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Der Weihnachtswunsch

Es ist ein nasskalter Tag, dieser Mittwoch im November. In der Stadt sind schon alle Geschäfte weihnachtlich geschmückt, denn in drei Tagen beginnt ja schon wieder der Weihnachtsmonat Dezember. Tom und sein Freund Gregor kommen gutgelaunt aus dem Schulgebäude. Sie laufen nicht geradewegs nach Hause, nein, sie laufen erst einmal in die Straße, wo es den großen Spielzeugladen gibt.

„Was wünschst Du Dir dieses Jahr?“, fragt Tom Gregor, während er versucht, die im Schaufenster ausgestellten Dinge zu erkennen.

„Mmm“, murmelt Gregor, „ich hätte ja gern ein Fahrrad, aber mein Vater ist arbeitslos geworden. Da werde ich mir das wohl aus dem Kopf schlagen können. Paul will ja auch noch etwas haben.“

„Ihr habt doch voriges Jahr erst jeder einen schönen Luftroller bekommen“, stellt Tom fest.

„Ja, aber meiner hat schon seit einem halben Jahr einen Platten und Paul schämt sich langsam, mit einem Roller herum zu fahren.“

„Ich hätte gern diese Diesellokomotive da hinten“, sagt Tom begeistert und versucht Gregor zu zeigen, wo sie steht.

„Oh ja, die sieht gut aus, aber bestimmt schön teuer“, kann Gregor dazu nur bemerken. „Was ist mit Deiner Lok? Fährt die nicht mehr?“

„Doch, doch. Hugo fährt schon noch, aber nicht mehr richtig. Er schafft kaum noch die drei Wagen.“

„Wie heißt Deine Lok? Hugo?“, und Gregor hält sich den Bauch vor Lachen. Tom kann sich ebenfalls ein Lächeln nicht verkneifen.

„Ich habe der Lok irgendwann einfach mal den Namen Hugo gegeben. Hat mir gefallen, der Name, und passt auch zu der Lok“, versucht Tom eine Erklärung für Gregor zu geben.

„Ja, passt irgendwie“, sagt Gregor und legt seinen Arm über Toms Schulter, was Gregor nicht schwer fällt, denn er ist einen halben Kopf größer als Tom und beide trotten langsam nach Hause.

„Du musst die Lok mal auseinander nehmen und innen sauber machen“, gibt Gregor den guten Rat an Tom. „Dann fährt die wieder wie geschmiert, kannst Du mir glauben. Du hast doch aber nur einen Schienenkreis. Zwei Loks kannst Du nicht auf einmal fahren lassen. Da liegt Dein Hugo dann bloß in der Ecke“, gibt Gregor zu Bedenken.

„Das stimmt schon“, sagt Tom etwas leise, „aber die Diesellok gefällt mir so gut. Mal sehen, was mein Vater dazu sagt. Soll ja in seiner Firma auch nicht mehr gut aussehen.“

Langsam nähern sie sich ihren Häusern und Tom verabschiedet sich von Gregor.

„Treffen wir uns heute noch mal?“, fragt Gregor.

„Ich weiß nicht“, druckst Tom herum, „wir haben doch eine ganze Menge Hausaufgaben auf.“

„Ach, die Hausaufgaben“, Gregor winkt nur mit einer Hand ab. „Die können wir doch morgen in der Schule machen.“

„Meine Mutter kontrolliert jeden Tag das Hausaufgabenheft, das kann ich vergessen.“

„Na gut“, sagt Gregor, „wenn Du es Dir noch anders überlegst, kannst Du ja rüber kommen“, und läuft in Richtung seines Hauses. Tom macht sich ebenfalls auf den Weg, denn die Mutter wird schon mit dem Essen warten.

 

„Wo bleibst Du denn, Tom?“, mit diesen Worten erwartet ihn die Mutter schon. „Musstest Du wieder eine Stunde nachsitzen? Das Essen wird doch kalt.“

Tasso, der Schäferhund springt an Tom hoch und freut sich, endlich wieder einen Spielgefährten zu haben, denn die Mutter hat wenig Zeit, sich mit Tasso zu beschäftigen.

„Nein, ich habe mir mit Gregor nur die schönen Sachen in dem Schaufenster angesehen. Du weißt doch, bei dem Spielzeugladen“, antwortet Tom.

 „Aha!“, kann die Mutter nur darauf antworten. „Und bestimmt auch was Schönes gefunden, wie ich meinen Sohn kenne.“ Sie stellt Tom das Essen auf den Tisch und nachdem Tom Schuhe und Jacke abgelegt hat, langt er auch kräftig zu. Tasso schaut ihm mit heraushängender Zunge und bettelnden Augen zu.

„Tasso, raus!“, ruft nun die Mutter und zeigt auf die Küchentür. „Du hast Dein Futter gehabt.“

Tasso trottet mit hängendem Kopf zur Tür hinaus.

„Ja, da gibt es eine wunderschöne Diesellok“, antwortet Tom mit vollem Mund. „Die könnte ich dann immer abwechselnd mit meiner Lok fahren lassen.“ Tom sieht die Mutter gespannt an.

„Das musst Du mit dem Vater besprechen. Aber erst, wenn er gegessen hat, da hat er bessere Laune. Du weißt, dass es nicht gut in seiner Firma aussieht. Lisa möchte auch etwas haben und so eine Diesellok ist bestimmt nicht billig.“

„Ich denke, die Geschenke bringt der Weihnachtsmann. Ihr braucht sie doch nur bei ihm zu bestellen“, sagt Tom mit einem verschmitztem Lächeln.

„Du kleiner Schlauberger“, antwortet Mutter, und zu Tom hinunter gebeugt, eine Hand am Mund, „aber bezahlen müssen wir sie trotzdem“, und lächelt Tom an.

„Aber Lisa lässt Du in ihrem Glauben, ja?“, fügt die Mutter noch hinzu. Tom nickt und isst weiter.

Am Abend kommt der Vater nach Hause und isst was übrig geblieben ist, was aber auch nicht gerade wenig ist. Tom ist schon etwas aufgeregt und als der Vater den letzten Bissen noch im Mund hat, setzt sich Tom zu ihm an den Tisch. Der Vater schaut Tom an, ahnt er doch schon, dass Tom etwas auf dem Herzen hat.

„Ich habe mir heute das Schaufenster von dem Spielzeugladen angesehen“, beginnt Tom, „da gibt es eine wunderschöne Diesellok. Die hätte ich mir gern zu Weihnacht gewünscht. Ob das geht, Vater?“ Und Tom sieht den Vater erwartungsvoll an. Der Vater kaut noch an seinem letzten Bissen und kann endlich antworten: „Eine Diesellok, ja die könnte mir auch gefallen. Aber ich kann für dieses Jahr nichts versprechen. Wahrscheinlich macht die Firma am Jahresende zu und dann werden wir froh sein, wenn wir noch genügend zu essen haben. Du bist ja schon ein großer Junge und wirst das bestimmt verstehen. Du und Lisa, Ihr bekommt natürlich Eure Weihnachtsgeschenke, aber eine Diesellok ist bestimmt zu teuer.“

Tom kann nur nicken. Der Vater streicht Tom über den Kopf und sagt im Hinausgehen: „Wenn ich nächstes Jahr eine neue Arbeit gefunden habe, bekommst Du die Diesellok nächstes Weihnachten.“

Tom geht in die Kammer hoch. Lisa spielt mit ihrer Puppe und dem Puppenwagen, während sich Tom an den Tisch

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 10.09.2017
ISBN: 978-3-7438-3207-7

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