Cover

STAR GATE – das Original – 045-046

 

STAR GATE 45:

Die rote Sonne

von Wilfried A. Hary:

Sie verschlingt alles, was ihr zu nah kommt!“

 

 

STAR GATE 46:

Die goldenen Äpfel der Hesperiden

von W. Berner:

Der Überlebenskampf im Asteroidengürtel geht in die nächste Runde!“

 

 

Impressum

 

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

Diese Fassung: © 2017 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * www.HaryPro.de * eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 Coverhintergrund: Anistasius * Logo und Titelbild: Gerhard Börnsen

 

STAR GATE 045

 

Die rote Sonne

Wilfried A. Hary: Sie verschlingt alles, was ihr zu nahe kommt

 

Am 15. September 2063, um 4:37 Uhr, wollte ein Team mittels Star Gate von Phönix zur Erde zurückspringen. Genau im Moment seiner Materialisation im Erd-Star-Gate bei Mechanics Inc. wurde dieses von Saboteuren des Konkurrenten Flibo gesprengt. Das erzeugte eine schreckliche Katastrophe – nämlich die Transmitter-Katastrophe (siehe Band 11). Vierundzwanzig Menschen sind von der Katastrophe betroffen. Sie sind seitdem spurlos verschwunden. Was ist aus ihnen geworden?

Mit betroffen: Das Randall-Team.

Nach einigen Abenteuern treffen sie in Band 42 wieder auf den geheimnisvollen Fremden mit Namen Xybrass (siehe Band 10: »Botschafter von den Sternen«), der ihnen diesmal sogar ein Raumschiff überlässt. Nicht, um damit zur Erde zurückzukehren, sondern um der Galaxis der Prupper einen Besuch abzustatten.

Dort geraten sie in die verbotene Todeszone. Nur Ken Randall und Dr. Yörg Maister überleben, wie es aussieht, weil sie sich der tödlichen Gefahr durch rasche Flucht entziehen können. Doch ihr Raumschiff ist nur noch ein Schrotthaufen und muss letztlich trotz aller Bemühungen von Rettungsmannschaften der Prupper aufgegeben werden.

Und die Prupper interessieren sich indessen brennend selbst für das, was in der Todeszone vor sich geht, denn von den Details hatten sie bislang keine Ahnung.

Dabei geraten sie jedoch selbst in höchste Not...

 

DIE HAUPTPERSONEN:

Ken Randall und Dr. Yörg Maister – Haben sie als Einzige aus dem Siebenerteam überlebt?

Die DAR-EL-SOM – ein Bergungsraumschiff der Prupper

Die TNIOP-FO – Das Flaggschiff der prupperischen Raumflotte, mit ihrem obersten Befehlshaber an Bord

Perrill Nerkrahd – Kommandant der TNIOP-FO und Oberbefehlshaber der Gesamtflotte; er kümmert sich persönlich um das Problem – mit schlimmen Folgen, nicht nur für ihn selbst

Hjat Rek-Ir – Sein Stellvertreter, der anfangs noch nicht ahnt, dass er als so etwas wie die letzte Hoffnung fungieren würde, bevor die Rote Sonne ihr feuriges Mahl vollenden kann

 

 

 

Impressum

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

Diese Fassung: © 2012 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * www.HaryPro.de * eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 Coverhintergrund: Anistasius * Logo: Gerhard Börnsen

 

1


Die Stimmung an Bord des riesigen prupperischen Pyramidenschiffes TNIOP-FO war eher gedrückt. Kein Wunder, denn zu den Problemen, mit denen man sich sowieso schon vonseiten des obersten Flottenkommandos betreffend die galaktische Sicherung herumschlagen musste, kam nun auch noch die »Begegnung der gefährlichen Art« dieser sogenannten GÖTTERFÄHRE innerhalb der Todeszone.

