Cover

Der Anfang

Hallihallo, ihr Lieben!

Als aller Erstes, möchte ich euch dafür danken, dass ihr bereit seid, euch die Ausgeburten meines irren Verstandes zu Gemüte zu führen. Und als Zweites möchte ich mich, schon mal im Voraus, für die Ausdrücke entschuldigen, die ich, leider, in diesem Buch verwenden musste.Ja ihr habt richtig gelesen, ich musste, sie verwenden, weil ich nur so die Gefühle richtig rüber bringen konnte, zumindest meiner Meinung nach.^^

Also gut, dann wünsche ich euch viel Spaß beim lesen und hoffe, dass es euch gefällt.

 

Liebe Grüße

Walditrici

 

 

 

 

1

 

 

 

Genüsslich schloss ich meine Augen und ließ die sengende Hitze, Besitz von meinem Körper ergreifen. Wohlige Schauer jagten durch meine nunmehr erhitzten Glieder, wodurch sich die feinen Härchen auf meinen Armen, begleitet von einem leichten prickeln, aufstellten.

„Scheiße, is´das geil.“, stöhnte ich genüsslich und ließ dem Seufzen in meiner Kehle freien lauf.

„Hmm.“, stimmte mir Jane zu. Ohne die Augen zu öffnen, führte ich die Zigarette in meiner Hand, an meine Lippen und nahm einen tiefen Zug. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich den gesamten Tag damit zugebracht, dort in der Sonne zu sitzen und mein Leben einfach nur in vollen Zügen zu genießen. Auch wenn der Sommer nicht meine Lieblingsjahreszeit war, verlangte mein Körper nach der wohltuenden Wärme der ersten starken Sonnenstrahlen, welche ihm in den letzten Monaten verwehrt blieben. Doch leider würden auch diese kostbaren Minuten bald ein Ende finden. Seufzend überprüfte ich die Uhrzeit auf meinem Handy, um zu sehen wie viel Zeit uns noch blieb, bis die Pause zu ende war. Leider hatten wir nur noch Zehn Minuten, bevor es zum Unterricht klingeln würde. Erneut zog ich an meiner Zigarette.

„Hey Baby, gibst du mir deine Nummer?“, fragte mich ein kahlköpfiger Typ, der sich neben unsere Bank gestellt hatte. Er trug eine olivgrüne Bomberjacke, weite, schwarze Hosen mit vielen Taschen an den Seiten und ungefähr fünf dicke, goldene Ketten um den Hals. Widerlich.

„Na klar, die steht im Telefonbuch, unter L wie Leck mich!“, lächelte ich.

„Gerne, wie wär´s mit Samstag, um acht?“

„Oh, tut mir Leid, aber gerade dieses Wochenende hab ich Kopfschmerzen.“, mit diesen Worten stand ich auf und machte mich auf den Weg in die Schule. Der Glatzkopf stand immernoch da und starrte mir verdattert hinterher. Jane folgte meinem Beispiel und gesellte sich zu mir.

„Der Typ hatte sie doch echt nicht mehr alle.“

„Hmm, sag ihm das und nicht mir, dachte der ernsthaft, dass er mit solchen Sprüchen bei mir landen würde?“

„Nein, ich meine, dass der mich einfach ignoriert hat. Gott, sehe ich so scheiße aus?“, fragte sie mich ehrlich verzweifelt. Ich blieb stehen und starrte sie ungläubig an.

„Jane, das ist doch jetzt nicht dein ernst, oder? Der ist unter deinem Niveau.“, versuchte ich sie zur Vernunft zu bringen. Jane war alles andere als hässlich. Es gab eine Menge Typen, die auf sie standen. Sie hatte lange, braune Haare, braune Augen und eine wirklich tolle Figur. Wie konnte sie sich nur für so einen Idioten interessieren? Sie konnte doch viel bessere haben wenn sie wollte.

„Also ich fand ihn echt heiß.“, versuchte sie sich zu verteidigen.

„Echt Jane, dein Männergeschmack ist widerlich.“, entgegnete ich ihr und betrat die Schule.

 

Der Rest des Schultages, schlich nur so an uns vorbei. Als wir es dann endlich geschafft hatten, beeilte ich mich damit meine Sachen in meiner Tasche zu verstauen, denn Nathan, mein Freund, würde draußen auf mich warten. Schon von weitem konnte ich ihn erkennen. Er stand ganz lässig ans Auto gelehnt und lächelte mich frech an. Nathan hatte etwas längere, dunkelbraune, fast schwarze Haare, schokobraune Augen und war etwa 1,78m groß. Er trug immer noch seine Arbeitsklamotten. Einen schwarzen Nadelstreifenanzug, darunter ein schwarzes Hemd und eine rote Krawatte. Er sah einfach nur zum anbeißen aus. Nathan war mein Leben, ich liebte ihn mehr als alles andere auf der Welt. Ich hätte alles dafür gegeben, nur um bei ihm sein zu können. Wir waren seit fast zwei Jahren zusammen und ich hatte alles für ihn aufgegeben. Meine Freunde, meine Familie, meine Heimatstadt, einfach alles. Doch ich wusste, dass ich das richtige getan hatte. Ich hätte alles nochmal genau so gemacht, hätte jeden begangenen Fehler, wiederholt, denn alles, jeder noch so kleine Zufall, jedes Missgeschick und jede Entscheidung, ob falsch oder richtig, hatten mich letztendlich zu ihm geführt. Und das war es mir wert, denn ich wusste das er mich genauso Liebte wie ich ihn. Ich hatte meinen Seelen-verwandten gefunden.

Endlich bei ihm angekommen, ließ ich meine Tasche auf den Boden fallen und umarmte ihn.

„Ich hab dich vermisst.“, flüsterte er mir ins Ohr.

„Ich dich auch, Hasi. Es war voll langweilig ohne dich.“

„Bei mir auch, Schatz.“, er drückte mich noch einmal fest an sich und gab mir dann einen, gefühlvollen, Kuss.

„Katy, können wir dann endlich los?“, Jane stand genervt hinter uns und tippte mit ihrem Zeigefinger auf eine imaginäre Uhr auf ihrem Handgelenk.

„Jaja, nerve nicht rum.“, sagte ich und seufzte. Wir stiegen ins Auto ein und fuhren los.

„Und, wie war Schule, so?“, fragte mich Nathan als ich mir gerade eine Zigarette anzündete.

„Naja wie immer, scheiße halt.“, erzählte ich ihm und zuckte mit den Schultern.

„Immerhin ist es schon Donnerstag. Ihr müsst nur noch morgen zur Schule und dann ist Wochenende.“, versuchte mich Nathan auf zu muntern.

„Ja ja, du hast ja recht, aber dafür muss ich ab Sonntag wieder arbeiten.“

„Ja, aber auch nur bis Mittwoch und denn hast du wieder frei.“

„Hmm.“, brummte ich genervt und gab mich damit geschlagen.

 

Nachdem wir Jane abgesetzt hatten, fuhren wir an der Videothek ran und liehen uns einen Film aus. Wir

hatten beschlossen uns heute einen gemütlichen Abend auf der Couch zu machen. Es war ein wunderbar, stürmischer Sommerabend. Wer hätte gedacht, dass auf den Wolkenlosen Himmel, vom Vormittag, so ein Sturm folgen würde. Der Regen peitschte, ohne Rücksicht auf Verluste, gegen die Fenster. Der Wind heulte ums Haus und pfiff durch jede, noch so kleine, Ritze.

Wir zündeten ein paar Kerzen an und machten es uns, mit Massen an Süßigkeiten, vor dem Fernseher bequem. Nach langem diskutieren, in der Videothek, hatte ich meinen Willen, einen schnulzigen Liebesfilm, bekommen und Nathan stöhnte bei jeder klischeehaften Szene, genervt auf.

„War ja klar, dass gerade sie, in dem Moment da steht, wenn er aus dem Fenster guckt.“

„Schatz, das ist ein Liebesfilm, die muss da stehen.“

„Aber, das ist doch voll unlogisch, warum guckt der überhaupt aus dem Fenster, hat der keine Beschäftigung? Oder is der´n Spanner? Bestimmt holt er gleich sein Fernglas raus und guckt irgendwelchen Frauen beim umziehen zu, aber das haben die bestimmt raus geschnitten.“

„Du bist so doof, Hasi.“, meckerte ich ihn, gespielt ernst, an.

„Ich weiß und deswegen liebst du mich.“, entgegnete er mir mit einem frechen Grinsen auf dem Gesicht.

„Hmm, da könntest du sogar Recht haben, aber es gibt noch ganz andere Sachen die ich an dir Liebe.“, stellte ich, mit einem zweideutigen Grinsen auf dem Gesicht, fest und malte, mit meinem Zeigefinger, große Kringel auf seinen Oberkörper.

„Achso? Und die wären?“, hauchte er mir verführerisch ins Ohr.

„Naja, du bist verdammt sexy, bringst mich zum lachen und bist gut im Bett. Außerdem liebst du mich auch.“

„Heißt das, wenn jemand sagt, dass er dich liebt, ist das für dich ein Grund ihn auch zu lieben?“, stellte er, gespielt empört, mehr fest, als dass er es fragte.

„Nein, nur wenn du es sagst.“, entgegnete ich und lächelte erneut.

„Na das beruhigt mich ja jetzt ungemein.“, grinste er, hob mich ohne Vorwarnung auf seine Arme und setzte sich in Bewegung.

„Was soll das denn jetzt werden? Wo willst du hin?“, fragte ich, wobei mir langsam, aber sicher wohlige Schauer über den Rücken jagten, denn ich wusste genau was er vor hatte.

„Na drei mal darfst du raten. Du hast gesagt ich wäre, nur, gut im Bett. Das muss ich richtig stellen.“, erklärte er, vollkommen ernst, bevor sich ein verschmitztes Grinsen auf sein Gesicht stahl.

„Na wir sind ja heute von uns selbst überzeugt, glaubst du denn, dass du das schaffst?“

„Davon geh´ ich aus. Immerhin bin ich doch verdammt sexy, wenn man dir glauben darf.“

„Naja, vielleicht nicht verdammt sexy, aber schon ziemlich.“, schmunzelte ich.

„Ach so? Na warte!“, und mit diesen Worten ließ er mich auf´s Bett fallen. Ich musste lachen und sah ihn erwartungsvoll an.

„Nu? Ich warte doch, aber es passiert nichts.“, jetzt fing auch er an zu lachen und stürzte sich förmlich auf mich. Er bedeckte meinen Körper mit seinem, sodass ich mich kaum bewegen konnte, und sah mir tief in die Augen. Es lag so viel Liebe in seinem Blick, dass ich nur so dahin schmolz.

„Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich liebe?“, flüsterte er, mit verführerischer Stimme. Ich wusste nicht was ich darauf antworten sollte. Natürlich sagte er mir oft genug, wie sehr er mich liebte, aber ich war einer von den Menschen die, auch wenn man ihnen seine Liebe gestand, immernoch zweifelten. Nicht weil ich dachte, dass er lügen würde, sondern weil ich es einfach nicht fassen konnte, dass ich ihn verdient hatte.

Eine kleine, dumme Stimme, ganz tief in mir drin, war der festen Überzeugung, dass ihm etwas besseres zustand, als so eine blöde Pute, wie ich eine war. Ja genau, ihr habt richtig gelesen, ich hörte eine Stimme in meinem Kopf, die mich beleidigte, und blöde Pute war noch eine ihrer harmloseren Bezeichnungen für mich.

Es war nicht so, als ob sie richtig mit mir redete, zumindest nicht immer. Meistens warf sie mir, in dummen Situationen, nur wahllos, irgendwelche Schimpfwörter an den Kopf. Nicht, dass ihr mich jetzt für verrückt haltet. Jeder hat doch so einen kleine Stimme im Kopf, die einem, zum Beispiel bei schweren Entscheidungen, versucht zu helfen, oder einen zum falschen Entschluss überreden will.

Es ist doch dieses typische Bild, von einem kleinen Engelchen, auf der einen, und einem Teufelchen auf der anderen Schulter. Nur hatte ich das Gefühl, dass mein Engelchen Dauerurlaub machte. Vielleicht wurde es auch von meinem Teufelchen entführt und irgendwo eingesperrt, wo ich es nicht hören konnte. Ich wusste es nicht, aber traute diesem kleinen Biest alles zu und auch wenn ich versuchte nicht auf das zu hören, was dieser Bastard von sich gab, hatte er, nicht selten, recht behalten.

Auch bei meinem Ex- Freund, hatte mir mein Teufelchen das Vertrauen zu ihm genommen. Ich versuchte immer meine Eifersucht nicht zu zeigen, was mir auch gelang, bis er mir dann gestand dass er mich, mit seiner Ex, betrogen hatte. Ich kam zu dem Entschluss, dass dieses kleine

Miststück, tief in mir drin, mir vielleicht doch nicht immer nur Böses wollte. Doch dieses Mal, hatte sie sich getäuscht. Auch wenn sie es geschafft hatte, ganz tief, in der hintersten Ecke meiner Seele, Zweifel zu säen, redete ich mir selbst immer wieder gut zu. Nathan liebte mich und auch wenn mein Teufelchen recht behalten sollte, was ich wirklich nicht hoffte, wollte ich die Zeit, in der wir glücklich waren, so sehr genießen wie nur ich konnte. Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich vollkommen vergaß, dass Nathan immernoch auf eine Antwort von mir wartete. Er sah mich verwundert und abwartend an. Doch dann konnte ich Erkenntnis in seinen Augen auf blitzen sehen.

„Schatz, das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“, flüsterte er tadelnd.

„Hmm? Ich hab doch noch gar nichts gesagt.“

„Katy. Liebes. Du bist mein Leben. Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt und daran wird sich niemals etwas ändern. Warum zweifelst du immernoch an meinen Worten? Was soll ich tun, damit du mir glaubst?“

„Ich glaub dir doch. Du weißt das ich dich auch, mehr als alles andere, liebe. Du musst mir gar nichts beweisen.“, versuchte ich mich zu verteidigen. Leider war meine Trauer mehr als deutlich. Natürlich entging ihm das nicht.

„Schatz, ich kann deine Zweifel, an meinen Worten, in deinen Augen sehen.“, bei diesen Worten, klangen Verzweiflung und Trauer in seiner Stimme mit.

„Nathan, ich habe keine Zweifel, das was du da siehst, ist einfach nur pure Angst. Angst, dass du eine bessere findest und dich in sie verliebst. Angst, dass du mich verlässt und Angst, vor dem was dann aus mir wird.“, die letzten Worte flüsterte ich nur noch. Ich ließ meinen Kopf hängen und heftete meinen Blick auf meine Hände, mit denen ich an einem Zipfel der Bettdecke, herumspielte.

„Du bist mein Leben und ohne dich wäre mein Dasein nicht mehr gerechtfertigt. Jeder einzelne meiner Gedanken dreht sich nur um dich. Wenn du nicht bei mir bist, fühlt es sich an, als ob ein Teil von mir fehlt und das ist mein purer Ernst.“, jetzt sah ich ihm wieder tief in die Augen und versuchte aus ihnen, seine Reaktion auf meine Gefühle, zu lesen. Doch da war....nichts! Ich konnte sie nicht deuten. Erneut versuchte ich es. Da musste doch irgendwas sein und dieses mal konnte ich auch etwas erkennen.

Ich hatte Verwirrung, oder sogar Spott, erwartet. Doch das einzige was ich sah, war so etwas wie Entschlossenheit und...Anerkennung?

„Hör zu Katy, das wird niemals passieren, dass schwöre ich dir auf alles was mir heilig ist.“, nun konnte ich die Entschlossenheit auch in seiner Stimme hören. Ratlos, was ich darauf antworten sollte, starrte ich wieder auf meine Hände. Enttäuscht über mich selbst, da mein Kopf es nicht zulassen wollte, dass seine Worte meine Angst auch nur ansatzweise verringerten, ließ ich es zu, dass das kleine Dreckstück, tief in meinem Innern, das Wort ergriff.

Pah! Was soll das heißen, alles was ihm heilig ist? Was ist schon wichtiger als die Liebe? Und wenn er dich liebt, soll er es beweisen!

Das war gar nicht mal so dumm. Ich wusste nicht ob es richtig war, in so einer Situation auf das kleine Biest zu hören, aber ich tat es einfach.

„Schwöre es mir auf mein Leben!“, flüsterte ich, jedoch mit einer Bestimmtheit in der Stimme, die mich selber überraschte. „ Ich soll was?“, fragte er, sichtlich überrascht.

„Du hast mich schon richtig verstanden. Ich möchte das du es mir auf mein Leben schwörst, denn eins steht fest: Ich will, kann und werde nicht weiterleben, wenn du nicht mehr zu meinem Leben gehörst. Denn ohne dich ist es nichts mehr wert.“, die Überzeugung in meinen Worten, blieb weiterhin enthalten. Ja, genau das war es, was ich von ihm hören wollte. Mein kleiner Teufel hatte mir das erste mal seid langem einen guten Rat gegeben. Vielleicht wurde er ja weich? Wer weiß, aber es wäre mal eine schöne Abwechslung. Ich richtete meinen Blick wieder auf Nathan. Er sah immernoch leicht verwirrt aus. Als er realisierte, dass ich ihn beobachtete, schaute er mir direkt in die Augen.

