Cover

STAR GATE – das Original 151-152:

 

Götterdämmerung

von Wilfried A. Hary:

»Eine Welt im Umbruch – und die Jagd nach den selbsternannten Göttern!«

 

Am 15. September 2063, um 4:37 Uhr, wollte ein Team mittels STAR GATE von Phönix zur Erde zurück springen. Genau im Moment ihrer Materialisation im Erd-STAR GATE bei Mechanics Inc. wurde dieses von Saboteuren des Konkurrenten Flibo gesprengt. Das erzeugte eine schreckliche Katastrophe - nämlich die Transmitter-Katastrophe (siehe Band 11).

Vierundzwanzig Menschen sind von der Katastrophe betroffen. Sie sind seitdem spurlos verschwunden. Was ist aus ihnen geworden?

Eine der betroffenen Personen ist Cat Groskowsky, eine Survival-Spezialistin von ehemals Mechanics Inc. Durch eine Verkettung von Umständen gerät sie in das geheime Netzwerk der sogenannten Uralten, die vor Jahrtausenden spurlos verschwanden. Dort wird sie als „Göttin“ angeredet, ohne dass sie begreift warum. Und es werden von ihr immer wieder Entscheidungen verlangt, die einer Göttin wahrlich würdig wären…

 

DIE HAUPTPERSONEN:

Cat Groskowsky – erfährt Erstaunliches über eine Welt, die der Erde mal wieder verblüffend ähnelt. Bis auf einen entscheidenden Unterschied…

Nelp Sregnis – ein Mutant auf der Flucht.

Tsenre Nosdrachir – ein unerwarteter Fluchthelfer, aber kann Nelp Sregnis ihm wirklich trauen?

Genius Luap Netsrek – auf besonderer Mission, der Dinge erlebt, die er einfach nicht begreifen kann. Bis es zu spät dazu ist…

 

Impressum

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

Diese Fassung: © 2016 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * www.HaryPro.de * eMail: wah@HaryPro.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 Coverhintergrund: Anistasius * Logo: Gerhard Börnsen


1


„Es gibt weit über einhundert Milliarden Sonnen allein in dieser Galaxis“, philosophierte der Stationscomputer, wie zu sich selbst gewandt.

Cat Groskowsky horchte unwillkürlich auf.

„Was soll das denn schon wieder?“

„Mit Verlaub, Cat, ich wollte es nur erwähnt wissen.“

„Du tust doch nichts ohne Grund!“, blieb sie misstrauisch.

„Immerhin gibt es viele Sonnen, die allein oder mit anderen zusammen so etwas wie geschlossene Systeme bilden, vergleichbar vielleicht mit der Sonne, die über der Erde scheint.“

„Und was daran wäre jetzt für mich neu?“

„Natürlich gar nichts, Cat. Das will ich ja auch gar nicht behaupten. Aber ist es nicht erstaunlich, wie viele erdähnliche Welten es gibt? Obwohl, wenn man die Zahlen berücksichtigt, erscheint es gar nicht mehr so erstaunlich.“

„Da hast du allerdings recht, Comp. Da fast jede Sonne an irgendein System gebunden ist beziehungsweise ein System selber gebildet hat, kann man von einer Anzahl von Planeten ausgehen, die sicherlich die Anzahl der Sonnen in der Galaxis um das Zigfache übertrifft. Gibt es denn darüber genaue Zahlen?“

„Ja, die gibt es. Und viele dieser Welten sind eben erdähnlich. Womit ich zum Ausdruck bringen will: Sie sind in der Lage, nicht nur Leben, sondern sogar intelligentes Leben zu ermöglichen. Natürlich weiß ich nicht, wie viele Welten das wiederum insgesamt sind, weil ich eben auch nicht alles weiß…“

„Was denn, das gibst du tatsächlich selber zu?“ Die Verwunderung Cats war echt und nicht gespielt.

„Das Netz der geheimen Göttertore erstreckt sich zwar über die gesamte Galaxis, wenn man so will, aber es sind doch sehr viele Systeme davon nicht betroffen. Wie könnte es anders sein? Aber auch die Welten, die vom Bund von Dhuul-Kyphora beherrscht werden, halten sich gewissermaßen in Grenzen. Von mehr oder weniger Bedeutung sind gerade mal rund tausend. Da könnte ich jetzt die genaue Zahl nennen, aber ich weiß ja, dass du nicht so auf Zahlenspiele stehst, Cat.“

„Und wieso bringst du sie dann trotzdem - die Zahlenspiele?“, erkundigte sich Cat verstimmt.

