Cover

Eins

Rambo

 

 

„Jule, mach die Tür auf! Ich muss ganz dringend!“ Rebecca steht mit zusammengepressten Oberschenkeln vor der Badezimmertür und bearbeitet mit beiden Fäusten selbige.

„Pa', sag ihr sie soll rauskommen, sonst mach ich mir in die Hosen“, bettelt sie ihren Vater an, der im Wohnzimmer im Sessel sitzt und den neues­ten Tagesanzeiger studiert.

Felix Trötenpieper denkt gar nicht daran, seine Zeitung abzusenken und wenigstens mit einem mitfühlendem Blick auf seine Tochter seine An­teilnahme an ihrem Schicksal auszudrücken. Stattdessen lässt er kleine Rauchwölkchen aus einer Tabakspfeife hinter der Zeitung aufsteigen und sagt nur: „Du weißt doch ganz genau, dass Jolantha mindestens eine halbe Stunde braucht, um sich schön zu machen. Und? Wie lange ist sie drin?“ Jetzt dreht Felix sein linkes Handgelenk und schaut auf die Uhr. „Zwanzig Minuten erst. Mach es doch wie Magda.“

Zwei Sekunden schaut Rebecca noch auf die Zeitung, hinter der sich immer noch ihr Vater versteckt, dann rennt sie los, hinter das Haus.

Das Haus ist ein Erbe seiner Eltern, die ihn recht spät geboren haben und somit beide nur noch den nahegelegenen Friedhof beanspruchen.

Sein Büro hat er in dem Zimmer eingerichtet, welches vorher als Schlafzimmer diente, als er noch mit seiner Frau zusammen lebte. Seitdem schläft er in der oberen Etage, in einer kleinen Kammer.

Schäferhund Cäsar, der eigentliche Chef der Trötenpiepers, hat sich jetzt neben Felix positioniert, um sich seine morgendlichen Streicheleinhei­ten abzuholen, die er auch anstandslos bekommt.

Als alleinerziehender Vater dreier pubertierender Mädchen kann man Felix weiß Gott nicht als den Glücklichen, so wie es sein Name eigentlich ausdrückt, bezeichnen. Gleich nach der Geburt des dritten Kindes hat sich seine Frau aus dem Staub gemacht.

Dafür müsste man nun Felix wiederum sehr bedauern, wenn man nicht wüsste, dass er dasselbe vor hatte, nur sie war schneller. Seitdem hat Felix auch nichts mehr von ihr gehört und in einer Vermisstenanzeige sah Felix nur die Gefahr, dass man sie tatsächlich wieder findet.

Mit seinem sehr lichten Haupthaar und einer Körpergröße von nicht einmal 170cm sieht Felix eher wie ein Bankangestellter von Fünfzig statt ein Privatdetektiv von Neununddreißig aus, was angesichts seiner allgemeinen Lebenssituation auch nicht verwundert.

Aus dem Polizeidienst hat man ihn entlassen, nachdem ihm doch etwas sehr unglücklich Bruno Göbel, ein schwerer Junge, abhanden gekommen ist, den man auch nie wieder fand. Wenigstens hat man Felix beim Aufbau der Privatdetektei unter die Arme gegriffen und versorgt ihn mit kleinen Fällen, für die sich die Polizei nun doch nicht so recht zuständig fühlt.

Gerade erst hat er einen Fall abschließen können und der enttäuschten Ehefrau mitteilen müssen, dass ihr Ehemann sie allenfalls mit dem Spielkasi­no betrügt.

Jetzt wartet er sehnsüchtig auf den nächsten Auftrag, denn Cäsar, Haus und Töchter kosten Geld.

Gut, man könnte ja nun der Meinung sein, dass die Töchter mit ihren Fünfzehn, Sechzehn und Siebzehn Jahren bald flügge sind und eine nach der anderen unter die Haube kommt, aber als der Herrgott die Schönheit verteil­te, hätten alle drei auch anwesend sein sollen, um sich ihren Anteil ab­zuholen; und so befürchtet Felix, dass sich die Männerwelt nicht unbedingt um seine drei Geschöpfe reißen wird.

Endlich kommt Jule, die Älteste, aus dem Bad. Felix wagt einen kurzen Blick und ist schon wieder hinter seiner Zeitung verschwunden. Die Lippen knallrot, der Rock zu eng und zu kurz für ihre strammen Ober­schenkel, genauso wie das Oberteil, deren Inhalt nur mit Mühe hinein passt.

Selbst Cäsar ist das zu viel und er legt eine Pfote auf seinen Kopf.

Felix gibt schon lange keinen Kommentar mehr dazu ab. Für Jolantha ist er einfach nur zu alt, die Mode der 1980-er Jahre zu verstehen, auch wenn Burgenstadt, ganz in der Nähe zu Österreich, alles andere als die Modeme­tropole Bayerns ist.

Jolantha hat einen Job mit viel Publikumsverkehr. Da muss sie sich einfach etwas mehr herrichten als üblich, sagt sie immer. Sie hat eine Ausbil­dungsstelle in einem Supermarkt, während Rebecca noch ein Jahr und Mag­dalena noch zwei Jahre die Schulbank drücken müssen.

Rebecca verschwindet im Bad. Magda als Jüngste, muss bis zuletzt warten. Nach nicht einmal zehn Minuten ist Rebecca schon wieder aus dem Bad. Was Jule zu viel aufgetragen hat, hat Rebecca zu wenig, nämlich nichts. Ein bisschen Rouge und Make-Up hätten ihrem Gesicht nicht geschadet.

Wenigstens war Rebecca als einzige anwesend, als der liebe Gott Figur verteilte, denn was Jule zu viel auf den Rippen hat, fehlt nun wiederum Mag­da, die eher einer Bohnenstange gleicht.

Aber was nutzt das Rebecca, wenn das Gesicht nicht halten kann, was die Fi­gur verspricht.

Nun müssen Felix und Cäsar noch auf Magdalena warten, damit sie endlich im Bad verschwindet. Sie zeigt allerdings keine große Eile beim Gang ins Bad. Cäsar bellt zwei Mal kräftig und schon erhöht Magda ihre Schrittzahl.

Nach dem gemeinsamen Frühstück verschwinden die drei in Super­markt und Schule und Cäsar kann endlich mit Felix an der Leine Gassi ge­hen.

Zwei

Es sieht imposant aus, zumindest von Weitem. Ein Schloss auf einem Hügel, umgeben von Wald, nur durch einen holprigen Weg erreichbar.

Keine Diebesbande würde auf die Idee kommen, diesem Schloss einen Besuch abzustatten. Wenn sie die 3km lange Holperpiste bewältigt haben, wartet die Polizei schon auf sie.

Seit mehreren Generationen ist das Schloss schon im Besitz der Adels­familie von Zauselberg, jetzt geführt mit harter Hand von Gräfin Mathilde von Zauselberg. Ihre gesamte Familie wohnt mit auf dem Schloss. Angefan­gen von Bruder Gunnar, des weiteren ihr Sohn Rudolf mit Frau Veronika und ihr Enkel Max mit Freundin Felicitas.

Mathilde gefällt das, denn jünger wird sie auch nicht, sagt sie sich. Und so versucht sie alle mit kleinen finanziellen Zuwendungen an sich zu binden, obwohl jeder, mehr oder weniger erfolgreich, einem bürgerlichen Beruf nachgeht.

Dass das Schloss ebenfalls mal wieder eine größere finanzielle Zuwendung gebrauchen könnte, ignoriert sie.

Verheiratet ist Mathilde immer noch mit August von Zauselberg, der aber 1978 für immer verschwand und nur hin und wieder mal von den Baha­mas Ansichtskarten schickt. Mathilde überwand den Schmerz recht schnell.

Im Moment ist sie in großer Sorge. Deshalb klopft sie nun auch an Gunnars Tür. Ihr Bruder war nie verheiratet, ist Siebenundsiebzig und somit ein Jahr älter als seine Schwester.

Gunnar sitzt an einem massiven Schreibtisch vor einem Berg von Pa­pieren. Er schaut über den Brillenrand auf Mathilde und deutet ihr an, in ei­nem Sessel Platz zu nehmen, denn wenn Mathilde ihn in seinem Zimmer aufsucht, muss es einen gewichtigen Grund haben.

„Was soll ich tun, Gunnar?“, beginnt Mathilde zu klagen; wenn sie auch sonst eine rigorose Frau ist, geht es um ihren Rambo wird sie zahm. „Die Polizei hat angeblich zwei Tage nach Rambo gesucht. Sie hätten schwe­rere Fälle aufzuklären, als nach einem entlaufenen Hund zu suchen. Mein Rambo läuft nicht weg. Der wurde entführt. Ich soll mal diese Nummer anru­fen. Ein Privatdetektiv.“ Mathilde reicht Gunnar einen Zettel.

„Schau dir mal diesen Namen an. Wer so heißt findet doch meinen Rambo nicht.“

Gunnar versucht den Namen zu buchstabieren. „Was bleibt dir anderes übrig, Mathilde“, sagt nun Gunnar. „Ruf ihn an, wenn du Rambo wiederha­ben willst, Außerdem, was sagt schon ein Name über den Menschen aus. Mach dir ein eigenes Bild von ihm.“

„Da hast du wohl recht. Ich werde ihn anrufen müssen.“ Gunnar ist der Ein­zige, dessen Rat Mathilde ernst nimmt.

„Aber was das wieder kosten wird, Gunnar!“, ist noch ihr Einwand, be­vor sie das Zimmer verlässt. Gunnar schaut ihr wortlos über den Brillenrand nach.

Drei

Felix ist gerade mit Cäsar zur Tür herein, als das Telefon klingelt. Seine Begeisterung hält sich in Grenzen, als er von dem Auftrag hört, aber ab­lehnen kommt nicht infrage. In der Not frisst der Teufel Fliegen.

