihm stehen und musterte ihn eindringlich von Kopf bis Fuß und wieder zurück, bis er unruhig wurde.
„Hofnarr“, begann sie und legte all ihre Königlichkeit in ihre Stimme. „Ich habe einen ganz besonderen Auftrag für dich. Das Wohl deiner Königin und das des ganzen Reiches hängt von dir ab.“
Die Augen des Hofnarren wurden immer größer. Nicht nur er, auch die Zofe und der erste Berater lauschten aufmerksam ihren Worten. Was die Königin ihnen sagte, ließ sie zunächst entsetzt erbleichen. Ein solcher Plan konnte doch niemals gut gehen! Nur ein Narr würde so ein Unterfangen wagen. Doch es war ja auch ein Narr, der diesen aberwitzigen Plan ausführen sollte.
***
Der Nachtwächter war ein junger Bauerntölpel, der nicht einmal gemerkt hatte, dass der König eine Frau auf sein Zimmer eingeladen hatte. Aber er war gesund und kräftig und steckte sowieso schon in der Sache drin. Zusammen mit Radobald musste er den Leichnam von König Theobald in einer kleinen Kammer in einem kaum genutzten Flügel des Schlosses verstecken. Als er den Befehl von Ophelia erhielt, über all dies Stillschweigen zu bewahren und niemandem auch nur ein Sterbenswörtchen darüber zu erzählen, konnte man seinem glatten Gesicht ansehen, wie es in ihm arbeitete, bis sich die Frage nach oben kämpfte, die letzten Endes auch sein Schicksal besiegelte: „Warum nicht?“
Die Königin bedachte ihn mit einem entnervten Stöhnen. Sie wies Radobald an, gemeinsam mit dem jungen Mann Mariannas Leiche zu entsorgen und die Kammer zu säubern und sich anschließend auch um ihn zu kümmern. So kam es, dass am nächsten Tag nicht nur eine Stelle in der königlichen Küche frei war, sondern auch eine in der Leibgarde des Königs.
Der Hofnarr indes war sprachlos. Dies war ein Zustand, in dem ihn bei Hofe noch niemals jemand erlebt hatte. Er war ein guter Hofnarr. Er hatte stets einen passenden Spruch auf den Lippen, konnte Possen reißen und lustige Geschichten aus dem Stegreif erzählen. Er konnte jonglieren, tanzen, mehrere Instrumente spielen und liebte es, schmutzige Lieder zum Besten zu geben. Allerdings hatten all diese Vorteile nicht den Ausschlag für seine Anstellung am Hof von König Theobald gegeben. Sein Aussehen war es gewesen. Er sah seinem Herrscher auf verblüffende Weise ähnlich. Dieser Umstand war sein größter Bonus, der auf mannigfaltige Weise Ausdruck in der Kunst des Hofnarrs fand und für viele Lacher sorgte. Doch nun war sein Mund zu einem staunenden O geformt und verharrte in dieser Position für Stunden, während er für seinen großen Auftritt hergerichtet wurde. Was er sonst nur als Spaß inszenierte, sollte er nun ganz ernsthaft und ohne Augenzwinkern vollbringen.
Königin Ophelia lief um ihn herum wie ein aufgeschrecktes Huhn. Sie bombardierte den armen Narren mit nicht enden wollenden Informationen über die Fehde zwischen den Königreichen, mit Namen und Jahreszahlen, mit Etiketteregeln und Hinweisen, wie König Theobald dieses oder jenes zu sagen oder zu tun pflegte. Der Barbier war gerufen worden, um dem Hofnarren den korrekten Haarschnitt zu verpassen. Dem Hofschneider bluteten vor lauter Stress schon die Finger, weil er innerhalb weniger Stunden ausgewählte Gewänder des Königs auf die Größe des Hofnarren umändern musste. Theobalds Leibesfülle übertraf die seines Narren um ein paar Zoll.
