Mahlik-Salem
von W. Kimball Kinnison:
„Willkommen im Hypererlebnispark!“
Schon wieder steht das Schicksal der Erde und sogar der gesamten Menschheit auf des Messers Schneide: Dem ziemlich komplizierten Parlament des Bundes von Dhuul-Kyphora erscheint es plötzlich taktisch klug, die Menschheit einfach auszurotten. Damit geht zwar ein beliebtes Fernsehformat verloren, in der Form einer Art Doku-Soap über die »verwerfliche Spezies namens Mensch« (siehe u. a. Band 27: Der Verräter), aber das will man billigend in Kauf nehmen. Vielleicht hilft es sogar, einen neuerlichen Superkrieg gegen die Galaxie der Prupper zu vermeiden. Und dann kommt doch alles ganz anders als von vielen geplant, denn das Schicksal der Menschheit wird diesmal ausgerechnet auf einer Welt entschieden, wie sie verrückter nicht denkbar wäre: Mahlik-Salem!
Von Beteiligten, die nicht weniger verrückt erscheinen...
Die Hauptpersonen
Rhe-Faro – das Schicksal der Erde hängt von einem der mächtigsten Kyphorer ab.
Trudi Rammstein – wird zu einem ungewöhnlichen Einsatz abkommandiert.
Amarthas – ist eine Prupperin, die Trudi behilflich ist.
Cassius Claydon, Walt Webster – die Anführer der ›Touristen‹ auf Mahlik-Salem.
Pieto – der Bulowa ist der einzige Exot der menschlichen ›Touristen‹-Gruppe.
Walter Barnes – gerät vom Regen in die Traufe und umgekehrt.
Scara the Mouch – ist ein Rouch und dazu ein netter Reiseführer.
Acras the Bouch – der Onkel von Scara macht den Menschen ein Angebot.
Jerry Bernstein – seine Neugier ist der ›Käse‹, mit der er sich die eigene Falle stellt.
Khanada-San, Talor-Koros – zwei Offiziere der Craahls mischen mit: Hochbrisant, denn sie haben die Position von Phönix entdeckt!
Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:
Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld
Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de
Diese Fassung: © 2013 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855
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Lektorat: Werner Schubert
Tyhona, Festung auf Kyphor, Hauptwelt des Bundes von Dhuul-Kyphora – 3. 1. 2064
Das Star Gate hatte seine letzte Sendung empfangen. In der Mitte des Tetraeders stand ein hochgewachsenes und bis ins Detail menschenähnliches Wesen. Sein kantiges Gesicht wies strenge Züge und dünne, beinahe blutleere Lippen auf. Die dunklen Augen drückten an Arroganz grenzende Selbstsicherheit aus. Seine Haltung war straff und vermittelte das Machtbewusstheit eines hohen Militärs. Es trug eine hellbraune Uniform, von der im Wesentlichen nur ein weiter Umhang zu sehen war.
Auf dem eng anliegenden Trikot prangte ein sechseckiges Logo in Höhe des rechten Brustmuskels. Es setzte sich zusammen aus zwei übereinanderliegenden Dreiecken, deren Kanten alle gleichschenklig und etwa eine Handspanne lang waren. Die Linien des aufrechten Ecks blitzten metallisch, und in der Spitze funkelte es bläulich: Dies repräsentierte ein Star Gate. Das kopfüber dargestellte Dreieck symbolisierte ein Raumschiff, und auf den schwarzen Leisten erschienen abwechselnd Lichter wie ferne Sterne.