Er verspricht am Nachmittag Mathilde zu besuchen, um Näheres zu erfahren.

Felix ist schon zigmal auf der Bundesstraße an diesem holprigen Weg, der zur Burg hoch führt, vorbei gefahren, aber noch nie zur Burg hinauf. Was soll man aber auch da oben, wenn es keinen Grund dafür gibt.

Nachdem Felix den Weg in Augenschein genommen hat, entschließt er sich, ihn mit Cäsar zu Fuß zu bewältigen. Das will er seinem erst acht Jahre alten Opel nicht zumuten. Und Cäsar hat gleich seinen Auslauf.

Er parkt seinen Wagen auf einem kleinen Parkplatz und macht sich mit Cäsar auf den Weg.

Etwas außer Atem kommt Felix, nicht aber Cäsar, an der Hauptpforte an und klingelt. Es ist ein großes Tor mit einer zusätzlich eingebauten klei­nen Tür. Das Tor muss nur geöffnet werden, wenn Autos hinein oder heraus wollen.

Gunnar öffnet. Die Zeiten von Dienstpersonal sind bei den von Zausel­bergs schon lange vorbei.

Eine große Fläche bietet Platz für mehrere Autos und einem kleinen LKW. Der LKW steht vor einer Rampe, die ein bequemes Abladen von Ware ermöglicht, denn gegessen und getrunken wird bei Zauselbergs wie zu alten adligen Zeiten.

Mathilde und Gunnar haben ihre Zimmer zur ruhigen Seite des Schlos­ses. Sie wollen nicht gestört werden, wenn am späten Abend oder schon am frühen Morgen die Autos von Sohn Rudolf oder Enkel Max ankommen oder abfahren.

Auf der rechten Seite stehen zwei langgestreckte flache Gebäude, die früher wohl mal Stallungen für Pferde waren.

Das ganze Schloss ist großzügig und weitläufig unterkellert. Mathilde und Gunnar haben dieses Kellergewölbe schon seit vielen Jahren nicht mehr betreten. Als Kinder sind sie mit Grausen in diesen Keller geschickt worden, nur mit einer Kerze in der Hand, um irgend etwas herauf zu holen. Jetzt gibt es wenigstens elektrisches Licht. Aber trotzdem bringt sie niemand mehr dazu, dort hinunter zu gehen.

Felix und Cäsar werden in das Haupthaus zu Mathildes Gemach geführt. Mathilde macht in ihrem großen Sessel einen sehr adligen Eindruck. Felix deutet einen Handkuss an.

„Gnädige Frau, Felix Trötenpieper, Privatdetektiv, und Cäsar“, sagt Fe­lix und blickt ganz kurz zu Cäsar, der brav neben Felix Platz genommen hat und Mathilde anschaut.

Mathilde ist begeistert über diese Höflichkeit alter Schule. „Sie glauben ja gar nicht, wie ich mich freue, Herr Krötenp...“

„Trötenpieper, Gnädige Frau“, unterbricht Felix schnell, bevor der Schaden noch größer wird.

„Oh Entschuldigung, Herr Trötenschieber.“

„Nennen Sie mich doch einfach Felix, Gnädige Frau. Das vereinfacht die Sache ungemein“, sagt Felix, denn er hat keine Hoffnung mehr, dass Gnädige Frau in ihren verbleibenden Lebensjahren den Namen noch unfall­frei über die Lippen bringt.

„Danke, Herr... äh, Felix. Das ist sehr nett von Ihnen.“

„Also, Rambo Ihr Hund ist entlaufen. Darf ich davon ausgehen, dass Rambo ein größerer Hund ist? Welcher Rasse gehört er denn an?“

Gunnar betritt wieder das Zimmer, mit einem Tablett, auf dem eine Teekanne, Zuckerdose und zwei Tassen stehen. In adligen Kreisen trinkt man Tee, keinen schnöden Kaffee. Felix wäre aber ein schöner starker Kaffee lie­ber gewesen.

Gunnar gießt ein. Vor hundert Jahren hätte Gunnar den perfekten Die­ner abgegeben. Groß, drahtig; wie man sich halt einen Diener vorstellt.

„Entlaufen!?“, ruft Mathilde entsetzt. „Mein Rambo entläuft nicht. Der wur­de entführt. Er gehört zur Rasse der Zwergpinscher.“

„Zwergpinscher?!“, ruft nun Felix seinerseits entsetzt und muss ein La­chen unterdrücken. „Und dann Rambo?“

„Wissen Sie, Felix. Mir hat dieser Film sehr gut gefallen, mit diesem... äh...diesem..., der heißt wie der letzte Tag im Jahr.“

„Sylvester Stallone“, springt ihr Felix zur Seite.

„Ja, genau. Sylvester Stallone. Seit ich Rambo so nenne, bellt er auch schon viel lauter.“

Felix muss sich beherrschen. Mit Mühe kann er die Tasse absetzen ohne etwas zu verschütten.

„Wer könnte einen Grund haben, Rambo zu entführen?“, fragt er, nachdem er sich etwas beruhigt hat.

„Niemand! Meine ganze Familie wohnt mit auf dem Schloss und jeder der gerade Zeit hat, geht mit Rambo Gassi, weil alle Rambo lieb haben. Ich kann leider nicht mehr mit ihm Gassi gehen.“

„Aber jemand muss doch Rambo entführt haben, wenn er nicht selbst weggelaufen ist.“ Felix ist schon etwas verzweifelt.

„Wenn ich wüsste wer Rambo entführt hat, müsste ich nicht Sie enga­gieren.“

„Da haben Sie natürlich auch recht, Gnädige Frau.“

Gunnar steht wieder im Zimmer. Felix ist froh den letzten Schluck Tee geschafft zu haben, aber Gunnar hat schon nachgegossen. Felix schaut in die wieder volle Tasse und bedankt sich bei Gunnar dafür. Zum Glück sieht er jetzt die Zuckerdose und wirft ein paar Löffel davon ein.

„Könnte jemand Rambo einfach laufen gelassen haben, weil er absolut keine Lust mehr aufs Gassi gehen hat?“, fragt nun Felix und nimmt einen kleinen Schluck von seinem stark gezuckertem Tee. Anerkennend wiegt er den Kopf.

„Auf gar keinen Fall. Das würde sich keiner trauen und Rambo wäre nach einer Stunde von selbst wieder da“, protestiert Mathilde.

„Können Sie mir zeigen, wo Rambo untergebracht ist? Ich muss mir natürlich über alles ein Bild machen, das verstehen Sie doch.“

„Natürlich“, antwortet Mathilde und versucht aus ihrem Sessel zu kommen. Felix hilft ihr dabei.

Sie laufen an der Seite des Haupthauses entlang und da steht auch schon Rambos Hundehütte, oder besser gesagt, Hundehaus. Mindestens zehn Zwergpinscher würden da hinein passen. Auch Auslauf, wenn niemand Zeit hätte mit ihm Gassi zu gehen, hätte er genügend.

Felix muss sich nicht einmal sehr bücken, um hineinschauen zu kön­nen. Er hat nun auch alle Mühe Cäsar von einer eingehenden Inspektion ab­zuhalten, der, wenn er Mensch wäre, jetzt gelb vor Neid werden würde.

In seine Hundehütte würden nur drei Zwergpinscher passen, aber dafür ist Cäsar auch mindestens vier mal so groß wie ein Zwergpinscher.

Nein, dieses Hundeleben gibt kein Hund freiwillig auf, muss sich nun auch Felix eingestehen.

„Alle Achtung, Gnädige Frau“, kann da Felix nur sagen. „Wenn ich noch einmal geboren werde, dann nur als Rambo bei Gnädiger Frau.“

„Oh, danke Herr...Felix.“ Das schmeichelt Mathilde doch sehr und Fe­lix hat dabei auch an sein Honorar gedacht.

„Ich würde mich gern zu jeder Zeit auf Ihrem Anwesen frei bewegen können, wegen der Spuren, die Rambo mit Sicherheit hinterlassen hat. Viel­leicht kann Cäsar mir dabei sogar helfen. Wäre das möglich, Gnädige Frau?“

„Aber natürlich, Felix. Alles was zur Auffindung von Rambo beiträgt, ist Ihnen erlaubt. Ich werde meinen Bruder davon in Kenntnis setzen, dass er Sie empfangen soll, wann immer Sie erscheinen.“

Das gefällt Felix.

„Ich gehe doch einmal davon aus, dass Rambo ein ER ist, ist das rich­tig?“ Felix sieht jetzt Mathilde fragend an. Sie blickt selbst etwas ratlos drein und sagt nur: „Ich denke schon. Auf jeden Fall hebt er immer dabei sein Bein.“

Felix schmunzelt.

„Nun müssen wir aber auch noch das finanzielle klären, Gnädige Frau.

Bis zu welcher Summe würden Sie denn gehen, um Rambo wieder zu be­kommen?“ Diese Frage hat Felix schon lange stellen wollen, aber jetzt erst den richtigen Zeitpunkt gefunden.

„Sie bekommen heute die ersten fünfhundert DM. Bei spätestens fünf­tausend müssen wir Schluss machen. Ich hoffe, Sie finden ihn vorher.“

Fünftausend, der Auftrag ist doch nicht so schlecht, wie ich dachte, denkt Felix.

„Das hoffe ich auch, Gnädige Frau. Aber Sie wissen, dass es nicht ein­fach wird, einen Hund wiederzufinden. Wir wollen hoffen, dass er sich noch hier in der Nähe befindet und nicht womöglich schon irgendwo in Öster­reich.“

„Geben Sie sich die allergrößte Mühe, Felix. Rambo ist mit Sicherheit nicht in Österreich und nun kommen Sie noch einmal mit herein.“

Das macht Felix gern, sein erstes Honorar abholen. „Und du wartest schön hier“, sagt Felix zu Cäsar. „Und...!“, Felix blickt Cäsar mit erhobenen Zeigefinger an, wackelt mit diesem und blickt zum Hundepalast.

