FAMILIE
Was für ein Wort, es klingt magisch, es klingt nach einem Ort der Geborgenheit, einem Ort wo man aufgefangen wird, wo man kommuniziert, nach etwas, wo man jederzeit Hilfestellung bekommt, wenn man sie benötigt. Nach etwas wo einem zugehört wird, nach einem Ort voll Verständnis, nach Wurzeln einer Identität, nach Liebe, kurz gesagt nach einem Ort, wo man sich geborgen und wohlfühlt.
Ist das so? Oder lehrt uns die Realität etwas ganz anderes? Oder liegt es individuell an einem selbst was daraus entsteht? So ganz einfach ist es nicht, denn umso mehr Personen sich in einer Familie befinden, umso mehr verschiedene Meinungen treffen aufeinander und die alle unter einen Hut zu bekommen ist schon fast ein Kunststück. Schon der kleinste Hauch einer Kritik, könnte die Stimmung die vielleicht gerade in diesem Augenblick hervorragend ist, zu Nichte machen. Sind es mehrere erwachsene Kinder, kommt es nicht selten vor das die Kinder eifersüchtig aufeinander sind. Obwohl man nicht wirklich einen Anlass dazu gegeben hat. Doch so erging es Sophie! Aus einer Kleinigkeit, kam ein Fels ins Rollen der nicht mehr aufzuhalten war.
Die Geschichte ist frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden Personen und/oder realen Handlungen sind rein zufällig.
Es war ein heißer Junimorgen als Sophie traurig und wütend zugleich aus ihrem Bett kroch. Sie hatte sich gestern mit einem ihrer Söhne gestritten und das wegen einer Lappalie. Es artete aus und sie stritten sich heftig, der Schlusssatz ihres Sohnes lautete: „Wenn ich Papa wäre, dann hätte ich dich schon längst rausgeschmissen!“
Doch sie brauchte immer etwas Zeit um darüber nachzudenken und sich die Argumente zurechtzulegen. Sie war einfach nicht der Typ Mensch, der schlagfertig war.
Sophie japste nach Luft und sah auf ihren Mann, der aber zuckte nur mit den Schultern. Er gab ihr keinen Rückhalt, stattdessen drehte er sich um und meinte nur: „Haltet mich daraus“, schließlich verschwand er durch die Küchentür.
Es war seine Art, sich immer dann zu verdünnisieren, wenn Ärger ins Haus kam. Mal wieder enttäuscht, frustriert, traurig und wütend ging Sophie ins Bett.
Noch verbittert von dem gestrigen Abend bewegte sich Sophie in die Küche um eine Tasse Kaffee zu trinken. Stumm saß ihr Mann bereits auf der Eckbank und schlürfte seinen Kaffee. Langsam und verschlafen ging sie zur Kaffeemaschine und drückte den Knopf für eine Tasse Cappuccino. Sie spürte, dass die Blicke ihres Mannes sie verfolgten. Seine Augen rollten über dem Tassenrand hin und her. Egal wohin sie sich im Raum bewegte, er hatte sie im Blick. Schließlich nahm Sophie ihren Cappuccino und drehte sich zu ihrem Mann. Sein Mund klebte immer noch am Tassenrand, seine Augen rollten nach oben und sahen Sophie an. Sie warf ihm durchbohrende Blicke zu, langsam beugte sie sich zu ihm runter und machte: „BUH!“
Er erschrak und der Kaffee schwappte ihm ins Gesicht. Mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht setzte sie sich hin.
