Seit Stunden saß Jurimas in der Bibliothek, brütete über einem alten Buch, das unglaublich mächtige Zauber enthielt. Einer von ihnen musste der Richtige sein.
Sein Blick glitt hinauf zur gläsernen Kuppel, durch die er den Vollmond sehen konnte.
Ihm lief die Zeit davon. Nur noch wenige Tage, dann gäbe es für ihn die letzte Chance, Noy, seinen Duala zu retten. Schon zweimal war er gescheitert, musste mitansehen, wie sie Noy wieder mit sich durch das von ihnen erschaffene dunkle Portal zerrten.
Ihr aller Feind hasste Jurimas und all die anderen aufrechten Hexen und Zauberer, die für das Gute kämpften, sich gegen die stellten, die es nur auf das Erlangen von noch mehr Macht abgesehen hatten, ohne Rücksicht auf Verluste.
Diese Schweine wussten, das sie Jurimas in den Wahnsinn treiben würden, sollte er Noy verlieren. Ohne ihn würde er nur noch ein Schatten seiner selbst sein, sich nicht mehr darum scheren, was um ihn herum geschah. Oder er würde dem Bösen anheimfallen, zerstören, was er schon so lange beschützte.
Sein Duala gab ihm Halt, war sein sicherer Hafen, sein Ratgeber. Heute wusste er nicht mehr, wie er je existieren konnte, ohne seinen Liebsten an seiner Seite.
Noy und er lernten sich vor einem Jahrzehnt kennen. Fast sofort spürte Jurimas, das der junge Mann mit dem liebreizenden Gesicht, der sanften Stimme, sein Duala war. Dieses Geschenk erhielten nicht alle von ihnen. Viele hofften ihr ganzes Leben vergebens darauf, ihr passendes Gegenstück zu finden. Ein Duala war ein Mensch, dessen Seelen mit der eines Zauberers oder einer Hexe verbunden war. Sie ergänzten einander, gehören auf ewig zusammen.
Zuerst war er zutiefst erschrocken, wollte Noy nicht in Gefahr bringen, doch am Ende blieb ihm keine andere Wahl, als sich ihm zu offenbaren.
Noch heute sah er die Straße vor sich, in der sich allerlei Händler tummelten, ihre Waren anboten. An Markttagen war die Stadt in der Nähe der Burg, in der Jurimas und die anderen lebten, gut besucht, weshalb er nicht weiter auffiel, in der Menge unterging. Normalerweise hielt er sich eher in den Wäldern auf, genoss dort er die Ruhe. An diesem Tag jedoch zog ihn die Menschenstadt wie magisch an, er musste dorthin.
Er ließ sich treiben, besah sich all die exotischen und heimischen Leckereien, die dargeboten wurden.
Und dann spürte er etwas, ein ziehen tief in seiner Seele, das er so nie zuvor wahrnahm.
Wie durch eine unsichtbare Macht gelenkt, jederzeit bereit, sich gegen einen angreifenden Zauberer zu wehren, denn anders konnte er sich das, was mit ihm in diesem Moment geschah, nicht erklären, lief er an all den Leuten vorbei, entfernte sich vom Markt.
Ein schriller Schrei ließ ihn verharren, ein zweiter ertönte. Da begann er zu rennen und erreichte eine kleine Gasse, in der er, trotz der Tatsache, das es helllichter Tag war, kaum etwas erkennen konnte. Da kamen ihm seine geschärften Sinne zugute, denn seinesgleichen nahm viele der Eigenschaften der Tiere an, in die sie sich verwandeln konnten.
Was er sah, ließ ihn laut knurren. Ein bulliger Kerl, der dreckig war und dessen Gestank bis zu ihm herüber wehte, stand vor einem Jugendlichen von höchstens 18 Jahren, der seinen Angreifer mit vor Angst weit aufgerissenen Augen anstarrte. Immer wieder schlug er mit geballter Faust hart zu und fuchtelte mit einem grob gearbeiteten Dolch vor ihm herum.
Dieser Junge war, was Jurimas sich schon immer ersehnte und genau hierher führte ihn seine Seele. Genau jetzt musste er hier sein, um den anderen zu beschützen.
»Gib mir dein Geld! Oder willst du, das ich dir mit meinem Messer dein hübsches Gesicht aufschlitze?«
»Aber ich habe nichts. Seht nach, ich habe nichts bei mir«, gab der verängstigte Junge leise von sich.
»Unsinn, jemand wie du ist nicht arm. Jeder würde dich fürstlich dafür belohnen, wenn du ihm zu Diensten bist«, spie er ihm verächtlich entgegen. Mittlerweile erfüllte das Schluchzen des jungen Mannes die Gasse und holte Jurimas aus der Starre, in die er gefallen war, als er etwas wahrnahm, das nicht sein konnte und doch nicht zu leugnen war.
Wie viele andere Zauberer war eine der ersten Gestalten, die er sich aneignete, die eines Wolfes. Schnell sah er sich um, konnte niemanden entdecken und wandelte sich. Lautlos, wie der Jäger der er war, näherte er sich dem Kriminellen und seinem Opfer, die ihn beide noch nicht bemerkten. Zuerst überlegte er, den Mistkerl nur kampfunfähig zu machen, doch dann beging dieser einen Fehler, der sein Schicksal besiegelte. Er würde sterben, denn er hob seine Klinge an, hielt sie dem anderen an den Hals und verletzte ihn dabei. Sein Blut zu riechen war zu viel für Jurimas. Mit einem Hechtsprung warf er sich als Wolf auf den Mistkerl, riss ihn um. Er gab ihm nicht einmal die Möglichkeit, um Hilfe zu schreien, biss ihm mit seinem Wolfsgebiss die Kehle durch. Da es in dieser Gegend wilde Hunde gab, die auch hin und wieder Menschen anfielen, würde man sich nicht weiter darum kümmern. Er war einfach ein weiteres bedauerliches Opfer dieser Bestien.
