Cover

STAR GATE – das Original – 053-054

  

STAR GATE 053:

Der alte Feind

Wilfried A. Hary: „Zwischen den Gewalten – ein aussichtsloser Kampf beginnt!“

 

STAR GATE 054:

Der große Coup

Wilfried A. Hary: „Ein Computer erwacht – und greift ein!“

 

 

Impressum:


Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

Diese Fassung: © 2018 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * www.HaryPro.de * eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

Coverhintergrund: Anistasius, Logo: Gerhard Börnsen, Titelbild: Karl-Heinz R. Friedhoff

Lektorat: Werner Schubert


STAR GATE – das Original – 053:


Der alte Feind

Wilfried A. Hary: „Zwischen den Gewalten – ein aussichtsloser Kampf beginnt!“


Einführung:

Am 15. September 2063, um 4:37 Uhr, wollte ein Team mittels Star Gate von Phönix zur Erde zurückspringen. Genau im Moment seiner Materialisation im Erd-Star-Gate bei Mechanics Inc. wurde dieses von Saboteuren des Konkurrenten Flibo gesprengt. Das erzeugte eine schreckliche Katastrophe – nämlich die Transmitter-Katastrophe (siehe Band 11). Vierundzwanzig Menschen sind von der Katastrophe betroffen. Sie sind seitdem spurlos verschwunden. Was ist aus ihnen geworden?

Mit betroffen: Das Randall-Team. Nach einigen Abenteuern befinden sie sich in der fernen Prupper-Galaxis. In der Todeszone am Rand dieser Galaxis (siehe Bände 43 bis 45) treffen sie auf ein Mysterium der besonderen Art – und auf einen Computer, der sich erinnert und sie dabei über einige Details des Mysteriums aufklärt, mit dem sie beinahe tödlich konfrontiert worden waren...


DIE HAUPTPERSONEN:

Ken Randall - erfährt gemeinsam mit seinem Team die ungeheuerliche Wahrheit über die Todeszone der Prupper-Galaxis: Hier öffnete sich das Tor zu einem anderen Universum.

Neb und Dilk Reniets — Zwei Brüder mit bösen Plänen. Neb ist ein technisches Genie. Ohne Skrupel nutzt er die physikalischen Unterschiede zwischen beiden Universen, um die ultimative Waffe zu schaffen. Er nennt sie bescheiden »Hypnoprojektor«.

Derf Ming-Bir — Präsident von NAI-ROG.


1


Derf Ming-Bir, der Präsident von NAI-ROG, wurde gut versorgt, wenn auch nicht mit Informationen. Eine gefühlte Ewigkeit befand er sich nun schon in Gefangenschaft, doch die Situation auf NAI-ROG blieb von seiner Warte aus gesehen konstant schlecht. Auf den Gedanken kam er allein schon deshalb, weil bis jetzt noch niemand versucht hatte, ihn zu befreien.

Und dann besuchte ihn der bärtige und brummig wirkende Neb Reniets. Dass er es selbst war, hätte der Präsident gar nicht gewusst, hätte man ihn nicht namentlich angekündigt. Er hatte eine seltsame silberne Haube auf dem wuscheligen Schädel. Seine steingraue Haut wirkte wie aus Granit gemeißelt; der in gleicher Farbe vorhandene wuchernde Vollbart schien nicht aus Haaren, sondern aus speziell von einem Künstler hergestellten Steinfasern zu bestehen. Dabei sprach er kein Wort und ging auch nicht auf die Fragen Ming-Birs ein. Er sah sich lediglich sorgfältig um.

Er war allein gekommen. Schon spielte der Präsident mit dem Gedanken, den Mann, der sozusagen im Handstreich den ganzen Planeten erobert hatte, körperlich anzugreifen, doch er sah darin keine echte Chance: Dieser Neb Reniets war ihm ganz klar überlegen. Schließlich war Ming-Bir Präsident und kein Einzelkämpfer.

Neb Reniets hatte anscheinend genug gesehen. Wonach er auch immer gesucht haben mochte, er hatte es wohl nicht gefunden. Er ging – so wortlos, wie er gekommen war.