Rhe-Faro wartete, bis eine Wache die Tür des Star Gates weit geöffnet hatte. Er betrat mit bedächtigen Schritten das Podest im Zentrum des weiträumigen Auditoriums. Ein knappes Nicken galt dem hochrangigen Offizier, der ihm Einlass gewährt hatte. Dieser trug die gleiche Uniform mit demselben Abzeichen, lediglich etwas kleiner. Da sämtliche hohen Militärs des Bundes gleich gekleidet waren, ließ sich deren Rang nur an der Größe dieses Symbols erkennen. Die Wachen waren ausnahmslos höchste Dienstgrade und stets präsent, selbst wenn die Sitzungshalle von den Ratsmitgliedern jahrelang nicht aufgesucht wurde. Sicherheit hatte oberstes Gebot im ›Rechten Arm‹ der Bundes-Macht, gelegen inmitten der Superfestung Tyhona auf der Südhalbkugel des Planeten Kyphor; die hermetisch versiegelte Kuppel war nur per speziell kontrolliertem Star Gate betretbar.
Jedes Mal, wenn Rhe-Faro auf die dreieckige Empore hinaustrat, in deren Mitte der Tetraeder stand, überkam ihn die Erinnerung an sein erstes Erscheinen in diesem Kuppelsaal. Vor Jahrhunderten war er jüngstes Mitglied des Kriegsrats des Bundes von Dhuul-Kyphora geworden und voller Ehrfurcht als Erster hier eingetreten. Damals hatte er sich fast einen Tag lang gedulden müssen, bis die immer höheren Ränge nach und nach eingetroffen waren. Heute jedoch mussten sämtliche Mitglieder des Gremiums auf sein Erscheinen warten – bereits seit einer Dekade trug er nun das größte Abzeichen. Sein Herz schlug längst keinen Takt schneller, wenn er sich sofort zu seinem hoch aufragenden Podium begab, um als Vorsitzender die Sitzung zu eröffnen.
Am dritten Abend kündigte Rhe-Faro eine Aussprache zum letzten Tagungspunkt an. Seine Stimmung hatte wegen dieser Angelegenheit bereits zu Beginn der Versammlung einen erheblichen Dämpfer erhalten. Ihm hatte sehr viel daran gelegen, den Antrag nicht zuzulassen. Darum hatte er dieses Thema als äußerst unwichtig benotet und gar nicht erst auf die Tagesordnung gesetzt. Seine Intuition hatte ihn dazu bewogen.
Trotzdem war er überrascht, als gleich zu Sitzungsbeginn beide Fraktionen einmütig die Aufnahme dieses Punkts beantragten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als ingrimmig die Tagesordnung zu ändern. Er spürte den heraufziehenden Zwist: Beide Parteien waren ersichtlich darauf aus, zum Abschluss eine heftige Kontroverse anzuzetteln. Ihm als Vorsitzendem konnte nicht daran gelegen sein, denn jegliche Missstimmung musste er dem Kronrat und dem Denkernetz des Bundes, dem ›Doppelten Willen‹, höchstpersönlich mitteilen und sich lang und breit rechtfertigen.
Tief im Raum schwebte dieses Zentrum des Willens. Es umkreiste den Planeten Kyphora im Herzen des Bundes und bezog seine Energie von dessen Sonne Faro, die sonstige Versorgung vom Planeten und seinen Trabanten. Die Station besaß eine bizarre Form. Sie war schon rein äußerlich ihrer Bedeutung angemessen: Es war eine Art riesiger, künstlerisch gestalteter Kopf. Sein Durchmesser betrug mehrere tausend Meter. An seiner Herstellung war Dutzende von Jahren gearbeitet worden.
Er war das Regierungs- und Verwaltungszentrum des dhuul-kyphorischen Reichs. In diesem Zentrum tagte der Kronrat, aus den Abgeordneten der zahllosen Planetenverwaltungen bestehend. Nicht alle Abgeordneten waren immer vor Ort; viele glänzten durch Abwesenheit. Das war normal. Wären alle zusammen in dem Zentrum erschienen, es wäre sehr eng geworden, trotz der enormen Größe. Denn die Größe war vor allem dafür geschaffen, Eindruck zu schinden. Den Eindruck von Überlegenheit und Stolz, von Macht und Wissen, von Prunk und Schönheit. Riesige Hallen mit künstlichen Gärten lieferten einen prachtvollen Hintergrund, wenn der Kronrat tagte und diese Tagungen zu den betroffenen Planeten live übertragen wurden.
