Schmetterlinge im Bauch
Heute hat sie Zeit, denn sie ist allein zuhause. Viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Es ist April 2014 und es ist nicht warm und regnet noch. In der Zeitung steht allerdings, dass der Frühling in den Startlöchern steckt. Im TV wird ebenfalls gemeldet, dass der lange kalte Winter nun bald dem Frühling weichen muss. An sich machte ihr der Winter keine Probleme. Sie ließ ihren Gedanken freien Lauf und dachte an schöne Dinge in ihrem Leben. Ohne viel daran machen zu können, denkt sie an ihre Schulzeit. Ihr fällt ein, dass sie ein Gedicht von Eduard Mörike als Hausaufgabe gehabt hatte. Sie malt gerne und hat dieses Gedicht, das vom Frühling handelte mit sehr schönen Blumenranken umrahmt. Das Gedicht heißt „Er ist´s.“ Von der Lehrerin wurde sie gelobt, da ihr der Blumenkranz sehr gefallen hatte. Sie lächelt, als sie daran denkt.
Die Gedanken schweifen weiter. Sie denkt an ihre erste große Liebe. Ja, sie hatten sich sehr geliebt. Immer wenn sie sich sahen, hatte sie Schmetterlinge im Bauch und sie hatten wundervollen Sex gehabt. Es war die Zeit der Hippies. Sie gehörte zu ihnen. Sie kleidete sich so. Ihr damaliger Ehemann hatte sich für sie interessiert, weil sie so ungewöhnlich war. Die lockere und fröhliche Art hatte ihm gefallen. Sie war siebzehn und er fünfundzwanzig Jahre alt. Erst später hatte sie erfahren, dass er schon immer anders sein wollte und auch war. Er hatte schon einige Erfahrungen mit Frauen, die auch seinen Eltern gefielen. Er selbst hatte jedoch nie ernsthafte Absichten. Sie war genau der Typ, den er akzeptierte. Als sie achtzehn Jahre alt war, heirateten sie nur standesamtlich. Es war eine Mischehe und daher war eine kirchliche Trauung ausgeschlossen. Sie wollten seine Eltern und ihre Mutter, der Vater war verstorben, nicht enttäuschen. Für beide war es wichtig, verheiratet zu sein. Dazu fällt ihr ein Gedicht von Gottfried Keller ein: „Es blitzt ein Tropfen Morgentau im Strahl des Sonnenlichts. Ein Tag kann eine Perle sein und ein Jahrhundert nichts“ Dies war für beide so ein Tag.
Auch während ihrer ersten Ehejahre waren diese glücklichen Gefühle immer noch da. Diese unkonventionelle Art zu leben gefiel ihnen. Ihre Wohnung richteten sie ein, ohne viel Geld ausgeben zu müssen. Ihre Lieblingszeitschrift war und ist es immer noch die „Brigitte.“ Diese Zeitschrift bot immer sehr tolle Ideen für Kleidung und für Möbel. Sie hatten viele Anregungen für ihre kleine Wohnung umsetzen können. Der junge Ehemann war handwerklich sehr begabt und konnte viele Möbel fertigen und alte durch einen Anstrich oder auch sonst wie, wieder herrichten. Sie selbst hatte ebenfalls viele gute Ideen die Wohnung zu verschönern. Sie liebte Handarbeiten. Die Gardinen hatte sie selbst gehäkelt, Deckchen gestickt und einiges mehr. Dadurch wurde die Wohnung natürlich noch wohnlicher. Bei Spaziergängen brachte sie immer selbst gepflückte Blumen mit. Auch jetzt lächelte sie wieder und denkt, es war doch eine sehr schöne Zeit gewesen. Sie möchte diese nicht missen. Aber doch ist es so, wie Eduard Mörike sagte:
„Ist wie Wind, rasch und lebendig, ruhte nie, ewig ist sie, aber nicht beständig.“ Wie recht er doch hatte. Auch diese große Liebe zerbrach. Sie sind als Freunde auseinandergegangen. Im Nachhinein ist sie froh über diese faire Lösung.
Oder von Wilhelm Busch, der ihr auch einfällt:
„Hass, als Minus und Vergebens, wird vom Leben abgeschrieben. Positiv im Buch des Lebens steht verzeichnet nur das Lieben. Ob ein Minus oder Plus uns verblieben, zeigt der Schluss“.
So weit ist es noch nicht und sie geht zufrieden in ihren Alltag. Das Abschalten hat ihr gut getan.
Texte: walkyre
Bildmaterialien: Jürgen Nießen / pixelio.de
Tag der Veröffentlichung: 20.04.2013
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