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STAR GATE 105-106: Das Mysterium

 

Impressum:

 

ISSN 1860-1855

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich Print und Hörbuch)

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STAR GATE-Logo: Gerhard Börnsen

Lektorat: Werner Schubert

 

 

STAR GATE 105


Das Mysterium

- von Erno Fischer:

Seit Jahrtausenden existiert es versteckt im Eis – und jetzt ist es wieder kampfbereit!“


Seit der Invasion der Kyphorer steht die Erde unter der Aufsicht der Besatzer. Jeder Tag kann der letzte sein, denn die Kyphorer sind unberechenbar. Ausgerechnet in der Antarktis könnte die Lösung des Problems zu finden sein. Hier gibt es jedoch das Mysterium, und es ist den Menschen ebenfalls feindlich gesinnt und hat den Zentralcomputer des ehemaligen Konzerns Bionic Inc. gehackt, ohne dass die verzweifelte Gruppe von Heiko Chan und Co. es verhindern konnte.

Und dann stellen sie fest, dass Psionik-Girl Lisa verschwunden ist – und sie ist doch erst vier Jahre alt…


DIE HAUPTPERSONEN:

Haiko Chan und Don Jaime López de Mendoza Tendilla y Ledesma – Der Survival-Spezialist und sein Freund kommen von einem Schlamassel in den nächsten.

Lisa – Das kleine Mädchen ist erst vier Jahre alt. Aber sie ist ein sogenannter PSI-Mensch und trägt anscheinend das Wissen ihrer verstorbenen Mutter in sich.

Liberanto – Der Exterrorist heißt in Wirklichkeit Arndt Soklund und ist jetzt wieder der Chef von Bionic Inc.

Nadine Prehti, Grit und Britt Lonesdale, Karl Berens, Nestor Hagen – Fünf Mutanten, die Probleme damit haben, sich gegenseitig zu vertrauen – und das führt zu Konflikten.

»Ich – ich muss sie finden, ehe es zu spät ist!«, rief Don Jaime verzweifelt. Ja, er hatte inzwischen längst eine Vaterrolle für Lisa übernommen, obwohl er sich anfangs dagegen gewehrt hatte. Aber Lisa hatte doch außer ihm sonst niemanden. Oder?

»Komm mal wieder runter, mein Freund!«, versuchte Haiko, ihn zu beruhigen. »Lisa ist kein gewöhnliches kleines Mädchen. Sie ist zwar erst vier Jahre alt, aber so eine Art Psionik-Girl.«

»Wenn dir Lisa so egal ist, dann kann ich es nicht ändern, Haiko. Mir jedenfalls ist das Kind ans Herz gewachsen, und ich lasse sie nicht im Stich. Ich werde sie jetzt suchen gehen.«

Und schon wandte sich Don Jaime ab und lief zum nächstgelegenen Ausgang aus der Konzernzentrale von Bionic Inc.

»Verdammt, Don Jaime, wenn du kopflos durch den Palast rennst, ist nichts gewonnen!«, versuchte Haiko, ihn aufzuhalten. »Der Palast hier hat einen Durchmesser von anderthalb Kilometern. Das ist ein gigantischer Komplex inmitten der Stadt im ewigen Eis Atlantis City. Zum großen Teil ist die Energieversorgung noch nicht intakt. Das heißt, diese Bereiche liegen komplett im Dunkeln und es ist dort äußerst ungemütlich. Wie willst du da Lisa finden? Du hast doch nicht den geringsten Anhaltspunkt.«

Don Jaime war wie besessen. Er ließ sich nicht durch Haiko aufhalten. Erst durch den Ausgang, den er nicht öffnen konnte.