Cäsar hat verstanden.

Felix holt sein erstes Geld und Cäsar wirft noch einmal von Weitem einen neidischen Blick auf die Traumhütte.

Vier

Die Wohneinheit von Rudolf und seiner Frau Veronika besteht aus einem großen Wohnzimmer mit sich direkt anschließendem Schlafzimmer. Ebenso ist die Wohneinheit von Max mit Freundin Felicitas aufgebaut. Küche und zwei Bäder teilen sich alle im Schloss Wohnenden.

Die Einschränkungen in Sachen Luxus nehmen alle gern in Kauf, woh­nen sie doch hier mietfrei.

Rudolf hat seinen Sohn Max und Felicitas in seine Wohnung gebeten, um mit ihnen die neueste Situation zu besprechen.

Max läuft mit geballten Fäusten in den Hosentaschen im Zimmer auf und ab.

„Setz dich endlich hin. Du nimmst mir die Ruhe“, sagt aufgebracht Rudolf, der das Auf und Ab nicht mehr erträgt.

Widerwillig setzt sich Max auf einen Stuhl.

„Jetzt haben wir diesen Schnüffler auf dem Hals. Wo ist dieser ver­dammte Köter hin?“, platzt es nun aus ihm heraus.

„Reiß dich zusammen Max, du sprichst von Rambo“, muss ihn nun Rudolf in die Schranken weisen.

„Wir müssen ihn gewähren lassen, wenn er oder Mathilde keinen Ver­dacht schöpfen sollen. Wenn er das nächste Mal hier auftaucht, werde ich mit ihm reden. Wir haben genau so Interesse daran, dass Rambo so schnell wie möglich wiedergefunden wird, aber in den Keller darf er nicht. Ich will nicht, dass er mit seinem Hund da unten herum schnüffelt, wo Lebensmittel lagern. Das wird er hoffentlich verstehen.“

Rudolf schaut sich in der Runde um, ob jemand dazu etwas zu sagen hat.

Veronika, seine Frau, meldet sich zu Wort: „Hoffentlich bringt ihn nicht genau das auf die Idee, im Keller zu schnüffeln. Du weißt doch, was verboten ist, macht man gerade gern.“

„Wir müssen eben aufpassen. Wir werden ihn so gut es geht bei der Su­che unterstützen. Je eher Rambo gefunden wird, umso besser.“

„Hoffentlich wird er überhaupt noch gefunden“, wirft Max' Freundin Felicitas ein, die gerade dabei ist ihre Fingernägel mit einer Feile zu bearbei­ten. „Ansonsten kann die Schnüffelei noch sehr lange dauern.“

„Wir wollen mal nicht vom Schlimmsten ausgehen. Egal ob tot oder le­bendig, Rambo muss gefunden werden. Ich rede mit dem Schnüffler. Über­lasst das getrost mir.“

Keiner der anderen hat etwas dagegen, wenn Rudolf diese Sache über­nehmen will.

 

Felix versucht sein weiteres Vorgehen im Fall Rambo auszuarbeiten. Gleich am nächsten Tag will er wieder zum Schloss. Er setzt große Hoffnung in Cäsars Spürnase. Rambo hat auf jeden Fall Spuren hinterlassen, die Cäsar finden wird.

Felix ist über diesen Gedanken so glücklich, als ob Cäsar schon gelie­fert hätte.

Er geht in die Küche, wo Magda am Tisch sitzt und einen Salat in sich hineinstopft.

„Willst du nicht auch mal etwas Festes zu dir nehmen?“, fragt er.

Magda kann nur mit dem Kopf schütteln, weil sie gerade wieder ein Salat­blatt nachschiebt.

„Du musst ja nicht die Figur von Jule annehmen, das sehe ich ja ein. Aber wenigstens von Rebecca“, sagt Felix, obwohl er genau weiß, dass alles reden sinnlos ist.

Magda hat ihren Mund leer und kann nun antworten: „Zu dick für eine Modelkarriere.“

„Du willst Model werden?“, fragt Felix erstaunt. „Vorige Woche war es doch noch Moderatorin im Fernsehen.“

„Alle Mädchen in meiner Klasse wollen Model werden“, sagt Magda gelangweilt und spießt das nächste Salatblatt auf.

„Aha! Alle! Und wie viel werden es schaffen?“

„Nur eine. Ich!“

Darauf fällt Felix nichts mehr ein. An mangelndem Selbstbewusstsein wird meine Tochter auf jeden Fall nicht zugrunde gehen, denkt Felix und er verlässt die Küche, in der Hoffnung, dass vielleicht schon morgen ein neuer Berufswunsch in Magdas Kopf reift.

Felix hat sich entschlossen seine weiteren Nachforschungen mit dem Auto durchzuführen. Er hat keine Lust die 3km zum Schloss mit Cäsar wie­der zu laufen.

Im Schritttempo, mitunter noch langsamer, quält er sich den Berg hin­auf, immer auf der Hut, mit dem Unterboden seines Autos nicht aufzusetzen. Nach der Hälfte der Strecke hat er diese Idee schon bereut. Zu Fuß wäre er schon oben. Und dann die Strecke wieder hinunter, denkt Felix. Wie machen die das nur mit dem LKW?, fragt sich Felix. Aber auch ein LKW kann im Schritttempo, oder langsamer, fahren.

Endlich ist er oben und klingelt. Gunnar öffnet die kleine Tür und gleich darauf das Tor, damit Felix auf den Hof fahren kann.

Felix steigt aus und auch Cäsar springt aus dem Auto.

Gunnar begrüßt ihn, ohne ihn beim Namen zu nennen. Sicher ist sicher, sagt sich Gunnar.

„Herr von Zauselberg, können Sie mir einen Gegenstand von Rambo geben, mit dem er viel gespielt hat?“, fragt Felix.

„Aber natürlich, kommen Sie mit.“

Alle drei gehen zu Rambos Hundepalast. Gunnar verschwindet darin und Cäsar knurrt nur leise. Sicher ein Zeichen, dass er Gunnar gern gefolgt wäre.

Gunnar kommt wieder heraus, in der Hand einen großen Knochen aus Plastik.

„Da kaute Rambo gern darauf herum“, sagt Gunnar und übergibt ihn Felix. Der streift sich schnell einen Handschuh über.

„Wir wollen doch mal sehen, ob Cäsar auch als Fährtenhund was taugt.“

Felix hält den Knochen Cäsar unter die Nase.

„Deutscher Schäferhund“?, fragt Gunnar.

Felix nickt stolz.

„Sie kommen sicher jetzt allein zurecht. Den Knochen können Sie be­halten, bis Rambo gefunden ist. Ich lasse das Tor auf, bis Sie fertig sind.“

„Danke, Herr von Zauselberg. Ich denke schon, dass ich jetzt zurecht komme.“

Gunnar geht wieder in das Haus.

Das ist der Moment, auf den Rudolf gewartet hat. Er tritt auf Felix zu und begrüßt ihn.

„Guten Tag, Herr Trötenpieper. Ich bin Rudolf von Zauselberg, der Sohn der Gräfin. Ich freue mich, dass Sie den Auftrag angenommen haben, unseren Rambo wiederzufinden.“

Felix ist begeistert, dass der erste seinen Namen unfallfrei ausgespro­chen hat.

„Freut mich Sie kennenzulernen, Herr von Zauselberg. Ich hoffe, dass Cäsar eine Spur aufnehmen kann.“ Felix schüttelt dabei kräftig Rudolf die Hand.

„Wissen Sie was?, nennen Sie mich einfach Rudolf. Der Name ist doch etwas zu lang“, sagt Rudolf mit einem Lächeln, in der Hoffnung, Felix' Ver­trauen zu gewinnen.

„Danke, sehr gern. Und mich nennen Sie Felix. Meinem Namen geht es nämlich nicht viel besser“, sagt Felix lächelnd.

Rudolf beugt sich etwas zu Felix und deutet einen Flüsterton an.

„Soll ich Ihnen etwas verraten? Ich habe eine Weile geübt, bei Ihrem Namen.“

Felix sagt lachend: „Das kann ich gut verstehen.“

„Ein Prachtstück, Ihr Cäsar“, sagt Rudolf und streicht ihm vorsichtig über den Kopf. „Wir sind alle sehr daran interessiert, dass Rambo so schnell wie möglich gefunden wird“, fährt er fort und das ist nicht einmal gelogen.

„Meine Mutter ist mit Rambo keine einfache Person, da können Sie sich vorstellen, wie sie ohne Rambo ist.“

„Ihre Mutter ist doch eine liebenswerte Person, Rudolf. Ich habe sie nicht anders kennengelernt.“

„Ja!“, lacht Rudolf. „Sie sollen ja auch Rambo wiederfinden und auch wir sind daran interessiert, dass er schnell wieder gefunden wird. Aber um eins muss ich Sie bitten, das Sie nicht mit Cäsar in den Keller gehen. Wir ha­ben da unsere gesamten Lebensmittel liegen und ich möchte nicht, dass Cä­sar an den Lebensmitteln herumschnüffelt. Ich hoffe, Sie verstehen das.“

Felix überlegt einen Moment und bevor er dazu etwas sagen kann fährt Rudolf schon fort: „Ich kann Ihnen versichern, dass Rambo noch nie in die­sem Keller war und auch nicht dort ist.“

Felix ist etwas überrascht. Es kommt ihm schon eher als Verlangen, denn als Bitte vor.

