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A - Aufreger des Jahres; Alles In Ordnung? - Auto -Tagebuch, Der Anruf

Aufreger des Jahres

Nur noch ein paar Stunden…, dann ist es Geschichte: Das Jahr 2013. Ich sinniere über meinen öffentlichen AUFREGER DES JAHRES.
Frau Merkels Handyverkehr? Nö, eher nicht. Obwohl ich das Abhören an sich als Frechheit empfinde. Dass die armen NSA-ler vom Dienst daran ihre Freude hatten, wage ich jedoch zu bezweifeln.

Das dumme Wort GroKo? Na ja, mich erinnert es eher an Grünkohl, als an den Zusammenschluss einer handlungsfähigen Regierung. In 2014 wird sich zeigen, ob  Blähungen und Magenschmerzen damit verbunden sein werden.

Verschleudertes Geld aus bischöflichen Kassen? Für mich als Katholikin immer noch Grund, zu schlucken – und am Ende zu all denen zu halten, die mit den Kirchensteuereinnahmen das tun, wozu sie gedacht sind: Glauben zu vermitteln, Menschen zu stärken, sozial engagiert zu leben und zu handeln. Tatsächlich, davon gibt es auch noch ein paar…

Lebendige Tiere in Schlüsselanhängern? Ja, das in jedem Fall! Und ich bitte an dieser Stelle alle innovativen Designer aus Asien und anderswo: Lasst Goldfisch & Co in 2014 bitte dort, wo sie hingehören – in ihren Teichen. Sonst steckt ihr eines Tages vielleicht selbst in einem winzigen Verschlag oder jemand zieht euch an einer Kette hinter sich her, als überdimensionalen Schlüsselanhänger, sozusagen.

Der 31. 12. hat den Zenit überschritten. Wenn es in 2014 nicht schlimmer kommt, kann es nur besser werden. In diesem Sinne: Schön, Sie bald wiederzutreffen!

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Das Auto-Tagebuch

Wie zu erwarten, beginnt das Alphabet mit dem Buchstaben A und wir sind sogleich bei des Deutschen liebstem Kind, dem Auto. Es handelt sich also nicht um ein sich selbst ausfüllendes Tagebuch, wie es der Titel implizieren könnte. Nein, ich habe heute morgen mein Auto gereinigt.

Eine Tätigkeit, die auf meiner Prioritäten- und Favoritenliste eher weiter unten rangiert. Doch während ich meinen inneren Schweinehund antreibe, etwas zu tun, worauf ich keine Lust habe, stelle ich Parallelen zu einem Tagebuch fest.

Die leicht schlammigen, angetrockneten Fußabdrücke auf den Matten in meinem Wagen erinnern an den letzten Spaziergang mit meiner Freundin und unseren Vierbeinern. Das war ein schöner Morgen, mit viel Geplauder und Spaß, ernsten und heiteren Themen und ganz viel frischer Luft. Wenn meine Freundin wieder mal ihre Hundeleine im Wagen vergisst, erinnert mich das natürlich auch an unsere letzte gemeinsame Ausfahrt.

Ein Kassenbon in der Ablage, der sich neben dem Kaufangebot eines wandernden Wiederverkäufers für mein Auto tummelt, sagt mir, was ich in der letzten Woche eingekauft habe. Der alte Einkauszettel daneben sagt mir hingegen, was ich eigentlich einkaufen wollte... Das ist im Ergebnis nicht unbedingt identisch.

Die CD im Player erinnert an den letzten Einkaufsbummel mit meinem Jüngsten. Er in der Pool-Position, ich als Beifahrer,  "We are the champions" bei heruntergekurbeltem Fenster, Sommerwind im Haar und wirklich gute Laune, ob des gelungenen Bummels. Grund genug, das Lied lauthals mitzusingen. Wir teilen den Musikgeschmack. Und das Auto. Davor gab es wochenlang die Toten Hosen auf die Ohren, weil ich zu faul war, nach einer anderen CD zu suchen. Und gefallen hat es mir eigentlich auch ganz gut.

Hinten finden sich ein Zollstock, die leere Kerzenhülle einer Osterkerze, Batterien, ein kaputter Kopfhörer für meinen mp3 Player und manches andere, das sich in meinem Kopf mit verschiedensten Begebenheiten der vergangenen Monate verbindet. Ein kunstvoll gefalteter Weihnachtsstern gehört dazu. Die letzte Reinigungskur ist schon ein Weilchen her.

Auf der Ladefläche erkenne ich vor allem eines: Das mein Hund und ich das Auto gemeinsam benutzen. Davon zeugen ein schlammiges Handtuch, das dringend in die Wäsche muss, und diverse Anteile seines weißen Hundefells. Das Handtuch ist aber erst vom vergangenen Montag, möchte ich betonen.

Vorne im Fach finde ich ein paar Parkscheine, deren Halbwertszeit längst überschritten ist.

Endlich ist mein Auto jungfräulich rein und bereit, mich wieder aufzunehmen, damit ich neue Lebensspuren darin hinterlassen kann. Zumindest von innen. Von außen bin ich nicht zuständig. Das macht mein Jüngster. Er fährt es schließlich auch.

Sie sehen, das Auto ist für mich ein Transportmittel.

Es soll mich und meine Familie von A nach B bringen (Nicht zuletzt deshalb geht es in diesem Buch auch bei B weiter), es soll Sachen transportieren.

Es soll parken oder fahren, je nach Begehr. Wenn es dabei jetzt für ein Weilchen schön und sauber aussieht, dann ist das in Ordnung, für die Funktion aber nicht zwingend erforderlich.

Dass es dabei zugleich noch die Aufgabe übernimmt, meine Erinnerungen zu sammeln, ist nett von ihm. Ich habe aber nicht darum gebeten.

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Der Anruf

Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Ihr Telefon läutet. Sie gehen ran und sagen ausnahmsweise nicht so seltsame Dinge wie „Hundebadeanstalt, Becken 7, Schlauchwärter Schulze…“ oder „Entbindungsklinik, Schwester Rabiata…“, sondern Ihren Namen. Dafür sagt der Teilnehmer am anderen Ende der Leitung: „Hier ist Papst Franziskus!“ Würde Ihnen da nicht der Hörer aus der Hand fallen?

Ich weiß, dass manch einer auch sofort auflegen würde. Ich würde vielleicht, weil ich nicht richtig zugehört habe und die Nummer auf dem Display nicht erkenne (Kennen Sie auf Anhieb die Vorwahl des Vatikan?) verärgert sagen:
„Nein, ich bin an Ihrem Angebot nicht interessiert. Rufen Sie mich nicht wieder an!“ Das mache ich manchmal, wenn die Call-Center-Telefonate überhand nehmen. Ich hätte auch sagen können:
„Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass dieses Gespräch automatisch mitgeschnitten wird!“, dann fällt in der Regel der Hörer des lästigen Zeitgenossen auf die Gabel.

Aber zurück zum Papst. Heute wurde bekannt, dass er einen italienischen Studenten angerufen und mit ihm minutenlang am Telefon gescherzt hat. Außerdem hat er ihm das Du angeboten. Man hört nicht viel vom neuen Papst, seit er im Amt ist. Das muss daran liegen, dass er bisher keinerlei Skandale verantwortet oder keine Bemerkungen in der Öffentlichkeit gemacht hat, die ihm und somit seiner Kirche zur Last gelegt werden können.
Die Journaille scheint das langweilig zu finden. Es lohnt sich kaum, dauernd nur Gutes über einen Menschen zu schreiben, auch nicht, wenn es der Papst höchstpersönlich ist.
Dabei würde es bei Franziskus Sinn machen. Er geht auf die Menschen zu und rettet das, was vorher den Bach runterging, notfalls auch mit einem einzigen Telefonanruf. Auch falls Sie nicht katholisch sind – finden Sie nicht, dass es ihn zu einer Ausnahmepersönlichkeit macht? Ich schon. Und ich überlege, ob ich ihm auch einen Brief schreiben soll. Dann kann ich im Ernstfall wirklich ein Band mitlaufen lassen, wenn er anruft. Sonst glaubt mir das sowieso keiner…

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Alles in Ordnung???

Können Sie mir vielleicht mal behilflich sein? Dauert auch gar nicht lange, versprochen!

Ich wollte Sie bitten, einen flüchtigen Blick auf mein Google-Profil zu werfen  und mir zu sagen, ob damit alles in Ordnung ist. Welche Maßstäbe Sie bei der Prüfung anlegen sollen? Ein Blick auf das Bild genügt, wenn Sie für einen zweiten keine Zeit haben. Und achten Sie dabei bitte auf mein freundliches Lächeln. Ich erkläre Ihnen auch gerne, warum:

Inzwischen hat mich bereits der zweite Zahnersatz-Lieferant seinen Kreisen hinzugefügt. Und nun frage ich Sie: Stimmt etwas mit meinem Lächeln nicht? Muss ich mir Sorgen machen? Ich gebe zu, man sieht nur ein ganz kleines Stück davon. Vielleicht ist das nicht aussagekräftig genug. Aber eigentlich geht es hier ja auch weniger um mein Konterfei als vielmehr um das, was ich veröffentliche.

Doch es kann auch möglich sein, dass der eine oder andere Beitrag die Leute zum Schmunzeln gebracht hat und sie dann feststellen mussten, dass mit IHREM Lächeln etwas nicht stimmt. Falls gerade zufällig ein Spiegel in der Nähe war. Dann finden Sie bei den Herren Hilfe, die ihren strahlendweißen Zahnersatz anpreisen. Ich leite Sie gerne weiter.

Weitere Texte unter www.anjaollmert.jimdo.com

 

B - Der Kampf um das Brot; Blitz-Marathon; (Die) Brüllerin

Der Kampf ums Brot

 

Wer mich kennt, weiß, dass ich am Mittag Radio höre. Ich sitze also da, schiebe mir ein Kartoffelstück zwischen die Zähne und verschlucke mich an der verlautbarten Nachricht: Meine Knifte soll Weltkulturerbe der UNESCO werden. Hoch lebe das deutsche Butterbrot!

Langsam komme ich wieder zu Atem. Es gebe mehr als 600 Sorten Brot in Deutschland, erklärt der Moderator. Daher vertreten die Bäcker derselben die Meinung, es sei Zeit, sich neben der mediterranen Küche auf der UNESCO-Liste einzureihen. Nirgends gibt es so viele verschiedene Brote, wie in deutschen Landen. Und vielleicht auch nirgends so viele unterschiedliche Begriffe dafür, wie Schnitte, Bemme, Stulle, Schachtwacke (War mir auch neu!) oder eben Knifte, um nur einige zu nennen. In Frankreich heißt das Pendant allerdings auch nicht ausschließlich Baguette, gleichwohl wir glauben, dass jeder Franzose sein morgendliches Stangenbrot unter dem Arm davon trägt.

Aber es geht ja gar nicht um das Butterbrot. Lassen wir also die Butter außen vor, bevor man sie uns vom Brot nimmt. Es geht um seine Grundlage aus allerlei Körnern, die allesamt in Deutschland angebaut und verarbeitet werden.

Ich esse gerne Brot, egal woher es kommt. Aber das mit den Nahrungsmitteln auf der Liste finde ich befremdlich. Ist diese Aufzählung nicht für etwas vom Aussterben Bedrohtes gedacht? Hat hier der amerikanische Fastfooder seine Finger im Spiel und will unserem Butterbrot an den Kragen?

Das lassen wir uns ja wohl nicht aufs Brot schmieren, nicht einmal, wenn es auf die Butterseite fällt…

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Das bundesweite 24-Stunden-Portrait-Fotografieren

Den ganzen Tag über plärrte es im Radio, füllte mit langen Listen die Zeitungen und Fernsehnachrichten: „Achtung, 24-Stunden-Blitz-Marathon, deutschlandweit.“

Und nun frag ich mich, wie viele hat es getroffen? Ich fahre gerne angepasst und regelkonform. Schon deshalb, weil ich selbst nicht beiseite springen mag, wenn jemand angerast kommt. Autofahrer, die deshalb fast meine Stoßstange küssen, rangieren auf meiner Beliebtheitsskala nicht allzu weit oben.

Aber ich kann schon verstehen, wenn man mal ein wenig über die Stränge schlägt. Tempo und Freiheit scheinen noch immer gleichgesetzt zu sein und vermitteln uns das Gefühl von Grenzenlosigkeit. Das gilt auch für den Betonfuß auf dem Gaspedal.

Es gab sicher einige, die nun bald ein Portraitfoto zugeschickt bekommen, auf das sie gerne verzichtet hätten. Doch immer wieder gibt es vor allem die Fahrer, die noch eins draufsetzen müssen. So zum Beispiel dieser: Er hat ein Ticket gekriegt, weil er in der Fünfziger-Zone mehr als achtzig km/h gefahren ist. Er wird angehalten, zur Kasse gebeten und – startet vor lauter Wut mit quietschenden Reifen durch. Leider besitzt das Polizeiauto eine Kontrollkamera in beide Richtungen. Als Wiederholungstäter ist er nur rund zwanzig km/h zu schnell. Dumm gelaufen, oder eben doch gefahren…

Lustig hingegen ist diese Nachricht: Ein Mann verkleidet sich am heutigen Tag als Blitzgerät und erwischt mit seiner gefakten Kostümierung ausgerechnet einen Streifenwagen. Die nimmt gerne die Verfolgung auf, ist sie doch nicht scharf auf ein eigenes Foto. Wie ich hörte, flüchtete der Held zu Fuß und verlieh dem Blitz-Marathon eine völlig andere Bedeutung. Ob er wohl schnell genug war?

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Die Brüllerin

Ich bin mit meiner Hündin im Wald unterwegs und genieße Stille und gute Luft, fernab vom Autoverkehr. Mein Hund darf hier frei und ohne Leine laufen. Keine Selbstverständlichkeit in unserem Ort, trotz nicht zu verachtender Hundesteuern. Hier bremst uns niemand aus, müssen wir keine Ordnungshüter mit Strafgeld-Anzeige befürchten, was dazu führt, dass sich in diesem Waldstück viele Hunde und Halter tummeln, an manchen Stellen stehenbleiben und ein spontanes Rudel bilden. Man plaudert über Fiffi & Co, tauscht Erfahrungen aus, bevor es zur nächsten Ecke geht.

Eine bunte Mischung von Hunde- und Herrchenrassen macht den Spaziergang zu einem Vergnügen. Dazwischen Streckenabschnitte, die weniger stark frequentiert werden. Eine Abwechslung, die mein Hund und ich auch genießen.
Meine Hündin hat nämlich ein Problem. Nein, nicht mit anderen Artgenossen oder den dazugehörigen Menschen. Das Problem ist, meine Hündin riecht zu gut. Zumindest nach Ansicht mancher Rüden, die uns begegnen. Sie setzen sich über die Befehle ihrer Halter hinweg, preschen auf uns zu und tänzeln verliebt herum, in der Hoffnung, vielleicht erhört zu werden. Das Aufreiten gehört wie selbstverständlich dazu. Meine Hündin hält still, wie immer. Nur selten wehrt sie sich gegen die aufdringlichen Liebesbeweise.

Die Reaktionen der Hundehalter sind unterschiedlich. Ich will da niemanden in die Klischeeschublade stecken, doch es gibt nach meiner Erkenntnis fünf Typen.

Nummer eins ruft schon von Ferne den Namen des Hundes, sofern er ebenfalls frei läuft. Ist er angeleint, verbieten sie das Begrüßungsschnüffeln am "falschen" Ende. Scheint ihnen peinlich zu sein. Ein bisschen so wie bei dem Kleinkind, das zur Begrüßung die Linke hinstreckt und getadelt wird: Das ist das falsche Händchen..." Hier heißt es: Na, du musst doch nicht immer da hinten... Komm doch weg... Das muss jetzt echt nicht sein." Halbsätze, die den Hund wenig stören und auch nicht davon abhalten, weiterzuschnüffeln, wo es ihm beliebt.

Dann Kategorie Nummer zwei. "Du kannst doch gar nicht mehr", lässt darauf schließen, dass es sich um ein kastriertes Modell handelt. Die Tatsache, dass man dem Rüden dazu verholfen hat, dass das Können fehlt, aber nicht das Wollen, wird nur selten genau benannt. Und bei vielen ist der medizinische Eingriff im Kopf nicht angekommen, oder zumindest seine Resultate.

Die dritte Gruppe ist mir wenig sympathisch. Oft geben sich die Halter ebenso potent wie ihre Vierbeiner und reiten gerne mit Stolz darauf herum. Selten genug greifen sie ein und zerren Fiffi eigenhändig von meiner Hündin, die dazu wohlgemerkt nicht läufig sein muss. Ihre Anziehungskraft ist bedingt durch ihr Hunde-Chanel. Eingreifen muss ich dann selber. Manchmal möchte ich antworten, sie sollen ihrem Hund befehlen, selber zu laufen, statt sich tragen zu lassen. Doch ich weiß, das bringt nichts.

Die Angehörigen der Gruppe vier sind wenig auffällig. Sie machen einen Bogen um uns, wenn sie meine Hündin erkennen. Deshalb lassen sie sich nicht klassifizieren.