Der Mann, der Jurimas anzog wie ein starker Magnet, schrie beim Anblick dessen, was geschah, nicht einmal auf, sondern rutschte an der Wand hinter ihm herunter, starrte den riesigen Wolf an, zeigte jedoch keine übermäßige Angst vor ihm.
Spürte er etwa auch, das es zwischen ihnen eine Verbindung gab?
Hektisch überlegte er, was er tun sollte, entschied sich dann dafür, aufs Ganze zu gehen. Er richtete sich auf und wandelte sich zurück.
Seinem Gegenüber klappte der Mund herunter.
»Von euch hat mir meine Großmutter immer erzählt, aber ich dachte, das sie sich diese Geschichten nur einfallen ließ, um uns Kinder zu unterhalten.« Er sprach leise und seine Stimme schien Jurimas im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut zu gehen.
»Uns gibt es wirklich. Wir zeigen uns den Menschen jedoch nicht. Ich tat es, weil ich dich nur so retten konnte. Doch nun, da du mich gesehen hast, muss ich dich mitnehmen.« Entschuldigend sah er ihn an, was so gar nicht seine Art war. Er war dafür bekannt, das er Regeln durchsetzte, egal ob sie einem gefielen oder nicht. Vor allem wollte er ihn nicht zurücklassen, konnte es nicht, denn dieser Mann war vom Schicksal selbst für ihn bestimmt worden.
»Schlimmer als mein bisheriges kann ein Leben bei dir nicht sein«, antwortete er und überraschte Jurimas damit ein weiteres mal. »Du scheinst mir anständig zu sein, würdest mir nichts antun. Schließlich hast du mich vor dem da gerettet.«
Viele Fragen stahlen sich in Jurimas Verstand, doch die Beantwortung musste warten. Sie mussten hier weg, ehe man sie und den Leichnam entdeckte.
»Dann komm, folge mir«, bat er und führte ihn auf versteckten Wegen, auf denen ihnen nur wenige Menschen begegneten, aus der Stadt heraus. Zugern hätte er die Hand des Mannes in seiner gehalten, entschied sich jedoch dagegen, da die meisten Menschen die Liebe zwischen zwei Männern als eine der größten Sünden betrachteten und sicher Anstoß an ihnen nehmen würden, sollten sie sie dabei erwischen.
Vor der Stadtmauer hielt Jurimas einen Moment inne und wandte sich dem anderen zu.
»Nennst du mir deinen Namen? Mich nennt man Jurimas.«
»Mein Name ist Noy. Ich freue mich dich kennenzulernen, Jurimas.« Die Art, wie Noy Jurimas Namen aussprach, verursachte diesem eine Gänsehaut vom Feinsten. Von Minute zu Minute wurde das Sehnen in ihm stärker, so das es selbst für ihn, der gern an etwas zweifelte, klar war, das es sich bei Noy unzweifelhaft um seinen Duala handelte.
Zuerst sorgte Noys Anwesenheit für ein klein wenig Unruhe in der Burg, da keiner damit rechnete, dass ausgerechnet er den für ihn Bestimmten treffen würde, doch schnell schlossen ihn alle ins Herz.
Noy, der wie ein Engel klang, aussah wie einer und eine unglaublich sanfte Seele besaß, wurde schnell zu einem wichtigen und geachteten Teil seiner selbstgewählten Familie.
Bis zu dem Tag, an dem Jurimas versagte, seinen Duala nicht beschützen konnte.
Tränen liefen ihm über die Wangen, als er die Augen öffnete und sich in der Bibliothek wiederfand. Er vermisste Noy so sehr, konnte den Gedanken, ihn möglicherweise nie wieder in den Armen halten zu können, nicht ertragen.
Nach außen war er stark, ließ keinen seiner Freunde sehen, wie zerrissen er innerlich war, wie sehr ihm das Herz blutete.
Doran gegenüber benahm er sich unfair, denn dieser konnte nichts für sein Leid, war nicht der Grund, wieso Jurimas unglücklich war, doch er und Aik lebten ihm jeden Tag aufs Neue vor, was er verlor. Sie so glücklich zu erleben bereitete ihm fast körperliche Schmerzen. Aik, der wie ein Bruder für ihn war, gönnte er, das er seinen Duala fand und doch konnte er sich diesem gegenüber nicht so verhalten, wie dieser es verdiente. Auch Tornan und Rejla waren eine wiederkehrende Erinnerung an Noy und dessen uneingeschränkte Liebe für Jurimas.
Für Aik, Rejla und die anderen, die für ihn waren wie eine große Familie, war Noy tot, gestorben bei einem Angriff ihrer ärgsten Feinde.
Nur er wusste, dass sein Liebster noch lebte, dass er alles dafür tat, um ihn zu retten und doch immer wieder versagte.
Jurimas ballte die Hände so sehr zu Fäusten, das seine Knochen knackten, seine Knöchel schneeweiß hervortraten.