Präsident Ming-Bir begann, endgültig zu resignieren. Die Frist war seiner Meinung nach um. Eine Reaktion auf den von ihm kurz nach der Übernahme durch Reniets noch ausgelöste Planetenalarm war jetzt nicht mehr zu erwarten.

Neb Reniets kam bereits Minuten später zurück. Das war eine echte Überraschung für den Präsidenten, wenn auch keine angenehme. Neb brachte diesmal seinen Bruder Dilk mit.

Dass dieser überhaupt sein jüngerer Bruder war, hatte der Präsident nicht geahnt, bevor es ihm Neb Reniets mit seiner grollenden Stimme erklärt hatte.

»Es tut mir leid, dass Sie unser Gefangener bleiben müssen, Präsident«, fügte Neb Reniets grollend hinzu.

»Meinen Sie das im Ernst oder wollen Sie sich über mich lustig machen?«, erkundigte sich Ming-Bir bitter.

Neb Reniets schüttelte den Kopf. »Die Raumpatrouille hat natürlich prompt auf den von Ihnen veranlassten Rotalarm reagiert. Wir haben die Gefahr inzwischen jedoch gebannt. Niemand wird sich vorerst in die inneren Angelegenheiten NAI-ROGs einmischen, und wir haben genügend Zeit zur Verfügung, unseren nächsten Schritt vorzubereiten.«

»Wie haben Sie das geschafft?«

Neb Reniets lachte nur.

Sein Bruder Dilk meinte dazu: »In perfekter Art und Weise! Aber vielleicht sind Sie doch nicht mehr so lange Gefangener? Sobald es für uns ohne Gefahr ist, setzen wir Sie auf freien Fuß!«

Neb führte aus: »Ich will es Ihnen erklären, Präsident. Sie sind sozusagen ein ganz besonderes Kaliber, allerdings nicht ganz die Ausnahme, wie ich feststellen musste. Sie erinnern sich? Als ich mit meinem Hypnoprojektor auf einen Schlag alle Prupper von NAI-ROG auf meine Seite brachte, bemerkte ich, dass es Lücken gab. Eine dieser Lücken waren Sie. Ich bemerkte natürlich auch, dass Ihnen dieser Romf Nerlat Sekunden zuvor erst von der Gefahr für NAI-ROG berichtet hat.« Er räusperte sich verhalten. »Das heißt, eine echte Gefahr war das ohnehin nicht, denn NAI-ROG geht es jetzt besser denn je – seit es sich ganz in meiner Hand befindet. Es wird diesem Planeten in Zukunft sogar noch viel besser ergehen, wenn es mir erst gelungen ist, die Galaxis der Prupper zu erobern.«

Er lachte gehässig.

»Ja, richtig gehört, Präsident Ming-Bir. Das sind meine Fernziele – und NAI-ROG wird dann zum Zentrum der Macht, gewissermaßen als meine persönliche Hauptwelt. Na, ist das nicht eine Beförderung vom Feinsten für diesen von dummen Hinterwäldlern besiedelten Planeten?«

Präsident Ming-Bir schaute ihn nur stumm an. Aber man konnte ihm ansehen, dass er sich am liebsten auf Neb Reniets gestürzt hätte, um ihm das Maul zu stopfen. Wenn er es nur gewagt hätte...

Neb Reniets hob beide Hände, wie zum Friedensangebot, aber sein böses Grinsen strafte die Geste Lüge.

»Doch weiter, verehrter Herr Präsident – was Sie selbstverständlich nach wie vor bleiben werden. Ich will noch ein wenig weiter ausholen, denn Sie haben ja hier, in der Gefangenschaft, so gar nichts von alledem mitbekommen, was sich außerhalb inzwischen zugetragen hat. Keine Bange, ich erzähle Ihnen nur das Wichtigste. Ich will Sie ja nicht mit Details langweilen. Also: Als ich bemerkte, dass ich nicht jeden Prupper erreichen konnte, befahl ich den Beeinflussten, sich in ihre Gleiter zu setzen und in Richtung Weltentor zu fliegen. Richtig gehört: Weltentor! Ach ja, das wissen Sie ja schon von Romf Nerlat, dass sich auf natürliche Weise ausgerechnet auf dieser Welt hier ein Tor zu einem Paralleluniversum geöffnet hat. Ich füge hinzu: Das ist gar nicht mal so ein seltener Vorgang im Universum. Es geschieht meiner Theorie nach in jeder Sekunde irgendwo, wobei es sich selbstverständlich nicht immer um das gleiche Paralleluniversum handelt. Außerdem geschieht es meist auf Welten, die niemand kennt. Von denen gibt es ja mehr als genug, falls Ihr astronomisches Wissen es Ihnen erlaubt, das zu verstehen. Dass ein solches Ereignis einmal auf einer Welt stattfindet, die von intelligenten Wesen bewohnt wird, die darüber hinaus sogar der Raumfahrt mächtig sind, ist hingegen ein solch seltener Vorgang, dass es in der viele tausend Jahre umfassenden Geschichte der Prupper noch niemals registriert wurde. Bis heute jedenfalls nicht.