„Es gibt natürlich viele, viele Tausende von Welten, die für die Kyphorer praktisch bedeutungslos sind. Erst wenn ihre Bewohner ins All drängen oder auch nur STAR GATES bauen, werden die Kyphorer aufmerksam. Und dann entscheiden sie, was mit diesen Welten geschieht.“

„Das hatten wir doch alles schon. Wieso redest du mal wieder um den heißen Brei herum? Was willst du mir denn eigentlich damit sagen?“

„Schon erstaunlich, dass die sogenannte humanoide Erscheinungsform dermaßen häufig anzutreffen ist.“

„Da gab es mal einen Menschen namens Gauß. Nach ihm wurde die sogenannte Gaußsche Glocke benannt. Sie bedeutet nichts anderes als dass überall so etwas wie die Durchschnittlichkeit dominiert. Also auch, was die Daseinsform betrifft. Die Humanform hat zwar auch Nachteile, aber sie hat unübersehbar gleichzeitig Vorteile. Kein Wunder also, wenn die Kyphorer so aussehen. Aber auch die Menschen der Erde. Und es gibt die Humanform deshalb so häufig, weil sie eben… total durchschnittlich ist. Die Extreme sind dagegen eher selten. Aber wir kennen sie. Es gibt sie.“

„Siehe beispielsweise die Chamäleonen!“, bestätigte der Stationscomputer.

Inzwischen wusste Cat um die Geschichte dieser Rasse, die es doch tatsächlich geschafft hätte, den Kyphorern den Rang in der Galaxis streitig zu machen. Bis ausgerechnet Menschen das verhindert hatten – Menschen nämlich mit Psikräften. Zum ersten Mal hatte Cat Groskowsky bei dieser Gelegenheit von Yggdrasil und von der kleinen Lisa erfahren. Und deren Mutter, die zu einem Energiewesen mutiert war. Der irdische Stationscomputer hatte diese Daten gesammelt, und weder Lisa noch ihre Mutter wussten davon. Sie ahnten noch nicht einmal, dass überhaupt eine Station der Uralten, wie Cat sie nannte, auf der Erde existierte.

Cat wusste inzwischen so ziemlich alles, was die Zustände auf der gegenwärtigen Erde betraf, und sie hatte sich längst vorgenommen, einmal zurückzukehren, um mit der Stadt im ewigen Eis der Antarktis Kontakt aufzunehmen. Bis jetzt jedoch blieb das viel zu riskant, weil sie ja unter allen Umständen die Existenz der sogenannten Göttertore verheimlichen musste. Immerhin, solange die Erde auch noch unter der Besatzung der Kyphorer stöhnte…

Ging es dem Stationscomputer etwa jetzt genau darum?

Er beantwortete die unausgesprochene Frage mit den Worten:

„Nein, es geht um eine weitere Welt mit ungewöhnlicher Psi-Häufigkeit, womit sie sich von der Erde unterscheidet – unter anderem jedenfalls. Von diesen Welten gibt es sowieso nur wenige. Es ist abhängig von der kosmischen Situation, die das entweder begünstigt oder auch verhindert.“

„Wie bei den Kyphorern. Dort wird es verhindert. Ihnen ist Psi zumindest in eigenen Reihen völlig unbekannt“, meinte Cat und schüttelte den Kopf. „Eine weitere Welt sagst du?“

„Ja, Entwicklungsstadium durchaus vergleichbar mit der Erde. Nein, ich korrigiere, denn nicht ganz, denn durch die Invasion der Kyphorer ist genau das verhindert worden, was sich hier längst etabliert hat.“

Cat seufzte ergeben.

„Ich verstehe. Es geht mal wieder um eine Entscheidung, und du wirst mir jetzt die ganze Geschichte auftischen, in allen Details, damit ich nicht die falsche Entscheidung treffe. Weil es auf der genannten Welt natürlich ein Göttertor gibt, doch der dortige Stationscomputer in keiner Weise in die Geschehnisse eingreifen kann, auf Grund seines Sicherheitsprogramms? Nein, warte, nicht antworten: Und weil immerhin die Gefahr besteht, dass in vielleicht absehbarer Zeit die Menschen dieser Welt ins All streben und auf den Bund von Dhuul-Kyphora treffen – mit allen unerfreulichen Folgen für sie?“

„Nicht ganz“, schränkte der Stationscomputer jedoch überraschend ein. „So weit sind sie noch lange nicht. Sie haben seltsamerweise nicht die geringsten Ambitionen, ihre Welt zu verlassen, obwohl sie sicherlich das technische Rüstzeug dazu hätten. Es mag daran liegen, weil sie völlig andere Probleme haben – und diese Probleme sind wirklich schwerwiegend.“