Ihm blieb nichts anderes übrig, er musste sich denen anvertrauen, die ihm näher standen als sonst jemand, mit Ausnahme von Noy natürlich. Es fiel ihm schon immer schwer, seine Schwächen einzugestehen und um Hilfe zu bitten.
Mit einem tieftraurigen Seufzen streckte er die Hand aus, murmelte eine alte Formel, mit derer man Dinge verschwinden und wieder erscheinen lassen konnte. Auf seiner Handfläche erschien ein kleines, handgemaltes Bild, das Noy zeigte. Egal wie oft er dieses Bildnis auch betrachtete, er bekam nie genug davon. Einer seiner Kameraden war ein unglaublich begabter Künstler und fertigte ihm dieses Kunstwerk an.
Wer Jurimas Duala nicht persönlich kannte würde annehmen, das Gemälde würde nicht den wahren Noy darstellen, denn niemand konnte so schön sein. Doch sein Duala war das schönste Wesen, das er jemals sah, wie eine Erscheinung aus einer anderen Welt.
Was diese Schweine ihm wohl antaten, in dem Wissen, dass sie damit auch Jurimas wehtaten? Musste er leiden, weil er mit ihm, einem scheinbar unfähigen Zauberer verbunden war?
Sie brachten so viel zu Stande, konnten die erstaunlichsten Dinge bewirken, doch die Zeit konnten sie nicht zurückdrehen. Wenn dies möglich wäre, hielte ihn nichts hier, er wäre schon zu dem Tag zurückgekehrt, an dem sie ihm das Wichtigste nahmen. Dieses Mal würde er ihn sicher retten können. Leider war es müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, denn niemand konnte vergangenes verändern, auch er nicht, ganz egal wie sehr es sich wünschte.
»Ich hoffe, du weißt, wie sehr ich dich liebe und das ich alles tun werde, um dich wieder in meinen Armen halten zu können«, sagte er leise zu Noys Abbildung, die ihn so glücklich anlächelte, das es ihm zum wiederholten Mal an diesem Tag die Tränen in die Augen trieb. Sein Liebreiz und die Güte, die er ausstrahlte, konnten Jurimas den dunkelsten Tag erhellen, die Finsternis in und um ihn vertreiben, die ihn manchmal überkam. Seit Jurimas alleine war fühlte er sich, als würde er in einen Strudel gezogen, der ihn irgendwann mit sich hinfort reißen würde.
Schritte in seiner Nähe zeigten ihm, das er nicht mehr alleine war. Natürlich sorgten sich die anderen Bewohner, die für ihn mehr Familie waren, als es seine leibliche je war, um ihn, bemerkten, wie er sich immer mehr zurückzog.
»Hier bist du ja«, sagte Rejla leise und setzte sich auf den Stuhl neben ihm. Die sonst so fröhliche Frau wirkte bedrückt, musterte ihn lange. »Du musst mit uns reden, Jurimas, wir haben Angst dich zu verlieren. Seit Noys Tod entgleitest du uns immer mehr. Ich weiß, das ein Verlust wie der deine nicht so einfach zu überstehen ist und das viele den Tod ihres Dualas nicht lange überleben, aber das bedeutet nicht, dass wir tatenlos zusehen werden, wie du immer mehr zu einem Schemen dessen wirst, was du einst warst. Wir, deine Brüder und Schwestern, werden um dich kämpfen.«
Mit Tränen in den Augen, für die er sich schämte und sie doch nicht zurückhalten konnte, blickte er Rejla an. Sie war ihre Heilerin, war sanft, nutzte ihre magischen Fähigkeiten zur Herstellung von Tränken und zur Heilung selbst. Er achtete sie sehr, war dankbar, das sie auf ihrer Seite stand.
Mit einem Schluchzen, das im Raum widerhallte, warf er sich in Rejlas Arme und weinte bitterlich.
Als er sich wieder beruhigte, bemerkte er, das sie nicht mehr unter sich waren. Um sie herum saßen und standen alle Bewohner der Burg.
»Ich muss euch etwas gestehen«, sagte er leise. »Es betrifft Noy. Ihr glaubt zu wissen, das er tot ist, doch das ist nicht der Fall. Unsere Feinde, die dunklen Zauberer, haben ihn mit sich genommen. Sie ließen mir eine Nachricht zukommen, das sie mir die Möglichkeit geben, ihn zurück zu bekommen. Sie haben geschrieben, das ich es nur alleine erreichen könnte und das wenn sie weitere unserer Art einmischen, das das Todesurteil für Noy bedeuten würde. Drei Versuche gestanden sie mir zu. Zweimal bin ich schon gescheitert. Der letzte steht in wenigen Tagen an. Wenn ich wieder versage, werden sie ihn vor meinen Augen vernichten, mir beweisen, das das Gute niemals siegen wird und der einzige richtige Weg der ihre ist. Sie gaben mir zu verstehen, das es keinen Zauberer mit gutem Herzen gibt, der Noy retten kann...und wie es aussieht, haben sie Recht.«
Um ihn herum herrschte Schweigen, weshalb er aufsah. Verblüffung zeigte sich auf den Gesichtern seiner Freunde. Die Wut, die er Angesichts seines Geständnisses erwartete, blieb aus.