„Katy, du bist für mich das wichtigste auf der ganzen Welt, deswegen fällt mir das jetzt sehr schwer, aber wenn du es wirklich willst, werde ich es sagen.“

„Ja das will ich.“, war meine kurze Antwort.

Warum zögert er so lange? Warum sagt er es nicht einfach? Bestimmt ist er sich nicht sicher, ob er das Versprechen einhalten kann. Vielleicht hat er ja schon längst eine andere. Hast du daran schon mal gedacht, hä?

Halt doch einfach mal die Klappe. Wies ich das Miststück, in Gedanken, zurecht und verbannte es wieder in die dunkle Ecke meines Verstandes, in die es gehörte. Abwartend sah ich Nathan an.

„Ich schwöre dir auf dein Leben, dass ich nur dich liebe und keine andere, jemals etwas daran ändern wird.“

„Danke.“, natürlich hatten mir seine Worte, meine Ängste nicht genommen, aber sie hatten sie zumindest schrumpfen lassen und das war, in meinen Augen, schon viel wert. Überglücklich lächelte ich ihn an. Er

lächelte zurück und zog mich in eine feste Umarmung.

„Ist jetzt alles wieder gut?“, flüsterte er in mein Ohr.

„Ja.“, antwortete ich mit schwacher Stimme. Das alles hatte mich ziemlich mitgenommen. Es erinnerte mich an meine Ängste, die ich normalerweise, irgendwo ganz tief in meinem Kopf, zusammen mit schlechte Kindheitserinnerungen, peinlichen Situationen, Albträumen und allem anderen an das ich nicht denken wollte, unter Verschluss hielt. Und dort warteten sie, wie Luftblasen unter Wasser, um bei der ersten sich bietenden Gelegenheit, an die Oberfläche meines Verstandes zu steigen und mich zu quälen. Doch für heute würden sie weg gesperrt bleiben und ich konnte mich nur auf das konzentrieren was mir wirklich wichtig war. Nathan.

 

 

Das Kennenlernen

2

 

„Was soll das heißen, du kommst heute nicht zur Schule.?“

„Es tut mir Leid, aber ich hab heute echt keinen Bock.“, meinte Jane seufzend.

„Man Jane, du hast schon genug Krank-tage, wenn du nicht aufpasst, wirst du noch gekündigt.“, Versuchte ich sie zur Vernunft zu bringen.

„Ach, wenn der Chef das wollen würde, wäre ich schon längst draußen. Ein Tag mehr oder weniger, wird schon nicht auffallen.“

„Wie du meinst, ich halte das trotzdem für keine gute Idee.“ Resigniert schüttelte ich mit dem Kopf.

„Ja ich weiß, sehen wir uns dann Morgen?“

„Mal gucken, vielleicht hast du ja morgen auch ganz plötzlich keine Lust zu feiern.“ In meinen Worten schwang offensichtlicher Sarkasmus mit, was Jane jedoch nicht störte.

„Komm schon, sei nicht sauer auf mich, außerdem auf feiern hab ich immer Lust.“

„Ja ja, ich muss jetzt los. Manche Leute müssen heute zur Schule. Ich komm nachher noch mal vorbei.“

„Ja mach das. Bis nachher denn, Tschöö.“

„Hmm.“, war meine einzige Antwort. Genervt legte ich auf und schmiss mein Handy in meine Tasche.

„Was ist denn los?“ Nathan stand hinter mir, er hatte wahrscheinlich alles mit angehört.

„Jane hat wiedermal keinen Bock auf Schule.“, erklärte ich.

„Is doch nicht so schlimm, denn bist du halt heute mal alleine, das bekommst du schon hin.“, versuchte er mich aufzumuntern. Er hatte ja recht, das Problem war nur, dass ich bestimmt vor Langeweile sterben würde. Jane und ich hatten keinen besonders guten Ruf an der Schule. Die meisten hatten zwar Respekt vor uns, aber genau das hielt sie auf Abstand. Keiner legte sich mit uns an, was aber auch bedeutete, dass wenn einer von uns nicht zur Schule kam, der andere vollkommen alleine da stand.

Seitdem wir ein Mädchen psychisch so fertig gemacht hatten, weil sie Jane gedroht und einfach eine gescheuert hatte, bis diese freiwillig weggezogen war, hielten sich die anderen von uns fern, zumindest die Mädchen. Ich weiß, das ist nicht die feine englische Art, aber sie hatte es nicht anders verdient. Außerdem konnte sie froh darüber sein, dass ich Jane zurück halten konnte, sonst wäre das alles nicht so glimpflich ausgegangen.

„Hmm.“, brummte ich erneut.

„Gut Schatz, ich muss jetzt zur Arbeit, wir sehen uns dann heute Abend, ja?“

„Ja, bis dann, ich liebe dich.“

„Ich liebe dich auch. Lass dich nicht ärgern.“, verabschiedete er sich, gab mir noch einen Kuss auf die Stirn und wand sich zum gehen.

„Ich doch nicht.“, rief ich ihm noch hinterher, bevor er die Tür hinter sich schloss. Da Nathan heute länger arbeiten musste, würde ich mit meinem Auto zur Schule fahren müssen. Seufzend warf ich einen Blick auf die Uhr im Wohnzimmer. Eigentlich hatte ich noch eine halbe Stunde Zeit, bis ich hätte losfahren müssen, aber ich wollte nich alleine zu hause rumsitzen. Aus diesem Grund schnappte ich mir meine Sachen und machte mich auf den Weg.

Bevor ich zur Schule fuhr, holte ich mir noch einen Kaffee zum mitnehmen, der war verdammt nötig. Dieser ganze Tag kotzte mich jetzt schon an. Endlich an meinem Ziel angekommen, parkte ich direkt an der kleinen Nebenstraße die zum Hauptgebäude führte. Ich stieg aus und lehnte mich, mit meinem Kaffee und einer Zigarette in der Hand, an meinen kleinen, alten Opel-corsa. Es waren noch nicht besonders viele Menschen zu sehen, was ja eigentlich logisch war, immerhin begann der Unterricht erst in einer dreiviertel Stunde und wer, außer mir, war schon so irre mehr Zeit als nötig in der Schule zu verbringen.

Langsam trudelten immer mehr Leute ein, begrüßten und unterhielten sich. Manche sahen zu mir rüber, drehten sich dann wieder zu ihren Freunden und fingen an irgendwas zu flüstern. Doch das störte mich nicht im geringsten. Sollten sie doch lästern, da stand ich drüber. Plötzlich richteten sich alle anwesenden Augenpaare, auf das Ende der Straße. Na ja, fast alle.

Ich wusste genau was, oder besser gesagt wen, sie da anstarrten. Christin. Eine furchtbare Person. Sie sah aus wie Barbie höchst persönlich, hielt sich selber für die Königin der Schule und natürlich, wie sollte es anders sein, fand sie tatsächlich Idioten die der selben Meinung waren. Allen voran Dumm und Dümmer, ihre beiden Abziehbildchen. Für die beiden galt die Devise: Wenn Christin sagt spring, fragst du wie hoch! Aber das war ja jedem seine Entscheidung.

Ich ließ meinen Blick schweifen und entdeckte ein Mädchen das alleine an einer Mauer stand und sich verwirrt um blickte. Wahrscheinlich war sie neu hier. Allem Anschein nach bemerkte sie den ganzen Rummel um Christin nicht einmal. Sie hatte hellbraune Haare, die ihr bis zur Schulter gingen, war ein bisschen kleiner als ich und hatte eine eher normal gebaute Figur. Alles in allem, war sie ganz hübsch.

Hilflos irrte sie zwischen den Grüppchen herum, direkt auf unsere möchtergern Königin zu. Das würde interessant werden. Die Neue starrte auf den Boden, stolperte -warum auch immer- und fiel direkt in Christin´s Arme. Der wahrscheinlich fettfreie und mit Sojamilch angereicherte Kaffee verteilte sich dabei, in einem sehr interessanten Muster über Christin´s superteure Klamotten. Dumm und Dümmer erkannten die Gefahr und musterten ihre Anführerin bereits mit ängstlichem Blick. Diese lief rot an und stand kurz vor der Explosion. Es kam mir fast so vor als ob die gesamte Schülerschaft die Luft anhielt.

„Sag mal hast du keine Augen im Kopf, oder ist dir dein Leben einfach zu langweilig? Wenn du Stress willst, dann sag es einfach!“, schrie sie das völlig verängstigte Mädchen an.

„N...Nein, es t...tut mir L...Leid.“, stotterte die kleine und heftete ihren Blick erneut auf den Boden.

„Das sollte es auch du kleines Miststück.“ Sie war anscheinend ganz schön in Rage. Die Neue sah so aus als würde sie gleich los heulen, doch Christin war noch lange nicht mit ihr fertig.

„Wenn du noch einmal...“

„Ach halt doch einfach deine dumme Fresse. Da kommt sowiso nur Scheiße raus. Sie hat sich entschuldigt und damit hat sich´s.“, unterbrach ich sie. Das konnte sich ja keiner mit anhören.

„Was mischst du dich da überhaupt ein? Das geht nur sie und mich etwas an. Also halt du doch einfach deine Fresse.“, sie schrie immernoch, anscheinend hatte sie vergessen mit wem sie sich hier gerade angelegt hatte. Völlig ruhig stieß ich mich von meinem Auto ab und schlenderte langsam auf sie zu. Bei ihr angekommen beugte ich mich leicht vor, sodass sich mein Mund nun direkt neben ihrem Ohr befand.

„Ich hoffe doch ich habe mich gerade verhört. Anscheinend hat dir das ganze Haarspray die kleine rosa Masse in deinem holen Kopf, die sich Gehirn schimpft, vernebelt. Ich habe gesagt, dass du sie jetzt in Ruhe lassen sollst. Also schwing deinen fetten Arsch in die Schule und vergiss die ganze Sache. Außer natürlich du und deine schlecht operierte Nase, wollen unbedingt Bekanntschaft mit meiner Faust machen. Haben wir uns verstanden?“ Ich lehnte mich wieder zurück und schenkte ihr ein zuckersüßes Lächeln.

„Also, hast du vielleicht noch etwas zu sagen?“, fragte ich, mit hochgezogener Augenbraue. Nicht das ihr jetzt denkt, dass ich eine Schlägerbraut wäre. Nein ganz im Gegenteil, ich hatte noch nie jemanden wirklich geschlagen und hatte es auch nicht vor, aber das wusste sie ja nicht. Man musste ihr nur zeigen wer hier das Sagen hatte.

„Du hattest verdammtes Glück.“, keifte sie an die Neue gerichtet und stapfte davon.

„Danke.“, piepste die kleine neben mir.

„Schon Okay.“ Ich drehte mich um und ging zu meinem Auto.

„Ich bin übrigens Jacky.“ Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass sie mir gefolgt war.

„Katy, und lass dich von der nicht einschüchtern, denn das ist genau das was sie will.“, gab ich zurück, schnappte meine Tasche und machte mich auf den Weg in meine Klasse.

 

 

Der Schultag ging erstaunlich schnell um. Es stellte sich heraus, dass Jacky in meine Klasse ging. Sie hatte sich neben mich gesetzt und wie ein Wasserfall auf mich eingeredet. Eigentlich war sie ganz nett. Sie hatte mir erzählt, dass sie erst vor kurzem hie her gezogen war und noch niemanden kannte. Aus diesem Grund lud ich sie ein, am Samstag mit uns feiern zu gehen. Sie stimmte zu, verabschiedete sich von mir und ich machte mich auf den Weg.

 

Die Begegnung

3

 

 „Schatz, wie lange brauchst du denn noch? Wir müssen los!“

„Nur noch Fünf Minuten.“

„Das hast du schon vor einer halben Stunde gesagt.“

„Ja, aber jetzt sind es wirklich nur noch Fünf Minuten.“

„Ok, beeil dich einfach.“

„Bin gleich fertig.“ Nathan schien langsam wirklich genervt zu sein, aber was erwartete er den denn? Trotz der Tatsache das wir nun schon über ein Jahr zusammen wohnten, führten wir jedes mal die gleiche Diskussion. Mein Gott, Mädchen brauchen nun mal eine gewisse Zeit im Bad, bis sie mit ihrem Äußeren zufrieden sind.

Nach weiteren Fünfzehn Minuten war ich dann auch fertig. Ich hatte meine Haare zu großen Locken aufgedreht, meine Augen tief schwarz geschminkt, meine schwarze Röhrenjeans und ein rücken freies, schwarz-rotes Oberteil angezogen. Ungeschminkt, hielten mich die meisten für die Unschuld vom Lande.

Ich hatte ein sehr feminines, fast kindliches, rundes Gesicht und genau das weckte in vielen Männern einen Beschützerinstinkt. Wenn ich geschminkt war, war es nicht ganz so schlimm, doch den Satz ´das hätte ich jetzt von dir gar nicht erwartet´ musste ich mir schon etliche male anhören.

„Schatz, wir müssen jetzt wirklich los!“, mit einem genervten Seufzer öffnete ich die Badtür und trat in den Flur. Ich setzte ein zuckersüßes Lächeln auf und wartete auf Nathan´s Reaktion. Er starrte mich nur mit großen Augen an.

„Okay, das Warten hat sich wirklich gelohnt.“, ich zuckte mit den Schultern.

„Das hab ich doch gesagt und jetzt komm wir müssen los.“

„Na dann.“ Ich zog meine Schuhe an und schnappte mir meine Handtasche.

 

Vor dem Club warteten bereits immens viele Leute, unter ihnen auch Jane und Jacky. Wir schnappten unsere Sachen und machten uns auf den Weg zu ihnen.

„Wartet ihr schon lange?“

„Nein wir sind auch gerade erst angekommen.“ Wir begrüßten uns mit einem kurzen Kuss auf die Wange und zündeten uns eine Zigarette an.

„Ach ja, Nathan das ist Jacky, Jacky, Nathan.“ Nathan lächelte Jacky freundlich an, die wiederum schien ihren Augen nicht ganz zu trauen. Ja ja, mein Freund war schon eine verdammt geile Sau.

Vertrau ihr nicht! Du kennst sie noch nicht richtig, also sei vorsichtig. Sie führt nichts gutes im Schilde. Du musst verdammt aufpassen, wenn du Nathan nicht verlieren willst!

Ach nun hör schon auf, genau das gleiche hast du auch bei Jane gesagt und was ist passiert? Gar nichts. Mein Teufelchen wollte sich anscheinend wieder wichtig machen. Ich meine ich glaubte ihm nicht, aber es konnte ja nicht falsch sein, sein Revier ein bisschen zu markieren. Deswegen legte ich einen Arm um Nathan´s Mitte, kuschelte mich an ihn und gab ihm einen Kuss. Natürlich nur, damit auch wirklich alle anwesenden Frauen mitbekamen das dieser Leckerbissen allein mir gehörte und ich nicht bereit war zu teilen.

Nach gut einer halben Stunde lustigem -Sarkasmus- Schlange stehen, wurden wir dann endlich in den Club gelassen. Das „Dark“ war sehr angesagt und immer gut besucht. Alles war Schwarz-Weiß gehalten und das einzige Licht kam von Schwarzlichtröhren, die im gesamten Club verteilt waren.

„Süße ich muss mal ganz dringend für kleine Mädchen.“ Jane hüpfte bereits ungeduldig von einem Bein aufs andere.

„Ja schon gut. Nathan würdest du uns schon mal was zu trinken besorgen? Wodka-E.“

„Na klar.“ Ich gab ihm noch einen Kuss und sah wartend zu Jacky.

„Kommst du?“, fragte ich kurz. Sie nickte und wir machten uns auf den Weg zu den Toiletten. Auch dort gab es nur wenig Licht, doch es war im großen und ganzen wenigstens ein bisschen heller als im eigentlichen Club. Jane verschwand sofort in einer der Kabinen, Jacky und ich lehnten uns gegen das Waschbecken und warteten.

„Und wie gefällt´s dir so?“

„Also der Club is einfach nur geil. Anders kann man ihn glaube ich gar nicht beschreiben.“

„Deswegen ist er ja auch so angesagt. An manchen Tage ist es echt schwierig rein zu kommen.“ „ Naja die Kerle hier sind ja auch nicht von schlechten Eltern und wenn ich das sagen darf, Nathan ist der Hammer.“

„Ich weiß.“ Lächelte ich ein wenig stolz. Ein leises Klicken, lenkte meine Aufmerksamkeit auf die Kabinentür hinter der Jane verschwunden war.

„Katy, Schatz, würdest du uns ein wenig Privatsphäre verschaffen?“

„Aber natürlich Süße.“ Ich drehte mich Richtung Tür und verschloss diese von innen. Die Verwirrung in Jacky´s Gesicht war deutlich zu erkennen. Jane öffnete ihre Tasche und zog ein kleines Etui heraus. Dieses klappte sie auf und zum Vorschein kamen ein kleiner, randloser Spiegel, eine Plastikkarte, die ungefähr so groß wie eine Kreditkarte war,ein kleines Tütchen mit weißem Inhalt und ein silbernes Röhrchen.

„Dann kann die Party ja steigen. Katy?“ Ich schüttelte nur den Kopf.

„Okay, ich wollte nur der Höflichkeit halber fragen. Jacky?“ Dieses kleine, harmlos aussehende Mädchen, schaute fragend zu Jane auf.