Doch weiter im Thema: Ich schickte die Prupper nicht deshalb zum Weltentor, damit sie es benutzten, sondern nur, damit sie aus der Stadt heraus waren. Das Gleiche galt auch für die wenigen Siedlungen, die es auf der ganzen Welt verteilt gibt, eingebettet in die schier endlose Dschungellandschaft von NAI-ROG. Es hatte nur einen Grund: Die sich jetzt noch in der Hauptstadt und in den Siedlungen befanden, hatte ich leider nicht erreicht. Sie waren also erkannt!

Ach ja, ich habe zu erwähnen vergessen, dass ich die Sicherheitsorgane auch nicht genötigt habe, die Ansiedlungen zu verlassen. Sie brauchte ich ja, damit sie sofort Jagd machten auf die Ausnahmen. Was soll ich sagen: Alle wurden dingfest gemacht. Und um Sie, werter Herr Präsident, habe ich mich letztlich ja persönlich gekümmert, wie Sie wissen.«

Er machte eine Kunstpause, während der er ein breites, sehr hämisch wirkendes Grinsen zeigte. Sein Bruder stand neben ihm, ohne etwas zu sagen. Man sah ihm jedoch an, dass er sich im Auftritt des Älteren regelrecht sonnte. Als würde es ihn höchstpersönlich betreffen.

Präsident Ming-Bir hatte selten in seinem Leben so ungleiche Brüder gesehen. Dilk Reniets wirkte wie das dümmliche und eher lästige Anhängsel des Älteren, aber anscheinend brauchte Neb Reniets die ständige Bewunderung durch seinen Bruder. Warum hätte er ihn sonst mitgenommen?

Ming-Bir enthielt sich jeglichen Kommentars. Was hätte er auch zu den prahlerischen Ausführungen sagen sollen? Andererseits war er nicht undankbar für die Informationen. Wobei automatisch der Gedanke in seinem Hinterkopf entstand: Wieso tut Neb Reniets das überhaupt? Was bezweckt er mit seinen Ausführungen?

Der Präsident schaute auf die silbrige Haube, die Neb Reniets diesmal in der Hand hielt. Seine wuschelige Haarpracht sah nicht danach aus, als würde sie jemand jemals bändigen können. Genauso wenig wahrscheinlich wie den Besitzer dieser Haarpracht...

»Es ist schön, dass Sie mit allem so sehr einverstanden sind, Präsident Ming-Bir«, bemerkte Neb Reniets süffisant, »sonst würden Sie ja wohl widersprechen, nicht wahr? Deshalb bereitet es mir ein besonderes Vergnügen, mit meiner Erzählung fortzufahren: Die Jagd auf die Unbeeinflussten war erfolgreich. Allzu viele waren es sowieso nicht. Die psionischen Funkoffiziere gehörten nicht einmal dazu, was mich selbst ein wenig wunderte. Sie waren nur so lange immun, wie sie im Dienst waren und dabei ihren Gedankenhelm auf dem Schädel hatten. Ohne diese Gedankenhelme waren sie für meinen Hypnoprojektor genauso anfällig wie fast alle anderen. Also schied PSI-Veranlagung aus, was die Ursache der Resistenz betrifft. Das musste ich näher erforschen. Inzwischen habe ich mich um jeden einzelnen Betroffenen selbst gekümmert. Ich habe in seinem Gehirn geforscht, in seinen Erinnerungen ... Äh, habe ich bereits erwähnt, dass jener Hypnoprojektor, wie ich ihn nenne, im Grunde genommen wesentlich mehr kann? Dabei ist die Bezeichnung Hypnoprojektor eigentlich viel zu tief gegriffen. Ich wählte diesen Begriff allerdings nicht aus Bescheidenheit, wie Sie sich vielleicht denken können, sondern einfach nur deshalb, weil mir auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen ist. Ich bin ja kein Wortkünstler, sondern ein technisches Genie. Doch dies nur am Rande. Ich habe mich also zwar um jeden Einzelnen gekümmert, aber trotzdem nicht herausgefunden, woraus die Resistenz besteht. Ich werte es einfach mal als dummen Zufall. Wenn ich mich um die Resistenten persönlich kümmere, haben sie jedenfalls keine Chance gegen mich. Genauso wenig übrigens wie Sie eine Chance gegen mich haben werden, werter Herr Präsident Ming-Bir.«

