Totenruhe

„Das Leben ist einfach zu kurz, oder?“ Nicolas drehte sich zu seiner Schwester um. Er hatte feuchte Augen. Aus Sabines Kehle brach ein Schluchzen hervor, dann flossen auch bei ihr die Tränen. Nicolas trat an ihre Seite und nahm sie in den Arm.

„Mama hat es jetzt entschieden besser. Keine Schmerzen mehr und keins von diesen ekelhaften Medikamenten. Und sie wird eine schöne Beerdigung bekommen.“ Bei der Erwähnung der Medizin, wischte Nicolas mit dem Arm über den kleinen Beistelltisch und fegte zahllose Pillendosen zu Boden. Die Mutter hatte diese Tabletten gehasst. Jetzt kollerten sie in alle Richtungen, unter das Sofa und auf den Teppich. Eine offene Dose verstreute ihren Inhalt und ein paar rosafarbene Dragees gesellten sich dazu.

Sabine verstand nicht, wie sie sich damit trösten sollte, doch das wollte sie Nicolas nicht eingestehen. Er schien sehr aufgewühlt zu sein, wenn er so heftig reagierte. Er hatte keinen Krankenwagen gerufen. Die Mutter war tot, unwiederbringlich. Die Geschwister waren allein, kaum alt genug, für sich selbst zu sorgen. Punkt.

Eine Mutter sollte länger durchhalten, dachte Sabine und der Kloß in ihrem Hals schnürte ihr die Luft ab...

 

 

Es handelt sich um eine Leseprobe aus dem Buch "Hinter Fenstern",

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Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.09.2013

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