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Prolog

Wir schreiben das Jahr 2463, nach irdischer Zeitrechnung. In einer weit, weit entfernten Galaxis, ausserhalb unseres vorstellbaren Universums, auf einem wüstenartigen Planeten sah die Welt auch nicht anders aus als unsere heute und hier. Auf diesem Planeten befindet sich eine riesige Pyramide mit extrem hochentwickelter Technik, die es erlaubt ohne Zeitverlust, also instantan, von einer dieser im gesamten Weltraum verteilten Stationen zu einer anderen zu reisen. Doch um diese Technik geht es hier nur ganz, ganz am Rande. Es reicht aus zu wissen, dass sie existiert.

 

Dieser Planet namens Arkham war bereits vor Tausenden von Jahren verlassen worden, und dennoch funktionierte diese Technik noch. So kam es, dass hier Ausgestossene verschiedener Zivilisationen, wie etwa der Engel, der Menschen oder die sogenannten Aufgestiegenen, zufällig zusammentrafen. Sie beschlossen, gemeinsam um die Pyramide herum – unter Zuhilfenahme einer heute uns noch unbekannten Technologie – eine Stadt zu bauen und diese Station wieder in Betrieb zu nehmen.

 

Unter den Wesen befinden sich zum Beispiel die menschliche Frau Isis und der (menschenverwandte) Aufgestiegene Herr namens Jahwe. Am ersten Abend kam es zu einer Spontanparty in dem provisorischen Lager, an deren Ende Isis mit Jahwe zu einem One-Night-Stand entschwunden waren. Am darauffolgenden Tag trafen beide wieder aufeinander und es hat sich ein Second-Night-Stand entwickelt. Hier beginnt unsere Geschichte...

 

Eine ereignisreiche Nacht

Jahwe hatte das Gefühl, er wache gerade in einem anderen Bett auf, als in dem, in welches er zu Beginn der Nacht gestiegen war – gemeinsam mit Isis. Das war eigenartig, fand er. Dieses Bett hier war viel härter. Und er lag offensichtlich alleine in ihm. Er versuchte seine Augen zu öffnen. Das war gar nicht so einfach wie sonst. Auch seine Hände bewegten sich nicht, wenn er es versuchte. Was war mit ihm geschehen? In solch einer Lage hatte er sich noch nie befunden. Er war nicht mehr Herr über seinen Körper...

 

Er versuchte, sich zu erinnern. Nach dem Essen war er mit Isis in ihre Baracke gegangen. Sie hatten ein üppiges Mahl genossen und beide scherzten miteinander. Doch am Ende waren sie nicht wirklich alleine in der Baracke. In den nun leeren Räumen hatte man in der Zwischenzeit eine Krankenstation und einige Labore eingerichtet. Sie gingen noch in eine der Werkstätten, in der drei Leute versuchten, einen der Replikatoren neu zu programmieren, damit er beim Aufbau eingesetzt werden konnte. Dort lernte Jahwe den Bruder von Isis, Osiris, kennen.

 

Sie schwätzten kurz und gingen anschliessend direkt in Isis‘ Zimmer. Nachdem sie die Tür abgeschlossen hatte, stürzte sie sich wieder auf ihn und riss ihn auf wie ein Weihnachtspaket. Die Knöpfe an seinem Hemd verteilten sich gleichmässig im Zimmer. Dabei hätte sich Jahwe gewünscht, dass Isis ihm eine Chance für eine Revanche für ihre erste Nacht gegeben hätten. Er wollte auch mal der aktivere Teil sein. Spass machte es dennoch. Und irgendwann später war sie in einen tiefen Schlaf gesunken, hielt aber Jahwe durch ihr Schnarchen wach. Ihm blieb nichts weiter übrig, als ein weiteres Mal über ihr Verhältnis nachzudenken.

