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Klaus - die Pille

Ich war auf dem Weg zu Herrn Herbert Schierling. Der alte Ford unter meinem Hintern wollte so gar nicht zu dieser Einfahrt passen, an der ich auf das Öffnen des Tores wartete. Nachdem mich mehrere Kameras gescannt hatten, fuhr ich durch die Parkanlage, bis ich am Herrenhaus ankam, das ungefähr so viel Marmor hatte, wie der Taj Mahal. Diener führten mich durch Hallen in das Allerheiligste. Auf der Couch nahm ich Platz und versank dabei in Kaschmir-Daunen und Straußenleder. Schierling höchstpersönlich stand vor mir. Er stellte ein vergoldetes Döschen vor mich hin. „Öffnen sie“, paffte er mit seiner dicken Cohiba Zigarre im Mundwinkel.

Ich öffnete und schaute ihn verdutzt an.

In dem Kästchen lag auf dem Samtkissen eine weiße Perle, nicht größer als ein Smaties. „Keine Perle, wie sie vielleicht vermuten“, erklärte er. „Es ist eine Droge.“ „Ach nein?“ „Ja, vollkommen legal, natürlich.“

„Versteht sich“, grummelte ich zweifelnd. „Es ist eine Wellness Droge!"

Er wartete.

Ich wartete und überlegte. Bei all den reichen Pinkeln würde dieses Perlchen einschlagen, wie eine Bombe. Natürlich nicht bei QVC, oder so etwas profanen, nein in der High Society könnte man da Millionen heraus holen, wenn nicht gar Milliardenumsätze machen.

Schön für den Nabob Herrn Schierling, aber was mag er dann von der kleinen Detektei K.K wollen, dessen einziger Detektiv ich war, also Klaus Krüger? „Der Wirkstoff nennt sich HL5-X2-Hylodox“, erklärte Herbert Schierling gewichtig. „Aha“ „Sie dachten wahrscheinlich an die High Society, oder?“ „So ähnlich“, gab ich zu. „Weit gefehlt, mein Bester. Kommen wir nun zu ihrer Aufgabe, mit der ich sie betrauen möchte. Ich werde nämlich beobachtet. Von mehreren Geheimdiensten." „So so.“

„Ich wünsche, dass sie diesen Prototypen nach Mittenwald bringen. Dort habe ich ein Bergwerk, das mir gehört. Es ist still gelegt, aber ich habe die Ansätze von einem Stollenbunker, den schon Hitler angelegt hatte, genutzt und ausgebaut. Dort ist dieser Prototyp besser aufgehoben, als in Fort Knox. Hier wird es mir zu unsicher.“ Ich ließ mir das durch den Kopf gehen. „Warum ich?“ „Weil sie offiziell meine Frau beschatten sollen. Sie macht gerade im Karwendel Urlaub. Sie steht auf Bergwandern und so. Sie wissen schon, Weiber und Fitness, lächerlich. Die werden trotz medizinischer Metzgerei zickiger und älter, da können sie machen, was sie wollen. Aber gut, ich lasse ihr das teure Vergnügen.“ „Die gnädige Frau braucht dann trotzdem diese Pille zur Entspannung?“ „Nein, nein, sie denken immer noch in der falschen Richtung. Diese Wellness-Pille erzeugt Wohlgefühl und schaltet jeglichen Schmerz aus. Was es auch sei! Verstehen sie nun die Geheimdienste? Ich riss die Augen auf.

 

„Jegliche Folter an einem Menschen wird sinnlos“, fuhr Herbert Schierling fort.

„Auch Psychodrogen helfen nicht weiter. Der Mann fühlt sich wohl, genießt es praktisch. Nie wieder kann man so einem mit Hylodox Infizierten ein Geheimnis entreißen.“

Ich ließ mich nicht einlullen. „Noch mal! Warum ich?“

„Sehen sie, sie sind ein herunter gekommener Detektiv, haben einen Waffenschein und sind unbekannt. Eine große Detektei würde Aufsehen erregen. Ich stehe ja unter Beobachtung. So beauftrage ich also einen kleinen Detektiv meine Frau zu observieren. Die hat ja auch ihre Möglichkeiten und würde es sicher merken, wenn ich mit einer bekannten Detektei Verbindung aufnehmen würde.“

 

„Verstehe“. „Benehmen sie sich ganz zwanglos und vermeiden sie unter allen Umständen Aufsehen. Und damit alles klar ist: Diese Pille darf niemals in fremde Hände fallen! Niemals, egal, was kommt!“

„So weit, so gut“, fasste ich zusammen. „Ich fahre also mit der Pille los, gebe sie in Mittenwald am Bergwerk ab, also am Bunker und die Sache hat sich.“

"Die Geheimdienste werden sie natürlich fotografieren, verfolgen. Benehmen sie sich normal. Ich gehe davon aus, dass sie zumindest soviel berufliche Erfahrung haben, dass sie das hin bekommen?“ „Die Unschuld vom Lande, wie? Ich sollte dann wohl meine Fotoausrüstung und die Richtmikrofone noch aus meiner Wohnung holen. Tarnung ist alles, denke ich. Damit die Sache auch glaubwürdig erscheint. Die Geheimdienste werden ja wohl schnüffeln.“

„Nicht nötig, ich gebe ihnen alles mit, damit die Tarnung perfekt ist. Sie müssen daher auch leider ihr eigenes Auto nehmen.“

 

Unsichtbar erschien ein Anzugsheini, der ein gemeißeltes Gesicht hatte. Irgendwie erinnerte er mich an Christopher Lee, der den Drakula so schön verkörpert hatte. "Hast du Herrn Krüger auch rückhaltlos versorgt?"

