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Sie wollen heiraten? Warum?

Sie wollen heiraten – Warum?

 

Stünde ich noch einmal vor der Entscheidung meine Freiheit aufzugeben, mich an einen völlig Fremden zu binden, müsste ich sehr lange überlegen.

Wahrscheinlich würde ich eine Liste der Pros und Kontras erstellen.

 

 

  1. PRO: Verliebt sein ist etwas sehr schönes, kaum mit irgendwas zu vergleichen.
  2. KONTRA: Dieser Zustand hält leider nicht allzu lange an, alle wunderbaren Eigenschaften des Angebeteten werden mit der Zeit unweigerlich zum Ärgernis.

Ein Beispiel: Früher (als ich noch frisch verliebt war) hielt mir mein Auserwählter immer die Autotür auf, heute fährt er ohne mich los, weil er mich vor der Garageneinfahrt vergessen hat.

  1. PRO: Früher konnte er es nicht erwarten mich zu sehen, er war dermaßen aufgeregt, dass er tatsächlich anfing zu zittern, wenn er das heute tut bekomme ich Angst dass er vielleicht am Parkinson – Syndrom leiden könnte.
  2. KONTRA: Früher bewunderte er meine Art mit Menschen umzugehen. Heute sagt er „ musst du dich ständig um mit solch seltsamen Leuten unterhalten?“
  3. PRO: Früher bekam ich immer Blumen, heute sagt er, “ kannst du nicht mal die Blumen entsorgen, die sind ja total verwelkt“ (wohlgemerkt, ich hatte sie mir selbst gekauft und hing irgendwie an ihnen).

 

Ach, lassen wir das mit der Liste und kommen zum Wesentlichen.

 

Sie sind also fest entschlossen in den Heiligen Stand der Ehe zu treten, haben Sie sich das auch gründlich überlegt?

Ich zum Beispiel war drei Jahre mit dem meinen fest verbandelt, drei Jahre hat er es geschafft mich von seiner Familie fern zu halten, drei Jahre verbrachte ich wartend auf ihn, vor dem Haus im Auto, bis er endlich fertig zum Ausgehen war. Bei uns zu Hause ging er ein und aus. Er wohnte damals noch bei Mutter und Geschwistern, hatte sich noch nicht abgenabelt. DAS hätte mir zu denken geben müssen, nein; er ist kein Muttersöhnchen, es war nur bequemer so und preiswerter.

 

Wir trafen uns fast jeden Abend, mal ging es ins Autokino, mal in die Kneipe (ich kenne im Umkreis von mindestens 100 Km jede Kneipe), ja; es gab auch die zwei oder drei Touren an die Mosel, oder die ein oder andere sogenannte Werkstattfahrt, oder die Fahrten mit der Freiwilligen Feuerwehr, das war immer sehr schön, vor allem die allererste, ich hatte eine Stirnhöhlenvereiterung, was ich allerdings nicht wusste. Diese Fahrt war die Hölle, ich hatte keine Taschentücher dabei.

Irgendwann kam der große Tag, ich sollte seine Familie kennen lernen, seine Mutter und zwei seiner vielen Brüder. Das war reine Verzweiflung, er hatte den Arm eingegipst und konnte nicht fahren, wir mussten nach Frankfurt zum Flughafen um die mir völlig unbekannten Brüder und die Mutter abzuholen, sie waren in Amerika auf Verwandtschaftsbesuch und ich musste fahren, ich hatte Angst, nicht vor dem Fahren, vor den fremden Leuten.

Erfreulicher Weise wurde ich gut in die Familie integriert, Integration klappt also doch.

Leider nicht in der Weltpolitik! Was mich zu meiner nächsten Frage bringt, was ist die Ehe? Zweifellos in den ersten Jahren Honeymoon, garniert mit Sahnehäubchen, alles ist schön>>super>>harmonisch>> und im höchsten Maße rosarot, bis sich die Kontrahenten plötzlich in zwei Lager spalten (die Kontrahenten sind Frau und Mann), ich nenne die Frau ganz bewusst zuerst und das hat nichts mit der viel diskutierten Frauenquote zu tun.

 

Männer sind nun Mal aus einem ganz anderen Holz geschnitzt, aus weichem.

Frauen sind aus Hartholz, das ist auch der Grund, dass sie selten vom bösen Borkenkäfer befallen werden.

Bitte, meine Herren nehmen Sie es nicht zu persönlich, weiches Holz ist biegsamer und besser zu bearbeiten.

 

Sind Babys Beziehungskiller? Ich denke ja.

Sobald Frau weiß dass sie ein Kind erwartet schwebt sie mindestens zehn Zentimeter über dem Boden, sie entwickelt so schnell den Mutterinstinkt, dass ihr Gatte nicht mehr sicher ist wen er da geheiratet hat, es wird ihm nämlich so ziemlich alles verboten.

Rauchen im Haus geht gar nicht, Bier trinken im Beisein der werdenden Mami auch nicht.

