Cover

Die Party

Party in der Bar ‚Bra‘ am Streusandhügel. Alle waren sie gekommen. Vom Engel Marx bis Satan, von Shiva bis Jahwe, Ischtar ist da, auch Kara Mel. Nur Opi Wan und seine Clique fehlten. Die fühlen sich wohl zu alt für sowas. Eventuell sind deren Einladungen auch auf dem Postwege verloren gegangen.

Der Nektar floss in Strömen und die Tische brachen unter der Last des Ambrosia fast zusammen. Alle waren bester Laune und keiner achtete auf den Weltenraum. Yog Sothoth und Satan sorgten für die Musik, Isch unterhielt alle mit seinen Spässen und Shiva schaukelte in seinem persönlichen Nirvana darüber. Engel Marx schenkte Kara Mel eine Kaffeemaschine, zum Geburtstag, wie er sagte. Kara Mel war zwar der Meinung, dass sie schon seit Jahren immer ihren Geburtstag ausgelassen hatte, da Aufgestiegene eh nicht altern. Sie bedankte sich dennoch artig bei Marx, und schmiss die Maschine sofort an. Schnell bildete sich eine lange Schlange. Auf einmal wollten alle nur noch Kaffee mit Karamel-Geschmack. Ausser Jahwe. Der fragte Marx, wieso er das gemacht hätte. Marx jedoch war der Meinung, er wäre ein Engel und echte Engel würden so etwas tun.

In diesem Moment lief Adonay an den Beiden vorbei und sagte im Vorübergehen, dass echte Engel andere Aufgaben hätten. Die Bitte der Zwei, diese Aufgaben mal zu definieren, hörte er schon nicht mehr. Adonay hatte Lilith entdeckt. Ihm fiel ein, dass da noch mehr im Leben war, als ständig alleine auf irgendwelche Kosmen oder Universen aufzupassen. Also machte er sich an Lilith heran. Ihr Ruf war legendär.

Doch Lilith hatte etwas Anderes im Sinn und stürzte sich ins Getümmel auf der Tanzfläche. Adonay hinter ihr her. Isch freute sich, endlich würde es scheinbar zwischen Zweien funken und er sah schon den Nachwuchs der Beiden. Aber er hatte seine Rechnung ohne Satan gemacht. Von seinem Pult aus hatte dieser Adonays Plan sofort erkannt. Da musste er etwas unternehmen. Er war schon lange auf Lilith scharf. Die hatte ihn zwar immer abblitzen lassen, so wie jetzt Adonay. Doch er wollte sie nicht aufgeben und übergab die Regler an Yog Sothoth. Er steuerte schnurstracks auf Lilith zu. Die sah ihn kommen - und lief nicht weg. Eigentlich fand sie Satan immer noch lustiger und interessanter als Adonay, oder die anderen Männer hier. Mit Satan konnte man viel Spass haben, der war nicht so verklemmt wie Andere und immer etwas schräg drauf. Wenn er nur nicht seine Zeit mit Jahwe beim Zocken verplempern würde...

Als Adonay die Beiden zusammen sah, verfluchte er sie. Er fing an, zu überlegen, wie er sich für diese Schmach rächen könnte. Satan konnte er zum Beispiel ein reines Feuer-Universum überhelfen lassen. Die Anderen sollte ihn in Zukunft meiden, sein beständiger Brandgeruch würde diese auf Abstand halten. Bei Lilith war das schwieriger. Ihm würde schon etwas einfallen. Fürs Erste reichte es sicher, wenn er ihr einen unstillbaren Durst auf alles Männliche verpasste. Da könnte selbst er mal etwas von ihr haben, und Lilith selbst würde es nicht einmal bemerken. Ihren Ruf hatte sie sicher nicht ohne Grund. Die Anderen hatten recht gehabt: Adonay hatte Spass. Es tat gut, sich einen richtigen Fluch auszudenken und anderen mal so richtig die Pest an den Hals zu wünschen. Rache ist süss, wie man so schön sagt.

