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Der Wecker klingelte um halb sieben, wie er es immer tat, Mona war wie immer schon zwei Minuten früher wach, ja wie immer. Alles war wie immer, die Vorhänge ließen wie immer kein Licht zu ihr durchdringen, sodass sie ein wenig Freude am folgenden Tag hätte bekommen können. Nein sie waren wie immer da und sie hasste sie. Mona stand auf, schaltete wie immer den Wecker aus und ging ins Badezimmer, sie wusch ihr Gesicht betrachtete sich im Spiegel und begann sich selbst zu hassen. Wie jeden Morgen. Sie ging in die Küche, nahm sich die bereits mit Müsli gefüllte Schüssel, setzte sich, doch bevor sie auch nur daran denken konnte etwas zu essen, gab sie das Müsli ihrem Hund. Sie stand auf, ging in ihr Zimmer zurück, sie zog sich an, packte ihre Schultasche und sie wusste jetzt schon, dass sie die Hälfte vergessen hatte, doch das störte sie nicht. Sie öffnete die Tür nahm ihren Schlüssel und steckte ihn in die Hosentasche wie immer. Als die ersten Sonnenstrahlen ihr Gesicht berührten kniff sie die Augen zusammen, das Licht blendete sie doch sie genoss es, unfreiwillig blieb sie noch einen Moment stehen wie immer.
Nach einigen Sekunden ging sie los, ihr Blick war gesenkt, leer und ausdruckslos, wie immer.
Mona kam wie immer zehn Minuten zu spät zum Unterricht, doch da das eigentlich immer der Fall war wurde sie von ihrer Klasse und dem Lehrer nicht wahrgenommen als sie die Tür des Zimmers öffnete ohne anzuklopfen und sich wie immer auf ihren Platz setze. Sie starrte aus dem Fenster beobachtete nichts, es gab nichts was sie hätte beobachten können, es war möglich dinge anzuschauen, sie zu betrachten... aber kein Leben keine Bewegungen die ihre Aufmerksamkeit erregten, wie immer.
Nach der zweiten Unterrichtsstunde hatte Mona bereits keine Lust mehr auf die Schule.
Sie engte sie ein und niemand verstand sie hier, es ging immer bloß um Leistungen, vor allem gute Leistungen kein Mensch interessierte sich für persönliche Interessen, es waren immer die Gleichen Charaktereigenschaften die gewollt und gelobt wurden, der Rest war schon nach kurzer Zeit als Durchschnittsschüler abgestempelt.
Also verließ sie das Klassenzimmer, den Flur, das Gebäude, und wie immer bemerkte es keiner. Mona lief durch die Straßen niemand schaute sie an, wahrscheinlich sah sie zu normal aus, sie hatte nichts einzigartiges an sich, sie strahlte nichts aus. Doch da das schon immer so gewesen war, viel es ihr leicht sich damit abzufinden.
Sie bog nun auf einen kleinen Trampelpfad ab der in Richtung Wald führte, hier war alles wie immer, die Vögel sangen ihre wortlosen Lieder und durch die Bäume rauschte ein kalter Wind.
Der Wald war in zwei Hälften geteilt, mitten hindurch führte eine Autobahn und um diese zu überqueren waren einst zwei Brücken gebaut worden, Mona mochte diese Brücken, sie passten nicht zu dem friedlichen Wald sie boten einen skurrilen Anblick.
Wie immer setzte sie sich in der Mitte des Betonbogens auf den Boden, presste sich gegen das Geländer und starrte in die Wolken.
Sie versuchte stets Formen in ihnen zu erkennen, doch wie immer sah sie nichts.
Nach kurzer Zeit gab sie es auf sich vorzumachen doch noch etwas zu erspähen und kramte in ihrer Schultasche, das eine Buch heraus was sie immer bei sich trug.
Ihr Physikbuch, Physik war das einzige Fach, welches sie interessierte und sie las wann immer sie Zeit fand in diesem, jenem einen Buch.
Als es zu dämmern begann, stand sie auf, wie immer und wollte gehen.
Doch ihr Blick verfing sich in den Scheinwerferlichtern der Autos die an ihr vorbei zogen.
Sie schob ihren Fuß in die Lücke, die zwischen jeder Stange des Geländers war,
etwas erwachte in ihr, sie spürte, wie ihr Herz begann heftiger zu schlagen der Wind blies um ihr Gesicht und spielte wild mit ihrem Haar, was Mona unverblümt lächeln lies, sie reckte ihren Hals, atmete tief ein und nun stieg sie auf die andere Seite der Brüstung, immer noch gefesselt von den Lichtern unter ihr sie musste an ihren letzten und einzigen Urlaub denken, der zwar schon sechs Jahre zurück lag aber es waren die schönsten zwei Wochen ihres Lebens gewesen.
Doch plötzlich wurde ihr bewusst, wozu sie diese bunten Farben verführen wollten und das was gerade erwacht war starb langsam wieder ab.
Sie blickte gen Himmel, nun war keine Wolke deren Form sie hätte erkennen können mehr zu sehen nur dunkles blau, fast schwarz.
Sie konnte auch keine Sterne oder gar den Mond entdecken.
Auf einmal war nichts mehr wie immer,
sie war aus ihrer Routine ausgebrochen, doch sie wusste, dass sie es niemals schaffen würde ganz frei und ungezwungen zu sein es schien ihr einfach unmöglich.
Mona schloss die Augen und versuchte, das letzte bisschen von dem Leben dieses Gefühls zu erhaschen,
dann lies sie los und sprang.


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.08.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die anders sind.

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