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Krimi 022-040: Mörder

…und weitere 18 Krimis von K. H. Weimer!

 

Also insgesamt 19mal Krimi der unterschiedlichen Art.

Alle veröffentlicht in großen Zeitschriften und Illustrierten – und einzeln auch als sogenannte Mini-eBooks (mit je weniger als 50 Seiten Umfang) im Angebot bei namhaften eBook-Anbietern.

 

Hier die einzelnen Titel:

 

22 »Der Katzenfreund« K.-H. Weimer

23 »Unter Verdacht« K.-H. Weimer

24 »Mörder« K.-H. Weimer

25 »Die Rache der Einbrecher« K.-H. Weimer

26 »Die Abrechnung« K.-H. Weimer

27 »Der lachende Dritte« K.-H. Weimer

28 »Das Attentat« K.-H. Weimer

29 »Der perfekte Selbstmord« K.-H. Weimer

30 »Juwelendiebe killt man nicht« K.-H. Weimer

31 »Der Bluff des Kommissars« K.-H. Weimer

32 »Nur ein Jagdunfall« K.-H. Weimer

33 »Bruderhass« K.-H. Weimer

34 »Lauter nette Nachbarn« K.-H. Weimer

35 »Tod in Farbe« K.-H. Weimer

36 »Geliebte Mörderin« K.-H. Weimer

37 »Dein Tod kommt später« K.-H. Weimer

38 »Nächtliche Begegnung« K.-H. Weimer

39 »Die Telefonkarte« K.-H. Weimer

40 »Die sanften Riesen« K.-H. Weimer

 

Impressum


Copyright by K.-H. Weimer und HARY-PRODUCTION,

Canadastr. 30, 66482 Zweibrücken,

Telefon: 06332-481150,

Fax: 0322 237 519 03

Internet: www.hary.li * eMail: info@hary.li

Alle Rechte vorbehalten! Kopieren ausdrücklich untersagt!



Krimi 022

 

K.-H. Weimer

Der Katzenfreund

 

- Ein Ratekrimi:

Karl Freitag liebt seine Katzen über alles - und weiß ganz genau, daß sein böser Nachbar ihnen ständig nach dem Leben trachtet. Bisher zweimal sogar erfolgreich.

Das soll er büßen. Mit demselben Rattengift!

Und auch Karl Freitag wird damit erfolgreich. Bis der Kommissar über eine Ungereimtheit stolpert und seiner Mörderkarriere ein jähes Ende bereitet...

 

*

 

Den ersten tragischen Sterbefall in Karl Freitags so geliebter Katzenfamilie hatte es erst vor wenigen Wochen gegeben. Und jetzt stand Karl Freitag bereits vor der zweiten Katzenleiche... Das war endgültig genug!

Schon beim ersten Mal hatte Karl Freitag Anzeige erstattet. Er hatte den Polizisten klar gemacht, daß sein Nachbar den Garten mit Rattengift präpariert hatte, weil er seinen Katzen nach dem Leben trachtete.

Die tote Katze mitsamt dem tierärztlichen Befund waren offenbar nicht Beweise genug für eine Verhaftung gewesen.

Und nun schon der zweite Fall! Und auch diesen brachte Karl Freitag erfolglos zur Anzeige: Die Polizei spielte die Sache herunter. Angeblich würde es keine rechtliche Handgabe gegen jemanden geben, der in seinem Garten Rattengift auslegte.

Na, zumindest hatte es Karl Freitag geschafft, daß jetzt jedermann von dem Rattengift wußte. Deshalb konnte Karl Freitag endlich "richtige" Maßnahmen ergreifen, um das Leben und die Gesundheit seiner Katzen erfolgreich gegen den bösartigen Nachbarn zu verteidigen. Für jetzt und alle Zukunft.

Er dachte daran, "einen kleinen Unfall" zu inszenieren: Das Rattengift des Nachbarn war schon beim ersten Mal vom Tierarzt eindeutig identifiziert worden. Karl Freitag verließ sein Haus, um in einem Nachbarort unerkannt das gleiche Gift zu besorgen. Damit bewaffnet schlich er sich des Nachts in den Nachbargarten und vergiftete damit den erntereifen Salat.