Letztens hatte ich Kontakt zu einem Mitglied aus Schublade fünf - obwohl das eher eine Begegnung der dritten Art war. Der freilaufende Hund, sehr verliebt und schneller als Frauchen, erreichte uns innerhalb von Sekunden, von Null auf Hundert, sozusagen. Frauchen blieb stehen und schrie mit einem Hauch von Hysterie durch den bis dahin stillen Wald. Die Reaktion ihres Hundes war gleich Null. Dann eilte sie herbei, hob das Ohr des Golden Retrievers an, beugte sich zu ihm hinunter und brüllte mit unglaublicher Lautstärke in die Ohrmuschel des Tieres: "Wenn die Mama dir sagt, du sollst stehenbleiben, dann bleibst du gefälligst stehen. Hast du gehört, was ich gesagt habe?"

Ich stand stramm, das kann ich Ihnen sagen. Nach diesem militärisch herausgebrüllten Befehl hatte ich für Sekunden einen klingelnden Tinnitus, der nur langsam verebte. Meine Hand musste ich mit aller Kraft unten halten, um nicht zu salutieren und vermutlich hätte ich in dem Zusammenhang sowas wie "Jawoll, Mam" gerufen.
Der fremde Hund hingegen blieb unbeeindruckt. Ich befürchte, ihm ist bereits Jahre zuvor das Trommelfell ruiniert worden und inzwischen ist er stocktaub. Dann wurde er angeleint und weggezerrt. Meine Hündin stand verwirrt auf der Stelle, nicht sicher, ob der Befehl auch für sie gegolten hatte. Es hat ein wenig gedauert, ehe sie den Spaziergang fortgesetzt hat.

 

C - (Ein Bohrer namens) Claudia

Sie haben die Überschrift richtig gelesen. Ich spreche von einem Bohrer, der einen Namen hat.
Klingt seltsam? Ist es auch.

Ich, eine Frau, die durchaus über Fähigkeiten im Umgang mit der Bohrmaschine verfügt, habe jedoch nicht etwa begonnen, meinen Bohrköpfen Namen zu geben. Meine Bohrer haben Zahlen, wie es landauf, landab üblich sein dürfte. Nicht so in Herten. Da wurde ein Bohrer auf den Namen Claudia getauft.

Kann man hier nachlesen: http://www.halloherten.de/stadtnachrichten/5652-claudia-bohrt-sich-durch-herten

Liegt es an Claudias Gewicht? 60 Tonnen bringt sie auf die Waage. Oh Mann, ganz schon gewichtig, wenn Sie mich fragen. So viel kriegen meine harmlosen Bohrer nicht zusammen, wenn ich sie alle zugleich in die Waagschale werfe. Vielleicht kommen die Claudias im Stadtgebiet auf ein vergleichbares Gewicht. Ich weiß es nicht.

Ich kenne Menschen, die ihre Autos taufen. Auch bei Schiffen ist das durchaus üblich. Aber Bohrer?
Liegt es daran, dass diese Vortriebsmaschine, von Kennern auch liebevoll Riesenbohrer genannt, eine Gesamtstrecke von 510 Metern durchbohren wird? Auch die obengenannten Schwimm- bzw Fahrzeuge dienen ja dazu, eine längere Strecke zu bewältigen.

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich bin durchaus dafür, dass die Abwässer bald nicht mehr durch die Emscher fließen und daraus ein blaues, das heißt reines Gewässer werden darf. Jahrzehntelang musste sich die alte Emscher mit dem Gestank herumärgern und den Menschen, die den Emscher-Radweg nutzen, ging es sicher ebenso. 4,5 Milliarden Euro werden dafür in die Hand genommen, damit es dem Flüsschen nicht mehr stinkt. Eine durchaus lobenswerte Aktion der Emschergenossenschaft.

Wie aber kommen die Verantwortlichen ausgerechnet auf Claudia?
Ich vermute, es bohrt sich besser, wenn man weiß, wer für die Löcher verantwortlich ist. Und falls Claudia mal kaputt ist, kann man sich liebevoller um sie kümmern. Glaube ich. Oder ist das alles Käse? Der hat ja bekanntlich auch Löcher.

D - (Die) Dummheit

Nein, wo denken Sie hin, ich mache nie Dummheiten. Ich nicht. Facebook hingegen lässt sich tagtäglich neue Dummheiten einfallen, die User und Liebhaber des sozialen Netzwerkens erfreuen.

Heute zum Beispiel:Ich verfüge über eine nicht unerhebliche Freundesliste auf dem genannten Portal. Natürlich interessiert mich, was der/die Einzelne im Verlauf des Tages so tut. Deshalb bin ich ja hier. Doch es interessiert mich eben nicht bis in allerkleinste Detail. Sonst wäre ich den ganzen Tag nur damit beschäftigt, die Posts dahingehend durchzuforsten, was für mich von gesteigertem Interesse sein könnte. Mein Tag hat leider nur 24-Stunden. Das dürfte jetzt zwar keine Überraschung sein, ist aber so.

Bisher hatte ich die Auswahl. Ich konnte anklicken, ob ich eure Fotos, Postings, Lebensereignisse, Gefällt-mir-Angaben usw. lesen wollte. Wenn nicht, setzte ich den einen oder anderen Haken und schon wurde das große Ganze ein wenig übersichtlicher. (Ganz ehrlich? Ich freu mich, dass ihr gerne Musik hört, muss aber nicht jeden Ohrwurm ins eigene Gehirn importieren.)

Heute stelle ich fest, dass mir diese Wahl von jetzt an nicht mehr möglich sein soll.

Und dann diese Auswahlfragen. Ein Bild ist für mich nicht von Interesse, doch ich kann nur sagen, ob ich es a): als Spam klassifiziere, ob es b): nicht zu Facebook passt oder ob ich es c): für ärgerlich oder d): uninteressant halte. Wirklich, Herr Zuckerberg. Dümmer geht's nimmer. Und während ich die Auswahl dieser Fragen kontrolliere, damit ich mein Problem hier erläutern kann, macht es schon klick und das wunderschöne Urlaubsbild meiner Freundin G. ist weg - unwiderruflich.

Wie dumm ist das denn? Und vor allem, wofür ist das gut? Was hat Facebook davon, dass es weiß, ob mir die einzelnen Beiträge zusagen? Und wer bin ich, dass ich einen von euch als Spammer einordnen muss, wenn ich seinem aktuellen Beitrag nicht folgen will?

Nö, Herr Zuckerberg. So macht man sich keine Facebookfreunde, so schafft man sich selbst ab!

 

E - Zwei Einbrecher und Karl Lagerfeld; Die Eselsbrücke; Der leidige Einkauf

Was zwei Einbrecher mit Karl Lagerfeld zu tun haben könnten…

Zwei Einbrecher haben sich selbst eine Falle gestellt. Dumm gelaufen, könnte man sagen. Man könnte auch sagen, sie sind ganz schön fotogen – und ziemlich gut zu erkennen. So gut jedenfalls, dass das aktuelle Fahndungsfoto fast als Doppelportrait durchgeht.

Der Bestohlene hingegen war ziemlich schlau. Wer dessen Notebook unberechtigterweise öffnet, wurde von der eingebauten Kamera abgelichtet. Wie schon erwähnt, sehr deutlich. Im Anschluss sendete ein Programm dieses Foto an das Handy des rechtmäßigen Besitzers. Nun sucht die Polizei nach ihnen. Und wird sie hoffentlich auch kriegen. Zumindest können die zwei nicht behaupten, dass sie mit der Sache nichts zu tun haben.

Was aber hat das nun mit Karl Lagerfeld zu tun, fragen Sie sich? Genau genommen gar nichts, aber ich las heute ein Zitat des bald 80-jährigen Modeschöpfers, das da lautete: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Eine interessante und durchaus überlegenswerte These, die mich auf den Gedanken brachte, ob der oben erwähnte Einbruch wohl in Jogginghosen erfolgt sein könnte.

Das mag daran liegen, dass mir Menschen in fallschirmseidenen oder baumwollenen Jogginganzügen überall da suspekt sind, wo ihr Tun nicht mit Sporttreiben in Zusammenhang steht. Beim Einkauf zum Beispiel. Dass ihnen deshalb gleich die Kontrolle über ihr Leben entglitten sein soll, diese Aussage halte ich jedoch bei näherer Betrachtung für gewagt. Vielleicht die Kontrolle über ihren guten Geschmack, das könnte aus Sicht eines Modeschöpfers tatsächlich der Fall sein, aber gleich über das ganze Leben? Da kam mir plötzlich das Bild eines cineastischen Einbrechers in bequemer, dunkler Baumwollkleidung in den Sinn, der das Objekt seiner Begierde stiehlt und im Schutz der Nacht unerkannt beiseiteschafft. Und schon war der verbindende Gedanke da.

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Die Eselsbrücke

Manches kann ich mir einfach nicht merken. So unlängst den Namen einer Blume, die ich in meinen Garten gepflanzt habe. Dabei ist der ganz einfach. Mombretie heißt das Ding. Wusste ich ja eigentlich. Nur eben dann nicht, wenn mein Mann mich danach fragte. Dann hatte ich es immer gerade vergessen.

Und wenn ich eine Freundin fragen wollte, fiel es mir im selben Augenblick wie Schuppen aus den Haaren, Verzeihung, von den Augen natürlich.

Ich machte mir bereits ernsthafte Gedanken über den Zustand meiner grauen Zellen. Dann verwarf ich die Bedenken wieder. Ein Kopf in dem derzeit so viele Plots durcheinander wirbeln, der darf auch mal was vergessen, sagte ich mir. Und griff in Sachen Botanik auf die altbekannte Technik der Eselsbrücke zurück. Ich solle an Queen Mom, Gott hab sie selig, und daran denken, dass diese Höchstselbst gerne Brezel verspeist haben soll. Damit war der Weg zum Wiedererkennen- und Benennen der Blume geebnet. Dankeschön, Gudrun!

Ich schaute kurz nach, warum die Eselsbrücke so heißt, wie sie heißt. Kann ja sein, dass Sie sich auch dafür interessieren. Sie bezeichnet etymologisch eine Gedächtnisstütze. Esel mögen scheinbar, anders als Pferde, nicht über das Wasser gehen. (Vermutlich wissen sie nicht, wo die Steine liegen!) Sie fürchten sich vor der Reflektion der Oberfläche, sagt man. Daher war der Eselsführer besonders schlau, der ihnen zuliebe eine kleine Brücke baute, über die sie gehen konnten. Zwar dauerte das manchmal länger, bewies aber am Ende Köpfchen, weil der störrische Esel das feuchte Hindernis überwunden hatte.

So weit, so gut. Über den Umweg ans Ziel also. Passt, oder? Nur was mach ich mit meinem Einkauf, wenn ich tagelang immer erst zuhause merke, dass ich das Salz vergessen habe? Soll ich lieber ans weite Meer denken oder an Wandern in Bad Reichenhall? An Chemie oder zu hohen Blutdruck? An vereiste Straßen im tiefsten Winter oder an…?

Vielleicht schreib ich es mir doch lieber auf!

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Gehen Sie eigentlich gerne einkaufen?

Also, ich meine jetzt nicht Schuhe shoppen oder vielleicht das neue Outfit für die kommende Herbst/Winter-Saison. Ich meine den Einkauf, der dafür sorgt, dass Ihr Kühlschrank nicht aufgrund von Langeweile oder unnützem Herumstehen mit gähnender Leere antwortet, wenn Sie die Tür öffnen.

Sie nicken? Ich war mir sicher, dass Sie das kennen. Und nun die Gewissenfrage: Gehen Sie gerne einkaufen? Gehören Sie zu den Zeitgenossen, die Preise bis ins Detail aus dem Kopf hersagen können, wenn Sie im Supermarkt Ihres Vertrauens unterwegs sind? Oder sind Sie eine/r von denen, die an der Kasse stehen und lamentieren, dass die Lebenshaltungskosten unablässig in die Höhe schnellen, getreu dem olympischen Motto. (Ich meine nicht „Dabeisein ist alles“ sondern „Immer höher, immer weiter“?)  Wenn letzteres der Fall ist, wie wär es dann mal mit einer Doping-Strategie für das eigene Portemonnaie? Doping ist doch gerade wieder in aller Munde. Und von der Hand in den Mund leben, will keiner. Deshalb nervt uns nichts so sehr wie der leere Kühlschrank.

Die schlimmste Fraktion, zu der ich gelegentlich auch gehöre, ist diese: Sie haben Hunger. Sie gehen einkaufen. Da vorne, die appetitlich grünen Äpfel. Mmmh, lecker. Ab in den Korb damit. Zehn Schritte weiter die nächste Versuchung: Schokolade, Pralinen, Kuchen, Currywurst und, und, und. Vielleicht endet dieser Ausflug bei den Chipstüten? Oder bei der Kühltheke mit den neuen Eissorten. Das hängt ganz davon ab, was Sie gerne mögen. Doch das böse Ende kommt garantiert, wenn Sie an der Kasse stehen, der Wagen voll und die Geldbörse anschließend leer ist.

Kommen wir auf meinen Dopingvorschlag zurück. Haben Sie vielleicht eine Idee, für dieses Problem? Ich habe hin und her überlegt und habe nur einen praktikablen Lösungsansatz. Niemals hungrig zum Einkauf gehen. Das hilft.

F - Fantasien; Das Foucaultsche Pendel, Der Fahrradunfall

Fantasien

 

Ich stehe vor einem Gemeinschaftsgebäude, für das ich einen Schlüssel besitze. Den stecke ich ins Schloss, als von drinnen ein Ruf ertönt:

„Warte, nicht abschließen!“ Eine Freundin aus unserer Gruppe kommt gelaufen.

„HIER möchte ich nicht eingeschlossen werden!“, gesteht sie ein wenig atemlos. „WENN ich irgendwo über Nacht eingeschlossen werden wollte, dann nur in einem Kaufhaus. Am liebsten bei Hussel oder so!“

Hussel ist eine namhafte Süßwarenkette in unserer Gegend und auch ich hätte nichts gegen eine Nacht in einer Warenhausabteilung voller Schokolade, Pralinen, Kekse… Na, Sie wissen schon!

 

Ich verfolge den Gedanken weiter: Eingeschlossen in der Damenoberbekleidung, schwungvoll die Kleiderständer Karussell fahren lassen, ebenso in der Unterbekleidungsabteilung, begraben unter Bergen von Spitze, oder bei Uhren und Schmuck, zwischen endlosen Reihen von Schuhregalen und Ständern voller Handtaschen. 

 

Auch der Multimediabereich hätte durchaus seinen Reiz: Riesige Flachbildschirme mit den  neuesten DVDs – davor auf dem Boden ich, mit einer Chipstüte (aus dem Bereich Lebensmittel). Oder ein Tango, abgespielt auf der noblen Hi-Fi-Anlage, dazu ein Glas Champagner und eine winzige Dose Kaviar, die ich in der Feinkostetage gefunden habe. Tanzend im Schaufenster bei Nacht und Nebel oder doch besser mit der aktuellen Sing-Star-Ausgabe und einem Mikrophon?

 

Kurz bevor der Morgen graut, in der Parfümerie: Nachtcreme lohnt jetzt nicht mehr, aber da steht ja auch noch das eine oder andere Duftwässerchen.Meine Fantasie geht mit mir durch. Leider werden heute in den wenigsten Kaufhäusern noch Möbel feilgeboten. So muss der verdiente Schlaf warten, bis die VerkäuferInnencrew eintrudelt, den Schlüssel dreht und ich nach Hause kann. Falls der Kaufhausdetektiv nicht pünktlich kommt. Mitnehmen werde ich nur den Duft des Parfüms… Mehr von Anja Ollmert unter www.anjaollmert.jimdo.com

 

 

Das Foucaultsche Pendel

Waren Sie heute bei Google zu Besuch?

Ich ja, ein paar Mal sogar. Aus unterschiedlichen Beweggründen. Und was soll ich sagen? Das foucaultsche Pendel (http://www.youtube.com/watch?v=c6KqpoMzDe4) hat mich ganz nervös gemacht. Glauben Sie, ich hätte es geschafft, einmal im richtigen Augenblick hinzuschauen, wenn eines der Randelemente umfällt? Dabei hab ich mir solche Mühe gegeben. Sicher genau so viel, wie der Macher dieser ausgefallenen Animation zum Geburtstag des Philosophen Léon Foucault. Der 194. übrigens. Nicht der Philosoph, der Geburtstag.

Aber zurück zum Pendel. Ich hab es schon im Original gesehen, im Deutschen Museum. Ein riesengroßes Teil, das langsam hin und her schwingt. Es strahlt Ruhe und Gleichmäßigkeit aus und kann eine fast hypnotisierende Wirkung haben. Nur eben nicht bei mir. Mich regt es auf.

Woran liegt das nur? Bin ich ein unruhiger Geist oder ist es das Sichtbarmachen der Erdrotation? Wird mir davon schwindelig? Ist doch Quatsch. Die dauert schließlich den ganzen Tag und wenn ich nicht auf das Pendel schaue, spüre ich sie ja auch nicht. Und in München benötigt das Ding für eine volle Runde sogar mehr als 32 Stunden. Es hat also scheinbar alle Zeit der Welt.