„Ich weiß nicht. Ich würde ja schon gerne. Was passiert denn, wenn ich das nehmen?“ Neugierde schwang in ihrer Stimme mit.

„Das ist nur Speed, du fühlst dich halt wacher und bist einfach nur glücklich. Außerdem wirst du nicht so schnell betrunken, spürst kleinere schmerzen, wie zum Beispiel einen Kratzer, nicht mehr so stark oder gar nicht, du hast weniger Hemmungen und dir wird verdammt warm werden. Also zumindest ist das bei mir so. Es wirkt sich halt bei jedem ein wenig anders aus.“

„Naja probieren kann ich´s ja mal.“

„Ok, aber du bekommst erstmal nur ein bisschen.“ Jane holte ein kleines Häufchen aus der Tüte und zerkleinerte es mit der Karte. Dann verteilte sie das weiße Pulver auf zwei Linien auf dem Spiegel. Eine etwas kleiner und dünner. Sie hielt das Röhrchen ein Stück in ihre Nase, holte durch diese tief Luft und bewegte das Röhrchen an der weißen Linie entlang, welche dadurch vollständig verschwand. Dann schniefte sie noch einmal, schüttelte sich leicht und reichte den Spiegel an Jacky weiter.

„Einfach ganz tief Luft holen, es darf nicht in der Naseninnenseite hängen bleiben, das wäre nicht so gut.“ Jacky zögerte eine Weile, traute sich dann aber doch die nur etwa zwei Zentimeter lange Linie in ihre Nase zu ziehen. Ich musste lächeln da auch ich bei meinem ersten Versuch so lange gezögert hatte. Man musste sich halt überwinden, da es am Anfang eine komische Vorstellung ist, sich irgendein Pulver in die Nase zu ziehen. Jetzt war ich froh darüber nicht an ihrer Stelle zu stehen und schon zu wissen, was sie gleich herausfinden würde. Genau in diesem Moment zeichnete sich Ekel auf Jacky´s Gesicht ab und ihr stiegen Tränen in die

Augen. Sie schüttelte sich angewidert.

„Ekelig ne.“, fragte ich sie belustigt. Sie sah mich nur geschockt an und nickte.

„Das ist gleich vorbei.“, beruhigte Jane sie. Mir waren beim ersten Mal ebenfalls Tränen in die Augen gestiegen. Es fühlte sich in etwa so an als würde man sich Nasenspray in die Nase sprühen obwohl sie nicht verstopft war. Es brannte und war einfach nur unangenehm.

„Geht schon wieder.“, meinte Jacky.

„Das war´s aber noch nicht.“ Ich legte ihr meine Hand beruhigend auf die Schulter.

„Wie jetzt?“

„Das wirst du gleich sehen.“ Ich lächelte immernoch und zündete mir eine Zigarette an. Und wieder verzerrte sich ihr Gesicht.

„Das fühlt sich an als ob mir ein riesiger Klumpen im Rachen feststeckt.“

„Na los, lasst uns wieder na vorne gehen. Du trinkst ein bisschen was und denn geht’s dir gleich etwas besser.“ Jacky nickte und wir machten uns wieder auf den Weg an die Bar. Kurz bevor wir ankamen, entdeckte ich eine Blondine, in einem viel zu kurzem Kleid, die direkt auf Nathan zuging. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Jane und Jacky starrten mich fragend an.

„Was ist los?“ Ich nickte nur leicht zur Bar. Sie folgten meinem Blick und Jane wurde furchtbar wütend.

„Der Schlampe solltest du den Kopf abreißen.“ Die Blondine lehnte sich lasziv direkt vor Nathan an die Theke und gab ihm so einen Guten Einblick in ihr Dekolleté. Wie von der Tarantel gestochen machte ich mich auf, der Schlampe zu zeigen, dass sie ihre dreckigen Finger von meinem Freund lassen sollte. Geschickt drängte ich mich zwischen die beiden und sah der Tussi direkt in die Augen.

„Pass mal auf du kleines Miststück, er gehört mir. Also such besser das weite bevor ich dein Gesicht ein bisschen umgestalte. Verstanden?“ Die Blondine sah mich nur abwertend an und wand sich dann wieder Nathan zu. Die Alte hatte doch völlig den Verstand verloren, oder?

„Also wenn du keine Lust mehr auf die kleine Zicke hast, dann ruf mich doch an.“ Sie lächelte ihn noch verführerisch an, legte ein kleines Kärtchen mit ihrer Telefonnummer vor ihn und wand sich zum gehen.

„Tut mir ja Leid, aber so tief werde ich bestimmt nie sinken, dass ich mit dir in die Kiste steige, wer weiß was ich mir da für Krankheiten hole.“ Nathan´s Stimme war vollkommen ruhig. Er lächelte freundlich, so als hätte er die Schlampe nicht gerade beleidigt. Das kleine Miststück spuckte nur noch ein „ Wichser!“ aus, drehte sich endgültig um und fiel der Länge nach auf den dreckigen Boden. Verwundert sah ich auf sie herab. Jacky stand lächelnd neben ihr.

„Upps, das tut mir jetzt aber Leid.“, war ihre vor Ironie triefende Entschuldigung. Wahrscheinlich hatte sie ihr ein Bein gestellt. Ok, damit war sie eindeutig in unsere Gruppe integriert.

 

Der Rest des Abend verlief ohne weitere Versuche der weiblichen Bevölkerung, sich an Nathan heran zu machen. Der Club wurde voller, der Alkohol floss in Strömen und der Sauerstoffgehalt in der Luft wurde immer geringer. Doch genau so war es gut. So musste es sein.

Jane und ich waren schon ziemlich betrunken und versuchten den Alkohol, beim Tanzen, wieder los zu werden. Was natürlich nicht so funktionierte wie wir es gerne gehabt hätten. Doch an diesem Abend konnte uns nichts die Stimmung versauen. Es lief gerade das Lied „Debonaire“, von Dope. Jane und ich tanzten meistens zusammen, da man sonst befürchten musste von irgendwelchen, notgeilen Typen angetanzt zu werden.

So dachten zwar die meisten, dass wir lesbisch wären und es gleich auf der Tanzfläche treiben würden, warum auch immer, aber das war uns egal. Plötzlich spürte ich zwei Hände , die sich auf meine Hüften legten und einen warmen Atem, an meinem Ohr, der mir eine Gänsehaut bescherte.

„An deiner Stelle würde ich mich nicht so aufreizend bewegen, sonst kommt noch jemand auf falsche Gedanken.“, raunte eine, mir unbekannte, männliche Stimme. Das war definitiv nicht Jane.

„Nimm deine dreckigen Pfoten von mir, oder ich zeig dir woran ich gerade denke.“, keifte ich den Fremden an und versuchte mich dabei von ihm zu lösen. Doch sein Griff verstärkte sich nur noch mehr. Hilfesuchend sah ich mich nach Jane um, aber ich konnte sie nicht mehr sehen und wo war überhaupt Nathan? Normalerweise hatte er mich immer im Blick. Ich musste mich also, wohl oder übel, selber verteidigen, wenn ich mich nur hätte bewegen können. Doch der Fremde ließ nicht locker.

„Na, na, na, warum denn so frech? Ich wollte dir doch nur nen´guten Rat geben.“

„Ganz einfach, weil ich hier gerade von irgendeinem notgeilen Idioten befummelt werde, da würde wohl jeder frech werden.“, gab ich genervt

zurück.

„Aber, aber Kätzchen, wenn du mich lässt kann das die beste Nacht deines Lebens werden. Glaub mir, ich werde dich für den Rest deines Daseins versauen, wenn du einmal unter mir vor Erlösung geschrien hast, wirst du nichts anderes mehr wollen, als dich in meinem Bett, unter Lustschreien, zu winden und deinen verschwitzten, bebenden Körper an mich zu drücken.“, leicht geschockt von diesem unverblümten Versprechen brauchte ich einige Momente um mich wieder zu fassen und mir eine schlagfertige Antwort auszudenken. Aber mir viel nichts ein, ich war vollkommen geplättet.

Zu meinem Pech erkannte er das und verstand es als Zustimmung. Ein Song von Slipknot wurde gespielt und er zog mich einfach durch die nunmehr tobende Masse in den Flur, der vor den Toiletten lag. Jetzt wurde ich wirklich wütend. Das konnte er doch nicht einfach so machen. In der dunkelsten Ecke des Ganges angekommen, drückte er mich mit dem Rücken gegen die Wand und stützte seine Hände rechts und links von meinem Kopf ab.

„Du wirst nicht enttäuscht von mir sein, mein Kätzchen.“, versprach er, mit rauer, verdammt erotischer Stimme. Jetzt endlich konnte ich dem Unbekannten auch ins Gesicht sehen und das was ich da sah, ließ mir erneut die Worte im Hals stecken bleiben. Soweit ich sehen konnte hatte er dunkle Augen, dunkle Haare, hohe Wangenknochen, eine gerade Nase und perfekt geschwungene, volle, einladende Lippen.

Scheiße, is der Kerl geil! Vergiss Nathan und lass es dir von diesem ultrageilen Typen so richtig besorgen! Oh Man, guck dir diese perfekten Gesichtszüge an und dann noch dieser Körper. Fuck! Ich wette er könnte dich mit einem Stoß zur Ekstase bringen. Komm schon sei nicht prüde, Nathan wird es nie erfahren und selbst wenn, er liebt dich doch. Er würde dir verzeihen. Du hast getrunken, es ist spät, du wusstest nicht....

„Halt deine verfluchte Klappe!“ Scheiße, Scheiße, Scheiße!!! Hatte ich das gerade laut gesagt? Nein, nicht gesagt ich hatte es geschrien. Fuck!

„Was?“, er sah verwirrt aus. Gut, einfach ausnutzen. Bleib standhaft.

„Du hast mich schon richtig verstanden! Du sollst deine Klappe halten und mich in Ruhe lassen! Andernfalls werde ich dir mein Knie so heftig in deine verdammten Eier rammen, dass du nicht mal mehr einen hoch bekommen könntest, wenn das Playmate des Jahrtausends sich nackt auf deinem Schoß räkeln würde.“ Gut gemacht! Jetzt wird er es sich zweimal überlegen, ob er sich mit mir anlegt. Buhahaha!!!

„Ich hätte lieber ganz andere Körperteile von dir an meinen Eiern.“ Was? Er lächelte. Müsste er nicht normalerweise schreiend weg rennen?

„Was?“

„Naja du musst wissen, dass du verdammt sexy bist wenn du dich aufregst. Ich steh drauf wenn du dich so zierst und außerdem bekomme ich früher oder später immer dass was ich will.“, hauchte er mir verführerisch in mein Ohr. Der Typ war doch echt krank, total gestört, ein Psychopath.

„Vergiss es!“, fauchte ich erneut.

„Okay, okay. Ich seh´ schon, das führt heute zu nichts mehr. Solltest du deine Meinung ändern, und das wirst du mit Sicherheit, ruf mich an.“ Mit diesen Worten packte er mir noch mal kräftig an den Hintern und verschwand dann in der Menge. Merkwürdiger Typ und anscheinend auch nicht gerade der hellste. Ich meine wie sollte ich ihn denn ohne Telefonnummer anrufen, nich das ich das gewollt hätte.

Falsches Spiel

4

 

 „Hey Schatz, sieh mal wer hier ist!“, rief mir Nathan entgegen, als ich es endlich durch die tobenden Massen geschafft hatte. Dabei zeigte er auf jemanden neben sich. Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Der Abend wurde von Minute zu Minute schlimmer. Erst dieses dumme Blondchen, dann der aufdringliche Typ und jetzt auch noch dieses Miststück. Jessi, diese verdammte, kleine....! Sie kam auf mich zu und umarmte mich mit einem hinterhältigen Lächeln.

„Hey Süße, lange nicht mehr gesehen.“, schrie sie mir fast ins Ohr. Ok, mein Trommelfell hatte sich gerade verabschiedet. Jessi war das hinterhältigste, manipulierenste Stück Dreck, das es auf diesem Planeten gab. Bevor Nathan mich kennenlernte hatte er eine Affäre mit ihr, die sie dann beendete weil sie meinte “sie könnte das ihrem Freund nicht mehr an tun“. Danach wurde Nathan depressiv und nahm regelmäßig Drogen. Zumindest bis er mich dann kennenlernte. Daraufhin entschuldigte sie sich bei ihm und jetzt waren sie “bester Freunde“. Aber so dumm war ich nicht. Ich hatte gelesen was sie ihm nachts schrieb, doch Nathan verteidigte sie.

„Jessi ist vor kurzem her gezogen.“ Na toll jetzt hatte ich sie endgültig am Hals.

„Toll!“, freute ich mich gespielt. Na das kann ja heiter werden.

 

Der Abend verging und ich hatte immer ein Auge auf Jessi. Es gab einige Momente in denen ich sie am liebsten mit voller Wucht ins Gesicht geschlagen hätte. Sie berührte Nathan an Stellen an denen eigentlich nur ich ihn berühren durfte. Doch Jane hielt mich zurück.

Gegen Drei Uhr Nachts beschlossen wir dann uns auf den Weg nach Hause zu machen. Jane und Jacky kamen noch mit zu uns nach hause um den Abend richtig ausklingen zu lassen. Es war dann doch noch ziemlich lustig. Wir waren alle ziemlich betrunken.

Um Zehn Uhr Morgens rief mich dann auf einmal meine Chefin an, dass ich zur Arbeit kommen müsste da eine Kollegin krank geworden war.

„Wer kommt eigentlich auf die Idee das man Sonntag´s arbeiten muss? Sonntag ist doch eigentlich Ruhetag, oder?“, fragte ich in die Runde.

„Tja, offensichtlich deine Chefin.“, meinte Jacky.

„Ja, so schlau bin ich auch.“

„Hey, Leute ich mach mich dann langsam auch auf den Weg nach Hause.“ Jane stand auf und ging in den Flur um sich ihre Schuhe anzuziehen.

„Musst du echt schon gehen?“, ich war ihr gefolgt und lehnte nun am Türrahmen.

„Ja es tut mir ja auch Leid, aber ich glaube ich sollte noch mal mit Chris über die ganze Sache von gestern reden.“

„Okay, telefonieren wir heute noch mal?“

„Na klar. Mach´s gut Süße.“ Sie verabschiedete sich noch von Nathan und Jacky und machte sich dann auf den Weg nach hause. Mittlerweile wurde es auch für mich Zeit mich für die Arbeit fertig zu machen. Nachdem ich mich geduscht und meine Harre geföhnt hatte zündete ich mir noch eine Zigarette an und setzte mich neben Jacky auf unsere Couch.

„Und wie komme ich jetzt nach hause?“, unterbrach sie die Stille.

„Naja wenn du willst kannst du doch auch hier bleiben, bis Katy von der Arbeit kommt und dann können wir dich zusammen nach hause bringen, oder Schatz?“

„Von mir aus.“, gab ich nur kurz zurück, da sich meine Gedanken im Moment eh nur um die Tatsache drehten, dass ich ohne Schlaf und mit relativ viel Alkohol im Blut noch zur Arbeit musste.

„Okay, danke.“, lächelte Jacky. Ich packte noch schnell meine Tasche für die Arbeit zusammen und machte mich dann auf den Weg.

Scherbenhaufen

5

 

 Nach fast sechs Stunden sagte meine Chefin, ich könnte gehen, dass sie jetzt auch ohne mich zurecht kommen würden, also schnappte ich mir meine Sachen und machte mich so schnell wie möglich auf den Weg nach hause. Normalerweise hätte ich Nathan angerufen damit er mich abholen konnte, doch da er wahrscheinlich gerade schlief wollte ich ihn nicht wecken. So weit hatte ich es eh nicht nach hause.

Nach circa Zehn Minuten kam ich dann auch endlich an meinem Ziel an. Um niemanden zu wecken öffnete ich die Tür, so leise wie möglich, und schlich dann auf Zehenspitzen zum Schlafzimmer.

„Oh ja, genau so.“, stöhnte es aus dem kleinen Raum. Hä? Was war denn hier los? Vorsichtig öffnete ich die Tür und bereute es auch gleich wieder. Denn was ich da sah, ließ ein schmerzhaftes Brennen in meiner Brust entstehen. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand eine glühende Metallstange ins Herz gestoßen. Gleich einer Statue, stand ich da. Nicht fähig mich zu bewegen, geschweige denn auch nur einen Ton von mir zu geben, musste ich mit ansehen wie sich dieses kleine hinterhältige Miststück, unter meiner großen Liebe, vor Erregung wand.

Wie konnte das sein? Wie konnten sie mir das antun? Wie konnte ER mir das antun? Das würde sie bereuen. Ich war niemand mit dem man sich anlegte und schon gar nicht wenn es um meinen Freund ging. Ich wollte dieses kleine Flittchen nur noch raus schmeißen, bevor ich noch etwas unüberlegtes tat. Ihre Strafe würde sie noch früh genug bekommen. Doch ich konnte mich noch immer nicht bewegen.

Ich wollte stark sein, ich wollte vor dieser Hure nicht weinen, ich wollte nur das sie Angst vor mir hatte und vor dem was ich mit ihr machen würde, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Doch in diesem Moment war ich nicht stark, ich konnte es nicht sein.