Als der Oberbefehlshaber über die Gesamte Flotte, einschließlich galaktischer Verteidigung und auch der Polizeiflotte der Raumpatrouille, Perrill Nerkrahd, von Marshall Deed-Ers Nottlub erfuhr, dass es eindeutige Hinweise auf bereits erfolgte Begegnungen mit jener Fremdrasse gab, die nach ihren Überlieferungen für den Asteroiden, sein Mysterium und somit für die Ausrufung als verbotene Todeszone verantwortlich zeichnete, da war sein Entschluss sehr schnell gefasst: Er würde mit von der Partie sein!

Sein Instinkt sagte ihm, dass die Begegnung eine weitaus größere Tragweite in sich barg als nur die Gefährdung eines einzelnen Schiffes wie die GÖTTERFÄHRE. Auch wenn diese aus der feindlichen Galaxis des Bundes von Dhuul-Kyphora stammte, wie sich das gefährliche Machtgefüge dort inzwischen angeblich nannte. Kyphora war ihnen bislang kein Begriff gewesen. Es hatte in den letzten Jahrtausenden nicht wirklich Kontakte gegeben zu jener Galaxis, die als Zentrum des damals wütenden Großen Krieges gegolten hatte – und noch immer galt. Mit der Rasse der Dhuuls als zumindest damals eindeutige Aggressoren! Dafür war die galaktische Verteidigung zuständig: Sie sorgte dafür, dass kein Raumschiff unbemerkt ihre Galaxis anfliegen konnte. Mit Ausnahme solcher Stellen, an denen sich so etwas wie die Zone des Todes befand.

War es reiner Zufall, dass jenes Raumschiff mit dem seltsamen Namen GÖTTERFÄHRE ausgerechnet dort versucht hatte, ungesehen in ihre Galaxis zu gelangen? Waren sie gegen ihren Willen in diese für sie tödliche Falle getappt?

Dies herauszufinden, war erst einmal Sache des Bergungsraumers DAR-EL-SOM, der sich um das kümmerte, was von dem fremden Raumschiff noch übrig geblieben war.

Erste Funkkontakte, die inzwischen leider nicht mehr möglich waren, aufgrund der starken Störungen durch Energieemissionen innerhalb des Wracks, hatten jedenfalls bewiesen, dass die Todeszone nicht länger Tabugebiet für die galaktische Verteidigung sein durfte: Von dort aus hatte man das fremde Raumschiff mit allen Mitteln zu vernichten versucht, was ja beinahe gelungen wäre. Von den sieben Besatzungsmitgliedern lebten laut Funkübermittlung inzwischen nämlich nur noch zwei, die es zu retten galt, um nach Möglichkeit mehr von ihnen über die Begegnung innerhalb der Todeszone zu erfahren, ehe man richtig schweres Geschütz auffuhr und gar eine ganze Kriegsflotte auf den Plan rief, um die Todeszone ein für alle mal aus diesem Randgebiet der Galaxis zu entfernen.

Ja, um die beiden Überlebenden brauchte er sich nicht persönlich zu kümmern. Dazu war die DAR-EL-SOM mit ihrem weiblichen Captain sicher besser geeignet. Nein, Perrill Nerkrahd hatte beschlossen, zunächst eine friedliche Kontaktaufnahme mit den Fremden zu versuchen, zumal er keine Ahnung hatte, wie stark sie in Wirklichkeit waren. Vielleicht würde sich ansonsten der Einsatz einer ganzen Kriegsflotte als böser Fehler erweisen? Trotz der bereits erlittenen Verluste und trotz des brutalen Angriffs auf die GÖTTERFÄHRE?

Kein Wunder, dass die Stimmung an Bord der TNIOP-FO so gedrückt war. Friedliche Kontaktaufnahme mit Fremden, die ohne Warnung einfach angriffen? Die ein Mysterium schufen wie das des Asteroiden?

