Wiege der Erkenntnis
von Wilfried A. Hary:
„Es gibt jedoch Dinge, die man nie erfahren sollte...“
Vor zweitausend Jahren wurde er entdeckt – von Pruppern in der Pruppergalaxis: Der Planet EG-UL-EG. Und er birgt das Erbe der Dhuuls, die weitere dreitausend Jahre zuvor die Galaxis blutig heimgesucht hatten.
Hochrangige Wissenschaftler versuchten, dem Planeten all seine Rätsel zu entreißen, doch sie hatten nur wenig Zeit, denn eine planetare Naturkatastrophe stand kurz bevor.
Weitere sechs Jahre mussten verstreichen, ehe die nächsten wissenschaftlichen Teams es wagen können, den Planeten zu betreten. Es hat sich viel verändert inzwischen auf dieser Welt. Nur die Geheimnisse blieben. Aber um die zu entschlüsseln, dafür sind sie schließlich hergekommen...
DIE HAUPTPERSONEN:
Dr. Eneri Namneits: Prupperische Exobiologin, hellgrau sowohl Haare als auch Haut, groß, schlank, fast hager, umgerechnet zirka 29 Jahre alt. Sie ist die Chefin eines der beiden wissenschaftlichen Teams. Ihre Aufgabe ist es, den sogenannten Erdwurm zu erforschen, was sich als äußerst gefährlich erweist.
Dr. Kirek Dlobos: Ihr erster Assistent, dunkelgraue Haut- und Haarfarbe, wie Granit, einen halben Kopf kleiner als seine Chefin, sehr muskulös und nicht nur für Pruppergeschmack gutaussehend, jedoch heimlich in seine Chefin verliebt.
Dr. Na-wi Vokrescht: Völlig haarlos, immer blass, immer freundlich, aber in Wirklichkeit von finsterer Gesinnung. Er ist mittelgroß und schmächtig und der Chef des zweiten Teams, mit dem Auftrag, die sogenannte Kristallmutter zu finden und zu erforschen, falls sie überhaupt noch existiert nach der Katastrophe.
Dr. Motow Knorban: Sein erster Assistent. Noch dunkler als Dr. Kirek Dlobos, wie Asphalt, ein mächtiger Riese, immer ein finsterer Gesichtsausdruck, wie die Inkarnation des Gespenstes aus dem Urwald, aber von wahrhaft freundlicher Gesinnung.
Dr. Nevs Ekidreek, Sam-hoot Rimidalv und Merak Afatsum: Ein Geologenteam, das offensichtlich mehr ist als das – viel mehr sogar!
Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:
Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld
Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de
Diese Fassung: © 2013 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855
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Lektorat: Werner Schubert
»Die Neuen sind da!«, sagte Dr. Motow Knorban betont brummig und mit finsterer Miene, aber sein Teamchef Dr. Na-wi Vokrescht wusste, dass der schwarzgraue Riese damit nicht zum Ausdruck bringen wollte, wie sehr er etwa die »Neuen« ablehnte. Ganz im Gegenteil: Motow Knorban hatte stets diesen Gesichtsausdruck, in jeder Situation. Selbst wenn es um ein eher freudiges Ereignis ging.
Wahrscheinlich wurde er damit geboren!, dachte Dr. Na-wi Vokrescht respektlos. Er stellte sich unwillkürlich ein kleines Baby vor, unmittelbar nach der Geburt – mit demselben Gesichtsausdruck!
Dr. Vokrescht war in seiner Erscheinung das krasse Gegenteil von Motow Knorban: Während Knorban groß und kräftig war, mit gewaltigen Muskeln, die beängstigend unter dem Hemd zu rollen pflegten, und stets eine Miene zeigte, dass einem angst und bange werden konnte, war Vokrescht nur mittelgroß, sehr schmächtig, sehr blass und trug stets ein freundliches Lächeln zur Schau. Was er wirklich dachte, konnte man nicht einmal in seinen stets heiter blitzenden Augen erkennen. Es gab wohl niemanden, der Vokrescht nicht auf Anhieb äußerst sympathisch fand. Aber es gab auch niemanden, den Vokrescht nicht mit seinem stets freundlich bleibenden Lächeln und heiteren Blick gnadenlos über den Tisch ziehen würde. Und genau das war es vor allem, was ihn am meisten belustigte: Motow Knorban wirkte nur so finster, war aber im Grunde seines Herzens ein wahrer Gemütsmensch, äußerst korrekt, geradezu übersteigert nächstenlieb, während er, der liebe, nette Na-wi Vokrescht, von äußerst finsterer Gesinnung war, von der man allerdings erst etwas bemerkte, wenn es längst zu spät war...