 

*

 

Jetzt brauchte er nur noch zu warten, bis der Nachbar mit dem Salat scheinbar sein eigenes Rattengift aß und damit offenbar tragisches Opfer seiner eigenen Falle wurde...

Karl Freitag hatte nicht die geringsten Gewissensbisse dabei. Er brauchte nur an den ersten Fall zu denken: An einem wunderschönen, sehr sonnigen, nicht zu heißen, sondern eher angenehm warmen Samstag war die Katze Myriam entwichen. Karl Freitags Katzen taten dies selten, und wenn sie es taten, kamen sie für gewöhnlich nicht weit. Höchstens halt bis in den Nachbargarten, der durch keinen Zaun von Karl Freitags Garten getrennt war. Darum herum war das gesamte Areal gewissermaßen hermetisch abgeriegelt.

Einen Tag später schon kam Myriam zurück. Sie zeigte äußerste Zeichen einer tödlichen Vergiftung. Myriam schleppte sich sozusagen mit letzter Kraft zur Hintertür, maunzte gotterbärmlich, kratzte schwach an der Tür - und starb, ehe Karl Freitag noch etwas für sie tun konnte.

Er war nicht nur Katzenliebhaber, sondern kannte sich damit auch bestens aus. Darum wußte er die Symptome sehr genau zu deuten.

Um ganz sicher zu gehen, brachte er den Katzenleichnam vor der feierlichen Bestattung erst zum Tierarzt.

Der gute Doktor konnte Karl Freitags Diagnose nur bestätigen: Tod durch Rattengift!

 

*

 

Karl Freitag wußte als Fachmann, wie wählerisch Katzen allgemein sind, wenn es um ihr Fressen ging. Eine Katze würde kaum jemals aus reinem Mißgeschick Rattengift fressen. Nein, dazu bedurfte es eines hinterhältigen, den gemeinen Katzenmord eiskalt planenden Täters. Eines menschlichen Täters nämlich!

Dafür kam nur ein einziger Mensch weit und breit infrage: Sein bitterböser Nachbar Oskar Bunt!

Bitterböse war Nachbar Bunt deshalb, weil sie sich vor Jahren schon unrettbar zerstritten hatten. Wegen den Katzen. Vorher waren sie ja gute Freunde gewesen, weshalb es nicht einmal einen Zaun zwischen ihrer beider Grundstücke gab. Bis Karl Freitag eben auf die Katze gekommen war.

Bis zum ersten Dutzend hatte Oskar Bunt ja noch stillgehalten, aber dann war es ihm im wahrsten Sinne des Wortes zu bunt geworden. Er hatte verlangt, daß Karl Freitags Katzen so gehalten wurden, daß sie niemals mehr in seinen geliebten Garten gelangen konnten. Weil Katzen gern im lockeren Erdreich scharrten und dadurch seinem Salat schadeten. Vor allem deshalb mochte er das nicht, weil er fest davon überzeugt war, daß Katzenkot so scharf war, daß er "seine Ernte verbrannte". Und dann fraßen sie auch angeblich seinen Salat...

 

*

 

Es hatte nichts genutzt, als Karl Freitag versucht hatte, ihn eines Besseren zu belehren. Oskar Bunt beharrte darauf, und er erklärte sich auch nicht bereit, einen Zaun auf eigene Kosten zu errichten: Karl Freitag habe die Probleme mit seinen Katzen, und deshalb sollte er auch gefälligst auf eigene Kosten für Abhilfe sorgen.

Karl Freitag hingegen argumentierte, es habe niemals Katzenprobleme gegeben, sondern Oskar Bunt seinerseits habe wohl die Probleme - wegen seines Gartens. Also müßte er, Oskar Bunt nämlich, allein sämtliche Kosten tragen.

Deshalb gab es den Zaun zwischen beiden Gärten bis heute noch nicht - und konnte es eben hin und wieder vorkommen, daß Karl Freitags ansonsten wohlerzogene Katzen den Garten des Nachbarn unbehindert erforschen konnten.