Sophie blickte ihren Mann an: „Du hast immer noch nichts dazu zu sagen, oder?“
Er wollte gerade einen Schluck Kaffee zu sich nehmen, als er die Tasse wieder abstellte: „Sophie! Was soll ich dazu sagen? Ich finde du streitest dich wegen Kleinigkeiten, die nicht notwendig sind.“
„Das meinte ich nicht mit meiner Frage! Sondern, dass du keine Reaktion auf seine Antwort zeigst. Wenn er an deiner Stelle wäre, dann hätte er mich schon längst rausgeschmissen!“
Sophies Mann stand auf und stellte seine Tasse auf die Spüle: „Wer weiß, vielleicht hat er ja Recht!“
Sophie runzelte die Stirn und sah wütend auf ihren Mann: „Oha…nun kommen wir dem ganzen schon näher! Hast du nicht genug Mumm in den Knochen, es mir selbst ins Gesicht zu sagen?!“
Ihr Mann drehte sich um und stöhnte: „Also gut, damit du endlich Ruhe gibst…es wäre schön, wenn du endlich aus meinem Leben verschwinden würdest! Reicht die Ansage?“
Schließlich verschwand er wieder durch die Küchentür. Es herrschte Stille im Raum. Sophie verstummte, doch damit hatte sie so gar nicht gerechnet. Sie wusste, dass sie sich in den letzten fünf Jahren auseinandergelebt hatten. Sie hatte zwei Söhne großgezogen. Der jüngste Sohn wohnt noch zu Hause und hat gerade sein Abitur bestanden. Tausend Gedanken schossen durch Sophies Kopf. War das der Dank dafür, dass sie in der Familie immer alles gemanagt hatte? Aber aus irgendeinem Grund, war sie sehr erleichtert und freundete sich mit diesem Gedanken an. Doch gleichzeitig stellte sie sich auch immer wieder die Frage über was beklagten sich alle? Ach ja…über das, dass sie nicht NEIN sagte und dass sie angeblich zu gutmütig wäre, jedenfalls behauptete das ihr großer Sohn! Sie war wütend über sich selbst, aber auch froh darüber, dass es zu einer Trennung kam. Sophie wischte sich ihre Wuttränen aus dem Gesicht, ihr wurde klar, dass sich etwas radikal in ihrem Leben ändern musste! Sie war klein und zierlich, wilde Locken kleideten ihren Kopf. Sie war Ende vierzig und sie wusste, dass es nicht leicht werden würde für sie. Doch um ihre Medaille wieder Glanz zu verleihen, musste sie sich unabhängig von allen machen! Sie ist Schriftstellerin und kann von jedem Ort dieser Welt arbeiten.
Wütend packte Sophie ihren Koffer mit ein paar Habseligkeiten, dann griff sie nach ihrem Laptop und ihrer Handtasche, schließlich fiel die Haustür ins Schloss.
Verwirrt von allen Vorwürfen setzte sie sich ins Auto und startete den Motor. Doch wohin sollte die Fahrt gehen? Sie wollte einfach nur noch weg von diesem Ort! Ziellos fuhr sie auf die Autobahn in Richtung Norden, denn da waren ihre ursprünglichen Wurzeln. Instinktiv, doch in Gedanken vertieft setzte Sophie die Fahrt in Richtung Kassel fort. Sie war glücklich über den Richtungswechsel. Nach einer Weile fuhr sie auf einen Parkplatz, stieg aus und atmete erst mal tief durch.
Sie holte ihr Handy aus der Tasche und rief ihren jüngsten Sohn Sven an: „Sven, geht es dir gut?“
„Ja, Papa hat mir alles erzählt. Wo bist du?“
Sophie holte nochmal tief Luft: „Das spielt momentan keine Rolle. Ich werde für ein paar Tage zu einer Freundin fahren. Ich denke das wird uns guttun, wenn was sein sollte, kannst du mich jederzeit auf dem Handy erreichen okay?“
„Mach dir mal keine Sorgen, es geht mir gut!“
„Sven?“
„Ja?“
„Pass auf dich auf okay!?“
Sven stöhnte: „Mum, mach dir keine Sorgen! Ich bin erwachsen und möchte in München oder Landshut studieren. Vielleicht such ich mir eine Studentenbude, okay? Nun pass auf dich auf!“
Sophie wurde sehr ruhig: „Gut, dann mach es gut mein Schatz und wenn was ist, ruf mich an.“
„Jo, mach ich…Tschüss!“
Sophie legte auf und atmete erst mal tief durch. Nachdem sie sich wieder beruhigt hatte setzte sie ihre Fahrt in Richtung Hamburg fort. Spätabends erreichte sie Hamburg und hielt am Hafen, der nachts wunderbar beleuchtet war. Lange überlegte sie, ob sie zu ihrer besten Freundin und Cousine Luisa fahren sollte. Doch sie hatten in den letzten drei Jahren nur wenig Kontakt zu ihr. Luisa war eine mittel große Frau, mit schwarzen langen Haaren und strahlend blauen Augen. Sie war auch Ende vierzig und betrieb ein kleines Café in Großhansdorf bei Hamburg. Nach einer Weile beschloss Sophie Luisa anzurufen, denn sie wusste nicht wohin.