„Wenn Rambo noch nie in dem Keller war, wird Cäsar auch keine Spur in den Keller finden. Also gibt es dann auch keinen Grund für mich, diesen Keller zu besuchen.“

Rudolf hört das mit Wohlwollen. „Das sehe ich auch so, Felix. Und nun möchte ich Sie nicht länger von Ihrer Arbeit abhalten.“

Rudolf verabschiedet sich freundlich und geht wieder ins Haus.

Felix' Interesse an dem Keller ist geweckt. Aber den will er sich für später vornehmen. Auch muss er erst einmal einen Plan machen, wie er da überhaupt unbemerkt hinunter kommt. Dass Rambo nicht da unten ist, glaubt auch er, und wenn, dann nur tot.

Im Moment interessiert ihn nur, ob Cäsar eine Spur aufnehmen kann. Er lässt ihn noch einmal kräftig an dem Knochen schnüffeln, dann lässt Felix ihn an der langen Leine laufen.

Cäsar dreht sich auf dem Hof ein paar mal im Kreis, bevor er zum Tor hinaus läuft. Ein Stück geht es den Weg hinunter, bis Cäsar die Spur verliert. Hier scheint sich Rambo beim Gassi gehen regelmäßig nach links oder rechts in die Büsche zu schlagen.

Felix muss diese Spur abbrechen und geht mit Cäsar wieder zurück. Auf dem Hof wieder angekommen, verlangt Cäsar noch einmal nach dem Knochen. Nun hat er eine neue Spur aufgenommen. Er läuft auf dem Hof hin und her, aber die Kellertreppe interessiert ihn nicht, bis er endlich hinter dem Lastwagen steht. Die Klappe ist noch unten und die Plane nach oben ge­schlagen. Mit einem Sprung ist Cäsar oben und bellt einmal.

„Cäsar, runter!“, ruft Felix und Cäsar ist schon wieder unten. Anerken­nend streicht Felix ihm über den Kopf. „Gut gemacht, Cäsar!“

Und Cäsar blickt stolz zu Felix hoch.

Was wollte Rambo auf dem Lastwagen, fragt sich Felix. Wurde er ir­gendwo hin gebracht? Oder ist er freiwillig mitgefahren? Auf jeden Fall ist sich Felix sicher, dass mit diesem Lastwagen nicht nur Lebensmittel trans­portiert werden.

Fünf

Max von Zauselberg hat seinen Koffer gepackt. Eine Woche Bahamas mit Felicitas, seiner Freundin, stehen an. Auch sie hat ihren Koffer fertig, der aber doppelt so groß wie der von Max ist.

Morgen in aller Frühe soll es los gehen, aber heute schon will er sich von seinem Vater und der Mutter verabschieden, denn es gibt noch etwas zu besprechen.

Auch bei seiner Oma Mathilde will er noch einmal vorbei schauen, und sich noch ein paar Scheine Urlaubsgeld abholen. Die will er auf keinen Fall liegen lassen.

Rudolf sitzt am Tisch und schreibt. Veronika sitzt in einem Sessel. Er scheint sich sehr große Mühe beim Schreiben zu geben. Jetzt ist er fertig und betrachtet sein Werk. Mit einem Blatt Löschpapier geht er noch einmal über das Geschriebene, dann hält er die Karte Max hin, der ebenfalls in einem Sessel Platz genommen hat. Max steht auf und holt sich die Karte ab. Eine schöne Stadtansicht von Nassau auf den Bahamas, ist auf der Vorderseite zu sehen. Die Rückseite eng beschrieben, in schöner altdeutscher Schreibschrift.

„Exzellent, wie du das immer hinbekommst“, kann Max darauf nur sa­gen und wiegt anerkennend mit dem Kopf.

„Habe genügend schlechte Klassenarbeiten mit seinem Namen unter­schrieben“, antwortet Rudolf lächelnd. „Ich hoffe doch, dass du das nicht machen musstest, aber etwas besser als ich warst du wohl in der Schule.“

„Ich wäre sofort aufgeflogen. Deine Schrift kann keiner kopieren.“ Max betrachtet weiter die Karte.

„Vergiss sie nicht bei der Post aufzugeben. Und wenn du noch einmal zu deiner Oma gehst, euer Reiseziel ist Mallorca und nicht Bahamas. Sie soll ruhig weiter daran glauben, dass August ihr die Karten schickt.“

„Nein, nein. Ich passe da schon auf!“

„Viel Spaß im Urlaub“, sagt Veronika und nimmt ihren Sohn noch ein­mal in den Arm. Dann geht Max zu Mathilde.

„Mein Junge!“, freut sich Mathilde und streckt ihm beide Arme entge­gen, als Max zur Tür herein tritt. Schon von Weitem kann Max ein paar große Scheine auf dem Tisch erkennen und seine Begrüßung fällt dement­sprechend freundlich aus. Er beugt sich zu Mathilde hinunter, die im Sessel sitzt, und will sie gar nicht mehr loslassen.

Endlich nimmt er im anderen Sessel Platz.

„Das ist aber auch schön, dass es diesmal mit eurem Urlaub so gut ge­klappt hat. Es passiert ja nicht so oft, dass ihr beide zusammen Urlaub be­kommt.“

Mathilde strahlt Max an.

„Das stimmt leider, Oma. Aber damit müssen wir leben“, kann Max darauf nur antworten.

Max arbeitet als Pfleger im städtischen Krankenhaus und ebenso Feli­citas als Krankenschwester, wo sie sich auch vor zehn Jahren kennengelernt haben. Ihr vollkommen systemloser Schichtdienst ermöglicht ihnen aber auch ein Kommen und Gehen auf dem Schloss, das an keine Regeln gebun­den ist. Selbst wenn Max mitten in der Nacht mit dem Lastwagen noch ein­mal unterwegs sein müsste, könnte er berufliche Gründe dafür angeben. Aber da Mathilde und Gunnar zur anderen Seite des Schlosses ihre Wohnungen haben, würden sie davon nichts mitbekommen.

„Aber, Max, pass' auf, ich habe gehört, es soll immer schlimmer wer­den, mit dieser Trinkerei auf Mallorca.“

„Oma, ich bin Achtundzwanzig und fast schon raus aus diesem Alter“, kann Max darauf nur lachend antworten.

„Mein August war mit Achtundzwanzig noch lange nicht aus diesem Alter. Dieses langweilige Schlossleben war wohl nichts für ihn. Wenigstens schickt er hin und wieder mal eine schöne Ansichtskarte“, sagt Mathilde und blickt in Gedanken viele Jahre zurück.

„Hauptsache es geht ihm gut“, fügt Mathilde noch hinzu und blickt nun auch wieder Max an, der es aber vorzieht, seine Oma dabei nicht anzuschau­en.

„Da, Max, kannst du einstecken“, sagt Mathilde und zeigt auf den Tisch.

„Dankeschön, liebe Oma“, antwortet Max und drückt Mathilde noch einen dicken Kuss auf die Wange. Dann steht er auf, packt die Zweihundert DM ein und verabschiedet sich noch einmal bei Mathilde.

 

Jolantha hat gekocht. Heute gibt es einen großen Topf mit Spaghetti und Tomatensoße. Wenn Jolantha kocht, gibt es immer einen großen Topf mit Spaghetti und Tomatensoße.

In Burgenstadt ist heute Feiertag und da braucht Jolantha nicht in den Supermarkt und die anderen beiden auch nicht in die Schule.

Deshalb mag Felix keine Feiertage und auch keine Sonntage. Ihm sind diese Tage ein Gräuel.

Seine Detektivarbeit an diesen Tagen fortzusetzen würde ihm aber auch nicht einfallen. Schließlich leben sie in Burgenstadt, im erzkonservati­vem Bayern; da hat der Herrgott an diesen Tagen jegliche Arbeit verboten. Für Schulen und Supermärkte hätte er schon eine Ausnahme machen können.

Felix hat sich wieder hinter seinem Stadtanzeiger verschanzt, den er gestern schon gelesen hat, und wartet bis Jule zum Essen ruft.

Endlich ist es soweit und Felix nimmt am Tisch Platz. Jule hat sich ih­ren tiefen Teller voll gepackt und auch ein paar Spaghetti bei Magda auf den Teller gelegt, damit sie überhaupt etwas isst.

Von den zehn Spaghetti bleiben bestimmt wieder fünf auf dem Teller zurück, denkt Felix und beobachtet, wie Magda angewidert auf den Teller starrt. Sie sieht schon wieder ihre angestrebte Modelkarriere den städtischen Bach runter gehen.

Rebecca packt sich selbst Spaghetti auf den Teller, so wie es sich für eine Sechzehnjährige gehört.

Warum müssen alle drei so unterschiedlich geworden sein, denkt Felix, während er sich nun auch bedient.

Nur an den Gesichtern sieht man, dass sie Schwestern sind, aber die hält Felix auch für weniger gelungen.

Jule zieht genüsslich ihre Spaghetti ein. Soßenspritzer, die nicht auf ih­rer Serviette landen, befinden sich dann auf dem Tisch oder in ihrem Gesicht.

Magda ist schon fertig. Es sind nur vier Spaghetti übrig geblieben. Fe­lix schöpft Hoffnung.

Jetzt noch ein schönes Nickerchen, dann eine große Runde mit Cäsar und schon ist dieser schreckliche Tag wieder Geschichte, denkt Felix und begibt sich in sein Zimmer. Den Abwasch erledigen seine drei Schönheiten, darauf kann sich Felix verlassen.

*

Mathilde hat Felix telefonisch gebeten, sie doch wieder einmal besu­chen zu kommen, zum Tee. Sie ist neugierig, ob Felix schon neueste Er­kenntnisse hat.