Was nun schon zu zwei Sterbefällen geführt hatte.

Und Karl Freitag wartete geduldig auf den dritten Sterbefall. Er war hundertprozentig sicher, daß es diesmal keine Katze mehr sein würde.

Es sollte nach seinem Willen niemals mehr eine Katze durch die Hand von Oskar Bunt sterben müssen!

Und auch Karl Freitag wurde in seiner Heimtücke erfolgreich: Als ihm der Tod von Oskar Bunt bekannt wurde, heuchelte er Trauer. Obwohl er am liebsten ein schadenfrohes Freudenfest veranstaltet hätte.

Die polizeilichen Untersuchungen nahm er gelassen hin. Was sein mußte, mußte halt eben sein. Zu befürchten hatte er ja wohl nichts.

 

*

 

Wie erwartet, fand man die Todesursache rasch heraus: Mit Rattengift vergifteter Salat.

Alles erschien tatsächlich für Karl Freitag bestens.

Zunächst.

Niemand schien ihn auch nur im entferntesten zu verdächtigen.

Bis zu dem Tag, als Kommissar Bender bei ihm persönlich auftauchte - um ihn zu verhaften.

Er war über eine wesentliche Ungereimtheit gestolpert.

Über welche?

 

*

 

Frage in unserem Ratekrimi also:

Ja, was war das eigentlich für eine Ungereimtheit, die dem Mörder selbst offenbar gar nicht aufgefallen war?

 

*

 

Bitte hier unbedingt pausieren, wenn Sie die Lösung erst einmal selbst überlegen wollen. Denn als Nächstes erfolgt eben jetzt die Lösung....

 

*

 

Also:

 

*

 

Lösung:

Welcher überzeugte Hobbygärtner würde wohl schon seinen eigenen zumal bereits erntereifen Salat selber vergiften, nur um Katzen eine tödliche Falle zu stellen? Und seit wann mögen Katzen grünen Salat? Hobbygärtner allerdings schon!

 

Krimi 023

 

K.-H. Weimer

Unter Verdacht

Wie macht man aus einem bloßen Verdacht einen konkreten Hinweis? Nämlich so...

 

„Und was studierst du so?“ fragte Lisa neugierig. Eine Art Student sei er, hatte er behauptet. Erst vor einer halben Stunde hatte sie den smarten jungen Mann kennengelernt. Sofern man jemanden bei einem Tänzchen zu tosender Discomusik überhaupt kennenlernen konnte. Aber er war ihr auf Anhieb so sympathisch vorgekommen, daß sie seine Einladung zu einem Gläschen nicht hatte ablehnen können.

Und da saßen sie nun an der Theke, in der zur Disco gehörenden Bar, ausreichend abgeschirmt von den heißen Klängen nebenan, die jedes entstehende Gespräch gleich im Keim erstickten, inzwischen schon beim dritten Gläschen angelangt. Das schmeckte Lisa nicht nur, weil es für sie umsonst war: Sie mußte zugeben, daß die Nähe des Spenders einiges dazu beitrug.

Na, warum denn nicht? Fragte sie sich trotzig. Jetzt, wo Peter eh‘ kaum noch Zeit für mich hat, wahrscheinlich weil er längst ‘ne andere hat...

Dabei hätte Peter Fendling allen Grund gehabt, sie sozusagen ganz besonders zu pflegen: Nämlich als Mitwisserin.

 

*

 

Der smarte Typ an ihrer Seite zierte sich verdächtig lange mit der Antwort. Und als diese schließlich kam, war sie nur ein Ausweichmanöver: „Ist ja eigentlich egal.“

„Und wo ist das egal? Ich meine, wo studiert man - egal?“

Wie hatte er sich vorgestellt? Verflixt, das Denken fiel ihr bereits schwer, und das schon beim dritten Cocktail. Wer wußte, was da alles hineingemixt war?

„Auf keiner Universität“, tat er geheimnisvoll.

„Wie geht denn so was?“

„Also gut.“ Er hob in einer hilflos anmutenden Geste beide Arme. „Ich gebe mich restlos geschlagen und bekenne die schreckliche Wahrheit: Ich studiere Kriminologie!“

Egon Kleinschmidt. Kein Wunder, daß ich den Namen wieder verdrängt habe. Ein so toller Typ und dann so ein Name...