Süsser noch als Kaffee mit Karamel-Geschmack. Satan schnappte sich zwei Tassen und ging zu Lilith. Die meinte jedoch schnippig, dass er den Apfel vergessen hätte und nahm den Kaffee dennoch. Wusste sie doch, dass der Apfel für Eva gedacht war und nicht für sie. Sie kannte den Unterschied zwischen Gut und Böse. Eva war dafür zu naiv. Wo war die überhaupt? Auf dieser Party war sie Lilith noch nicht über den Weg gelaufen.

Dafür diskutierte Engel Marx immer noch mit Jahwe, was denn ein richtiger Engel so zu tun hätte. Na z.B. Äpfel an die falschen Leute verteilen. Ein guter Weg, um auf der Karriereleiter nach oben zu steigen. Satan hätte danach zumindest seinen eigenen Laden bekommen. Und niemand störte ihn in seinem feurigen Universum. Selbst Isch machte da einen grossen Bogen drumrum. Und Satan hatte seine Ruhe, wenn er alleine sein wollte. Lilith seltener. Immer schaute ihr jemand aus der Ferne nach. Vor allem dieser Yog Sothoth. Dessen Augen in der Dunkelheit konnten ziemlich verstörend wirken.

Dabei war der doch eher auf Kara Mel scharf. Oder doch Lilith? Wer weiss bei so einem unheimlichen Typen schon, was der denkt? Ist eh eigenartig mit dem. Es gibt Zeiten und Räume, in denen er praktisch nie auftauchte. Und in Anderen ist er ständig anwesend. Irgendetwas soll da beim Zocken mit Jahwe passiert sein. Lilith könnte mal Satan fragen. Vielleicht wusste der mehr.

In diesem Moment ging die Tür auf und draussen waren Oma Rocca, Ab Zu, Kai Gon, Anna Kin, ja selbst Opi Wan, zu sehen. Im Raum wurde es mit einem Schlag still. Die waren viel zu überraschend erschienen. Doch so schnell wie sie da waren, waren sie wieder weg. Was hatte das zu bedeuten? Diese alten Damen und Herren tauchten sonst nie auf. Yog Sothoth stiess gleich einen ganzen Stapel mit Schallplatten um, Lilith schüttete ihren Kaffee über Satans Hosen und Adonay vergass alle seine Rachegelüste. Die gesamte Stimmung kippte von einem Moment zum anderen. Dabei kam diese Clique garnicht herein. Sie hatten sich auf den Hacken umgedreht und waren wieder weg. Nicht mehr zu sehen. Nur die Tür stand weiterhin offen. Zufälle gab es in ihrer Welt nicht. Also: Was hatte das zu bedeuten?

Nur Jahwe und Marx schienen nichts bemerkt zu haben, sie diskutierten immer noch lauthals über Engel und dass man Seneca fragen könne. Der hätte doch das ganze Buch geschrieben. Welches Buch? Na das über meinen angeblichen Sohn, meinte Jahwe. Was Marx so ziemlich aus dem Konzept brachte. Er kannte dieses Buch nicht, wusste nicht einmal, dass Jahwe einen Sohn haben sollte. Woher denn, wenn der den ganzen Tag nur rumsass und zockte? Jahwe hatte doch keine Zeit für dafür. Vor allem, welchen Sinn hätte dieser angebliche Sohn?

Lilith versuchte sich an Satans Hosen, irgendwie musste der Kaffee doch weggehen. Dabei dachte sie an diesen ominösen angeblichen Sohn Jahwes, und Satan grinste. War es doch sein Sohn, über den sich alle die Köpfe zerbrachen. Bis jetzt war es lediglich niemandem aufgefallen. Selbst Seneca nicht. Wer zum Teufel war dieser Seneca? Satan hatte noch nie von dem gehört, Engel Marx wohl ebenfalls nicht. Nur Jahwe. Vielleicht sollte er mal mit Engel Friedrich reden. Der hatte bisher auf alle seine Fragen eine Antwort.

Wie üblich sass der in einer stillen Ecke und schrieb an seinem Blog, den eh niemand las. Satan ging zu ihm rüber und wurde von Friedrich mit der Frage nach Oma Rocca überrascht.

‚Warum Oma Rocca?‘, wollte Satan wissen.