Schlagartig verstand Präsident Ming-Bir: Neb Reniets erzählte ihm das deshalb so freimütig, weil er anschließend sowieso seine Waffe gegen ihn einsetzen würde. Nach der Spezialbehandlung würde er, der Präsident, diesem machthungrigen Kriminellen genauso sklavisch ergeben sein wie alle anderen. Und was dann? Was hatte er dann noch mit ihm vor? Hatte er nicht erwähnt, dass er als Präsident sozusagen im Amt bleiben sollte? Unter welchen Umständen?

»Ich will jetzt noch ein wenig weiter ausholen und Ihnen etwas sagen, was sonst kaum jemand weiß auf diesem Planeten. Sie jedoch müssen es wissen: Alles wäre viel zügiger vonstattengegangen, wenn ich nicht gewisse Probleme im Paralleluniversum vorgefunden hätte. Dort stehen sich zwei mächtige Sternenreiche feindlich gegenüber – und das schon seit Jahrtausenden. Das eine heißt Gro-pan und das andere San-dir-um. Die Gro-paner sehen uns ähnlich, nur ist ihre Haut nicht grau wie die von Pruppern, sondern grün. Außerdem sind sie völlig haarlos. Die San-dir-umer hingegen sind keine einheitliche Rasse. Von denen sieht jeder anders aus, im wahrsten Sinne des Wortes. Die skurrilsten Körperformen sind hier zu finden. Ich nehme an, dass in fernster Vergangenheit diese Verschiedenheit beider Sternenreiche zu jenem tödlichen Konfliktpotenzial geführt hat. Und durch das Weltentor wurde etwas in Gang gesetzt, was jahrtausendelang hatte vermieden werden können: Krieg! Ich musste tatkräftig eingreifen, denn die San-dir-umer waren den Gro-panern haushoch überlegen. Sie hätten Gro-pan von der Sternenkarte gelöscht und außerdem mir das Leben schwer gemacht. Womöglich hätten sie das Weltentor benutzt, um auch noch die Galaxis der Prupper zu überfallen? Glauben Sie mir, sie haben Waffen, mit denen sie nicht nur Gro-pan, sondern auch uns Pruppern überlegen sind. Zurzeit besteht der Kriegszustand noch, aber es gibt eine Art Pattsituation. Bevor ich mich darum näher kümmern kann, wollte ich mich Ihnen widmen, werter Herr Präsident.«

Die Anrede »werter Herr Präsident« klang aus seinem Munde wie eine Beleidigung, die Präsident Ming-Bir tatenlos über sich ergehen lassen musste. Mit diesem Neb Reniets in einem Raum zu sein, war für ihn bereits pure Folter. Viel schlimmer hätte ihn Neb Reniets gar nicht quälen können.

Und er war gezwungen, den prahlerischen Worten des Kriminellen auch noch weiter zu lauschen, wobei er nicht leugnen konnte, dass es trotz allem höchst interessant für ihn war.