Felix hat zugesagt, aber nur unter der Bedingung, dass er einen schö­nen starken Kaffee bekommt. Das hat er ihr so diplomatisch wie möglich versucht klarzumachen. Mathilde hat es ihm lachend versprochen.

Seit ein paar Tagen ist Max mit Felicitas im Urlaub und auf dem Schloss ist es nun noch ruhiger geworden.

Rudolf ist tagsüber in einer Spedition beschäftigt und seine Frau Vero­nika ebenfalls, sie in der Buchhaltung.

Mathilde braucht etwas Unterhaltung, gerade jetzt, wo ihr Rambo schon eine gefühlte Ewigkeit verschwunden ist. Mit ihrem Bruder Gunnar werden die Gesprächsthemen auch immer weniger.

Felix hat Platz genommen und bekommt von Gunnar seinen geliebten Kaffee serviert. Mathilde freut sich, dass sie Felix damit eine Freude machen kann.

Cäsar hat Felix heute zu Hause gelassen. Ein wenig Auslauf hat er ja hinter dem Haus, wenn auch nicht gerade sehr viel.

„Nun, mein lieber Felix“, beginnt Mathilde ganz vertraulich. „Haben Sie schon gute Nachrichten?“

Felix überlegt angestrengt. Er will Mathilde etwas anbieten, aber auch nicht zu viel verraten. Auf keinen Fall etwas von der Spur auf dem LKW.

„Ja, Gnädige Frau. Cäsar hat eine Spur aufgenommen, der ich auf je­den Fall nachgehen werde. Ich will Sie aber nicht zu sehr in Euphorie verset­zen, nicht, dass die Enttäuschung dann zu groß wird, wenn die Spur sich als unbrauchbar herausstellt. Aber ich würde es erst einmal als heiße Spur be­zeichnen.“

Mathilde ist begeistert. „Das hört sich doch schon großartig an, Felix. Sie bekommen alle Unterstützung von mir, aber bitte finden Sie meinen Rambo.“

„Ich bin mir sicher, Gnädige Frau, ich finde Rambo.“

Mathildes Augen leuchten.

„Darf ich Sie fragen, Gnädige Frau, wie die Wohneinheiten in Ihrem Schloss angeordnet sind?“

„Ja, warum denn nicht“, antwortet Mathilde. „Mein Bruder Gunnar und ich haben die Wohnungen zur anderen Seite des Schlosses. Wir brauchen unseren Schlaf in der Nacht. Die Wohnungen von Rudolf und Max gehen auf den Hof hinaus.“ Mathilde nippt an ihrem Tee.

„Im Moment ist es ziemlich ruhig geworden auf dem Schloss“, fährt sie fort und nimmt nun einen größeren Schluck.

Felix hat seinen Kaffee ausgetrunken.

„Möchten Sie noch einen Kaffee, Felix?“, fragt Mathilde.

„Ja, gern.“

Mathilde ruft Gunnar und er ist auch schon bald wieder mit dem Kaf­fee im Zimmer.

„Wo waren wir doch gerade stehen geblieben?“, fragt Mathilde und fasst sich an den Kopf.

Felix überlegt auch einen Moment. „Auf dem ruhigen Schloss“, sagt Felix schließlich.

„Ach ja“, kommt es von Mathilde. „Mein Enkel Max ist doch seit ein paar Tagen mit seiner Freundin im Urlaub, auf Mallorca. Da ist es nun noch ruhiger hier.“

„Aha! Auf Mallorca. Wie lange haben sie denn Urlaub?“, fragt Felix.

Mathilde überlegt. „Insgesamt eine Woche. Aber sie sind erst drei Tage weg. Er hat sogar schon einmal angerufen. Sie haben wunderbares Wetter, sagt er. Sie haben sich den Urlaub aber auch verdient. Die Arbeit im Kran­kenhaus ist sehr anstrengend; er als Pfleger und sie Krankenschwester.“

Felix hört interessiert zu. „Eine schöne Ansichtskarte hat Ihnen Max noch nicht geschickt?“, fragt Felix.

„Nein, Max schreibt nicht gern. Er sagt immer, anrufen ist viel persön­licher. Aber, stellen Sie sich einmal vor, von meinem August habe ich mal wieder eine Ansichtskarte erhalten.“

Mathilde erhebt sich und geht an den Sekretär. Aus einem Schubfach holt sie eine Karte und reicht sie Felix. Eine Stadtansicht von Nassau mit an­grenzendem Strand.

Felix versucht das Geschriebene mit der Hand zuzuhalten, seine Höf­lichkeit verbietet es ihm, die Karte zu lesen. Nur einen flüchtigen Blick wirft er auf den Poststempel und kann den Namen Nassau erkennen.

Also, von den Bahamas ist die Karte auf jeden Fall abgeschickt, denkt Felix.

„Eine wirklich schöne Handschrift hat Ihr Mann“, sagt Felix und reicht die Karte wieder Mathilde.

„Ja, schön schreiben konnte August schon immer. Das muss wohl auch Rudolf von ihm geerbt haben. Er kann auch sehr schön schreiben.“

„Ein Foto hat Ihnen Ihr Mann aber noch nicht geschickt?“

„Nein, er hat keine Lust Briefe zu schreiben. Das Foto müsste ja dann in ein Kuvert. Ich soll mich mit den Ansichtskarten begnügen. Es geht ihm gut, schreibt er. Das ist ja auch die Hauptsache. Obwohl ich ihm immer noch ein bisschen böse bin, dass er damals so Hals über Kopf das Weite gesucht hat. Ich dachte immer, er ist glücklich hier auf dem Schloss, zusammen mit mir. Schließlich kam er nur aus einfachsten bürgerlichen Verhältnissen und so ein Schlossleben ist doch damit nicht zu vergleichen. Meinen Sie nicht auch, Felix?

„Das mag schon sein, aber auf jeden muss das nicht zutreffen.“

„Vielleicht haben Sie recht, Felix. Hauptsache, er ist jetzt glücklich.“

Felix ist zufrieden mit dem Gehörten. Er weiß zwar noch nicht, wie das alles mit dem Verschwinden Rambos zusammenhängt, aber irgendetwas stimmt nicht auf Schloss Zauselberg. Und vor allem mit August von Zausel­berg.

Ihm kommt jetzt eine Idee und hofft, das Mathilde darauf eingeht.„Würden Sie mir denn diese Karte für eine Weile überlassen? Sie bekommen sie ganz bestimmt wieder“, fragt er.

„Aber was wollen Sie denn mit der Karte? Meinen Rambo finden Sie doch damit nicht.“

Mathilde schaut Felix mit großen Augen an.

„Nein, Rambo nicht, aber mit Sicherheit Ihren Mann. Vielleicht könnte ich ihn dazu bringen, Ihnen etwas mehr zu schicken, als nur eine Postkarte. Sie müssen zugeben, das ist doch etwas dürftig.“

„Da haben sie wohl recht, aber Sie sollen Ihre Zeit nicht mit der Suche nach August vertrödeln, sondern Rambo finden.“

„Das würde ich natürlich erst tun, wenn ich Ihnen Rambo zurückge­bracht habe.“

„Wenn Sie mir Rambo gebracht haben, können Sie gern versuchen Au­gust dazu zu bringen mir auch einmal ein Foto zu schicken. Und dazu wollen Sie extra auf die Bahamas reisen?“

„Mein Beruf bringt es mit sich, dass ich in der ganzen Welt unterwegs bin. Da sind die Bahamas nur eine kleine Zwischenstation.“

Felix ist bei den letzten Worten um mindestens zehn Zentimeter ge­wachsen.

„Sie haben einen sehr interessanten und spannenden Beruf, Felix“, sagt

Mathilde bewundernd.

„Interessant und spannend stimmt, Gnädige Frau. Nur leider ist die Zahlungsmoral einiger meiner Klienten nicht sehr hoch. Es gibt Monate, da weiß ich nicht, was ich meinen drei Töchtern auf den Tisch bringen soll. Das ist bei Ihnen natürlich ganz anders. Wenn alle so wären wie Sie, würde es meiner Branche besser gehen.“

Jetzt ist Felix um mindestens zwanzig Zentimeter wieder geschrumpft. Mathilde kann ein bedauernswertes Gesicht nicht unterdrücken. „Drei Töchter? Und dann ganz allein? Als Mann?“

Felix nickt nur.

„Nun, Felix.“ Mathilde versucht wieder Haltung zu zeigen. „Behalten Sie die Karte. Wenn Sie mir Rambo gebracht haben, bekommen Sie einen Extra-Bonus und dann können Sie sich auch darum kümmern“, sagt Mathil­de und reicht ihm wieder die Karte.

Die Aussicht auf einen Extra-Bonus für Rambo und vielleicht sogar eine Reise auf die Bahamas versetzen Felix in beste Laune. Über die Fi­nanzierung dieser Reise macht sich Felix im Moment noch keine Gedanken. Für ihn ist erst einmal klar, dass diese Karte eine Fälschung ist. Ein Ausstei­­ger, der seiner, zu Hause im kalten Deutschland zurück gebliebenen Ver­wandtschaft nur dröge Ansichtskarten und keine Fotos vom eigenen braunge­brannten Körper am Strand schickt, den gibt es nicht.

Felix kennt noch aus seiner Zeit im Polizeidienst einen Schriftsachver­ständigen, einen guten Freund von ihm. Ihm will er die Karte zur Prüfung übergeben. Dafür braucht er aber noch ein Schriftstück, das mit absoluter Si­cherheit von August ist. Da er aber vorher Rambo abliefern muss, kann er sich für diese Sache doch etwas Zeit lassen.

Felix hat seinen Kaffee ausgetrunken und bedankt sich noch einmal für den Erhalt der Karte. Dann verabschiedet er sich von Mathilde.