„Ja, Johnson.“
„Luisa, ich bin es Sophie.“
„Sophie! Schön, dass du dich mal meldest wie geht es dir?“
„Das würde ich dir gerne persönlich erklären. Bist du zu Hause?“
„Ja klar, wann möchtest du kommen? Ich habe immer Zeit nur am Donnerstag nächste Woche nicht.“
„Luisa! Ich wäre in einer halben Stunde da.“
„Oh!? Wie das…ist was passiert?“
Es herrschte kurze Stille am Telefon: „Also, bis in einer halben Stunde!“
„Ja ist gut…ach Sophie?“
„ja?“
„Ich freue mich auf dich!“
„Danke…wenigstens Einer.“
Sophie legte auf und setzte sich wieder ins Auto, sie fuhr nach Großhansdorf, wo Luisa wohnte. Es ist ein kleiner Ort fünfundzwanzig Kilometer nordöstlich von Hamburg. Luisa hatte dort ein kleines Café, womit sie sich über Wasser hielt. Daran angeschlossen war ein Häuschen, in dem sie wohnte. Nach einer guten halben Stunde erreichte Sophie das Haus von Luisa. Sie klingelte…sie musste lachen…denn es hat sich nichts verändert in all den Jahren. Luisa hatte immer noch eine Glocke die man richtig mit den Händen bimmeln musste.
Luisa öffnete die Tür und sah auf Sophie: „Ach Mensch Sophie, wenn du plötzlich vor meiner Tür stehst, weiß ich, dass was nicht stimmt! Komm her und lass dich drücken!“
Luisa nahm sie in die Arme und alle Emotionen lösten sich bei Sophie. Zusammen gingen sie durch das Haus direkt auf die Terrasse, wo Luisa ein paar Snacks vorbereitet hatte. Bei einem Glas Rotwein erzählte Sophie die Geschehnisse.
„Was für ein Idiot!“ antwortete Luisa.
„Was wollen Männer eigentlich?“ hakte Sophie nach.
Schließlich sah sich Sophie um: „Sag mal, wo ist eigentlich dein Mann?“
Luisa fing an zu lachen: „Meinen bin ich vor drei Jahren los geworden. Kurz nachdem wir bei euch in München waren. Er hatte eine andere…naja und so musste ich mich neu orientieren.“
Sophie riss die Augen auf: „Wieso hast du nie ein Wort gesagt?“
„Ich weiß nicht…ich musste mich erst mal selbst wiederfinden. Ich hatte schon öfters den Telefonhörer in der Hand und wollte dich anrufen, doch dann dachte ich mir ich will euer harmonisches Familienleben nicht stören.“
Sophie musste grinsen: „Harmonisch? Sehr Harmonisch! Ich habe mein Leben nur für die Familie gelebt und versucht es recht zu machen! Ich war der Volltrottel der Familie! Echt harmonisch!“
Luisa griff nach dem Weinglas: „Auf uns und die Harmonie!“
„Prost, in diesem Sinne!“ antwortete Sophie und setzte zu einem kräftigen Schluck an.