Ha, das wird es sein: Mir fehlt die Zeit, die das Pendel hat, denn es muss ja nirgends hin, sondern nur hin und her. Das muss ich manchmal auch, den ganzen Tag von A nach B. Und am Ende wieder zurück, oder noch weiter über C…

Aber was soll’s. Gleich schlägt es Mitternacht, dann ist die Animation verschwunden. Dabei hat sie es nicht einmal rundherum schaffen können. Wegen der 32 Stunden, Sie erinnern sich? Ich geh jetzt schlafen, während es im Museum weiter vor sich hin schwingen muss. Zum Glück ist erst morgen Vollmond. Der macht mich nämlich auch immer nervös. Gute Nacht!

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Der Fahrradunfall


Zwei Frauen die ich kenne, sind in den letzten vierzehn Tagen sprichwörtlich und tatsächlich vom Fahrrad geholt worden. Die eine ist schuldlos mit einer eiligen Fußgängerin zusammengerasselt, die andere traf auf einen rücksichtslosen Radler. Dass der sich auch noch vom Acker gemacht hat, macht es noch schlimmer. Ein Arm-und ein Beinbruch waren die Folge. Da kann man nicht mehr sagen, dass das Ganze doch kein Beinbruch ist, oder?

Ich denke nach, wie das mit mir und meinem Fahrrad weitergehen soll.
Ich fahre ab und zu ganz gerne mit dem Drahtesel, aber ich kann auch darauf verzichten. Das scheint mir sicherer. Oder vielleicht bin ich auch nur faul und auf der Suche nach einer guten Ausrede, wer weiß?

Wir - die beiden Verletzten und ich - sind Sängerinnen im selben Chor, ja wir singen sogar alle im Sopran. Will da jemand eine ganze Chorstimme ausrotten?
Der Gedanke ist mir tatsächlich gekommen. Vor allem, als ich heute eine Dritte aus unserem Bunde auf dem Fahrradweg kommen sah. Erwähnte ich schon, dass die beiden Armen auf der gleichen Strecke verunfallt sind?

Ich verspreche, dass ich die Sache im Auge behalten werde. Und sollte sich der kleinste Verdacht ergeben und bestätigen, dann lass ich die Luft aus meinen Reifen und mein Fahrrad in der Garage. Es mag ja noch angehen, wenn wir gemeinsam singen, dass wir "mit'm Radl da sind", aber ich will kein Risiko eingehen...

G - Gold, Weihrauch und Möhre; (Der) Gasgrill

Gold, Weihrauch und Möhre

Ob ich einen Tippfehler im Titel habe, fragen Sie sich? Nein, das mit der Möhre ist meine volle Absicht. Ich pendle gerade bei Facebook ein wenig durch die Beiträge und bewundere passende und unpassende, gewollte und unerwünschte Weihnachtsgeschenke.

Das inspiriert mich zu der nachfolgenden Betrachtung:

Schon die Weisen aus dem Morgenland – auch wenn sie nicht ganz pünktlich kamen, weil sie von einem anderen König aufgehalten wurden – brachten dem Kind zu seiner Geburt wertvolle Geschenke. Lassen Sie uns gemeinsam einen näheren Blick darauf werfen.

Gold war sicherlich zu allen Zeiten ein wertvolles Gut. Es eignete sich als Zahlungsmittel, und – schon Jahrtausende vor der Zeitrechnung heutiger Schmuckdesigner – zur Herstellung zierenden Geschmeides. Und sein wir doch mal ehrlich – welche Frau freut sich nicht über einen neues glitzerndes Schmuckstück? Ein Weihnachtsgeschenk, das wir mit freudigem Nicken begrüßen würden, auch wenn es nicht auf unserer Wunschliste gestanden haben mag.

Weihrauch ist das, was viele im Gottesdienst nicht mögen. Sie behaupten, dass es stinkt. Stellvertretend für den Wohlgeruch der Antike aber war ebenso viel wert, wie das oben genannte Edelmetall und in einem Stall vielleicht auch ein ganz sinnvolles Mitbringsel. Denn Ochs und Esel…, wenn Sie verstehen, was ich meine? Der Weihrauch findet sein Pendant auf unseren Gabentischen, auch wenn er sich inzwischen zu Parfüms mit unzähligen duftenden Ingredienzien verwandelt hat.

Was aber ist mit der Möhre? Eigentlich heißt es ja Myrrhe, aber meine damals vierjährige Tochter verstand es anders und dieses Geschenk schien ihr als einziges wirklich einzuleuchten. Die Möhre war vermutlich für den hungrigen Esel, der ja alsbald einen weiten Weg nach Ägypten zu gehen hatte. Oder für das Baby, um einen Möhrenbrei zuzubereiten. Dass  im Orient vor 2000 Jahren vielleicht gar keine Möhren wuchsen, konnte sie ja nicht wissen. Doch was ist das, die Myrrhe? Kann man das heute noch verschenken?

Es handelt sich um ein Baumharz.
Aha. Harzige Finger hatten wir schon beim Christbaum einstielen, doch das ist nicht erstrebenswert. Weiterhin gehörte es zu den Zutaten des Salböls für Priester und Könige.

Und schon kommen wir der Sache näher. Ein neuer König wird geboren und seine Würde wird mit dem Salböl symbolisch gestützt. Die Eltern des Kindes in der Krippe wird es gefreut haben.
Und was sagt Ihnen das jetzt?
Der Hintersinn mancher Geschenke will ergründet werden. Aber vielleicht ist auch nicht wichtig, was sich dahinter verbirgt, wenn es nur mit Liebe ausgesucht und geschenkt wurde. In diesem Sinne: Gold, Weihrauch und Möhre!

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Der Gasgrill

Der Hunger hat sich längst gemeldet. Mehrfach. Auf unserem Speiseplan stehen heute gegrillte Sardinen. Lecker. Mein Mann hat Küchendienst. Männer soll man ja bekanntlich von der Konfrontation mit dem Grill nicht abhalten. Das hat urzeitliche Gründe. Zum Glück steht hier nur mein Mann und nicht noch zwei oder drei andere, die ihre Kenntnisse beisteuern wollen - ganz einfach, weil sie es können. Das spart Zeit. Und Nerven.

Lohnt sich ohnehin nicht, ist nämlich ein Gasgrill. Der ist geliehen und besonders praktisch, wenn es schnell gehen soll. Bisher hat das jedenfalls geklappt. Heute allerdings...

Das Gerät ist vielfach benutzt, der Rost war sauber und alles scheint problemlos. Die Fettreste in der Wanne unter den Steinen, die durch das Gas beheizt werden, waren allerdings auf den ersten und zweiten prüfenden Blick nicht zu sehen. Leider. Sie zeigen sich erst, als es obendrauf im Fischgitter munter vor sich hinschmurgelt und appetitlicher Fischgeruch aufsteigt. Doch ausgerechnet jetzt melden sie sich mit Vehemenz. Sie fangen Feuer.

Für die Fische ist das kein Problem, jedenfalls für die, die schon im gleichen Augenblick gar sind. Sie werden schnell gerettet. Für ihre Nachfolger allerdings gilt, sie werden vom geplanten Grillgut auf eine schnöde Pfannenzubereitung reduziert. Schade.

Und im Grill brennt es wie ein fröhliches Lagerfeuer vor sich hin. Die Diskussionen ranken sich um etwaige Löschungsversuche, auf die wir aber mangels Profi lieber verzichten. Wir wandern stattdessen mit dem Gartentisch aus dem Einzugsbereich der dunklen Rauchwolke. Vorsichtshalber entfernen wir auch die Gasflasche aus dem Gerät. Man kann nie wissen. Will ja auch keiner von uns morgen in der Zeitung stehen.

Die Dauer des Brandes lässt vermuten, dass Generationen von Würstchen und Koteletts ihr Fett - als unsichtbare Rache für den Tod des armen Schweins - in die Schale unter den Gasdüsen haben tropfen lassen. Wir essen, davon unbeeindruckt, unseren Fisch und üben uns in Geduld. Heute macht es nicht einmal Sinn, die unerwartete Abwärme zu nutzen. Wir haben noch 20 °C draußen. Die letzten drei Sardinen landen in der Pfanne. Gegrillt haben sie besser geschmeckt, aber das ist jetzt Pech.

Was am Anfang ein klarer Vorteil gegenüber dem Holzkohlengrill zu sein schien, wird damit zum Bumerang. Die Reinigungsaktion dauert entschieden länger als der Grillgenuss, wird aber glücklicherweise ebenso schnell zur männlichen Domäne erklärt. Glück gehabt.

H - (Der) Handy-Mann

Ich stehe im Supermarkt meines Vertrauens und traue meinen Ohren nicht. Ein junger Mann um die Dreißig, Typ erfolgreicher Manager, rennt durch die Gänge und lamentiert.

Er lässt mich ungefragt teilhaben an zahlreichen Finanz-Transaktionen, die er vermutlich gerade an einen Untergebenen delegiert. Ich höre deutlich Namen wie Müller, Meier, Schulze. Natürlich nicht, ohne die dazugehörigen Kontoverbindungen. Die posaunt man ja auch heraus, während in der Kühltheke nach dem Abendbrot gesucht wird. Was will er heute essen? Schnitzel vielleicht. Ach ja, Müllers transferieren Achtzigtausend nach Luxemburg.

Kartoffelsalat braucht er noch. Das Geld von Schulze soll in Aktien angelegt werden. Facebook-Aktien sind es nicht, erfahre ich gleich darauf. Der genannte Betrag ist horrende, die Kontonummer kann ich mir so schnell nicht merken. Er rückt das Headset gerade. Das ist ihm verrutscht, als er den Kopf in der Kühltheke hatte.

Bratwurst kauft er und verrät dabei, dass das Ehepaar Meier beim letzten Warentermingeschäft nicht zufrieden war. Wen wundert's? Mich nicht. Ich hätte es auch nicht so gerne, wenn mein Finanzberater durch die Gegend rennt und alle Welt über meine finanzielle Lage in Kenntnis setzt.

Wer jetzt glaubt, die Geschichte sei erstunken und erlogen, der irrt.

Leider kannte ich keinen der finanzstarken Anleger, sonst wäre umgehend ein Telefonat mit ihnen fällig gewesen. Nicht, um zu fragen, ob sie ihr Geld nicht lieber bei mir anlegen wollen, aber sicher um zu berichten, dass man im Supermarkt meines Vertrauens nun genauestens Bescheid weiß, was sich auf dem Konto von Müller, Meier und Schulze tut.

Noch Fragen?

I - (Die) Indische Toilette, Die Invasion

Die indische Toilette

Das Geld liegt auf der Straße – sagt man jedenfalls. Mein persönliches Fazit: Leider liegt es nie dort, wo ich langlaufe.In Indien muss man allerdings in den Flieger steigen, hab ich gehört. Dort fanden Putzfrauen vergessene Goldbarren auf einer Flugzeugtoilette. (Es war ein Billigflieger, doch was soll’s.) Jetzt sind sie hoffentlich um 800.000 Euro reicher, denn bisher hat niemand zugegeben, dass er so viel für die Klofrau auf den Teller gelegt hat. Damit ist auch nicht zu rechnen. Manchmal hält man besser die Klappe. Vor allem auf einer indischen Toilette, selbst wenn die fliegt. Bei mir heißt das Klo ja so, wenn es jwd liegt und ich endlos weit laufen muss. Das indische Klo – am Ende des Ganges eben.

Schön wäre es, wenn die Finder die vermeintliche Schmuggelware behalten dürften, doch ich schätze, wie immer hat der Staat seine Finger im Spiel. Da machen die Inder keinen Unterschied zur Eurozone. Wie ist das eigentlich mit Fundsachen? Muss man die versteuern? Wie gesagt, ich hab noch nie was gefunden. Aber ich fliege auch nicht mit indischen Billig-Airlines. Bis jetzt…

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Die Invasion

Sicher haben Sie das schon einmal erlebt: Der Ort, an dem Sie sich gerade befinden, wird von etwas heimgesucht. Das kann vieles bedeuten. Früher waren das vielleicht fahrende Händler mit schlechtem Ruf, Eroberer anderer Länder, heute kann es sich dabei auch um Touristen mit Badelaken handeln, die die Poolliegen entern.

Ich rede jedoch von etwas ganz anderem. Der aktuelle Ort meines Aufenhaltes wird von Fliegen heimgesucht. Ohne es zu wollen, werde ich zur Herrin der Fliegen. Würden sie alle mich nur geräuschlos umkreisen, ohne Gesumm und Gebrumm und ohne sich auf meine Arme, meine Beine oder meinen Kopf oder mein Mittagessen zu setzen, wäre alles gut. Dann könnten sie in friedlicher Koexistenz mit mir die Räumlichkeiten bewohnen. So aber...

Sie jedoch tendieren dazu, genau zu sehen, wo ein schmaler Streifen unbekleideter Haut in Sicht ist und landen direkt darauf. Mein Arm wird zur Einflugschneise, mein Fußgelenk zum Landeplatz. Ich hingegen zucke und winde mich, schlage nach den Biestern, doch das scheint sie nur zu neuen Taten herauszufordern.

Ich weiß, warum sie hier sind. Nebenan ist ein Kuhparkplatz, ach ne, das heißt ja auf dem Land Weide. Die dort befindlichen Lebewesen wedeln beständig mit dem Schwanz, um der Plage Herr bzw. Kuh zu werden. Ich habe sie in Verdacht, die Biester zu mir herüber zu katapultieren. Doch irgendwann reicht es mir. Wenn man mich beständig reizt, sollte man auf der Hut vor mir sein. Ich bin ein friedliebender Mensch, bis zu einem gewissen Punkt. Und der ist jetzt erreicht!

Erinnern Sie sich an diese fiesen Leimruten, die von der Decke baumeln und nur darauf warten, dass jemand zu nahe an sie herankommt, damit sie sich in der Frisur des Leidgeprüften verheddern können? Ok, das Ganze sieht ein wenig eklig aus, verfehlt jedoch auch nicht seine Bestimmung. Ich könnte nach Art des tapferen Schneiderleins mein Wams mit einer immens hohen Zahl an Todesopfern besticken, wenn ich wollte. Aber ich hab die Viecher gewarnt. Sie wollten einfach nicht hören...

 

J - Jehovas Zeugen

Ich gestehe, die folgende Begebenheit hat schon einige Jahre auf dem Buckel, aber es lohnt sich trotzdem, davon zu berichten.

Sie kennen das vermutlich: Es schellt an Ihrer Tür und Sie haben gerade weder Lust noch Zeit, zu öffnen. Entweder hängt Ihre beste Freundin mit wichtigen Nachrichten in der Telefonleitung, Sie haben die Kartoffeln auf dem Herd, müssen dringend irgendwohin oder der Staubsauger steht mitten im Weg. Grund genug, nicht an die Tür zu gehen. Aber schließlich weiß man nie, was man verpasst, wenn man nicht öffnet.

Den Mann von der Lottogesellschaft zum Beispiel, der mit Ihrem Millionengewinn vor der Haustür steht. Gesetzt den Fall, Sie spielen regelmäßig Lotto. Oder jemanden, der dringend Ihre Hilfe benötigt, aus welchem Grund auch immer. Deshalb öffnen Sie selbstverständlich die Tür, auch wenn es eher aus kaum zu unterdrückender Neugier geschieht.

Bei mir waren es in solchen Fällen lange Zeit die Zeugen Jehovas, die mir den Wachturm entgegenstreckten und mit mir über Gott und seine Welt reden wollten. Ein unscheinbares Pärchen in Anzug und Faltenrock, das man aber nach einigen Fehlversuchen der Mitgliederwerbung doch wiedererkennt.

Da ich ein höflicher Mensch bin, gestand ich bei diesen Gelegenheiten, dass ich leider beschäftigt oder in Eile war, bevor ich die Haustür vor ihren Nasen schloss. War ja auch nicht gelogen. Doch sie haben es vermutlich trotzdem nie geglaubt. Ablehnung und rüde Reaktionen sind diese Teams gewohnt, die in allen Städten unseres Landes existieren. Und ich wollte mich ja auch nicht bekehren lassen, doch wer möchte das schon zwischen Tür und Angel erklären? Also war ich froh, dass ich nachweislich eine vielbeschäftigte Hausfrau und Mutter war. Bis zu dem besagten Tag.

Ich stehe an der Straße und bewache meinen Sohn, seine Schwester und zwei Nichten beim Spielen mit dem Bobby Car auf dem Gehweg. Auf meiner Hüfte sitzt der letzte der Kinderriege, mein Jüngster. Ein Wagen fährt auf den Parkstreifen. Ihm entsteigt das unauffällige, aber wiedererkannte Pärchen, dessen Aufgabe die Rettung der Welt zu sein scheint und die nach geeigneten Mitarbeitern für diese Aufgabe suchen.

Über das Gesicht des Mannes geht ein wiedererkennendes Leuchten, doch die Mundwinkel klappen gleich wieder nach unten, als er sieht, was ich dort tue. Er holt tief Luft und sagt nur einen einzigen Satz, bevor er sich seiner Begleiterin zuwendet und auf Nimmerwiedersehen verschwindet:

"Jetzt verstehe ich auch, warum Sie nie Zeit haben!"