„Sie geben mir doch Bescheid, wenn Sie Neuigkeiten haben?“, fragt Mathilde noch.

„Natürlich, Gnädige Frau“, versichert Felix und stellt gleich noch die Frage: „Ich darf mich noch ein wenig auf dem Hof umsehen?“

„Aber sicher.“

Felix verlässt Mathildes Wohnung, die im Erdgeschoss liegt. Noch im Haus vor der Tür, die auf den Hof hinaus führt, geht eine steile Treppe nach unten. Daneben hängt an einem großen Nagel ein noch größeres Schlüssel­bund. Felix horcht noch einmal und geht dann die Treppe hinunter. Unten gibt es eine Tür, die aber verschlossen ist. Felix muss wieder hinauf. Den Schlüsselbund zu benutzen, ist Felix im Moment zu gefährlich.

Auf dem Hof schaut er sich nun genauer um. Der LKW steht wieder rückwärts an der Rampe, vor einer großen Luke. Die Ladefläche des LKW und die Rampe haben genau die gleiche Höhe, so dass man bequem Ware auf die etwa 1m breite Rampe vom LKW ziehen kann. Neben der Rampe führt ebenfalls eine steile Treppe nach unten in den Keller, aber auch diese Tür ist verschlossen.

Felix besteigt nun über eine kleine Treppe die Rampe. Die Luke kann man nach oben aufklappen und sichern. Felix versucht hinein zu blicken.

Einen Moment muss er warten, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben. Es führt nur eine Schräge nach unten. Auf der kann man wohl Ware hinunter rutschen lassen, die dann unten in Empfang genommen wird.

Gute Idee, denkt Felix. Muss man nicht die Ware die gefährlich steile Treppe hinunter tragen. Aber da hinunter zu rutschen traut sich Felix jetzt am Tage nicht. Das will er in der Nacht einmal machen. Zu lange warten will er damit aber nicht. Bevor Max und Freundin aus dem Urlaub sind, will er das erledigt haben, denn dann braucht er nur auf Rudolf und Veronika zu achten, die ja auch nach vorn heraus schlafen.

Jetzt macht er sich erst einmal zufrieden auf den Heimweg.

Sechs

„Und du hast ihm klipp und klar gesagt, dass er nichts im Keller verloren hat?“, fragt Veronika besorgt.

Rudolf sitzt in seinem Sessel und raucht eine Zigarre. Veronika ver­sucht mit einem Fächer den Qualm von ihrem Leib fernzuhalten.

„Ich hoffe, dass er sich auch daran hält. Ich gehe mal davon aus, dass er wirklich nur Rambo finden will. Rambo war noch nie im Keller, also wird auch sein Hund keine Spur da hinunter finden.“

Rudolf bläst nun seinen Rauch in die andere Richtung, nachdem ihm Veronika einen bösen Blick zugeworfen hat.

„Ich verstehe überhaupt nicht, wo Rambo sein könnte. Von uns hat ihn keiner entführt, dass traue ich auch Max nicht zu. Aus welchem Grunde auch und von selbst weglaufen, hat er erst recht keinen Grund“, sagt Veronika und fügt hinzu: „Einen Zusammenhang mit damals wird es doch nicht geben, oder?“

„Das glaube ich nicht, nicht nach so vielen Jahren. Und lass diese alte Geschichte ruhen. Es war nicht unsere Schuld. Das war ein Unfall.“ Rudolf zieht nervös an seiner Zigarre. „Vielleicht hat das Schicksal genau das Rich­tige gemacht. August hätte uns verraten.“

„Wie lange werden wir das noch durchhalten können?“, fragt Veronika und sieht Rudolf an.

„Ich hoffe, noch sehr lange. Mutter und Gunnar sind nicht mehr die Jüngsten. Dann hat sich das Thema sowieso erledigt.“

„Du hoffst auf deren Tod?“

„Ich hoffe nicht, aber bei Sechsundsiebzig und Siebenundsiebzig kann man jeden Tag damit rechnen.“ Rudolf drückt den Rest der Zigarre aus. „Wir verdienen alle sehr gut dabei, auch du“, sagt Rudolf noch, bevor Veronika im Schlafzimmer verschwindet.

 

„Meine drei kleinen Täubchen, euer Pa' hat heute Nacht einen ganz, ganz gefährlichen Einsatz“, beginnt Felix seinen übertrieben theatralischen Auftritt.

Alle drei sitzen im Wohnzimmer und lassen sich von einem der neuen Privatsender im Fernsehen berieseln.

Cäsar liegt neben der Couch und schaut sich das Programm an, das seine drei Frauchen ausgesucht haben. Er macht einen gelangweilten Ein­druck. Es kommen keine Hunde in der Sendung vor.

„Unser Pa' muss heute Nacht einen untreuen Ehemann in flagranti er­tappen“, sagt lachend Jule und die anderen beiden stimmen mit ein.

„Vergiss den Fotoapparat nicht, vielleicht kannst du ein paar schöne Fotos an diverse Zeitungen verkaufen“, sagt Rebecca und schüttelt sich vor Lachen.

„Die wären dann aber nur für über 18-jährige und ihr würdet die nicht zu Gesicht bekommen“, antwortet Felix und wartet auf eine Reaktion. Die kommt auch prompt von Magda. Sie winkt nur gelangweilt ab. „Kennen wir doch alles schon.“

Felix ist geschockt, dass das ausgerechnet von seiner Jüngsten kommt.

„Nein, nein“, sagt er nun. „Diesmal ist es nicht so einfach. Es geht heu­te Nacht durch den dunklen Wald zum Schloss hinauf.“ Felix formt beide Hände zu einem allesfressendem Ungeheuer und geht langsam auf die drei zu. „Wer hat Lust mich zu begleiten?“, fügt er noch hinzu.

Das Lachen der drei gefriert auf ihren Gesichtern und sie ziehen sich langsam ihre Decken bis an den Hals. Das sieht Felix mit Vergnügen.

„Ich muss morgen früh in die Schule.“

„Ich auch.“

„Und ich in den Supermarkt.“

Felix hat sein Ziel erreicht und lacht. „Also, meine drei Süßen. Ich lege mich jetzt noch zwei Stunden aufs Ohr und wenn ich morgen früh zum Früh­stück nicht da bin, tut ihr das, was ihr tun müsst; die Polizei rufen. Und du, mein Cäsar, deine Stunde kommt noch. Heute kann ich dich nicht mitneh­men.“ Felix nimmt den Kopf von Cäsar in beide Hände und drückt ihm einen Kuss auf seine feuchte Nase. Cäsar schlabbert ihm zum Dank das Gesicht ab, was Felix nun wiederum bewegt, noch einmal das Bad aufzusuchen.

Jolantha nickt. „Viel Erfolg, Pa'“, sagt sie noch, als Felix schon auf dem Weg ins Bad ist.

„Danke. Und keine Männerbesuche!“, sagt Felix und ist schon im Bad verschwunden.

 

Es ist eine sternenklare Vollmondnacht. Felix, ausgerüstet mit Stirn­lampe und Fotoapparat parkt auf dem kleinen Parkplatz, ganz in der Nähe des Weges, der zum Schloss hoch führt.

Das Mondlicht ist so hell, dass er seine Stirnlampe nicht einschalten muss, bis er oben am Tor angelangt ist. Das Tor und die Pforte sind natürlich verschlossen, aber auch zu hoch für Felix, um es übersteigen zu können.

Links und rechts neben dem Tor führt ein hoher Eisenzaun entlang, mit langen Spitzen als oberen Abschluss. Diesen Zaun zu übersteigen traut sich Felix erst recht nicht. Er mag sich gar nicht ausmalen, da oben abzurutschen und auf den Spitzen zum Sitzen zu kommen.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht schaut er nach oben und läuft dann auf der linken Seite des Tores den Zaun entlang, bis der Zaun endlich als Mauer weiter verläuft.

Wer sagt es denn, denkt Felix zufrieden.

Die Mauer überragt ihn um etwa 10cm. Das soll aber für Felix kein Hindernis sein. Seinen Fotoapparat um den Hals gehängt, zieht er sich an der Mauer hoch. Zweimal muss er neu ansetzen, dann sitzt er keuchend auf dem Mauersims. Das hat vor 20 Jahren aber noch besser geklappt, denkt er und springt auf der anderen Seite hinunter.

Er zieht sich eine dunkle Gesichtsmaske über und mit seinen ebenfalls in schwarz gehaltenen Sachen erscheint er nun nur als dunkler Schatten. Auf das helle Vollmondlicht könnte er aber jetzt gern verzichten.

Leise schleicht er bis an die Rampe und steht auch schon vor der Klap­pe.

Im Schloss ist es ruhig. Felix muss keine Überraschung befürchten, so leise wie er sich bewegt.

Er schlägt die Klappe nach oben und sichert sie. Dann geht er rück­wärts und in gebückter Haltung auf die Schräge und verschwindet in der Luke, aber nicht ohne die Klappe wieder zu lösen. Nun schaltet er auch seine Stirnlampe ein. Etwa 4m geht es schräg hinab, bis er endlich in einem großen Raum steht.

In einer Ecke stehen drei Fässer. Felix bewegt sie. Sie sind alle leer. In einer anderen Ecke zwei große Glasballons mir Flüssigkeit. In einem mit Sicher­heit Wasser. Der andere beinhaltet ebenfalls eine klare Flüssigkeit, aber dick­flüssiger. Felix riecht hinein. Ein süßlicher Geruch kommt Felix entgegen. Er vermutet Glykol. Ihm ist jetzt auch klar, was hier unten passiert.

Billiger Wein in Fässern aus Österreich geschmuggelt, mit etwas Wasser ge­streckt und mit ein paar Tropfen Glykol verfeinert.