Kriminologie? Endlich, mit Verzögerung, schrillten die Alarmglocken in ihr.

„Kriminologie?“ ächzte sie und hielt sich unwillkürlich am Tresen fest. Das war auch besser so, denn auf einmal hatte sie das Gefühl, jemand würde ihr den Boden unter den Füßen wegziehen: Wenn das Peter wüßte... Nicht nur, daß ich ihn mit diesem Flirt quasi betrüge... Auch noch mit einem - Bullen!

„Und das ausgerechnet mir!“ Der bringt mich glatt um, der Peter! fügte sie in Gedanken hinzu. Und daß er jemanden umbringen kann, das habe ich selber erlebt. Ich war ja nicht nur dabeigewesen, sondern habe ihm sogar geholfen.

 

*

 

Sein Gesicht verfinsterte sich prompt: „Siehst du, das habe ich befürchtet!“

Sie winkte mit beiden Händen ab. „Moment mal, Egon: Jemand, der Kriminologie studiert, ist doch wohl schon ein Bulle, oder?“

„Im gewissen Sinne schon“, gestand er kleinlaut.

Sie blies die Wangen auf. Dieser verflixte Cocktail aber auch. „Und wieso kommst du damit ausgerechnet zu mir?“

„Kannst wohl keine Polizisten leiden?“ Niedergeschlagen senkte er den Kopf. Er wich ihrem forschenden Blick aus.

Purer Zufall, daß er mich traf! Das brachte die inneren Alarmglocken endlich wieder zum Schweigen. Ich habe mir nur kurz eingebildet, er wollte mich aushorchen oder so. Aber nein, der baggert mich nicht als Polizist an, sondern einfach nur, weil ich ihm gefalle. Jetzt ist das klar.

Sie stürzte den Rest ihres Glases mit einem Zug hinunter und atmete tief durch. „Pfeif' drauf, und noch 'n Glas, wenn's beliebt!“

Er runzelte die Stirn. „Meinst du nicht, es wäre vielleicht schon genug? Vielleicht verträgst du das Zeug nicht?“

„Quatsch, das täuscht. Oder willst du dich nur drücken? Also gut, ich revanchiere mich und spendiere dir auch mal 'n Gläschen. Nennt man wohl Emanzipation, was?“

 

*

 

Er akzeptierte nach einigem Zögern. Offenbar, um sie nur nicht noch mehr abzuschrecken.

Nachdem sie sich mal wieder zugeprostet hatten, fragte sie mit einem Rest von Mißtrauen: „Und was lernt man da so?“

„Nun, die Kriminologie beinhaltet beispielsweise auch die besondere Psychologie des Täters oder anderer Tatbeteiligter!“ erklärte Egon wichtig. Er geriet sogleich in Fahrt: „Nehmen wir doch einmal den rein hypothetischen Fall eines ganz normalen Bürgers, der in ein schlimmes Verbrechen verwickelt wird, ganz ohne sein Zutun. Das heißt, nach außenhin sieht es tatsächlich so aus, als sei er Mittäter, aber in Wahrheit geriet er völlig unschuldig da hinein.“

Es verschlug ihr die Sprache. Aber ihre Alarmglocken versuchten vergeblich, sich unter der dicken Nebeldecke des Alkohols ausreichend bemerkbar zu machen. Sie starrte Egon nur mit halboffenem Mund an.

Der schien es als deutliche Aufforderung zu verstehen, denn er führte weiter aus: „Nur ein erfundenes Beispiel, in Wirklichkeit natürlich nie passiert...“

Doch, bei mir! schrieen ihre Gedanken.

 

*

 

Wie aus weiter Ferne drangen seine Worte zu ihr: „Der eigentliche Täter hat den Unschuldigen nur hereingelegt. Er hat ihm zum Beispiel weisgemacht, daß er sich mit ihm an einem bestimmten Ort treffen wollte, und das Opfer hat er auch hinbestellt. Sagen wir einmal, daß dieses Opfer ein mieser Erpresser war. Ein solcher Erpresser ist naturgemäß bei Treffen besonders mißtrauisch und deshalb nur sehr schwer zu überwältigen.

