Es war einmal in einem kleinen Kaff in der Mitte Deutschlands. Dort, wo die Welt noch schön grün war und die Menschen unter großen Bäumen in ihren Hängematten dahin dösten.
Erwin und Aurelia wohnten ein wenig abseits, direkt dort, wo der Wald beginnt. Sie dachten so bei sich, es wird Zeit, den Sandkasten aus dem Garten verschwinden zu lassen. Schließlich waren die Kinder schon seit dreißig Jahren aus dem Haus und an die erhofften Enkelchen war nicht mehr zu denken.
Aurelia beobachtete die eilig dahin ziehenden Wolken am Himmel und schüttelte gedankenverloren den Kopf. „Reli, wie sieht`s aus? Wärst du so nett? Würdest du mir bitte den Sack aufhalten?“, riss Erwin sie aus ihren Gedanken. Er stand mit einer Schaufel voller Sand erwartungsvoll da. Eilig bückte sie sich nach der großen, stabilen Papptüte und hielt sie auf. Ein bisschen zwickte es in ihren alten Gliedern. „Dass uns nicht mal einer unserer vier Jungs helfen kann …“, stöhnte sie unzufrieden. „Ach Reli, das hatten wir doch schon. Sie sind eben sehr beschäftigt“, er sah sie aufmunternd an, „und so rüstig, wie wir beide sind …“
Er strahlte sein schönstes Lächeln und Aurelia konnte nicht anders. Sie hielt freudig den Sack auf und bedankte sich im Stillen, was sie für ein Glück hatte, an ihren Erwin geraten zu sein.
Auf diese Weise verschwand eine Schaufel Sand nach der anderen in dem großen Sack. Doch plötzlich hielt Aurelia inne! Eine Hand verschloss die große Papptüte. Mit der anderen richtete sie ihre Brille. Die Stärke der Gläser ließ sie schwer werden. Und trotz der Klebstoffverstärkung, die sie selber angebracht hatte, rutschte die Brille immer wieder, vom Gewicht getrieben, auf ihre Nasenspitze. Leider sah Aurelia dann alles ein bisschen verschwommen.
Erwin stand da, mit der schweren Fuhre Sand auf seiner Schaufel: „Was ist denn nun schon wieder?“ Aurelia zeigte aufgeregt mit dem ausgestreckten Finger auf den kleinen Sandhügel. „Sieh doch!“ „Hm?“ „Ja da! Auf der Schaufel!“ „Na, was denn?“ „Ach Erwin! Du brauchst wirklich eine Brille, sieh das doch endlich ein!“ „So ein Unfug! Was ist jetzt, Reli?“ „Siehst du nicht den Stein, mein Liebling?“ Er betrachtete schweigend den etwas zu großen Kiesel.
„Findest du ihn schön? Dann heben wir ihn auf.“ Er lächelte sein altes Mädchen an. „Wir werden ihn auf ein feines Deckchen auf die Kommode legen, was meinst du?“ Sie nickte und griff vorsichtig mit zittrigen Händen nach dem seltsamen Stein.
„Sieh nur, wie hübsch er im Licht schimmert!“ Die beiden drehten und wendeten den unförmigen Stein im Sonnenlicht. Ein wenig erinnerte er an verschüttetes Altöl. Ein sattes Schwarz mit grünem und violettem Glanz. Eigentlich war er sogar ein bisschen glitschig, doch das störte die alten Leutchen nicht.
Aurelia freute sich. Und wenn das so war, fühlte sich Erwin immer sehr glücklich. Vorsichtig legten sie den Stein in die Sonne, weil er dort so herrlich glänzte. Immer wieder warfen sie während ihrer Arbeit einen Blick darauf und erfreuten sich daran.
Als der Sack endlich zu einem Viertel gefüllt war, meinte Erwin: „Reli, lass uns für heute aufhören. Morgen ist auch noch ein Tag.“ Aurelia nickte ihrem Mann zu und gemeinsam bewegten sie sich in Richtung Hängematte.
Während Aurelia auf einem Stück Süßholz herumkaute, steckte Erwin sich die Pfeife an. Sie blinzelte durch das Blätterdach der Sonne entgegen und erfreute sich an dem lauen Lüftchen, das durch die Maschen der Hängematte ihren Körper kühlte.
Plötzlich hörte sie ein kratziges, knarziges Krachen. Mühsam richtete sie sich in der Matte auf. „Och, was ist das denn?“, rief sie aus. Erwin raunzte nur: „Hm?“ Sie schüttelte den Kopf: „Wenn dein Hörgerät auf dem Küchenschrank liegt, bringt es dir nichts!“ „Ach du!“, Erwin lehnte sich wieder entspannt zurück, schloss seine Augen. Er wollte gar nicht alles hören. Ein Mann braucht auch schon mal seine Ruhe, so dachte er sich. Aurelia kämpfte sich aus der Hängematte und sah nach, woher das Geräusch gekommen war. Mit einem Mal vernahm er ihren Ausruf: „Das gibt’s doch nicht! Erwin sieh dir das an! Ist das niedlich!“
Unter den geschlossenen Lidern verdrehte er die Augen. Er wusste, er musste aufstehen. Ob er nun ein Mann war, der seine Ruhe brauchte, oder nicht. Sonst würde Reli nie aufhören, nach ihm zu rufen! Also bekrabbelte Erwin sich und verließ seine geliebte Ruheinsel. Langsam ging er auf sie zu. Aurelia wedelte ungeduldig mit ihren Armen durch die Luft. Sie regte sich immer so leicht auf. Er legte einen Arm um Aurelias Schultern. Mit der anderen Hand nahm er seine Pfeife und betrachtete das Ding, das so unbeholfen auf der Wiese herumstrauchelte.