Er fuhr herum und rief anklagend: »Du hast die Tür blockiert, Arndt!«

Der Konzernerbe nickte nur und meinte ruhig: »Aus gutem Grund! Haiko hat recht. Wenn du kopflos im Palast herumrennst, hast du dich innerhalb von spätestens fünf Minuten hoffnungslos verirrt. Dann müssen wir unsererseits uns auf die Suche nach dir machen, denn du wirst das nicht überleben. Der Palast ist größtenteils dunkel und kalt und auch ziemlich nass seit dem Auftauen. Es wird noch Wochen dauern, bis die internen Anlagen so weit wiederhergestellt sind, dass der Palast wieder komplett bezogen werden kann. Aber vorher gibt es noch genug anderes zu tun.«

Don Jaime ließ sich auch davon nicht beirren. »Ja, begreift hier denn niemand, dass ich mich verantwortlich fühle für die kleine Lisa? Ich habe sie aus den Augen gelassen und muss jetzt alles tun, sie zu finden. Die Kleine hat doch nicht die geringste Chance allein im Palast. Wer weiß, was ihr alles widerfährt, während wir hier sinnlos herumdiskutieren.«

»Nicht sinnlos!« Haiko schüttelte den Kopf. Er ging langsam auf seinen Freund zu, den er noch niemals auch nur annähernd so aufgelöst erlebt hatte. Die kleine Lisa schien ihm tatsächlich so am Herzen zu liegen, dass er zu keinem vernünftigen Gedanken mehr fähig war. »Hast du vergessen, dass es sich nicht um irgendein gewöhnliches Kind handelt? Lisa ist etwas Besonders. Sie ist erst vier Jahre alt, aber sie handelt zuweilen wie eine Erwachsene. Und sagt sie nicht immer, ihre Mutter sei bei ihr und passe gut auf sie auf?«

»Ihre Mutter! Ihre Mutter!«, äffte Don Jaime abfällig. »Wir wissen doch alle, dass sie sich das nur einbildet. Ihre Mutter ist längst tot.«

»Es ist egal, ob ihre Mutter quasi als Geist bei ihr ist oder nicht.« Haiko hatte seinen Freund erreicht. Er hob die Hände, verhielt jedoch unschlüssig. Wenn er jetzt Don Jaime an der Schulter packen würde und dadurch vielleicht zur Vernunft brächte, wäre die Reaktion von Don Jaime nicht vorhersehbar. Deshalb unterließ Haiko dies. Er versuchte es noch einmal verbal: »Sie ist ein Psionik-Girl! Erinnere dich, als sie uns verfolgte, zu den Ruinen von Alt-Kapstadt. Wir haben uns gewundert, wie sie das mit ihren kurzen Beinen überhaupt schaffte. Außerdem war sie für uns unsichtbar. Genauso unsichtbar wie Liberanto. Er hätte uns erschossen, wäre nicht Lisa gewesen. Glaubst du wirklich, du könntest besser auf sie aufpassen als sie auf sich selber? Sie hat sich von uns getrennt, und dafür hatte sie sicherlich ihre Gründe. Und du wirst sehen: Sie kehrt zurück und wird tun, als sei nichts gewesen. Genauso ist sie bei mir das erste Mal aufgetaucht. Sie hat ganz allein die Flucht vom Mond über die Venus zur Erde mitgemacht. Nur von ihrer Mutter begleitet, von der du annimmst, sie würde sich diese nur einbilden.«

»Was denn sonst?« Es klang ein wenig hilflos. Hatte Haiko es geschafft, ihn zumindest halbwegs zur Vernunft zu bringen?

»Äh, ja, ihre Mutter …«, sagte jemand.

Haiko schaute sich um: Karl Berens, der Imitator und Computerexperte.

»Ach so, Karl, du weißt das ja noch gar nicht im Detail. Du warst ja in Alt-Kapstadt noch gar nicht bei uns, sondern bist mit den Zwillingen und Nadine Prehti erst später, hier vor der Stadt, zu uns gestoßen.«

Haiko tat, als sei alles Wichtige zu Don Jaime gesagt. Er kam zurück zu Arndt Soklund und Karl Berens.