Nun, der Täter, der sich jetzt seines Erpressers endlich entledigen will, ist selber weit vor der Zeit schon da, um aus sicherer Deckung heraus alles genau beobachten zu können.

Opfer und ahnungsloser Mittäter kennen sich. Sie begrüßen sich einander überrascht. Sie kommen miteinander ins Gespräch. Damit ist das Opfer ausreichend abgelenkt, und nachdem der Täter sicher ist, daß er nicht mehr mit spontaner Gegenwehr rechnen muß, verübt er den - Mord!“

Jetzt war es heraus. Das war haargenau, was wirklich passiert war. Nur ein Zufall?

Diese Frage hämmerte in ihrem umnebelten Gehirn: Nur ein lausiger Zufall, daß er ausgerechnet dieses Beispiel erwähnt hat?

 

*

 

„Und wie sieht es jetzt für den Mittäter aus?“ fragte sie, vergeblich bemüht, möglichst cool zu wirken.

„Eigentlich ist er ja überhaupt kein richtiger Mittäter. Schließlich hat er überhaupt nichts bewußt zur Tat beigetragen. Er ist im Grunde genommen genauso Opfer wie der Ermordete. Zumal der Täter ihm nur deshalb einredet, Mittäter zu sein, um von ihm nicht angeschwärzt zu werden.“

„Bis er erst recht zum Opfer wird und als gefährlicher Mitwisser ebenfalls ermordet wird?“

„He, Lisa, seit wann verstehst du denn etwas von Kriminologie?“ Er tat überrascht.

Peter, du bist ein Schwein! Ich bin so gut wie tot. Das ist mir jetzt glasklar.

„Könntest du mir bitte meine Frage beantworten?“ bat sie. Dann preßte sie in Erwartung der Antwort ihre Lippen so fest aufeinander, daß sie nur noch ein dünner, weißer Strich waren.

„Damit muß der Mittäter natürlich rechnen. Sobald der Mörder sicher ist, daß er nicht in Verdacht gerät... Zum Beispiel, wenn der Mittäter in Wirklichkeit seine ehemalige Freundin war und jetzt jeder seiner eigenen Wege geht. Wenn diese ehemalige Freundin mal irgendwo aufgefunden wird...“

„Nein!“ ächzte sie und schlug die Hände vor das Gesicht.

 

*

 

Peter! Vielleicht lauerst du schon da draußen? Wirst bei der Vernehmung sagen: „Was weiß ich denn, mit wem die sich herumgetrieben hat? Nachdem mit uns Schluß war, ist sie ja ewig mit 'nem anderen herumgezogen.“ Ja, das traue ich dir zu. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie brutal du sein kannst. Hast auf den Kerl eingeschlagen, bis er tot war, und ihm dann die Taschen leergemacht, damit es nach Raubmord aussah.

Sie ließ die Hände sinken. Tränen rannen ihr die Wangen herunter. „Und wenn ich so eine unschuldige Mittäterin wäre?“

„Du, Lisa?“ fragte er ungläubig.

„Ja, ich!“

„Nun, bin ich nicht so eine Art Bulle? Auf mich könntest du dich voll und ganz verlassen. Ich weiß, daß du in Wirklichkeit völlig unschuldig sein mußt.“

Sie fiel ihm um den Hals vor lauter Dankbarkeit. Und dann beichtete sie alles...

 

*

 

„Alles ordentlich aufgenommen?“ vergewisserte sich Egon Kleinschmidt am nächsten Tag bei seinen Kollegen im Präsidium.

