Vorwort
Mein Name ist Nina und das ist meine Geschichte.
Naja, eigentlich ist es eher sowas wie ein Erfahrungsbericht. Wie auch immer.
Ich bin jetzt gerade 14 Jahre alt und besuche die achte Klasse der Realschule. Und ich kann nicht rechnen. Das heißt, ich kann schon, aber irgendwie auch nicht. Das ist schwer zu erklären. Ich habe nämlich Dyskalkulie
.
Bestimmt wisst ihr jetzt nicht unbedingt, was das ist.
Es sei denn, ihr lest dieses Buch, weil ihr auch Dyskalkulie habt oder etwas darüber erfahren möchtet.
Dyskalkulie - das ist eine Rechenschwäche.
Manche sagen auch Arithmastenie
dazu.
Wir haben als ich 13 war einen Test gemacht, also wussten wir vorher gar nicht, dass ich wirklich eine Rechenschwäche habe.
Aber schlecht in Mathe war ich immer schon, auch in der Grundschule. Und bei keinem Lehrer wurde es besser.
Apropos Lehrer - die sind ein gutes Thema. Meistens sind sie genervt, weil ich nicht aufpasse. Warum sollte ich auch aufpassen, wenn ich es doch sowieso nicht verstehe?
Ich sitze im Mathe-Unterricht und mein Körper ist anwesend, aber mit meinen Gedanken bin ich ganz woanders. Mathe interessiert mich nicht, und es macht keinen Spaß. Es ist langweilig und anstrengend.
Wer hat bitte Spaß am Dividieren von Brüchen oder am Berechnen von Flächeninhalten, und wer konstruiert gerne Dreiecke? Ich jedenfalls nicht!
Außerdem kann ich es eh nicht.
Aber es gibt auch Situationen, da macht Mathe mich richtig fertig. Dann ist die Mathematik mein schlimmster Feind. Und heute war so ein Tag.
Donnerstag,15 September
Nett grinsend kommt unser Mathelehrer, Herr Michelski, rein und stellt seine Tasche neben dem Pult ab.
Eigentlich mag ich ihn, er ist wirklich nett.
Er ist nämlich auch mein Deutschlehrer. Und in Deutsch bin ich ein Ass. In Deutschstunden verstehen wir uns gut.
Jetzt geht es los. Eine dieser Horror-Stunden, schlimme 45 Minuten stehen mir bevor, und ich habe schon jetzt keine Lust mehr.
"So, vergleichen wir jetzt mal die Hausaufgaben!", sagt her Michelski. Die Haufgaben habe ich nicht gemacht. Die mache ich fast nie, außer ich krieg sie hin, aber das passiert nicht so oft. Meistens will ich sie auch gar nicht machen, weil ich weiß, dass ich sie eh nicht kann. Ich sitze dann davor, starre das Buch an, das verhasste Mathebuch, und weiß nicht was ich machen soll.
Zurück zur Mathestunde - Alle anderen haben die Hausarbeiten verglichen. Bloß gut, dass er mich nicht drangenommen hat. So hat er gar nicht mitbekommen, dass ich meine Hausarbeiten wieder nicht gemacht habe. Aber ich glaube das weiß er eh. Jetzt sagt er auf Aufgaben aus dem Buch, und wir sollen sie lösen.
Flächeninhalte von Dreiecken berechnen. Klingt schwierig. Das Thema haben wir seit 3 Tagen. Und ich kann es immer noch nicht. Während ich mich noch immer mit der ersten Aufgabe auseinandersetze und versuche zu verstehen, was ich jetzt machen soll, werden in der Klasse schon die ersten Aufgaben verglichen.
Markus, das Mathe-Ass der Klasse, streckt den Arm Richtung Decke. "Die Formel, Markus?", sagt Herr Michelski. Hä? Formel? "A gleich c mal hc durch zwei!", lautet Markus Antwort. Das verwirrt mich total. Ich dachte ich sitze hier im Mathematikunterricht. Und Mathe bedeutet für mich Zahlen und nicht Buchstaben.
So geht das den Rest der Stunde. Gelöst habe ich nicht eine Aufgabe, wie denn auch, wenn ich nicht weiß, wie?
Dieses ganze Zeug bringt mich zum Verzweifeln. Während und mich herum alle fleißig rechnen (oder buchstabieren?) starre ich wie immer mein Buch an.
So langsam macht mich das echt wütend. Meine beste Freundin, Marie, die neben mir sitzt, versucht nochmal mir das Thema zu erklären. Lieb von ihr. Aber wie kann ein Dreieck einen Inhalt haben? Ein Dreieck ist ein Dreieck, und das wird es auch immer bleiben. Außer man zeichnet noch was dazu, dann ist es ein Quadrat. Auch Marie kann mir das irgendwie nicht verständlich machen. Und das macht mich richtig sauer. Also ich bin nicht auf Marie sauer, sondern auf mich selbst. Ich bin wütend, wütend und traurig, dass ich mal wieder nichts kapiere. Die Tränen steigen mir in die Augen.
Ich stehe auf und gehe flott nach vorne zu Herr Michelski, frage ob ich mal kurz auf die Toilette darf. Ich darf, schnell verlasse ich den Klassenraum und renne die Treppe runter zum Klo.
Den Raum werde ich erst zum Pausenklingeln wieder verlassen.
Das ist nicht das erste Mal, dass ich während einer Mathestunde den Klassenraum verlasse.
Ihr denkt jetzt bestimmt, dass ich albern bin. Dass es nicht so schlimm sein kann wenn man Mathe nicht versteht. Aber ich verstehe kein Mathe und keiner versteht mich. Ich fühle mich "zu blöd" dafür.
Aber das verstehen die anderen aus meiner Klasse nicht. Man fühlt sich damit alleingelassen, obwohl viele versuchen mir zu helfen. Aber ich brauche keine Hilfe ; ich brauche ein Wunder!
Tag der Veröffentlichung: 16.09.2010
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