Er war nicht nur der Sinn meines Lebens, er WAR mein Leben und sie war gerade im Begriff ihn mir zu nehmen. Etwas warmes floss meine Wange hinab und ich verfluchte mich dafür.

Warum heulst du jetzt? Verdammte Scheiße, du solltest ihr die Augen auskratzen. Lass dir das nicht bieten, lass nicht zu, dass sie dich so vorführt. Zeig ihr was es heißt wenn man sich mit dir anlegt! Na komm schon, los jetzt. Verletze sie, schrei sie an, mach was du willst aber mach irgendwas. Du hast nicht auf mich hören wollen, jetzt siehst du was du davon hast.

„Nein.“ Meine Stimme war nur ein Hauch ihrer selbst. Es war mehr geflüstert und an die Stimme in meinem Kopf gerichtet, aber dennoch hoffte ich das sie mich hören würden. Und tatsächlich, Jacky hatte mich bemerkt. Sie sah mich an, lächelte und vergrub ihre Nägel dann unter einem letzten Lustschrei in Nathan´s Rücken.

Was sollte das? Warum hatte sie mich angelächelt? Sie hätte Angst, oder wenigstens Überraschung zeigen sollen, aber nicht diese verfluchte Freude. Erschöpft sackte Nathan über ihr zusammen und sagte das was mir mein Herz endgültig aus der Brust zu reißen drohte.

„Ich Liebe dich.“

„Nein, nein, nein, nein, Nein!“ Nathan sah mich überrascht an. Endlich war ich wieder ich selbst, der ganze Hass in mir vermischte sich mit meiner Trauer.

„Warum tust du mir das an? Du hast mir was geschworen.“

„ ...“ Er senkte seinen Kopf.

„Verdammt noch mal, sieh mich an wenn ich mit dir rede. Sag bitte was, irgendwas. Du weißt, dass ich dir verzeihen werde, sag mir einfach das es dir nichts bedeutet hat, oder das es dir Leid tut, is mir egal, aber sag bitte irgendwas!“

„Es tut mir Leid, dass du es so erfahren musstest.“

„Was? Bitte, tue mir das nicht an. Bitte!“

„Ich liebe sie.“

„Du kennst sie erst seit gestern. Du kannst sie nicht lieben. Das ist ein Scherz oder? Bitte sag mir das es ein Scherz ist.“

„Nein.“

„Bitte.“ Meine Knie sackten zusammen. Ich landete auf dem Boden und fing hemmungslos an zu heulen.

„Ach komm mach dich nicht zum Affen.“ Jacky stand vor mir und sah abwerten auf mich herab.

„Verschwinde bevor ich dir dein dreckiges Grinsen aus dem Gesicht reiße.“

„Pff, ich bitte dich. Du bist doch nur noch ein Häufchen Elend. Warum sollte ich vor dir Angst haben? Du liegst hier heulend auf dem Boden und flehst MEINEN Freund an dich zurück zu nehmen, ich bitte dich, wie jämmerlich bist du eigentlich?“ Nein, dass hatte sie gerade nicht gesagt. Dieses Miststück war verdammt lebensmüde.

Jetzt reicht´s, reiß ihr ihre billig gefärbten Haare raus, verprügle sie oder wirf sie aus dem Fenster. Auch wenn du sonst nicht auf mich hörst, tue es dieses eine mal.

 Ich kann nicht.

Doch du kannst es. Verdammt sie hat Nathan gerade als IHREN Freund bezeichnet, dass kannst du ihr nicht so einfach durchgehen lassen. Katy komm schon.

 Mein Teufelchen hatte recht. Wie konnte sie nur so dreist sein. Er war immernoch MEIN Freund. Gut, er hatte mich betrogen und behauptete sie zu lieben, aber vielleicht war er noch betrunken oder sie hatte ihn mit Drogen voll gepumpt und ihm diesen Mist eingeredet. Ich wusste es nicht, aber bei einem war ich mir sicher, DAS war nicht der Nathan den ich kannte. So war er nicht, er liebte MICH und nicht dieses hinterhältige

kleine Miststück.

Mit meiner rechten Hand griff ich nach ihrem Bein und zog daran so stark ich konnte. Sie verlor den Halt und fiel rückwärts auf den Boden, dann setzte ich mich auf sie und fixierte ihre Arme mit meinen Händen. Sie werte sich, versuchte sich zu befreien doch ich war stärker als sie, blinde Wut lenkte meine Kraft. Ganz langsam beugte ich mich vor, bis mein Mund direkt neben ihrem Ohr war.

„Du kleines dreckiges Flittchen, glaubst du wirklich, dass du so einfach davon kommst? Du hast mir alles genommen, mein Leben, meine Liebe, sogar meine Selbstbeherrschung. Aber glaub mir, ich werde mich an dir rächen. Du verdammte Misthure wirst dir wünschen, niemals geboren worden zu sein und glaub mir ich werde weder Mitleid noch Erbarmen haben.“ Ich flüsterte diese Worte nur. Dann richtete ich mich wieder auf und schlug ihr so fest ich konnte mit meiner Faust ins Gesicht.

„Und das war nur ein kleiner Vorgeschmack.“ Meine Hand tat mir fürchterlich weh, doch das interessierte mich nicht. Nur Sekunden nach meinem Schlag zog mich Nathan von ihr runter und stellte sich schützend vor sie.

„Du solltest jetzt besser gehen.“

„Aber Nathan, bitte...“

„Nein, ich muss morgen bis um vier arbeiten, bis dahin kannst du deine Sachen holen. Den Schlüssel kannst du in den Postkasten werfen. Wir sind fertig.“

Fatale Idee

6

 

 Durch den dichten Tränenschleier vor meinen Augen konnte ich kaum etwas von der Straße erkennen, doch das war mir egal. Ich erkannte die Umrisse, des Hauses in dem Jane wohnte, dann stellte ich mein Auto am Straßenrand ab und klingelte.

„Ja?“, dröhnte die Stimme meiner besten Freundin aus der Gegensprechanlage.

„Ich bin´s.“, schluchzte ich als Antwort.

***

"Sie hat was gemacht? Das ist ein Scherz oder?“

„Ich wünschte es wäre einer.“ Erneut griff ich nach der, mit einer dünnen Eisschicht überzogenen, Wodkaflasche um mein Schnapsglas wieder aufzufüllen.

„Aber du und Nathan, ihr wart doch so....glücklich.“

„Tja, anscheinend doch nicht, oder?“, gab ich fast gleichgültig zurück und spürte, das mittlerweile achte Mal, wie der eiskalte Wodka meine Kehle hinab floss und eine brennende Spur hinterließ. Doch das leichte brennen war nichts im Vergleich zu den unglaublichen Schmerzen, die mir meinen Brustkorb zu zerreißen drohten. Ganz im Gegenteil, es war willkommen, denn auch wenn es vollkommen hirnrissig war, hoffte ich doch, dass es mich vergessen ließ.

Verdammt hör auf zu saufen, setze dich in dein Auto, fahr zurück und mach die Schlampe kalt.

Ich ignorierte die aufgebrachte Stimme in meinem Kopf und füllte mein Glas wieder auf. Plötzlich spürte ich zwei Hände auf meinen Schultern. Verwirrt sah ich auf und begegnete Jane´s besorgtem Blick. Sie war vom Sofa gegenüber aufgestanden und kniete nun direkt vor mir.

„Katy, dass bekommen wir wieder hin. Ich meine du und Nathan ihr gehört einfach zusammen, dass kann doch nicht einfach so vorbei sein.“, ihre Stimme war beruhigend und ihre braunen Augen so voller Mitgefühl, dass ich mich beherrschen musste um nicht wieder in Tränen auszubrechen.

„Vergiss es, du hast nicht die Gleichgültigkeit in seinem Gesicht gesehen, die Kälte in seinen Augen. Ich weiß nicht was sie mit ihm gemacht hat, aber anscheinend hat es prima funktioniert. Er hat mich gebeten morgen meine Sachen zu holen und den Schlüssel in den Briefkasten zu werfen, also bin ich im Moment obdachlos. Könnte ich ne Weile bei dir unterkommen?“ Erneut trank ich mein Glas in einem Zug leer und bemerkte langsam wie mein Gehirn betäubt und der Schmerz in meiner Brust schwächer wurde.

„Ach, scheiß auf das Glas.“, stellte ich fest und nahm einen großen Schluck direkt aus der Flasche.

„Katy!“

„Kann ich nun bei dir unterkommen, oder nicht?“

„Natürlich, aber willst du das denn einfach so akzeptieren? Immerhin kann er dich nicht einfach so aus EURER Wohnung raus schmeißen!“

„Und ob er das kann, die Wohnung läuft auf seinen Namen, außerdem, was soll ich denn machen wenn er mich nicht mehr liebt? Ich kann ihn nicht zwingen.“

„Verdammte Scheiße Katy! Hör gefälligst auf in Selbstmitleid zu baden und lass uns überlegen wie wir diesem kleinen Miststück den Arsch aufreißen können.“

„Ich weiß es doch auch nicht.“ Sehr darauf bedacht nicht das Gleichgewicht zu verlieren, stand ich vorsichtig auf um mir etwa neues zu trinken zu holen, da sich in meiner Wodkaflasche mittlerweile kein Tropfen mehr befand.

„Hör auf dich zu besaufen, das ändert doch auch nichts an der Situation.“, ermahnte mich Jane aufgebracht.

„Es ändert vielleicht nichts daran, aber es hilft den Schmerz zu verdrängen.“, verteidigte ich mich und setzte meinen Weg in die Küche fort. Ein leises Geräusch lenkte Jane´s Aufmerksamkeit auf den Boden.

„Was ist das?“, fragte sie und deutete auf etwas hinter mir. Ich drehte mich um und sah eine kleine schwarze Karte, die mir anscheinend aus der hinteren Hosentasche gefallen war.

„Keine Ahnung.“, meinte ich und hob sie auf. Auf der Vorderseite stand mit dunkelroter, sehr schöner Schrift “Dark“ und darunter, etwas kleiner, “Constantin Black“ und eine Telefonnummer.

„Achso, das ist nur eine Visitenkarte vom Black, wann hast du die denn eingesteckt? Ich hab die da noch nirgendwo ausliegen sehen.“, fragte Jane neugierig.

„Ich hab die nicht eingesteckt, keine Ahnung wo die herkommt.“

„Hmm, aber von alleine krabbelt die doch nicht in deine Hosentasche!“ Und dann hatte ich langsam aber sicher einen Verdacht, wie die Karte in meine Tasche gelangt sein könnte.

„Ehm, da war gestern so ein Typ im Black, könnte sein, dass der sie mir in die Tasche gesteckt hat.“ Jetzt sah mich Jane verwundert an.

„Was denn für ein Typ?“, fragte sie und hielt dabei ihre Neugierde in keinster Weise zurück.

„Naja, als wir tanzen waren, da warst du ja auf einmal weg und da hat mich son aufdringlicher Typ belagert. Und als ich ihm dann klar gemacht hatte das ich nicht mit ihm vögeln wollte, hat er irgendwas gemeint, von wegen, wenn ich es mir anders überlege, sollte ich ihn doch anrufen. Ich hatte mich noch gewundert wie ich ihn anrufen sollte wenn ich weder seinen Namen noch seine Telefonnummer kannte, da muss er mir die Karte zugesteckt haben.“ Jane´s Mund stand weit offen und sie starrte mich aus aufgerissenen Augen an.

„Du wurdest von Constantin Black angemacht?“ Ich verstand ihre Aufregung nicht.

„Ja, warum? Kennst du ihn?“

„Wer kennt ihn bitte nicht? Ihm gehören neben dem Black noch diverse Bars und Stripschuppen in der Stadt. Außerdem kommen alle Drogen, die im Umkreis von zweihundert Kilometern gekauft und konsumiert werden, von ihm. Er hat verdammt viel Macht und kaum jemand weiß etwas genaues über ihn. Ich hab sogar von nem Kumpel, der seine Schulden bei ihm nicht rechtzeitig bezahlt hat, gehört, dass er ihn mit nur einem Schlag K.O. gehauen hat und als er wieder zu sich kam hatte er irgendwelche Halluzinationen. Er war der festen Überzeugung, dass dieser Constantin Fangzähne hatte. Aber da er meistens mit Drogen voll gepumpt ist würde ich das nicht wirklich glauben.“ Plötzlich war ich wieder vollkommen nüchtern. Wenn man bedachte, wen ich da am Vorabend abgewiesen hatte, rutschte mir mein ohnehin schon ramponiertes Herz, gleich noch mal eine Etage tiefer.

Das ist es, so kannst du dich an der Schlampe rächen.

Hä? Ich verstand kein Wort.

Komm schon, stell dich doch nicht so dumm an. Dieser Constantin steht auf dich und du willst Rache an dem Miststück.....wer könnte dir da besser helfen als ein Drogenboss, der Unmengen an Geld und Einfluss zur Verfügung hat? Hä?

Niemand!

Richtig!

„Katy, hey, ist jemand zu hause?“ Jane stupste mich an.

„Katy? Ich hab dich was gefragt.“

„Hmm? Ich hab grad nicht zugehört, tut mir Leid, was hast du gesagt?“, fragte ich nach.

„Ich wollte wissen was du jetzt vorhast?“ Es gab nur eins, das ich zu tun hatte.

„Ich brauch ein paar schicke Klamotten, was zum nüchtern werden und mein Handy!“

 ***

"Ich kann nicht glauben, dass du mich dazu überreden konntest."

"Komm schon, du bist sonst auch die erste, wenn es um einen langen Abend mit viel Alkohol, Drogen und verdammt heißen Kerlen geht.", meinte ich mit gespielter vorfreude und einem falschen Lächeln im Gesicht.

"Ja, normalereise schon, aber nicht wenn dir gerade so verdammt weh getan wurde und du eigentlich heulend auf der Couch sitzen und dir den ganzen Scheiß von der Seele reden solltest.", entgegnete sie mir mitfühlend. Wir waren gerade auf dem Weg ins "Dark". Zum Glück hatte dieser Laden auch Sonntags geöffnet. Ich hatte ihr ganz bewusst nicht erzählt, dass ich eigentlich im Begriff war diesen Constantin Black um seine Hilfe zu bitten und ihm dafür jeden Preis zu bezahlen der ihm angemessen erschien. Wie schon gesagt, mein Leben war für mich nichts mehr Wert. Das Einzige, dass ich wollte war meine Rache und was danach mit mir geschah, war mir schlicht und ergreifend egal.

"Und was würde das ändern? Nichts!"

"Aber denkst du ernstaft, dass irgendwelche fremden Kerle etwas änder würden?", fragte sie mich vorwurfsvoll.

"Nein, aber vielleicht lassen sie es mich vergessen, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist.", meinte ich nun weicher, mit meinem Blick in die Ferne gerichtet.

"Wie du willst. Es ist deine Sache und wenn dir das hier dabei hilft, werde ich hinter dir stehen."

"Danke.", meine Stimme brach und ich blinzelte die Tränen, die sich bereits wieder in meinen Augen sammelten, mit aller Macht weg. Ich wollte nicht mehr weinen, keine Schwäche mehr zeigen, sonst würde ich das alles hier nicht überstehen.

Der Deal

7

 

 Als wir ankamen hatten wir bereits Probleme überhaupt einen Parkplatz zu bekommen, so voll war es. Dieser Laden war einfach immer zum brechen voll. Nach einer halben Stunde fanden wir dann endlich wonach wir gesucht hatten, wir nahmen unsere Sachen und machten uns auf den Weg zum Club. Frustrierenderweise dauerte es noch mal fast doppelt so lange um überhaut rein zu kommen.

"Wollen wir uns erst mal was zu trinken holen?", Jane blickte mich fragend an.

"Das kann warten.", meinte ich ausdruckslos.

"Okay, na dann mal los.", wir gingen zu den Toiletten und ich war mehr als froh als wir sie vollkommen leer vorfanden. Ich verschloss die Tür hinter mir und Jane kramte in ihrer Tasche nach dem, mir nur allzu bekannten, kleinen Etui.

"Okay Süße, wie viel willst du?"

"Bitte mach einfach so viel, dass der Schmerz verschwindet.", antwortete ich und drückte eine meiner Hände auf meine linke Brust. Sie nickte mir stumm zu und verteilte fast den gesamten Inhalt der Tüte auf dem kleinen Spiegel. Dann nahm sie das Röhrchen und zog ungefähr die hälfte der gar nicht mal so dünnen Linie in ihre Nase. Sie schniefte, schüttelte sich und setzte dann zum finalen Zug an.

Ich bepobachtete sie stumm und warte, bis sie mir den Spiegel und das Röhrchen in die Hand drückte. Mit dem gleichen falschen Lächeln wie schon zuvor nahm ich ihr beides aus der Hand und bedankte mich kurz. Dann tat ich es ihr gleich, schüttelte mich kurz und blinzelte die Tränen weg, die sich durch das brennen in meiner Nase, gesammelt hatten.

Wir zündeten uns eine Zigarette an und machten uns gemeinsam wieder auf den Weg ins Clubinnere. Wir fanden auf anhieb zwei freie Plätze an der Bar, was wahrlich an ein Wunder grenzte, und bestellten uns etwas zu trinken. Als der Barkeeper unsere Drinks brachte, spürte ich bereits wie die Droge alles leichter und den brennenden Schmerz in meiner Brust schwächer werden ließ.