Ein paar Augenblicke verstrichen. „Das findest du niedlich?“ Aurelia sah ihren Mann entgeistert an: „Du etwa nicht, Liebling?“ „Nun, ich würde sagen“, er paffte noch einmal kräftig an seiner Pfeife. Dann äußerte er vorsichtig, „es ist ein bisschen hässlich.“
Eine kleine schwarze Kreatur eierte vor ihm über die Wiese. Die Vorderbeine viel zu kurz, die Hinterbeine zum Laufen zu ungeschickt. Mit den kleinen Flügelchen versuchte es, die Balance zu halten, doch es fiel immer wieder vornüber. Dabei stieß es grelle Schreie und kleine Rauchwolken aus, die einen feinen Schwefelduft verbreiteten.
Erwin räusperte sich: „Es ist nicht nur hässlich, es stinkt auch.“ „Erwin!“, Aurelia sah ihn anklagend an, „es ist ein Baby! Wir müssen es lieb haben!“ Er betrachtete paffend zuerst dieses kleine Ungetüm, dann seine Reli. Schnell wurde ihm der Ernst der Lage klar. Er musste diesem Ding irgendetwas abgewinnen, sonst würde seine Reli tagelang herumzicken! Das hatte er in den letzten sechsundfünfzig Jahren gelernt.
So bückte er sich diesem schwarzen Irgendwas entgegen und streckte seine Hand aus. „Na komm, du kleines Dings. Komm zu Opa Erwin.“ Sofort spürte er Relis Freude im Nacken und dies tat wiederum ihm gut.
Er grinste Dings an und tatsächlich, es eierte auf ihn zu. Ebenso vorsichtig wie neugierig beschnupperte es seine Finger und dann setzte es sich auf seine Hand. Du meine Güte, hat das Ding scharfe Krallen! Dachte er bei sich. Der brennende Schmerz durchfuhr seinen Arm bis zur Schulter und vielleicht sogar noch etwas weiter. Doch um seine Reli nicht zu erschrecken, zuckte Erwin nicht mal mit einer Wimper! Stattdessen setzte er Dings ganz vorsichtig ins Gras zurück.
Zum Glück war Aurelias Brille schon wieder bis zu ihrer Nasenspitze gewandert! Sonst hätte sie das Blut entdeckt, das in seiner Hand zu einem kleinen See zusammenlief. „Ich muss mal für überraschend rüstige Prinzen“, meinte er schelmisch zu ihr und spazierte ohne Eile auf das windschiefe Häuschen zu. Sie sah ihm nach und schüttelte versonnen ihren Kopf. Er immer mit seinen flotten Sprüchen!
Wie gewohnt betrachtete er sich im Spiegel, während das kühle Wasser über seine Finger lief. Er wusste nicht so recht, ob es an dem schummerigen Licht lag. Aber er dachte bei sich, dass er heute außerordentlich gut aussah. Noch einmal lächelte er sich zu, dann trocknete er vorsichtig seine Hände ab. Es waren schließlich nur ein paar Kratzer. Wegen so was machte er sich keine Gedanken.
Währenddessen stand Aurelia immer noch auf der Wiese und beobachtete ihr Tierbaby. Dabei wusste sie immer noch nicht so genau, um was für einen Vogel es sich nun handelte. Dings lief ausgelassen durch das Gras. Was ihm inzwischen immer besser gelang und verbreitete dabei unangenehme Duftwölkchen. Aurelia schmunzelte über diesen Gestank.
Sie hockte sich hin und hielt dem kleinen Tierchen die Hand entgegen, so wie es Erwin ihr vorgemacht hatte. Dings lief auf sie zu und leckte mit seiner zweigeteilten Zungenspitze ihren Mittelfinger. Aurelia kicherte leise und merkte zuerst gar nicht, dass Erwin schon wieder bei ihr war.
„Dings mag dich, Reli“, meinte er ganz sanft. Sie sah zu ihm auf, als Erwin gerade eine schöne große Rauchwolke in ihre Richtung blies. Sie liebte seinen Pfeifentabaksduft und sog ihn genießerisch ein.
Nickend schob sie ihre Brille zurecht und meinte: „Du siehst gut aus, heute.“ Und das war nicht nur so dahin gesagt, sie meinte es ehrlich. Dass Erwin sich das auch schon gedacht hatte, verschwieg er ihr. Stattdessen strich er ihr über das schüttere Haar. Ächzend erhob sie sich. „Wo soll Dings denn schlafen? Hast du eine Idee?“ Er sah sie skeptisch an. Er sorgte sich ein wenig, wegen dem Geruch, welchen dieses seltsame Wesen mit seinen Rauchwölkchen verbreitete.