Eine unflätige Ausdrucksweise ist ein absolutes No Go, das Baby könnte es mitbekommen. Sex in den ersten drei oder vier Monaten gibt es ebenfalls nicht, das könnte das Kind stören, nun ist nur noch Kuschelzeit angesagt. Und was die Nahrungsaufnahme angeht, nur gesundes kommt auf den Tisch, Fleisch macht aggressiv, das gibt es nur noch ab und an.

Ich habe so manchen völlig verzweifelten Mann, mit Tränen in den Augen und geradezu entkräftet an einer Frittenbude getroffen, dort bestellte er sich eine doppelte Portion Pommes, mit Currywurst, ein; zwei Hamburger und reichlich Bier.  

 

Ich schaute ihn mitleidig an und sagte, “ werdender Vater“, worauf er nickte und in seinen Bierbecher weinte. Der Arme. Wohlgemerkt, das war vor 20 oder sogar 30 Jahren so, heute ist es ganz anders. Der werdende Papi wird von Anfang an in alles mit einbezogen, er wird mit zu den Schwangerschaftsuntersuchungen geschleppt, zur Geburtsvorbereitender Gymnastik, er lernt die Hebamme kennen und den Gynäkologen, so gründlich dass die zwei  nicht selten Freunde werden, und ab und zu ein paar Bier miteinander trinken.

Natürlich freuen sich die (fast) Väter auf den Nachwuchs, sie können es nur nicht so zeigen. Allerdings, wenn es um die sogenannte Erstausstattung fürs Baby geht, wird es oft heikel. Neulich hatte es mich aus sentimentalen Gründen in die Babyabteilung eines Kaufhauses verschlagen, und ich beobachtete ein schwangeres Paar .Sie schwebte deshalb musste sie in freudiger Erwartung sein, denn man sah noch gar nichts. Doch sie hatte diesen ganz besonderen „ Nestbaublick“. Verzückt stand sie vor den Kinderbettchen, nahm das ein oder andere total auseinander, bis auf die Matratze.

Er probierte die Stoßdämpfer der Kinderwagen und das mit Schmackes, wahrscheinlich hatte er vor Rallys mit dem Kleinen zu fahren, ein schnell herbeigeeilter Verkäufer musste ihn bremsen.

„ Schau mal Niklas, ist das nicht süß“, und hielt einen viel zu großen Strampelanzug hoch, mit Marienkäfern als Knopfleiste. „ Das wird doch viel zu groß sein, außerdem ist es für Mädchen und es wird ein Junge.“

„ Das wissen wir doch noch nicht, und man sollte nicht zu kleine Sachen kaufen“, rief sie Niklas zu. Die beiden unterhielten sich über die Distanz zweier Gänge, ich konnte alles hören. Dann fingen sie an zu streiten, ob sie jetzt schon einen Autositz kaufen sollten, oder lieber einen Flaschen – und Gläschen wärmer, oder vielleicht den 1000 Euro teuren Kinderwagen. Ich ging, ich hatte genug gehört. Ich ging, aber nicht ohne den süßen Kuschelhund, an so etwas; kann auch ich nicht vorbei gehen.

Auf dem Heimweg dachte ich über meine eigenen Schwangerschaften nach.

Ja, wie waren die bloß zustande gekommen? Ich kann mich an die Zeugung beim besten Willen nicht erinnern, ich musste wohl ohnmächtig gewesen sein, bei beiden. Ich schwöre, es war so.

Und wenn das Kind erstmal auf der Welt ist, verändert es ALLES!

 

Wenn Frau nicht gerade ein Multitasking – Talent ist, kommt das Essen immer zu spät auf den Tisch, die Bügelwäsche stapelt sich, das Geschirr schreit förmlich nach Spülmittel.

Man ist immer müde, kämpft mit den angefressenen Pfunden, hat keine Freunde mehr.

Und der Mann erfindet die tollsten Ausreden, um außer Haus zu sein. Den Einkauf erledigt irgendein Fremder, wahrscheinlich ein Auszubildender, ich habe nie gefragt.

Er stellt die Sachen vor die Tür. Frau kommt einfach nicht mehr dazu, etwas für sich ganz allein zu tun. Beim kleinsten Schniefen des Kindes rennt man ans Bettchen, ringt die Hände und greift zum Telefon, welches man immer in Reichweite hat. Mitten in der Nacht bekam unser Jüngster Hunger, ich bereitete halb im Schlaf die Flasche, gab sie ihm und schlief wirklich beim Füttern ein, er verschluckte sich nicht ein einziges Mal. Er ist heute 36>>das ist der Beweis.

 

Der Kampf der Mütter, meine Mutter war sehr eifersüchtig auf die Mutter meines Mannes.

Dabei war meine Schwiegermutter eine Seele von Mensch, sie mischte sich nie ein, sie ging uns nicht auf die Nerven. Ganz im Gegenteil zu meiner Mutter, sie mischte sich ein!

Sie mochte ihre „ Kontrahentin“ nicht, weil sie dachte (meine Mutter), die andere hätte mehr vom Kind und ich würde den Kleinen dauernd dort parken, mitnichten; meine Schwiegermutter war mit 8 Kindern, die sie großgezogen hatte überreichlich satt.