»Was ist, wenn sie es genauso meinten? Ich meine, als sie sagten, das kein Zauberer für Noys Rettung sorgen kann. Möglicherweise belegten sie ihn mit einem machtvollen Zauberspruch, der alles neutralisiert, was ihr tut. Dann könnten Tornan und ich die einzigen sein, die erfolgreich sein werden, unsere Herzen sind rein«, sagte Doran. Das ausgerechnet er sich einbringen würde erwartete Jurimas nicht, den er behandelte ihn nicht wie er sollte, was Aiks Duala ihm scheinbar nicht übel nahm.
Stimmen erhoben sich, einige begannen zu diskutieren. Aik starrte hingegen nur Doran an, als wüsste er nicht, was zu tun war.
Cord, einer der Ältesten unter ihnen, der trotz allem nicht älter wirkte als Ende zwanzig, trat vor.
»Ruhe...bitte...ich glaube, das Doran Recht haben könnte. Wie ich Jurimas kenne wird er alles versucht haben, um ihnen Noy zu entreißen. Dabei wird ihm egal gewesen sein, wie hell oder dunkel, erlaubt oder verboten die Zauber waren, die er anwandte.« Alle sahen zu Jurimas und dieser nickte bestätigend. »Unser Feind ist gut darin, uns in die Irre führen zu wollen, uns vorzuführen. Und sie wissen, dass wir alles tun würden, um zu verhindern, das ein Duala sich so in Gefahr bringt. Aber gerade das macht das, was Doran sagte noch einleuchtender. Da sie erwarten, das Jurimas wie üblich Magie wirken wird, werden sie sich gegen nichts anderes wappnen. Das könnte die einzige, die letzte Chance für Noy sein. Aller guten Dinge sind drei, so heißt es doch bei den Menschen.«
»Ich werde es nicht zulassen, das mein Mann sich ihnen stellt. Er ist ein Mensch! Sie werden ihn töten oder ihn ebenso entführen wie Noy. Es tut mir wirklich leid, Jurimas, das musst du mir glauben, aber Doran soll dieses Schicksal erspart bleiben«, rief Aik aufgebracht aus, schlang seine Arme um seinen Partner, der vor ihm stand.
Dieser machte sich jedoch frei und trat einen Schritt von ihm weg.
»Das entscheidest nicht du, Aik! Wenn ich Jurimas und seinem Duala helfen kann, dann werde ich es tun.« Aik klappte die Kinnlade herunter, er bewegte die Lippen, brachte jedoch kein einziges Wort hervor.
»Wenn es erforderlich ist, werde ich ihn begleiten und beschützen«, erklärte Tornan, der neben Rejla stand. Diese wirkte ebenso besorgt wie Aik, sagte jedoch nichts, denn sie wusste, so wie alle hier, dass ihr Mann sturer war als eine ganze Herde Esel und ihm seine Ehre nie gestatten würde, jemanden allein zu lassen, der ihn brauchte.
»Bevor wir anfangen, irgendetwas zu entscheiden, müssen wir uns beraten, genau planen, wie wir vorgehen werden. Nur dann sind Doran und Tornan sicher und wir können Noy nach Hause holen. Wir als Gemeinschaft vereinen so viel Wissen und Macht, das wir sicher einen Weg finden, aus dieser Sache siegreich hervorzugehen. Jelto, wir müssen unsere beiden so ausstatten, das man ihnen möglichst wenig anhaben kann. Dazu werden wir die heiligen Rüstungen nutzen.«
Jelto war der Hüter der Waffenkammer. Diese Rüstungen wurden mit so vielen Zaubern durchwebt, das es kaum etwas gab, das sie durchdringen konnte. Sie wurden nur im äußersten Notfall eingesetzt. Es bewegte Jurimas, das Cord sie nun im Kampf für Noy einsetzen wollte.
»Dann lasst uns Rat halten«, warf nun Aik ein. Seine Gesichtszüge wirkten wie eine Maske. Jurimas verstand ihn nur zu gut, denn auch wenn er froh war, dass Doran ihm helfen wollte, er wusste, wie es sich für seinen Kameraden anfühlen musste, das der Mann, den er über alles liebte, sich freiwillig einem Gegner stellen würde, gegen den sie schon seit Jahrtausenden kämpften, von dem sie wussten, wie machtvoll und vor allem skrupellos er war.
Minuten später saßen sie im großen Saal um den enormen Tisch herum, an dem sie alle Platz fanden. Es wurden Aufzeichnungen herumgereicht, Pläne geschmiedet und wieder verworfen.
Vor den Fenstern graute schon der Morgen, als sie gemeinsam zu dem Schluss kamen, dass das Szenario, das Doran beschrieb, das schlüssigste war. Sie würden ihn und Tornan zu dem Ort bringen, an den ihr Feind Noy die letzten Male schon brachten. Natürlich würden alle anderen sie begleiten, um die feindlichen Zauberer zu bekämpfen, denn ihnen wurde, durch Jurimas Schilderung bewusst, das nur die direkte Befreiung Noys durch Magie nicht funktionierte, sie die Männer, die ihn festhielten, sehr wohl angreifen konnten, wenn nötig sogar nur mit menschlichen Waffen und ihren bloßen Händen.
Nachdem feststand, wie sie vorgehen würden, begaben sie sich in die Waffenkammer, um sich mit allem, was benötigt wurde, einzudecken, ehe sie sich zurückzogen, um etwas Schlaf zu bekommen.