"Auf einen schönen Abend.", lächelte Jane und hielt mir ihr Glas entgegen um mit mir anzustoßen. Ich lächelte zurück, hielt mein Glas ebenfalls hoch und nahm einen großen Schluck.

"Na dann kann die Party ja steigen. Lass und tanzen.", ich lächelte und zog Jane an der Hand mitten in die tobende Masse. Es lief gerade "Not ready to die" von Avenged Sevenfold, einer meiner absoluten Lieblingssongs. Ich hatte wirklich Spaß. Wir tantzten so aufreizen, dass wir die anderen Gäste wahrscheinlich vorher hätten auf ihre Volljährigkeit überprüfen müssen, aber es war mir egal, denn genau das wollte ich.

Das war genau das worum es mir ging, allen anwesenden Männern sollte das Wasser im Mund zusammen laufen wenn sie mich sahen. Jeder von ihnen sollte sich nach einer verdammten Nacht mit mir sehnen, damit ich mich wenigstens nicht mehr ganz so mies fühlte und ich für das, was ich vorhatte, genügend Selbstbewusstsein sammeln konnte.

Irgendwann spürte ich zwei Hände, die sich von hinten auf meine Hüfte legten und ganz sanft jeder meiner Bewegungen folgte. Ich wusste, dass es nich Janes Hände waren, noch bevor sich ein verdammt harter, muskulösen Körper an mich presste.

"Hast du etwa schon vergessen, was ich dir das letzte mal geraten habe? Du stellst dein Glück wirklich auf die Probe, mein Kätzchen.", raunte die gleiche tiefe, verführerische Stimme, wie schon am Abend zuvor, neben meinem Ohr. Nur das ich mich dieses Mal nicht versteifte, sonder noch aufreizender tantzte. Durch den dünnen Stoff, der viel zu kurzen Hose, die ich mir von Jane geliehen hatte und die meinen Hintern nur ganz knapp bedekte, spührte ich die Hitze und den immer stärker werdenden Druck sein Hände.

"Ich hab deinen Rat keineswegs vergessen. Was würdest du dazu sagen, wenn ich es einfach für eine gute Taktig gehalten hätte, um dich anzulocken?", schnurrte ich, mit einem zweideutigen Lächeln auf den Lippen.

"Tja, ich wusste das du deine Meinung noch ändern würdest, aber das es so schnell gehen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Wie kommts?", fragte er und fing an mit seinen sinnlichen Lippen über meinen Hals zu streichen, was mir wohlige Schauder durch den Körper jagte.

"Hmm, vielleicht wollte ich einfach sehen ob du deine Versprechungen in die Tat umsetzen kannst, womöglich habe ich dir auch nur ein Geschäft vorzuschlagen. Wer weiß."

"Ich hoffe doch das es die erste Möglichkeit ist, denn ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen was du, mein Kätzchen, von so einem bösen Buben wir mir wollen könntest, was dir nicht auch jeder andere sabbernde Mann hier geben könnte."

"Tja, ich schätze da gibt es so einiges, was mich betrifft, dass du dir nicht vorstellen kannst.", lächelte ich frech.

"So, so!? Na dann sollten wir vielleich an einen etwas ungestörteren Ort gehen.", mit diesen Worten nahm er meine Hand und zog mich zu einer Treppe, die ins Obergeschoss des Gebäudes führte. Direkt am Treppenende befand sich die Tür zu einem Büro.

Es war ser geschmackvoll eingerichtet. Gegenüber der Tür befand sich ein riesiger Schreibtisch, aus schwerem dunklen Holz und dahinter ein großer Bürosessel. An der linken Wand waren eine Reie von Monitoren an der Wand angebracht, die die Bilder diverser Überwachungskameras zeigeten. Auf der rechten Seite befand sich eine riesige Fensterscheibe durch die man den ganzen Club im Blick hatte und davor stand ein kleiner Kaffeetisch aus Glas an dessen Seiten sich zwei gemütlich aussehende Sessel befanden.

Er hatte meine Hand bereits losgelassen und bedeutete mir mich in einen der Sessel zu setzten. Ich folgte seiner Aufforderung, schlug die Beine übereinander und zündete mir eine Zigarette an. Er wand seine Augen nicht von mir ab und setzte sich ebenfalls.

"Also, was ist denn das für ein Geschäft, dass du mir vorschlagen willst?", fragte er gedehnt und sah mich ernst an.

"Ich habe gehört, dass du ne Menge, naja nennen wir es mal Einfluss, hast und da gibt es etwas, das ich unbeding will und ich denke, dass du mir dabei helfen könntest es zu bekommen."

"Nunja, dass kommt ganz darauf an. Was ist es denn, das du dir wünsch? Geld? Schmuck? Macht?", er schmunzelte leicht und sah mich fragend an. Ich lachte freudlos auf.

"Rache!", antwortete ich und lächelte nur noch breiter. Er hingegen sah erst überrascht und dann sehr interessiert aus.

"Rache also. Nun ich muss zugeben, dass ich das am wenigsten erwartet hätte."

"Das konnte ich mir schon denken."

"Aber eine Sache wäre da noch, denn, auch wenn ich sicherlich nicht abgeneigt wäre einer so schönen Frau wie dir, jeden Wunsch von den Augen abzulesen, wäre ich kein guter Geschäftsmann wenn ich nicht daran interessiert sein würde, was für mich dabei rausspringt.", meinte er trocken, ohne auch nur die geringste Gefühlsregung zu zeigen. Jetzt war er ganz der knallharte Geschäftsmann von dem mir Jane erzählt hatte. Scheiße! Ich war mir plötzlich gar nicht mehr so sicher ob es eine gute Idee gewesen war, immerhin, was hatte ich schon anzubieten. Was wenn er mich gar nicht wollte und mich auslachen würde?

Ach halt die Klappe! Du bist nicht so weit gekommen um jetzt einen Rückzieher zu machen. Wenn er dir nicht hilft, wird es niemand tun, also streng dich gefälligst ein bisschen mehr an.

 Du hast recht.

Ich stand auf, schritt eleganzt zu ihm herüber und setzte mich rittlinks auf seinen Schoß. Dann beugte ich mich so weit vor, dass nur noch Millimeter unsere Gesichter trennten und er einen einwandfreien Blick in meinen Ausschnitt hatte.

"Solltest du mein Angebot annehmen, bekommst du mich.", schnurrte ich und malte mit meinen Fingern große kreise auf seiner Brust.

"Hmm, das klingt natürlich verlockend, aber ich denke nicht, dass Sex genug Entschädigung für meine Mühen wäre.", er lächelte mich herausfordernt an.

"Ich denke du hast mich falsch verstanden. Ich spreche nicht einfach nur von Sex. Wenn du mir hilfst, gehöre ich dir und du kannst mit mir machen was du willst, und zwar für den Rest meines Lebens, oder zumindest bis du genung von mir hast.", ihm entglitten die Gesichtszüge. Es dauerte ein paar Sekunden bis er sich wieder unter Kontrolle hatte und mich mit festem Blick taxierte.

Er hat angebissen, komm schon, brings zu ende. Oh man, wir sind so kurz davor, dieser dreckigen Schlampe jeden Knochen, in ihrem Körper, einzeln zu brechen.

 Es hätte mich schokieren sollen, dass mein Teufelchen von wir sprach. Immerhin hatte es das zuvor noch nie getan, doch es war mir egal.

"Ist dir eigentlich bewusst WAS du mir da anbietest?"

"Vollkommen.", antwortete ich ihm mit fester Stimme, nicht Willens, jetzt einen Rückzieher zu machen. Er lächelte.

"Na gut, so ein Angebot kann ich mir wohl kaum entgehen lassen. Wäre dann nur noch zu klären, wem ich denn, naja, einen Besuch abstatten soll.", ich lächelte finster und zündete mir erneut eine Zigarette an.

"Niemandem, ich will es selber tun. Ich will sehen wie sie leidet, will sie verletzten, hören wie sie um ihr wertloses Leben bettelt und wie ihr beschissenes Herz ein letztes Mal schlägt.", ich zitterte leicht, vor Wut und Vorfreude. In Constantins Gesicht zeigte sich düstere Anerkennung. War ja klar, dass ihm so etwas gefiel.

"Okay, aber was genau willst du denn dann von mir?", fragte er mich, mit hochgezogenen Augenbrauen.

"Naja, ich finde einfach zu ihr zu gehen und ihrem wertlosen Leben ein Ende zu bereiten, wäre unangemessen. Sie soll leiden. Sie hat es verdiehnt Wochen, ja vielleicht sogar Monate in Angst, vor dem was ihr wiederfahren wird, zu verbringen. Ich will das sie bei dem kleinsten Geräusch in der Dunkeleit vor Angst zusammenzuckt und jeden einzelnen Tag, ihres noch verbleibenden Lebens, bereut was sie mir angetan hat.", ich hatte das Gefühl, jemand anderem zuzuhören. Das nicht ich diejenige war die diese hasserfüllten Worte ausspuckte.

Ich brauchte ganz dringend einen Drink. Bevor Constantin auch nur ein Wort erwiedern konnte, stand ich auf und schritt in Richtung der Tür.

"Lass es mich wissen, wenn du mein Angebot akzeptierst.", meinte ich lächelnd und verschwand, zurück ins Clubinnere.

Vertragsabschluss

 8

 

 Okay, das hast du super gemacht und jetzt lass uns Spaß haben.

Das kleine Biest sprach immernoch von wir, was war nur mit ihm los? Sonst hatte es mich immer verachtet und beleidigt, und jetzt mochte es mich auf einmal, ja, sprach sogar von uns als gemeinschaft? Naja irgendwie hatte es ja recht, immerhin hatten wir nur noch uns. Ich beschloss für heute, meine Verstand auszuschalten und einfach mal zu tun wonach mir die Lust stand. Mich besaufen, nen geilen Typen angeln und wirklich, wirklich unanständige Sachen mit ihm treiben.

 Na geht doch. Davon ab ich doch die letzten Jahre gesprochen, wird auch Zeit das du auf mich hörst.

Ich lächelte, amüsiert über die Freude meines Teufelchens, in mich hinein und machte mich auf den Weg an die Bar, um den ersten Teil meiner Abendplanung in die Tat umzusetzten. Schon von weitem konnte ich Jane erkennen die an der Theke saß und ihren Blick suchend durch die Menge schweife ließ.

"Verdammt Katy, wo warst du? Ich hab mir Sorgen gemacht.", sie gestikulierte wild mit den Händen, wollte wütend klingen und konnte doch die Sorge in ihrer Stimme nicht unterdrücken.

"Komm runter, mir gehts gut. Ich hatte da was zu klären.", meinte ich kalt, konnte mir aber ein entschuldigendes Lächeln nicht verkneifen.

"Schon gut.", meinte sie und tat es mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. Kaum das ich meinen halbnackten Hintern auf einem der Barhocker neben ihr platziert und einen doppelten Wodka auf Eis bestellt hatte, erschien ein riesiger, in schwarz gekleideter, Typ neben mir. Er hatte eine dunkle Sonnenbrille auf und wirkte wirklich gefährlich. Ich nahm an, dass er zur Security gehörte. Er sah mich nicht an, sondern wand sich sofort dem Barkeeper zu.

"Alles, was die Dame heute zu sich nimmt, geht auf´s Haus! Anweisung vom Chef.", befahl er kalt, nickte mir kurz zu und verschwand dann wieder. Jane starrte mich vollkommen

verwirrt an.

"Katy?", ich ließ mir nichts anmerken, sondern lächelte und prostete in Richtung der riesigen Fensterscheibe die über der Tanzfläche zu schweben schien und hinter der man Constantins Gestalt erkennen konnte. Jane beobachtete mistrauisch meine Bewegung und sah mich weiterhin fragend an. Ich seufzte.

"Naja weißt du..."

"Hey Baby, bock zu tanzen?", unterbrach mich ein, gar nicht mal so übel aussehender, Kerl. Diese Ablenkung kam wie gerufen. Jane musste nicht mehr wissen, als gut für sie war.

"Na klar. Jane kommst du mit?", meinte ich und lächelte zuckersüß.

"Ähm, okay.", sie sah mich verwirrt an, doch verstand meinen Wink, dass ich jetzt nicht bereit war mehr zu der Geschichte zu sagen. Lächelnd leerte ich mein Glas und wand mich an den Barkeeper.

"Wenn ich wieder komme, will ich, dass das hier-", ich hielt ihm mein leeres Glas vor die Nase und schwenkte die schmelzenden Eiswürfel darin, klirrend im Kreis.

"- wieder voll is, sonst gibts Ärger. Verstanden?", lächelte ich frech, zwinkerte ihm zu und machte mich mit dem fremden Typen an der Hand und meiner besten Freundin im Schlepptau auf den Weg zur Tanzfläche. Immerhin musste man doch die Gelegenheit nutzen alle Drinks frei zu bekommen, vor allem wenn es möglicherweise mein letzter Abend in "Freiheit" war. In dieser Nacht war das einzige was ich wollte Spaß, nicht mehr und nicht weniger.

 

Es dauerte nicht mal einen Song, da hing dieser Kerl, ich glaube sein Name war Brad, schon an meinen Lippen und wurschtelte mit seiner Zunge planlos in meinem Mund herum. Das hatte ich mir wirklich anders vorgestellt. Früher hätte ich ihn vielleicht einfach weiter machen lassen, um ihn nicht zu kränken, doch das war mir heute herzlich egal. Wichtig war mir nur mein Spaß und dieser Typ war dafür nicht zu gebrauchen.

Grob stieß ich ihn von mir und wand mich um, um mir einen neuen Spielgefährten zu suchen. Prompt stieß mir auch schon ein besonders schönes Exemplar, dass mich von der gegenüberliegenden Wand aus beobachtete, ins Auge. Ich lächelte ihn an, drehte mich um und ging in Richtung Bar, wohlwissend das er mir folgen würde. Ich nahm bereits den ersten tiefen Schluck aus meinem Glas, das der Kellner mir brav bei meiner Ankunft übberreicht hatte, als der schöne Fremde neben mir Platz nahm. Er sah verdammt gut aus, hatte dunkle kurze Haare, dunkle Augen und war relativ groß. Doch was mich am meisten faszinierte war sein Mund, der mit seinen vollen, wohlgeformten Lippen praktisch darum bettelte liebkost zu werden. Unter seinem schwarzen T-Shirt zeichneten sich seine wohlproportionierten Muskeln deutlich ab.

"Ich hätte gerne das gleiche wie die junge Dame.", richtete er, mit einer dunklen, verheißungsvollen Stimme, an den Barkeeper. Als dieser das Getränk vor ihm abstellte, griff ich danach und trank lächelnd einen kleinen Schluck, jedoch ohne den Fremden anzusehen. Dann stellte das Glas wieder hin und wand mich an den Kellner.

"Das geht auf deinen Boss, immerhin hab ich es zu mir genommen.", meinte ich frech und zündete mir eine Zigarette an.

"Sollte nicht eigentlich ich derjenige sein, der dir einen Drink ausgibt und nicht andersrum?", fragte er mich, mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen.

"Tja anscheinend nicht.", meinte ich knapp. Ich wusste genau wie man sich für Männer interessant machte und das hatte bestimmt nichts mit einem unterwürfigen Blick und überschwänglicher Dankbarkeit für ein Getränk zu tun. Männer wollten jagen, Männer wollten erobern und nicht das ihnen die Beute bereitwillig in die Arme lief.

"Da ist mir dann wohl jemand zuvor gekommen.", schlussfolgerte er.

"Blitzmerker.", entgegnete ich trocken. Er lachte, stand auf und hob meine Hand an seinen Mund.

"Wenn ich mich vorstellen darf, mein Name ist James.", meinte er und hauchte einen leichten Kuss auf meine Hand.

"Katy.", stellte ich mich ebenfalls vor.

"Oh Schatz, hier ist noch etwas frei.", ich erstarrte. Das konnte einfach nicht sein. Ruckartig drehte ich mich um und musste mit ansehen wie sich Jacky und Nathan, Hand in Hand einen Weg durch die Massen, direkt auf mich zu bahnten. Scheiße, Scheiße, Scheiße.

"Scheiße.", flüsterte ich, sprang von meinem Stuhl und flüchtete auf die Tanzfläche um nach Jane zu suchen. Ich bemerkte nur nebenbei, dass James mir folgte. Doch ich konnte sie nich finden. Ich beschloss auf den Toiletten nach ihr zu suchen, doch kam ich gar nicht erst soweit. Kurz vor meinem Ziel packte mich James am Handgelenk und zog mich zurück

"Verdammt, lass mich los. Ich hab jetzt keine Zeit für diesen Mist.", fauchte ich und stieß ihn mit aller Kraft von mir. Dann rannte ich zu den Toiletten und musste auch dort feststellen, dass von Jane nicht die geringste Spur zu finden war. Scheiße! Was sollte ich jetzt nur machen. Ich spürte die aufgestauten Tränen in meine Augen steigen und wünschte mir ein riesiges, bodenloses Loch würde sich vor meinen Füßen auftun und mich verschlingen, damit Jacky, dieses verdammte Stück Dreck und Nathan mich so niemals zu Gesicht bekamen.