Ich hab die beiden nie wieder getroffen und es hat viele Jahre lang kein einziger Zeuge mehr bei mir angeschellt. Vielleicht ist es ein Fehler, dass ich Ihnen heute verrate, dass alle Kinder längst meiner Obhut entwachsen sind. Ok, den Staubsauger, die Freundin und die Kartoffeln könnte ich immer noch vorschieben...

K - Kleiner Kreditfisch; Koalition; Kiss & Go; Es kanzlert vor Tür und Fenster; Keine Zähne mehr;

Kleiner Kreditfisch

Schon der arme Poet von Carl Spitzweg hatte nichts auf der Tasche. Ihm gehörten ein alter Mantel, ein löchriger Schirm und ein fadenscheiniges Handtuch, ein Bademantel (mit dem er sich in der Sauna nicht mehr hätte blicken lassen dürfen), ein paar Schuhe, Bücher, Stift und Papier. Da er beim Schreiben ein großes Buch zu Rate zieht, könnte man mutmaßen, dass ihm nicht mal seine Gedanken selbst gehörten. (Gleichwohl wäre es vermessen, ihn als ersten Plagiator zu bezeichnen.)

Was aber bringt eine Dame mit dem klangvollen Namen Marie-Christine dazu, in einer Gruppe von Schriftstellern ihre (Achtung Zitat!) […Ich habe ein Kapital, das verwendet werden, um Kredite zu gewähren spezielle kurz-und langfristig von 2000 Euro auf 350.000.000 € auf alle schweren Menschen, ehrliche und gute Moral wollen diese prêt.3% Zinsen werden das Jahr abhängig von der Menge, die für eine besondere zahlte ich nicht wollen, um den Wucher Recht verstoßen. Bezahlen können Sie 5 bis 25 Jahre, je nach dem Höchstbetrag verliehen…] Dienste anzubieten?

Ok, wir nagen am Hungertuch. Alle. Das ist ja eigentlich klar. Die Buchbranche boomt längst nicht mehr und die Konkurrenz wächst stetig. Wer mit seiner Autorentätigkeit reich werden will, hätte längst ein anderes Metier wählen sollen.

Ihr Google-Übersetzer kennzeichnet Marie-Christine als jemanden, der vielleicht rechnen kann, dessen Umgang mit der deutschen Sprache jedoch zu wünschen übrig lässt. Interessant hingegen ist Folgendes: Sie bietet uns einen Kredit, den wir u.a. zum Erwerb von Ferienwohnungen einsetzen könnten. Ebenso zum Errichten sanitärer Anlagen. Das lässt mich glauben, sie muss das Spitzweg-Gemälde vor Augen gehabt haben, als sie ihr Anschreiben verfasste. Der hat in seinem Appartement nämlich auch keine Toilette.

Fasziniert bin ich von der Tatsache, dass sie nur die männliche Spezies der Wortkünstler anspricht, weiterhin alle „schweren Menschen“ (?). Wir Frauen haben vermutlich unser schriftstellerndes Schäfchen längst im Trockenen. Keine von uns schreibt mehr auf den Papierservietten eines Cafés ihre Bestseller. Daran muss es liegen, dass bisher keiner der Publikumsverlage unser Ausnahmetalent entdeckt hat…

Alle meine Bücher und zahlreiche Glossen finden Sie unter www.anjaollmert.jimdo.com

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Koalition – ist das was Unanständiges?

Das war’s, die Bundestagswahl ist Geschichte. Wurde auch Zeit.Zum Ausgang der Wahl möchte ich mich nicht äußern. Das haben schon andere gemacht. Und wie weiland Jan Ullrich stellt der Zweitplatzierte fest, dass sein Podiumsrang auf den ersten Blick so viel wert ist wie der des zweiten Tour-de-France-Fahrers.

Dabei geht es jetzt erst richtig los: Das Koalitionsgerangel. Wie stellen Sie sich solche Sondierungsgespräche eigentlich vor?Ich hab sie gedanklich kurzerhand auf ein Monopoly-Brett projiziert. Wenn Angela jetzt vor Per – ich lege die große Koalition zu Grunde – bei der Parkstraße ankommt, ruft sie vermutlich laut: „Bin schon da!“  (Das Hase-und-Igel-Syndrom des Wahlkampfs lässt grüßen). Oder Per sammelt alle Bahnhöfe und Flughäfen und bittet Angela mietzinsmäßig zur Kasse. Kassel, Berlin und Mainz darf er behalten, die machen nur Ärger. Ins Gefängnis will wie immer keiner und am Schlossplatz kommt man vorbei, würfelt aber nie die passende Augenzahl.

Aber halt, ich wollte das Spielbrett ja im übertragenen Sinne sehen – Ministerien und ihre Posten und wie sie verteilt werden. Wenn ein Spielpartner mit dem Angebot nicht einverstanden ist, schubst der andere die Figuren kurzerhand vom Brett und ein Neuer nimmt Platz. Gehen Sie nicht über Los…

Schneller ginge es allerdings so: Die Parteien verschicken Zettel an ihre potenziellen Partner, auf denen steht: „Willst du mit mir koalieren?

Dann kreuze bitte an 

ja    nein   vielleicht

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Kiss & Go

Ich mag meinen „Kaffee Togo“, in Anlehnung an ein afrikanisches Land, in dem es tatsächlich Kaffeeplantagen gibt. Was aber mache ich mit der Kiss & Go-Zone, die heute am ersten Schultag in aller Medienmunde zu sein scheint?

Mit einer „Abschiedszone“ hätte ich mich zurechtgefunden, aber vielleicht erinnert das zu sehr an Friedhof. Nun also die Kiss & Go Zone. In der Nähe von Schulen und als letzter Halt für Eltern und Kinder mit Trennungsschmerz.

Ich bin Befürworter des selbstgegangenen Schulweges. Das ist ein wichtiges Stück Loslösung von Kindern und Erziehungsberechtigten. Das klappt nicht, wenn Mama oder Papa den Sprössling bis vor das Schultor fahren. Ist doch leicht einzusehen. Es macht viel mehr Spaß, gemeinsam mit anderen zu erkunden, was auf dem Weg liegt, den man von nun an ein paar Jahre lang gehen wird. Direkt vor dem Tor passiert da nicht mehr viel. Außer dass man dumme Bemerkungen kassiert.

„Na, musst du der Mama noch ein Küsschen geben?“, lästern die, die zu Fuß hergekommen sind. Oder „Du wirst doch nicht weinen, weil die Mama gegangen ist?“. Es gab Zeiten, da war ein sicherer Mobbing-Kandidat, wer aus Mutters Auto kletterte und sich den Abschiedskuss nicht schnell genug vom Gesicht wischte.

Die Zeiten ändern sich. Heute also: Kiss & Go. Ein winziger Augenblick Abschied und nichts wie weg. Elternmäßiges Luftschnappen. Endlich Ruhe vor dem Nachwuchs. Wenigstens für ein paar Stunden. (Das soll es wirklich geben, habe ich mir sagen lassen.)

Mit gefiel der heimische Abschied besser. Es gab ein kleines Kreuz auf die Stirn meiner Kinder, getreu meiner katholischen Gesinnung. Das ist heute nicht mehr angesagt. Dann die Frage: „Wann kommst du nach Hause?“ In Gedanken bereits verschiedene Zeitzugaben für den Heimweg, je nachdem, wen ich da gefragt hatte. Sie sind eben nicht alle gleich schnell.

Wenn ich jetzt an einer Kiss & Go Zone vorbeikäme, für einen Augenblick anhielte und mir den nächstbesten Passanten greifen würde, um ihn erst zu küssen und dann wortlos zu gehen. Vielleicht noch mit einem Fingerzeig auf das Schild. Was glauben Sie, würde der sagen?

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Es kanzlert vor Tür und Fenster 

Guten Tag! Schauen Sie doch mal bitte aus Ihrem Fenster. Nein, keine Angst, ich stehe nicht vor Ihrer Tür. Da steht jemand anderes. Genau: Die Bundestagwahlen! Und mit ihnen sind auch die Wahlplakate aufgetaucht wie aus dem Nichts.

Ist doch seltsam, oder? Ich habe noch nie beobachten dürfen, wie die zuständigen Plakatwerber ihre Arbeit verrichten. Vermutlich kommen sie im Schutz der Nacht und am Morgen öffnen Sie oder ich die Rollladen und wen sehen Sie? Zugegeben, ich habe keine Ahnung, wen SIE dann sehen. ICH jedenfalls sehe Frau Merkel. Auf Augenhöhe sozusagen. Mit einem fragenden Blick, als wolle sie in Erfahrung bringen: „Und, wen wählst du?“ Ich werde es ihr nicht verraten. Ist ja schließlich geheim, die Wahl.

Aber das hat schon ein bisschen was von Gehirnwäsche, oder finden Sie nicht? Ganz gleich ob Westerwelle, Steinbrück oder Merkel. Hätte man mich um meine Meinung gebeten, hätte ich im Gegenzug die Bitte geäußert, dass keiner von denen sechs Wochen lang zu mir hereinschaut. Da bekommt das Morgengrauen doch eine völlig neue Bedeutung, nicht wahr?

Überhaupt, was das alles wieder kostet. In unserer Straße steht etwa alle zehn Meter eine Laterne, die Straße ist gute 700 Meter lang, sagt Google-Maps. Sie können sich leicht ausrechnen, wie viele Köpfe daran baumeln. Vom breiten Lächeln bis zum verkniffenen Gesicht ist alles dabei, was die menschliche Mimik zu bieten hat und auch von rechts nach links sind die Positionen komplett. Die kurzen Schlagworte sind vermutlich ebenso gelogen wie wenig vielversprechend. Wie immer.

Ich bin kein Wahlmuffel. Ich vertrete meine Meinung seit der Volljährigkeit und setzte Wahlrecht mit Wahlpflicht gleich. Und wähle dabei meist das kleinere Übel, oder das, was ich dafür halte. Und ich bin nicht die Einzige, die den Anblick während der angeblich wahlentscheidenden sechs Wochen nicht mag. Gestern in einer Unterhaltung jedenfalls wurde mir das deutlich.

Nun ist es ja so, dass uns die Politiker aus dem Bundes- oder Landtag nur im seltensten Fall persönlich bekannt sind. Jetzt stellen Sie sich aber mal die Ebene der Kommunalwahl vor und Ihr Bürgermeister würde Ihnen wochenlang direkt ins Schlafzimmer schauen. Ok, vielleicht wohnen Sie ja nicht im Erdgeschoss oder der 1. Etage. Dann wäre es noch halbwegs erträglich, denn Sie dürften von oben auf das Konterfei hinabschauen. Auch mal eine nette Perspektive.

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Keine Zähne mehr

Manchmal ist schon die morgendliche Zeitungslektüre derart erheiternd, dass ich noch am Nachmittag Tränen in den Augen habe. So wie heute Morgen. Lassen Sie mich die Situation kurz anhand des Zeitungsartikels schildern, (wobei sich meine Fantasie dazu genötigt sieht, das Ganze ein wenig auszuschmücken):

Ein Mann fährt über die Autobahn. Vielleicht hat er schon eine gute Wegstrecke hinter sich gebracht. Das kann dazu geführt haben, dass ihn ein plötzliches Hungergefühl quälte. Weil man ja beim Autofahren bekanntlich viel sitzt und keine Kalorien verbraucht, entscheidet er sich für den Verzehr eines Apfels. Kalorienarm und gesund. Eigentlich.Was er vergisst, ist die Tatsache, dass nicht mehr alle Zähne sein Eigen sind. Ok, er hat sie bezahlt, aber das ist nicht dasselbe. Er beißt also wiederholt in den Apfel, genießt die Frische und spürt nicht, dass seine teuren Implantate im Fruchtfleisch stecken bleiben. Das merkt er erst, als er die Apfelkitsche im hohen Bogen durch sein Fenster auf die Autobahn schmeißt. Ich gehe davon aus, dass ihm der letzte Bissen wie weiland Schneewittchens vergifteter Apfel, im Hals stecken geblieben ist.

Der gute Mann, jetzt ohne vollständiges Gebiss, bleibt umgehend auf dem Standstreifen stehen, steigt aus, und beginnt, nach dem Überrest des Apfels zu suchen. Dabei überrascht ihn die Polizei und stellt die logische Frage, was er dort zu suchen hat. (Eine Frage, die ich mir bei jeder Radiomeldung stelle, dass sich Passanten auf einzelnen Streckenabschnitten deutscher Autobahnen befinden. Auf eine Antwort wie die des Herrn, dass er seine Zähne suche, wäre ich jedoch nie gekommen.)

Das Fatale ist: er findet den Apfel tatsächlich, seine Zähne jedoch sind nicht mehr Teil dieser ungeplanten Symbiose und haben sich anderweitig vom Acker gemacht. Ein Imbiss, der ihn teuer zu stehen kommt. Ich hab keine Ahnung, ob er darüber hinaus eine Strafe für unerlaubten Aufenthalt auf bundesdeutschen Autobahnen entrichten musste. In jedem Fall geht er jetzt vermutlich im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Zahnfleisch, der arme Kerl.

Entschuldigen Sie, dass ich so schadenfroh bin, aber ich habe schon wieder Tränen in den Augen...

 

L - Rettet die Legofrauen vor pinkfarbener Langeweile; Landmarke adé (A.D.); Limburger Schwindel; Langeweile und keine Lust, der kleine Lauschangriff

Rettet die Lego-Mädchen vor pinkfarbener Langeweile

Eine Siebenjährige hat es kapiert und den Lego-Herstellern die Meinung gegeigt.

Ihr missfällt, dass Pink die einzige Farbe zu sein scheint, in die sich die Lego-Dame von Welt kleidet. (Ich stelle fest, ich bin froh, keine Legofrau zu sein. Müsste ich ständig in Pink oder Rosa flanieren, wäre ich äußerst ungehalten.)

Punkt zwei auf Charlottes Mängelliste: Warum tut die moderne Lego-Frau nichts anderes als Shoppen, Herumsitzen und gut aussehen?

Da haben die Macher der Bauklötze wahrscheinlich selbige gestaunt. (Und Alice Schwarzer hat eine Ablösung gefunden, gerade zum rechten Zeitpunkt, will mir scheinen.)

Frauen tun selbstverständlich all das, was auch Männer tun. Wer das noch nicht mitbekommen hat, lebt vermutlich inmitten eines Berges aus Legosteinen. Wir arbeiten, wir erleben Abenteuer, wir retten Menschen, einige von uns hinterziehen Steuern und manch eine schwimmt tatsächlich auch mit Haien…

So, jetzt habt ihr’s. Das könnt ihr euch hinter die Ohren schreiben.

Und fangt endlich an, dass auch die Legofrauen Spaß am wahren Leben haben.

Das wünscht sich nicht nur die siebenjährige Charlotte…

 

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Landmarke adé (A.D.)

Ich bin ein Kind des Ruhrgebiets, aufgewachsen zwischen Fördertürmen, die das Aussehen unserer Region bestimmten. Heute sollte wieder einer von ihnen weichen. Kiloweise Sprengstoff wurde dafür von einem Sprengmeister fachkundig verteilt. Und als der Knopf gedrückt wurde und die Sirene aufheulte, waren mindestens 500 Neugierige vor Ort. Ich hab mir das Zuschauen erspart. Es ist nicht der erste Turm, der hier in der Gegend fällt und vermutlich auch nicht der letzte. Was aber mit ihnen geht, ist die Bedeutung einer Stadt, die einst größte Bergbaustadt Europas war. Das ist seit den 80er Jahren längst Geschichte, doch die stolzen Türme der Arbeiter erinnerten noch daran. Ich selbst habe die grauen Schleier des Ruhrgebiets weder kennengelernt, noch vermisse ich sie. Doch die Funktion der Förderanlagen als Landmarken war ebenso bedeutend. Man stelle sich einmal vor, an der Nordsee würden die Leuchttürme gesprengt, nur weil man zu Zeiten von GPS & Co ohne sie auskäme.

Die Zuschauer sollen sich bestens unterhalten haben, so hörte ich. Von hartem Kruppstahl, der nicht wanken wird und der Aufforderung, gemeinsam zu pusten, damit das Ding am Ende doch noch fällt. Typische Bemerkungen von Ruhrpottlern, sozusagen. Und dann fällt er doch –  mithilfe eines Stahlseils und eines Baggers. Nu isser hinüber. Schade eigentlich!