Nachdenklich sah Jurimas Aik und Doran nach, die Hand in Hand einen der langen Gänge entlang liefen. Taten sie wirklich das Richtige? Durfte er zulassen, das sich alle für Noy und ihn in Gefahr begaben? Kurz vorzog er den Mund zu einem schiefen Grinsen. Also ob er sie jemals von einem einmal ins Auge gefassten Plan abbringen könnte.
Müde und doch hellwach betrat er sein Zimmer. Alles hier erinnerte ihn an Noy. An der Wand über ihrem Bett hing ein Gemälde, das sie beide zeigte. Er hielt seinen Liebsten von hinten im Arm und dieser lehnte sich vertrauensvoll und überglücklich lächelnd an ihn. Langsam trat er ans Bett, berührte den Überwurf. Den Stoff dafür besorgte er seinem Mann. Selten lernte er einen Sterblichen kennen, der so vielseitig begabt war. Es lag wahrscheinlich an seiner Großmutter, die ihm viel beibrachte, ihm einen Blick auf die Welt ermöglichte, die vielen Menschen für immer verwehrt blieb.
Mehr wie einmal war ihm der Gedanke gekommen, das Noys Großmutter womöglich eine von ihnen war, eine Hexe oder zumindest in direkter Linie von einer abstammte. Die meisten Kinder, die von einem Zauberer oder einer Hexe und deren Duala abstammten, waren selbst vollwertige magische Wesen, unsterblich wie ihre Eltern. Nur eine geringe Anzahl kam ohne Fähigkeiten auf die Welt und besaß nur eine begrenzte Lebensspanne. Sie erhielten zwar dieselbe Erziehung wie jemand ihrer Art und doch entschieden sich einige von ihnen dafür, ihr Heil in der Welt der Menschen zu versuchen, da sie dort etwas bewirken konnten und nicht mitleidig betrachtet wurden, da sie keine Magie nutzen konnten. Deshalb war es gut möglich, das sein Duala mehr war, als nur ein normaler Mensch.
Wenn er ihn wieder bei sich haben würde, würde er Nachforschungen anstellen, um dieser Sache auf den Grund zu gehen.
Er zog sich aus und legte sich aufs Bett. Weil er wusste, das er ausgeruht sein musste, um den Plan nicht zu gefährden, brachte er sich mit Hilfe einer Atemtechnik dazu, einzuschlafen.
In all den Monaten seit Noys Entführung träumte er zum ersten Mal von seinem Duala, ohne das sich der Traum in einen Alptraum verwandelte. Sein Liebster lag zusammen mit ihm auf einer Decke im Garten, die Blumen um sie herum standen in voller Blüte und dufteten herrlich. Noys Finger spielten am Saum von Jurimas Hemd, während er dem anderen aus einem Buch vorlas. Stundenlang konnten sie so beieinander liegen und die Nähe des anderen genießen. Dies war ihm oft wichtiger, als gierig übereinander herzufallen. Er liebte den Sex mit Noy, liebte es, ihm so nahe zu sein, doch sanfte Zärtlichkeiten, unschuldige Küsse und gehauchte Liebeserklärungen berührten so viel mehr in ihm, brachten sein Herz regelmäßig dazu, für einen Schlag auszusetzen.
Als Jurimas am nächsten Morgen die Augen aufschlug, lag auf seinem Gesicht ein Lächeln, denn er war mit dem Gedanken an Noy und ihr Wiedersehen erwacht.
Er musste daran glauben, das sie erfolgreich sein würden. Deshalb bereitete er in den folgenden Stunden die Räume, in denen er mit seinem Duala schon so lange lebte, auf dessen Rückkehr vor. Er besorgte sogar das Lieblingsobst seines Liebsten und bezog das Bett mit der Bettwäsche, die Noy am besten gefiel. Bevor sie aufbrachen, würde er noch frische Blumen in einer Vase auf Noys Nachttisch stellen. Alles musste perfekt sein, wenn er nach dieser langen Zeit nach Hause kam.
Die Tatsache, das man ihm möglicherweise Schreckliches antat, ließ ihn nicht los und deshalb begab er sich zu Rejla.
Nachdem er klopfte, öffnete sie ihm und ließ ihn hinein.
Sie setzte sich auf den Stuhl hinter ihrem Schreibtisch, er ließ sich davor auf einem der bequemen Sitzmöglichkeiten nieder.
»Was führt dich zu mir?«, fragte sie sanft und lächelte.
»Ich wollte dich um Rat bitten. Es geht um Noy. Wenn wir ihn zurückholen und er wieder hier ist, wie soll ich mich ihm gegenüber verhalten? Wird er sich vor mir zurückziehen? Soll ich das zulassen oder ihn dazu bringen, mit mir zu reden? Ich habe solche Angst, das sie ihn gebrochen haben, er nicht mehr der Mann ist, der er früher war.«
Rejla beugte sich etwas vor und sah ihn mitfühlend an.
»Da wir nicht wissen, was er durchleiden musste, kann ich nicht genau sagen, was das Richtige ist. Eines ist jedoch klar, du solltest ihn zu nichts zwingen! Wenn er reden möchte, dann höre ihm zu. Sollte er deine Nähe suchen, dann gib sie ihm. Wenn er Ruhe und Zeit braucht, um sich wieder zu öffnen, dann gib sie ihm. Er muss wissen, das er hier, bei dir, wirklich sicher ist. Jeder reagiert auf Gewalt und Missbrauch anders, deshalb können wir nur abwarten, das Beste hoffen und für das Schlimmste gewappnet sein.«
»Das werde ich tun. Ihm soll es bei mir gut gehen. Schließlich ist es meine Schuld, das...«, sagte er, wurde dann aber von Rejla unterbrochen, die aufsprang, so dass ihr Stuhl nach hinten kippte und geräuschvoll auf dem Boden aufkam.