Vorsichtig räusperte er sich: „Wir sollten Dings draußen an der frischen Luft schlafen lassen, meinst du nicht?“ Sie strich sich mit dem Finger über die Lippen. Das tat sie immer, wenn sie überlegte. Sie sah ihn grübelnd an, dann drehte sie ihm ihre Kehrseite zu und ging zur Hängematte. „Ich muss darüber nachdenken“, meinte sie. Erwin sah ihr erstaunt nach. Für einen Moment stand er mit weit geöffneten Augen da, wie angewurzelt. Dann folgte er ihr auf seinen wackeligen Beinen.
„Reli, lass dich mal anschauen!“ Sie drehte sich zu ihm um. Nein, er hatte es sich nicht eingebildet! Ihre Lippen waren so glatt, wie ein Kinderpopo! „Erwin! Was guckst du denn so!“, rief sie aufgebracht. Sie beobachtete ihn aufmerksam. Er sah sie an, dann suchten seine Augen das kleine Dings, das ohne Unterlass über die Wiese flitzte.
„Sieh mal. Ist Dings schon gewachsen? Es kommt mir vor, als wäre er beinahe doppelt so groß, wie eben.“ Erwin nickte nachdenklich und sah wieder zu ihr: „Mach mal so“, forderte er sie auf und strich sich zwischen den Augenbrauen lang. Sie guckte belustigt zurück: „Gerne Liebling!“ Und sie strich sich mit dem Finger über ihr Gesicht. Über die Augen und über die Nase. Auch die Stirn ließ sie nicht aus. Erwin paffte an seiner Pfeife. Er ließ sich Zeit. „Würdest du das auch bei mir machen, Reli?“ Sein altes Mädchen lachte auf. „Gerne Liebling!“ Und nun strich ihr Finger über seine Haut. Ihrer Belustigung wich das Erstaunen. Dann sah sie sich ihren Finger genauer an. Er sah sehr glatt aus! Ganz anders, als der Rest ihrer Hand! Und auch Erwins Gesicht war nun glatt, ja faltenfrei! „Erwin!“, flüsterte sie, „was machen wir hier?“ Er stieß zwei Pfeifenrauchfontänen durch seine Nasenlöcher und zuckte mit den Schultern.
Ein dunkler Schatten schreckte die alten Leutchen auf. Dings hatte es geschafft. Nun schoss er mit Hochgeschwindigkeit durch die Luft! Wusch! An ihnen vorbei, zwischen den Bäumen hindurch und Wusch! Wieder an ihnen vorbei. Aurelia klatschte begeistert in die Hände. „Macht es das nicht gut? Liebling?“ Erwin nahm nickend die Pfeife in die Hand: „Jo, das macht es wirklich gut!“ Wie gebannt sahen sie dem flinken Tierchen bis in die Dämmerung zu. Dann gingen sie gemeinsam zu Bett. Sie beide träumten von hübschen Prinzessinnen, sehr starken, hilfsbereiten Prinzen, einem linkischen, verschlagenen König und … dem dazugehörenden Drachen.
Mitten in der Nacht schreckte Aurelia auf. Sie saß mit klopfendem Herzen im Bett. „Reli Liebes, was ist passiert?“, fragte Erwin die Frau seines Herzens verschlafen. Sie sah ihn aufgeregt an: „Ich weiß es jetzt!“ „Dass Dings ein Drache ist?“ Sie nickte ihrem Erwin zu: „Ja, Dings ist ein Drachenbaby!“ „Wollen wir nachsehen, was es macht?“ Wieder nickte Aurelia. Sie streiften sich die Morgenmäntel über und griffen nach der großen Taschenlampe. „Ob wir Dings in der Dunkelheit überhaupt finden können?“, flüsterte sie, während sie die Kellertreppe hinunter gingen. Vielleicht hat es uns auch längst verlassen, dachte sich Erwin, wollte diesen Gedanken aber nicht aussprechen. Er hatte keine Vorstellung davon, was Drachen für treue Seelen waren.
Sie öffneten die Tür, die zum Garten hinaus führte. Hand in Hand starrten und lauschten sie in die Dunkelheit. „Ich glaube, Dings schläft“, meinte Erwin erleichtert zu ihr. Er konnte riechen, dass das Drachenbaby noch da war.
Ein tiefes Grunzen schreckte sie auf. Einen Augenblick sahen sie sich an. Konnte das unser Drachenbaby gewesen sein? Dachten sie beide im selben Moment. Zügig kam etwas Großes auf die alten Leutchen zu. Es war tatsächlich ihr Drachenbaby. „Ja du bist aber groß geworden!“, meinte Aurelia mit dünner Stimme. So schnell, dass die beiden nicht entwischen konnten, leckte Dings den Alten quer durchs Gesicht. Scharf und nass hinterließ seine Zunge prickelnde Spuren auf ihrer Haut, die sich auch mit den Ärmeln der Morgenmäntel nicht verwischen ließen.