Selbst wenn nur zehn Prozent von dem stimmt, was wir an vorläufigen Daten von der GÖTTERFÄHRE bekommen haben, den Asteroiden betreffend, haben wir es mit einem überlegenen Gegner zu tun, dachte Perrill Nerkrahd. Und eigentlich muss ich davon ausgehen, dass nicht nur zehn Prozent stimmen, sondern ... hundert Prozent! Nicht nur deshalb müssen wir alles tun, damit die Fremden nicht unsere Gegner bleiben. Abgesehen davon, dass wir wissen müssen, was das Ganze eigentlich soll und wie es zusammenhängt mit den bereits früher erfolgten Begegnungen. Schließlich findet das alles innerhalb einer gewissen Sicherheitszone statt, in der wir uns wahrlich keine weitere Bedrohung mehr leisten können...

»Ich habe ein Scheißgefühl, ehrlich gesagt«, meinte Naj Nesrepet unvermittelt an seiner Seite.

Nerkrahd wusste natürlich sofort, dass es sich nur um Naj handeln konnte. Obwohl dieser mit seinem Zwillingsbruder ständig verwechselt wurde, gab es dennoch ein untrügliches Unterscheidungsmerkmal: So vorlaut war nur einer von beiden!

»Wer nicht?«, kommentierte Nerkrahd ruhig.

Naj Nesrepet schaute ihn erstaunt an. Seine Überraschung über die für ihn anscheinend völlig unerwartete Reaktion war immerhin groß genug, um Perrill Nerkrahd weitere vorlaute Kommentare von dieser Seite her zu ersparen.

Nerkrahd schaute zu Hjat Rek-Ir hinüber. Sie beide verstanden sich auch ohne große Worte, und er konnte in Hjats Augen lesen, dass auch er grundsätzliche Bedenken hatte ob ihres Vorhabens. Aber er wusste genauso gut wie jeder an Bord, dass sie keine Alternative hatten. Sie durften nichts unversucht lassen, einen friedlichen Kontakt zu den Fremden zu bekommen. Selbst auf die Gefahr hin, letztlich nicht alle Mysterien des Asteroiden zu entschlüsseln. Es musste einfach gewährleistet werden, dass von hier aus in Zukunft keine zusätzliche Gefahr drohte. Das war und blieb die Hauptsache.

Ein Flug also mit höchster Priorität. Was Wunder, dass sich Perrill Nerkrahd persönlich darum kümmerte? Zumal es letztlich sein Draufgängertum gewesen war, das ihm den mächtigsten Posten verschafft hatte, den es in der Galaxis der Prupper überhaupt gab – nämlich den des obersten Befehlshaber der gesamten Flotte.

Allerdings gab es auch in der Prupper-Galaxis ein Sprichwort mit der Bedeutung: »Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis der Krug bricht!«


2


Sobald die TNIOP-FO den Zielsektor erreicht hatte, nahm sie per Daten-Gate Verbindung mit Deed-Ers Nottlub auf. Es gab inzwischen die neuen Daten von der DAR-EL-SOM über die Bergungsaktion des fremdartigen Wracks. Anschließend befahl Perrill Nerkrahd, direkte Verbindung mit der DAR-EL-SOM aufzunehmen. Er wollte wissen, ob sich noch zusätzlich etwas Neues ergeben hatte, denn es war klar, dass sich bei der prekären Situation auf der GÖTTERFÄHRE jeden Augenblick etwas ereignen konnte. Oder aber, dass die fremden Angreifer vielleicht doch die Spur aufgenommen hatten und vielleicht sogar die DAR-EL-SOM angriffen? Obwohl es nicht unbedingt wahrscheinlich war, mussten sie auf alles gefasst sein.

Aber er wollte trotzdem nicht persönlich mit der Captain sprechen. Mit seinen Gedanken war er lieber beim Asteroiden. Sie hatten den Brocken nämlich schon in der Erfassung. Die Holoprojektion war so glasklar, als würde der Asteroid direkt vor ihnen schweben.

Nichts an ihm erschien ungewöhnlich. Vor allem: Nichts deutete darauf hin, dass hier eine tödliche Gefahr lauerte.

Perrill Nerkrahd schüttelte den Kopf.