Lord Radobald befürchtete, sich am Ende des Tages auch noch um einen neuen Barbier und einen neuen Schneider für das Königshaus bemühen zu müsse. Glaubhafte ausreden für die Familien der spurlos verschwundenen Hoflieferanten brauchte er dann auch noch.. Glücklicherweise hatten sich beide Herren schon seit vielen Jahren als äußerst verschwiegene Geheimnisträger erwiesen. So genügte der Königin ihr Wort, um sie ungeschoren laufen zu lassen.
„Wenn ich jeden beseitigen lassen müsste, der irgendetwas Skandalöses aus unserem Schloss weiß, hätte ich längst kein Gefolge mehr“, sagte Königin Ophelia und knuffte ihren Berater in die Seite. „Nicht wahr, mein lieber Radobald?“
Der wurde kurz rot, erblasste darauf und zog es vor zu schweigen. Der Kragen seines Gewandes fühlte sich plötzlich viel zu eng an. Er verließ die Königin und ihren falschen Gemahl und schlich müde über die Gänge des Schlosses. Ein Nickerchen wäre jetzt schön gewesen. Einer der Männer, die am Burgtor Wache hielten, eilte auf ihn zu. Er salutierte und berichtete, dass ein Kundschafter der Abgesandten von den Drei Seen eingetroffen wäre. Die Delegation sollte am nächsten Tag zur Mittagszeit eintreffen. Radobald ließ ihn wegtreten, seufzte und machte kehrt, um seiner Herrin die Nachricht zu überbringen. An Schlaf war noch lange nicht zu denken.
Als er einige Stunden später den Hofnarren im königlichen Gewand erblickte, traute er kaum seinen Augen. Das Trugbild war verblüffend. Der Gewichtsunterschied war das Einzige, was jemandem, der Theobald gut kannte, sofort auffallen musste. Doch dafür ließ sich eine Erklärung finden. Auch Königin Ophelia war sehr angetan. Sie umrundete den Hofnarren mehrere Male und stieß einen anerkennenden Pfiff aus. Radobald hatte gar nicht gewusst, dass die Königin pfeifen konnte. „Sieh an, sieh an“, sagte sie und schnalzte mit der Zunge. „Du erinnerst mich daran, wie er war, als ich ihn kennen lernte.“
Der Hofnarr errötete ob ihres Kompliments wie ein junges Mädchen. Zum ersten Mal seit der Nachricht von Theobalds Tod keimte ein wenig Hoffnung in Lord Radobald auf.
***
Die Abgesandten von König Aramon reagierten wenig begeistert auf König Theobalds Bedingung, dass seine Frau Ophelia den Verhandlungen beiwohnen und das gleiche Mitspracherecht wie er haben sollte. Lord Ludolf, dritter Sohn von Aramon, der sich nicht einmal Prinz nennen durfte, solange er keine Gemahlin aus königlichem Hause vorzuweisen hatte, kniff misstrauisch die Augen zusammen. Er hatte die Gruppe von hochwohlgeborenen Herren mit erhobenem Haupt in die große Halle geführt, an deren Ende Theobald auf einem prunkvollen Thron gesessen und sie erwartet hatte. Ludolf hatte den Herrscher anders in Erinnerung. Zum letzten Mal waren sie sich vor ein paar Jahren begegnet. Da war er deutlich beleibter und nicht so blass um die Nase herum gewesen. Auch sonst wirkte er nervös auf Ludolf. War der König krank? Das konnte eine Erklärung dafür sein, dass Ophelia nicht von seiner Seite wich. Sie war es auch, die das Wort ergriff und als Grund für ihre Teilnahme an den Friedensverhandlungen notwendige Reformen im Königreich nannte. Sie sprach von Gleichberechtigung und Zeitgeist. Für solche Flausen hatte Lord Ludolf keinen Sinn. Er wollte diese Verhandlungen so schnell und erfolgreich wie möglich hinter sich bringen und wieder verschwinden. Theobald, dem sein Ruf als Schwerenöter weit vorauseilte, hatte noch immer keinen Nachwuchs vorzuweisen, von einer Prinzessin ganz zu schweigen. Für Ludolf war die Sache klar: Theobald und Ophelia hatten den Vertrag gebrochen und mussten ihm nun deutlich entgegenkommen, damit sein Vater sich auf einen dauerhaften Frieden mit seinem alten Lieblingsfeind einließ.