„Erwin, ich glaube, ich muss mich mal setzen!“, meinte Aurelia und wankte zu der kleinen Sitzgruppe. Dings stupste sie zärtlich mit seinem Drachenmaul an. Aurelia lachte ein wenig erschreckt auf, als sie in den Schaukelstuhl plumpste. Es ist ein bisschen wild, nicht wahr?“, sie hielt sich schutzsuchend an den Armlehnen fest. Dings legte sich zu ihren Füßen und sah sie erwartungsvoll an. Dabei schlug es aufgeregt mit seinem mächtigen Schwanz auf den Boden. Dumm nur, dass sich genau dort der Gemüsegarten befand!
„Meinst du wirklich, Reli? Es ist noch jung und unerfahren. Aber sieh genau hin, es ist ein gutes Drachenkind.“ „Doch ist es bereits größer, als wir! Wo sollen wir Dings bloß unterbringen?“ Beruhigend strich Erwin seiner Liebsten über den Arm: „Ich glaube, wenn es ihm zu eng bei uns wird, fliegt er davon.“ Aurelia streckte ihre Hand aus und streichelte den Kleinen. Der schloss milde und zufrieden seine Augen, und döste dahin.
„Ich denke, er hat uns sehr lieb“, sinnierte Aurelia, „sicherlich nimmt er an, wir seien seine Eltern.“ „Ich habe ihn auch lieb, obwohl er ganz schön stinkt“, meinte er, „und er soeben mit seinem Schwanz unsere Erdbeeren zunichtegemacht hat.“ Sie nickte: „Ja, hoffentlich beschweren sich die Nachbarn nicht über den Schwefelduft. Hör nur, er schnurrt wie ein Kätzchen.“ Erwin sah sie von der Seite an. „Ein großes Kätzchen!“, meinte er leise, „es könnte ebenso gut ein Schnarchen sein.“ Aurelia besah sich das große schwarzgeschuppte Geschöpf. Sie seufzte gedämpft auf: „Lass uns wieder zu Bett gehen.“ Erwin nickte, drückte sich aus seinem Stuhl hoch und half seiner Liebsten auf.
Ein trauriges Jaulen weckte die beiden. Es war bereits später Vormittag! Schon ewig hatten sie nicht mehr so lange geschlafen! Eilig schwangen sie sich aus dem Bett. Erwin hielt inne und betrachtete sein Weib. Sie blickte auf, sah ihn fragend an. „Reli, du bist umwerfend!“ Und jetzt fiel ihr auf, wie gut sie sich fühlte! Sie strahlte ihn an: „Du aber auch, Erwin! Du siehst jung aus!“ Er kam zu ihr ums Bett herum. „Ich fühle mich auch so“, raunte er in ihr Ohr, während er sie zärtlich zu sich heran zog. „Erwin! So hast du mich ewig nicht mehr berührt“, lachte sie mädchenhaft. „Das darf nicht so bleiben!“, raunte er.
Dings jaulte. Die Türglocke bimmelte! Die beiden fuhren wie vom Blitz getroffen auseinander. Aurelia sah ihren Mann entsetzt an: „Oh nein! Das ist Klausi mit dem Wocheneinkauf!“ Erwin nickte: „Den haben wir ja ganz vergessen!“ Sie blies ihre Backen auf. „Und was jetzt? Sieh uns bloß an! Wir dürfen nicht so aussehen!“
Dings jaulte immer lauter! Aurelia zog sich geschwind den Morgenmantel über: „Du gehst zu unserem Baby und beruhigst ihn! Ich werde Klausi die Tür öffnen. Stell Dings ruhig, lass dir was einfallen!“
Erwin zog ein Gesicht. Die schwierigen Aufgaben bekam immer er zugeteilt! Sie rauschte aus dem Zimmer. Er hinterher und weiter zur Kellertreppe. Sie warf noch kurz einen Blick in den Spiegel. Oh nein, was sollte sie ihrem Sohn bloß erzählen!
Er riss die Kellertür auf. Mit dem Finger vor seinen Lippen machte er: „Schschschscht!“ Der Drache stand direkt vor ihm und antwortete mit einem scharfen Zischen.
Erwin musste lächeln. „Du bist ja noch mehr gewachsen! Ja wie groß willst du denn werden?“ Er sah an dem Tier hoch, dann steckte er sich seine Pfeife an. Paffend blies er kleine Rauchwölkchen aus. Dem Drachen gefiel das. Auch er blies ein würziges Wölkchen aus. Sie veranstalteten ein Wettwölkchenblasen. Doch Erwin verriet Dings nicht, dass die Schwefelwolken weitaus imposanter waren, als seine eigenen.
Aurelia hielt vor der Haustür inne. Hinterm Haus war es still geworden. Zum Glück! Sie wusste, Erwin schafft das. Nun öffnete sie. Mit einer großen Kiste beladen stand Klausi brummig vor der Tür: „Hallo Mama, ich dachte schon, euch wäre etwas zugestoßen!“ Er ging an ihr vorbei, zur Küche durch. Dort stellte er den Einkauf mit einem lauten Knall auf den Tisch. „Ich hole noch schnell die Getränke.“ Auf halbem Weg hielt er inne, drehte sich zu seiner Mutter um. „Wie siehst du denn aus?“ „Wir haben lange geschlafen“, sie zupfte ihren Morgenmantel zurecht.