»Na, dann wollen wir sie doch mal begrüßen, nicht wahr?«, lächelte er.
Der sehr dunkelgraue, fast schwarzhäutige Motow Knorban runzelte jetzt die Stirn, und das ließ ihn noch finsterer und abweisender erscheinen.
»Ja!«, grollte er, dass es einem schier die Nackenhaare zu Berge trieb. Seine schwarzgraue Haut glänzte dabei wie nasser Asphalt.
Sein Teamchef lächelte stärker und trat gemeinsam mit Dr. Motow Knorban vor das Haus.
Sie hatten hier ihr Hauptquartier bezogen, am Rand des wissenschaftlichen Dorfes, das ihre Erbauer hochtrabend Wissenschaftsstadt genannt hatten – und sie inzwischen längst »Verlorene Stadt« nannten. Im Nachbargebäude hatte sich das Team um Dr. Eneri Namneits niedergelassen. Es bestand nur aus acht Leuten, von denen sich drei im Gebäude befanden, und vier waren mit Eneri Namneits unterwegs.
Mit den Neuen wird mein Team größer sein, dachte Na-wi Vokrescht flüchtig.
Er mochte Eneri Namneits nicht, weil er sowieso niemanden mochte, außer sich selbst. Aber auch, weil Eneri Namneits so eine Art Konkurrentin für ihn war. Die beiden Teams hatten immerhin die gleichen Auftraggeber, nämlich ein Konsortium mit hochwirtschaftlichen Interessen – um es einmal so zu umschreiben –, an dem zwar auch Prupper beteiligt waren, die öffentliche Ämter bekleideten, aber deren Interessen sich dadurch keineswegs in höherem Maße mit dem sogenannten Allgemeinwohl deckten ... Nun, die gleichen Auftraggeber, aber eben nicht nur einen Chef des Ganzen vor Ort, sondern deren gleich zwei! Nur gut, dass Dr. Eneri Namneits von der insgeheimen Konkurrenz nicht das Geringste ahnte und Na-wi Vokrescht sogar für einen bewundernswerten, extrem sympathischen Prupper und Kollegen hielt ... Gut für Vokrescht, nicht so sehr für die Namneits!
Die Neuen, wie Dr. Motow Knorban sie bezeichnet hatte, waren mit dem STAR GATE gekommen und hatten anschließend einen Fluggleiter benutzt, der unweit des Hauptquartiers der Wissenschaftler gelandet war. Sie stiegen soeben aus.
Na-wi Vokrescht breitete die Arme aus und eilte ihnen entgegen. Er tat so, als würde er auf die Neuankömmlinge geradezu euphorisch reagieren. Natürlich war das nur die übliche Show, wie er sie ganz besonders liebte, um jeden, der ihn noch nicht kannte, von vornherein für sich einzunehmen.
Sie schauten ihn auch prompt erfreut an.
Spontan umarmte er denjenigen, den er als den Anführer der Dreiergruppe ansah. »Willkommen im Team!«
»Äh, willkommen, äh ...«, machte der Mann verdattert. Dann fing er sich: »Nun, ich bin Dr. Nevs Ekidreek. Dies hier ist...«
»Aber ich kenne Sie doch alle drei längst! Ich habe Ihre Bilder gesehen und kenne Ihre Namen.« Das war natürlich übertrieben, denn Na-wi Vokrescht hatte lediglich die persönlichen Daten der drei übermittelt bekommen – ganz ohne Bilder. Und er hatte sich darüber sogar maßlos geärgert, weil das in seinen Augen eine völlig unnötige Panne gewesen war. Als hätte es größere Schwierigkeiten bereitet, neben den Personaldaten auch noch die Bilder der drei mitzutransferieren...
»Nun, dann treten Sie doch näher!«
»Äh, die Geräte, die wir mitgebracht haben ... Ich meine, Ihre Bestellungen...?«
»Ach, darum kümmern sich meine Leute schon.« Vokrescht winkte Motow Knorban knapp zu, damit der das übernahm, und dachte dabei: Dann kann er gleich kontrollieren, ob alles wunschgemäß ist! Wenn die schon nicht in der Lage sind, die Bilder mit den Personaldaten ... Wer weiß, welche Pannen da noch zusätzlich auftreten können? Und ich will endlich vorankommen mit meiner Arbeit! Diese Eneri Namneits läuft mir sonst noch gänzlich den Rang ab.