Am nächsten Morgen weckte Luisa Sophie mit einer Tasse Kaffee. Leise setzte sie sich auf die Couch, auf der Sophie noch tief schlief. Langsam hielt sie ihr den Kaffee unter die Nase und wedelte mit der Hand hin und her, damit der Kaffeeduft Sophie erreichte. Mit einem schweren Kopf öffnete sie ihre Augen, automatisch griff sie nach der Tasse.
Langsam erhob sie sich in die Senkrechte und blickte auf Luisa: „Danke…ich glaube gestern wurde es sehr spät.“
„Oh ja und du warst so voll, dass ich es nur bis zur Couch mit dir geschafft habe.“
„Ohje…bitte noch keine Details in der Früh.“
„Sophie ich muss jetzt ins Café, aber du kennst dich ja aus. Ich habe dir oben das Gästezimmer hergerichtet, wenn du möchtest kannst du mit Fudde spazieren gehen. Wenn was sein sollte, findest du mich im Café.“
„Fudde? Wer ist Fudde?“
„Der Bernhardiner meiner Nachbarn, er heißt Fudde. Der mit dem du gestern so schön gekuschelt hast!“
„OMG! Ich muss schon sauber einen Zacken in der Krone gehabt haben. Habe ich sonst noch was angestellt?“
Luisa lachte laut los: „Naja…Fudde mag dich! Er hat dir die ganze Zeit das Gesicht abgeschleckt und mit dir aus dem Weinglas getrunken“, mit diesem Satz verschwand Luisa durch die Haustür.
Sophies Blick richtete sich auf den Hund, der brav vor ihr saß und hechelte. Fudde sabberte auf den Boden und die Vorstellung, dass sie mit ihm aus einem Weinglas getrunken hat, drehte Sophie den Magen um. Schnell sprang sie auf und rannte ins Bad, um ihren Magen zu entleeren.
Nach einer langen Dusche war Sophie wieder fit. Sie nahm Fudde und ging am Manhagenteich eine Runde spazieren. Nach einer Weile setzte sie sich an das Ufer und blickte auf den Teich. Lange war es her, als sie das letzte Mal hier war. Damals spielte sie mit ihrer Cousine dort. Plötzlich wurde sie von lautem Weinen aus ihren Gedanken gerissen.
„Fudde?“ rief Sophie.
Sie stand auf und folgte dem Gebell. Ein Stück weiter fand sie Fudde neben einer Frau sitzen, die bitterlich weinte. Sie musterte die Frau, die bestimmt Mitte fünfzig war und graumeliertes, lockiges Haar hatte. Sie war groß, mollig und hatte eine nette Ausstrahlung.
Sophie beugte sich herunter: „Kann ich ihnen helfen? Ist etwas passiert?“
Die Frau wischte sich ihre Tränen aus dem Gesicht: „Ich glaube mir kann keiner helfen!“
Sophie setzte sich zu ihr an den Teichrand: „Es gibt immer eine Lösung man muss sie nur zulassen.“
Doch mit diesem Satz löste sie die Zunge der Frau, die ihr prompt ihre Lebensgeschichte aufs Auge drückte.
„Ach wissen sie…mein Mann hat mich verlassen und ich war dreißig Jahre lang nur Mutter und Hausfrau. Ich bin schon lange aus dem Berufsleben ausgestiegen und wer würde mich heute, ohne Berufserfahrung, noch einstellen? Ich habe zwar ein großes Haus, aber wie soll ich das ohne Geld erhalten. Wovon soll ich denn leben?“
Fragend blickte die Frau auf Sophie. Doch in Sophies Kopf liefen die Synapsen auf Hochtouren. Schon wieder eine Frau die Mitte fünfzig war und von ihrem Mann verlassen wurde. Was geht in Männern nur vor, dass sie nach so vielen Jahren ihre Frauen verlassen? Viele Fragen jedoch keine Antworten.