‚Weil es in diesem Fall dein Sohn ist.‘

He, wie, was... Satan klappte die Unterkiefer runter, und Lilith schob sie wieder nach oben. Ihr rutschte fast ein ‚Ist-das-nicht-Jahwe’s-Sohn?‘ raus, hielt dann aber lieber die Klappe.

Das war alles zu viel, und die gute Stimmung eh kaputt. Yog Sothoth tat zwar sein Bestes, um die Leute wieder in Stimmung zu bringen, doch irgendwie verfing seine Musik nicht. Satan übernahm und sofort füllte sich die Tanzfläche. Mit seinem Riesen-Kaffeefleck auf der Hose sah er obendrein ziemlich lustig aus. Jeder wusste, wie er zustande gekommen war, und dennoch stellte sich jeder seine eigene Geschichte dazu vor. War es doch Lilith, die ihm den Kaffee über die Hosen geschüttet hatte.

Unter Engeln erinnerte man sich gerne an so einiges aus dem Leben vor dem Aufstieg. Vor allem, wenn man diverse Gläser Nektar intus hatte. Da wurde die Phantasie durchaus einmal ziemlich plastisch.

Nur Lilith war etwas gekränkt. Hatte Satan sie doch einfach so stehen lassen, mit einem nassen Lappen in der Hand. Er hatte nicht einmal daran gedacht, ihr einen neuen Karamel-Kaffee zu bringen. Um alles musste sie sich selbst kümmern. Kein Kavalier in der Nähe. Auch hatte sie keine Antwort auf ihre Frage nach dem Sohn bekommen. Also holte sie zwei Kaffees und setzte sich zu Friedrich. Doch für mehr als ein Danke brachte er seine Zähne nicht auseinander, er schrieb ohne aufzusehen einfach weiter an seinem Blog. Dabei sass er so blöd, dass Lilith nicht auf den Monitor schauen konnte. Was war so wichtig, dass Friedrich nicht mit dem Schreiben aufhören konnte? Und jedes Mal wenn Lilith versuchte, aus einem anderen Winkel etwas auf dem Bildschirm zu erkennen, setzte sich Friedrich so um, dass sie dennoch nichts erkennen konnte. Das war ihr zu dumm.

Sie stand auf und ging wieder auf die Tanzfläche. Dort war wenigstens inzwischen wieder etwas los. Satan hatte die Leute gut im Griff. Vielleicht fand sich jemand anderes zum Tanzen und Spass haben. Nur Adonay wollte sie nicht über den Weg laufen.

Der tanzte jedoch eh nicht. Stand mal wieder an der Bar und schwatzte mit Rasiel. Wer weiss, über welche Geheimnisse die sich jetzt austauschten? Rasiel kannte immer irgendwelche Geheimnisse und erzählte sie jedem, der ihn danach fragte. Im Grunde waren es selten wirkliche Geheimnisse, da er sie überall rumerzählte. Rasiel war die Regenbogenpresse in der Aufstiegswelt.

Nicht weit von den Zweien standen Isch und seine Familie. Da ging es ebenfalls heiss her. Sie schienen alle gemeinsam auf Gilgamesch einzureden. Was hatte der schon wieder angestellt? Der war doch eigentlich ein super netter Mann, eher zu nett für Liliths Verhältnisse. Ischtar dagegen fand immer einen Grund, sich über ihn zu beschweren. Er schaute nie anderen Frauen hinterher, sagte selten ein böses Wort und hing nur mit diesem Enkidu herum. Welchen Grund hatte Ischtar, um sich über ihn aufzuregen, und mit ihr die gesamte Familie?

Schon als Ischtar und Gilgamesch das erste Mal in Atlantis aufgetaucht waren, lagen sie bereits im Clinch miteinander. Das hatte sich nie geändert. Da stellte sich einem die Frage, warum Ischtar ihn überhaupt mitgebracht hatte, nach Atlantis und auch zu dieser Party. Überall zog sie andere mit in deren Auseinandersetzungen rein. Lilith würde dies sicher nach einer kurzen Zeit zu anstrengend werden. Es gab doch ausreichend andere Männer, z.B. Satan...

Impressum

Texte: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Cover: 2018, Die Wunderlich(e) Edition
Lektorat: 2018, Die Wunderlich(e) Edition
Tag der Veröffentlichung: 21.02.2018

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /