Cover

1) WOHNZIMMER KARLA I/T



Ein Mann im Clownskostüm sitzt in seinem Wohnzimmer und löffelt Nudelsuppe aus einem Teller der vor ihm neben einer Flasche Sekt und zwei Sektgläsern auf den Tisch steht. Direkt neben dem Teller liegt ein Revolver. Nachdenklich schaut er über den Rand des Tisches auf den Boden. Mitten im Wohnzimmer liegen Karla und Frank, beide tot.

CLOWN (V.O.)
Ich habe mal gehört, dass es immer
gut kommt, wenn man einen Film mit
einem Zitat beginnt. Leider fällt
mir kein passendes ein. Ich habe
auch mal gehört, dass man einen
Kurzfilm niemals mit einem Selbstmord
enden lassen sollte... also fangen
wir gleich damit an.

Der Clown löffelt den letzten Rest Suppe aus dem Teller, nimmt sich die Waffe, hält sie sich an die Schläfe und schaut direkt in die Kamera.

CLOWN (V.O.)
Wenn Genie und Wahnsinn so nah
beieinander liegen...

Der Clown drückt ab. Schwarz.

CLOWN (V.O.)
... wer vermag sie zu
unterscheiden?

2) WOHNZIMMER KARLA I/T



Der Clown sitzt im Wohnzimmer auf dem selben Platz, an dem er eben schon gesessen hat und starrt gedankenverloren auf die gegenüberliegende Wand. Der Tisch ist leer. Titeleinblendung:
'5 Minuten früher' (je nachdem, wie lange das dann dauert)

CLOWN (V.O.)
Als Rent-A-Clown muss man immer
fröhlich sein. Selbst, wenn man von
kleinen Kindern, auf deren
Geburtstagsfeier man das Highlight
des Abends ist, mit Nichtachtung
gestraft wird, weil sie viel lieber den
Typen im Spiderman-Kostüm haben
wollten. Oder wenn einem an einem
Tag die Freundin verlässt, der
Strom wegen nicht bezahlter
Rechnungen abgeschaltet wird und
man erfährt, dass man durch das
Staatsexamen gerasselt ist. Man
muss immer fröhlich sein, lachen
und Späße machen. Mit der Zeit
gewöhnt man sich dran. Man schminkt
sich sozusagen die Fröhlichkeit
in's Gesicht. Solange man die
Schminke trägt ist man fröhlich.

Frank kommt mit der Flasche, den Gläsern und dem Teller Suppe herein, stellt alles umständlich vor den Clown und setzt sich dann auf einen Stuhl an den Tisch. Frank ist sichtlich nervös. Der Clown rührt sich nicht.

FRANK
Hach, das wird toll! Sie wird sich
riesig freuen.

Der Clown schaut Frank teilnahmslos an. Eine Moment lang sitzen beide Männer schweigend da. Frank ist aufgeregt, will eigentlich was sagen, weiß aber nicht was. Plötzlich ist das Geräusch eines Schlüssels vor der Haustür zu hören. Frank springt auf.

FRANK
Oh, da ist sie! Jetzt geht's los.

Der Clown steht auf und stellt sich lustlos neben den Tisch. Man hört, das Karla die Wohnungstür aufschließt und herein kommt. Frank läuft in den Flur.

FRANK (OFF)
Überraschung!

Karla erschrickt.

FRANK (OFF)
Alles Gute zum Geburtstag!

KARLA (OFF)
Frank? Was machst Du hier?

FRANK (OFF)
Überraschungsparty!

KARLA (OFF)
Was? Äh... das ist... Also... damit
hab ich jetzt nicht gerechnet.

FRANK (OFF)
Dann wär's ja auch keine
Überraschung! Komm in's Wohnzimmer!

KARLA (OFF)
Ich wollte eigentlich sagen, dass
mir das jetzt eigentlich gar nicht
passt. Ich...

Karla wird von Frank in's Wohnzimmer geschoben. Als sie den Clown erblickt, zögert dieser kurz (er findet sie
wunderschön), doch dann spult er seinen Eröffnungssatz ab.

CLOWN
Hallo, ich bin Lolo, der lustige
Clown! Bist du bereit für riesigen
Spaß?

Karla schaut den Clown sehr skeptisch an, dann dreht sie sich zu Frank.

KARLA
Was soll das denn?

FRANK
Ich habe dir einen echten Clown
bestellt!

KARLA
Wieso?

FRANK
Du magst Clowns!

KARLA
Wie kommst du denn darauf?

FRANK
Ich habe die kleine Clownspuppe auf
deinem Schreibtisch gesehen.

KARLA
Das war ein Geschenk von meiner
4jährigen Nichte. Ich hasse Clowns!

FRANK
Oh... Ach so... Mist! Aber iss doch
erstmal was! Ich habe dir deine
Lieblingssuppe gemacht!

KARLA
Meine Lieblingssuppe?

FRANK
Ja! Die, die du dir jeden Tag
machst! Diesmal ist sie mit
Hühnchen.

KARLA
Du hast mir Tütensuppe gemacht?

FRANK
Die magst du doch?

KARLA
Die esse ich nur, weil sie billig
und der Fraß aus der Kantine noch
schlimmer ist! Frank...

Frank guckt enttäuscht. Er hatte sich seine Überraschung anders vorgestellt.

Der Clown, der bisher dem Dialog interessiert verfolgt hat, setzt sich wieder an den Tisch und fängt an, die Nudelsuppe zu löffeln, während er dem Schauspiel amüsiert zusieht.

KARLA
... ich bin dir sehr dankbar, dass
du meine Blumen gegossen hast, aber
das hier... Es ist besser, wenn du
jetzt gehst und wir uns morgen auf
der Arbeit unterhalten, ja? Wie
besprochen.