Plötzlich streckte sie Sophie die Hand entgegen: „Ich bin Ina…es tut mir leid, dass ich sie mit meiner Geschichte belästige.“
Sophie nahm die Hand dankend an: „Das macht nichts, wir sitzen quasi in einem Boot. Mit einem Unterschied, ich stand immer im Berufsleben. Aber ansonsten gleichen sich unsere Geschichten. Ja und ich habe kein Haus, aber eine sehr gute Freundin die hier lebt.“
Ina lächelte wieder: „Sie sind nicht von hier? Den Hund aber kenne ich, das ist der Hund von Luisas Nachbarn, aber meistens ist er bei Luisa im Café.“
„Ja richtig! Ich bin Sophie und Luisa ist meine beste Freundin. Ich bin hier, da es mir nicht anders ergeht wie ihnen. Ich bin gestern aus Bayern angereist.“
Ina stand auf: „Wie lange bleiben sie?“
Sophie blickte auf den großen Teich: „Ich glaube für immer! Ich fühle mich hier sehr wohl.“
Es wurde ein sehr langer Spaziergang. Ina und Sophie tauschten sich aus und redeten über alles, was ihnen wiederfahren ist. Dann gingen sie mit Fudde ins Café von Luisa.
Luisa freute sich, als sie Sophie und Ina erblickte: „Na habt ihr euch schon kennen gelernt?“
Sophie nickte: „Fudde fand sie am Manhagenteich, wo sie bitterlich weinte.“
Luisas Blicke fielen auf Ina: „Schon wieder wegen deinem Exmann? Ich denke er hat die Scheidung eingereicht?“
„Ja, hat er auch, aber ich weiß nicht wovon ich leben soll. Mein Anwalt meinte ich habe Anspruch auf Unterhalt, aber du weißt ja wie er ist! Das wird er nie zahlen.“
Luisa lachte: „Das wird er nicht entscheiden können. Das legt das Gericht fest und nicht er. Du bist ja schließlich dreißig Jahre zu Hause geblieben und hast dich um deine Familie gekümmert, also wieso solltest du dafür nicht etwas erhalten. Ich habe dir immer gesagt einen Arzt heiratet man nicht, der ist nur zum Appetit holen! Gut und irgendeine Tätigkeit solltest du dir suchen und wenn du nur putzen gehst.“
Ina konnte wieder lachen: „Ach Luisa, du und deine Thesen. Wir hatten ja auch glückliche Jahre, so ist es ja nicht.“
Luisa musste grinsen: „Ja, in deinen besten Jahren und jetzt? Jetzt schmeißt er dich weg wie Müll! Mach dir nichts vor! Wir sind alle, Ende vierzig, Mitte fünfzig und da nochmal den Mann für dein restliches Leben zu finden ist sehr gering. Jedenfalls ohne, dass er Verantwortung im Gepäck hat, oder ein Muttersöhnchen ist oder sogar verheiratet ist. So einen Mann zu finden, ist als würde man eine Nadel im Heuhaufen suchen.“
Sophie schmunzelte: „Naja…vielleicht lohnt es sich nach der Nadel im Heuhaufen zu suchen!?“
Entsetzt sahen Luisa und Ina auf Sophie und gleichzeitig fragten sie: „Wie meinst du das?“
Sophie runzelte ihre Denkerstirn: „Mal ehrlich Mädels…Mitte fünfzig, heißt nicht das hier unser Leben endet! Ich meine bzw. rede davon, dass man es wenigstens zulassen sollte. So wie wir enttäuscht wurden, denke ich, gibt es auch Männer die von ihren Frauen enttäuscht wurden und die vielleicht so fühlen wie wir.“
Luisa und Ina brachen in lautes Gelächter aus: „Niemals!“ sagte Luisa und ging in die Küche.
Sophie holte tief Luft und blickte auf Ina: „Wie sieht es aus, hast du auch Hunger?“
Ina lachte immer noch und nickte.