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Der Limburger Schwindel
Es ist Samstag und ich sehe fern. Ausnahmsweise. Meist komme ich nur dazu, die aktuellen Nachrichten zu sehen. Man muss ja schließlich auf dem Laufenden sein. Und was da so läuft, ist in den letzten Tagen wenig erfreulich – vor allem für uns Katholiken. Da wird von horrenden Geldbeträgen gesprochen, die für Adventskränze und Besprechungstische draufgegangen sind. Kaum bemerkt der Zuschauer, dass die Kosten für die gesamten Umbaumaßnahmen ins Unermessliche gehen. Ein Bischof, der mit einem Namen wie ein geschichtsträchtiger Fürstbischof daherkommt, gerät ins Gerede. Zu Recht, wie mir scheint. Beim Versuch, hinter das Geheimnis zu kommen wird gelogen, dass sich die Limburger Balken biegen. Schade, doch ich versuche im Blick zu behalten, dass er auch nur ein Mensch ist. Und Hand aufs Herz - Sie und ich, wir schwindeln doch auch gelegentlich, wenn wir in die Ecke gedrängt werden. Und dann kommt sie, die Werbung, die mich textlich inspiriert. Da wird ein Medikament angeboten gegen den Schwindel. Und was denke ich? Ja klasse, das wär doch sicher auch was für den Herrn Bischof. Vielleicht fällt es ihm damit leichter, die Fehler einzugestehen, die ihm unterlaufen sind. Klar weiß ich, dass dies nicht die medizinische Wirkung des Präparates umschreibt. Macht aber nichts. So ein paar Wahrheitstropfen wären trotzdem nicht schlecht. Sicher auch für manchen Politiker. Dann aber vor der nächsten Wahl. Jetzt rücken die bald von allein mit den Ideen raus, die sie vor der Stimmabgabe verschleiert haben. Man lernt doch was beim Fernsehen, denke ich und drücke auf den roten Knopf der Fernbedienung. Oder schau ich doch den Krimi? Meistens arbeite ich ja, statt mich sinnlosem Vergnügen hinzugeben…

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Der kleine Lauschangriff

Ich gebe zu, sein großer Bruder beherrscht seit Wochen die Medien und bringt einem naiven Informanten unerwartete Heimatlosigkeit. Aber mal ehrlich: Petzen ist auch unfein. Haben wir schon als Kinder gelernt. Verpetz deine Freunde und du musst damit rechnen, dass keiner mehr mit dir spielen will. Das weiß er jetzt auch, der arme Herr S. aus A. Doch die Erkenntnis kommt zu spät.

Aber darauf wollte ich gar nicht näher eingehen. Das serviert uns tagtäglich die weltweite Medienlandschaft. Wobei ich längst den bedauere, der die stundenlangen Telefonate mit meiner besten Freundin abhören muss. Wenn wir von neuen Stilettos reden, denkt er hoffentlich nicht, es gehe um eine neue Geheimwaffe. Wenn ER eine SIE ist, ist das allerdings kein Problem, denke ich.Als ich vor Wochen eine Kurzgeschichte mit dem Titel „Die Frau, die Facebook kaputt gemacht hat“ schrieb und sie in der gleichnamigen FB-Gruppe veröffentlichte, beobachtete ich tagelang die Passanten auf dem Gehweg hinter mir. Immer aus dem Augenwinkel und in jedem Schaufenster. Man kann ja nie wissen.

Ich frage mich nur, warum wir alle so überrascht waren. George Orwell wusste schon 1949 davon zu erzählen. […BIG BROTHER IS WATCHING YOU] (Ich zitiere das vorsichtshalber). Zu Schülerzeiten ein Bonmot, wenn der Lehrer sich in die Nähe der Raucherecke begab. In Orwells Leben, den der Geheimdienst nachweislich jahrelang auf der Überprüfungsliste hatte,  jedoch eine Tatsache.

Mein Lauschangriff sieht anders aus. Er wiegt etwa 30 kg, ist blond, kurzhaarig und ausgesprochen gutmütig. Werfe ich eine Käserinde in sein Töpfchen, hört er das selbst in angrenzenden Räumen durch geschlossene Türen hindurch. Und er tut das nicht heimlich, sondern ganz offensichtlich, denn Sekunden später steht er erwartungsvoll wedelnd da und bittet um die Erlaubnis, die Gabe fressen zu dürfen. Wackle ich mit der Leine, springt er auf und freut sich auf einen Spaziergang mit mir. Läuft am Sonntagabend der Tatortabspann, brauche ich gar nicht erst zur Leine zu greifen. Die bekannte Melodie ist Signal genug.

Und selbst wenn er schläft, scheint noch in sein Bewusstsein zu sickern, was durch die Wände dringen könnte. Wenn Sie das Bild genau anschauen, sehen Sie jedoch dass der Hund nur mit halbem Ohr zuhört. Deshalb wage ich mit Fug und Recht von einem kleinen Lauschangriff zu sprechen. Und er petzt garantiert nicht. Egal, was ich tue. Deshalb will auch jeder gerne mit ihm spielen. Er darf hier wohnen bleiben und muss nicht um Hundeasyl betteln.

 

 

 

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Langeweile und keine Lust

So hatte ich mir das für mein alphabetisch sortiertes Projekt „Glosse statt Lipgloss“ nicht gedacht. Nun aber springt mich beim Buchstaben „L“ ausgerechnet die Langeweile an. Per Definition ist die Grundbedeutung der Langeweile [...eine Emotion, die das subjektive Verstreichen der Zeit beschreibt, währenddessen der Mensch keinerlei Ablenkung von außen oder innen erfährt. Folge der Langeweile sei vor allem eine spürbare Unlust.] Ach nee! Langeweile entsteht durch Monotonie des Alltags, lese ich. Hier bin ich nicht d’accord. Über mangelnde Abwechslung kann ich nicht klagen. Sie definiert sich über das Empfinden der Sinnlosigkeit des eigenen Daseins.

Halt! Stopp! Jetzt muss ich mal eingreifen. Ich empfinde mein Dasein nicht als sinnlos. Ich habe einfach nur keine Lust, etwas zu tun und zugleich auch keine Lust, tatenlos herumzusitzen. Dieses Dilemma gilt es zu lösen. Das geht vielleicht am besten draußen.

Ich radle durch die Landschaft, neben mir mein Hund. Mein Blick fällt auf ein halb abgemähtes Kornfeld. Drei Reihen voller stacheliger Halme neben unzähligen Reihen wogenden Korns. Entweder teilt der Bauer mein aktuelles Problem, oder er hat bis zum Einbruch der Dunkelheit die Arbeit nicht beenden können. Die frische Luft tat mir gut, aber meine Langeweile hat sie nicht vertrieben.

Ich könnte jetzt was tun, worauf ich gar keine Lust habe. Bügeln zum Beispiel, oder Fensterputzen. Das unangenehme Gefühl der Langeweile übertüncht inzwischen sowieso alle weiteren Emotionen. Zu dumm, dass ich all das schon erledigt habe.

Ich könnte an meinem Roman weiterschreiben. Aber ich habe eine gute Ausrede: Ich warte dringend auf ein Rechercheergebnis, das mit in den Plot einfließen muss. Solange das nicht da ist…, …könnte ich an einer anderen Stelle weitermachen, aber auch dazu habe ich keine Lust. Das klingt nach einer Schreibblockade, getarnt als Zustand allgemeiner Langeweile. Ist es aber nicht. Schließlich sitze ich hier und tippe. Das kann es also nicht sein. Ich starre Hank an, meinen neuen Motivator, der neben meiner Tastatur sitzt. Er schielt unschuldig zurück. Von dort ist also keine Hilfe zu erwarten.

Wie wär es mit Schlafen? Ist auch langweilig, finden Sie? Stimmt. Das ist keine Alternative morgens um neun.

Und was mache ich nun? Mir kommt ein altes Sprichwort in den Sinn: „Gut Ding will Weile haben“. Vielleicht gilt das auch für die Langeweile? Ich könnte ihr nachgeben, ihr so viel Zeit einräumen, wie sie benötigt, um von allein zu verschwinden. Ich kann sie mit offenen Armen willkommen heißen, als Abwechslung von der Hektik des üblichen Alltags. Ich kann tief in sie eintauchen, bis mir die Luft wegbleibt und ich von alleine hochkomme, um Atem zu schöpfen. Ich warte einfach ab. Und ich bin sicher, dass es der Langeweile vor lauter Akzeptanz bald langweilig wird bei mir.

M - Mutti-Tasking; Matratzenbezug

Mutti-Tasking

 

Nein, auch diesmal handelt es sich nicht um einen Tippfehler, sondern um den Kalauer, den eine Radiomoderatorin heute zum Besten gab. Ich stelle fest, dass der Begriff längst in die Buchliteratur Einzug gehalten hat.

Ich gehöre zu den Frauen, die seit Jahren zwei oder drei Sachen gleichzeitig erledigen. Lesen und gleichzeitig Stricken, Telefonieren und Bilderkritzeln, am Computer sitzen und Kartoffeln kochen und, und, und… (Ok, bei den Kartoffeln geht das manchmal schief, aber das ist ein Insiderwitz. Das konnte sogar meine Mutter schon, wenn sie an ihrem Rechner saß.)Aber im Stillen frage ich mich doch: Was treibt vornehmlich Frauen dazu, immer mehrere Dinge zeitgleich in Angriff nehmen zu wollen? Wer übt den Druck aus, dass wir uns derart getrieben fühlen? Als Mutter kleiner Kinder weiß man, dass es schlicht und ergreifend die Tatsache ist, dass der Tag – unwiderruflich – 24 Stunden bereithält, was auch immer wir damit anfangen. Ein großes Arbeitspensum verlängert diese Zeitspanne nicht automatisch um das nötige Maß. Und ab und zu müssen auch Mütter nichts anderes tun als schlafen. Das verringert allerdings ihr Kontingent, das anderswo benötigt würde.Doch ich habe keine kleinen Kinder mehr und bin immer noch auf der Flucht. Mein Lösungswort heißt: Ehrenamt! Das füllt, neben der schriftstellerischen Aktivität, meinen Terminkalender in kürzester Zeit. Und dann wird dieselbe eben knapp. Meist betrifft das die, die ich für mich persönlich bräuchte. Und dann ist eben Multitasking gefragt: Chorprobe vorbereiten und gleichzeitig bügeln, Fenster putzen und im Kopf Einladungstexte abwägen, Gottesdienste entwerfen und dabei den Sonntagsbraten nicht aus dem Auge lassen.Ganz gleich ob Multi-oder Muttitasking, zwischendurch muss einfach Zeit bleiben für einen entspannten Atemzug. Und den schöpfe ich jetzt, in diesem Augenblick, während meine Finger über die Tasten huschen…

Weitere Texte unter www.anjaollmert.jimdo.com

 

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Der Matrazenbezug

 

Was gibt es Schöneres, als sich bei 30 °C genüsslich zurückzulehnen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen? Nichts. Stimmt genau.

 Es gibt jedoch Tage, da nimmt man Aufgaben in Angriff, die man schon Minuten später bereut und die einen dafür garantiert noch Stunden später beschäftigen. So ein Tag ist heute... 

Ich habe meine Betten bezogen. Wenn es so schön warm ist, trocknet die Wäsche in kürzester Zeit. Warum ich dann aber beschlossen habe, auch den Matratzenbezug abzuziehen und ihn zu waschen, ist mir inzwischen schleierhaft. Das Abziehen ging ja noch verhältnismäßig schnell; das wieder Aufziehen allerdings brachte mir und allen Beteiligten körperliche Grenzerfahrungen allererster Güte. Dabei hat das Ding ja vorher auch über die Matratze gepasst.

Der Matratzenbezug ging nur mit Mühe in die Waschmaschine, doch am Ende bin ich in dieser ersten Runde Sieger geblieben. Ich hab gedrückt und gepresst, was das Zeug (und die Waschtrommel) hielt. Und tief ausgeatmet, als ich das Bullauge endlich geschlossen hatte. Meine Angst, ob ich den Inhalt der Trommel auch wieder herausbekäme, war unbegründet. Gottseidank. 

Dann baumelte das Teil munter auf der Wäschespinne. Ich könnte schwören, der Bezug genoss seinen Ausflug an die Sonne. Doch der Spaß war vorbei, als es darum ging, den Ursprungszustand wieder herzustellen. Mit meinem Mann zog und zerrte ich an dem Matratzenpariser, der sich als äußerst widerspenstig und wehrhaft erwies. Vermutlich hat es ihm draußen besser gefallen. Mir auch.

Nach wenigen Minuten läuft uns beiden der Schweiß in Strömen über das Gesicht, meine Fingernägel geben ihren Dienst auf und brechen nacheinander ab. Die Befürchtungen, die Nacht ohne Matratze verbringen zu müssen, sind groß. Aber wir gewinnen auch diese Runde, sitzen danach erschöpft auf der Bettkante und fragen uns, warum man mitten im Hochsommer solche absonderlichen Ideen verfolgt.

Ist doch logisch: Wo soll man im Winter den Bezug trocknen lassen? Eben!

Und wissen Sie, was ich jetzt mache? Ich lehne mich bei inzwischen 27 ° C genüsslich zurück und lasse den lieben Gott einen guten Mann sein. Aber erst muss ich noch meine abgebrochenen Nägel feilen...

N - (Die) Nano-Sim-Karte

Ich glaube, ich erwähnte schon an anderer Stelle, dass ich technisch nicht völlig unbegabt bin und logische Zusammenhänge recht schnell verstehe. Daraus ließe sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch schließen, dass mein Feinkost-Discounter alles andere als logisch ist.

Kein Wunder. Seit Jahren verläuft seine brüderliche Grenze mitten durch Deutschland. Sie trennt uns in die Konsumer von Nord und Süd. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Supermärkte sich zu diesem Zweck wirklich im Norden oder Süden unseres Landes befinden müssen. (Da fängt das Problem doch schon an. Oder liegt etwa Essen bereits im Süden Deutschlands. Falls ja, dann habe ich in Geographie entweder nicht aufgepasst oder gefehlt.)

Aber darum geht es gar nicht. Es geht um die simple Freischaltung einer Sim-Karte, die ich in eine Nano-Sim Karte umgetauscht habe. Damit will ich eine meiner technischen Errungenschaften betreiben. Als Autorin muss ich schließlich auf Linie, sozusagen online sein und jederzeit und überall recherchieren oder mit dem Finger über die Scheibe wischen können, wenn mich eine dringende Frage quält. Es handelt sich hier um einen Notfall, ein wichtiges Recherchemedium, ein unverzichtbares Ich-Bin-Wichtig-Requisit. Logisch?

Tja, weit gefehlt. Man kündigt mir an, ich müsse mich freischalten. (Ich hingegen muss mich erst einmal freischaufeln aus dem Info-Wust Gibt es einen Richter, der mich freisprechen wird, wenn sich die Angelegenheit weiter so entwickelt?)

Versuche ich es,  streikt das Programm des Discounters.
Bitte ich den Techniker, das für mich zu übernehmen, kann ich mich auch darauf nicht verlassen.
Bitte ich um ein neues Passwort für meinen Zugang, sendet man dieses per SMS an die Handynummer einer Nano-Sim-Karte, die gar nicht in einem Handy steckt. Leider hab ich auch kein Passendes zur Verfügung, um die sagenumwobene und großzügig angekündigte SMS zu empfangen.
Sie hängt nun in der Warteschleife der neuen Sim-Karte und ich bin keinen Schritt weiter.

Ob die Gefahr besteht, dass sie darin verdirbt?
Vielleicht zu schimmeln beginnt?
Die weltweiten Datenleitungen verstopft?
Nord- und Südhälfte des Discounters zu Gegnern werden lässt? Einfach weil ich mich beschweren werde und vielleicht nicht den Zuständigkeitsbereich erwische, in dem ich lebe?

Man bittet mich mit einer automatischen Mail um Geduld.
Sorry, die hab ich gerade nicht parat, ebenso wenig wie die versprochene SMS, die ungelesen vergammelt.
Schade aber auch. Nix mit Recherche.
Die Verluste für mein nächstes Buch werden in astronomische Höhen schnellen.
Soll ich den Feinkost-Discounter verklagen? Was meinen Sie? Ist das logisch?

O- (Der Hund) ohne Schwanz

Mein Hund war im Meer. Er hat getobt und gespielt und es genossen.

Einen Tag später kommt die Ernüchterung: Der Schwanz funktioniert nicht mehr. Davon haben Sie noch nie gehört? Ich glücklicherweise doch, sonst hätte ich einen Schrecken bekommen. Man nennt das auch Wasserrute. Die Schwanzwurzel ist entzündet und bewegt sich nicht mehr. Muss so ähnlich sein, wie Arthritis.

Nur blöd, dass der Hund auch schlecht sitzen kann und stundenlang im Kreis läuft, ehe er sich traut, sich niederzulassen. Aber was für das Tier viel gravierender ist, ist die Tatsache, dass es den Schwanz benötigt, um seine Befindlichkeit auszudrücken. Eigentlich spricht der Hund mit dem Schwanz, wenn man es genau nimmt.

Wenn ihm etwas unangenehm ist, zieht er die Rute zwischen die Hinterbeine. Das tut er jetzt auch. Klar, ist ja auch schmerzhaft, so eine Entzündung. Wenn der Hund sich freut, dreht der Schwanz sich üblicherweise wie ein Propeller. Das geht jetzt schon mal nicht. Er hängt immer noch nach unten, obwohl der Hund sich freut. Aber wie soll er das jetzt ausdrücken?