Er wusste eigentlich nur ziemlich vage, dass die Namneits den Auftrag hatte, die Flora und Fauna des Dschungels näher zu untersuchen. Dabei hatte er sich insgeheim schon gewundert, wieso die acht Wissenschaftler sich vorzugsweise dort aufhielten, wo er das möglicherweise zumindest teilweise künstliche Höhlensystem unter den Schutt- und Geröllbergen wusste (obwohl ja Flar Nesral seinerseits in seinen Berichten die feste Überzeugung vertreten hatte, das Höhlensystem sei gänzlich natürlichen Ursprungs). Zunächst hatte er sogar befürchtet, dass die Namneits sogar den gleichen Auftrag wie er hatte und er daher mit einer gnadenlosen Konkurrenz rechnen musste, aber dann hatte er feststellen können, dass sie sich absolut nicht für das Höhlensystem interessierte. Damit war sein Interesse an ihrer Arbeit erst einmal geschwunden. Zumal sie ihm gegenüber einfach nichts Konkretes sagen wollte und ihrer beider Auftraggeber nach dem Motto handelte: »Die Linke braucht nicht zu wissen, was die Rechte tut!«
Er legte den Arm um die Schulter von Dr. Nevs Ekidreek, der irgendwie eine entfernte Ähnlichkeit mit Eneri Namneits hatte, beinahe wie ihre männliche Ausführung aussah: Er war ebenfalls groß und schlank – fast hager – und außerdem auch noch hellgrau. Sein Haar war allerdings noch viel widerspenstiger als das von Eneri Namneits – wie dicke Steinwolle –, und er wirkte auf Vokrescht weniger selbstbewusst.
Umso besser!, dachte Na-wi Vokrescht respektlos, der längst wusste, dass er den Neuankömmling mitsamt seinem Team so gut wie in der Tasche hatte. Die würden ihm aus der Hand fressen, im wahrsten Sinne des Wortes. Davon war er überzeugt.
Es hätte ihn auch gewundert, wäre es anders gewesen, denn Dr. Na-wi Vokrescht war sehr eingenommen von seiner Person.
So ging er mit Dr. Ekidreek zurück zu seinem Hauptquartier, und ein unbedarfter Beobachter hätte sie glatt für zwei uralte Freunde gehalten und nicht für zwei, die sich gerade mal eine Minute kannten.
Die Wesenheit war aus der zweiten, diesmal um einiges längeren Schwärze erwacht. Ein Zustand des Todes, den sie überwunden hatte, obwohl sie nicht einmal den Begriff des Todes kannte. Die Wesenheit konnte auch nicht wirklich sterben, solange noch winzige Reste von ihr vorhanden waren, die sich irgendwann regenerieren konnten, sobald die Voraussetzungen dafür geschaffen waren.
Ja, dies war nun schon das zweite Erwachen aus der Schwärze!
Die Wesenheit erinnerte sich problemlos an das erste Mal, da der Quasitod sie heimgesucht hatte: Er war ganz plötzlich eingeleitet worden, nach einer geringen Zeit, die seit dem letzten Besuch der Beweglichen verronnen war.
Die Wesenheit hatte dank der Beweglichen sogar so etwas wie einen Zeitbegriff, obwohl Zeit im eigentlichen Sinne des Wortes für sie vorher keinerlei Rolle gespielt hatte. Die Wesenheit war, grob gesagt, immer und würde auch immer sein. Davon war sie auf eine besonders abstrakte Art und Weise überzeugt. Auch wenn sie wusste, dass es in der Realität irgendwann dennoch eine Art Anfang gegeben haben musste. Aber das war so lange her, dass es keinerlei Bedeutung mehr für sie hatte. Deshalb verschwendete sie keinen ihrer kalten, völlig logisch orientierten Gedanken mehr daran. Und auch keines der Gefühle, die sie durchaus von ihrem logischen Denken zu trennen vermochte, da sie noch immer eher dürftig ausgeprägt waren.
Vor allem nicht, nachdem es sich herausgestellt hatte, dass ihre Schöpfer sicherlich nicht wieder zu ihr zurückkehren würden, obwohl genau dies das Einzige gewesen war, worauf sie über all jene Zeiträume hinweg gewartet hatte.
Zunächst hatte es ja durchaus danach ausgesehen, doch der Bewegliche, den sie für ihren
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 15.01.2015
ISBN: 978-3-7368-7167-0
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