FRANK
Freust du dich denn gar nicht?

KARLA
Das war eine supersüße Idee von
dir, vielen Dank. Aber ich bin müde
von der Fahrt und will erst mal in
Ruhe ein Bad nehmen.

FRANK
Aber ich hab... mir so viel Mühe
gegeben. Du hast doch gesagt, du
freust Dich auf unser Wiedersehen.

KARLA
So war das doch gar nicht... Bitte
geh jetzt! Und nimm den Clown mit.

FRANK
Aber ich dachte... du und ich... Du
hast doch gesagt, dass...

KARLA
Das gibt's doch nicht! Frank, ich
habe gesagt, dass ich dich als
Dankeschön für's Wohnungshüten auf
einen Kaffee einlade, nicht, dass
ich was von dir will!

FRANK
Aber ich dachte...

KARLA
Was dachtest Du? Das wir zusammen
sind? Ich bitte dich! Wir waren und
sind nichts mehr als Kollegen und
wir werden auch nie etwas anderes
sein! Und jetzt...

FRANK
Du kannst mir nicht einfach einen
Luftballon aufblasen und ihn
fliegen lassen, wenn ich danach
greife.

KARLA
Wie bitte?

FRANK
Lass uns doch erstmal einen Schluck
trinken und seine (deutete auf den
Clown) Show anschauen. Wir lernen
uns besser kennen und vielleicht...

KARLA
Es gibt kein Vielleicht! Wenn du
jetzt nicht gehst, hole ich die
Polizei!

FRANK
Das tust Du nicht!

KARLA
Frank, es reicht jetzt!

FRANK
Ich werde dich nicht kampflos
aufgeben!

KARLA
Schön!

Karla holt ein Handy aus ihrer Tasche, wählt 110 und hält es sich ans Ohr. Frank und Karla schauen sich wütend in die Augen.

KARLA
Mein Name ist Karla Schöneberg, ich
brauche Hilfe. In meiner Wohnung
ist ein fremder Mann, der mich
bedroht. Bitte kommen sie schnell!
Meine Addresse ist...

Karla stockt mitten im Satz. Frank hat einen Revolver gezogen und zielt direkt auf Karlas Stirn. Der Clow hört sofort auf zu essen.

FRANK
(leise)
Leg sofort auf!

Karla überlegt kurz, ob sie was sagen soll, legt dann aber auf. Der Clown steht langsam auf.

FRANK
Wieso tust du sowas?

KARLA
Frank, ich...

FRANK
So geht das nicht! Das läuft total
falsch! Wir sollten uns verlieben,
heiraten, ein Kind bekommen... Aber
vielleicht gar nicht hier...
vielleicht erst dort...

KARLA
Wovon redest du?

FRANK
Erinnerst du dich an letztes Jahr?
Als ich ein halbes Jahr krank
geschrieben war.

KARLA
Dein Motorradunfall?

FRANK
Einen kurzen Augenblick geistiger
Umnachtung, einen kurzen Augenblick
nicht aufgepasst und BUMMS!

Karla und der Clown erschrecken.

FRANK
Ich war tot, Karla, tot. Ganze
dreieinhalb Minuten. Und während
ich dem Jenseits einen Besuch
abstattete, kam mir eine Vision.
Ich habe uns gesehen, Karla, uns
beide! Und wir waren zusammen! Du
warst mein! Du hast dich zwar
anfangs noch dagegen gewehrt, aber
mit der Zeit hast du dich daran
gewöhnt!

KARLA
Frank, das war ein Traum!

FRANK
Nein, eine Vision! Aber erst jetzt
verstehe ich sie voll und ganz! Es
war gar nicht im Diesseits! Es war
im Jenseits! Dort werden wir für
immer zusammen sein. Es wird
wunderschön!

KARLA
Frank, nicht!

Frank drückt ab, trifft Karla in die Brust. Der Clown erschrickt vor dem Schuss, ist wie gelähmt. Karla geht
schmerzverzerrt in die Knie, schaut Karl ungläubig an, dann fällt sie nach vorne um.

FRANK
Bis gleich, meine Liebe!

Frank dreht sich zu dem Clown um.

FRANK
Wir sehen uns!

Frank hält sich ohne zu zögern die Waffe gegen die Schläfe und drückt sofort ab. Leblos fällt er auf den Boden. Der Clown steht immer noch wie erstarrt da, schaut auf die bizarre Szene. Karla macht noch drei flache Atemzüge, dann ist auch sie still. Langsam geht der Clown um den Tisch rum, fühlt Karlas Puls, nimmt sich dann die Waffe, schaut sie sich an.

CLOWN (V.O.)
Ich würde ja gerne sagen, es war
mein verstecktes Heldentum, gepaart
mit der Aussicht, eine hübsche Frau
zu retten...

Der Clown geht wieder an seinen Platz, setzt sich, legt die Waffe neben den Teller und isst weiter.

CLOWN (V.O.)
... aber letztendlich waren die
ganzen Fragen, wie "Was ist, wenn
er Recht hat?" und "Wer soll es
denn sonst machen?" unbedeutend
gegen den lautesten und bald
einzigen meiner Gedanken:

Der Clown schaut direkt in die Kamera.

CLOWN (V.O.)
Was zum Geier mache ich hier
eigentlich?

Der Clown nimmt einen weiteren Löffel Suppe in den Mund. Schwarz.

TITELEINBLENDUNG

Gibt es eine bessere Form mit dem Leben fertig zu werden, als mit Liebe und mit Humor.
- Charles Dickens -


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 09.01.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
PERSONEN: CLOWN KARLA FRANK

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