„Ja, soll ich irgendwie eingreifen in die Geschehnisse oder was?“

„Nein, das wäre zu gefährlich. Ich kann nicht sagen, was das Richtige wäre. Äh, mit Verlaub, Cat, es ist wirklich äußerst kompliziert, und der geringste Fehler könnte wahrlich fatale Folgen haben. Solange die Menschen dieser Welt so weit entfernt sind von der Raumfahrt oder auch vom Bau eines funktionierenden STAR GATES, besteht sowieso keine Gefahr für sie. Zumindest nicht von außerhalb. Die Kyphorer ahnen noch nicht einmal etwas von ihnen.“

„Aber?“

„Darf ich dir die Geschichte erklären, natürlich mit den entsprechenden Momentaufnahmen, um alles zu verdeutlichen? Zentrale Figur dabei ist ein Akteur, den man dort Nelp Sregnis nennt. Zumindest sehe ich das so.“

„Also gut, einverstanden. Es scheint ja zu meinen Hauptaufgaben inzwischen zu zählen, die Geschichte betroffener Welten zu erfahren, um abzuwägen, ob es sich lohnt, sie innerhalb der Rebellenorganisation im Bund von Dhuul-Kyphora zu integrieren – und wie das geschehen sollte. Immerhin, wenn die Mutantenhäufigkeit dort entsprechend ist…“

„Das hat nicht nur Vorteile, wie wir sie bereits hatten. Ich erinnere dabei nicht zufällig an Le-umas Reckolb, der es immerhin schaffte, damit eine ganze Welt zu befrieden, nämlich die Sedrea. Ein Vorbild nicht nur für seine Welt, sondern irgendwie sogar für die Rebellen und ihre künftige Vorgehensweise. Wenn ich das richtig einschätze, ist dir die Überzeugungsarbeit sehr gut gelungen, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf. Del Shannon, der Anführer der Rebellen, ist jedenfalls von der Idee äußerst angetan und hat sich sogar die Zeit genommen, höchstpersönlich der Welt Sedrea einen Besuch abzustatten, um sich an Ort und Stelle vom Ergebnis zu überzeugen.“

„Na, es hat mich alles ein paar Wochen intensiver Überzeugungsarbeit gekostet. Immerhin“, versuchte Cat einzuschränken. „Das war wesentlich länger als ich mir ursprünglich vorgenommen hatte.“

„Der Erfolg jedenfalls gibt dir recht.“

„Danke für die Blumen, aber jetzt hast du anscheinend ja ein Beispiel parat, wo das ganz und gar anders verläuft? Unter dem Einfluss von Mutanten?“

„Wenn du dich vielleicht selbst davon überzeugen willst?“

„Ja, gut, einverstanden. Ich mache es mir bequem, und dann schieß endlich los. Du gibst ja vorher doch keine Ruhe.“


2


Tausende von Jugendlichen trafen sich im Zentralpark der Megametropole Ogakich auf dem westlichen Großkontinent. Über der wogenden Menschenmenge erhoben sich unzählige Transparente, mit denen sie ihrem Unmut Luft machten:

„NIEDER MIT DER WELTREGIERUNG!"

Cnil Reschtelf hielt sich etwas abseits von dem Treiben. Seine Aufgabe war es, einen bestimmten Mann in dieser Masse ausfindig zu machen. Leichter wäre es gewesen, die berühmte Nadel in einem Heuhaufen zu finden.

Nervös fingerte er am Griff seiner Schockwaffe herum, die er unsichtbar unter dem Überwurf trug. Die ganze Sache gefiel ihm nicht. Allerorten wurde der Aufstand geprobt, aber die Weltregierung tat eigentlich viel zu wenig dagegen – seines Erachtens nach.

Er knirschte mit den Zähnen. Seine Aufgabe war es, die eigentlichen Verursacher dingfest zu machen. Einer davon war ihren Informationen zufolge ein gewisser Nelp Sregnis.

Reschtelfs Blick wanderte über die unruhige Wand aus Menschenleibern, die etwa zwanzig Schritte vor ihm begann und nicht mehr zu enden schien. Längst war der Park in seiner Aufnahmekapazität erschöpft. Die ehemals so schmucken Grünanlagen waren den Fußtritten der aufgebrachten Jugendlichen zum Opfer gefallen.

Reschtelf brummte unzufrieden und klopfte die Taschen seines klimatisierten Überwurfs nach etwas ab, das dem irdischen Kaugummi nicht unähnlich war.

In diesem Augenblick stieß ihn jemand von hinten an.