»Es sieht schlecht aus für die GÖTTERFÄHRE, sehr schlecht«, berichtete Hjat Rek-Ir, während er neben Perrill Nerkrahd trat. Er deutete mit dem Kinn auf den Brocken. »Wie willst du vorgehen?«

»Erst einmal anfunken. Das Übliche: Sämtliche möglichen und unmöglichen Frequenzen, gewissermaßen.« Nerkrahd schürzte die Lippen. »Ein logisches Muster. Dann in allen uns bekannten Sprachen: Wir kommen in Frieden!«

»Auch ein Versuch per Hyperfunk auf PSI-Basis?«

»Ja, natürlich!«

»Gut, ich veranlasse alles – oder willst du selbst...?«

»Nein, mach du das. Der zuständige Funkoffizier Neglen Sirrom ist ja kein Anfänger. Der wird selbst wissen, wie er vorzugehen hat. Und sage ihm bitte, dass die geringste Reaktion mir sofort zu melden ist. Vielleicht geschieht das Wunder und die Fremden beherrschen sogar eine der bekannten Sprachen?«

»Hoffen wir das Beste!«

»Na, darum sind wir ja hier, nicht wahr?«

Hjat Rek-Ir wandte sich ab. Nerkrahd schaute ihm nicht einmal hinterher. Wie gebannt starrte er auf den Asteroiden. Welches Geheimnis barg er? Menschen hatten bereits seinetwegen ihr Leben gelassen, und wenn die Lage auf der GÖTTERFÄHRE sich weiter zuspitzte, würden es noch zwei mehr werden.

Er schüttelte unwillkürlich den Kopf.

Hjat Rek-Ir kehrte zu ihm zurück. »Alles ist in die Wege geleitet. Ich bin, ehrlich gesagt, gespannt auf die Reaktion.«

Während der Asteroid angefunkt wurde, liefen ständig Scandaten herein. Die Erfassung bestätigte haargenau, was sie bereits an Daten von der GÖTTERFÄHRE übernommen hatten. Trotzdem mussten sie davon ausgehen, dass die Daten gefälscht waren – wie auch immer. Perrill Nerkrahd hatte schon so viel erlebt, dass er eigentlich alles für möglich hielt, auch wenn es bislang als undenkbar gegolten hatte, Scandaten fälschen zu können. Für ihn war es längst eine erwiesene Tatsache, dass sie zwar einen harmlosen Asteroiden in der Erfassung sahen und auch nichts anderes anmessen konnten, aber dass dies lediglich ein Trugbild war.

Was verbarg sich hinter dieser Maske wirklich?

Lange brauchten sie nicht auf eine Reaktion zu warten, allerdings fiel diese völlig anders aus als erwartet: Plötzlich löste sich ein Objekt von der Oberfläche des Asteroiden, als sei es dort einfach materialisiert. Es beschleunigte mit irren Werten. Eine Kurztransition. Dabei war der Effekt so deutlich, dass er den Raum zwischen der TNIOP-FO und dem Asteroiden regelrecht verzerrte. Es hatte sogar Auswirkungen auf die optische Wiedergabe.

»Alarm!«, schrie Perrill Nerkrahd unwillkürlich. Aber seine Leute brauchten diese Warnung nicht. Sie reagierten auch so rechtzeitig: Der Interlacedschirm stabilisierte sich blitzschnell. Und im nächsten Augenblick war das Geschoss heran, denn um ein solches handelte es sich zweifelsfrei. Es verging in einer gewaltigen Detonation. Der Raum verwandelte sich in wabernde Glut, die sekundenlang die TNIOP-FO einhüllte, ohne ihr jedoch schaden zu können.

Und es blieb nicht bei dem einen Geschoss: Zusätzlich tasteten Energiefinger nach der TNIOP-FO und reagierten mit dem Schutzschirm, was zur Folge hatte, dass der Raum dort in allen Farben des Spektrums zu fluoreszieren begann. Der gesamte Schiffsrumpf dröhnte außerdem wie eine gigantische Glocke unter wuchtigen Hieben. Mehr passierte allerdings nicht.

»Welche Art von Waffen ist das?«, fragte Hjat Rek-Ir kopfschüttelnd.