»Ja, Lisas Mutter ist tot«, fuhr er fort. »Sie hat es nur noch geschafft, ihre kleine Tochter auf die PHAETON zu schmuggeln. Ich kann dir sagen, die Raumfähre war total überladen, und trotzdem konnte damit nur ein geringer Teil der Menschen in Sicherheit gebracht werden, ehe die Atombomben auf die Mondkuppeln niedergingen. Damit wollten die Konzerne die Invasion der Kyphorer verhindern, aber die Einzigen, die dabei keinen Schaden erlitten, waren ausgerechnet die Kyphorer. Dabei starb die Mutter von Lisa gemeinsam mit allen anderen. Lisa behauptet, sie sei dadurch frei geworden und ihr auf die PHAETON gefolgt. Dabei habe sie Lisa versprochen, sie niemals wieder zu verlassen. Deshalb hat Lisa sich ja auch so angestellt, als wir unten, in der Tiefe, waren. Das PSI-Feld hat vorübergehend den Kontakt zwischen ihr und ihrer Mutter unterbunden.«

Karl Berens schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Haiko, aber ich halte das für Quatsch. Obwohl ich selber ein PSI-Mensch bin. Lisa bildet sich das nur ein. Damit schützt sie ihre Seele. Sie hat niemanden mehr, und das will sie einfach nicht wahrhaben. Anderen Kindern sagt man, ihre Mütter seien im Himmel und würden von dort alles beobachten, um stolz zu sein auf ihre Kinder.«

»Nein, nein, Karl, so einfach ist das nicht! Wie gesagt, Lisa handelt und redet oft genug wie eine Erwachsene, obwohl sie erst vier Jahre alt ist.«

Arndt Soklund mischte sich ein: »Ja, das stimmt, Karl. Wir sollten es nicht unterschätzen. Ich habe die Vermutung, dass im Augenblick des Todes ihre Mutter alle ihre Erinnerungen auf Lisa übertragen hat. Sie müssen in diesem Augenblick telepathisch in Kontakt gestanden haben. Natürlich weiß ich das nicht sicher. Es ist nur eine Vermutung.«

»War denn ihre Mutter auch ein PSI-Mensch?«, wunderte sich Karl Berens.

»Sagt dir der Name Maria Gaapa etwas?«, fragte Haiko Chan.

Karl runzelte die Stirn. »Ja, sicher, das ist doch dieses ehemals weltberühmte Medium. Viele nannten sie allerdings auch eine Hexe. Sie hat sich stets gegen die Unterstellung gewehrt, ein PSI-Mensch zu sein. Also galt sie für Aufgeklärte als geschickte Betrügerin, die Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche ziehen will.«

»Ja, immerhin gingen diese Leichtgläubigen in die Millionen. Hunderte von Millionen, um genauer zu sein«, bestätigte Haiko Chan. »Nach meinem heutigen Wissensstand zu urteilen, war sie jedoch ein fähiger Mutant! Sie hat dabei natürlich alles getan, um das zu verschleiern. Ich muss dir ja wohl nicht erklären, wieso das nötig war. Schließlich ging es dabei um Leben und Tod. Die Überlebenschance eines erkannten Mutanten tendiert gegen Null. Deshalb musste sie das auch immer wieder betonen. Und dann ist sie eines Tages untergetaucht. Was fast niemand weiß: Sie lernte Gordon Scott kennen und lieben.«

»Den Earl von Canterbury? Also den Chef von WWF?«

»Ich weiß nicht, inwiefern du im Bilde bist, Karl, was die Clouzot und WWF betrifft?«

»Nun, ich weiß zumindest, dass sie vor gut vier Jahren Scott umbrachte und seitdem seine Rolle spielte. Per Computerprogramm.«

»Soll das etwa heißen, dass du auch da deine Hände mit im Spiel hattest?«

Karl Berens druckste ein wenig herum. Dann gab er es zu: »Ja – und wenn schon?«

»Dann weißt du gar nicht, dass Gordon Scott der Vater von Lisa war?«

»Der Vater von …?« Karl Berens machte große Augen. »Aber das ist doch nicht möglich!«

»Ist dir der Name Lisa Scott denn nicht geläufig?«

»Doch, schon … Es gehörte zum Plan, Maria Scott und ihre Tochter weiterhin zu unterstützen.«