Reschtelf wirbelte abwehrbereit herum.

Einer der Jugendlichen mit einer Packung Kaugummi in der Rechten!

Reschtelf schalt sich einen Narren ob seiner Nervosität und entspannte sich. Der Jugendliche hielt ihm die Packung grinsend hin.

Der Regierungsagent griff sich so ein Ding und schob es sich zwischen die Zähne.

„Na, alter Mann, auch beim Demonstrieren?", erkundigte sich der Junge leutselig.

Reschtelfs Augenbrauen rutschten zusammen. Schon wollte er sich diese Anrede verbitten, aber er überlegte es sich anders.

„Äh, ja, ist doch auch wahr. Was die Weltregierung in letzter Zeit treibt, ist nicht mehr zu akzeptieren. Was haben uns denn die Mutanten getan?"

Die Mutanten - das war die allgemeine Bezeichnung für geistig positiv mutierte Menschen.

Die Mutanten - das waren Götter in Menschengestalt, wie es ein Philosoph einmal formuliert hatte.

Die Regierung wollte anscheinend nicht einsehen, dass sie harmlos waren, denn sie bildeten in ihren Augen eher einen Unsicherheitsfaktor im politischen Gefüge.

Cnil Reschtelf ahnte, dass die Demonstrationen nur so lange toleriert wurden, bis es erste Übergriffe gab. Aus eigener Anschauung kannte er die Regierungsmethoden, dann Gegner wirkungsvoll auszuschalten.

In der Öffentlichkeit galt der weltweite Staatenbund als von Grund auf demokratisch, doch Demokratie war längst zur Farce geworden, seit die Mächtigen Einigkeit praktizierten.

„Recht so, Alterchen, auch mit dreißig Lenzen auf dem Rücken sollte man noch am politischen Geschehen teilnehmen. Heutzutage ist jeder Jahrgang gefragt und nicht nur die Masse der Denkenden."

Der Junge steckte seine Gummipackung wieder ein und wandte sich ab.

Reschtelf schaute ihm nach, bis er in der wogenden Menge verschwand.

Das ist also der Nachwuchs, auf dessen Schultern die Zukunft der Menschheit ruht, dachte er bitter. Unsereins muss noch viel tun, um die zu loyalen Bürgern der Welt zu erziehen - wenn notwendig mit der nicht nur sprichwörtlichen Peitsche.

Seine Augen suchten.

Missbilligend schüttelte er den Kopf. Zum wiederholten Mal fragte er sich, wie er unter solchen Umständen Nelp Sregnis aufspüren sollte.

Aber Reschtelf war schließlich nicht allein. Ganze drei Hundertschaften standen unerkannt herum. Nelp Sregnis galt als Feind Nr. 1 der Menschheit, und da erschien ein solcher Aufwand durchaus gerechtfertigt.

Es war der Zeitpunkt, an dem Cnil Reschtelf zum zweiten Mal angerempelt wurde: Mas Retslot, einer der Kollegen!

Gerade machte Mas den Mund auf, um etwas zu sagen, da bemerkte er die Veränderung in Reschtelfs Gesicht.

Reschtelf vergaß zu atmen. Seine Rechte krallte sich um Retslots Arm, und dieser folgte der Richtung, in die Reschtelf starrte.

Dann zuckte er selber zusammen wie unter einem Peitschenhieb.

„Er ist es!", murmelte er ungläubig.

Reschtelf schnappte nach Luft und hustete.

„Nelp Sregnis!", keuchte er.

Mas Retslot schritt spornstreichs davon und steuerte genau auf Sregnis zu, der soeben die Menschenmasse verlassen hatte.

Niemand sonst kümmerte sich um ihn. Ein Alltagsgesicht, das eigentlich nur geschulten Polizisten auffallen konnte.

Retslot griff in die Tasche. Der kühle Griff seiner Schockwaffe beruhigte ihn. Außerdem wusste er Reschtelf hinter sich. Die beiden hatten sich nicht abzusprechen brauchen. Sie handelten routiniert.

„Hallo!", sagte er.

Nelp Sregnis sah auf - und begriff augenblicklich. Blitzschnell wandte er sich zur Flucht.

Mas Retslot war durchtrainiert und schnell. Er erwischte den Flüchtenden am Zipfel seiner Jacke und hielt ihn mit eiserner Gewalt fest.

Dennoch wäre ihm der Mutant entwischt, wäre nicht Cnil Reschtelf mit auf den Plan getreten. Er packte den sich heftig Sträubenden und nahm ihn in einen Polizeigriff.