»Sie sind der letzte Prupper hier auf NAI-ROG, der nicht in meiner Hand ist. Und Sie sind der Wichtigste überhaupt im künftigen Spiel um die Macht in der Galaxis der Prupper. Zwar ist es mir gelungen, das Schiff der Raumpatrouille wegzuschicken, doch leider war ich zu diesem Zeitpunkt nicht völlig auf dem Damm, weshalb es nicht ganz so gelang, wie ich es mir gewünscht hätte. In meiner zu ungestümen Art habe ich die gesamte Besatzung in tiefste Agonie versetzt – und ich musste das Biogehirn an Bord auch noch von kundigen Kybernetikern manipulieren lassen, weil ich mich nicht selbst und in entscheidender Weise darum kümmern konnte. Daraus könnte vielleicht irgendwann ein Problem erwachsen. Es sei denn, wir beugen dem rechtzeitig vor. Und da kommen Sie ins Spiel, werter Herr Präsident, denn Sie sind dafür vorgesehen, eine Art Delegation um sich zu scharen, mit den wichtigsten Köpfen hier, auf NAI-ROG. Mit dieser Delegation werden Sie eine äußerst wichtige diplomatische Mission erledigen: Sie werden die Zentralwelt der Prupper-Galaxis besuchen, per Star Gate, und dort höchstpersönlich die angebliche gegenwärtige Situation auf NAI-ROG schildern. Wie sich das im Einzelnen anhören wird, das werden wir gemeinsam in aller Ruhe erörtern. Ein wenig Zeit haben wir ja für die Vorbereitungen, wie ich eingangs erwähnte. Wir dürfen nichts überstürzen, denn es sollte uns nicht der geringste Fehler unterlaufen. – Na, was halten Sie von meinem Vorschlag?«

Er grinste immer noch – diesmal süffisant.

»Nie und nimmer werde ich für Sie ...« Der Präsident verstummte schlagartig wieder, eher er den Satz zu Ende führen konnte. Am liebsten hätte er sich jetzt auf den Mund geschlagen. Wenn er doch nur die Selbstbeherrschung hätte aufbringen können, diesem Neb Reniets Loyalität vorzugaukeln! Einmal auf der Zentralwelt der Prupper-Galaxis angekommen, hätte er dann immer noch die Maske fallen und die sprichwörtliche Bombe platzen lassen können.

Doch dazu war es jetzt endgültig zu spät.

Neb Reniets hingegen lachte ihn aus und sagte, als hätte er seine Gedanken gelesen: »Glauben Sie im Ernst, Sie hätten mir etwas vormachen können?« Er deutete mit der linken Hand auf den Silberhelm in seiner Rechten. »Sie kennen doch die Gedankenhelme der PSI-Funkoffiziere, mit denen sie technisch ihre Gedanken verstärken können, um auf große Distanz den PSI-Funkverkehr zu ermöglichen? Dies hier hat eine ähnliche Funktion. Es verbindet mich jedoch nicht mit einem Gedankenverstärker zum Zwecke des PSI-Funkes, sondern mit meinem manipulierten Translatorkristall, der in Verbindung mit den Urenergien der Meiler an Bord des Schiffes, das aus dem Paralleluniversum stammt und unmittelbar über unseren Köpfen schwebt, nur von der Decke und dem Dach des Gebäudes von uns getrennt, und unterstützt vom Biogehirn des Schiffes so etwas wie den Hypnoprojektor ausmacht. Ich kam übrigens zunächst deshalb mit dem Gedankenhelm auf dem Kopf zu Ihnen, um in aller Ruhe Ihre Gedanken belauschen zu können. Ich drang bis tief in Ihre Erinnerungen vor und weiß so ungefähr alles, was auch Sie über sich selbst wissen. Dabei wollte ich herausfinden, was Sie für den ersten Ansturm resistent gemacht hat. Am Ende blieb für mich nur eine Erklärung: Es gelang Ihnen nur deshalb, weil Sie durch die unmittelbar zuvor erfolgte Warnung durch Romf Nerlat sozusagen dafür gestärkt waren. Eine andere Erklärung habe ich leider nicht. Bleibt nur die Frage, wieso die anderen resistent blieben, denn die wussten ja nicht das, was Sie wussten. Wie auch immer: Es zeigt mir, dass mein Hypnoprojektor leider nicht so perfekt ist, wie ich es gern hätte. Es gibt leider noch gefährliche Lücken, die ich weiter erforschen muss. Auch wenn ich dafür das eine oder andere Gehirn aufschneiden muss, um den Fehler zu finden...«

Präsident Ming-Bir glaubte ihm aufs Wort, dass er dazu in der Lage gewesen wäre.