Ebenso geht es ihm in Punkto Aufmerksamkeit. Draußen passiert etwas? Der Hund springt auf und richtet die Rute steil nach oben. Es wird spannend oder unheimlich, oder, oder. Er hingegen scheint emotionslos. Stehen muss er ja sowieso (Hinsetzen klappt nicht, Sie erinnern sich?)

Im übertragenen Sinne macht der Schwanz meines Hundes das, was sonst die Mundwinkel von Frau Merkel machen. Er zeigt keine messbare Reaktion. Doch bei meinem Hund hat zum Glück die Veterinärmedizin geholfen. Humanmediziner hingegen sind vermutlich machtlos...

 

Öe - (Die) Oekumene im Computerzeitalter

Oe - Über die Schwierigkeiten der Ökumene im Computerzeitalter!

Dieser Text entstand, wie sich anhand der technischen Begrifflichkeiten schnell herausfinden lässt, vor einigen Jahren, als es noch keine USB-Sticks und Speicherkarten mit großer Datenkapazität gab. Er hat aber vermutlich nichts an Aktualität verloren. Die Anwender möchten gerne zusammenfinden, die Provider weigern sich hingegen noch immer mit Vehemenz. Das Ergebnis kennen wir.

 

Es ist Sonntagabend. Ein evangelischer Pfarrer und zwei katholische Christen treffen sich zu einer konspirativen Sitzung in einem unbekannten Keller. Zwei Zip-Disketten, mit geheimen Daten bespeichert, finden den Weg in ein Computerlaufwerk. Ihre Inhalte sollen dort zu einer Einheit verschmelzen.

Aber halt! Dies ist kein  Kriminalroman aus der Ruhrgebietsreihe - hier sollen lediglich Senfbrief und Pfarrkorn - Verzeihung, natürlich Senfkorn und Pfarrbrief (die Titel der damaligen Druckerzeugnisse) zu einer druckreifen Vorlage gebracht werden. Zuvor wird die jeweils „andere“ Seite das Ergebnis der vorangegangenen Einzelarbeit präsentieren. Nur wenige Änderungen müssen vorgenommen werden, bis das Ergebnis beider zufriedenstellend ist.

Es ist soweit: Man versucht, beide Teile von der Festplatte auf die Diskette zu laden. Der Computer arbeitet, jedenfalls hört es sich so an. Das Ergebnis ist zweifelsfrei unbrauchbar: Die evangelischen Seiten haben ein seltsames Muster auf die katholischen gebracht. Gibt es da etwa theologisch-ideologische Unstimmigkeiten?

Beim zweiten Versuch geht es anders herum. Aber auch da macht sich allgemeines Erstaunen auf den ökumenisch gesinnten Gesichtern breit. Sind die Entwürfe heute etwa nicht kompatibel?

Wie zum Trotz will man jetzt eine besonders gelungene Seite ausdrucken. Aber der katholische Drucker verweigert nachhaltig den von ihm erwarten Dienst.

Es wird immer dubioser! Plötzlich kommt aus dem Drucker - wie eine himmlische Antwort - die Jahreslosung der evangelischen Gemeinde geflattert: Ja, Gott ist meine Rettung; ihm will ich vertrauen und niemals verzagen. Jesaja 12;2

Getreu der Losung folgend, will nun natürlich keiner aufgeben. Noch eine ganze Weile versuchen drei Christen, die Daten zwischen zwei Computern hin und her zu schieben, um das angestrebte Ziel der gemeinsamen Zip-Diskette zu erreichen.

Auf dem Weg durch das Datenkabel wächst jedoch das Bild der katholischen Sternsinger plötzlich ins Uferlose.
     Nach drei Stunden Bildschirmflimmern gibt man erschöpft auf.
     Soll doch der Profi, sprich die Druckerei, die Ökumene kitten.

Mit der bespielten Zip - Diskette, die zwei getrennte Dateien enthält, geht die Katholikin nach Hause, sicher, dass wenigstens ihr heimischer Computer in der Lage ist, die evangelische „Bilderbuchseite“ auszudrucken.

Aber auch dieses Gerät verhält sich nicht überkonfessionell:

„Unzureichender Arbeitsspeicher. Word kann die gewünschte Schriftart nicht anzeigen.“

P - Pastor oder Paparazzi?; Pflaumenkuchen, Pechvogel, Portemonnaie

Pastor oder Paparazzi?

Hab ich gestern noch über meinen Aufreger des vergangenen Jahres nachgedacht, beginnt das Jahr 2014 bereits mit einer Nachricht, die Ihresgleichen sucht.
Stellen Sie sich folgende Szene vor: Sie sind prominent. Die ganze Welt möchte an Ihrem Leben teilhaben, im Guten wie im Schlechten. Nun haben Sie das Pech, einen Unfall zu erleiden. Wie es dazu kam, ist für den vorliegenden Fall unerheblich. Doch eins ist klar: Sie schweben zwischen Leben und Tod. Ihre Familie ist an Ihrer Seite, die Ärzte tun für Sie, was möglich ist.
Und draußen vor der Tür wartet die Welt auf Nachricht über Ihren Zustand.Einer aber kann nicht warten. Nicht, weil Sie ihm so nahe stehen, dass er tatsächlich selber vom Fortgang der Geschichte betroffen wäre. Nein, nur weil er das Bild des Jahres schießen will – einen Menschen, der an Schläuchen und Apparaten um sein Leben kämpft. Das allein ist für mich schon völlig unverständlich. Aber verfolgen wir das Szenario weiter.
Ihr Lebensfaden ist fragil. Was liegt da näher, als über den Besuch eines Priesters nachzudenken, sollte es zum gegenwärtigen Zeitpunkt überhaupt Sinn machen, da Sie ja bewusstlos sind. Der Journalist hält sein Handeln vermutlich für einen Geistesblitz der besonderen Art. Er tarnt sich als Pfarrer und versucht so, in Ihre Nähe zu kommen.
Und nun meine Anfrage an den Rest der Welt: Wer von uns will solche Bilder in den Zeitungen und Magazinen sehen? Ich jedenfalls will das nicht. Unabhängig vom Gesundheitszustand des so gestalkten Prominenten. Der kann sich nicht einmal wehren. Ich hatte gehofft, dass die Journaille vernünftiger geworden sei, seit sie einst eine Prinzessin in den Tod getrieben hat. Nun weiß ich, sie hat nichts dazugelernt. Traurig, aber wahr!

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Gegen den Pflaumenkuchen-Appetit

Sie stehen im Supermarkt Ihres Vertrauens an der Obsttheke oder schlendern über den Wochenmarkt und die blauen, mit einer leicht mehlig wirkenden Schicht überzogenen Früchte, groß wie Hühnereier der Gewichtsklasse S, lachen Sie an. Wenn Sie jetzt ein forderndes „Kauf mich“ hören, das bis zu Ihnen dringt, gehen Sie lieber vorbei…

Vermutlich denken Sie, ich will Ihnen helfen, Kalorien einzusparen, denn ein dickes Stück Pflaumenkuchen mit einem Riesenklecks Sahne obenauf gilt nicht gerade als Diätkost. Doch vielleicht ist das bei Ihnen kein Problem. Sie verfügen über Idealmaße und können Ihre Kleidung noch immer in der Kinderabteilung kaufen? Darauf können Sie tatsächlich stolz sein. Wenn aber aus diesem Grund die Entscheidung gegen die herrlich saftigen Spätsommerfrüchte  ins Wanken gerät, hören Sie lieber auf mich. Ich habe meine Wankelmütigkeit längst bereut.

Erst entkernte ich zahllose Pflaumen, knetete den Hefeteig  und brachte eine Weile damit zu, die halbierten Pflaumen auf dem Boden anzuordnen, bis sie meiner Vorstellung entsprachen. Im Anschluss landete das Blech im Ofen. Bald begann es äußerst appetitlich zu duften. Und nun kommt er, der Grund meiner Warnung an Sie: Es begann ganz langsam. Ein winziger Tropfen löste sich aus dem Fruchtfleisch einer saftigen Pflaume. Schon folgten weitere, das Unheil nahm seinen Lauf. Gemeinsam bildeten sie kleine Seen, die – ähnlich einer uneindämmbaren Flut – schon bald beschlossen, über den Rand des Kuchenblechs zu treten und in den Innenraum meines Backofens einzudringen. Ein Wasserfall aus Pflaumensaft, sozusagen. Innerhalb kürzester Zeit war der Ofen versaut, der Kuchen aber noch nicht gar. Als der Kurzzeitmesser klingelte, wur das Ausmaß des Schadens offensichtlich.

Was darauf folgte, wollen Sie wissen?

Eine ausgedehnte Putzorgie unter Zuhilfenahme von Backofenspray und Muskelkraft. Aufgrund der chemischen Dämpfe, die sich in der warmen Resthitze erhoben, war ich zeitweise ohne Bewusstsein. Wie in Trance schrubbte ich die Emaille wieder blank. Jetzt bin ich völlig erledigt. Meine Kraft reicht nicht einmal aus, die Sahne zu schlagen. Und Pflaumenkuchen ohne Sahne, das geht doch nicht, oder?

Beim nächsten Mal mache ich einen Bogen um die Pflaumen. Das spart Kalorien, Zeit und Kraft. Oder ich gehe einfach zum Bäcker…

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Der Pechvogel

Kennen Sie das Gefühl, Sie würden vom Pech verfolgt? Ab heute müssen Sie keine Angst mehr davor haben. Das Pech wird kaum schneller sein als Sie, wenn es nicht längst an Ihren Stiefeln klebt. Der Beweis dafür? Ein seit dem Jahr 1927 laufender physikalischer Versuch der US-Universität in Queensland. Dessen aktueller Betreuer starb vor einigen Tagen im Alter von 78 Jahren, ohne jemals einen Tropfen der schwarzen Flüssigkeit herabfallen zu sehen. Ein echter Pechvogel eben. Es geht, vereinfacht gesagt, um die Tropfgeschwindigkeit von Pech. Eigentlich ein Oxymoron, denn die Geschwindigkeit will hier nicht so recht greifen. Wie langsam muss Grimms Pechmarie gewesen sein, um Frau Holles schwarzen, klebrigen Segen von oben abzukriegen?   

Bei der Betrachtung der Herstellungsweise lt. Wikipedia wird deutlich, dass heißes Pech zunächst flüssig ist. (Wir erinnern uns: Bei Frau Holle hat es geschneit. Das setzt eine    Umgebungstemperatur gegen 0°C voraus) Durch das Pechsieden und die daraus folgende Verdichtung entsteht, was in Amerika seit dem Versuchsstart erst acht (!) Tropfen von sich gegeben hat. Schon im Mittelalter schütteten die Bewohner belagerter Burganlagen gerne heißes Pech auf ihre Widersacher. Ob auch da die Möglichkeit bestand, rechtzeitig auszuweichen, vermag ich nicht zu    beurteilen. Schauen wir nochmal über den großen Teich. Der Urheber dieser – auch Pitch-Drop-Experiment genannten – Versuchsanordnung hieß Thomas Parnell. Sein Versuch hat ihn längst überlebt. John Mainstone, der letzte in einer längeren Liste von Nachfolgern, bewachte den Trichter viele Jahre. Der Trichter und er waren sozusagen „Zwei wie Pech und Schwefel“. Unglaublich ist, dass bisher niemand zugegen war, wenn ein Tropfen    geruhte, herabzufallen. Warum, so werden Sie sich fragen, hat man keine Kameras aufgestellt, die das Ding, (also diesen extrem lahmar… Tropfen) per Linse beobachten. Ich beantworte Ihre Frage mal so: Als Ende November des Millenniumsjahres der letzte Tropfen abstürzte, tat das Kamerasystem es ihm gleich. Ein technischer Defekt – eine echte Pechsträhne sozusagen. Daraus könnte man sich einen langen Zopf flechten, was sonst soll man damit anfangen?
Mainstones Einschätzung nach wird noch zum Jahresende ein Tropfen den physikalischen Gesetzen der Schwerkraft und dem freien Fall folgen. Er selbst wird das nicht mehr erleben. Ich finde, der nächste und somit neunte Tropfen seit 1927 sollte John Mainstone gewidmet werden.

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Das Portemonnaie

Ich stehe, wie kann es anders sein, wieder einmal an der Kasse im Supermarkt meines Vertrauens. Vor mir eine kleine Schlange, darin warten ein Vater und sein Kind, letzteres etwa im Kindergartenalter. Das Kind ist überwältig vom Lockangebot und verlangt nachdrücklich den Erwerb einiger Süßwaren. Der Vater verweigert selbige.

Aus lauter Langeweile beobachte ich die Szene und das nachfolgende Hin und Her. Das Kind nervt, ich erinnere mich an ähnliche Augenblicke, als meine Kinder noch Zwerge waren. Es scheint einen Einwand zu geben, der darauf abzielt, dass der Vater kein Geld hat. Das Kind glaubt ihm kein Wort, schließlich hält er eine Geldbörse in der Hand. Es wird weiter gequengelt. Nun kommt der spannende Moment. (Ich erinnere daran, dass der Supermarkt meines Vertrauens sich mitten in einer Ruhrgebiets-Kleinstadt befindet.) Der Vater erhebt seine Stimme und sagt deutlich: "Ich happ nix. Datt is die Mama ihr sein Pottmannee."

Dem Kind verschlägt es die Sprache. Mir allerdings auch.
Ich sinniere die restliche Wartezeit darüber, wie ich dieses Wort buchstabieren könnte und stelle fest, dass es seit der Rechtschreibreform der 1990er Jahre klammheimlich aus dem deutschen Sprachgebrauch verschwindet.
Ich habe gelernt, dass es sich nach französischem Ursprung "Portemonnaie" schreibt und den Gegenstand bezeichnet, in dem man sein Geld durch die Gegend trägt. 
Die Reform wandelte es zu "Portmonnee", das fand ich befremdlich, weil sich der Ursprung nicht mehr so deutlich zurückverfolgen lässt. Dann würde ich auch lieber Geldbörse dazu sagen.
Klingt aber nicht so schön platt im Ruhrpottsprachduktus.
"Datt is die Mama ihr seine Geldbörse." Schade eigentlich. Nicht nur für das Kind.

R - Royalistische Assoziationen, Der Rüern, die Rezension,

Royalistische Assoziationen

Der kleine George aus Großbritannien war heute zum Babystippen. Im trauten Kreis von etwa 20 Gästen. Ziemlich wenig, will ich meinen, doch George dürfte das ziemlich egal sein. Was ihm nicht egal sein dürfte, war der Augenblick, in dem der Erzbischof von Canterbury ihm dreimal das Wasser, das aus dem Jordan stammen soll, über den Kopf goss. Aber das ist eben so beim Babystippen, auch beim königlichen.

Jordanwasser? Hab ich auch im Schrank. Das glauben Sie mir nicht? Stimmt aber. Die Flasche ist das Geschenk einer Freundin nach einer Jerusalem-Pilgerfahrt. Ob ich damit heimliche Taufen zelebriere? Quatsch. Ich benötige das Wasser für gottesdienstliche Feiern, also quasi „im Dienst“. Als besonderes Symbol.

Sie sehen, der königliche Spross und ich, wir haben etwas gemeinsam.

Drei Namen bekommt der junge Mann übrigens. Alexander und Louis hängen noch hintendran. Die künftige Signatur wird also nicht zu viel Platz in Anspruch nehmen.

Doch warum ich Sie heute mit diesem royalistischen Thema zutexte, wollen Sie wissen? Nein, ich war nicht beim Friseur und habe in der Regenbogenpresse geblättert. Heute Morgen kam die Nachricht schon früh im Radio und entlockte mir ein Schmunzeln. Wer da bei der Zeremonie am Beckenrand stehe, hatte der Radiomoderator einen sachkundigen Gesprächspartner gefragt. Und vor meinem inneren Auge sah ich Franzi van Almsick, die einzige, deren Name halbwegs königlich rüberkommt und die am Beckenrand eine gute Figur machen dürfte. Aber wie ich jetzt informiert bin, war sie leider nicht dabei. Am Beckenrand…

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Der Ruern

Ich liege im Bett und kann nicht schlafen. Darüber ärgere ich mich, obwohl das im Ergebnis die Sache nicht besser macht. Plötzlich kommt mir der folgende Satz in den Sinn: Morgen heißt der Hund wieder Rüern! Ich springe aus dem Bett und notiere ihn als Stichwort für eine meiner Glossen. Das führt dazu, dass ich immer noch nicht schlafen kann, doch damit muss ich mich wohl abfinden. Ich schmeiße den PC an, um zu recherchieren.

Es ist ein Satz, den man scheinbar nur im Münsterland kennt. Meine Heimatstadt, quasi ein Ausläufer des Münsterlandes, kennt die Plattdeutsche Mundart, auch wenn sie kaum noch gesprochen wird. In diesem Teil des Ruhrgebietes wird die Sprache von vielen Einflüssen beherrrscht.

Zur besseren Verständlichkeit habe ich den Satz ein wenig eingedeutscht.