Aus den Lautsprechern, die überall an Bäumen hingen, drang eine Stimme. Der Mann, der zu den Versammelten sprach, schien magische Ausstrahlung zu besitzen, denn sofort verstummten alle.

Reschtelf und Retslot nahmen es nur mit halbem Ohr wahr. Dieser Dnourc Nosmis, der stimmgewaltig seine Anhänger aufputschte, war für sie uninteressant: Er war ein „normaler Mensch", keiner der verhassten Mutanten. Man ließ ihn gewähren, solange er die gesetzlichen Grenzen respektierte.

Sowieso vermochte er nur Jugendliche zu begeistern. Ältere Generationen wagten es längst nicht mehr, sich gegen die politische Macht aufzulehnen.

Die beiden Polizeiagenten schleppten ihren Gefangenen zum in Deckung geparkt stehenden Bodengleiter. Es war gut, dass Dnourc Nosmis ausgerechnet jetzt zu sprechen begonnen hatte, denn dadurch blieb ihre Aktion unbeobachtet.

Nur die anderen Agenten sahen es.

Nichts deutete darauf hin, dass der schwarze Bodengleiter ein Polizeifahrzeug war. Reschtelf und Retslot bugsierten Sregnis auf den Rücksitz.

Retslot schwang sich hinter die Steuerkontrollen und schloss den Energiekreis.

Gleichzeitig damit heulte die Sirene der Diebstahlsicherung auf.

Retslot hämmerte auf dem entsprechenden Schalter herum, ohne damit Erfolg zu erzielen.

Reschtelf schielte zu der Menschenmenge hinüber. Die ersten wandten sich ihnen ärgerlich zu.

Sein Blick traf Sregnis. Als er dessen Grinsen sah, wusste er, wem sie es zu verdanken hatten; Sregnis brauchte keinen Schalter. Er war Psychokinet und hatte mit seiner besonderen Begabung das Signalhorn kurzgeschlossen.

In die flammende Rede von Nosmis und das Heulen der kleinen Sirene mischten sich ärgerliche Stimmen. Mehrere Jugendliche näherten sich. Sie nahmen eine drohende Haltung ein, obwohl sie nicht einmal ahnten, was hier geschah.

Wütend ballte Reschtelf die Hände zu Fäusten. Er wollte auf Sregnis eindreschen, doch der Mutant war auf der Hut. Bisher hatte er seine Fähigkeiten zurückgehalten, wahrscheinlich nur, um sich nicht zu verraten. Jetzt war ihm klar, dass es nichts mehr nutzte. Die beiden Agenten wussten längst, mit wem sie es zu tun hatten.

Sie hatten ihm hier aufgelauert. Seine Festnahme war kein Zufall.

Die Fäuste von Reschtelf glitten an einer unsichtbaren Wand ab und trafen das Sitzpolster.

Es kostete Nelp Sregnis unmenschliche Anstrengung, mit seinen PSI-Kräften einzugreifen. Deshalb winkelte er jetzt lieber die Knie an und trat Reschtelf mit voller Wucht gegen die Brust.

Der Polizeiagent verschwand nach draußen und überschlug sich rückwärts.

„Verdammt!", knurrte Mas Retslot. Er gab es auf, den Alarm abschalten zu wollen.

Das Antriebsaggregat wimmerte leise und kam rasch auf Touren. Der Gleiter erhob sich zehn Zentimeter über den Boden.

Schon wollte der Agent den Fahrthebel nach vorn drücken, als ihn Sregnis von hinten angriff, um ihn über die Rückenlehne zu sich her zu reißen.

Retslot wand sich aus dem Griff. Seine Hand erfasste den Fahrthebel.

Sofort machte das Fahrzeug einen Satz nach vorn.

Vor der Windschutzscheibe tauchte ein bärtiges Gesicht auf. Die Augen weiteten sich entsetzt. Dann kollidierte der Körper des Jugendlichen mit dem Bug und rutschte über die Karosserie des Gleiters.

Sekundenbruchteile sah Mas Retslot nichts mehr.

Sregnis griff zum zweiten Mal an, indem er Retslot mit der Faust bearbeitete.

Zwar war der Mutant ein durchtrainierter Mann, aber er hatte keine Polizeiausbildung genossen. Das machte ihn von vornherein unterlegen.

Retslot schlug zurück und wagte es, einen Blick in den Spiegel zu werfen.

Gerade erhob sich der Bärtige aus dem Straßenstaub. Es war ihm also nicht viel passiert.

Retslot packte den Steuerknüppel fester und drehte ihn nach links. Der Gleiter

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 12.06.2016
ISBN: 978-3-7396-6017-2

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