Klausi schüttelte den Kopf: „Du siehst völlig verändert aus. So … Ich weiß nicht, als wärst du zehn, nein fünfzehn Jahre jünger!“ Sie schaukelte ihren ausgestreckten Zeigefinger auf ihn zu: „Du übertreibst mein Lieber! Ich habe eine neue Hautcreme. Sie ist ganz gut.“ Aurelia stand mit geschürzten Lippen vor ihrem Sohn und hoffte im Stillen, er gäbe sich damit zufrieden. Verwirrt verließ er die Küche. Sie lehnte sich an den Schrank und überlegte fieberhaft an einer weiteren Erklärung.
Mit der schweren Sprudelkiste betrat ihr Sohn erneut die Küche. „Trägst du deine Brille nicht mehr?“ Sie riss ihre Augen weit auf, schüttelte ihre Locken. Hilfesuchend blickte sie nach rechts, dann nach links. Was sollte sie sagen? „Ich habe sie verlegt!“, meinte sie knapp. Klausi zog seine Brauen zusammen: „Siehst du mich denn?“ Aurelia seufzte und zuckte mit den Achseln. Ihr Sohn meinte mit einem Blick auf die Uhr: „Hm. Ich habe nicht viel Zeit. Ich denke, wir kommen am Wochenende mal vorbei.“ Aurelia sah ihren Sohn entsetzt an, dann lächelte sie gequält: „Das ist schön. Wir freuen uns immer, wenn ihr kommt.“
Erleichtert schloss sie die Haustür hinter ihm. Sie wartete noch, bis das Auto weggefahren war. Dann stieg sie eilig die Kellertreppe hinab. Plötzlich hörte sie draußen Erwin aufschreien. Wilde Geräusche, als wäre ein Tumult ausgebrochen! Sie wurde noch schneller! Als sie zur Tür hinaus schaute, sah sie die Bescherung! Der Holunderbusch brannte und Erwin zerrte hektisch am Gartenschlauch herum! Schnell half sie ihm, den verhedderten Schlauch zu entwirren. „Au wei, das kann ja noch was geben! Was ist passiert?“ „Ach nichts!“, Erwin musste sich jetzt erst mal auf die Löschaktion konzentrieren!
„Sollen wir die Feuerwehr rufen?“ Erwin sah kurz zu ihr auf: „Soll das ein Witz sein?“ Sicher hat er Recht, dachte sie sich. Endlich lief das Wasser im hohen Strahl aus dem Schlauch.
„Bitte kümmere dich um Dings, er ist ein bisschen aufgeregt! Nicht dass er noch etwas anzündet!“ Aurelia nickte ihrem Mann zu und suchte nach dem Drachenbaby.
„Dings! Wo bist du? Komm heraus, wir sind nicht böse auf dich. So was kann doch mal passieren.“ Sie lachte auf: „Nun komm schon!“ Ganz vorsichtig bewegte sich etwas zwischen den Bäumen. „Ich hab dich gesehen!“, lachte sie freundlich und ging auf das bebende Gestrüpp zu.
Sie bog die Äste zur Seite. Dann streichelte sie sein Drachenmaul und spürte, wie er langsam unter ihrer Berührung ruhiger wurde. „Ich habe auch schon einen Küchenbrand gelegt, mein kleiner Liebling. Da ist doch nichts dabei!“ Das Vieh grunzte zufrieden und stupste Aurelia zärtlich an, sodass sie auf dem Hosenboden landete.
„Komm“, sagte sie nur und wandte sich zum Gehen. Dings trottete hinter ihr her. „Den Holunder mochte ich sowieso nicht“, meinte sie noch und betrachtete Erwin, der gerade den Brand gelöscht und sich seine Pfeife von neuem angesteckt hatte.
Er paffte ein wenig, dann legte er sich ins Gras. Er hielt einladend seine Arme für sie auf. Gemeinsam lagen sie Arm in Arm, während Dings sich neben ihnen ebenfalls in der Sonne aalte. Aurelia blinzelte in den blauen Himmel: „Die Kinder wollen am Wochenende kommen.“ „Hm“, meinte Erwin. Sonst fiel ihm nichts weiter dazu ein.
Hastig verstrich die Zeit. Zwischen kleinen Brandlöschaktionen und ausgelassenem Herumtollen, Flugübungen und sich selbst wieder neu entdecken, merkten Aurelia und Erwin gar nicht, wie das Wochenende heraneilte.
Sie hatten den alten Schrank im Keller auf den Kopf gestellt und Klamotten aus ihrer Hippie-Phase hervorgekramt. Das ein oder andere Hosenbein wurde abgeschnitten und manches Nähtchen ein bisschen enger gerafft. Denn die Alteleutesäcke konnten sie unmöglich weiterhin tragen. Jung und drahtig waren sie nun. Kraftstrotzend und verliebter denn je …
Inzwischen war ihnen völlig egal, was ihre Kinder zu alldem sagen würden. Der jugendliche Leichtsinn hatte sich in ihren Köpfen breit gemacht. Und sie beide vermissten die ältliche Besorgnis überhaupt nicht!
