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Ich öffnete langsam die Augen und verspürte gleich Kopfschmerzen. Heftige Kopfschmerzen. Ich kniff die Augen zusammen und öffnete sie kurz danach wieder, in der Hoffnung, die Schmerzen würden weggehen, aber so war es nicht. Nebenbei bemerkte ich mein Umfeld. Ein Himmelbett, in dem ich lag, und dazu noch in einem riesigen Zimmer. Himmelbett? Ich setzte mich auf und sah mich um. Fremde Umgebung. Nichts kam mir auch nur im geringsten bekannt vor. Wo war ich hier und was war gestern Abend geschehen? Die Erinnerungen waren verschwunden. Langsam stieg Panik in mir auf. Wo war ich hier, fragte ich mich wieder und betrachtete alles ganz genau. Jedoch kam mir nichts bekannt vor. Vielleicht sollte ich mich einfach mal im Haus umsehen, um zu sehen, wo ich mich befand. Schließlich konnte ich nicht tatenlos hier herumliegen. Kurzerhand sprang ich aus dem Bett und ging aus dem Zimmer. Ich bewegte mich langsam und leise, da ich keine Aufmerksamkeit von demjenigen erregen wollte, der hier wohnt. Da ich nicht durch alle Zimmer laufen und etwas suchen wollte, beschloss ich zögernd, die Treppe herunter zu gehen und nach Antworten zu suchen. Als erstes ging es mir durch den Kopf, mich nach Menschen umzuschauen, die mir helfen könnten, aber ich schlug den Gedanken sofort wieder weg. Wer auch immer mich hergebracht hatte, wollte mich auch hier behalten. Ich tippelte mit leisen Schritten die große Treppe hinunter und es gelang mir, völlig still zu sein. Es eröffnete sich eine Eingangshalle vor mir. Weiße Fliesen, Blumen mit wunderschönen Farben als Deko, eine teuer aussehende Haustür. Wow, wer auch immer hier wohnte, musste wirklich reich sein. Ich bemerkte durch meine Musterung nicht, dass jemand aus einem Zimmer gekommen war.
„Dornröschen hat ausgeschlafen, wie schön.”, erklang eine Stimme mit deutlicher Belustigung. Ich wandte den Blick von der Haustür ab und schaute zu einem jungen Mann mit braunen Haaren, die er lässig aufgestylt hatte. Oh Gott, bei Jungs, die so ihr Haar stylten, wurde ich immer ganz schwach. Liebend gern wäre ich ihm durch die Haare gefahren, aber da erinnerte ich mich, dass der Typ ein Fremder war. Sofort fühlte ich Abneigung und Angst ihm gegenüber. Er hielt eine Tasse in der Hand, womöglich mit Kaffee drin oder so.
„Wo bin ich hier?”, wollte ich wissen und trat nun auch von der letzten Treppenstufe runter, jedoch hielt ich weiterhin den Abstand zu dem Jungen. Wenn er derjenige war, der mich hierher verschleppt hatte, dann konnte ich ihm mit Sicherheit nicht trauen.
„Du bist am Arsch der Welt.”, antwortete er auf meine Frage und klang dabei nicht gerade fröhlich. „Beantworte meine Frage!”, befahl ich ihm mit kalter Stimme. Er hielt sich wohl für cool, was er bestimmt nicht war, und zuckte mit den Schultern.
„Ist so! Ich soll auf dich aufpassen, bis mein Boss kommt.” Jetzt verstand ich gar nichts mehr. Er sollte auf mich aufpassen, bis sein Boss kam? Was wollten sie denn mit mir? Und wer war sein Boss? Ich fühlte, wie ich innerlich in weitere Panik geriet und wäre gern davon gelaufen, aber wohin sollte ich denn? Ich hatte doch keinen Schimmer, wo ich hier war. Die Enttäuschung war groß, als ich mir keinen Plan erstellen konnte. Ich musste mir irgendetwas überlegen, wie ich hier wegkam. Es musste doch etwas geben, was mir helfen konnte.
„Ich will sofort nach Hause.”, murmelte ich und sah ihn sauer an. Meine Angst verwandelte sich urplötzlich in Zorn. Wie konnte er es wagen, mich von Zuhause zu entführen? Meine Familie machte sich bestimmt schon Sorgen, wo ich war oder was mit mir geschehen ist. Da waren sie wohl nicht die einzigen, die das wissen wollten.
„Bleib locker, Süße. Irgendwann darfst du bestimmt wieder gehen … glaub ich” Er zwinkerte mir zu und ein selbstgefälliges Grinsen machte sich auf seinen Lippen breit. Ich musste aufpassen, dass mir der Unterkiefer nicht herunter klappte. Ich hätte ihn am liebsten angeschrien, warum er das machte und das alles auch noch lustig fand. Das war doch die Höhe! Typisch Arschloch halt, ging es mir durch den Kopf. Aber was hätte mir das Geschreie denn genützt? Nichts und deshalb blieb ich ruhig, versuchte es jedenfalls.
„Ich möchte aber jetzt, genau jetzt nach Hause.” Langsam, aber sicher wurde ich wütend.
„Das kannst du nicht und fertig. Warte nur, bis mein Boss kommt und dein komplettes Leben wird auf den Kopf gestellt.” Warum verstand er es nicht? Ich wollte nicht, dass sein Boss kam. Warum beantwortete er nie meine Fragen, die ich ihm stellte und warum grinste er immer, als ob das alles ein schlechter Streich war? Fragen über Fragen, aber keine Antworten. Fazit war also: Ich wusste nicht, wo ich war und ich saß hier fest mit so einem Typen, der dachte, er wäre Gott oder sonst dergleichen.