 

Wenn sie nicht gerade schlief, war sie ja genau diese Art Lebewesen, mit denen er sich gerne umgab. Vor allem ihren Humor liebte er. Auch im Bett machte es mit ihr einen höllischen Spass, sie nahm diese Aktivitäten nicht so ernst. Nur mit ihrem geräuschvollen Schlaf konnte er sich nicht anfreunden. So lag er neben ihr und hoffte, irgendwann eine Lücke in ihren Geräuschen zu finden, die es ihm ermöglichen würde, endlich einzuschlafen. Und dann, völlig überraschend, passierte absolut nichts mehr. Kein Geräusch von ihrer Seite. Und wenn er sagte, kein Geräusch, dann war dort auch keines. Das war viel beängstigender für ihn – Isis hatte aufgehört, zu atmen. Er hatte keine Ahnung, was zu tun war. War sie etwa plötzlich verstorben? Das konnte doch nicht sein. So schnell ging dies sicher nicht, so ohne Vorankündigung. Meinte er, sich zu erinnern.

 

Er drehte sích zu ihr um, und da war es wieder, ihr Atemgeräusch. Gleichzeitig drehte sie sich und legte ihren Arm um ihn. Vielleicht bekam er jetzt seine Chance, und wirklich, ihm gelang es, wegzudämmern. Mit einem Male fiel er, und fiel, und fiel – bis er irgendwo im Dunkeln aufschlug. Der Schmerz entsprach dabei bei weitem nicht der Fallzeit. Er hätte tot sein müssen. Doch er lebte noch. Welch angenehme Überraschung! Noch im Halbschlaf drehte er sich auf den Rücken und wollte sich aufsetzen.

 

‚Hast du dir was getan?‘, hörte er Isis‘ Stimme über ihm wie durch Watte.

 

In diesem Moment, mitten im Aufsetzen, schlug ihm jemand aus dem Dunkeln heraus heftigst auf seine Birne: ‚Nein! Ich glaube aber, du hast mir eben was getan...‘ Und er verlor wieder seine Orientierung.

 

Dies war das Letzte, an was er sich erinnern konnte. Jetzt wurde ihm langsam bewusst, was wahrscheinlich passiert war. Er war offensichtlich beim Aufsetzen mit seinem Kopf dem Kopf von Isis begegnet. Deshalb schmerzte dieser auch. Doch wo befand er sich jetzt? Er lag nicht mehr auf dem Boden, hatte sogar eine Art Nachthemd an. Eigenartigerweise war dieses hinten offen. Dies empfand er als äusserst unangenehm. Und warum konnte er seine Hände nicht bewegen? Er versuchte es ein weiteres Mal. Jetzt gelang es ihm, seine Hand anzuheben. Als nächstes testete er seine Augenlider. Löcher, durch die er hätte hindurchschauen können, hatten diese leider nicht. Um etwas sehen zu können, musste er sie aufklappen. So einfach gelang ihm dies nicht. Öffnen konnte er sie, doch der Raum, in dem er lag, war so hell erleuchtet, dass die Lider sich von selbst wieder schlossen. Deshalb versuchte er es weiter, mit halber Geschwindigkeit. War wohl immer noch zu schnell?

 

Beim dritten Anlauf funktionierte es. Er erkannte den Raum. Er lag auf der Krankenstation, auf einer deren Liegen. Die Zimmerdecke war relativ langweilig. Die interessierte ihn nicht. Er hätte aber gerne gesehen, was und vor allem wer noch mit ihm im Raum war. Mindestens eine weitere Person hörte er von der Nachbarliege her atmen und etwas weiter entfernt unterhielten sich zwei Leute leise miteinander. Er konnte leider nicht verstehen, über was.

 

Er versuchte, sich aufzusetzen. Leichter gedacht als getan. Sein Kopf schien zu explodieren, beim Versuch ihn anzuheben. Er griff mit einer Hand nach ihm, und stellte fest, er trug einen Verband um ihn. Ein Turban war dies sicher nicht. Er versuchte es noch einmal, ganz, ganz vorsichtig.