Soeben raffte Aurelia ihre blonden Haare zu einem straffen Pferdeschwanz zusammen, als das erste Auto vor der Tür hielt. Lachend meinte sie: „Unser hoher Besuch rückt an!“ „Na dann wollen wir mal sehen, wie sich unsere Kids so schlagen, hm?“ meinte Erwin dazu. Er zupfte ihr kurz am Zopf und verschwand in Richtung Haustür. Noch bevor es klingelte, öffnete er.
Sein Sohn Basti streckte ihm die Hand entgegen. „Guten Tag, ich möchte zu meinen Eltern. Mein Name ist Basti“, stellte er sich vor. „Ja ich weiß“, sagte Erwin freundlich. „Geh doch schon mal in den Garten, wir kommen gleich.“ Etwas irritiert nickte der Sohn und stieg die Kellertreppe hinab.
Als er den Garten betrat, traf ihn fast der Schlag. Ungläubig sah er sich um. Was war das hier? Ein Schlachtfeld? Dachte er bei sich und ging eilig wieder hinein. Auf der Treppe kamen ihm bereits Klaus und seine Frau Astrid entgegen.
„Hey Basti. Sag mal wer war das denn? Weißt du was sich hier abspielt?“, fragte Astrid. Doch ihr Schwager schüttelte nur den Kopf: „Seht euch erst mal an, was draußen los ist!“ Mit dem Daumen zeigte er lässig hinter sich.
„Du meine Güte!“ Klaus ließ seinen Blick über das Gelände schweifen, das einst ein Garten gewesen war. „Ich sagte ja schon am Telefon, irgendwas stimmt da nicht! Aber dass es so schlimm ist …!“
Die drei drehten sich erschreckt um, denn hinter ihnen kam eine junge Blondine die Kellertreppe hinunter gesprungen. „Hi Klausi, na Basti, mein Junge“, sie wirbelte schwungvoll um ihre eigene Achse, „da staunt ihr, was?“
Die beiden Männer sahen sich fragend an. Astrid lehnte mit verschränkten Armen an der Wand. Alles was sich an ihr bewegte, waren die Augen. Sie glitten hin und her. Über die verkokelten Sträucher und Büsche, über den verwüsteten Gemüsegarten bis zu der fremden Blondine, die auffordernd mit den Händen in der Hüfte dastand, und auf eine Reaktion wartete.
So, wie man es nicht anders von ihm kannte, kam Heiko direkt ums Haus herum in den Garten. Er hatte wie immer seine süße Simone im Schlepp. Er pfiff anerkennend durch die Zähne: „Hey was war denn hier los! Habt ihr Krieg gespielt?“
Die Blondine wandte sich ihm zu: „Nö, warum?“ Er sah sie forschend an. Ein, zwei Augenblicke verstrichen. „Mama? Das kann doch nicht sein!“ Sie strahlte! „Heiko, du bist der Erste, der hier überhaupt irgendwas schnallt! Lass dich drücken mein Liebling!“ Mit offenen Armen lief sie auf ihn zu. Heiko fing seine Mutter auf und wirbelte sie ein paar Runden um sich herum. „Du siehst verdammt gut aus, Mama! Was ist dein Geheimnis?“
Klaus, Basti und Astrid hatten sich in die Sitzecke zurückgezogen und flüsterten miteinander. Aurelia legte ihre Arme um Heikos und Simones Körper: „Sie tuscheln jetzt bestimmt, dass du immer mein Liebling warst!“ Heiko zuckte nur mit den Schultern. „War doch so, oder?“ Aurelia grinste breit: „Stimmt“, und wuschelte ihm durchs Haar. „Nun fehlt nur noch Erwins Liebling.“ Kurz sah sie sich um, dann fiel ihr Blick auf ihren Wecker, der um ihr Handgelenk schlackerte. „Du könntest ne neue Uhr gebrauchen“, meinte Simone zu ihrer … nun, zu der jungen Frau mit dem schönen blonden Zopf.
Ein wildes Gepolter aus dem Kellerinneren. Die Tür wurde aufgerissen! „Erster!“, schrie Fredi ausgelassen. „Du siehst zwar verdammt jung aus, ich bin aber schneller!“ „Nur weil du gemogelt hast!“, rief ihm Erwin hinterher.“ „Mama!“ Eilig kam Fred auf sie zu und hob seine zierliche Mutter in die Höhe. „Papa hat mir bereits alles erzählt! Das ist ja unfassbar!“, rief er begeistert aus, gab ihr einen Schmatzer auf die Wange und ließ sie wieder runter. „Du siehst fantastisch aus. Ich wusste gar nicht …!“ „Wirklich alles?“ Fred nickte und sah sich suchend um. Aurelia flüsterte in sein Ohr: „Das haben wir ihm beigebracht. Sieh nur, Dings liegt da hinten ganz still. So sieht er aus, wie ein Felsen.“
Fred starrte mit offenem Mund auf den gewaltigen Berg. Dieser fügte sich gut in die weitgehend verbrannte Landschaft ein. Aurelia sah sich nach Erwin um. Der stand bei Klausi und Basti und redete auf sie ein. Ihre Mienen waren nicht sonderlich freundlich. Sie ging ebenfalls zu ihnen rüber. „Kommt“, sie stützte sich auf die Tischkante, „euer Vater und ich wollen euch jemandem vorstellen.“ Aurelia nahm Erwin bei der Hand und zog ihn mit sich.