"Ja Herr Schierling, die neueste Leica Kamera mit Teleobjektiv, die modernsten Mikrofone und Wanzen, alles in Spezialkoffern. Es ist arrangiert, wie sie es angeordnet hatten." "Sie sehen", breitete Schierling die Hände aus. "Es könnte los gehen, wenn sie den Auftrag annehmen."

Es ist da noch wegen der...“

„Bezahlung? Ich unterschreibe ihnen ihren Vertrag. Ich kenne ihren Vordruck, müssen sie wissen."

Ich zog den Umschlag mit dem Auftragsformular etwas eingeschüchtert hervor. Schierling las und unterschrieb nach ein paar Korrekturen mit goldenem Füller. "Den lächerlichen Tagessatz habe ich natürlich auf das zehnfache geändert. Außerdem gibt es noch einen Bonus. Natürlich nur bei Erfüllung des Auftrages." "Klar."

Ich nahm das Dokument an mich. Das Geld überweise ich ihnen, sobald die Pille eingetroffen ist, okay?"

Mehr, als prima", grinste ich dümmlich.

„Viel Glück!“

Ich war entlassen und stieg wieder in den Ford ein. Die Metallkoffer mit der Spionageausrüstung im Kofferraum waren erste Sahne. Hätte ich mir nie leisten können.

Eine übertriebene Tarnung, ist eigentlich gar keine Tarnung, dachte ich noch bei mir, aber was soll's.

 

Raffiniert, wie ich war, hatte ich die Pille nur in die Innentasche des Saccos versenkt. Da fiel sie nicht auf und ich hatte sie am Mann und jederzeit greifbar. Falls mir wirklich irgendwelche Typen über den Weg liefen, würden sie nach einem Kästchen schnüffeln. In spätestens drei Stunden war ich in Mittenwald.

Lächelnd fuhr ich dahin. Finanzsorgen hatte ich keine mehr. Der Bonus von 100.000 € war gewaltig.

Außerdem 10.000 € pro Tag!

Na ja, zugegeben, es war ja nur einer, aber immerhin.

Schluss mit der Verzweiflung und Einsamkeit. Nicht einmal eine Freundin hatte ich. Verwandte waren verstorben, oder gar nicht vorhanden. Das würde sich nun mit der Penunse alles ändern. Ich würde Urlaub machen.

Und ein Mädchen würde sich auch einfinden. Mit Geld geht das wunderbar.

Ich hielt an einer Tankstelle, tankte und aß ein überteuertes Schinkenbrötchen.

 

Dann wollte ich den Ford entern.

Zwei Schlägertypen tauchten blitzschnell auf und bevor ich die Pistole ziehen konnte, sauste der Totschläger auf mich nieder.

 

Tags drauf klingelte das Telefon mit der vergoldeten Gabel.

Herbert Schierling hob erwartungsvoll ab. "Hallo Dietrich, wie war’s?“

„Eine gute Nachricht und eine schlechte.“ Herbert zog die Stirn kraus. „Wieder nichts?“ „Doch, ich finde, es war schon ein Erfolg. Klaus Krüger hat die Pille noch heimlich genommen, bevor wir ihn in die Folterkammer brachten, weil Dieter ihm vorher das Quälen wunderbar verklickert hat."

„Und dann?“

„Die Zehen- und Fingernägel raus reißen, das Übliche."

 

"Das hat ja schon bei den vorhergehenden Versuchskaninchen geklappt."

"Dann Streckbank und Hände quetschen, Elektroschocks, alles perfekt. Jonny war dann so in seiner Aufgabe vertieft, dass er beim Arm abtrennen die Schlagader nicht bedacht hat. Er ist uns schließlich verblutet. Leider!“ „Wie lange?“ „Na ja, ich würde sagen, er hat es 12 Stunden durch gemacht.“ „Hat er was verraten?“

„Nein, ehrlich, er war voll auf dem Wellness-Trip. Nur Hylodox sei prima, hat er geröchelt. Der gebrochene Kiefer, sie verstehen?“

 

„12 Stunden“, murmelte Schierling, „immerhin!

Entsorgung, wie üblich, Dietrich." „Ja, Herr Schierling. Tief im Stollen sind sie gut aufgehoben. Sein Auto auch, so wie die 16 Anderen.“

"Wir kommen mit der Entwicklung weiter. Bei Mäusen hat das besser geklappt, muss ich gestehen, aber wir geben nicht auf, oder"

„Natürlich nicht, Chef! Ach ja, er hat noch erwähnt, dass er keinem Geheimdienst etwas verraten wird. Ist das neu, das mit dem Geheimdienst?"

Schierling kichert.

"Guter Einfall, nicht wahr?"

Ein kollerndes Lachen dröhnt aus der Muschel. Auch Dietrich hatte seinen Spaß.

"Sie wissen, wie viel Geld auf dem Spiel steht, wenn die Droge endlich perfekt ist.

Und übrigens, Dietrich, die Leica und die Objektive bitte wieder an mich zurück. Die Sachen sind nämlich wirklich Klasse. Ich hänge daran.“

Schirling legte den Hörer sachte auf.

"Fast ausgereift", konstatierte Schierling. Noch ein paar wenige, letzte Tests, dann...

 

Er blätterte schon mal in den Annoncen.

Wer würde sich denn als Nächster qualifizieren?

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Tag der Veröffentlichung: 15.03.2015

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