Lady Ophelia machte auf ihn allerdings nicht den Eindruck, als ob sie sich durch männlichen Schweißgeruch und etwas Säbelrasseln einschüchtern ließ. Sie schaute ihm selbstbewusst geradewegs in die Augen und erwartete seine Zustimmung. Was soll’s, dachte er. Durch ein gönnerhaftes Nicken gab er sein Einverständnis. Der runde Tisch, der korrekterweise ovaler Tisch hätte heißen müssen, war eröffnet.
Die Verhandlungen dauerten bis in die Abendstunden. Keinem der Anwesenden war bewusst der Moment aufgefallen, an dem Königin Ophelia die Führung übernommen und schließlich mit viel Diplomatie und Geschick auf ein für alle zufrieden stellendes Ergebnis zugesteuert hatte. Einzig Lord Ludolf war es nicht entgangen, dass sich Theobald bewusst zurückgehalten und seiner Frau das Wort überlassen hatte. Selbst wenn er den König gezielt ansprach und ihm eine Entscheidung abverlangte, lenkte er das Gespräch zu Ophelia und bat sie um ihre Meinung. Die ganze Art und Weise, wie die beiden miteinander umgingen, kam Ludolf merkwürdig vor. Als er Theobald fragte, ob er immer noch Anspruch auf die Wunderquelle hegte, wandte dieser sich an Ophelia und sagte: „Ich würde sagen, die Quelle hat so viel Ärger gebracht, da können wir auch gut auf sie verzichten, oder wie siehst du das, Schatz
?“ Und Ophelia hatte kurz gehüstelt, mit einer Hand seinen Arm getätschelt und ihre Zustimmung bekundet. So ging es einige Male. Am Ende war es stets die Königin, die die Antworten gab.
Lord Ludolf ermahnte sich jedoch zur Ruhe. Schließlich waren Theobald und seine Frau ihnen in fast allen Punkten entgegengekommen. Der neue Grenzverlauf war exakt in die Karten eingezeichnet worden, die Handelsrouten sollten wieder geöffnet werden und das Jagdrecht in den Wäldern an der Grenze konnte auch zur Zufriedenheit aller aufgeteilt werden. Sogar die Quelle, die angeblich Kranke heilen konnte, gehörte ab sofort zum Königreich der Drei Seen. Ludolf konnte mit überragend positiven Ergebnissen nach Hause reiten und sollte froh sein. Doch irgendwie war das alles zu einfach gewesen. Theobald und Ophelia hatten in den meisten Punkten viel zu schnell eingelenkt. Er wurde das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte.
***
Das Freudenfest zu Ehren des neu geschlossenen Friedens zwischen den Königshäusern war in vollem Gange. Die große Halle vibrierte vor lärmenden Menschen, die lachten, schmatzten, sangen und sich gegenseitig auf die Schultern klopften. In der Mitte war eine offene Feuerstelle eingerichtet worden, über der ein ganzes Schwein briet. Bedienstete eilten umher und füllten die Becher der Gäste mit Wein, sobald diese nur zur Hälfte ausgetrunken hatten. Eine Gauklertruppe war kurzfristig an den Hof bestellt worden, um die Gesellschaft mit Tricks und Akrobatik zu unterhalten. Irgendjemand musste schließlich den plötzlich verschwundenen Hofnarren ersetzen, nach dem schon einige gefragt hatten. Das Mädchen aus der Küche oder der junge Soldat hingegen wurden von niemandem vermisst.