»Ja, und du hast dir darüber niemals Gedanken gemacht?«

»Nein, habe ich nicht, wieso auch? Ich war mit nichts einverstanden, was die Clouzot da so alles getrieben hat, aber ich hatte keine Wahl.«

»Ja, genauso wie du Arndt Soklund um sein Erbe brachtest, indem du Bionic an Clint Fisher verrietest. Ich weiß. Aber ich will dir keinen Vorwurf machen. Ich will dir nur klarmachen, dass Maria Scott mit Geburtsnamen Gaapa hieß. Sie war das verschwundene Medium. Scott hat sie geheiratet, und als sie mit Lisa schwanger war, wurde er von Genieve Clouzot umgebracht. Damit Maria nichts erfuhr, täuschte die Clouzot vor, Scott wolle nichts mehr mit ihr zu tun haben. Das leuchtete ihr sogar ein. Immerhin ein Konzernchef wie Gordon Scott und eine weltbekannte Hexe … Das hätte seinem Ruf enorm geschadet und dadurch auch seinem Konzern, weshalb er sie ja auch heimlich heiratete, unter Ausschluss der Öffentlichkeit.«

»Moment mal, und die Gaapa gab quasi auf dem Mond ihr Leben für ihre einzige Tochter?«

»Ja, Karl, endlich hast du es begriffen!«, lobte Haiko sarkastisch.

Don Jaime war neben ihn getreten, ohne dass er es zunächst bemerkt hatte. Jetzt ächzte der Spanier: »Kannst du nicht wenigstens per Computer versuchen, sie zu finden, Arndt?«

Dieser nickte. »Was glaubst du, habe ich bereits getan? Aber wir haben gerade erst den Zentralcomputer dank Karl hier halbwegs in den Griff bekommen. Es stehen mir keinerlei Reparatureinheiten mehr zu Verfügung. Ohne Zweifel ist es dem Mysterium gelungen, alle abzuziehen. Wir wissen nicht warum, aber ich kann den Palast auf diese Weise vorerst nicht wieder instandsetzen. Wenn du einfach losrennst, wirst du verloren gehen, glaube mir. Und nichts wird dich retten können.«

»Und Nadine Prehti?«, schöpfte Don Jaime trotzdem neue Hoffnung. »Sie kann Mutanten orten, wenn diese stark genug sind. Auch auf größere Entfernung, wurde behauptet.«

»Auch das ist bereits erledigt, ohne dass du es bemerkt hast. Ein Gedankenimpuls an die Zwillinge Grit und Britt genügte. Sie haben Nadine darum gebeten, während sie weiterhin Nestor Hagen beaufsichtigten. Nadine hat mitgeteilt, es sei für sie so, als hätte sich Lisa regelrecht wegteleportiert – weit weg.«

»Teleportiert?«, echote Don Jaime verständnislos.

»Nur eine Metapher. Es heißt nicht wirklich, dass sie Teleporterfähigkeiten hat.«

Don Jaime schaute sich in der kleinen Runde um. »Keiner von euch zeigt, dass er sich um Lisa sorgt. Was seid ihr nur für Unmenschen?«

»Wir sind keine Unmenschen, mein Freund«, belehrte ihn Haiko Chan. »Wir sehen das nur realistischer als du: Lisa kann besser auf sich selbst aufpassen als jeder von uns. Und du solltest dich jetzt endlich wieder beruhigen und nicht gleich das Schlimmste annehmen. Klar, ein wenig Sorge macht sich jeder von uns um Lisa. Aber wir glauben andererseits, dass ihr nichts widerfahren kann, dem sie nicht gewachsen wäre. Denk bloß daran, dass sie keinen Schutzanzug in der Eiseskälte der Antarktis benötigt. Erinnere dich auch daran, als sie ihre kleinen Hände gegen den Eispanzer drückte, der künstlich erzeugt und immerhin knapp über absolut Null kalt war. Jeder normale Mensch wäre sofort zu Eis erstarrt und wie Glas zersplittert. Ihr hat das nicht das Geringste ausgemacht. Nein, Don Jaime, wirklich: Lisa ist eher sich selber eine große Hilfe, als dass sie der Hilfe anderer bedarf!«