»Das ist nicht wahr! Hörst du, Jurimas, für das, was geschah, konntest du nichts. Unser Feind ist machtvoll und auch wenn uns das nicht gefällt, sehr gut in dem was er tut. Keiner von uns hier hätte es verhindern können. Ich bin sicher, dass Noy weiß, das du alles getan hast und weiterhin tun wirst, um ihn zu befreien. Ich weiß noch, wie du vor zehn Jahren hier in diesem Raum standest, gemeinsam mit ihm und mich gebeten hast, ihn zu untersuchen. Du warst so besorgt, obwohl es keine Anzeichen dafür gab, dass er verletzt war oder an irgendeiner Krankheit litt. Vom ersten Moment an konnte man sehen, wie sehr du ihn liebst. Deine Augen, sie waren zuvor oft traurig, doch nachdem er in dein Leben trat, war da zumeist Freude und die uneingeschränkte Liebe zu erkennen. Dein Duala wusste schon bevor du ihm sagtest, was er für dich ist, das er geliebt wird. Dieser Mann liebt dich ebenso wie du ihn und würde dir auf keinen Fall vorwerfen, was geschah«, stieß sie aufgebracht hervor, wurde während sie sprach immer lauter.
So verärgert erlebte man die sonst so zurückhaltende Heilerin selten. Deshalb wusste Jurimas, wie ernst es ihr war.
»Ich kann es mir einfach nicht verzeihen, Rejla. Er ist doch mein Leben...«, flüsterte er in die entstandene Stille zwischen ihnen, bevor ihm die Tränen kamen.
Schnell kam sie um den Tisch herum, kniete sich vor ihn und nahm seine Hände in ihre. Sogleich spürte er die heilenden Energien, die wie streichelnde Hände über seine verwundete Seele streichelten.
»Das ist er und bald ist er wieder bei dir. Dann hast du eine Ewigkeit lang Zeit, ihn auf Händen zu tragen und ihn damit in den Wahnsinn zu treiben«, sagte sie leise und mit einem Lächeln in der Stimme.
»Ich weiß, er wollte nie, dass ich ihm die Welt zu Füßen lege und wenn ich es doch versuchte, verdrehte er die Augen und nannte mich einen verliebten und unverbesserlichen Romantiker«, erwiderte er schluchzend, konnte jedoch nicht verhindern, das sich ein leichtes Grinsen auf seine Züge legte. Auf seine Weise war Noy immer frech und sehr direkt gewesen, ohne dabei jemanden vor den Kopf zu stoßen.
Schmunzelnd zog sie ihn in eine Umarmung, die er gerade mehr als alles andere brauchte.
Nach diesem Gespräch ging es ihm etwas besser.
Ungeduldig wartete er darauf, das die Zeit verging, die sich zäh dahin zog und dann doch wie im Flug zu vergehen schien. Bald war es Zeit, aufzubrechen. Sowohl Tornan als auch Doran trugen die durch Magie verstärkte Rüstung, waren mit unzähligen weiteren machtvollen Bannen und Schutzzaubern belegt und man sorgte dafür, dass vor allem mit Doran in den verbleibenden Tagen sehr intensiv trainiert wurde, damit dieser sich in einem Zweikampf verteidigen konnte, sollte er in einen geraten. Er kam zwar nicht an Tornans Können heran, der ein Krieger durch und durch war, würde sich jedoch zu wehren wissen, was ihnen allen am wichtigsten war. Der Schutz ihrer Duala stand im Vordergrund, denn alle wussten, was es für die unter ihnen bedeuten würde, die mit ihrem Partner auf dieser Ebene verbunden waren, sollten sie diese verlieren. Keiner wollte es riskieren, einen Teil der Familie zu verlieren.
Frühzeitig brachen sie zu Pferde auf, um vor ihren Gegnern an dem Ort anzukommen, den Jurimas schon zweimal aufsuchte, jedoch scheiterte.
Wie besprochen verteilten sie sich im Gelände, verbargen sich, um zu gegebener Zeit eingreifen zu können. Aik, der in seiner Nähe blieb, wirkte so besorgt wie Jurimas sich fühlte.
Hier stand nicht nur Noys und sein Leben auf dem Spiel, sondern das aller, was ihm trotz all des Vertrauens in ihr Können Bauchschmerzen verursachte.
An dem Punkt, an dem sie waren, blieb ihnen jedoch kein Ausweg mehr, sie mussten sich dem, was kam, stellen.
Je näher die mitternächtliche Stunde rückte, desto aufgeregter wurde er und war sich sicher, das jeder im Umkreis seinen heftigen Herzschlag wahrnehmen würde.
Ein Grollen, das immer mehr anschwoll, kündigte das Erscheinen des Portals an. Tief durchatmend trat Jurimas vor, um sich den Entführern entgegen zu stellen. Alles sollte erscheinen wie immer, damit man den Feind in Sicherheit wiegte, um ihm dann ein Ende zu bereiten.
