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Lebensplanung - Gedanken zum Thema

Meine älteste Erinnerung zu diesem Thema geht bis in meine Schulzeit – ziemlich genau 50 Jahre – zurück. Wir mussten damals einen Schulaufsatz schreiben, was wir später von Beruf werden wollten. In diesem Aufsatz schrieb ich, dass ich unbedingt für die Raumfahrt arbeiten möchte, nicht als Kosmonaut / Astronaut, sondern als Techniker und Ingenieur. Ich bekam eine glatte Fünf für diese Arbeit und mein Lehrer war der Meinung, ich hätte das Thema verfehlt. Nur neun Jahre später fing ich am Institut für Kosmosforschung an der Akademie der Wissenschaften der DDR als Elektronikfacharbeiter an und war bis 1990 an vielen Projekten im Rahmen des Interkosmosprogrammes bis hin zur MIR-Station und der Halley-Sonde beteiligt, konnte sogar meinen Ingenieur nachholen. Leider habe ich meinen damaligen Lehrer nach dem Ende der Schulzeit nie wieder getroffen...

 

Andererseits träumte ich seit meiner Kindheit davon, als Schriftsteller erfolgreich zu werden. Daran arbeite ich jetzt ernsthaft erst seit wenigen Jahren. In den 80ern und 90ern verdiente ich mir zwar mehrere Mark als Musikjournalist dazu, und dies durchaus erfolgreich. Parallel dazu baute ich jedoch meine (Booking)-Agentur auf, so dass ich es später für ehrlicher hielt, mit dem Schreiben über Musiker aufzuhören. Das nur nebenbei...

Ein drittes einschneidendes Erlebnis war dann der 9. November 1989. Von einem Tag auf den anderen eröffnete sich für mich eine völlig neue Welt und ich musste alle weiteren Vorhaben für mein Leben über den Haufen werfen. Und ehrlich gesagt, so richtig haben die neuen Pläne bis heute nicht funktioniert. Ich war immer nur mit Dingen erfolgreich, die ich nicht wollte. Alles, was ich gerne getan hätte, funktionierte nur so lala oder gar nicht. Und dennoch: Jetzt mit Anfang 60 muss ich sagen, ich bereue nichts. Ich würde alles wieder genau so entscheiden, wie ich es beim ersten Durchlauf getan habe, falls ich eine zweite Chance bekommen würde. Im Gegensatz zu vielen Bekannten von mir...

Im Vergleich zu meinem Bekanntenkreis, ich kann nicht sagen, was ich anders gemacht habe als sie. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich es anders gemacht – ein Satz den ich viel zu häufig höre. Ich habe vorher genauso wenig gewusst wie sie, und dennoch bin ich zufrieden. Ich hätte es nicht besser machen können. Was habe ich besser gemacht als sie? Wie bereits geschrieben: Ich kann es nicht sagen. Klar, ich habe immer das Beste erwartet und anschliessend alles getan, um es zu bekommen. Das hat oft geklappt. Und falls mal nicht, dann sah ich eine andere Möglichkeit für mich, die eventuell sogar besser war. Oder ich habe es ausgesessen und mich parallel auf Neues vorbereitet. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt – hatte meine Grossmutter schon gesagt bzw. umso grösser das Risiko umso grösser der Profit (eine der Erwerbsregeln der Ferengi aus Startrek). Letzteres kann jedoch manchmal gefährlich sein. Man sollte seine eigenen Fähigkeiten sehr genau einschätzen, bevor man ins Risiko geht. Es gibt immer die Möglichkeit eines Totalverlustes. Doch selbst dazu sollte man am Ende stehen und die Gründe genau analysieren. Damit man das nächste Risiko besser einschätzt und erfolgreicher daraus hervorgeht. Dem aus Angst vor dem möglichen Verlust ganz aus dem Wege zu gehen, ist nicht die Lösung. Das ist wie mit dem Lottogewinn, den wir uns ja alle wünschen. Wer kein Los kauft, nimmt sich die Chance, den grossen Gewinn nach Hause zu tragen. Nur mit Los ist ein Gewinn möglich. Und so ist es wohl auch mit unserem Leben. Nur wenn wir aktiv an der Verwirklichung unserer Lebensplanung arbeiten, sind wir in der Lage, eines schönen Tages unsere Träume zu verwirklichen.

Hier noch ein Tipp: Es sollte jederzeit wenigstens ein Wunsch übrig bleiben, an dem wir weiter arbeiten müssen. Sonst sitzen wir eines Tages da und wissen nicht mehr, was wir danach tun könnten. Wenn wir keine Ziele mehr haben, langweilen wir uns sicher zu Tode. Es muss ja nichts Grossartiges sein, wie etwa den Mond zu erobern oder so. Schafft man eh nicht mehr mit 60. Sich eine neue Geschichte auszudenken, reicht sicher aus. Oder noch schnell mal die Bekannte in Tokio besuchen. Selbst Bäume pflanzen, kann durchaus ein Ziel sein. Und während man an der Umsetzung arbeitet, tauchen neue Ideen auf, die ebenfalls noch umgesetzt werden sollen. Ich habe einmal von einer über 90-jährigen gehört, die noch Senioren-Tischtennis-Weltmeisterin geworden ist, obwohl sie damit erst als Rentnerin angefangen hatte. Diese junge Dame hätten wir sicher alle – bildlich gesehen – vorher ausgelacht, und doch: Sie hat ihren Traum verwirklicht! Wenn sie es geschafft hat, kann jeder etwas Vergleichbares für sich in Angriff nehmen. Der Weg ist das Ziel, und wer weiss schon im Voraus, was wir erreichen können, wenn wir es nur wollen.

Eigentlich wollte ich völlig anders an dieses Thema herangehen. So ist es wohl ebenfalls mit der Lebensplanung. Wenn man noch jung ist, hat man grosse Erwartungen an das Leben. Plant eine gediegene Ausbildung, möchte einen Superberuf ausüben, eine Familie gründen und ein Haus auf dem Lande, dazu ein grosses Auto und jedes Jahr nach Mallorca in den Urlaub. Auf dem Weg dahin ist man dann blind für das kleine Quäntchen Glück, das Lotterielos des Lebens. Am Schluss wartet eine gute Rente auf uns und nachdem wir alle unsere Bücher ausgelesen haben, gibt es nichts mehr zu tun. Das kann doch nicht alles sein, und dennoch wird uns dies als die alleinig glücklich machende Lebensweise immer wieder vor Augen geführt. Von Leuten wie meinem Lehrer oben. Das Thema war nicht ‚Was will ich mal werden?‘ sondern ‚Wie kann ich Dreher im Betrieb um die Ecke werden?‘. Das hat er mir nur leider erst hinterher gesagt. Ich habe nicht auf ihn gehört und meine damalige Lebensplanung konsequent umgesetzt. Ich hielt immer meine Augen offen, um ja nicht die kleinen Stückchen vom Glück am Wegesrand zu übersehen. Manche habe ich aufgehoben und bin bis heute froh darüber. Selbst über die Stückchen, die trügerisch waren. Sie haben mich dennoch weitergebracht. Ich habe immer etwas gelernt für meinen späteren Weg. Mein Kopf ist weiterhin voller Pläne, die ich noch verwirklichen will. Ich werde es in meinem Leben nicht schaffen, alle umzusetzen. Und das ist gut so...

Impressum

Texte: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Cover: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Lektorat: 2018, Jimi Wunderlich, Die Wunderlich(e) Edition
Tag der Veröffentlichung: 12.01.2018

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