»Die Tochter der Gaapa!«, murmelte Karl Berens, anscheinend immer noch fassungslos ob dieser Eröffnung. Er schaute Haiko an. »Dann ist die Clouzot tatsächlich die Mörderin von Lisas Vater. Sie hat zwar sehr großzügig für den Unterhalt von Mutter und Tochter gesorgt…«

»Wahrscheinlich hätte sie das Geld gar nicht benötigt, denn Maria Gaapa hatte sicherlich selber viele Millionen auf ihren Konten. Es hat noch niemals in der Menschheitsgeschichte ein Medium gegeben, das dermaßen berühmt war. Sie hat den Urlaub auf dem Mond, gemeinsam mit ihrer kleinen Tochter, sicherlich aus der Portokasse bezahlt – einen Urlaub, den sich wirklich nur die Reichsten der Reichen erlauben konnten.«

»Da hat ihr der Reichtum allerdings mehr geschadet als genutzt«, brummte Karl Berens. »Sonst wäre sie jetzt nicht tot.« Er schüttelte den Kopf. »Aber wenn man bedenkt, dass Lisa steif und fest behauptet, ihre Mutter sei ständig bei ihr … Und ihr habt recht, sie benimmt sich oft genug ganz und gar nicht wie eine erst Vierjährige, abgesehen davon, dass ich ein enormes PSI-Potenzial bei ihr vermute.«

»Niemand weiß, inwiefern ihre Behauptungen zutreffen«, meinte Liberanto alias Arndt Soklund. »Aber wir sollten jetzt wirklich hier weitermachen. Auch im Sinne von Lisa. Denn je eher wir alles im Griff haben und einen Weg zum Mysterium finden, desto besser.«

»Und wenn das Mysterium Lisa entführt hat?«, rief Don Jaime alarmiert.

»Genau das meine ich, mein Freund«, antwortete Arndt und wandte sich ab, um über die Schulter zurück zu ergänzen: »Egal, was passiert ist: Wir werden es nur herausfinden, indem wir einen kühlen Kopf bewahren und hier unsere Arbeit machen.«

Haiko zeigte ein verzerrtes Lächeln, das eigentlich zuversichtlich hatte aussehen sollen, aber völlig missglückte. Er klopfte seinem Freund beruhigend auf die Schulter.

Don Jaime reagierte nicht darauf, sondern ging näher an die Computerkontrollen heran, als würden diese ihn zum ersten Mal wirklich interessieren.


*


Berint Soklund, Arndt Soklunds Vater, erschien plötzlich auf dem Hauptschirm, als Karl Berens ein paar zusätzliche Schaltungen vorgenommen hatte. Er wirkte so lebendig, als hätte er sich niemals gemeinsam mit seiner Frau Kareen mit Pflanzen verbunden, um damit sein menschliches Dasein aufzugeben.

Und er sprach zu seinem Sohn:

»Arndt, ich weiß, wie es um uns beide steht, und ich weiß auch, dass ich viele Fehler gemacht habe, was dich betrifft. Du hast mich verlassen, und es sieht so aus, als würdest du niemals wieder zu mir zurückkehren. Inzwischen habe ich über unser Verhältnis sehr viel nachgedacht. Ich weiß nicht, was wird, noch, was ich tun kann, um die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren. Es hat auch wenig Sinn, jetzt darüber zu reflektieren. Es würde meine gegenwärtige Stimmung wiedergeben, jedoch der Situation, in der du mich einst dies sagen hören wirst, gewiss nicht gerecht werden. Dafür wäre es notwendig, dass wir zu einem persönlichen Gespräch fänden. Nur gemeinsam haben wir eine Chance, eine Kommunikationsebene zu schaffen, in der alle Gegensätze überbrückbar erscheinen.