Auf diese Frage wusste niemand eine Antwort. Aber wichtiger noch war die Tatsache, dass diese Waffen der TNIOP-FO nichts anhaben konnten. War es, weil der Abstand zum Asteroiden groß genug war?

»Mich wundert allerdings, wieso wir direkt von dem Asteroiden angegriffen werden. Ich meine, die GÖTTERFÄHRE wurde von mehreren Raumschiffen angeflogen, die sofort das Feuer eröffneten«, murmelte Perrill Nerkrahd wie zu sich selbst.

Hjat Rek-Ir nahm den Faden dennoch auf: »Ich nehme an, die wissen ihren Gegner genau einzuschätzen. Sie begreifen, dass wir uns zu wehren verstehen – und dass wir der GÖTTERFÄHRE überlegen sind. Sie verlassen sich nicht auf ihre Raumschiffe, sondern nehmen uns direkt unter Beschuss.«

»Und die Raumschiffe halten sie derweil in Reserve?«, fragte Perrill Nerkrahd. Aber diese Frage bedurfte keiner Antwort. Sie war rein rhetorischer Natur.

Und dann wurde der Beschuss genauso plötzlich wieder eingestellt, wie er begonnen hatte.

Perrill Nerkrahd und Hjat Rek-Ir begriffen gleichzeitig: »Sie wollten nur abschätzen, wie stark unsere Verteidigung ist!«

Sie schauten sich an.

»Und da wolltest du die friedliche Kontaktaufnahme?« Hjat Rek-Ir sprach es aus, als sei es als Vorwurf gedacht.

Perrill Nerkrahd ging nicht darauf ein. Er wandte sich an den Waffenoffizier: »Auf keinen Fall das Feuer erwidern!«

Dieser nickte nur verkniffen. Zwar waren sämtliche Geschützstände besetzt und alle notendigen Daten berechnet, aber ihm war schon klar gewesen, dass sein oberster Chef keinen Angriff wünschte.

»Was nun?«, erkundigte sich Hjat Rek-Ir.

»Ganz einfach, Hjat: Du übernimmst mit Cra Rodnor Explorer 003, während Prjet Effwonz und Ylra Tocst Explorer 014 besteigen.« Perrill Nerkrahd wandte sich an die Nesrepet-Zwillinge: »Schnappt ihr beide euch Explorer 019! Schleust aus und meldet euch zur Konferenzschaltung. Sobald die Einzelheiten besprochen wurden, fliegen wir alle zum Asteroiden.«

»Die TNIOP-FO ebenfalls?«, wunderte sich Hjat Rek-Ir.

»Ganz genau: Jetzt, wo wir wissen, dass wir ausreichend geschützt sind...«

»Aber wenn die noch Waffen einsetzen können, von denen wir gar nichts ahnen?«

»Sie wollten unsere Verteidigung austesten. Also schossen sie gewissermaßen volles Rohr. Sonst wäre der Versuch sinnlos gewesen. Und selbst wenn ihre Waffen aus der Nähe gefährlicher werden: Sie werden dann vier Ziele beschießen müssen anstelle von einem – und wir können rechtzeitig fliehen, wenn es wirklich brenzlig wird.«

Hjat Rek-Ir nickte ihm zu: »Aha, ich verstehe, Perrill: Die Explorer bleiben vom Interlacedfeld der TNIOP-FO geschützt. Die haben vom Asteroiden aus unsere Verteidigung getestet – und jetzt willst du zusätzlich deren Angriffsmöglichkeiten testen.«

Nicht nur er, sondern jeder der Anwesenden wurde von Nerkrahds Zuversichtlichkeit angesteckt, und sämtliche Bedenken waren plötzlich wie weggefegt. Die Genannten eilten aus der Zentrale.