 

‚Warten sie! Ich helfe ihnen.‘ Jemand hatte wohl gesehen, dass er langsam wieder zu sich kam. Er hätte sich nicht aufsetzen müssen. Ein Teil der Liege richtete sich auf, und so auch er. Nun konnte er das Zimmer zum Teil überblicken. Eine der beiden Frauen, die er schon am frühen Abend in der Krankenstation gesehen hatte, war gekommen und hatte ihm geholfen: ‚Wie geht es ihnen?‘

 

‚Naja, die Rübe explodiert! Aber ansonsten scheine ich so weit okay zu sein‘, antwortete Jahwe. ‚Wie komme ich eigentlich hierher?‘

 

‚Inanna hat uns gerufen, bevor auch sie offensichtlich weggetreten ist. Was genau passiert ist, wissen wir nicht. Sie lagen auf dem Fussboden. Sie lag halb auf ihnen und halb im Bett. Da sie beide Riesenbeulen am Kopf hatten, vermuteten wir, sie sind sich im Dunkeln überraschend begegnet. Deshalb haben sie beide auch je einen Verband um den Kopf. Mehr konnten und wollten wir erstmal nicht tun. Wir wollen aber noch genauer reinschauen, bei so einem Zusammenprall kann schnell was zurückbleiben. Was haben sie eigentlich auf dem Fussboden gesucht? Das Licht war doch aus.‘

 

‚Wo bin ich? Was ist hier los?‘ Isis‘ Stimme kam von der Nachbarliege. Die Schwester ging zu ihr rüber und half ihr ebenfalls auf. ‚Was hast du eigentlich da unten gesucht?‘, fragte Isis, als sie Jahwe sah. ‚Habe ich auch so einen Turban auf?‘

 

‚Deiner ist schicker‘, entgegnete Jahwe. ‚Wir brauchen ein breiteres Bett – du hast mich wohl wieder von der Bettkante geschubst.‘

 

‚War nicht so gemeint! Weisst du doch!‘

 

‚Isis, warum wohnst du eigentlich noch hier in der Baracke?‘, fragte da die Schwester. ‚Wir haben doch alle bereits eine Wohnung bekommen. Du nicht?‘

 

‚Ich will nicht in so einem Wohnsilo wohnen, und schon garnicht unten. Mag es nicht, wenn mir jemand über dem Kopf herumtrampelt. Da muss ich halt warten.‘

 

‚Ich hatte dir angeboten, wir können auch zu mir‘, meinte da Jahwe. ‚Habe ein eigenes Häuschen, ganz allein auf weiter Flur. Und wir können das Bett so gestalten, wie wir es brauchen. Vor allem mit wesentlich geringerer Fallhöhe.‘

 

‚Dort ist dann jedoch keiner in der Nähe, falls wir Hilfe brauchen‘, warf Isis ein.

 

‚Bei uns gibt es Telefon! Das muss man nicht mal in die Hand nehmen. Nur den Namen sagen und schon ist man verbunden. Funktioniert in dieser Welt nicht.‘

 

‚Okay! Morgen abend gehen wir zu dir!‘

 

‚Morgen abend werdet ihr nirgends wohin reisen‘, warf da die Schwester ein. Sie hatte sich inzwischen mit einem ihrer Sensoren bewaffnet und diesen an den Computer angeschlossen. ‚Ihr müsst wenigstens zwei Tage im Bett bleiben, wenn ihr keine bleibenden Schäden zurückbehalten wollt. Ihr habt beide eine heftige Gehirnerschütterung. Arbeit und Sport sind nicht drin für euch. Auch keine Reisen.‘

 

‚Wir brauchen doch nur zum Tor in der Pyramide. Von da geht alles ganz von selbst. Und Heilung wartet auf der anderen Seite.‘

 

‚Nix da! Und wenn ich euch ans Bett fesseln muss‘, die Schwester schien es ernst zu meinen und jagte damit Jahwe einen gehörigen Schreck ein. Zwei weitere Nächte mit Isis in einem Zimmer, und er ist ein Wrack. An Schlafen wird da nicht zu denken sein.