Ich habe die Suchmaschine befragt, denn ich weiß zwar, dass der Hund auf Platt Rüern heißt, doch ich wollte auch mehr über die etymologische Bedeutung des Wortes herausfinden. Ein einziger Eintrag, der auf das Vorkommen des Wortes hinweist, das ich schon oft benutzt habe, obwohl ich nichts über seine Entstehung weiß. Außerdem ein Link zu einem Wörterbuch: http://home.arcor.de/melmag/melmag/html/mundartliches.html

Bei uns kommt die Floskel zum Einsatz, wenn wir Folgendes meinen:

Morgen ist alles wieder wie immer. Morgen heißt es früh aufstehen und mit der Arbeit beginnen, also beeil dich mit dem Einschlafen, denn nichts was du tust, wird etwas daran ändern.

Klingt logisch und zugleich umständlich? Stimmt.
     Vielleicht haben Sie den Satz ja auch längst richtig verstanden.
     Westfalen bringen die Tatsachen gerne emotionslos auf den Punkt.

Was ich noch immer nicht weiß ist: Warum heißt der Hund Rüern?

Ich schaue meine eigene Hündin an. Die wedelt mit dem Schwanz, weil ich ihr mitten in der Nacht meine ungeteilte Aufmerksamkeit schenke. Ich habe meinen persönlichen Geistesblitz, während die Rute am hinteren Ende wild umherkreist. Kann das wirklich wahr sein? Liegt es an dem Schwanz und seinem Bewegungsablauf? Der erinnert an einen Propeller. Oder entfernt an einen Löffel, der in einer Schüssel rührt.

Das muss die Lösung sein. Und nun, Computer runtergefahren und ab ins Bett, denn morgen früh heißt der Hund wieder Rüern. Wissen wir ja, oder? Gute Nacht.

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Die Rezension

Ich gehe am Morgen gerne aktuelle Facebook-Einträge durch, ehe ich mit der Arbeit beginne. Manchmal bremst mich das auch aus, so wie heute.

Ich las einen Werbeeintrag, der uns Autoren einen Dienst ans Herz legt. Hätte es sich dabei lediglich um Korrektur- oder Lektoratsarbeiten gehandelt, wäre das keine weitere Zeile wert. Doch es waren vor allem Rezensionen, die dort angeboten wurden. Bei einem Blick in die Preisliste wird mir ganz flau. Warum schreibe ich eigentlich Bücher, um mein Brot zu verdienen? Ich könnte mit Rezensionen scheinbar ein Vielfaches erreichen.

Schon seit einer Weile bewundere ich die Bloggerwelt, denn liebe Blogger: Eure Stapel ungelesener Bücher gleichen manchem Viertausender in den Alpen. Diese zu bewältigen scheint mir ähnlich anspruchsvoll. Ich w...eiß, dass ihr in der Regel tagesfüllenden beruflichen Aufgaben nachgeht. Das lässt meine Bewunderung für eure Lese-und Rezensionsleistung ins Unermessliche steigen. Und ja: Wir Autoren sind ohne euch auf verlorenem Posten und dankbar, dass es euch gibt. Das sei an dieser Stelle dringend erwähnt. Wir – und vor allem auch die Leser – würden uns im Buchblätterwald verirren. Niemand würde uns den Weg weisen und aus Liebe zum geschriebenen Buch daran mitarbeiten, dass Autoren, Bücher und Leser zueinander finden. Und das wäre doch schade, oder?

Klar habe auch ich schon Rezensionen weggesteckt, die mein Ego nicht gestreichelt haben. Aber ich wollte schließlich eine ehrliche Meinung, da will und darf ich mich im Anschluss nicht beklagen.

Doch nun zurück zu dem oben genannten Problem: Würde ich jemanden bezahlen, damit er meine Texte rezensiert? Nein, das würde ich nicht tun. Und warum nicht? Weil es diesen Hauch von Manipulation verströmt. Vielleicht bin ich in dieser Hinsicht empfindlich, vielleicht auch nicht.

Wie ehrlich kann eine Rezension sein, wenn ich dafür bezahlen musste?

Welcher Autor zahlt für eine schlechte Rezension Geld, das er noch gar nicht verdient hat?

Der Umkehrschluss ist bitter. (Abgesehen davon müsste ich Topseller sein, um mir solcherart Rezensions-Dienste leisten zu können.)

Mich wird das Thema gedanklich noch eine Weile beschäftigen. Und es interessiert mich, wie andere das sehen…

 

S - Der Schweinebraten-Mann, Herrn Steinbrücks Mittelfinger, Die Schlange

Der Schweinebraten-Mann

Grillen ist die letzte Männerdomäne – eine Bastion sozusagen – von weiblicher Seite uneinnehmbar und eigentlich nicht das richtige Thema, wenn das Thermometer draußen gegen null tendiert. Das fand wohl auch der Mann, von dem ich berichten möchte. Was aber nicht bedeutet, dass er sein Fleisch fade und ohne schmackhafte Kruste zubereiten wollte. Dieser Koch also briet es so kross an, dass die Nachbarschaft es für verkohlt hielt, zumindest ließ der Bratengeruch darauf schließen. Ganz ähnlich sah das die Feuerwehr. Sie eilte ihrem Auftrag gemäß zum Löschen herbei. Und das nicht nur einmal. Ich gebe zu, dass bei mir gelegentlich ein Topf mit Kartoffeln zu lange unbemerkt auf dem Herd schmurgelt, wenn ich anderweitig beschäftigt bin. Ich weiß nicht, ob Sie den Braten jetzt schon riechen? Wenn ich nicht davon in der Presse gelesen hätte, würde ich es nicht glauben. Der Mann kam vor Gericht, weil er sein Fleisch röstete. Die Richter hingegen ließen nichts anbrennen. Sie bestätigten von Amts wegen die Kündigung des Vermieters, der den Fleischgeruch satt hatte. Und der Mieter muss tatsächlich ausziehen. Noch bevor der Richterspruch fiel, hat er einen Vergleich geschlossen. Jetzt steht er da – obdachlos und ohne Küche, um seinem kulinarischen Leiden zu frönen. Vielleicht war sein Umfeld neidisch, dass er regelmäßig einen Braten in der Röhre hatte. Ich weiß es nicht, aber ich sag Ihnen eines: Mit meinen Kartoffeln bin ich ab heute vorsichtig…

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Herrn Steinbrücks Mittelfinger

Ich musste das mal sacken lassen.
Was ich meine? Diese Geste von Herrn Steinbrück. Obgleich er ja damit zum Tagesthema wurde, auch wenn er sich das beim Interview vor drei Wochen bestimmt anders vorgestellt hat.
Ich bin ein wenig ins Grübeln gekommen, seit ich das Bild gesehen habe.
Was erwarten Journalisten und Leser auf negativ besetzte Fragen, wenn der Befragte die Möglichkeit erhält, mit einer Geste zu antworten? Zwei hochgezogene Schultern? Zwei fragend geöffnete Hände, zum Auffangen der Schelte, die es jetzt regnet? Den erhobenen Zeigefinger, den nun jeder moralisch empört erhebt und der sagt „Stellen Sie mir doch bitte nicht solche Fragen!“ oder der ihnen einen Vogel zeigt? Zwei Finger, die aneinander reiben und erklären: „Haben Sie eine Ahnung, was mich die ehrliche Antwort darauf kosten würde?“
Wie viele seiner Kritiker waren wohl gestern und heute auf Deutschlands Straßen unterwegs und haben die besagte Geste einem anderen Verkehrsteilnehmer hinterhergeschickt, ohne einen Hauch von schlechtem Gewissen? Ich wette, so mancher hat wegen geringerer Vergehen wütend den Mittelfinger erhoben. Vielleicht weil jemand die Parklücke vor der Nase weggeschnappt, oder die Vorfahrt genommen hat?
Ja, wir sind schnell damit bei der Hand, zu erklären, dass sich ein solches Verhalten nicht gehört. Aber überlegen wir dabei auch, wie der Gescholtene hätte antworten sollen? Die Hand abwehrend ausgestreckt, um die Distanz zwischen sich und dem Rest Deutschlands zu wahren? Die fordernden Journalisten damit auf Abstand halten? Das Repertoire deutlicher Gesten ist klein. Was hätten Sie aus dem Hut gezaubert? Ein aufgesetztes, freundlich-kühles, hanseatisches Winken? Oder doch zwei gespreizte Hände, die sich vor dem Körper verschämt zu einer Raute formen?
Verstehen Sie mich nicht falsch.
Es kommt höchst selten vor, dass ich jemandem den Stinkefinger zeige. An die letzte Gelegenheit kann ich mich nicht mal erinnern. Aber in diesem Zusammenhang kann ich es aus menschlicher Sicht verstehen. Der erhobene Mittelfinger - keine aggressive, eher eine hilflose, trotzige Geste zum Wahlkampfinale. Politik ist jedenfalls nicht das Pflaster für Gesten, sondern für deutliche Worte. Finde ich.

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Die Schlange

Ich glaube, ich erzähle Ihnen heute nichts Neues. Vermutlich wählen auch Sie die Schlange, die die meiste Geduld erfordert. Sehen Sie. So ist das immer.

Sie haben die Wahl. Sie stehen im Supermarkt Ihres Vertrauens und es sind ausnahmsweise mal zwei Kassen geöffnet. Sie sind unschlüssig, doch es gilt, eine Wahl zu treffen. Heute entscheiden Sie sich für die linke Kasse. Schon eine Minute später sind Sie sicher, die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Ihr Vordermann kramt sein Kleingeld zusammen, die Frau, die dann an der Reihe ist, will mit einer Karte zahlen, die der Kartenleser partout nicht auslesen will, ein anderer Kunde holt nach und nach Unmengen an Waren aus einer Tasche, während er zuvor nur ein Pfund Butter in der Hand hielt. Und wieder wird Ihre Geduld auf die Probe gestellt. Ihr schmales Zeitkontingent schrumpft dahin und Ihre Verärgerung wächst umgekehrt proportional.

Beispiel Nummer zwei. Sie stehen an einer Parkplatzschranke, mit einem bereits bezahlten Ticket, versteht sich. Die Schranke öffnet sich nicht. Sie haben nichts falsch gemacht, Sie stehen ja erst an zweiter Stelle. Hatte ich das nicht erwähnt? Der Fahrzeugführer direkt vor der Schranke hat sein Ticket noch nicht bezahlt. Jetzt gibt es zwei Varianten. Entweder steigt er aus, marschiert ruhig und gelassen zum Parkscheinautomaten, um sein Ticket zu löhnen, oder er versucht auf engstem Raum, sein Auto zu wenden. Beide Varianten finde ich gleich übel, aber es hilft ja nichts.

Zurück zum Einkauf. Sie stürmen den Supermarkt und machen ein langes Gesicht. Alle Einkaufswagen sind on tour. Sie stellen sich geduldig an und warten auf das nächste verfügbare Gefährt. Ein anderer zeigt weniger Geduld. Er fängt den Kunden mit dem nächsten freien Wagen schon an der Kasse ab. Sie schauen in die Röhre. Davon wird das Gesicht nur noch länger. Nehmen Sie es mit Humor. Es ist den Versuch wert.

T - (Der) Tamagotchi-Zoo

Erinnern Sie sich an die große Zeit der Tamagotchis Ende der 1990er Jahre? Ich weiß noch, dass es in der Klasse meines Sohnes Kinder gab, die diese Dinger – allen Lehrerverboten zum Trotz – ununterbrochen in der Tasche mit sich herumtrugen.

Für alle, denen der Begriff gerade gar nichts sagt: Das Tamagotchi ist ein eiförmiges Elektronikspielzeug aus Japan. Seine Funktionen bestehen daraus, dass man es füttern und mit ihm spielen muss, damit es – bei guter Pflege – entsprechend lange lebt. Zum Glück gibt es für unerwartete Todesfälle einen Reset-Knopf. Das Tamagotchi hatte zu Hochzeiten die Aufgabe, Kindern, die kein eigenes Haustier besitzen konnten oder durften, die Verantwortung und den Spaß im Umgang mit demselben nahezubringen. Der Reset-Knopf bestätigt die Annahme, dass dies oft genug nicht funktionierte. Doch es war ja nur ein winziges elektronisches Tier, das dabei sein nervtötendes Piepsignal aushauchte.

Wie ich ausgerechnet heute auf das Tamagotchi komme? (Es liegt nicht daran, dass ich zufällig die Mutter getroffen hätte, die damals das piepsende Plastikei ihrer Tochter bei sich trug und es bemutterte und fütterte, während der Nachwuchs in der Schule war.)

Nein, ich hörte gestern von einem chinesischen Zoo und fühlte mich daran erinnert.

Sie haben es sicher auch gehört oder gelesen: Ein Zoo in der südchinesischen Provinz Henan musste schließen, weil seine Tiere sozusagen „nicht echt“ waren. Wer nun glaubt, die Asiaten hätten Ausgestopftes in die Gehege gesetzt und die passenden Tierlaute über Lautsprecher geliefert, der irrt. Vielmehr war der angebliche afrikanische Löwe eine Tibetdogge. Leider hatte man versäumt, der Dogge die Fremdsprache des Löwengebrülls beizubringen, ehe man sie der Öffentlichkeit mit einer künstlichen Löwenmähne präsentierte. Sie verriet sich mit einem Bellen.

Der Polarfuchs verstand ebenfalls nicht zu glänzen, in der undankbaren, weil nicht authentischen Rolle, als Leopard.

In den Schlangen-Terrarien hielt man zwei Biberraten, sogenannte Nutrias, und es ist kaum zu verstehen, warum diese auf Dauer nicht als Reptilien durchgingen….

Das bringt mich zu der Annahme, dass wir Menschen gerne betrogen werden wollen und eine Weile auch bereitwillig auf die Täuschung unserer Umgebung hereinfallen. Die zweite Möglichkeit wäre, dass fremdartige Tiere in der südchinesischen Provinz eher unbekannt sind.

Vielleicht aber benötigt der Zoo, der eine Nachbesserung versprochen haben soll, einige Tamagotchis in Lebensgröße. Löwen, die auf Knopfdruck brüllen, ihre Mähne schütteln und vor dem Gitter majestätisch auf und ab marschieren.

Leoparden, die nach dem Einschalten in Sekundenschnelle von Null auf Hundert sind und ihre Umgebung durch elegante Bewegungsabläufe faszinieren – immer nah genug an der Steckdose, versteht sich.

Schlangen, die sich – wie der grüne Jahrmarkts-Plüschwurm – mit einsetzender Energiezufuhr um die Wette winden und an Bäumen hoch und niedergleiten. Der Möglichkeiten gäbe es viele. Stimmen, wenn nötig, immer aus der Tonkonserve. Sozusagen ein „Riesen-Tamagotchi-Zoo“, denn vielleicht sind die Viecher aus den 90ern inzwischen auch gewachsen und passen längst nicht mehr in Kinderhosentaschen…

V- Vorsatz-Recycling

Ich bin mehrfach gefragt worden, was ich mir für das Jahr 2014 vorgenommen hätte. Ein Weilchen habe ich hin und her überlegt, den Kopf nachdenklich auf den Schultern gewiegt, bis ich zu folgender Erkenntnis gelangt bin: Ich recycle meine Vorsätze aus 2013. Die sind noch völlig neu und fast nicht abgenutzt, weil ich sie nur fragmentarisch umsetzen konnte.

Mir fehlt die Energie, mein Leben umzukrempeln, weil ich damit beschäftigt bin, so viele Fehler wie möglich zu machen, um die Weisheit zu erlangen, was ich in Zukunft nicht mehr tun will. Deshalb wird wohl auch in 2014 fast alles beim Alten bleiben. Dabei ist mir egal, was andere darüber denken -  meistens jedenfalls. Ich erwarte im Gegenzug auch nicht, dass Sie (ja, genau Sie) sich für mich ändern.

Wenn Sie Wesenszüge an sich entdeckt haben, die Ihnen nicht mehr zusagen, dürfen Sie diese gerne ablegen. Wenn Sie sich hingegen mögen, wie Sie sind, ist das ok und aus meiner Sicht durchaus akzeptabel.Wenn Sie mehr Sport treiben wollen, können Sie das gerne in Angriff nehmen. Wenn Sie lieber mit einem guten Buch auf dem Sofa landen, obwohl draußen die Sonne scheint, will ich in Ihre Entscheidung nicht hineinpfuschen. Im Gegenteil: Ich wünsche Ihnen stattdessen viel Vergnügen mit Ihrer Lektüre. (Vielleicht nicht ganz uneigennützig, denn schließlich bin ich Buchautorin).

Wenn Sie in Zukunft weniger oder mehr Kaffee, Alkohol, Schokolade, Zigaretten, Bücher, Filme, bekannte Boulevardblätter oder was auch immer konsumieren wollen, dürfen Sie sich völlig frei entfalten. Ich werde Ihnen ganz sicher nicht hineinreden. Wenn Sie Ihr Arbeitspensum vergrößern oder verringern wollen, gilt genau das gleiche Prinzip. Versprochen.