Die äußere Form dieser Station im Weltraum hatte auch noch eine andere Bedeutung. Es war der Hinweis auf etwas, das sich im Innern dieser Station befand. Denn der Kronrat war nur ein Teil der Regierung des Bundes.
Der andere Teil war das Gedankenkollektiv im Verbund mit einem riesigen Rechengehirn. Der Rechner beinhaltete in seinen Speichern sämtliche Informationen über das interstellare Reich – zumindest sämtliche wichtig erscheinenden Informationen. Das war eine Datenfülle, die alle terranischen Computer zusammen überfordert hätte. Doch in diesem gewaltigen Zentrum fanden sie Platz und waren abrufbar. Bei dieser Datenfülle ging das trotz der Hochleistungstechnik nicht immer ganz so schnell, wie es nötig gewesen wäre.
Verbunden mit diesem Riesenrechner war das ›Denkernetz‹ oder auch Gehirnkollektiv. Kyphorer waren langlebig, sehr langlebig sogar, doch sie waren nicht unsterblich. Fühlte ein verdienter Politiker des Reichs sein Ende nahen, so wurde sein Gehirn, wenn er und die Berufskollegen von allen Planeten sowie das Denkernetz selbst einverstanden waren, aus dem zerfallenden Körper geborgen und dem Kollektiv hinzugefügt. Die meisten Gehirne waren viele Jahrtausende alt. Aber sie waren immer noch unverbraucht. Es war nie vorgekommen, dass ein Gehirn aus dem Kollektiv entfernt werden musste, weil seine Zellen dem Wahnsinn verfielen.
Dieses ›Denkernetz‹ besaß den Vorzug, stets verfügbar zu sein. Es war die eigentliche Legislative der dhuul-kyphorischen Regierung. Was die Gehirne bestimmten, wurde vom Rat der Völkerkontrolleure und/oder dem Kriegsrat durchgeführt.
Innerhalb aller Gremien des Bundes war Konfrontation höchstens in Form von Debatten erlaubt, bei den Abstimmungen jedoch wurde stets Einstimmigkeit eingefordert. Vor über einhundert Jahren hatte sich im Kriegsrat aber eine kleine Opposition gebildet, die sich seitdem stetig vergrößert hatte. Seit der letzten Sitzung hatte sich ihr politisches Gewicht so verstärkt, dass im Rat eine historische Pattsituation drohte. Vor allem für Rhe-Faro würde diese Balance unangenehm werden, denn dadurch wäre er genötigt, seine entscheidende Stimme in eine der beiden Waagschalen zu werfen.
Rhe-Faros Laune hatte sich während der lautstark und stundenlang geführten Debatte weiter verschlechtert. Er wünschte sich noch sehnlicher, endlich ins Star Gate treten und zu einem Kurzurlaub mit besonderem Service verschwinden zu können.
Er mahnte sich zur Geduld und neigte seinen Kopf leicht dem gerade sprechenden Hauptredner der Konservativen zu, der weit unter ihm saß. Äußerlich gab er sich den Anschein des neutral zuhörenden Vorsitzenden. Innerlich machte er aber diesen vermaledeiten Kar-Nol für seine miese Stimmung verantwortlich, denn dessen ständige Eingaben hatten letztendlich zur Aufnahme dieses leidigen Themas in die Tagesordnung geführt. Sie waren der ›Hebel‹, auf welchen die Opposition seit Langem gelauert hatte.