„Gut, dann bestellen wir was zu essen, das beruhigt die Gemüter!“ meinte Sophie und griff nach der Karte. Nach einem guten Essen bestellte sich Sophie noch einen Cappuccino, als plötzlich ein Mann lautstark ins Café polterte: „Wo ist sie! Dieses Miststück!“
Luisa rannte zu dem Mann: „Jens! In meinem Café wird nicht geschrien und schon gar keine unflätigen Bemerkungen ausgesprochen!“
Sophie beobachtete die Szene. Der Mann ging mit großen Schritten auf Sophies und Inas Tisch zu.
Er zeigte mit dem Zeigefinger auf Ina: „Du Miststück! Dein Anwalt will, dass ich dir über zweitausend Euro Unterhalt zahle, aber dagegen werde ich Einspruch einlegen, dass du es nur weißt! Du dumme Pute.“
Ina schnappte nach Luft: „Mein Anwalt meinte, das wäre fair und eine Entschädigung für meine fehlende Berufserfahrung, da ich ja immer für euch zu Hause blieb.“
Der Mann äffte Ina nach und zog dabei eine Grimasse: „Mein Anwalt meinte das wäre fair…bla, bla, wie wäre es, wenn du endlich mal deinen Arsch in die Höhe bewegst und für dich selbst arbeiten gehst!“
Luisa lehnte sich an die Theke und sah dem Schauspiel zu, auch die Gäste im Café verstummten, alle blickten auf Ina und ihrem Exmann. Auch Sophie verfolgte das Ganze mit Spannung und gleichzeitig war sie froh, dass ihr das erspart blieb, denn da lagen achthundertfünfzig Kilometer dazwischen.
Ina blickte wütend auf ihren Mann. Sie wollte wieder weinen, jedoch blieb sie stark und gefasst sagte sie: „Das werde ich zu gegebener Zeit! Doch nun ist es Zeit, dass du einen Abgang machst!“
Der Mann blickte auf Luisa: „Darf sie so über deine Gäste bestimmen?“
Luisa nahm eine gerade Haltung ein: „Du hast doch gehört, was sie gesagt hat, also bitte beweg dein Hinterteil einfach nur durch diese Tür!“
Der Mann warf einen Blick auf die Gäste: „Ihr steckt doch alle unter einer Decke, Bagage!“
Wütend und mit den Worten: „Ina du wirst von meinem Anwalt hören!“ trat er durch die Tür.
Ein allgemeines Aufatmen im Café war zu hören. Luisa setzte sich zu Sophie und Ina an den Tisch: „Manometer, der war aber wütend!“
Ina grinste: „Geschieht ihm ganz recht, irgendwann muss ich auch mal Glück haben.“
Luisa sah Sophie an: „Weißt du schon wie lange du bleibst?“
Sophie lächelte und sagte: „Für immer, ich brauch nur noch ein Haus! Außerdem ist es hier nicht langweilig!“
Die Frauen lachten und Luisa meinte: „Ich kenn ein paar Häuser hier, die zum Verkauf stehen. Wenn ich Zeit habe zeige ich sie dir.“
Sophie stand auf: „Ist gut, inzwischen geh ich mal den Koffer auspacken.“
Kurz nach vier schloss Luisa ihr Café zu und setzte sich zu Sophie auf die Terrasse.
Luisa schmunzelte: „Heute keinen Wein?“
„Oh mein Gott, bloß nicht…heute trinke ich Limonade, damit mein Kopf klar bleibt.“ Sophie blickte auf Fudde „Außerdem schaut Fudde mich schon wieder so gierig an, nein ich trinke heute Limonade!“
Luisa musste lachen, als plötzlich die Türglocke erklang.
„Wer kann denn das nur sein? Ich erwarte keinen Besuch, “ Luisa stand auf und ging zur Haustür.
Es war Ina, die mit Luisa auf die Terrasse zurückkehrte.