Bei dem Gedanken an Nathan fingen meine Knie an zu zittern und gaben schließlich nach. Die Tür, welche zum Clubinneren führte, öffnete sich und James tauchte in ihr auf. Konnte er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich wollte nicht das mich irgendwer so sah, wie ich flennend in einer Ecke der Toiletten kauerte und mich selbst bemitleidete. Doch anstatt etwas zu sagen oder sich umzudrehen und das Weite zu suchen, trat er nur einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf Constantin frei. Nicht der auch noch. Er nickte James zu und dieser verließ sofort den Raum und schloss die Tür hinter sich. Constantin kam langsam und mit weichem Blick auf mich zu.

"Was ist passiert?"

"Du brauchst dich nicht verantwortlich zu fühlen. Lass mich einfach alleine.", schluchzte ich, wand den Blick von ihm ab, zog meine Beine näher an meinen Körper und verbarg mein Gesicht hinter meinen Knien. Die Tränen flossen meine Wangen hinab und ich konnte nichts dagegen machen. Ich schämte mich dafür, dass er mich so sah. Spätestens nach diesem Anblick würde er mich und unseren Deal ablehnen. Scheiße!

Dann hör doch endlich auf zu heulen, geh da raus und mach diese Hure einen Kopf kürzer.

Ich kann nicht.

 Plötzlich spürte ich, wie sich zwei Hände um mein Gesicht legten und mich so zwangen auf zu sehen. Constantin saß vor mir, saute sich wahrscheinlich gerade seine unglaublich teuren Klamotten ein und sah mir tief in die Augen.

"Du solltest es mir überlassen, wofür ich mich verantwortlich fühle und wofür nicht. Jetzt steh auf und sag mir was los ist.", der Tonfall in seiner Stimme ließ keinen Wiederspruch zu, also tat ich was er verlangte. Umständlich stand ich auf und lehnte mich an die kühlen Fliesen hinter mir.

"Der Grund für mein Angebot ist hier", meinte ich nur mit einem gespielten Lächeln auf den Lippen.

"Verstehe", er schien kurz darüber nachzudenken was er jetzt tun sollte, bevor er mir wieder selbstsicher in die Augen sah. Dann nahm er meine Hand, führte mich aus den Toilettenräumen, durch den Club und zurück in sein Büro. James hatte die ganze Zeit vor der Toilette gewartet, war uns nun gefolgt und vor der Treppe zu Constantins Büro stehen geblieben.

Arbeitete er etwa für Constantin? Doch ich hatte keine Zeit und auch keine Lust mir darüber den Kopf zu zerbrechen. In seinem Büro angekommen ließ er meine Hand los, ging schnellen Schrittes zu seinem Schreibtisch und kramte in einer der Schubladen.

"Was hast du vor?", fragte ich, verwirrt über sein komisches Verhalten.

"Ganz einfach, ich habe mich entschieden dein Angebot anzunehmen.", mit diesen Worten holte er ein mit schwarzem Samt überzogenes Kästchen hervor und stellte es vor mir auf den Schreibtisch.

"Was?", damit hatte ich jetzt mal gar nicht gerechnet. Immerhin hatte ich gerade heulend vor ihm auf dem Boden einer Toilette gekauert und jetzt das?

"Ich werde mich nicht wiederholen. Wenn du es dir anders überlegt hast solltest du mir das jetzt sagen."

"Nein, aber...."

"Gut. Komm her!", unterbrach er mich schroff. Ich brauchte einen kurzen Moment um mich zu fangen, folgte dann jedoch seiner Aufforderung und stellte mich neben ihn. Er öffnete behutsam das Kästchen und ließ mich den Inhalt eingehen betrachten. Auch das Innenfutter bestand aus schwarzem Samt und umschloss einen kleinen Tropfenförmigen Anhänger aus Glas, der an einer dünnen silbernen Kette hing.

Daneben lag ein zweischneidiger Dolch mit einem Rot glänzenden Griff. Verwirrt blickte ich auf.

"Was ist das?", er musterte mich eingehend, hoffte augenscheinlich auf eine bestimmte Reaktion. Vielleicht erwartete er Angst, oder Abscheu in meinem Gesicht zu sehen, doch dem war nicht so. Ich war nur verwirrt und wartete auf eine Antwort. Wahrscheinlich hätte ich sogar Angst haben sollen, irgendwas musste er ja mit dem Dolch vorhaben und das würde für mich bestimmt nicht ganz schmerzfrei ablaufen, doch im Moment konnte mir nichts so sehr wehtun wie das Brennen in meiner Brust.

"Bist du dir immer noch sicher?", fragte er mit fester Stimme.

"Ja.", war meine kurze, aber klare Antwort. Ich würde jetzt bestimmt keine Rückzieher machen.

"Wie du willst. Gib mir deine Hand.", seine Stimme wurde weicher doch sein Blick blieb undurchdringlich. Ohne zu zögern hob ich meine Hand und legte sie in seine.

"Das wird jetzt ein wenig weh tun", warnte er mich vor und nahm den Dolch aus dem Kästchen.

"Okay", gab ich ruhig zurück. Ich vertaute ihm, ich wusste nicht genau warum, aber immerhin gehörte ich jetzt praktisch ihm. Er drehte meine Handinnenfläche leicht nach oben, nahm das Messer und schnitt mit der Spitze eine halbmondförmige Sichel in mein Handgelenk, direkt über meiner Pulsader. Ich zuckte leicht zusammen, als ich den Schmerz spürte, verzog jedoch keine Miene.

"Braves Kätzchen", lächelte er, legte den Dolch zurück in das Kästchen und nahm den kleinen Anhänger heraus. Mein Blut floss bereits in kleinen Rinnsalen die Seiten meines Armes hinunter und tropfte auf den dunklen Holzboden.

"Ich hoffe mal du lässt mich jetzt nicht verbluten", scherzte ich unsicher, denn es blutete wirklich ziemlich stark. Doch er lächelte nur, öffnete den Verschluss des Anhängers, den ich bis dahin gar nicht gesehen hatte, drückte ihn leicht an den halbrunden Schnitt auf meinem Arm und ließ einen Tropfen Blut hineinlaufen. Danach nahm er den Dolch erneut aus dem Kästchen und schnitt sich ebendfalls ins Handgelenk, jedoch genau Spiegelverkehrt zu meiner Sichel.

Auch ein Tropfen seines Blutes landete in dem kleinen Anhänger, dessen Kapazitäten damit schon vollkommen ausgefüllt waren. Dann verschloss er diesen wieder und legte ihn auf den Tisch.

"Du willst jetzt aber nicht auch noch einen auf Blutsbrüderschaft machen, oder?", fragte ich belustigt und zog die Augenbrauen hoch. Jeder normale Mensch hätte mich für vollkommen übergeschnappt gehalten, wenn er mich hier so gesehen hätte, wie ich mich schneiden und halb ausbluten ließ, nur um dann noch blöde Scherze zu reißen.

"Nicht ganz", meinte Constantin nur, doch auch er konnte sich ein kleines Lächeln nicht verkneifen.

"Wir sind fast fertig", informierte er mich, hob dann meinen Arm an seinen Mund und leckte über meinen Schnitt, saugte daran. Bitte was sollte das denn jetzt? Hielt er sich für einen Vampir oder was.

Na klasse, an was für einen Vollpfosten bist du denn jetzt wieder geraten?

Halt du mal schön deine Klappe, immerhin war das ganze hier deine Idee.

Ich weiß von nichts.

Was?

Vollkommen in meinen inneren Konflickt mit meinem Teufelchen vertieft, bemerkte ich das seltsame Kribbeln, das sich von meinem Handgelenk aus in meinem gesamten Körper verteilte, erst gar nicht. Bis ich es nicht mehr ignorieren konnte. Nicht das es unangenehm gewesen wäre, ganz im Gegenteil es fühlte sich sogar verdammt gut an, aber es war definitiv keine normale Reaktion meines Körpers auf eine Schnittwunde. Begleitet wurdes es zu allem Überfluss auch noch von einer enormen Hitze, als würde Feuer statt Blut durch meine Adern fließen.

"Scheiße, was ist denn jetzt los?", kreischte ich hysterisch. Und ich dachte der Schmerz in meiner Brust wäre unterträglich. Constantin hob lächelnd den Kopf.

"Was grinst du denn so bescheuert, mach dass das aufhört. Sofort!", instinktiv entriss ich ihm meinen Arm und drückte mir mit meiner Hand auf mein schmerzendes Handgelenk.

Als würde das helfen.

Halt endlich deine vorlaute Klappe.

Immernoch lächelnd hielt mir Constantin sein ebenfalls blutendes Handgelenk hin und sah mich erwartungsvoll an.

Das meint er jetzt nicht ernst ,oder?

"Trink"

"Was? Ist das dein ernst?", ich sah ihn ungläubig an.

"Wenn du willst, dass es aufhört, trink!", er meinte das wirklich ernst. Verzweifeld blickte ich mich um, das Brennen wurde immer schlimmer, fast unerträglich. Ich musste mich beherrschen um nicht vor Schmerzen aufzuschreien. Kurzerhand griff ich nach seinem Handgelenk und sah ihn noch einmal unsicher an.

"Wenn das ein blöder Witz ist, fängst du dir eine!", keifte ich wütend, bevor ich seine Schnittwunde an meine Lippen führte und meine Zuge darüber gleiten ließ. Augenblicklich, war die enorme Hitze verschwunden und ließ nur das seltsame Kribbeln zurück. Ich seufzte erleichter, obwohl ich mir schon ein wenig bescheuert vorkam, wie ich hier mit ihm stand und an seinem Arm nuckelte wie ein Säugling an der Brust seiner Mutter.

Was für ein verstörender Vergleich.

Stellte das Miststück in meinem Kopf amüsiert fest. Aber ich musste zugeben, dass es weniger ekelig war, als ich befürchtet hatte. Sein Blut schmeckte gar nicht metallisch oder widerlich nach Blut, eher süßlich und gar nicht mal so schlecht. Erleichtert darüber das der Schmerz vollkommen verschwunden war, hob ich den Kopf und wischte mir demonstrativ über den Mund.

"Zufrieden?", fragte ich, immernoch leicht gereizt.

"Geht es dir denn jetzt besser?"

"Ja", gab ich kleinlaut zurück.

"Dann bin ich wirklich zufrieden", lächelte er frech und gab mir ein Taschentuch um das restliche Blut von meinem Arm abwischen zu können.

"Und was sollte dieser ganze Mist gerade? Warum tat es auf einmal so weh?", wollte ich wissen. Er schien kurz zu überlegen, ob er mir antworten wollten.

"Du gehörst jetzt mir. Mehr musst du für den Moment nicht wissen."

Ähm....Okay?

"Das ist jetzt aber nicht irgend so ein Wuduh-Scheiß oder?", er lachte ämüsiert.

"Nicht wirklich", nachdem auch er sich das restliche Blut vom Arm gewischt hatte nahm er die Kette und hielt sie hoch.

"Dreh dich um", ich rollte, genervt von seinem Befehlston, mit den Augen, tat jedoch was er sagte. Er legte mir die Kette um und verschloss sie. Der kleine Anhänger in dem sich nun unser Blut befand baumelte direkt über meinem Schlüsselbein, so eng war sie, jedoch ohne mir in die Haut zu schneiden oder mir die Luft abzuschnüren.

"Fertig", meinte er stolz und ich drehte mich wieder um.

"Toll. Wie wäre es jetzt mit ein paar Antworten?", fragte ich immernoch leicht genervt. Er nickte nur und bedeutete mir mit seiner Hand, dass ich mich in einen der Sessel setzten sollte. Ich folgte seiner stummen Bitte, zündete mir eine Zigarette an und beobachtete, wie er zwei Gläser und eine große Flasche Wodka aus seinem Schreibtisch zog.

Wow, was sich wohl noch alles in dem Ding versteckt?

Sinierte ich still vor mich hin.

"Ist Wodka okay?" 

"Mehr als okay.", meinte ich nur kurz und zog genüsslich an meiner Zigarette. Gott, war die nötig. Ich betrachtete Gedankenverloren mein Handgelenk und erschrak leicht, als ich bemerkte, dass es statt einer Narbe, oder eines Schnittes nun eine schwarze Sichel verzierte. Sie sah aus wie tättowiert. Wie konnte das sein? Er lächelte und setzte sich zu mir, dann reichte er mir ein Glas und füllte es bis zur Hälfte auf. Ich nahm einen Schluck und sah ihn abwartend an.

"Also?", fragte ich und hob meine Augenbrauen zum Nachdruck.

"Okay. Das du jetzt mir gehörst hatte ich ja schon erwähnt..."

"Was heißt das genau? Betrachtest du mich jetzt als eine Art Freundin, oder eher als deine Angestellte?", er lachte kurz wurde dann aber wieder ernst.

"Weder noch. Wir führen jetzt keine Beziehung in dem Sinn. Wenn du es möchtest, kannst du dich immernoch mit anderen Männern vergnügen.", er sah mich herausfordernd an.

"Gut zu wissen.", lächelte ich frech und trank erneut einen Schluck aus meinem Glas.

"Aber wenn ich will das du zu mir kommst, oder etwas von dir verlange, egal was, musst du es, ohne zu Zögern, tun. Verstanden?"

"Ja, Chef.", er grinste.

"Gut, außerdem müssen wir das von gerade eben, einmal im Monat wiederholen.", ich sah ihn überrascht an.

"Was?"

"Keine Angst, es tut nur beim ersten Mal so weh."

"Das beruhigt mich jetzt ungemein. Mal ganz abgesehen von den Schmerzen, soll das heißen ich muss einmal im Monat dein Blut trinken? Ich bitte dich, was soll der Mist?"

"Das wirst du schon noch früh genug erfahren.", lachte er, offensichtlich amüsiert über meinen Schock.

"Außerdem haben du und deine nette Freundin natürlich freien Einlass und bekommt kostenlose Getränke in all meinen Clubs und Etablissements. Du brauchst meinen Angestellten nicht zu sagen wer du bist, die Kette um deinen Hals zeigt, das du zu mir gehörst. Somit werden sie dir jeden Wunsch von den Augen ablesen.", er lächelte, wartete anscheinend auf eine Reaktion meinerseits. Ich hinegen sah ihn nur mit großen Augen an.

Na das hört sich doch mal klasse an. Ich wusste der Deal war eine gute Idee.

Ach jetzt auf einmal? Ich dachte du weißt von nichts?

Plötzlich fing er an laut los zu lachen. Was war denn jetzt los?

"Warum lachst du?", fragte ich wütend. Lachte er mich etwa aus? Aber warum?

"Ich finde es sehr interessant, was in deinem hübschen Köpfchen vor sich geht. Wie lange hörst du diese Stimme denn schon?"

Bitte was?

Fragten sich mein Teufelchen und ich gleichzeitig.

"Ich weiß nicht wovon du redest.", log ich, wobei meine Stimme hysterisch hoch war.

Siehst du, das hast du jetzt von dieser Bluttrinkerei, selber Schuld sag ich da nur. Ich war ja von Anfang an gegen diese ganze Sache hier.

Bitte? Entscheide dich mal, oder halte deine dumme Klappe.

Constantin lachte nur noch lauter. Konnte er wirklich meine....? Nein, das war absurd. So etwas gab es einfach nicht.

"Jetzt mal ehrlich, was ist so lustig?"

 

"Ein schöner Nebeneffekt, findest du nicht? Aber keine Angst, du wirst schnell lernen deine Gedanken vor mir zu verbergen, was mir schon fast leid tut, sie sind sehr unterhaltsam.", er meinte das wirklich ernst und auch ich fing an zu zweifeln. Die ganze Sache hier war im allgemeinen so surreal, konnte es da nicht auch sein, dass......

Na klasse, jetzt hat sich dein gesunder Menschenverstand auch noch verabschiedet, oder was? Tschüss Vernunft- Hallo Aufenthalt in einer Irrenanstalt, wir kommen.

Ich muss meinen gesunden Menschenverstand schon verloren haben, als ich anfing auf dich zu hören, das ist alles deine Schuld.

Ja, klar. Red dir das nur ein, wenn du dich dann besser fühlst.

Ich war kurz davor mir selbst eine zu Scheuern, wenn es nicht so verdammt dämlich ausgesehen hätte.

"Fein dann sag mir doch was ich gerade denke.", forderte ich ihn sigessicher auf.

"Tja, also eben hast du dich mit dieser Stimme gestritten, wann genau du deinen gesunden Menschenverstand verloren hast und wessen schuld es nun ist, dass du jetzt hier bist und diesen Deal mit mir abgeschlossen hast. Reicht dir das als Beweis?", lachte er.

Hexe! Verbrennt ihn!

Schrie mein Teufelchen schockiert.

"Der Meinung bin ich auch.", stimmt ich ihm gewollt laut zu, da ich ja jetzt wusste, dass er das kleine Miststück auch hören konnte.

"Bitte nicht.", er hob die Hände, gespielt ängstlich, zur Abwehr.

"Okay, wie kann das sein? Und warum höre ich deine nicht?", ich weiß nicht warum ich nicht schreiend aus dem Raum lief. Es hatte mich zwar schockiert, doch von Angst war in meinem Kopf weit und breit keine Spur.

Weil ich bis jetzt nicht wollte, dass du sie hörst.

Was zum.....Gott ist das verwirrend.

Das kannst du laut sagen.

Scheiße, drei Stimmen sind eine zu viel. Raus aus meinem Kopf!