Das niedrigrangige Kriegsrats-Mitglied Kar-Nol gehörte der traditionellen Fraktion bereits seit seinem ersten Tag in diesem Gremium an. Zurzeit war er Waffenherr im Sektor »Er.Mo.2063>>P-SG487,68«. Die Sektoren wurden nach der Norm des ersten dort installierten Star Gates benannt. Dieses Sternentor war auf einem recht kleinen Himmelskörper errichtet worden. Craahls waren durch ein Star Gate dorthin gelangt, welches die Eingeborenen eines Planeten auf ihrem Trabanten installiert hatten. Den Mond hatten sie ›Mond‹ genannt und ›die Erde‹ nach der Erde, auf der sie gingen.
Primitiver geht es nicht, dachte Rhe-Faro geringschätzig. Und sie werden es bleiben, denn unsere kleine Strafexpedition hat diesem verbotenen Treiben ein schnelles Ende gesetzt!
Rhe-Faro hieb zornig auf das Podium, denn der Geräuschpegel hatte wieder einmal ein erträgliches Maß überschritten.
Mit diesem ›Drecks‹-Planeten also musste er sich herumärgern, ohne darauf vorbereitet zu sein. Jedoch hatte er Kar-Nols Hartnäckigkeit unterschätzt und zudem nicht damit gerechnet, dass die Hardliner-Fraktion ausgerechnet diese Bagatelle als Hebel zum Generalangriff auf den Friedenszustand des Bundes – eines Friedens besonderer Art, nämlich so, wie ihn die Kyphorer verstanden – einzusetzen versuchte.
Auf die neue harte Linie setzten sie, weil ihnen die Jahrtausende lang anhaltende Dominanz des Rats der Völkerkontrolleure missfiel. Eigentlich war dieses Gremium, dessen Mitglieder dunkelgrün gekleidet waren, ihnen gleichgestellt. Beide Räte regierten als ›Linker Arm‹ und ›Rechter Arm‹ den Bund gemeinsam – sie bildeten die Exekutive. Jedoch hatten in Friedenszeiten die Völkerkontrolleure das letzte Wort.
Daher war The-Faro der Vorgesetzte von Kar-Nol und verhinderte auf diese Weise dessen Vernichtungs-Bestrebungen in jenem bereits heimgesuchten Sektor. Als Mitglied des Rats der Völkerkontrolle, des ›Linken Arms‹, gelegen im Stadtpark Nyhona auf der Nordhalbkugel von Kyphor, lag ihm natürlich daran, dessen Interessen zu vertreten und Hilfsvölker zu rekrutieren, statt zuzulassen, dass buchstäblich alles plattgemacht wurde.
Die aufkommende Fraktion war daher bestrebt, diese ewig lange Friedenszeit durch einen bewusst herbeigeführten Krieg zu beenden. Befand sich der Bund erst einmal im Kriegszustand, dominierte folgerichtig ihr Kriegsrat. Sie lehnte daher die Vernichtung der Erde ab, weil deren Einwohner kriegsnützlich seien. Dabei waren jedem von ihnen die Erde und das Schicksal ihrer Einwohner gleichgültig – diese Begründung diente nur als Vorwand. Sie forderten stattdessen, die Rechnung mit einem alten Feind zu begleichen – als echte ›Erben der Dhuuls‹ waren sie für einen generellen Angriff auf die Galaxis der Prupper!
Diesen Angriffskrieg würden sie natürlich durch ihre Hilfsvölker ausführen lassen – sogar die Wesen auf jener Erde wären dafür nützlich. Dass ein Kyphorer höchstpersönlich Krieg geführt oder eine Waffe auf einen Feind gerichtet hatte, war Tausende von Jahre her und seit dem großen Krieg nicht mehr geschehen.
Rhe-Faro befand sich in der Zwickmühle.
Die Faros waren eine der mächtigsten Familiendynastien im Bund, sie trugen ihren Namen sogar nach ihrer Heimatsonne. Sein Clan war stets bestrebt, im Bund höchstmögliche Kontrolle zu erhalten, und befürchtete, diese in einem Krieg verlieren zu können. Daher hatten die Faros dafür gesorgt, dass auch der Kriegsrat
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 16.03.2015
ISBN: 978-3-7368-8382-6
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