Natürlich würden sie nicht alle dunklen Zauberer und Hexen der Welt damit vernichten, doch es war ein Anfang, ein wichtiges Zeichen, dass sie nicht schwach waren und füreinander mit allen Mittel kämpfen würden.
Als er die Mistkerle sah, die aus dem unheilverkündenden Tunnel traten, der sie weiß Gott wohin führte, stahl sich ein tiefes Grollen aus seiner Kehle. In Momenten wie diesem wurde deutlich, was in ihm schlummerte, den die Tiere, in die er sich wandelte, gehörten untrennbar zu ihm.
»Wie es aussieht habe ich die Wette wohl verloren, denn ich ging davon aus, dass du nicht noch einmal hier auftauchen würdest, um zu versagen«, rief ihm einer der in schwarze Kutten gekleideten Männer zu. Die anderen begannen zu lachen. Noy befand sich in ihrer Mitte, war gefesselt, zeigte aber keine sichtbaren Verletzungen. Als sich ihre Blicke trafen erhellte sich das Gesicht seines Liebsten und Noys Lippen formten ein stummes Ich liebe dich, was er lächelnd erwiderte.
»Meinem Duala gehören mein Herz und meine Seele, niemals würde ich ihn aufgeben. Lieber sterbe ich bei dem Versuch, ihn euch zu entreißen.«
Das Lächeln, das der Kerl nun zeigte, war bösartig.
»Gefühlsduselei, sie macht einen schwach, wie man an dir sieht, denn dein Verstand ist so verwirrt, dass du nicht in der Lage bist, dir zurückzuholen, was dir gehört, obwohl wir dir dreimal die Möglichkeit dazu gaben.«
»Mir ist egal was du sagst! Ich werde es noch ein letztes Mal versuchen«, schrie Jurimas ihm entgegen.
Daraufhin traten die drei anderen, die bis jetzt Noy bewachten, beiseite, so das sein Mann vor ihm stand, so nah und doch unerreichbar fern.
Selbst einige Meter von Noy entfernt spürte er die dunkle Magie, welche seinen Liebsten umgab.
Konzentriert begann er, wie die Male zuvor, mit Hilfe seiner Fähigkeiten zu versuchen, diese zu durchbrechen. In ihm wuchs der Wunsch, die Schweine, die ihn auslachten, direkt anzugreifen, doch das würde ihm das Leben kosten, da sie zusammen über mehr Macht verfügten, als er allein. Jurimas musste abwarten, sich gedulden, denn anders als zuvor war er heute nicht auf sich gestellt. Er würde Noy schon bald an sich drücken können und ihn dann niemals wieder loslassen.
Je länger er es versuchte, desto lauter wurde das verächtliche Gelächter, seine Wut wuchs, doch die Barriere, die ihn von Noy trennte, blieb stabil wie sie war.
Schnell gab er seinen Freunden ein Zeichen. Daraufhin brach die Hölle los. Jurimas, der am Liebsten sofort zu seinem Duala gelaufen wäre, hielt sich zurück, besann sich auf seine Pflicht und feuerte einen Zauber nach dem anderen auf die vier vollkommen überrumpelten Kerle ab, die sich wehrten, doch gegen die Übermacht, der sie gegenüber standen, kamen sie nicht an.
Als sie bemerkten, das sich Doran und Tornan Noy näherten, nahmen sie sie ebenfalls ins Visier, landeten auch den einen oder anderen Treffer, was den beiden jedoch nicht auszumachen schien. Alle waren erleichtert, das die Schutzmaßnahmen wirkungsvoll waren.
Aik war trotzdem außer sich vor Wut, riss den einen, der seinen Mann als letzter angriff, um und setzte dessen Leben ein grausames, wenn auch schnelles Ende.
Jurimas sah im Augenwinkel, das Doran vorsichtig an Noy herantrat und die Hand ausstreckte. In der Sekunde, in der er das berührte, was Jurimas Duala umgab, ertönte ein schriller Ton, die Hülle erstrahlte, so das man glauben konnte, es sei es mitten am Tag und nicht tief in der Nacht. Dann war alles still, das Licht verschwand.
Einer nach dem anderen brachen die drei verbliebenen Feinde zusammen, blieb tot zu ihren Füßen liegen. Dem Leben des Rädelsführers setzte Jurimas dann höchstpersönlich ein Ende.
Nur eine Sekunde lang genoss er den Anblick, dann wandte er sich um und sah zu Noy, der bei Tornan und Doran stand und ihm erwartungsvoll entgegen blickte. Mit einem Freudenschrei lief er los, warf sich Jurimas an den Hals, so das sie beide im weichen Gras zum Liegen kamen.
Gleichzeitig lachend und weinend lagen sie sich in den Armen, küssten sich innig. Das Glücksgefühl, das ihn durchströmte und das sie beide gleichermaßen empfanden, überwältigte ihn.
»Wie geht es dir?«, fragte er, als er ihn zu den Pferden geleitete.