 

Ich fühlte mich ständig überfordert, durch meine Mutter, bis ich sie endlich überzeugen konnte dass ich gar keine Zeit für Besuche bei der anderen Mutter hatte, es war schlimm.

Seit nunmehr 36 Jahren leide ich unter einer postnatalen Depression, ich denke mal, das erklärt vieles.

 

Dann begann der Geschwisterkrieg, erst war alles wunderbar, mein 7 jähriger Sohn hatte endlich ein Brüderchen. Er kümmerte sich wirklich rührend um den Kleinen, bei der ersten Ausfahrt fuhr er den Kinderwagen gleich vor eine Laterne, ich verbot ihm strengstens sich mit dem Baby außer Haus zu wagen. Ohne mein Wissen.

Aber die zwei spielten wunderbar miteinander, das erste Wort unseres Kleinen war nicht etwa Mama, nein; es war Tia, der Große heißt Matthias und hat wesentlich zur Sprachentwicklung seines Bruders beigetragen, woher der Lütte das Wort Scheißar…hatte entzieht sich meiner Kenntnis.

 

Plötzlich sind sie Teenager, das war eine nervenaufreibende Zeit. Sie mussten sich ein Zimmer teilen, wir schliefen im kleinsten Raum, die Jungen brauchten Platz um sich einvernehmlich zu streiten. Einen Fernseher bekamen sie erstmal nicht, das hätte zu vielen Meinungsverschiedenheiten geführt, im Wohnzimmer wollte sie nicht fernsehen, doch nicht mit den alten Leuten. Die alten Leute, damit waren mein Mann und ich gemeint, sie haben es immer abgestritten, doch ich weiß es.

 

Dann zogen sie aus, es hat lange gedauert aber irgendwann suchten sie ihr Glück in der Ferne.

Das leere Nest – Syndrom, ich habe eigentlich nie darunter gelitten, denn beide kamen ja immer wieder zu Besuch, um ihre Wäsche waschen zu lassen, sich Geld zu leihen (welches ich nie wieder gesehen habe), um den Kühlschrank zu inspizieren und zu erleichtern, um alles besser zu wissen und um eine Spur der Verwüstung zu hinterlassen.

Mittlerweile sind beide gestandene Männer, der Große übt einen verantwortungsvollen Beruf aus, und schreibt Bücher. Der Kleine hat sich ein Haus gekauft, heimlich geheiratet, eine Europa – Rundreise gemacht und zwei süße Kinder in die Welt gesetzt und er arbeitet in der Computerbranche genaues weiß ich nicht, nur dass er von zu Hause aus arbeitet und vermutlich seiner Frau auf die Nerven geht. Allerdings macht sie einen zufriedenen, glücklichen Eindruck, seltsam. Nein, sie steht nicht unter Drogen.

 

Wenn der Mann in Rente geht, ich werde niemals vergessen, was mein älterer Sohn mit sorgenvollen Gesicht einmal zu mir sagte, “ wenn Papa mal nicht mehr arbeitet, sollte es sich unbedingt ein Hobby zulegen“, warum? Fragte ich.

Er sah mich nur mitleidig an und schwieg. Heute weiß ich, was er meinte.

 

Er hat sich zur Aufgabe gemacht mich manchmal regelrecht in den Wahnsinn zu treiben.

Er putzt, er bügelt, er findet auch noch das kleinste Staubkörnchen. Er räumt seit Monaten den Keller auf, er besitzt jede auf dem Markt befindliche Schraube, die Nachbarn stehen Schlange, weil sie irgendetwas brauchen, er hat es und er besitzt eine beachtliche Kollektion von Hämmern, Zangen, Schraubendrehern und hübschen Kabelschuhen.

Es gibt kein Werkzeug, das er nicht hat. Na, wenn das kein Hobby ist.

Bald baut er ein neues Vogelhaus, er wollte schon immer Schreiner werden und mein jüngerer Sohn baut für seine Eltern ein „Alten gerechtes Bett“.

 

Ist das nicht rührend?

Allerdings nicht ganz so rührend, er baut es nur damit wir übernachten können, um die Kinder zu hüten>>klar.

 

Trotzdem bin ich zufrieden, mit meinem Leben, mit kleinen Abstrichen versteht sich.

 

Heiraten Sie ruhig, meinen Segen haben Sie.

Aber, lernen Sie unbedingt das NEIN sagen und machen Sie Autogenes Training.

 

 

 

 

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Copyright by Sigrid Ackermann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 21.10.2020

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Wer sich auf so einen abenteuerlichen Weg begibt, sollte die Marschverpflegung nicht vergessen! Sie besteht aus: Einer großen Portion Humor, Geduld und Kompromissbereitschaft. Die Bibel ist ebenfalls sehr hilfreich! Und lernen Sie unbedingt eine Fremdsprache, damit Ihr Partner Ihre wüsten Beschimpfungen nicht versteht!

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