 Ich hob die Hände an meine Schläfen und kniff die Augen fest zu.

"Das ging schnell.", ich musste kurz überlegen, ob ich ihn jetzt in meinem Kopf hörte oder ob er das laut gesagt hatte. Ich sah ihn verwirrt an.

"Was?"

"Ich kann deine Gedanken nicht mehr hören.", er musterte mich anerkennend.

"Wirklich?"

"Ja, leider.", gab er resigniert zurück. Ich konzentrierte mich nur auf ihn.

 Und wie ist es jetzt?

Frag noch so blöd, der hört bestimmt alles mit und lacht sich ins Fäustchen.

Sein Lachen war mir Antwort genug.

Hör auf dich einzumischen du kleines Miststück.

Ihr solltet vielleicht ein bisschen netter miteinander umgehen.

Halt die Klappe.

Wiesen wir ihn gleichzeitig zurecht.

"Du verkraftest das alles besser als ich gedacht

hätte."

"Wir sollten uns trotzdem wieder normal unterhalten, drei Stimmen sind wirklich eine zu viel."

"Wie du willst.", lächelte er frech.

"Sollte ich vielleicht noch etwas wissen? Werde ich jetzt grün und groß wenn ich wütend werde, oder so?", fragte ich sarkastisch.

"Nein", feixte er immer noch.

"Gut", ich ließ meinen Bick über die feiernde Masse im Club schweifen. Die mussten sich jetzt nicht mit dieser Art Problemen herumärgern. Als ich zur Bar sah, entdeckte ich Jane die gerade hitzig mit jemandem Diskutierte. Und dann erkannte ich mit wem.

"Scheiße", Constantin folgte inetressiert meinem Blick.

"Was ist los?", fragte er überrascht.

"Scheiße, Scheiße, Scheiße. Ich muss weg.", ich sprang auf und wollte zur Tür stürmen, doch er hielt mich am Arm zurück.

"Katy, was ist los?", fragte er erneut, mit mehr Nachdruck.

"Jane ist los. Wenn ich sie nicht zurückhalte, brauchen wir uns nicht mehr um die Schlampe da unten zu kümmern, das wird sie übernehmen."

"Okay, wie gesagt, meine Angestellten werden tun was du verlangst. Sieh dich als eine Art Juniorchefin.", grinste er und ließ mich los.

"Danke", rief ich ihm noch zu, bevor ich aus seinem Büro richtung Bar stürmte. Erneut bemerkte ich erst kurz vor meinem Ziel, das James mir wieder folge.

Is der jetzt dein Bodyguard, oder was?

Ich ignorierte mein kleines Teufelchen, denn ich konnte Jane bereits sehen, und hören. Nathan hatte sich schützden vor Jacky gestellt, was eine Wut in mir auflodern ließ, die mich selbst erschreckte.

So viel zu grün und groß.

Dachte ich und war mir sicher das Constantin es gehört hatte. Bei Jane angekommen griff ich ihr an die Schulter, um sie von den beiden weg und in meine Richtung zu drehen.

"Jane, beruhig dich!"

"Katy? Es tut mir leid, aber dieses dumme kleine Miststück und das Arschloch haben ein paar aufs Maul verdiehnt. Erst spannt sie dir Nathan aus, dann schmeißt er dich raus und jetzt besitzten sie auch noch die Dreistigkeit hier aufzutauchen!", sie schäumte geradezu vor Wut und auch ich musste mich zusammen reißen um sie nicht einfach machen zu lassen und selbst noch ein paar Schläge zu verteilen.

"Du bist einfach nur jämmerlich. Erst die Aktion von vorhin und jetzt setzt du schon andere Leute auf uns an, anstatt deine Kämpfe alleine zu führen. Ich frag mich, wie Nathan es nur so lange mit dir ausgehalten hat."

"Was?", fragten Jane und ich wie aus einem Mund. Ich war so wütend und verwirrt, dass ich nicht mehr einsah warum ich diese dumme Hure schützen und Jane zurück halten sollte. Ich trat einen Schritt zur Seite und Jane verstand den Wink. Doch Nathan dachte anscheinend nicht daran uns vorbei zu lassen. Mit vor Wut geballten Fäusten standen wir vor ihm, aber er bewegte sich keinen Millimeter.

"Lass uns vorbei. Wie kannst du nur zulassen, dass sie so mit mir redet? Bedeute ich dir denn gar nichts mehr?", ich hoffte wirklich er würde auf mich hören. Hinter ihm hörte ich Jacky gehässiges Lachen. Auch Nathan fing an spöttisch zu Grinsen.

"Nein.", dieses eine Wort ließ den letzten Faden, an dem meine Beherrschung hing reißen. Egal was es kostete, ich wollte das sie starben.

Alle beide.

Stimmte mir mein Teufelchen zu.

"Wie du willst. James, würdest du mir bitte ein wenig zur Hand gehen?", bis jetzt hatte ihn keiner der drei bemerkt, jetzt sahen sie mich fragend an.

"Katy?", fragte Jane verwirrt. Ich sah sie siegessicher an.

"Sagen wir einfach, das hier ist jetzt mein Revier.", meinte ich nur und berührte geistesabwesend den mit Blut gefüllten Anhänger an meinem Hals. Es fühlte sich verdammt gut an Macht zu besitzen.

"Na das ging aber schnell, von wegen du liebst mich.", plötzlich sah Nathan mich verletzt an. Ich zögerte einen Moment, dann durchschaute ich ihn. Dieser Mistkerl dachte allen ernstes, er könnte mich immer noch manipulieren. Von wegen. Ich lächelte böse und sah ihn abschätzig an.

"Vergiss es, das zieht bei mir nicht mehr. Ach und nicht das du falsch von mir denkst, ich habe nichts mit James, sondern mit seinem Boss.", wieder nestelte ich an meiner Kette, lächelte provokant in Richtung der Fensterscheibe über der Tanzfläche und hoffte das er wenigstens noch ein winziges Bisschen für mich empfand und ihn diese Offenbarung treffen würde. Auch wenn ich ja eigentlich in diesem Sinn noch nichts mit Constantin hatte.

"Was?", fragte Nathan geschockt und ich genoss meinen Triumpf. James hatte sich mittlerweile an meine Seite gestellt und wartete. Ich sah ihn leicht überfordert an. Was genau sollte ich jetzt tun? Zu viel Macht war dann wohl doch nicht mehr so gut.

"Wie kann ich dir helfen? Belästigen dich die beiden?", grinste er mich an und ich war ihm dankbar für seine Unterstützung.

"Ja, ich glaube sie brauchen ein wenig frische Luft.", lächelte ich zufrieden.

"Was? Das kannst du nicht machen.", Jacky hatte sich endlich aus ihrer Deckung gewagt und sah mich herausfordernd an.

"Ach hatte ich etwa nicht erwähnt, das seinem Chef dieser Club gehört? Das tut mir jetzt aber leid, versuchts doch mal in der Dorfkneipe nebenan.", keifte ich sie wütend und zugleich selbstsicher an. Dann holte ich aus und Schlug ihr, wie wenige Stunden zuvor, so fest ich konnte ins Gesicht. Sie taumelte und viel zu Boden. Sofort war Nathan da und wollte mich packen, doch James und zwei Securitymänner, die das Ganze von weitem beobachtet hatten hielten ihn auf.

"Was ist denn hier los?", wollte einer der beiden wissen und sah fragend in die Runde. Nathan half Jacky, deren Gesicht blutverschmiert war, dabei aufzustehen und sah mich vorwurfsvoll an. Wieder spielte ich an meinem Anhänger herum, ignorierte Nathan und lächelte den glatzköpfigen Securitymann an. Er musterte mich, sah die Kette und nickte.

"Verstehe. Haben sie die beiden belästig Miss?", fragte er und ich sah wie den anderen die Kinnlade herunter klappe, denn das bestätigte, was ich eben behauptet hatte.

"Ja", war meine kurze Antwort.

"Okay", lächelte er wissend, dann packten sie beide, grob an den Armen und führten sie aus dem Club.

Guter Schlag.

Selbst in mienem Kopf, war das Lächeln in seiner Stimme nicht zu überhören.

Daran könnte ich mich gewöhnen.

Ich grinste frech Richtung Fensterscheibe, wand mich dann um und bestellte etwas zu trinken.

 

***

Späte Erkenntnis

9

 

"Warum willst du dir das freiwillig antun? Hast du deine masochistische Ader entdeckt, oder was?", Jane musterte mich abschätzig. Sie schien wirklich, wirklich sauer zu sein.

"Alles ist gut Jane. Aber ich kann und will mich nicht den Rest meines Lebens verstecken. Das ist doch genau das was sie will und diese Genugtuung werde ich ihr bestimmt nicht lassen.", mein Griff, um das mit Leder überzogene Lenkrad meines alten Corsas, verstärkte sich kaum merklich. Janes Blick wurde weicher.

"Ich weiß, ich will nur nicht, dass sie dir noch mehr weh tun, verstehst du das denn nicht? Ich mache mir einfach nur sorgen Katy."

"Ich schaffe das, vertrau mir.", ich lächelte sie aufmunternd an, setzte den Blinker und bog um die letzte Kurve, die uns noch von der Schule trennte. Es war noch früh, so dass sich kaum jemand vor oder auf dem Schulgelände herumtrieb. Ich parkte wie immer direkt vor dem Haupteingang, wir stiegen aus und zündeten uns eine Zigarette an.

"Lass uns lieber rein gehen, oder willst du dir mit ansehen, wie er sie zur Schule bringt?", ich schüttelte zur Antwort nur meinen Kopf. Vielleicht hatte ich ja wirklich meine masochistische Ader entdeck, ich wusste es nicht. Das Einzige bei dem ich mir sicher war, war das ich stark sein wollte. Tief in meinem Innern hatte ich immernoch die Hoffnung, dass alles nur ein dummer Traum, ein gespinnst meines verkorksten Verstandes war und ich jeden Moment wieder in der Wirklichkeit landete.

"Ich bin hier nicht die jenige, die sich falsch Verhalten und jemanden hintergangen, ein ganzes Leben zerstört hat. Ich habe absolut keinen Grund mich zu verstecken, verstehst du das nicht? Sie sollte sich schlecht fühlen, wegen dem was sie mir angetan hat, oder zumindest denken, dass es mir nicht so viel ausmacht, wie sie sich das erhofft hatte.", Jane entgegnete nichts weiter. Sie verstand, dass ich mich nicht von meiner Meinung abbringen lassen würde, auch wenn es mich vor weiteren Schmerzen geschützt hätte. Wir schwiegen eine Weile und sahen dabei zu, wie sich immer mehr Schüler auf dem Hof versammelten, miteinander lachten oder sich über irgendetwas das Maul zerrissen. Ein schwarzer Audi, mit getönten Fensterscheiben, der in einigem Abstand zu uns stand, zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Das Fenster der Beifahrerseite wurde heruntergelassen und ich erkannte James, der mir zu nickte.

Was will der denn hier?

Woher soll ich das wissen?

"Warte kurz hier.", meinte ich zu Jane und machte mich auf, um James zu fragen, was er hier wollte. Jane erkannte was ich vor hatte und hielt mich am Arm zurück.

"Hatte ich dir schon gesagt, dass ich deine Liebelei mit diesem Black, nicht gut finde? Der Typ ist nichts für dich, Süße."

"Du wiederholst dich Jane.", meinte ich nur genervt und ging weiter, denn diese Diskussion hatten wir in den letzten Tage beireits an die fünfzig Mal geführt. Beim Audi angekommen, wurde die hintere Tür geöffnet. Ich verstand den Wink und setzte mich auf den Rücksitz. Constantin begrüßte mich mit einem Kuss auf den Handrücken.

"Was gibt´s Boss?", fragte ich sarkastisch und lächelte ihn dabei zuckersüß an.

"Nun ja mein Kätzchen, ich wollte dich nur über den Stand unsers Auftrags in Kenntniss setzten.", er setzte ein böses Lächeln auf und betonte das Wort: Aufrtag, ganz besonders.

"Und ich dachte schon, du hattest einfach nur Sehnsucht nach mir.", antwortete ich gespielt theatralisch, lächelte jedoch immernoch.

"Das natürlich auch.", grinste er frech und gab mir einen braunen, großen Briefumschlag.

"Lass mich raten, da drin sind bestimmt Fotos, wie sie sich die Zähne putzt, aus dem Auto aussteig oder die Haustür, mit einem unsicheren Blick über die Schulter, aufschließt.", feixte ich und sah ihn dabei herausfordernt an.

"Nicht ganz, meine Liebe.", ungeduldig öffnete ich den Umschlag und fand einen dicken Stapel Papiere in ihm. Bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, das es Protokolle waren.

"Ich habe sie beobachten lassen, um ihre Tagesabläufe zu kennen, natürlich nicht ganz unauffällig, so dass sie, ganz deinem Wunsch entsprechend, einen Verfolgungswah entwickelt."

"Na das nenne ich doch mal saubere Arbeit.", sinnierte ich vor mich hin, denn ich war von der genauigkeit der Protokolle wirklich beeindruckt. Das musste eine menge Arbeit gewesen sein.

"Ich will, dass ihr einen Schritt weiter geht.", forterde ich schließlich mit fester Stimme. Constantin sah mich erst überrascht und dann wissend an.

"Natürlich."

"Boss?!", James hatte sich zu uns umgedreht und sah Constantin auffordernd an. Dieser nickte ihm zu und sah mir dann erneut in die Augen.

"Unser Zielobjekt wird gleich hier eintreffen. Du solltest zurück zu deiner liebreizenden Freundin gehen.", er taxierte mich mit festem Blick, doch das bemerkte ich nur am Rande meines Bewusstseins. Seine Worte waren wie eine Bombe eingeschlagen. In meinem Kopf herrschte nur noch Chaos. War ich eigentlich vollkommen übergeschnappt? Jacky würde hier gleich mit Nathan im Schlepptau auftauchen und ich wollte mir das Spektakel freiwillig mit ansehen? Wie bescheuert musste man eigentlich sein? Warum hatte mich Jane nicht aufgehalten?

Weil du ja immer alles besser weißt, sie hat es doch versucht.

Davon kann ich mir jetzt auch nichts kaufen!

"Katy, was ist los?", Constantin rüttelte leicht an meiner Schulter, was mich wieder in die Realität zurück brachte.

"Ich kann das nicht!"

"Natürlich kannst du es. Zeig ihr, dass du stark bist, so wie neulich Nacht im Club."

"Nein verdammt, es geht nicht! Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich werde, vor ihren Augen, heulend zusammen brechen!"

"Katy, beruhige dich."

"Nein, nein, nein, nein, nein! Ich schaffe das alles nicht!", die ersten heißen Tränen kullerten über meine Wange. Ohne vorher richtig darüber nachzudenken öffnete ich die Autotür und stolperte unbeholfen hinaus.

"Katy, warte!", Constantin versuchte nach meiner Hand zu greifen, mich zurück zu halten, doch ich entzog sie ihm, noch bevor er sie wirklich fassen konnte. Die vergangenen Ereignisse holten mich ein, überrollten mich wie eine Dampfwalze. Wie konnte ich nur so naiv sein und denken, dass ich dem Ganzen hier gewachsen war? Immerhin liebte ich Nathan, nach wie vor, und wollte mir nun mit ansehen, wie er einer anderen gegenüber Gefühle zeigten, die eigentlich nur mir gehören sollten?! Das war doch irre. Die Gedanken in meinem Kopf überschlugen sich förmlich. Verdrängte Bilder schossen unerbittlich an die Oberfläche und verspotteten mich.

Ohne es zu bemerken entfernte ich mich immer weiter von der Schule. Ich sah meine Umgebung nicht wirklich, konzentrierte mich nur voll und ganz auf das, was da in meinem Kopf vor sich ging. Die verwirrten, teilweise belustigten Gesichter der umstehenden Schüler bemerkte ich kaum, sie interessierten mich auch gar nicht. Ihre Meinung war mir Scheißegal. Einfach alles um mich herum war mir egal, bis plötzlich ein mir viel zu bekanntes Auto in die Straße einbog.

"Nein, bitte nicht.", wie ein verdammtes Reh im Scheinwerferlich stand ich da. Jetzt nahm ich auch wieder wahr, was um mich herum passierte. Die verschiedenen Schüler die mich abschätzig musterten, Jane, die mich verwirrt und fragen ansah und Constanin, der mir aus dem Auto gefolgt war und nun auf mich zutrat. Letzterer stellte sich genau vor mich und nahm mir so die Sicht auf das immer näher kommende Auto.

"Ganz ruhig Katy, alles wird gut.", versuchte er mich zu beruhigen, doch es war sinnlos.

"Nichts wird je wieder gut sein. Sieh mich doch an! Ich bin so jämmerlich, Jacky hatte recht, kaum bekomme ich ein Mal nicht meinen Willen raste ich aus, bin ich sofort bereit zu töten und zu zerstören, nur weil mein verdammtes Ego angekratzt ist."

"Halt die Klappe!", plötzlich war jede Emotion aus seiner Stimme gewichen. Er sprach mit einem kalten, geschäftsmäßigen Ton mit mir, als wäre ich eine seiner Angestellten und hätte meine Arbeit nicht richtig erledigt.

"Aber ..."