Sophie grinste: „Wieso bist du so seltsam gekleidet?“
„Ach ich war mal vor Jahren mit Jens in Afrika und da habe ich mir dieses Kleid gekauft. Aber wisst ihr warum ich überhaupt gekommen bin? Ich habe eine tolle Idee! Als ich damals in Afrika war, habe ich Voodoo Beschwörung bei einem Stammeshäuptling gelernt. Ich dachte mir, dass ich bei mir zu Hause irgendetwas mit Esoterik mache…also Voodoo, Karten legen und eine Kristallkugel…es gibt genug Menschen, die an so etwas glauben. Vor allem sind sie bereit, dafür genug Geld auszugeben. Ich steh einfach auf Esoterik! Was denkt ihr?“
Sophie stockte der Atem und Luisa brach in lautes Gelächter aus.
„Ist das dein Ernst?“ Kurze Stille…Ina sah Luisa streng an „Ist gut, ich verstehe schon, es ist dein Ernst!“
„Naja, es ist schon mal eine Geschäftsidee“, warf Sophie ein.
Luisa warf einen strengen Blick auf Sophie: „Nicht euer Ernst oder? Das nennt man Leute über den Tisch ziehen!“
„Die Menschen wollen beschissen werden und zahlen dafür auch noch hohe Beträge!“ antwortete Ina.
„Hast du überhaupt schon mal deinen erlernten Voodoo Zauber in der Praxis angewandt?“ fragte Luisa.
Ina räusperte: „Nun …naja… nicht wirklich.“
„Also nein!?“ sagte Luisa und setzte fort „Woher willst du wissen, ob der Voodoo Zauber dann überhaupt wirkt, wenn du ihn noch nie angewandt hast?“
Sophie grinste heimtückisch und rieb sich dabei die Hände: „Na, lasst uns das herausfinden, ob der Voodoo Zauber wirkt.“
Fragend blickten Ina und Luisa auf Sophie: „Ja schaut nicht! Fang an Ina! Ich bin gespannt, ob es funktioniert! Jede von uns hat einen Exmann. Lassen wir doch den Voodoo Zauber mal da wirken, wo er angebracht ist.“
„Ja aber dazu benötigen wir Voodoo Puppen und Zauberpulver für das Feuer, die muss ich noch schnell holen“, meinte Ina.
„Na dann hopp, “ antwortete Sophie.
Als Ina durch die Tür verschwand, blickte Luisa auf Sophie: „Du meinst das Ernst?“
„Ja klar, meine ich das ernst. Nur wenn Ina merkt, dass der Voodoo Zauber nicht eintritt, versteht sie, dass das eine blödsinnige Idee ist. Obwohl ich ihr Recht geben muss, in dem Punkt, dass die Leute beschissen werden wollen.“
Luisa schüttelte den Kopf: „Und was machst du, wenn durch Zufall das eintrifft, was wir beschworen haben?“
„Dann müssen wir etwas beschwören, was nicht so einfach durch Zufall eintreten kann! Wie zum Beispiel Windpocken oder so…! Windpocken mit zweiundsechzig Jahren zubekommen, ist doch eher unwahrscheinlich, oder?“
Luisa musste grinsen: „Ja das denke ich auch, obwohl ich ihm das wünschen würde!“
Das Klingeln des Handys, unterbrach die Unterhaltung.
„Ja, Sophie am Apparat.“
„Mum, ich bin es Sven. Papa spinnt total, er hat heute ein Cabriolet gekauft und heute Morgen war so eine Blondine da, die war vielleicht sechs Jahre älter als ich! Er dreht voll am Rad! Du musst unbedingt kommen!“
„Sven, nun beruhigt dich mal. Dein Vater ist alt genug und er weiß selber was er macht, da werde ich mich bestimmt nicht einmischen! Wenn es dir zu viel wird, kannst du jeder Zeit zu mir kommen.“
„Ja ist gut. Mum, ich habe einen Studienplatz an der Uni in München bekommen. Ich wollte eigentlich nach Landshut, aber Landshut hat keine Uni für das Lehramt. Ich komme dich auf alle Fälle im Herbst besuchen.“
„Ja ist gut mein Schatz und lass dir wegen deinem Vater keine grauen Haare wachsen. Er weiß was er tut.“
„Ist gut Mum…Tschüss.“
Sophie legte auf und schaute nachdenklich auf das Telefon.