Und dann schaute er mit geweiteten Augen zu, wie Neb Reniets den sogenannten Gedankenhelm in beide Hände nahm, um ihn anzuheben und betont langsam auf seinen Schädel zu setzen.

Der Präsident war unfähig, sich zu rühren, stand einfach nur da und ließ es geschehen, weil er sowieso keine andere Wahl hatte: Es war ihm nicht entgangen, dass Dilk Reniets bei den letzten Worten seines älteren Bruders gespielt lässig die Hand auf die Strahlwaffe in seinem Hüftholster gelegt hatte. Er traute diesem Dilk Reniets durchaus zu, dass der blitzschnell schießen konnte, falls es darauf ankam.

Und dann war der Gedankenhelm auf dem Kopf von Neb Reniets – und nichts geschah. Zumindest war nichts sichtbar.

Stirnrunzelnd betrachtete Präsident Ming-Bir den bärtigen Hünen, der ihn hämisch angrinste. Doch die Häme dieses Grinsens verblasste – und machte Freundlichkeit Platz. Es war dasselbe Grinsen, ja, aber es wirkte auf einmal keineswegs hämisch, sondern freundlich, warm.

Die eher erschreckende Erscheinung von Neb Reniets wirkte auf Präsident Ming-Bir jetzt wie die Inkarnation des Guten, Edlen, für das es sich durchaus lohnte, sein eigenes Leben zu opfern, völlig ohne jegliche Abstriche.

Er blinzelte verwirrt.

Der Anblick blieb: Vor ihm stand nicht ein hünenhafter, bärtiger, abschreckend kauziger Prupper, sondern ... ein wahrer Gott! Und es gab keine größere Erfüllung im Leben eines Pruppers, als einzig und allein diesem Gott zu dienen, mit jeder Faser seines Daseins!

Wie war es möglich, dass er jemals in seinem Leben zuvor – vor der glücklichen Läuterung! – daran auch nur im Geringsten gezweifelt hatte?

Präsident Ming-Bir schämte sich ob seines vorangegangenen Zweifels so sehr, dass er unwillkürlich auf die Knie sank und in Demut sein Haupt beugte. Beinahe erflehte er eine würdige Strafe für seinen Frevel, doch sein oberster Herr und Gott Neb Reniets zeigte sich wahrhaft gnädig mit ihm und sagte nur:

»Willkommen im Club, mein werter Herr Präsident!«

Sein jüngerer Bruder Dilk neben ihm lachte grausam.


2


Tausend Raumschiffe. Keines davon sah aus wie das andere. Gemeinsam hatten sie nur eines: ihre tödliche Gefährlichkeit.

Völlig regungslos standen sie im All, am Rande des namenlosen Sonnensystems, zu dem der ebenfalls namenlose Wüstenplanet gehörte. Welche Bedeutung er einst gehabt hatte und was ihn zu diesem leblosen Felseneiland hatte werden lassen, darüber gab es nicht einmal mehr Aufzeichnungen. Vielleicht war er dereinst bereits das Opfer der Erbfeindschaft zwischen Gro-pan und San-dir-um geworden? Auf jeden Fall hatte er eine atembare Sauerstoffatmosphäre – und das war der Beweis dafür, dass es sich ursprünglich um eine belebte Welt gehandelt haben musste.

Die tausend Kriegsschiffe waren weit genug entfernt vom Wüstenplaneten, um für diesen keine unmittelbare Bedrohung darzustellen. Dennoch wurden sie als gefährlich mit höchster Priorität angesehen. Zumal es sich erwiesen hatte, dass die Flotte, die diesen tausend Kriegsschiffen gegenüberstand, hoffnungslos unterlegen war.

Da waren zwar die tausend Raumschiffe der Militärstation auf dem Wüstenplaneten, doch keines von diesen Schiffen hätte es wagen dürfen, der feindlichen Flotte auch nur zu nahe zu kommen. Denn ihre Chancen waren sowieso gleich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 28.04.2018
ISBN: 978-3-7438-6698-0

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Nähere Angaben zum Herausgeber und Autor siehe WIKIPEDIA unter Wilfried A. Hary: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary

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