Lord Radobald litt immer noch unter Atemnot. Ihm war nicht nach Feiern zu Mute. Stets im Hintergrund, die Augen wachsam geöffnet, beobachtete er das Treiben, ohne sich selbst aktiv an Wein, Weib und Gesang zu beteiligen. Die Verhandlungen waren überstanden, doch aufatmen konnte er erst, wenn Lord Ludolf und sein Gefolge wieder abgezogen waren. Er bewunderte Ophelia für ihre Ruhe und Disziplin und war heilfroh über die erstaunlichen schauspielerischen Fähigkeiten des Hofnarren. Wie es aussah, funktionierte die Maskerade. Ein paar der Diener und Wachen warfen ab und zu fragende Blicke auf den König, wagten es jedoch nicht, darüber auch nur ein Wort zu verlieren. Einzig Lord Ludolf, Aramons Drittgeborener, schien sich ebenso wenig entspannen zu können wie Radobald selbst. Mit Sorge betrachtete er Ludolfs finsteres Gesicht. Der Lord hatte Verdacht geschöpft. Radobald zerrte am Kragen seines Gewandes. Seine Sorgen wurden nicht kleiner, als er seine Aufmerksamkeit auf den Hofnarren lenkte. Der saß mit skeptischer Miene auf seinem Platz und beobachtete mit heruntergezogenen Mundwinkeln das Spiel der Gaukler. Zwei von ihnen präsentierten eine lausige Jonglagenummer, bei der ihnen jeder dritte Ball herunterfiel. Der dritte versuchte sich als Barde. Er sang mit schiefer Stimme und begleitete sich selbst auf der Laute, die er aber mehr schlecht als recht beherrschte. Die Finger des Hofnarren trommelten nervös auf der Armlehne und er verzog jedes Mal das Gesicht, wenn wieder ein Trick der Jongleure daneben ging oder der Barde einen Ton nicht traf.
Königin Ophelia tat ihr Bestes, um sowohl ihren falschen Gemahl von den schlechten Gauklern als auch die Gäste von dem wie ausgewechselt wirkenden König abzulenken. Sie lachte übertrieben laut, prostete jedem der Abgesandten zu und gab sich besonders viel Mühe, Lord Ludolf bei Laune zu halten. Sehnsüchtig wartete Radobald auf das Ende des Festes. Bei so viel Wein, der bereits geflossen war, mussten doch bald die Ersten betrunken und schnarchend unter den Tischen liegen.
Dann geschah, was Radobald befürchtet hatte: Ein Narr war ein Narr und verhielt sich auch wie einer. Er konnte nicht aus seiner Haut. Ophelias Gesichtszüge erstarrten, als der Narrenkönig aufsprang, einem der Gaukler die Jonglierbälle wegschnappte und anfing, seine eigenen Kunststückchen aufzuführen. Hoch und höher warf er die ledernen Kugeln, fing jede geschickt wieder auf, um sie erneut auf die Reise zu schicken. Fünf Bälle gleichzeitig ließ er fehlerfrei durch die Luft fliegen, bis er schließlich alle wieder auffing und sich theatralisch vor seinem sprachlos staunenden Publikum verbeugte. Auch Radobald hatte das Schauspiel mit offenem Mund und einem im Halse stecken gebliebenen Entsetzensschrei angesehen. Als er jetzt endlich wieder keuchend Luft holte, fiel ihm auf, wie still es im Saal geworden war. Die Musik hatte aufgehört. Niemand sagte ein Wort, alle starrten nur auf den König, der soeben ein Jonglage-Kunststück vorgeführt hatte, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan. Ophelia quollen fast die Augen aus dem Kopf und sie öffnete und schloss den Mund, um Fassung bemüht. Jetzt erst schien der Hofnarr zu bemerken, was er angestellt hatte. Langsam richtete er sich wieder auf und schickte ein unsicheres, entschuldigendes Lächeln in die Runde, das jedoch von niemandem erwidert wurde.