Im Weggehen erklärte sie: „Wie euch bestimmt schon aufgefallen ist, hat sich hier einiges verändert.“ Erwin und Aurelia hörten leises Gemurmel hinter sich. Die beiden gingen auf den Felsen zu und ihre erwachsenen Kinder folgten ihnen. Die einen skeptisch und vorsichtig, die anderen erwartungsvoll.
Sie setzten sich in den Schatten des Berges an ihn angelehnt und baten die Gesellschaft, ebenfalls im Gras Platz zu nehmen. Murmelnd hockten sich alle hin. Bis auf Astrid, die hatte Angst um ihr hübsches Kleidchen.
Aurelia beobachtete ihren eingeweihten Fred. Er saß da, die Augen leuchtend, die Wangen auch. Er wirkte ein bisschen kribbelig, aber gut gelaunt und vielleicht sogar etwas ungeduldig.
Heiko hatte Simone auf seinen Schoß genommen und knabberte an ihrem Ohr. Sie kicherte leise. Klausi saß mit verschränkten Armen da und musterte seine viel zu jungen Eltern. Tja und Basti? Der knetete aufgeregt seine Unterlippe.
Erwin ergriff das Wort: „Also, wie ihr seht, hat sich hier einiges verändert. Ich gebe zu, es sieht ein bisschen wüst aus.“ Er lächelte in die Runde. „Aber eure Mutter und ich, wir sind sehr glücklich“, er griff nach ihrer Hand. „Ja“, sagte Aurelia, „schon lange ging es uns nicht so gut. Seht uns bloß an! Durch einen Zufall bekamen wir nette Gesellschaft in unseren Rentnerhaushalt. Wir haben ein kleines Tierbaby aufgelesen. Und es ist nicht zu übersehen, es hat uns ganz schön auf Touren gebracht!“
Außer Fred sahen sich alle suchend um. Sie erwarteten wohl einen Dackelwelpen. Erwin und Fredi zwinkerten sich verschwörerisch zu.
„Nun, es ist eher ein ungewöhnliches Haustier“, führte Erwin die Erklärungen weiter aus. „Macht euch selbst ein Bild. Es ist ein bisschen ungestüm und tollpatschig, doch es hat ein gutes Wesen. Und genau darauf kommt es an, nicht wahr?“ Aufmunternd sah er in die Gesichter. Sie wussten was zu tun war. Alle nickten, bis auf Astrid.
Aurelia meinte noch: „Ihr braucht keine Angst zu haben, er ist ganz lieb.“ Sie stand auf und klopfte mit der flachen Hand zärtlich auf den Felsen. „Dings, du brauchst jetzt nicht mehr still halten.“
Ein tiefes, donnerndes Grollen entfuhr dem Berg. Er bewegte sich! Sein Kopf schwang herum und legte sich genau vor die sitzende Gruppe. Er sah sie schief an und erinnerte ganz kurz an den Dackelwelpen. Ein Nasenloch kräuselte er zusammen und stieß ein kleines, würziges Rauchwölkchen aus.
Astrid machte einen Satz von dem Ungetüm weg. Klausi meinte: „Hui!“ und Fredi sah Erwin mit runden Augen an. Aurelia lehnte sich an den Hals des mächtigen Drachen und fragte strahlend: „Ist er nicht süß?“ Simone flüsterte: „Riesig süß!“ Basti, kreidebleich, rutschte auf seinem Hosenboden ein bisschen von dem Drachenkopf ab und sagte mit fester Stimme: „Das Vieh muss weg!“ Astrid knüllte verängstigt an ihrem Rocksaum. Angespannte Stille. Niemand sagte ein Wort.
Dings wölkte gutmütig vor sich hin. Wie aus dem Nichts meldete sich Astrid aus dem Hintergrund: „Es ließen sich sicher einige exklusive Handtaschen aus seiner Haut herstellen!“ Klausi ergriff eifrig das Wort: „Sieh dir unsere Eltern an! Damit lässt sich weit mehr Geld verdienen!“ Basti nickte zustimmend. Die beiden tauschten listige Blicke. Heiko, Simone und Fredi schüttelten nur entsetzt die Köpfe und suchten den Blickkontakt mit ihren jungen Eltern.
Aurelia schwang sich auf den Hals des Drachen. Dings richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Erwin zündete sich seine Pfeife an. Er sah seiner Frau zu, wie sie den Drachenhals entlangrutschte, bis sie auf seinen Schultern saß. Klein, zierlich und mutig wirkte sie von hier unten.