»Die TNIOP-FO bleibt in voller Gefechtsbereitschaft!«, befahl Perrill Nerkrahd. Und an den Maschinenraum gewandt fügte er hinzu: »Alles klar machen zum Anflug. Wir fliegen synchron mit den Explorern, sobald diese ausgeschleust sind – auf meinen Befehl hin. Zuerst muss die Konferenzschaltung stehen. Sobald wir ankommen: Notstart vorbereiten. Wir müssen auf alles gefasst sein.«

Hoffentlich sind wir das tatsächlich, wenn es darauf ankommt!, dachte er, weitaus weniger zuversichtlich, als er sich nach außen hin den Anschein gab. Aber sie mussten einfach so vorgehen. Es gab keine Alternative. Denn wenn sie sich in die Flucht schlagen ließen, blieb der Asteroid ein unwägbarer Faktor und somit eine ständige Bedrohung der Pruppergalaxis.

Er starrte auf den Asteroiden und dachte: Welches Geheimnis birgst du? Warum bist du so aggressiv? Und: Was macht dich denn eigentlich so angreifbar, dass du mit allen Mitteln versuchen musst, dein Geheimnis zu bewahren?


3


Die Explorer meldeten sich nacheinander, wie angewiesen. Jeder ging jetzt davon aus, dass Nerkrahd sofort den Befehl geben würde, zum Asteroiden zu fliegen, wobei die drei Explorer im Schutz des Interlacedfeldes der TNIOP-FO bleiben würden. Aber Nerkrahd hatte es in Wirklichkeit nicht so eilig. Er begrüßte die Explorer in der Konferenzschaltung und wandte sich dann zunächst an den Ersten Offizier seines Schiffes.

»Alles ausgewertet?«

Der Erste Offizier der TNIOP-FO So-En-En Fulatua hatte sich persönlich darum gekümmert. Er nickte ernst, und dann hatte Nerkrahd die Ergebnisse vor sich in der Projektion. Aber auch die Explorerbesatzungen sahen es. Sie alle waren bewährte Raumfahrer und wussten die Daten richtig zu deuten.

»Wie schon erwähnt: Die wollten unsere Verteidigung testen, aber wir haben umgekehrt dabei ihre Angriffswaffen getestet – gewissermaßen«, eröffnete Perrill Nerkrahd. »Vor allem die beobachteten Begleitumstände sind von Bedeutung, wie ich schon vermutet hatte. Es handelt sich um eine Angriffskombination. Wir dürfen die Torpedos und die Energieschüsse nicht getrennt voneinander sehen. Es gab eine deutliche Reaktion zwischen dem Interlacedfeld unseres Schutzschirms und den frei werdenden Energien der detonierenden Torpedos. Dann erst kamen die Energieschüsse.«

»Du meinst, mit den Torpedos wollten sie das Schutzfeld knacken?«, fragte Hjat Rek-Ir.

Nerkrahd schaute auf seine Projektion.

»Zumindest wollten sie das Schutzfeld so weit schwächen, dass die Energieschüsse eine Chance hatten. Vergiss nicht, dass die Torpedos vorher in besonderer Weise transitiert sind – an sich schon physikalisch eine vollkommene Unmöglichkeit –, um genau in der richtigen Position wieder zu materialisieren. Mehr als ungewöhnlich nicht nur für Torpedos, nicht wahr?«

»Das ganze Waffensystem ist mehr als ungewöhnlich«, meinte der vorlaute Naj Nesrepet.

Aber auch sein Zwillingsbruder Kmi meldete sich jetzt zu Wort: »Dies alles setzt voraus, dass die ganz genau wussten, welche Möglichkeiten zur Verteidigung wir haben!«

Perrill Nerkrahd nickte ihm zu. »Genau das ist der springende Punkt! Die wissen, was ein Interlacedfeld ist. Die haben auch irgendwie die TNIOP-FO als potenzielles Kriegsschiff erkannt.«

»Auch wenn sie letztlich das Interlacedfeld nicht so ganz richtig eingeschätzt haben«, behauptete Prjet Effwonz. »Sonst wäre ihr Angriff nämlich erfolgreicher verlaufen.«

»Angriff?«, echote Perrill Nerkrahd. »Ich dachte, wir wären uns darüber einig, dass es sich lediglich um einen Test handelte, um unsere Verteidigung auszuspionieren, nicht um einen echten Angriff?«