Lord Ludolf fand als Erster die Sprache wieder. Tief und bedrohlich hallte seine Stimme von den steinernen Wänden wider, als er langsam sagte: „Ihr seid uns eine Erklärung schuldig, König
. Oder sollte ich Euch besser gleich Hofnarr
nennen und Euch fragen, was Ihr mit Theobald angestellt habt?“
Ein schockiertes Raunen rollte wie eine Welle durch den Saal. Der Hofnarr wich vor dem Lord zurück. Er ließ die Bälle fallen und versteckte seine Hände hinter dem Rücken, als könnte er dadurch etwas ungeschehen machen. Königin Ophelia war aufgesprungen und kriegte ihre Schnappatmung nur mühsam unter Kontrolle. Radobald schloss verzweifelt die Augen. Das ist das Ende, dachte er.
„Aber, aber, Lord Ludolf“, begann der Hofnarr und schaffte es, auf überzeugende Weise empört zu klingen. „Habt Ihr mich gerade einen Narren genannt? Ihr beleidigt mich in meinem eigenen Haus? Versteht Ihr das etwa unter friedlichem Miteinander?“
Ludolf erhob sich. Kampfeslustig ballte er seine Hände zu Fäusten. Ophelia stellte sich zu ihrem König und ergriff seine Hand, als wollte sie ihn davon abhalten, auf Lord Ludolf loszugehen. Fast konnte man meinen, die Liebe zwischen ihr und Theobald wäre wieder aufgeflammt, so leidenschaftlich schaute sie ihren falschen Gemahl an. Radobald fragte sich einen Moment lang, ob die Königin noch schauspielerte oder ob irgendetwas geschehen war zwischen ihr und dem Hofnarren, irgendwann im Laufe des Tages, als sie beide so hartnäckig um den Erhalt des Königreiches gekämpft hatten.
Der Narrenkönig räusperte sich und verkündete mit klarer, sicherer Stimme: „Ihr alle wisst, wie sehr ich meinen Hofnarren geschätzt habe. Er gehörte zu meinen engsten Vertrauten und ich war immer ein großer Bewunderer seiner Kunst. Was ich euch soeben gezeigt habe, hat er mir beigebracht. Leider weilt der Hofnarr nicht mehr an meinem Hof. Er ist von dannen gezogen und hinterlässt wahrlich eine große Lücke. Als König ist es nicht meine Aufgabe, den Narren zu spielen, das ist richtig. Aber“, er machte eine bedeutsame Pause und zeigte mit ausgestrecktem Finger auf die verunsichert dreinblickenden drei Gaukler, „als euer Gastgeber ist es meine Pflicht, für eure Unterhaltung zu sorgen und was diese erbärmlichen Gestalten geboten haben, ließ mich vor Scham rot anlaufen. Lieber mache ich mich selbst zum Narren und aus meinem Haus einen Narrenhof, bevor ihr euren Familien daheim erzählt, welch trauriges Schauspiel euch an meinem Hof geboten wurde.“
Er schaffte es, nach diesen Worten hoch erhobenen Hauptes in die Runde zu schauen, bis sein Blick auf Lord Ludolf traf und dort ruhen blieb. Der Lord geriet sichtbar ins Wanken, wandte schließlich als Erster den Blick ab und sagte: „Bitte verzeiht meine Dreistigkeit, König Theobald.“
Der Hofnarr nickte ihm als Zeichen seiner Vergebung zu und ging Arm in Arm mit Ophelia zurück an seinen Platz. Nachdem auch Lord Ludolf sich wieder hingesetzt hatte, ging das Fest weiter, als wäre nichts geschehen. Es wurde noch bis spät in die Nacht geredet, getrunken und gelacht.
Lord Radobald konnte endlich wieder frei durchatmen.