„Dein jüngster Sohn?“ fragte Luisa.
„Ja, es scheint doch nicht so einfach für ihn zu sein.“
„Ich denke er wird seinen Weg finden, er ist ja auch kein kleines Kind mehr.“
Sophie musste lachen: „Nein, mittlerweile ist er zwanzig. Ich denke er weiß was er will.“
Wieder erklang die Türglocke.
„Das wird Ina sein, ich mach ihr auf, “ meinte Luisa und ging zur Haustür.
Ina sah auf die zwei Frauen: „Ihr habt ja noch gar nichts vorbereitet. Wir brauchen doch ein Lagerfeuer!“
Sophie zuckte mit den Schultern und Luisa holte aus einem Schuppen, eine Feuerschale. Ina legte Holz in die Schale und Sophie zündete das Feuer an.
„Und jetzt?“ fragte Luisa.
„Jetzt bekommt jeder eine Voodoo Puppe von mir. Ihr benennt die Puppe nach einer Person, die es treffen soll. Danach spricht ihr den Fluch aus, was passieren soll. Nun verteilt ihr das Pulver auf die Stellen, die es betreffen soll.“
Sophie grinste: „Hm…nun gut.“
Luisa benannte ihre Puppe nach ihrem Mann Gerald und streute das Pulver auf den rechten Arm. Sie wünschte ihm an dieser Stelle einen heftigen Ausschlag. Ina nannte ihre Puppe Jens und streute das Pulver auf den Hintern, damit ihn an dieser Stelle Wespen stechen. Sophie gab der Puppe den Namen von ihrem Mann Harald, doch sie hielt an den Windpocken fest und verteilte das Pulver großzügig über die ganze Puppe. Zum Schluss warf Ina noch das Zauberpulver ins Feuer, wo es anfing zu zischen, zu knallen und weiße kleine Rauchwolken entstanden. Schließlich sprach sie noch einen afrikanischen Voodoo Zauber, somit war das Ritual vollzogen und Sophie atmete auf.
Luisa sah Ina an: „Wann soll der Zauber wirken?“
„Damals teilte mir der Stammeshäuptling mit, dass es bis zu drei Wochen dauern könnte.“
„Gut, so lange warten wir es jetzt ab, bevor du dich auf diese Geschäftsidee einlässt“, antwortete Luisa.
Ina nickte und Luisa sah auf die Uhr: „So Sophie, nun zeig ich dir ein paar Häuser die zum Verkauf stehen in Großhansdorf. Manche schauen nicht mehr so gut aus, aber das siehst du ja gleich selber.“
„Bei mir gegenüber steht auch ein Haus zum Verkauf. Es ist schon etwas älter, wurde aber erst vor zwei Jahren renoviert. Es ist ein Haus in U-Form, das heißt es sind eigentlich drei Wohnungen, “ meinte Ina.
„Gut, dann mal los…“antwortete Sophie.
Es waren einige Häuser die Sophie gefallen würden, doch eins hat es ihr speziell angetan.
Am nächsten Morgen stand Sophie schon sehr früh auf um ins Rathaus zu gehen. Sie wollte unbedingt wissen, wem das schöne Haus gegenüber von Ina gehört. Es wurde in U-Form gebaut und hatte in der Mitte einen wunderschönen Hof, der aber leider sehr verwildert war. Da wohnte schon lange keiner mehr, obwohl das Häuschen erst vor zwei Jahren von innen renoviert wurde. Sophie wollte unbedingt den Preis erfahren. Sie ging direkt zum Bürgermeister und klopfte an die Tür des Vorzimmers.
„Herein!“ sagte eine weibliche Stimme.
Sophie trat
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Iris Witte
Bildmaterialien: Pascal Witte
Cover: Iris Witte-Pascal Witte
Lektorat: Iris Witte
Übersetzung: Iris Witte
Tag der Veröffentlichung: 04.01.2019
ISBN: 978-3-7487-0769-1
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