"Nichts aber! Hör´endlich auf dich selbst zu bemitleiden, hast du mich verstanden?", er sah mich streg an, würde nur eine Antwort akzeptieren.

"Ja", auch wenn ich es niemals zugegeben hätte, hatte ich genau das gebraucht. Jemanden, der mich zurechtwies und nicht mit Mitleid überhäufte. Und Constantin war dieser jemand.

"Gut, dann komm jetzt.", er hielt mir auffordernd seine Hand hin. Ich ergriff sie ohne zu zögern.

"Was hast du vor?", ich sah ihn fragend an, bemerkte erst gar nicht, dass er mich in Richtung Schule und somit auch zu Jacky und Nathan führte. Erst als Jackys Stimme an meine Ohren drang blieb ich abrupt stehen. Er drehte sich zu mir um, sah mir fest in die Augen.

"Vertrau mir Katy. Du willst Rache, ich werde sie dir möglich machen, doch vorher musst du den Schmerz überwinden. Du wirst nicht in der Lage sein, deinen Plan durchzuziehen, wenn dich ihr Anblick jedes Mal erneut aus der Fassung bringt. Konzentriere dich nur auf mich. Nichts anderes ist noch von Bedeutung, nichts kann dir etwas anhaben, hast du mich verstanden? Du gehörst jetzt zu mir!", automatisch griff ich nach meinem Anhänger, klammerte mich an ihm fest, als würde er mir Kraft verleihen.

"Gutes Mädchen.", er wand sich um und setzte seinen Weg fort. Direkt neben Jane, blieb er schließlich stehen. Diese wirkte ziemlich geschockt. Sie musste das ganze Schauspiel meines Zusammenbruchs mit angesehen haben.

"Ähm ... Katy?", meine Freundin sah mich verwirrt an, deute mit dem Kopf kurz auf meine, mit Constantins verschränkte, Hand. Sie wollte anscheinend eine Erklärung, doch die konnte ich ihr nicht geben, ich war zu sehr darauf konzentriert ruhig zu bleiben und mich nicht einfach los zu reißen und das Weite zu suchen.

"Hey, ich bin Constantin und du musst Jane sein.", er lächelte sie freundlich an.

"Schön dich kennen zu lernen."

Einatmen. Ausatmen. Einatmen. Ausatmen.

"Ähm ... ja, äh ... ebenfalls.", Jane schien vollkommen überrumpelt. Ohne Vorwarnung zog er mich in seine Arme.

Ganz ruhig, einfach mitspielen! Einatmen. Ausatmen.

"Ich nehme an, Katy hat dir bereits von mir erzählt?!"

"Nun ja, um genau zu sein war sie, was das Thema angeht, ziemlich wortkarg.", sie sah mich vorwurfsvoll an. Ich schenkte ihr nur ein kurzes, entschuldigendes Lächeln.

"Nun das lag sicherlich daran, dass das mit uns so schnell ging. Dann weißt du bestimmt auch noch nicht, dass sie bei mir einziehen wird, oder?"

WAS?

Das ist mir neu. Scheiße, wie war das mit dem Atmen?

"Ach wirklich?"

Oh Gott, sie wird mich umbringen. Ich brauch´was zu trinken, oder einen Strick um ihr die Arbeit abzunehmen. Verdammt Black, was soll der Scheiß?

"Dürfte ich sie dir wohl kurz entführen?", Jane wartete seine Antwort gar nicht erst ab, griff nach meiner Hand und zog mich aus seinen Armen.

"Sicher."

Nein, bitte, lass mich nicht mit ihr alleine! Sie wird mich wirklich umbringen, sieh dir doch mal ihren irren Blick an. Hilf mir verdammte Scheiße, wenn sie erstmal mit mir fertig ist, wirst du nicht mehr viel von mir haben.

Beruhige dich, sie ist doch deine Freundin. Sie wird sich für dich freuen.

Einen Scheißdreck wird sie, jetzt hilf mir!

Das ist nicht mehr nötig, du musst jetzt wirklich ruhig bleiben, hast du mich verstanden?

Was? Warum?

"Sieh an, sieh an. Verfolgst du uns jetzt schon? Merkst du gar nicht wie lächerlich du dich benimmst?", Jacky und Nathan waren zu uns herüber gekommen. Jane hatte anscheinend ebenso wie ich, zu spät bemerkt, welches Unheil sich da angeschlichen hatte. Meine Freundin zerquetschte vor Wut, über das eben gesagt, fast meine Hand.

"Du bist anscheinend genau so dumm, wie du aussiehst. Falls du es vergessen hast, wir gehen hier ebenfalls zur Schule. Dass du dich überhaupt her traust, sagt doch schon genug über deinen geistigen Zustand aus.", ich hatte die Worte bereits ausgespuckt, bevor ich mich hätte daran hindern können.

Schlag sie! Na los, du hast doch mittlerweile schon Übung darin. Wie heißt es doch so schön? Immer mitten in die Fresse rein!

"Na du musst gerade von Dummheit sprechen!" Das blaue Auge und die rote, geschwollene Nase hatten ihr anscheinend noch nicht ausgereicht. Na das konnten wir schnell ändern.

"Sag mal Jacky, bist du gegen irgendeine Wand gelaufen, oder warum sieht dein Gesicht heute besser aus als sonst?"

Buhja, schluck das, Miststück!

"Nein, ich hab dich nur angesehen. Also ehrlich Schatz, ich weis nicht, wie du neben ihr schlafen konntest, ohne Albträume zu bekommen."

Das war ein dummer Spruch zu viel!

Los, los, los! Ich geb dir Rückendeckung. Scheiß auf´s ruhig bleiben.

Wutentbrannt stürmte ich auf sie zu, ich sah einfach rot. Doch wieder stellte sich Nathan schützend vor sie. Nur das er diesmal doch tatsächlich die Hand gegen mich erhob. Schockiert blieb ich stehen. Wollte er mich wirklich schlagen? Er war doch nie der Typ gewesen, der sich prügelte und schon gar nicht mit einem Mädchen. Was hatte sie nur mit ihm angestellt?

Den Schmerz erwartend schloss ich die Augen, dass wollte ich mir nicht mit ansehen. Doch es schütze mich nicht. Härter als erwartet traf mich seine Faust im Magen, ließ mich das Gleichgewicht verlieren und nach hinten taumeln. Mir blieb die Luft weg, ob vor Schreck oder des Schmerzes wegen, wusste ich nicht.

"Bist du jetzt vollkommen übergeschnappt Nathan?", Jane schrie aus vollem Hals. Jeder der dieses Spektakel bisher nicht mitbekommen hatte, spitzte spätestens jetzt die Ohren. Sämtliche Schüler um uns herum schienen die Luft angehalten zu haben. Und ich? Ich hielt mir meinen schmerzenden Magen und versuchte verzweifelt das endgültige Zerbrechen meines, ohnehin ramponierten, Herzens zu verhindern.

"Ein Wort und ich beende es hier und jetzt.", Constantin stand plötzlich hinter mir und hatte seine Arme fest um meine Mitte geschlungen. Gab mir den Halt, den ich so dringend benötigte. Ich lächelte bitter. Warum hatte er mir nicht geholfen? Mich vor dem Schlag bewahrt? Entweder war er zu langsam, oder aber er wollte mir zeigen, dass es keinen Grund mehr für mich gab, Nathan in Schutz zu nehmen.

Er war nicht mehr der, in den ich mich vor all den Jahren verliebt hatte. Der, für den ich alles getan hätte und an den ich mich immernoch mit aller Macht klammerte. Ich wollte es einfach nicht wahr haben, dass unsere gemeinsame Zeit vorbei war. Konnte nicht los lassen. Doch ich musste, das wurde immer klarer. Ich hatte keine andere Möglichkeit, wenn ich das hier durchziehen wollte. Nathan hatte genauso Schuld an dem was passiert war. Er hatte mich zerbrochen, dass sollte er bereuen! Ich legte meine Hände auf Constantins Arme, die mich immernoch umschlangen, und krallte mich an ihnen fest, als würde ich ertrinken, wenn ich losließ.

"Danke.", flüsterte ich, bevor ich den Kopf hob und Nathan direkt in die Augen sah.

"Aber er ist es nicht wert."

Die Regeln

10

 

Ich konnte Constantins zufriedenes Grinsen in meinem Nacken spüren, als Nathans Blick von gelangweilt, erst zu verwirrt und dann zu wütend wechselte. Jacky folgte seinem Beispiel und plusterte entrüstet die Backen auf. Es gefiel ihr anscheinend ganz und gar nicht, dass ich mich mit Constantins Hilfe allmählich fing.

"Man sollte gehen, wenn´s am schönsten ist", Constantin löste sich von mir und wand sich in Richtung seines Wagens. Ich blieb erst unschlüssig stehen, bevor er mir mit einer unauffälligen Geste bedeutete ihm zu folgen und ich mich schnell in Bewegung setzte. Jane starrte mir entgeistert hinterher. Ich wollte sie nicht einfach so stehen lassen, aber ich wusste sie würde es verstehen.

Sie verstand es immer. Ich warf ihr noch einen entschuldigenden Blick zu, bevor ich mich auf den Rücksitz gleiten ließ und die Tür hinter mir zu zog. Einen endlosen Moment lang herrschte eine unangenehme Stille im Inneren des Wagens.

Die letzten Minuten standen unausgesprochen im Raum und schienen mich mit ihrer Präsenz zu erdrücken. Ich wusste weder ein noch aus. Was sollte ich jetzt nur tun? Was würde mein nächster Schritt sein? Ich meine das große, alles überragende Endziel stand in grellen, leuchtenden Buchstaben in meinem Kopf geschrieben. Schrie mit stechender Neonbeleuchtung nach Aufmerksamkeit, auf das ich blos nie vergaß, wofür ich das alles tat. Und trotzdem lag der Weg dorthin in vollkommener Dunkelheit.

"Wir sind da", Constantins Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sich der Wagen in Bewegung gesetzt hatte. Jetzt standen wir in der Einfahrt, vor einem riesigen, alten Herrenhaus. Irgendwie hatte ich mir Constantins Zuhause anders vorgestellt. Moderner. Vielleicht sogar ein wenig wie der Club, doch dieses Haus war das komplette Gegenteil. Die steinerne Fassade, die hellen Fenster, der Efeu, der an dem alten Gemäuer hinauf kletterte und der wunderschöne, waldähnliche Garten, der das Gebäude umschloss, wirkten wie aus einem Märchen.

"Kommst du?", ich sah mich noch bewundernd um, drückte mir die Nase am Fenster platt, als Constantin nach mir rief. Er war bereits ausgestiegen und ging auf die moderne Eingangstür zu.

Die war mir bis jetzt noch gar nicht aufgefallen. Meine Augen wurden nur noch größer. Dieser Stilbruch, zusammen mit den unzähligen Details, schienen mir gut durchdacht und liebevoll ausgewählt worden zu sein.

"Gefällt´s dir?"

"Es ist atemberaubend", hauchte ich, nicht im Stande mich von dem Anblick zu lösen.

"Das wollte ich hören", das Lächeln in seiner Stimme war unüberhörbar.

"Jetzt komm, ich zeige dir dein Zimmer", er verschwand im Inneren des Hauses und ich hatte Mühe ihm zu folgen.

"Hey warte!", er schien praktisch zu rennen, zumindest kam es mir so vor. Ich fiel in einen Laufschritt, schaffte es jedoch immernoch nicht ihn einzuholen. Erst als er in der zweiten Etage plötzlich vor einer der unzähligen Türen stehen blieb, erreichte ich ihn. Schwer atmend lehnte ich mich an die kühle Wand zu meiner Rechten.

"Was zum Henker .... sollte ... das?", er sah mich nur amüsiert an.

"Was denn?"

"Na dieses ... Wettrennen! Meine Lunge ist schwarz ... und meine Beine ... sind kurz ... das solltest du berücksichtigen!", er grinste nur, während ich immernoch verzweifelt versuchte Sauerstoff in meine Lungen zu saugen.

Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass ich absolut keine sportlichen Attribute besaß? In der Fünften hatte ich mir im Sportunterricht das Bein gebrochen ... beim Seilspringen. Keine Ahnung wie das passiert war, ich weiß nur noch, dass es höllisch weh tat und ich mich seit diesem Tag, von jeglicher Art der körperlichen Betätigung fern hielt und das merkte man. Ein Wunder, dass ich noch nicht kugelrund durch die Gegend kullerte.

Während ich in weniger schönen Kindheitserinnerungen schwelgte, öffnete Constantin die Tür, vor der wir standen, und bedeutete mir einzutreten. Das Zimmer dahinter, mein Zimmer, war wirklich groß und lichtdurchflutet. Die Einrichtung war stilvoll, alles in schlichten Weiß- und Cremetönen gehalten.

Ein großes Bett, ein Kleiderschrank, ein Schreibtisch und eine gemütliche, kleine Sitzecke füllten den Raum und ließen keine Wünsche offen. Eine weiße Tür auf der linken Seite, zwischen Sitzecke und Kleiderschrank, führte wahrscheinlich in ein angrenzendes Badezimmer.

"Gefällt es dir? Ich weiß, es ist nichts Besonderes, aber ich hoffe, für den Anfang wird es reichen. Wenn dir noch etwas fehlen sollte ..."

"Es ist toll, wirklich. Mir hätte doch auch ein kleines, fensterloses Kämmerchen gereicht", gab ich verunsichert zurück und schickte noch ein ersticktes Kichern hinterher.

Das hätte auch besser zu deiner Situation gepasst, findest du nicht? Am besten eine Art Kerker, mit Eisenketten an den Wänden und einer halb verrotteten Leiche in der Ecke.

Schönen guten Morgen, na sind wir auch schon aufgewacht? Ich hatte schon die Hoffnung, ich wäre dich ein für alle mal los, so angenehm ruhig war es in meinem Kopf.

Von wegen!

"Ich bitte dich. Ich behandele mein Eigentum immer mit größter Sorgfalt", ein schiefes Grinsen auf den vollen Lippen, zwinkerte er mir kess zu. Doch auch diese verharmlosende Geste konnte den säuerlichen Geschmack in meinem Mund, den seine Worte ausgelöst hatten, nicht vertreiben.

Er klebte an meinem Gaumen und brannte sich in mein Fleisch. Diese Tatsache so schonungslos von ihm um die Ohren gehauen zu bekommen, war härter, als ich gedacht hatte. Ich hatte mich verkauft. Meinen Körper, meine Seele, alles was mich ausmachte und ich konnte es nicht mehr rückgängig machen.

Du kannst von Glück reden, wenn er dich nur als seine persönliche Hure nutzt!

"Nun zu den Regeln", er ging zum Fenster und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Glas.

"Du bist nicht meine Gefangene, dass heißt, du kannst dich frei im Haus und auf meinem Grundstück bewegen. Die einzige Ausnahme bilden einzig und allein meine Räumlichkeiten. Dort hältst du dich nur auf, wenn ich dabei bin.", er machte eine kurze Pause und sah mich eindringlich an. Wartete er etwa auf meine Reaktion?

"Kein Problem", nuschelte ich schließlich und setzte mich aufs Bett.

"Gut. Willst du das Grundstück verlassen, musst du vorher mir oder jemandem vom Personal Bescheid geben und wirst akzeptieren müssen, dass James dich begleitet. Ich will nicht das dir etwas passiert, oder du dich unnötig in Gefahr begibst", wieder eine Pause.

"Hmm", mehr als ein widerwilliges Brummen brachte ich nicht zu Stande. Was sollte man auch dazu noch sagen? Constantin sah mich nur ungerührt an, bevor er mit einer Hand sein perfekt geschnittenes Jackett aufknöpfte und auf mich zu kam. Kurz vor dem Bett blieb er stehen, sodass ich den Kopf in den Nacken legen und zu ihm aufblicken musste.

"Und zu guter letzt, wenn ich etwas von dir will, tust du es ohne zu zögern, oder dumme Fragen zu stellen, egal was ich verlange. Ich glaube du hältst das hier alles noch für ein Spiel, oder Spaß, doch das ist es nicht. Du gehörst jetzt mir! Es gibt kein zurück mehr für dich. Hältst du dich nicht an meine Regeln, hat das Konsequenzen, ganz einfach. Verstanden?"

Na das war doch mal ne Ansage. Wo hast du dich da nur wieder rein geritten?

Halt deine Klappe!

Constantin sah mich immernoch abwartend an. Sein Gesicht zeigte keine Regungen und mir wurde zum ersten mal klar, wer mir hier eigentlich gegenüber stand.

Ein knallharter Geschäftsmann ohne Skrupel oder Mitleid. Ein Mann der verstörende Rituale genutzt hatte um mich auf irgendeine verquere Art an sich zu binden. Ein Mann der ohne zu zucken Geld und Zeit investiert, um mich zu besitzen. Ein Mann mit vielen Geheimnissen, undurchschaubar und unantastbar.

Er war alles nur nicht harmlos, auf so viele unterschiedliche Arten, und ich wusste schon jetzt, dass das mein Verderben sein würde. Wie zur Hölle hatte ich da nur hinein geraten können? Ich schluckte den Klos in meinem Hals mühsam herunter und nickte.

"Ja"

Impressum

Texte: Alle Rechte, bezüglich der Geschichte und Charaktere, liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 31.07.2011

Alle Rechte vorbehalten

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