„Das Mikrophon in der Lampe, direkt über euren Köpfen, war goldrichtig!“ bestätigte Kommissar Bender. „Und die Tatsache, daß Sie sich rechtzeitig als Polizist zu erkennen gegeben haben, macht die Sache besonders glaubhaft. Selbst wenn Lisa aus Angst vor diesem Peter Fendling ihre Aussage wieder zurückziehen würde... Wirklich gute Arbeit, Herr Kleinschmidt! Alle Achtung! Ich habe keinen Zweifel mehr, daß Sie Ihr Studium mit Bravour bestehen.“

„Vielleicht wird er dann eines Tages unser aller Chef oder so etwas?“ frotzelte einer der Beamten. „Dann wäre es nicht schlecht, wenn er sich unserer erinnern würde - vor allem an meine edlen Künste als Cocktail-Mixer hinter der Bar!“ Er zwinkerte Egon zu. „Braucht ja außer uns eh' niemand zu wissen. Würde der Sache doch wieder etwas die Glaubwürdigkeit nehmen.“

Sie lachten erleichtert. Eine wichtige, kriminalistische Nuß war geknackt, und aus einer eher vagen Verdächtigen war die Kronzeugin geworden, die damit sicher ihr eigenes Leben rettete. Straffrei würde sie nach Lage der Dinge ohnedies ausgehen...

 

Krimi 024

 

K.-H. Weimer

Mörder

Psychogramm eines grausamen Täters

 

Die christliche Weisheit aus dem Alten Testament findet ihre Bestätigung: „Der Menschen Sünden leben fort in Erz; ihr edles Werk hingegen schreiben wir ins Wasser...“ Zumindest in den Greueltaten des Serienmörders Erich Klein. Und in dessen krankem Gehirn ist es auch längst keine Frage mehr: „Gibt es sie wirklich, die Reinkarnation?“ Er ist überzeugt davon, daß er Rache üben muß für das, was man einst einer mittelalterlichen Hexe angetan hat...

 

*

 

Jeder Psychiater hätte bei ihm eindeutig Wahnsinn diagnostiziert. Nur Erich Klein hielt alles für Realität. Er wäre nicht einmal entfernt auf den Gedanken verfallen, nicht mehr bei Verstand zu sein. Auch wenn daraus für ihn und die ganze Stadt schier unvorstellbare Konsequenzen erwuchsen. Ja, nicht nur für ihn, sondern vor allem auch für seine Mitmenschen: Die ganze Stadt lebte in Angst und Schrecken, und das nun schon seit Wochen. Genauer: Seit Erich Klein als unheimlicher Serienmörder sein Unwesen trieb. Denn ein jeder konnte sein nächstes, unglückliches Opfer werden. Außer einem natürlich, und das war er selbst: Erich Klein!

Dabei wußte er in jeder Sekunde seines Daseins, was er da eigentlich tat, er, der wahnsinnige Mörder. Aber er war eben völlig überzeugt davon, keine andere Wahl zu haben.

Er fühlte sich dabei sogar als der – wahrhaft Auserwählte!

Ein Wahnsinn ganz besonderer Art, in seiner grausamsten Form. Dabei hatte es noch relativ harmlos begonnen. Auslöser war jener simple Traum gewesen: Erich Klein hatte eines Nachts die Augen aufgeschlagen und dabei zunächst klar und deutlich gewußt, daß er nicht wirklich aufgewacht war, sondern nur – träumte. Ja, zunächst jedenfalls. Und dann war sein Blick auf die Gestalt neben seinem Bett gefallen. Erst war sie nur ein Schatten ohne feste Konturen. Bis sie näher trat und sich sogar zu ihm auf den Bettrand setzte. Dabei schaute sie ihn sehr genau an.

 

*

 

Sie war eine gemarterte Schönheit. Ihr Gesicht war von unendlichen Qualen gezeichnet, ihr schöner Körper zeigte schlimme Wunden unvorstellbarer Folterungen. Und dennoch: Sie war die Schönheit geblieben, die sie vorher gewesen war, jung und unverdorben einst und jetzt - geschunden und gequält.

Er grübelte über sie - und dann fiel es ihm ein: Hatte er sich nicht eingehend mit den Hexenverfolgungen des finstersten Mittelalters beschäftigt? Sein Wissen war so groß darüber, daß er oftmals glaubte, es sogar selbst erlebt zu haben.

„Vielleicht hast du das sogar?“ sinnierte sie laut.