***
Königin Ophelia und ihr Gemahl verabschiedeten sich kurz nach Mitternacht von der immer noch johlenden, lärmenden Gästeschar und zogen sich in ihre Gemächer zurück. Lord Ludolf, der für den Rest des Abends in nachdenkliches Schweigen verfallen war, schaute ihnen mit zu Schlitzen verengten Augen nach. Radobald traf seine Herrin und den Hofnarren vor der Tür zu Ophelias Schlafgemach. Nachdem die Tür hinter ihnen geschlossen war, stieß er ein erleichtertes „Den Göttern sei Dank!“ aus und haute dem Hofnarren schwungvoll auf den Rücken. Ophelia lachte vergnügt wie ein junges Mädchen.
„Danke, meine Königin!“ Lord Radobald ging vor ihr auf die Knie und hauchte einen Kuss auf ihre Hand. „Ihr habt uns alle gerettet! Das war eine wahre Meisterleistung!“
„Ich danke dir“, sagte Ophelia zu ihrem falschen Gemahl. Sie hatte wieder diesen tiefen Blick auf ihn gerichtet, der Radobald schon zuvor aufgefallen war. Das unsichtbare Band, das sich zwischen den beiden zu bilden begonnen hatte, war fast körperlich spürbar. Sie hatten ihre Gesichter einander zugewandt und viel fehlte nicht zu einem Kuss. Hätte man ein Streichholz dazwischen gehalten, es wäre von allein entflammt, so schienen die Funken zu sprühen. Einen Hauch von Ophelias Mund entfernt, hielt der Hofnarr inne und blickte irritiert zu Radobald, der den beiden interessiert und mit einem geradezu seligen Lächeln zuschaute. Radobald löste sich aus seinem Bann, hüstelte und stammelte: „Ja … gut … ich werde dann mal … wenn Ihr mich braucht, Herrin …“
„Danke, Lord Radobald“, unterbrach Ophelia ihn, sah dem Hofnarren wieder in die Augen und fügte hinzu: „Ich habe alles, was ich brauche.“
Der königliche Berater entfernte sich rückwärts aus dem Schlafgemach des Königs und schloss leise die Tür. Er lachte in sich hinein, als er sich leichtfüßig umdrehte und – geradewegs in die breite Brust von Lord Ludolf hineinlief. Radobalds Grinsen erstarb augenblicklich und das beklemmende Gefühl in seiner Luftröhre kehrte zurück. Lord Ludolf kochte vor Zorn.
„Was habt ihr drei da drinnen besprochen?“ fuhr er den verängstigten Berater an. „Habt ihr euch ins Fäustchen gelacht, weil alle auf euren Schwindel reingefallen sind?“ Er stieß Radobald so heftig, dass dieser rückwärts hinfiel.
Ludolf zog sein Schwert und wandte sich der Tür zu. „Nein!“ rief Radobald und versuchte, sich hochzurappeln und den aufgebrachten Lord davon abzuhalten, das Schlafgemach zu stürmen. Doch er war nicht schnell genug. Ludolf sprang mit einem Kampfschrei ins Zimmer, das Schwert hoch über seinem Haupt erhoben, bereit, dem falschen Spiel ein blutiges Ende zu bereiten. Doch sein Schrei erstarb kümmerlich und sein Schwert fiel ihm fast aus der Hand, als er sah, in was für eine Szene er hineingeplatzt war. Die Königin und ihr falscher Gemahl waren halb nackt ineinander verschlungen auf das Bett gesunken, so tief in ihr leidenschaftliches Liebesspiel versunken, dass sie kaum voneinander lassen konnten, als sie von Lord Ludolf so jäh unterbrochen wurden. Ophelia stieß einen spitzen Schrei aus und bedeckte sich rasch mit dem neben ihr liegenden Umhang des Königs. Der König sprang auf, stellte sich schützend vor seine Lady und suchte seinerseits nach einer brauchbaren Waffe. Er bekam einen schweren, eisernen Kerzenständer zu fassen und hielt ihn vor sich.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“ donnerte er los. Die mit seiner Rolle gewonnene Autorität stand ihm gut. „Lord Ludolf! Wie könnt Ihr es wagen, in unsere Gemächer einzudringen? Habt ihr denn gar keinen Anstand?“
Ludolf brachte kein vernünftiges Wort hervor. Er stotterte herum, versuchte eine Entschuldigung und scheiterte kläglich.