Dann betrachtete er seine Söhne, wie sie die Luft anhielten. Hörte Relis ungestümes Lachen. Sein Blick strich über den verwüsteten Garten. Abgebrannte Bäume. Umgepflügte Erde. Der Gartenschlauch lag ausgerollt auf dem Boden. Den packten sie schon seit Tagen nicht mehr zusammen. Er wusste, das alles war nicht unter einen Hut zu bringen. Was sollten sie bloß tun? Er paffte ein paar Pfeifenrauchwölkchen, dann räusperte er sich.
„Gar nichts wird mit Dings geschehen!“, sagte er ruhig, aber bestimmt. „Dings gehört jetzt zur Familie.“ Klausi grinste fies. „Das werden wir ja sehen“, meinte Basti, „seht euch doch um! Dieses Ungeheuer gehört nicht hierher. Bald wird hier nichts, als Asche sein. Und euch beide hat das Monstrum bis dahin wahrscheinlich aufgefressen!“
Erwin paffte an seiner Pfeife: „Schön ruhig, mein Sohn. Dings mag es nicht, wenn in diesem Ton mit uns gesprochen wird.“ Klausi lachte höhnisch, Astrid eher hysterisch. Mit einem mal schwang Dings seinen Kopf in die Richtung der drei. Zuerst war es einen Augenblick still. Die Zeit, wie eingefroren. Das Tier holte tief Luft. Plötzlich stieß Dings eine kräftige Wolke in ihre Richtung. Eine sehr kräftige! Erwin zog seinen Heiko ein bisschen aus der Schusslinie. Nur zur Sicherheit.
„Die Wolke des Vergessens“, erklärte er paffend an Fredi, Heiko und die zierliche Simone gerichtet. Erwin gab alles, um nicht nervös zu klingen. „Das hat er auch schon mit unserem Nachbarn gemacht. Der wollte unbedingt die Feuerwehr rufen! Nun kann er sich nicht mehr daran erinnern.“ Er paffte milde lächelnd.
„Unser Dings tut niemandem weh.“ Aurelia schwang ein Bein über den Rücken des Drachens und ließ sich zu ihnen hinab gleiten. Sie stellte sich dicht zu Fredi, Heiko und Simone. „Wir müssen zusammenhalten, Kinder“, rief sie, „wir sind doch eine Familie!“ Heiko nickte und legte seinen Arm um sie. Dings kam mit seinem Maul bedrohlich nahe und leckte ihnen allen durchs Gesicht. „Er mag euch!“, lachte Aurelia auf. Erwin strich ihr eine gelöste Haarsträhne hinters Ohr: „Er weiß genau, wer es gut mit ihm meint.“ Aurelia nickte ihrem Erwin zu. Gemeinsam blinzelten sie von der Sonne geblendet zu dem Drachen hoch. „Wir werden mit ihm fortfliegen. Irgendwohin, wo er genug Platz zum Leben hat. Dann kehren wir Heim“, erklärte Aurelia. Fredi nickte: „Darf ich solange hier wohnen? Judith hat mich vor die Tür gesetzt.“ „Och, komm doch einfach mit uns“, meinte Erwin paffend dazu.
Aurelia hüpfte vor Freude: „Ja, so machen wir`s!“ Ihr Blick schweift zu ihrem Lieblingssohn. Heiko lächelte sie an: „Macht ihr mal. Wir warten auf euch und auf eure Geschichten, die ihr dann sicher zu berichten habt“, dabei legte er seiner süßen Simone den Arm um die Schultern. Fredi sah ganz aufgeregt zu dem Drachen auf. Dann wanderte sein Blick auf seine beiden anderen Brüder, die benommen im Gras saßen. Erwin winkte ab: „Die bekrabbeln sich wieder. Wollen wir aufbrechen, bevor sie zu sich kommen?“
Dings hatte sich bereits auf der Wiese ausgestreckt, damit seine Begleiter leichter aufsteigen konnten. „Na dann…“, meinte Erwin noch und machte den Anfang. So kletterten auch Aurelia und ganz hinten Fredi auf des Drachens Rücken. Dieser erhob sich und blies noch ein letztes Wölkchen in die Luft, bevor er sich vom Boden abstieß.
Heiko und die süße Simone schauten ihnen nach, bis sie nur noch ein winziges Pünktchen in der Ferne ausmachen konnten.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, Drachen gibt es in der Tat. Hier und überall auf unserer schönen Welt.
Doch sie zeigen sich eben nur denen, die völlig selbstlos und reinen Herzens sind.
Also, mal Hand aufs Herz, haben wir nicht alle schon wahrgenommen, wie ein leichter Wind feine Schwefelschwaden zu uns heran trug?
Ich danke ANDYHANK für seine ebenso witzigen, wie liebevollen Illustrationen.
Sie verleihen diesem Buch eine ganz andere Note.
Soll ein jeder selbst entscheiden, welcher Stil ihm besser gefällt.
Ich finde beide gut.
ANDREA MINUTILLO
Texte: ANDREA MINUTILLO
Bildmaterialien: Illustriert von ANDYHANK
Tag der Veröffentlichung: 01.02.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Diese Geschichte ist frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit Drachen aus Nachbarschaft und Umgebung sind rein zufällig.