»Mit geht es sehr gut, da ich nun wieder bei dir sein kann. Diese Monate waren so endlos lang, ich habe dich schrecklich vermisst.« Jurimas musterte Noy besorgt, was dem natürlich nicht entging. »Glaub mir, es ist alles gut. Sie wollten mir wehtun, mich schänden, doch jedes Mal, wenn sie mich in dieser Absicht berührten, war es, als würde mein Körper sich wehren. Einmal schleuderte ich so den Anführer an die gegenüberliegende Wand des Zimmers, verletzte ihn schwer. Sie sagten, ich sei ein Maji, ein nicht magischer Nachkomme einer sehr mächtigen Linie. In mir schlummert, wenn ich es richtig verstanden habe, eine große Kraft, die ich zu meiner Verteidigung einsetzen kann, wenn ich es trainiere und auch dich kann ich damit, über das, was uns verbindet, stärken.«
Zu hören, das sein Liebster nicht leiden musste, ließ ihn vor Freude fast durchdrehen. Die Zeit in Gefangenschaft war sicher nicht leicht und sie würden ihm helfen, sie zu verarbeiten, doch man tat ihm nicht weh, fügten ihm kein Trauma zu. Und er hatte Recht, nun nahm er es deutlich wahr, in seinem Liebsten schlummerte Magie. Er würde ihm helfen, sie zu nutzen.
»Ich sagte immer, das du etwas Besonderes bist, nun hast du die Bestätigung.«
»Du bist und bleibst ein hoffnungsloser Romantiker«, brachte Noy sanft hervor, strahlte Jurimas an und küsste ihn liebevoll. »Meiner allein«, fügte er besitzergreifend hinzu.
Tornan und die anderen sorgten dafür, das die Leichen und das Portal verschwanden, bevor sie zurück zur Burg ritten.
Am nächsten Tag würden sie ein großes Fest abhalten und den Sieg und vor allem Noys Rückkehr feiern, doch nun wollte Jurimas mit seinem Schatz alleine sein.
Kaum schloss sich die Tür hinter ihnen, presste er Noy auch schon gegen das Holz der Tür in seinem Rücken und küsste ihn voller Sehnsucht.
»Bitte, Jurimas, ich muss dich spüren, muss wissen, das ich tatsächlich wieder bei dir bin«, raunte Noy zwischen zwei Küssen in Jurimas Ohr und sorgte dafür, das dessen ganzer Körper zu vibrieren schien.
»Du weißt, du musst mich nie um etwas bitten. Ich gehöre dir mit Haut und Haaren, das war schon immer so und wird immer so bleiben. Verdammt, Noy, ich liebe dich so sehr. Diese Trennung war für uns beide nicht leicht, wir haben so viel nachzuholen.« Er griff nach Noys Hand und führte ihn zum Bett. Langsam begann er, den anderen und schließlich sich selbst auszuziehen. Gemeinsam betraten sie das Badezimmer, säuberten sie sich und wuschen sich den Schmutz des Kampfes herunter, ehe sie es sich küssend und streichelnd im Bett bequem machten. Es war so lange her, das sie einander auf diese Art berührten, das Jurimas schon bald kurz davor stand, zu kommen.
Noy legte seine zarten Finger um seine Härte, bewegte sie flink und fest auf und ab, brachte Jurimas so schnell zum Höhepunkt. Mit einem lauten Stöhnen ergoss er sich über die Hand, die ihn immer noch berührte.
Verliebt sah er Noy an, drückte ihn in die Kissen und begann, ihn nach allen Regeln der Kunst zu verwöhnen. Die Laute ihrer Lust erfüllten den Raum, wurden immer lauter, ihre Bewegungen fahriger. Sie wollten es beide so sehr und doch ließ er sich viel Zeit, Noy auf sich vorzubereiten, bevor er sich tief in ihm versenkte. Seinem Duala tief in die Augen blickend begann er sich in ihm zu bewegen, küsste ihn immer wieder. All die Ängste und Sorgen, der tiefe Schmerz der letzten Monate, begannen mit jedem Stoß etwas mehr zu verblassen.
Noch lange nachdem er sich in Noy verströmte blieb er in ihm, ließ sich von ihm halten und hielt in seinerseits eng umschlungen. Nur durch diese Nähe, ihre Verbundenheit, konnten sie sich sicher sein, das das alles kein trügerischer Traum war, dass diese schreckliche Zeit nun endlich vorbei war.
»Du hast das alles für mich hergerichtet, oder?«, fragte Noy leise, als er später entspannt an ihn geschmiegt neben ihm lag.
»Ja, es sollte alles perfekt sein, wenn du nach Hause kommst«, antwortete er ehrlich, suchte Noys Blick. »Es tut mir so leid, das ich es nicht verhindern konnte.«
»Rede keinen Unsinn, du hast alles versucht, doch es waren zu viele. Ich wusste immer, dass du nie aufgeben würdest, um mich zu kämpfen. Nun bin ich wieder hier und werde dich niemals wieder verlassen.«
Sanft streichelte Noy über Jurimas Brust, lächelte glücklich. Sein Liebreiz war immer noch etwas, das Jurimas den Atem raubte.
Ihnen blieb eine gemeinsame Ewigkeit und das verdankte er der Familie, die alles füreinander tat, auch wenn sie nicht blutsverwandt waren. Auf ewig würde er ihnen jeden Tag aufs Neue dafür danken, dass sie ihm Noy zurück brachten.
Er wusste, das er sich morgen bei Doran entschuldigen musste. Ohne ihn, seinen Einwand und den Einsatz, den er zeigte, hätte er wohl wieder versagt und seinen Mann damit für immer verloren.
Liebevoll deckte er sie beide zu, schmiegte sich eng an Noy und glitt seit langem wieder erfüllt von Glück in den Schlaf.
Texte: © Ann Salomon
Bildmaterialien: Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 12.09.2020
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Gay Romance, Fantasy, Liebe, deutsch, Gay Kiss Wettbewerb