Nun sieht er auch neben einem Arbeitstisch ein paar Kartons stehen, die schon verschlossen sind. Auf dem Arbeitstisch liegt ein Absaugbesteck und ein offener Karton.

Jetzt erinnert sich Felix auch an den Weinskandal von vor ein paar Jah­ren in Österreich.

Er macht mehrere Fotos in dem Raum und nimmt dann eine Flasche aus einem Karton. 'Kärntner Riesling. Qualitätswein aus Österreich'; ein schöner, im Sonnenlicht liegender Weinberg gibt dem Etikett dazu eine pro­fessionelle Note. Nun sieht er auch den Stapel selbstklebende Etiketten.

Soll das hier mit dem Verschwinden von Rambo zusammenhängen?, überlegt Felix. Oder mit dem Verschwinden von August von Zauselberg? Denn das August nicht auf den Bahamas lebt, da ist sich Felix ziemlich si­cher.

Was Felix hier gesehen hat, genügt ihm erst einmal. Er arbeitet sich wieder die Schräge hinauf und kriecht aus der Luke.

Seine Stirnlampe macht er wieder aus und schleicht langsam an der Hauswand entlang. In Erdbodenhöhe sind in Abständen größere Fenster, mit Sicherheit Kellerfenster, zu sehen. Einige sind nur angelehnt, andere ver­schlossen. Felix versucht in alle hinein zu schauen. Die Räume sind alle leer, bis auf einen; in diesem steht nur ein großer Schrank und nur dieser Raum hat einen gepflasterten Fußboden. Alle anderen sind betoniert.

Dieser Raum hat es Felix angetan. Er muss wissen, was sich in diesem Schrank befindet. Aber das muss er auf ein andermal verschieben. Er braucht ein Hilfsmittel, um die 4m in die Tiefe und vor allem auch wieder hinauf zu kommen.

Für heute Nacht will Felix Schluss machen. Was er in Erfahrung ge­bracht hat, ist nicht wenig, aber was das mit Rambos Verschwinden zu tun hat, kann er sich bisher noch nicht erklären. Als nächstes will er erst einmal der Spur auf dem LKW nachgehen.

Er läuft wieder zur Mauer und ist schon bald auf dem Weg zu seinem Auto.

Sieben

Felicitas und Max kehren gutgelaunt und braungebrannt aus dem Urlaub zurück.

Als Erstes melden sie sich bei Mathilde.

Mathilde sitzt in ihrem Sessel und streckt erfreut ihre Arme den beiden entgegen, als sie das Zimmer betreten.

„Mein Junge, Felicitas, gut seht ihr aus und gesund“, ruft sie und nimmt beide in den Arm.

„Es war wieder wunderbar auf den...balearischen Inseln“, statt Baha­mas, kann sich Felicitas im letzten Moment verbessern.

„Aber ihr ward doch auf Mallorca, oder?“, fragt Mathilde erstaunt.

„Ja, natürlich. Mallorca gehört doch zu den balearischen Inseln. Felici­tas muss das aber auch immer zu kompliziert machen“, versucht Max die Si­tuation zu bereinigen und wirft ihr einen bösen Blick zu.

„Ach so. Das wusste ich nicht“, sagt Mathilde.

„Und ihr hattet schönes Wetter, so wie ich sehe?“

„Oh ja, Oma. Von Früh bis Abends Sonne satt“, sagt Felicitas und nimmt sich vor, die Insel nicht noch einmal beim Namen zu nennen.

„Stellt euch vor, mein August hat mir wieder eine Ansichtskarte ge­schickt“, und Mathilde holt sie auch gleich aus dem Schubfach.

Auch Max schaut ganz interessiert auf die Karte.

„Will er dir denn nicht mal ein Foto von sich schicken?“, fragt Max provokant und erntet von Felicitas einen bösen Blick zurück.

„Aber du weißt doch, er schickt nur Ansichtskarten. Du bist ja sogar zu faul mir mal eine schöne Karte zu schicken.“

„So sind wir Männer nun mal. Immer nur das Notwendigste. Aber tele­fonieren könnte er ja mal mit dir“, sagt Max und erntet den nächsten bösen Blick von Felicitas.

„Wahrscheinlich gibt es auf den Bahamas noch gar kein Telefon“, treibt es nun Max auf die Spitze.

„Das glaube ich nicht, Max. Aber ich freue mich ja schon, wenn ich ab und zu mal eine Karte von ihm bekomme.“

„Na, dann ist doch alles in bester Ordnung“, sagt Max und gibt Mathil­de einen Kuss auf die Wange, worüber sie sich sehr freut.

Eine Weile unterhalten sie sich noch und genießen dabei einen Tee, dann verabschieden sich beide und suchen Rudolf und Veronika in deren Wohnung auf.

„Hat alles geklappt, Max?“, fragt Rudolf nach einer kurzen Begrüßung durch ihn und Veronika.

„Alles bestens, Vater“, kann Max versichern und auch Felicitas nickt zustimmend.

„Das sieht doch alles sehr gut aus“, versucht Rudolf vor allem in Rich­tung Veronika, dunkle Zweifel zu zerstreuen.

„Wir müssen unsere Lieferung fertig machen. Wann können wir fah­ren?“

Max überlegt einen Moment. „Übermorgen“, sagt er. „Da habe ich Spätdienst. Danach können wir gleich losfahren.“

„Prima! Ich lade schon vorher die Fässer auf.“

Rudolf zieht genüsslich an seiner Zigarre, während Max eine Zigarette raucht, so dass nun beide Frauen gezwungen sind, mit Fächern sich den Qualm vom Leibe zu halten.

Drei neue Fässer Wein aus Österreich zu holen, dass machen Rudolf und Max allein.

Bis zur Grenze sind es 30km, dann noch einmal diese Strecke in Öster­reich und wieder zurück. Gegen früh sind sie wieder in Burgenstadt.

Max und Felicitas gehen in ihre Wohnung zurück. In zwei Tagen wol­len sich Rudolf und Max auf den Weg machen, damit ihre nächste Lieferung fertig gestellt werden kann.

 

Felix ist sich sicher, dass in einer der nächsten Nächte der LKW neue Fässer mit Wein holen muss. Die Kartons mit den Flaschen waren noch nicht vollständig. Nun hofft er, dass er sich nicht zu viele Nächte nutzlos mit Cäsar um die Ohren schlagen muss.

Cäsar ist schon total aufgeregt, und scheint zu spüren, dass auf ihn eine große Aufgabe zukommt.

Sie postieren sich in sicherer Deckung seitlich des Weges, an einer Stelle, an der der LKW besonders langsam fahren muss.

Felix hat sich vorgenommen, bis zwei Uhr in der Nacht zu warten. Wenn bis dahin der LKW nicht das Schlossgelände verlässt, will er die Sache für diese Nacht abbrechen.

Es ist zwei Uhr und dreißig Minuten. Nichts tut sich hinter dem Tor.

Felix entschließt sich abzubrechen. Aber muss denn diese Fahrt unbedingt in der Nacht gemacht werden?, denkt Felix, während er mit Cäsar wieder zum Auto zurück läuft.

Wenn aber der Wein geschmuggelt wird, können sie auf keinen Fall den offiziellen Grenzübergang benutzen. Dann haben sie irgendwo ein Schlupfloch im Grenzzaun und den ist es besser nachts zu nutzen. Felix bleibt dabei; die Fahrt kann nur in der Nacht erfolgen.

Also legt er sich die nächste Nacht wieder mit Cäsar ab elf Uhr auf die Lauer.

Kurz vor Mitternacht geht das Tor auf. Felix kann sich vor Freude kaum beherrschen und Cäsar stellt die Ohren auf.

Das Tor wird wieder geschlossen und eine Person steigt auf den Bei­fahrersitz. Jetzt erst gehen die Scheinwerfer an und langsam setzt sich der LKW in Bewegung.

Auf Höhe von Felix und Cäsar muss der LKW besonders langsam fah­ren. Schnell sind beide hinter dem LKW und Felix hebt Cäsar über die Ladeklappe. Im Nu ist auch Felix oben.

In einer Ecke stehen festgezurrt die drei leeren Fässer. Cäsar hat noch einmal am Plastik-Knochen geschnuppert und Rambos Fährte wieder aufge­nommen. Felix hat seinen Finger auf den Mund gelegt und Cäsar zu verste­hen gegeben, dass er auf keinen Fall bellen darf. Cäsar hat das wohl verstan­den.

Der Weg ist zu Ende und der LKW biegt nach links ab auf die Bundes­straße, Richtung Grenze.

Felix ist zufrieden.

Nun können es sich beide erst einmal für wenigstens eine halbe Stunde bequem machen. Kurz vor dem Grenzübergang wird der LKW die Bundes- straße wieder verlassen müssen und in irgendeinen Waldweg einbiegen, ist sich Felix sicher. Erst dann muss er wieder auf der Hut sein.

Nach gut einer halben Stunde ist es soweit. Der LKW wird langsamer und biegt wieder nach links auf einen Waldweg ab.

Jetzt muss Felix aufpassen, dass er den Absprung mit Cäsar nicht ver­passt, denn in Österreich will er nicht unbedingt landen.

Etwa 2 oder 3km geht es den Waldweg entlang, dann hält der LKW und Felix hört eine Tür klappen. Schnell springt er von der Ladefläche und hebt Cäsar herunter.

Max hat ein Tor aufgedrückt und Rudolf lenkt den LKW langsam hindurch. Dann schließt Max das Tor wieder und ist auch schon wieder auf dem Beifahrersitz. Der LKW entfernt sich.

Felix atmet tief durch. Er geht zu dem Tor und schaut es sich an. Es ist ein einfacher Gitterzaun, der nur beiseite gehoben werden braucht. Die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Österreich sind eben sehr lax, denkt Felix.