Ich bitte Sie nur um eines: Stehen Sie zu Ihren Entscheidungen. Machen Sie das, was Sie tun, aus Überzeugung und ganzem Herzen und geben Sie sich Mühe. So werde ich jedenfalls 2014 anpacken und die nächsten zwölf Monate verbringen. Mein einziger Maßstab wird sein, dass ich meinem Gegenüber – und das könnten schließlich auch Sie sein – damit nicht schade und mich dabei trotzdem nicht verbiege. Eine Gratwanderung, finden Sie? Ok, aber wann wäre das Leben schon mal leicht dahergekommen? Das wird sich auch in 2014 nicht ändern und ist ein durchaus recyclingfähiger Zustand. Sei’s drum! Ich gebe mein Bestes.

W - Weihnachtseinkauf; Wunder der Technik; (Der) Wetterfrosch

Weihnachtseinkauf

Einmal im Jahr raffen wir uns auf. Zum Weihnachtseinkauf. Und das kann tatsächlich ganz unterhaltsam sein. So wie heute. Da ist die Frau, die ihren Mann vor einem Regal parkt und sagt:
„Hier kannst du stehenbleiben. Ich bin gleich wieder zurück. UND FASS JA NICHTS AN!“ Der Angetraute rollt mit den Augen und schiebt die Hände tief in die Taschen seiner Winterjacke, als könne er sonst für nichts garantieren. Dabei steht er vor der Auslage mit den Nagellackfläschen. Was sollte er da schon anfassen wollen?

Ein paar Meter weiter rangeln zwei Jungs.
„Die machen bestimmt blau!“, mutmaßt mein Herzallerliebster. Ob ihm das bekannt vorkommt? Ich frag lieber nicht nach. Die Jungs sind inzwischen auf der Rolltreppe gelandet, was sie aber nicht dazu bringt, unbedingt abwärts zu rollen, wie es sich gehört.

Wir landen in der Spielwarenabteilung. Nach Jahren mit Lego-, Playmobil- und sonstigen Wunschlisten, geht es heute nur um ein Brettspiel. Das ist schnell gefunden. An der Kasse eine heitere Kassiererin, die irgendwas von Lotta faselt. Es dauert, bis ich kapiere: Der Konzern hat den Besitzer gewechselt und gehört neuerdings einer Schwedin. Die kommt nächste Woche zu Besuch. Mit dem Vorbesitzer hat die Kassiererin auf Englisch parliert, aber Schwedisch lernt sie jetzt nicht, sagt sie. Vielleicht macht sie sich stattdessen Pipi-Langstrumpf-Zöpfe, denke ich und grinse.

Während des Bezahlvorgangs flaniert eine Mutter mit einem kleinen Jungen an mir vorbei. Sie lässt einen Kleiderständer Karussell fahren, darauf diverse Stücke aus der Kinder-Oberbekleidung. Der Kleine wedelt mit den Händen vor ihrer Nase herum und ruft zweimal: „Nur kein Hemd!“ Wieder amüsiere ich mich. Hat wohl keine Lust, sich feinzumachen, der Zwerg. In zehn Jahren ruft er sicher: Bitte keinen Schlips, Oberhemd und Socken!“ Hab ich diesmal aber auch nicht gekauft…

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Wunder der Technik

Bei einem Spaziergang treffe ich auf zwei geschäftige Herren, die den Kofferraum eines Autos beladen. Einer erklärt dem anderen die Funktionsweise des sehr speziellen Kofferraumdeckels. Das Auto ist so eine kleine Kiste aus der Sternefabrik. Ein Statussymbol, dem man, so scheint es, die Luft rausgelassen hat, damit es fortan auf Parkstreifen quer zur Fahrbahn geparkt werden kann. Die Männer umrunden das Fahrzeug und heucheln technischen Sachverstand.

Wie dieser Eindruck bei mir entstanden ist, fragen Sie sich? Ganz einfach. Nachdem das Duo sich diskutierend vom Heck zur Haube vorgearbeitet hat, wird von einem der beiden Genies eine Frage aufgeworfen: „Und, hat der vorne auch noch einen Kofferraum?“

Ich muss mir das Lachen verkneifen. Ja klar, dafür kommt er ganz ohne Motor aus! Wie ein Rollschuh eben. Oder lagert der Antrieb vielleicht auf dem Notsitz? Vorsichtig werfe ich einen Blick ins Fahrzeuginnere. Man weiß ja nie. Frauen haben schließlich von Technik gar keine Ahnung. Im Gegensatz zu den smarten Herren, versteht sich.

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Der Wetterfrosch

Der Radiowecker reißt mich aus dem Schlaf. Der Wetterfrosch meines Vertrauens verkündet, dass der Sommer endlich beginnt. Woran man das erkennt? In den kommenden Tagen nähert sich das Hochdruckgebiet Xena.

Das bedeutet, es muss sich um das 25. Hochdruckgebiet des Jahres 2013 handeln. Angeblich. Ich habe davon nicht viel mitbekommen. Meiner Schätzung nach wäre ich bei Ilse gelandet. Ich hätte das schon für hochgegriffen gehalten. Doch die ist schon Mitte März über uns hinweg gezogen, ohne allzu deutlich in Erinnerung zu bleiben. Das wird Ilse sicher ärgern, denn sie hat eine Menge Geld dafür bezahlt. Wie viel? Da muss ich gleich mal nachsehen.

299,- Euro für ein Hoch? Na, dann wäre ich lieber ein Tief, dafür muss man 100,- Euro weniger berappen und kann sich das Blumengießen sparen.

Fragt sich, woran der Wetterdienst besser verdient. Schauen wir mal. Wer hätte es gedacht: Es gibt mehr Tiefdruck- als Hochdruckgebiete, somit erklärt sich der geringere Preis von selbst.

Xena jedenfalls befindet sich aktuell direkt über Deutschland. Das bedeutet Temperaturen um 25 ° Celsius von einem wolkenlos blauen Himmel. Bade-, Radel-, Grill- und Chillwetter inklusive.

Zurück zu meinem Wetterfrosch. Der erklärt mir detailliert, wann es sich bei einem Wetterereignis um einen Sommertag handelt. Xena kann da locker mithalten.
Manchmal stimmt es, was mein Grünling auf der Leiter prophezeit. Anderntags frage ich mich, ob er in Geographie nicht aufgepasst hat. Dann bleibt das versprochene Wetter irgendwo hängen, vielleicht an einem Hügel im Sauerland. Und schon hat Köln das für Hamburg versprochene Hoch oder Berlin schwimmt in Erfurts Schauern davon. Wir liegen dazwischen und es ändert sich stündlich - nicht nur im April.

Bei 510.000 km² Erdoberfläche kann man ja mal danebenliegen. Vielleicht verschiebt sich alles um ein paar winzige Quadratkilometer, wer will das schon so genau nehmen?
Ob es am Ende auch eine Stelle ganz ohne Wetter gibt? Ein Wetterloch am Himmel, sozusagen? Klingt auf jeden Fall besser, als Regenloch.
Nur wenn das grüne Orakel eine Sintflut von hier bis Münster verspricht, brauche ich mir keine Sorgen zu machen. Die kommt garantiert. Da gibt es kein Vertun. Und die fühlt sich im Ruhrgebiet heimisch.

X - (Das überflüssige) X

Nicht, dass Sie denken, ich wollte Ihnen ein X für ein U vormachen. Wir spielen gerade ein „Käse-Spiel“, das bedeutet, auf jedem Käseecken-Etikett steht hinterrücks ein Buchstabe. Die Anweisung, wie mit diesem Buchstaben verfahren werden soll, steht in der Verpackung. Lustig, oder? Na ja, geht so. Aber warum eigentlich nicht? Irgendeinen Zeitvertreib braucht der Mensch schließlich. Und dann, heute Morgen beim Frühstück, das X. Was soll ich damit anfangen? Das mit dem weiblichen Vornamen riecht ja noch nach Kreuzworträtsel oder Fliegeralphabet und ich antworte relativ spontan mit Xanthippe. Aber eine Märchenfigur, die mit dem Andreaskreuz beginnt, oder einen magischen Gegenstand? (Wobei mir zu letzterem eh nur das Z für den Zauberstab sinnvoll erscheinen will.)

Apropos Andreaskreuz: Gut, dass es das gibt. Sonst hätte ich schon so manchen x-beliebigen Bahnübergang völlig arglos gequert. Die Schienen kann man ja leicht übersehen, zumindest im Dunkeln. Es hat also durchaus seine Daseinsberechtigung. Mein Fahrlehrer war allerdings dafür, anzuhalten, auszusteigen und das Ohr auf die Schienen zu legen oder mindestens nach links und rechts zu schauen, wenn man mitten auf dem Übergang steht. Wird das heute auch noch empfohlen?

Trotz des durchaus berechtigten Vorkommens als Verkehrszeichen stelle ich fest, dass das X nur selten zum Einsatz kommt. Bei mir jedenfalls. Was sich schon deutlich erkennen lässt, weil es neben dem Q meine am wenigsten abgenutzte Taste der Laptop-Tastatur zu sein scheint. Im Umkehrschluss kann das bedeuten, dass ich nur selten über die körperliche Liebe schreibe, jedenfalls in deutlichen Worten.

Anders war das bei einem Kabarettisten, den ich letzthin gehört habe. Der war auch überzeugt davon, dass sich in seiner Buchstabensuppe nur der besagte Buchstabe befinden sollte. Alle anderen lehnte er rigoros ab und beschäftigte damit Unmengen von Restaurantpraktikanten und Koch-Azubis mit der Aussortierung seiner außergewöhnlichen Bestellung. Auch ein Hobby…

Und ich, was mache ich nun mit dem X? Die Käse-Fragerunde hab ich verloren, ich geb’s zu. Und sechs schreibe ich trotzdem öfter mit „ch“, daran wird sich vermutlich nichts ändern. Aber wenn ich demnächst in meiner Buchstabensuppe ein X finde, werde ich es herausfischen und trocknen. Versprochen! Das X hat einfach mehr Aufmerksamkeit verdient. Und hoffentlich bekomme ich bei der nächsten Käse-Runde nicht das Ypsilon!

 

Z - Zazickig; Wie der Zufall es will; Das Zigeunerschnitzel

Zazickig

Montagabend - Zeit für Neuigkeiten aus meinem Alltag.

Wieder einmal war mein Kühlschrank von einem Virus befallen. Ein Trojaner scheinbar, der sich vermutlich als Käseschachtel tarnte, um sich im Schutz der Dunkelheit klammheimlich über meinen nicht unerheblichen Lebensmittelvorrat herzumachen. Erfolgreich, wie ich leider sagen muss. Mich ärgert, dass ich ihn selber eingeschleppt habe, diesen lästigen Krankheitserreger. Sonst wusste jedenfalls keiner, wer für das Vakuum gesorgt haben könnte.

Und nun? Gähnende Leere und schlechte Laune - beim Verursacher ebenso, wie bei der familiären Lebensmittellogistikerin. Bei Letzterer, weil ein Supermarktbesuch fällig wurde. Noch am Donnerstag hörte ich zwei Frauen über ein ähnliches Phänomen reden – ich hab es nur nicht sofort begriffen.

Eine der beiden erwähnte, dass sie etwas Wichtiges vergessen habe. Schließlich sei ja Feiertag usw. also müsse sie dringend Zaziki besorgen, sonst würde ihr Mann wieder zickig. Und was soll ich sagen: Ich erkannte ihr Problem. Und obwohl es nicht zwangsläufig mit dem weißen Knoblauch-Joghurt-Gemisch in Zusammenhang steht, nenne ich es jetzt einmal „Zazickig!“

Wer hungrig ist und beim Öffnen der Kühlschranktür nichts Appetitanregendes vorfindet, sieht sich schnell diesem Gemütszustand ausgesetzt. Das geht mir so, aber vermutlich auch Hunderten von Zeitgenossen. Dabei können wir eigentlich froh sein, wenn überhaupt etwas im Vorrat ist. Vergessen Sie mal den erhobenen Zeigefinger, der sich da hervorschleicht. Sehen Sie einfach den Tatsachen ins Auge: Nicht jeder nennt einen Kühlschrank sein Eigen und falls doch, muss er nicht zwangsläufig gut gefüllt sein. Und das macht eben zickig. Wenn es dann zufällig der Hunger auf Zaziki sein sollte, ist die Schlussfolgerung nicht weit…

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Ich dachte zunächst, es könnte schwierig werden mit dem letzten Posten des Alphabets. Nun stellt sich heraus, ich bin schneller am Ende und somit beim "Z" angelangt, als ich dachte.

Dabei spielte mir der Zufall in die Hände, aber das ist im wahren Leben ja keine Seltenheit. Diesmal erschien er (der Zufall) in Form eines Zebras. (Schon wieder ein Z) Ein Zebra, das aus einem (Sie ahnen es schon!) Zoo geflohen ist. (Zur Korrektur: Heute weiß ich, es war ein Zirkuszebra)

In Bitburg war das. Diese Nachricht las mein Sohn mir am Mittag von seinem Handy-Display vor. Es handelte sich dabei nicht um das erste Zebra auf der Flucht. Beim letzten Mal war es eine Artgenossin, die verständlicherweise vor einem aufdringlichen Hengst floh, doch das war ein anderer Zoo und die Zebrastute wurde von ihren Wärtern schnell gefasst, nachdem sie für eine Weile den Straßenverkehr aufgehalten hatte.

Anders verhielt es sich beim Zebra heute. Das hatte offensichtlich die Verkehrsregeln voll drauf oder handelte ganz instinktiv, als es sich auf die gestreifte Sperrfläche einer Straße stellte. Ok, ein Zebrastreifen wäre als Parkplatz jetzt authentischer gewesen, aber vielleicht gab es weit und breit keinen. Jedenfalls fiel das Zebra, ob seiner perfekten Tarnung, eine ganze Weile gar nicht auf, wie es da so stand. Das behauptete jedenfalls der Verfasser der Nachricht.

Auch des Zebras Reaktion auf die - durchaus in den Duktus passenden - Streifenpolizisten soll sehr freundlich gewesen sein, war dort zu lesen. Streifen unter sich, sichtbar oder unsichtbar, denke ich, tun einander nichts Böses. Sei's drum, das Zebra wurde wieder eingefangen, dingfest gemacht, sichergestellt oder wie immer man es nennt, wenn die Polizei eines flüchtigen Zebras habhaft wird. Jetzt steht es sicher wieder im Stall und sinnt über ein besseres Versteck für die nächste Flucht nach.

Das stelle ich mir jedenfalls gerade so vor. Wie einst Steve McQueen in diesem Film als Kriegsgefangener. Der hat es auch immer wieder versucht und dabei so harmlos ausgesehen, wie ein Zebra, wenn er erwischt wurde.

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Schnitzelalarm - rettet das Zigeunerschnitzel

Nachdem sich der Zentralratsvorsitzende der Sinti und Roma in ähnlicher Form geäußert hat, wage auch ich, meine Bedenken des gestrigen Tages auf die Reise zu schicken:

Schnitzelalarm Nun steht es auf der Abschussliste: Das Zigeunerschnitzel, bzw. seine gleichnamige Sauce, ohne die es keine Existenzberechtigung mehr hätte. Vor Jahren stahl man uns bereits den Negerkuss. Schon damals habe ich den Sinn nicht wirklich verstanden. Küsse - vor allem so süße - sind doch was Gutes. Ich finde, als Schaumkuss macht das Ding längst nicht mehr so viel her.

Auch in den Bäckereien, in Imbissbuden und bei der Metzgerinnung müsste man in Zukunft das Warenangebot genau prüfen. Können denn Frankfurter und Wiener Würstchen, Hamburger oder Berliner weiter gefahrlos verkauft werden? Eine Kampagne zu deren Abschaffung scheint in den Bereich des Möglichen zu rücken.

Und nun das Schnitzel, oder genauer gesagt, die Zigeunersauce. Ich verbinde damit eine wohlschmeckende Sauce, in der sich Paprika und Tomaten mit Zwiebeln zu einer nahrhaften Symbiose verbinden. Ihren Namen hat sie seit mehr als 100 Jahren. Und auch hier überwiegt eindeutig der positive Aspekt, denn beim Grillen ist sie nahezu unverzichtbar. Übrigens würde ihre Abschaffung unter Umständen auch bald die Jäger auf den Plan rufen, deren Hobby und Berufung ebenfalls einem Schnitzel, respektive einer Sauce den Namen gab.

Düster Aussichten bietet das Verbot sogar im Hinblick auf das deutsche Liedgut. Wer dürfte in Zukunft noch unbeeindruckt vom lustigen Zigeunerleben singen? Von Straußens Operette ganz zu schweigen.

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich bin gegen Diskriminierung und stehe für diese Haltung ein, wo immer ich ihr begegne. Ich bin für gerechte Sprache in allen Bereichen. Doch wenn sie so weit geht, das aus Mitgliedern, Mitgliederinnen werden, läuft es mir kalt den Rücken herunter.

In diesem Sinne: Rettet das Zigeunerschnitzel!

 

 

 

Der letzte Rest


     Sie hatten Spaß an meinen kleinen Texten?

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Sie sind herzlich eingeladen.

Meine Bücher, die im Buchhandel als E-Book und Paperback erhältlich sind,

finden Sie auf meiner Homepage unter www.anjaollmert.jimdo.com

Ich freue mich auf Ihren Besuch

 

Herzlichst

Anja Ollmert

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 05.07.2013

Alle Rechte vorbehalten

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