 

In diesem Augenblick hörten sie einen höllischen Lärm von der Baustelle draussen. Da war wohl etwas eingestürzt. Kurze Zeit später wurde es auf dem Flur der Baracke laut. Es hatte wohl Verletzte gegeben. Die Schwester verliess umgehend das Zimmer und liess Isis und Jahwe alleine zurück. Im Nachbarraum, wohl das Behandlungszimmer, redeten viele Leute durcheinander. Da kam Jahwe auf eine Idee: ‚Komm! Lass uns abhauen!‘

 

‚Wie denn? So wie wir im Augenblick angezogen sind, kommen wir nicht weit – mit diesen sogenannten Nachthemden.‘

 

‚Wir brauchen doch nur bis zur Pyramide. Und alle werden sicher am Unglücksort oder hier sein. In meiner Welt spielt es keine Rolle mehr, was wir hier anhaben. Und die Gehirnerschütterung wird auch weg sein. Du wirst es sehen!‘

 

‚Aber erst einmal müssen wir bis zur Pyramide kommen. Das sind schon ein paar Meter, wenigstens 150 oder 200.‘

 

‚Na und! Nur weg hier! Oder hast du Lust darauf, zwei Tage hier rumzuliegen?‘

 

‚Um Gottes Willen! Okay, lass uns abhauen! Ich hoffe nur, wir kommen hier ungesehen aus der Baracke.‘

 

Beide versuchten aufzustehen. So einfach gelang ihnen dies nicht. Es dauerte ein Weilchen, bis sie herausfanden, wie man das Sicherheitsgeländer der Liegen herunterklappen konnte. Anschliessend fiel ihnen auf, dass sie keine Schuhe hatten. Doch Isis entdeckte im Schränckchen neben der Tür zwei Paar Schlappen. Damit musste es funktionieren.

 

Auf dem Flur der Baracke war, wie sie vermutet hatten, keiner zu sehen. Sie überlegten kurz, ob sie aus Isis‘ Zimmer ihre Sachen holen sollten. Doch es befand sich am falschen Ende des Flures und so entschieden sie sich, so schnell wie nur möglich, hier zu verschwinden. Sich gegenseitig stützend gelangten sie ohne Zwischenfall aus dem Gebäude.

 

Auch auf dem Gelände vor der Baracke hielt sich niemand auf. Also machten sie sich umgehend auf den Weg. Doch als sie kurz vor dem Pyramiden-Eingang waren, öffnete sich die Tür und Satan mit Lilith trat nach draussen. Sie liefen ihnen direkt in die Arme und konnten nicht mehr ausweichen.

 

‚Wie seht ihr denn aus? Ist hier irgendwo ein Karneval?‘, wollte Satan lachend von seinem Bruder Jahwe wissen.

 

‚Nee! Diese Menschen wollten uns auf ihrer Krankenstation wegsperren. Da sind wir halt abgehauen und wollen zu mir.‘

 

Lilith liefen die Tränen, so musste sie lachen. Sie war weitergegangen und hatte sich umgedreht, um auf Satan zu warten. Sie sah beide nun von hinten: ‚Ich hätte mir jedoch etwas anderes zum Anziehen ausgesucht ... Jahwe, wenn ich gewusst hätte, dass du so einen knackigen Hintern hast – ich hätt‘ mich nie mit Satan eingelassen.‘

 

Jahwe und Isis griffen beide nach hinten und hielten ihre Nachthemden zu. Mit der anderen Faust drohte er Lilith. Doch es war bereits zu spät. Satan hatte zu Lilith aufgeschlossen und konnte ein Lachen ebenfalls nicht mehr unterdrücken: ‚Es sind drei Engel im Torraum. Gönnt ihnen auch einen Spass! Wir sehen uns.‘

 

‚Wo wollt ihr denn jetzt noch hin? Es ist eigentlich nichts mehr los, nach dem Unfall. Sie sind wohl alle in der Baracke der Menschen.‘

 

‚Wir wollten herausfinden, was eigentlich passiert ist. Wisst ihr was genaueres?‘

 

‚Nee! Wir haben das Durcheinander für unsere Flucht genutzt...‘

 

Impressum

Texte: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Bildmaterialien: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Cover: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Lektorat: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Tag der Veröffentlichung: 15.07.2018

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