Die Sonne schien auf ihr Gesicht, sie schloss für einen Moment die Augen, bevor sie in den Schatten trat, den das große alte Gemäuer, dass sie ihr zu Hause nannte warf. Sie ließ ihren Blick, wie immer, über die zwei mit grün, glitzerndem Nagellack auf die letzte Stufe geschriebenen Namen schweifen, sie kannte die Menschen nicht, die diesen einmaligen Liebesbeweis einst hier zurückgelassen hatten, doch sie musste jedes mal lächeln, wenn sie ihn sah. Das Mädchen ging weiter und bevor sie die Tür vor sich öffnete neigte sie noch einmal den Kopf hin und her um ihr Spiegelbild zu betrachten und musste über ihr fast perfekt sitzendes Haar schmunzeln, dann schloss sie die Tür auf und betrat das Treppenhaus, sie sog den unverkennbaren Geruch dieses Ortes ein und hastete die Treppen hinauf während sie den schönsten Schlüssel, den sie besaß hervor holte. Den Haustürschlüssel. Sie liebte ihn, er glänzte so schön, nachdem sie die Haustür hinter sich geschlossen hatte, lauschte sie. Sie konnte nichts hören und atmete erleichtert aus. Doch als sie einen Schritt weiter in die Wohnung eintrat hörte sie ihren Vater rufen ,, Fabienne, bist du das?" Das Mädchen namens Fabienne stellte ihr Schultasche neben ihren Schuhen ab, bevor sie sich ins Wohnzimmer begab, wo ihr Vater, wie er es meistens tat, am Computer saß und nur flüchtig über die Schulter sah, als er sie kommen hörte fragte er lieblos ,, Warum antwortest du nicht, wenn ich dich etwas frage?" Fabienne schüttelte gedankenverloren den Kopf und sagte nur ,, Es tut mir leid..." Für ihren Vater war die Unterhaltung nun beendet und er widmete sich wieder dem flimmernden Bildschirm vor sich. Das Mädchen drehte sich um und ging in ihr Zimmer, sie machte Musik an, zu der sie leise mit summte, legte sich auf ihr Bett und schlief unverhofft ein.
Fabienne wachte um etwa halb sechs wieder auf, sie rieb sich zufrieden den Schlaf aus den Augen und torkelte aus ihrer Zimmertür, durch den Flur. Wieder traf sie ihren Vater, er saß immer noch vor dem Computer. Zögerlich fragte sie ,, Du, Papa, darf ich auch mal da dran?" Seine Antwort war ein knappes Kopfschütteln. Das machte Fabienne wütend, sie stampfte näher an ihn heran und baute sich neben ihm wieder auf ,, Du blöder alter Mann, den ganzen Tag sitzt du vor dieser Kiste." Auch ihr Vater schien plötzlich gereizt, er schaute sie böse an, seine Züge waren durch die aufkommende Wut verzerrt und fremd, doch Fabienne wollte nicht aufgeben, sie blickte ihm trotzig in die Augen. Der Vater stand auf und sprach ,,Was hast du gesagt?" Er schubste sie, sie viel zu Boden und schrie ihn an ,, Du Arschloch ich hasse dich warum muss ich nur so einen Penner wie dich als Vater haben?" sie stand auf, und warf sich mit voller Wucht gegen ihren Vater, der taumelte nur einen Schritt nach hinten. Nun schrie auch er ,,Du kleine Schlampe, für was hältst du dich?" schimpfte er ,, Wenn du in deinem Alter schon so aggressiv bist, was glaubst du wie ich dann bin?" Warme Tränen rannen nun über Fabiennes Gesicht, doch sie ignorierte es und strafte ihren Vater mit den hasserfülltesten Blick, den sie hervorbringen konnte
,, Du lässt dich so gehen, nur weil ich an den Computer will?" brachte sie immer noch schreiend hervor und versuchte sich während sie das aussprach an ihm vorbei zu zwängen, doch er hielt sie am Arm fest und knurrte nur ein ,, Nein, du darfst nicht! Geh in dein Zimmer, und bleib da gefälligst, ich will dich nicht sehen!" Doch diese Worte machten Fabienne noch rasender vor Wut und sie sammelte all die Kraft die sie noch hatte und stieß in von sich ,, Du blöder alter Sack! Lass mich in Ruhe!" Doch noch bevor sie realisieren konnte, was sie getan hatte, kam ihr Vater wieder zurück, und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht.
Fabienne zog sich zurück, beugte sich nach vorne, und presste ihre Hände auf die heftig schmerzende Stelle in ihrer Wange. Sie rannte in ihr Zimmer, knallte die Tür hinter sich zu und legte sich leise wimmernd auf ihr Bett.
Am nächsten Morgen kam Fabienne etwas zu spät zur Schule, als sie das Klassenzimmer betrat, schauten sie alle erschrocken an. Die Lehrerin fragte ,, Fabienne, wo hast du denn diesen dicken blauen Fleck im Gesicht her?" Sie lächelte nur beschwichtigend und antwortete ,, Ach nur ein blöder Unfall, ich bin ausgerutscht und bin mit dem Gesicht auf die Tischkante geknallt" Alle lachten und niemand fragte mehr nach, was wirklich passiert war.
Tag der Veröffentlichung: 08.04.2009
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Widmung:
Es ist für die Person, die es tat.