Cäsar hat auf Felix gewartet und nimmt nun seine Fährte auf.Er läuft den Waldweg weiter, immer die Nase auf dem Boden. Nach einer ganzen Weile ist der Waldweg zu Ende und eine große, freie Fläche ist zu sehen, an deren Ende so etwas wie ein Gehöft liegen muss. Aber das kann Felix noch nicht richtig erkennen, dafür ist es noch zu dunkel. Soll sich dort Rambo be­finden? Freiwillig oder entführt?

Felix ist sich sicher, dass es so ist. Cäsars Nase lügt nicht und Felix krault Cäsar anerkennend den Nacken.

Hier werde ich noch einmal alleine mit dem Auto herfahren, denkt Fe­lix.

Auf jeden Fall werde ich der Gräfin ihren Rambo zurückbringen kön­nen. Aber ein bisschen muss sie schon noch warten. Wer weiß, wann ich solch einen lukrativen Auftrag wieder einmal bekomme.

„Na komm, Cäsar. Das hast du ganz toll gemacht. Jetzt geht es ab, nach Hause“, sagt Felix und befestigt die Leine an seinem Halsband.

Cäsar läuft stolz neben Felix her. Es ist ein schöner Fußmarsch, bis bei­de die Bundesstraße erreicht haben. Auf den LKW wieder warten will Felix nicht. Wer weiß, wann der wieder das Tor passiert.

Es dämmert langsam. Am Horizont kann man schon einen hellen Streif erkennen.

Beide laufen auf der Bundesstraße entlang und Felix hofft, dass er viel­leicht ein Auto anhalten kann. Aber wer will schon einen Anhalter mit Hund mitnehmen?

Mehrere Autos fahren an ihnen vorbei. Dann hört er wieder hinter sich ein Auto und kann sogar das Taxischild auf dem Wagen erkennen.

Felix macht sich bemerkbar, aber auch er fährt an ihnen vorbei. Etwa 50m vor ihnen hält er doch an. Der Taxifahrer steigt aus und wartet, bis beide her­an sind. Wahrscheinlich will er sich das Geschäft doch nicht entgehen lassen.

„Haart der“?, fragt er, als beide vor ihm stehen.

„Das ist ein Deutscher Schäferhund. Der haart nicht, aber der beißt, wenn Sie uns nicht mitnehmen!“

Das genügt und der Taxifahrer öffnet die hintere Tür.

Aber Cäsar darf erst hinein springen, nachdem der Fahrer eine Decke auf Cä­sars Platz gelegt hat.

Gerade noch rechtzeitig, bevor seine drei Mädchen das Haus verlassen, sind beide zu Hause. Felix hofft immer, dass die drei den Auftrag, die Polizei zu rufen, wenn er nicht zur Zeit zurück ist, nicht zu ernst nehmen.

Als endlich das Haus leer ist, begibt sich Felix zur Ruhe. Cäsar ist schon in seiner kleinen Hütte verschwunden.

Wenn ich von der Gräfin genügend Geld erhalten habe, bekommt Cäsar eine größere Hütte, nimmt sich Felix vor und schläft zufrieden ein.

Acht

Max und Rudolf haben die drei Fässer in den Keller gerollt. Das Abfüllen der Flaschen ist heute Veronikas und Felicitas' alleinige Angelegenheit.

Beide sind gleichermaßen wenig begeistert von dieser Arbeit. Der Ge­winn, nach Abzug aller Kosten, auch noch durch vier geteilt, steht in keinem Verhältnis zu den Gefahren.

Veronica steht an einem Fass und befüllt eine Flasche zu dreiviertel voll. Dann kommt noch ein etwas größerer Schluck Wasser hinzu und ein paar Tropfen Glykol, zur Geschmacksveredlung. Felicitas verkorkt sie, klebt ein Etikett drauf und schon ist wieder eine Flasche Qualitätswein fertig.

„Lange mache ich das nicht mehr mit, dann bin ich fort“, sagt Felicitas und versucht das nächste Etikett passgenau auf die Flasche zu kleben.

„Ja ja, das hast du vor zwei Jahren auch schon gesagt und bist immer noch hier. Denkst du wirklich Rudolf und Max lassen dich so einfach gehen? Dazu steckst du schon viel zu tief mit drin.“ Veronika stellt ihr die nächste Flasche auf den Tisch.

„Was wollen die machen. Ich bin einfach eines Tages fort. Die werden nicht nach mir suchen.“

„Und dein Job?“

„Krankenschwestern werden überall gesucht. Da mache ich mir gar keine Sorgen.“

Veronika hat darauf erst einmal keine Antwort. Da hat sie wohl recht, sagt sie sich. „Ja, das stimmt, bei mir ist das leider nicht so einfach. In meinem Beruf gibt es sicher eine Menge Bewerber und bin auch schon eine Ewigkeit mit Rudolf zusammen. Ich kann nicht mehr so einfach weg von hier. Aber du solltest nicht zu lange damit warten. Wer weiß, wann damit einmal Schluss ist. Ich verstehe sowieso nicht, dass dieser gepanschte Wein noch niemanden aufgefallen ist.“

„Deutschland ist eben kein Weintrinker-Land“, kann darauf Felicitas nur lachend sagen.

„Genau. Bei Bier hätte das nicht so lange geklappt.“

Felicitas hat die letzte Flasche in den Karton gepackt. Nun füllt Veroni­ka noch zwei Schoppen ab, die sie sich mit in den Keller gebracht haben und genießen diesen Qualitätswein, unverdünnt und unveredelt.

 

Langsam schlurft Alois mit zwei Schüsseln in der Hand in die Küche. Aus einem kleinen Pappkarton schüttet er in jede der Schüsseln etwas Hun­defutter.

Seitdem seine Frau vor einem halben Jahr gestorben ist, muss Alois Kalthofer sich nun alleine um Susi, die kleine Zwergpinscher-Dame, küm­mern.

Zu allem Überdruss hat er seit ein paar Tagen einen zweiten Hund zu versorgen. Alle Bemühungen ihn zu verjagen sind gescheitert. Entweder er war sofort wieder da, oder Susi verweigerte das Fressen, bis er wieder bei ihr war.

Es war nie Alois' große Leidenschaft, Susi zu versorgen. Deshalb hat sich auch seine Frau vorwiegend darum gekümmert, aber Susi nun zu ver­nachlässigen, käme Alois auch nicht in den Sinn. Dass er aber jetzt zwei Hunde zu versorgen hat, gefällt ihm überhaupt nicht.

Mit den Schüsseln in der Hand geht Alois auf den Hof, wo Susi und Rambo herumtollen. Susi an einer langen Kette, denn Alois hat Angst das beide weglaufen könnten. Das würde ihm seine Frau nie verzeihen.

Sofort stürzen sich beide über die Schüsseln. Herumtollen macht scheinbar auch Hunde hungrig.

Alois geht noch einmal ins Haus und kommt mit einer großen Schüssel Wasser zurück. Auch die stellt er vor Susi und Rambo ab. Beim Aufrichten sieht er am Ende der Wiese, hinter dem Zaun, einen Mann stehen, der sich wohl ein Fernglas vor die Augen hält und in seine Richtung blickt.

Alois beobachtet eine Weile den Mann, bis dieser einen Arm hebt und ihm zuwinkt.

Langsam läuft Alois auf den Zaun zu, bis er bei dem Mann angekom­men ist. Dieser reicht ihm über den Zaun die Hand und stellt sich vor: „Gu­ten Tag, mein Name ist Felix Trötenpieper. Ich bin Privatdetektiv und auf der Suche nach einem Hund.“

Alois schwankt zwischen Hoffnung und Enttäuschung. Hoffnung, dass er bald den zweiten Hund los ist. Enttäuschung, dass der Hund nicht ohne Susi gehen wird.

„Kann es sein, dass einer der beiden Hunde mein gesuchter Hund ist?“ fährt Felix fort und blickt in die Richtung, wo es sich Susi und Rambo immer noch schmecken lassen.

Alois nickt. „Das kann schon sein“, sagt er. „Vor etwa zwei Wochen war plötzlich dieser Hund auf meinem Grundstück. Ich werde ihn einfach nicht mehr los. Zwei Hunde zu versorgen wird mir langsam zu teuer.“

„Ist es möglich, dass wir uns im Haus darüber unterhalten können?“ fragt Felix.

Alois überlegt einen Moment. „Ja, natürlich“, sagt er schließlich.

Felix blickt den Zaun an. Ihn übersteigen hat er keine Lust. Alois hat seine Gedanken erraten. „Gehen Sie am Zaun entlang. Da vorn rechts herum. Da ist die Eingangstür“, sagt er und weist ihm mit der Hand den Weg.

Felix bedankt sich und macht sich auf den Weg.

Nach fünf Minuten ist Felix an der Eingangstür und Alois lässt ihn her­ein. Er führt ihn in die Küche und bietet ihm einen Stuhl an. Es muss schon länger als ein halbes Jahr her sein, dass die Küche mehr als nur einen Lappen gesehen hat.

„Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?“, fragt Alois. Felix lehnt dan­kend ab. Wenn das Innere der Tasse so aussieht wie die Küche, schmeckt ihm auch der beste Kaffee nicht.

Alois ist es recht und er setzt sich neben Felix.

„Ich habe von einer Frau den Auftrag bekommen ihren verschwunde­nen Hund zu finden“, beginnt Felix. „Er ist ihr mit Sicherheit entlaufen, auch wenn sie lieber an eine Entführung glauben würde.“

„Ich habe ihren Hund nicht entführt“, kommt es prompt von Alois. „Mir reicht Susi. Sie können ihn gerne sofort

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 05.10.2020
ISBN: 978-3-7487-5973-7

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