»Wie dem auch sei«, sagte Prjet Effwonz leicht verstimmt, »ob man es nun so oder so auslegt: Seit der Ausrufung als Todeszone ist nicht nur in diesem Gebiet eine ganze Masse Zeit vergangen – Gelegenheit genug, auch waffentechnisch zuzulegen.«

»Ich denke mal, das haben sie geahnt. Darum auch der Test.« Perrill Nerkrahd lächelte zu diesen Worten. »Dabei gingen sie das Risiko ein, dass wir uns jetzt darüber unterhalten können. Wir sollten uns natürlich nicht in Sicherheit wiegen und annehmen, dass die es bei einem Test belassen. Ich nehme an, dass sie nach wie vor eine tödliche Gefahr bilden.«

Man sah Prjet Effwonz an, dass ihn das beruhigte: Hatte er tatsächlich angenommen, plötzlich wollten alle den Fremden friedliche Absichten unterstellen? Dafür waren schon zu viele Menschen gestorben. Zwar »nur« Menschen und keine Prupper, aber trotzdem durften sie die Aggressionen nicht einfach mit Gegenaggressionen erwidern. Dazu war noch Zeit, wenn alle anderen Versuche ergebnislos verlaufen waren.

»Also fassen wir zusammen«, sagte Perrill Nerkrahd. »Die kennen die Möglichkeiten eines Interlacedfeldes und sehen ihre Erwartungen nach diesem Test erfüllt. Wenn wir davon ausgehen würden, dass es sich um einen tödlichen Aggressor handelt, wäre es ein missglückter Vernichtungsversuch mit allen Mitteln gewesen, Prjet Effwonz – und die Angreifer hätten nichts sonst zu bieten, was uns noch gefährlich werden könnte. Nehmen wir allerdings an, sie wollten auch die GÖTTERFÄHRE lediglich in die Flucht schlagen und schätzten die Verteidigungsmöglichkeiten des Schiffes nur falsch ein, was dann zu der uns bekannten Katastrophe führte ... Nun, dann ist die Situation für uns eigentlich noch gefährlicher, nicht wahr?«

»Ja, weil wir selbstverständlich gar nicht vorhaben, uns in die Flucht schlagen zu lassen. Wenn wir jetzt hinfliegen, werden sie stärkere Geschütze auffahren, im wahrsten Sinne des Wortes.«

»Ganz genau!« Nerkrahd nickte. Dann wandte er sich an die Waffenabteilungen, deren Handlungen von seinem Zweiten Offizier koordiniert wurden: »Verwendet die Daten, um die Verteidigung zu modifizieren. Es darf denen nicht gelingen, das Interlacedfeld zu knacken.«

»Logisch!«, kommentierte der in dieser Situation ungewöhnlich mürrisch wirkende Neol Rirbeb, Zweiter Offizier der TNIOP-FO und machte sich mit seinen Leuten an die Arbeit.

Perrill Nerkrahd wandte sich wieder den Konferenzteilnehmern zu, die alles mitbekommen hatten.

»Bereit?«

»Explorer 003 bereit!«, meldete Hjat Rek-Ir.

Dann meldeten auch die anderen beiden Explorer ihre Bereitschaft.

Perrill Nerkrahd gab endlich den erwarteten Befehl zum direkten Anflug. Erster Offizier So-En-En Fulatua führte ihn für die TNIOP-FO mittels Gedankensteuerung durch, gleichzeitig mit den Explorerbesatzungen.


4


Sie erreichten ihr Ziel bei dem Asteroiden.

Die sofort eingehenden Scandaten zeigten nichts anderes als das, was ohnedies bekannt war. Mit anderen Worten: Eben die falschen Daten, die einen Asteroiden vorgaukelten, wie es ihn nicht wirklich geben konnte!

Minutenlang warteten sie ab. Noch immer wurde der Asteroid in allen bekannten Sprachen angefunkt. Perrill Nerkrahd hatte ja noch nicht den Befehl gegeben, das Funkfeuer

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Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 01.11.2017
ISBN: 978-3-7438-3917-5

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