„Was willst du von mir?“ rief er alarmiert. „Wer bist du überhaupt?“

„Wahrlich, du wirst mich und meine ganze Geschichte genauestens kennen, noch bevor ich dich wieder verlasse. Aber deine erste Vermutung stimmt: Ich bin eine mittelalterliche Hexe, eine jener bemitleidenswerten Kreaturen, die damals der unmenschlichen Inquisition zum Opfer gefallen sind. Aber ich war genauso wenig eine echte Hexe wie alle anderen. Ich bin es erst durch die Folter und meinen - gewaltsamen, grausamen Tod geworden. Und jetzt bin ich hier, das heißt nicht persönlich, sondern als der ruhelose Geist, der die Jahrhunderte durchwandert hat, um seinen Rachedurst stillen zu lassen, obwohl er schier unstillbar geworden ist...“

 

*

 

Sie hatte sich über ihn gebeugt, und ihrer beiden Lippen hatten sich gefunden - zum Kuß! Der Kuß der Hexe! Er hatte ihn vergessen lassen, daß doch alles vielleicht nur ein dummer Traum war, gewiß nur geboren in seiner persönlichen Einsamkeit und angeregt durch das intensive Studium der damaligen, finstersten aller Zeiten.

Und er hatte fortan seinen Rachefeldzug begonnen. Er war durch die Stadt gestreift, um eine Blutspur zu hinterlassen - als Reinkarnation dieser Hexe, für die er sich nunmehr hielt.

Und er war dabei längst selber unrettbar verloren, denn nur noch solche abstruse Gedanken beherrschten zur Gänze sein wahnsinniges Gehirn:

„Gewißheit! Oh, wie lange wartete ich darauf, ich, Erich Klein. Jetzt ist sie endlich da, erfüllt mein Innerstes, durchdringt meine Glieder. Der Verdacht allein schon war wie ein Virus, das mich krank machte, mich grübeln ließ - grübeln und fiebern - fiebern nach der Wahrheit. Erst die Erscheinung der Hexe gab mir die endgültige Erkenntnis, wer ich wirklich bin, und ihr Kuß hat es bewiesen: ein Auserwählter!

Sie ließ mich noch einmal alles durcherleben, was ihr einst widerfahren ist, damit ich sie werden konnte. Ja, ich wurde dabei selbst - die Hexe.

Meine Erinnerung: Sie hatten mich in der Frühe geholt. Sie hatten mich angeklagt, ich sei eine Hexe. Man schrieb das Jahr 1481 - angeblich das Jahr des Heils.

27. Januar, der Tag, an dem die sogenannte heilige Inquisition über mich triumphieren wollte.

 

*

 

Die Unschuldigen, die Gepeinigten. Unschuldige wurden in jener Zeit in die Kerker geworfen und auf die Folterbänke gestreckt, bis sie Taten gestanden, die sie niemals begangen hatten.

Schließlich hatte sogar ich gestanden. Obwohl ich in Wahrheit so unschuldig war wie der Morgentau. Nein, ich war keine Hexe gewesen, niemals. Nicht zu Beginn jedenfalls. Aber sie haben eine aus mir gemacht, in diesen sogenannten Heiligen Häusern, unter unvorstellbaren Qualen.

Am Ende zerrten sie mich dann durch das blutige Rot eines neuen Morgens. War das das wirklich das ersehnte Ende in der Hölle dieser Qualen? Sie warfen mich mit anderen unschuldigen Opfern der Inquisition auf einen Holzkarren.

Der Karren ruckte an. Mein Körper war zwar mehr tot als lebendig, doch mein Geist war wieder hellwach. Denn mein Rachedurst war stärker als alles andere, stärker als die Natur, ja stärker als selbst der Tod, denn der Teufel hatte inzwischen meine Klagen erhört.

Ja, es ist wahr: Ich, das einstmals so gottesfürchtige und keuche Mädchen, hatte inzwischen mit

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 29.04.2018
ISBN: 978-3-7438-6705-5

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Die erfolgreichen Krimis von K.-H. Weimer sind in großen Zeitschriften veröffentlicht worden und gibt es endlich auch als eBooks!

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