Es gibt einen gewichtigen Grund, warum ich zu dieser Einleitung greife, denn es geht um ein gewichtiges Thema, und dabei sollst du wissen, dass ich durchaus in der Lage bin, die Dinge realistisch zu sehen.

Arndt, du bist mein Sohn und damit mein Erbe. Vergessen wir die Vergangenheit und vergessen wir die Gegenwart, wenden wir uns der Zukunft zu. Wenn du diese Aufzeichnung erhältst, werde ich tot sein, denn sonst würde ich persönlich zu dir sprechen, weil eine technische Aufzeichnung niemals ein persönliches Gespräch ersetzen kann.

Mein Tod darf nicht ohne Folgen für dich bleiben! Arndt, dies soll kein Appell an deine Vernunft sein, denn du würdest voraussetzen, dass ich ohnedies nur meine eigene Einschätzung von Vernunft und Unvernunft vorschiebe. Ich will dir im Gegenteil Tatsachen übermitteln, die du beim Planen deines eigenen Lebens und deiner Zukunft berücksichtigen solltest. Wie du letztlich entscheidest, bleibt dir überlassen: für oder gegen Bionic Inc.!

Denn du, Arndt, hast es als Erbe des Konzerns in der Hand. Es liegt an dir, darin eine Bestimmung oder eine Last zu sehen. Es liegt an dir, das Erbe anzunehmen oder abzulehnen – und damit zu zerstören.

Wenn du meine Worte hörst, bist du ein Erwachsener und hast eigene Erfahrungen gesammelt, die sich sicherlich nicht mit meinen decken. Dies wird dir eine Grundlage für die wichtige Entscheidung geben. Betrachte meine Mitteilung gewissermaßen als Ergänzung der Entscheidungsbasis.«

Das Bild verschwand, die Stimme verstummte.

Dann klang die gewollt künstlich klingende Stimme des Zentralcomputers auf: »Keine Zeitangabe zur Aufzeichnung. Soll ich fortfahren?«

»Gibt es noch mehr solcher Aufzeichnungen?«, erkundigte Arndt sich.

»Ja! Berint Soklund hat sein Vermächtnis verschlüsselt, so dass es nur für dich zugänglich ist – für den Erben!«

Arndt wandte sich an Karl. »Wie, um alles in der Welt, hast du das geschafft? Außerdem frage ich mich, wieso ich damals, als ich vor über fünfzehn Jahren, nämlich 2048, mein Erbe antrat, nichts von diesen Aufzeichnungen erfahren habe. Ich wurde sozusagen ins kalte Wasser gestoßen und habe mich für den Konzern entschieden, auch ohne mit diesen Aufnahmen konfrontiert zu werden.«

Karl grinste verlegen. »Erstens konntest du das damals nicht abrufen, weil der verlängerte Arm von Clint Fisher es verhindert hat, wovon ich zufällig wusste … Vergiss nicht, Fisher hatte den Auftrag erteilt, deine Eltern zu töten, und Professor Ökdör Sömöhl hat ihm eines Tages Vollzug gemeldet. Du durftest allein deshalb diese Aufzeichnungen niemals sichten, um eben nicht in Versuchung zu geraten, das Konzernerbe zu übernehmen. So jedenfalls das Kalkül von Clint Fisher.«

»Ja, hattest du denn damals…?«

»Nein, dabei war ich ausnahmsweise völlig unbeteiligt, ehrlich, Arndt. Aber weil ich davon wusste, erschien es mir wichtig, dass du endlich davon erfährst. Die Aufzeichnung jetzt freizuschalten war dabei verhältnismäßig einfach, denn dein Vorhandensein genügte bereits, den blockierten Code abzurufen. Das heißt, als du dich als Erbe zu erkennen gegeben hast, musste der Zentralcomputer

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 26.09.2023
ISBN: 978-3-7554-5417-5

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Achtung: "STAR GATE - das Original" ist eine eigenständige Serie, die inhaltlich nichts zu tun hat mit Serien ähnlichen Namens, die im Fernsehen laufen oder im Kino zu sehen sind!

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