„Bis er kommt, können wir ja noch ein wenig Spaß haben.”, murmelte der Typ und kam langsam näher. Ich runzelte angewidert die Stirn. Meinte er wirklich das, was ich gerade dachte?
„Mach dich nicht lächerlich.”, gab ich arrogant zurück und ging ein kleinen Schritt zurück, was er natürlich mitbekam. Doch er war schneller bei mir, als ich gucken konnte und stieß mich gegen die Wand direkt neben der Tür, als wäre ich ein Blatt Papier. Dann hielt er mich fest, sodass ich mich kaum noch bewegen konnte.
„Was soll das?”, fuhr ich ihn an und weitere Wut stieg in mir auf. Warum machte er das, fragte ich mich hilflos. Meine Abwehr wurde von ihm immer unterdrückt und so konnte ich nichts anderes mehr tun, als ihn mit meinen mörderischen Blicken zu durchbohren. Er war mir so nah, so nah! Aber sein Duft … himmlisch. Nein, so durfte ich nicht denken! Er hatte mich entführt, rief ich mir wieder ins Gedächtnis. Mit einem Mal war alles ruhig. Keiner bewegte sich – nicht mal ich. Ich schaute nur in seine endlos grünen Augen. Smaragdgrüne Augen. Ich versank in ihnen und dann … küsste er mich. Es war ohne Vorwarnung und ich konnte gar nicht schnell genug reagieren, um ihn davon abzuhalten. Was tat er da? Wieder versuchte ich, ihn davon abzuhalten. Doch meine Versuche, ihn von mir wegzudrücken, waren erfolglos und nach kurzer Zeit schon erwiderte ich seinen Kuss. Fragt mich nicht, was in mich gefahren war, dass ich nun so fühlte. Eben noch wollte ich von ihm weg und jetzt? Konnte ich ihm gar nicht nah genug sein. Er löste sich von mir und sofort kehrte sein Grinsen zurück. Mein Gehirn arbeitete wieder und mein Gewissen schrie mich an, dass das vor mir mein Entführer war.
„Und ich habe schon gedacht, du magst mich nicht.” Er rückte aber keinen Zentimeter von mir ab. Scheiße, habe ich eben wirklich einen wildfremden Typen geküsst? Das war ja wirklich hervorragend.
„Ich ...” Im Grunde konnte ich nichts mehr sagen, war außerstande zu sprechen, zu geschockt von mir selbst. Wieder und wieder fragte ich mich, was in mich gefahren war. Seine Gegenwart war so hinreißend; ich hätte ihn am liebsten noch mal geküsst. Doch meine Gedanken wirbelten nur so in meinem Kopf herum und sagten mir, ich sollte ihn von mir wegschubsen, ihn nicht mehr an mich ran lassen, doch warum tat ich es nicht? Die Antwort darauf gab ich mir selbst: Ich wollte es nicht und das rief weiteren Schock in mir hervor. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als sich in diesem Moment die Haustür öffnete. Der Fremde sprang fast so schnell wieder von mir weg, als er gekommen war. Das war eine willkommene Geste von ihm, denn nun konnte ich wieder frei atmen und er war mir auch nicht mehr so nah.
„Brian, also wirklich … Fast hätte ich dich nicht erkannt.” Ich brauchte einige Sekunden, um festzustellen, dass Brian der Typ war, den ich eben geküsst hatte. Er sah mir kurz in die Augen, dann richtete er den Blick wieder auf den älteren Mann, der eben ins Haus geplatzt war. Ich unterzog ihn einer groben Musterung. Groß, schlank, trug einen teuer aussehenden Anzug, perfekt frisiertes Haar. Im Allgemeinen wurde er dem Bild gerecht, dessen Villa das hier sein mochte – reicher Schnösel halt. Hinter ihm standen zwei kräftige Bodyguards. Meine Angst drängte sich wieder in den Vordergrund und ich hoffte inständig, er würde nicht auf mich achten. Heute konnte ich nicht mehr so viel ertragen.
„Ich hoffe doch sehr, dass du nicht das gemacht hast, was du bei jedem Mädel machst?!” Das war also Brians Boss, sehr interessant. Brian schaute dieses Mal total ernst und unterlegen drein. Dann war er also nur in der Anwesenheit von Mädchen ein Arschloch und bei seinem Vorgesetzten war er wie ein kleiner Hund – interessant.
„Nein, natürlich nicht, Sir. Ich habe sie nur darauf hingewiesen, was passieren wird, wenn sie nicht das tut, was wir verlangen.”, log er und das ohne mit der Wimper zu zucken. Beeindruckend. Nein, Alexa, so darfst du nicht denken, rief ich mich selbst zur Vernunft.
„Sicher. Dann mal los. Wir fahren zum Stützpunkt.” Mit diesen Worten verließ der Boss uns wieder, hinter ihm die Bodyguards. Die Haustür blieb offen stehen. Niemand traute sich etwas zu sagen. Brian schaute wieder zu mir und grinste erneut. Noch bevor er etwas sagen konnte, stellte ich die für mich wichtigste Frage.
„Stützpunkt?” Als Antwort von Brian bekam ich ein einfaches Grinsen und Achselzucken, was wohl ganz typisch für ihn war.

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Tag der Veröffentlichung: 21.02.2012

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