„Ihr habt euren Friedensvertrag, eure Länder, euren lächerlichen Zauberquell! Jetzt macht, dass ihr davon kommt und lasst mich und meine teure Gemahlin endlich in Ruhe!“
Radobald, der nun ebenfalls ins Zimmer gekommen war, nahm seinen Mut zusammen und packte den völlig verdatterten Ludolf am Arm, um ihn nach draußen zu begleiten. Diesmal konnte der Lord ihm sein Grinsen nicht mehr aus dem Gesicht wischen.
***
Die Abgesandten vom Königreich der Drei Seen verließen Theobalds Schloss noch vor dem Morgengrauen. Auf eine umständliche Abschiedszeremonie, wie es einem so hohen Besuch normalerweise angemessen war, wurde auf Lord Ludolfs Wunsch verzichtet. Ophelia und ihr Hofnarr standen Arm in Arm auf dem Balkon und sahen der immer kleiner werdenden Reitertruppe hinterher, bis sie von den Wäldern verschluckt wurde.
Sie lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzer an seine Brust.
„Ob wir Lord Ludolf wieder sehen?“ fragte sie.
„Glaube ich nicht“, entgegnete der Narr. „Dass er uns gestern Nacht in flagranti erwischt hat, macht schon den ganzen Morgen die Runde im Schloss. Seine eigenen Männer haben es mit Sicherheit auch vernommen. Ludolf wird jetzt erst einmal eine Weile damit beschäftigt sein, seinen guten Ruf wiederherzustellen.“
Er zog Ophelia noch fester an sich. Es half, seine Herrin so eng umschlungen im Arm zu halten, um glauben zu können, dass es kein Traum war. Sein Magen knurrte leicht.
„Frühstück?“ fragte er und grinste. Sie lachte und gab ihm einen Kuss. Gemeinsam schlenderten sie zurück ins Schlafgemach.
„Sag mal, wie ist eigentlich dein richtiger Name, mein Hofnarr?“
„Ob du es glaubst oder nicht: er lautet Theobald.“
Ophelia lachte wieder laut auf. „Nein, das glaube ich nicht!“
Sie setzte sich aufs Bett und zog ihn zu sich herunter. „Aber wenn du es möchtest, werde ich dich von heute bis ans Ende aller Tage Theobald nennen. Mein König.“
„Narrenkönig“, korrigierte er sie lächelnd, bevor er mit ihr zurück unter die Laken schlüpfte.
***
Königin Ophelia entschied, dass das Volk nicht über den Tod seines Königs aufgeklärt werden sollte. Der König war immer noch da und stand von nun an fest und treu an ihrer Seite.
Die Leute akzeptierten erstaunlich schnell, dass sich der alte Theobald, der größte Schürzenjäger im ganzen Königreich, zu einem viel schlankeren, bis über beide Ohren in Königin Ophelia verliebten neuen Theobald gewandelt hatte. Man munkelte, er habe in der sagenumwobenen Zauberquelle ein Bad genommen.
Die Geschichte von Lord Ludolf, wie er in der Nacht, in der übrigens endlich der lang ersehnte Thronfolger gezeugt wurde, in das königliche Schlafgemach platzte, machte nicht allein die Runde. Ebenso zur Legende wurde König Theobalds grandioser Auftritt als Meister der Jonglage. Dieses Kunststückchen gab er im Lauf der Jahre bei besonderen Anlässen immer wieder gern zum Besten.
So geschah es also, dass ein Narr das Königreich der Fünf Berge regierte, doch das machte er so gut, dass niemals wieder jemand Verdacht schöpfte.
Jana Oltersdorff
Dietzenbach, 15.02.2013
Texte: Jana Oltersdorff
Bildmaterialien: © Didi01 / pixelio.de & © Gerd Altmann / pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 15.02.2013
Alle Rechte vorbehalten