Cover

Kapitel 1:

Manche Menschen haben immer Glück. Sie sind beliebt, haben viele Freunde und finden die

Liebe ihres Lebens schon in jungen Jahren. Sie sehen ihr ganzes Leben durch eine schöne rosa Brille. Diese Menschen haben ein perfektes Leben. Sie wachsen ohne Beschwerden auf, verlieben sich in ihren Seelenverwandten im Teenager alter, heiraten jung, bekommen wunderschöne Kinder und besitzen ein riesen Haus mit wunderbarem Garten. Sie leben in ihrer eigenen Welt, von der man behaupten könnte, dass sie aus einem dieser kitschigen Liebesromanen stammt.

 

Andere Menschen hingegen, werden vom Pech verfolgt. Sie wachsen auf ohne jemals das Gefühl von wahrhaftem Glück zu spüren. Diese Menschen leben in einer einzigen dauerhaften Pechsträhne, die bereits bei ihrer Geburt anfängt. In ihrer Welt ist alles düster und sie haben nicht das Glück jemanden fürs Leben zu finden. Diese Menschen greifen oft zu Alkohol oder Schlimmeren. Natürlich gibt es in dieser Welt auch Menschen die sich damit abfinden wie scheiße ihr Leben ist und die versuchen jeden Tag aufs Neue zu überleben.

 

Mein Name ist Rose, der wohl unpassendste Name den mir meine Eltern jemals geben konnten. Bei dem Namen Rose denkt man an wunderschöne Rosen. Sie sind das Zeichen der Liebe. Sie sind ein Klassiker. Jedes Mädchen träumt doch davon von ihrem Prince Charming einen großen Straus schöner und gut riechender roter Rosen zu bekommen. Allerdings haben Rosen genau wie ich eine dunkle Seite. Sie können stechen und die Menschen damit verletzen.

Diese Seite der Rosen passt schon eher zu mir. Ich werde von der Dunkelheit umarmt, der Tod liegt wie ein Jäger in meiner Gegend auf der Lauer nach jenen die mich verurteilen, verletzen oder missbrauchen wollen. Was ja eigentlich ganz gut klingt, jedoch nimmt er sich auch jene die ich liebe und die mir nahe sind, denn auch diese haben die Macht mir weh zu tun.

 

Meine Mutter habe ich nie kennen gelernt, sie starb nach meiner Geburt, als man ihr mich in den Arm gab. Sie starb an zu viel Blutverlust. Sie war die Erste die sich der Sensenmann an meiner Seite genommen hat. Mein Vater hat bis heute ihren Tod noch nicht verkraftet. Er griff zum Alkohol. So richtig nüchtern habe ich ihn noch nie gesehen. Also wurde ich schon nach einigen Monaten von ihm weggebracht. Ich wurde von Pflegefamilie zu Pflegefamilie weitergegeben. Ich war nirgendwo länger als 2 Jahre, denn jedes Mal wenn ich anfing die Pflegefamilie zu mögen, passierte wieder irgendetwas was zum Tod führte. Nach einigen Familien sprach es sich herum, dass es dieses eine Kind gibt das den Teufel mit sich bringt. Jahre lang wollte niemand mich mehr adoptieren. Ich wuchs im Waisenhaus auf. Wurde von allen anderen Kindern gemieden, das Personal wollte mich am liebsten einfach auf die Straße werfen und dort verhungern lassen. Niemand von ihnen sagte es, doch ich bemerkte es in ihren Augen, in den Blicken die sie mir zuwerfen, wenn sie glaubten ich würde es nicht bemerken.

 

In der Schule wurde ich auch immer gemieden und mit bösen Blicken bestraft. Ich hatte nur eine Freundin Elisabeth. Sie war ein Gothic, deshalb war ich für sie auch sehr interessant. Mein Ruf war natürlich auch in meiner Schule bekannt. Alle fürchteten mich. Der Vorteil war, dass mich niemand nervte, ich hatte immer meine Ruhe. Hausaufgaben musste ich auch nie machen, da sogar die Lehrer Angst vor mir hatten.

 

„Ich fasse es nicht Rose!“, Elisabeth war aufgebracht.

„Ja tut mir Leid Lissi, aber ich werde jetzt gleich 20 und das Waisenhaus wollte mich am liebsten schon mit 18 rausschmeißen. Mein Vorteil ist es, dass man mir die Wohnung zur Verfügung stellt bis ich einen Job habe und ich habe meine Ruhe.“

„Aber Rose, dann sind wir getrennt. Ich kann nicht ohne dich sein, hier sind nur Spießer!“, sie scheint wirklich traurig zu sein.

„Aaaw Lissi, ich werde dich auch vermissen, aber du hast wenigstens eine Familie hier die dich liebt. Ich kann schlecht bei meinem Vater einziehen. So versifft wie es bei ihm ist. Aber wir können ja jeden Tag schreiben und telefonieren.“, ich umarme sie.

 

Hatte ich vergessen zu sagen, dass sie komischer weise die Einzige ist die in meiner Umgebung Jahre lang überlebt hat. Keine Ahnung warum, aber ich war genauso froh darüber.

Ich nehme sie noch einmal in den Arm und steige in das Auto.

 

Eine Betreuerin fährt mich in meine neue Wohnung. Ich kann es kaum erwarten, endlich kann ich alleine wohnen. Niemand der mich böse anschaut, wenn ich nach Hause komme und niemand der Zuhause hinter meinem Rücken spricht. Vielleicht kann ich sogar alle meine Dämonen hierlassen und dort neu anfangen. Vielleicht bleibt mein Fluch hier in der Stadt.

 

„Freust du dich schon?“, die Betreuerin versucht eine Unterhaltung zu führen.

„Ja klar. Endlich brauche ich niemanden mehr und niemand ist mehr da um blöd über mich zu sprechen.“, ich spürte das erste Mal einen kleinen Hauch an Freude.

 

Nach einer drei stündigen Fahrt waren wir endlich da. Die neue Stadt ist sehr schön. Es ist eine eher kleinere Stadt die so friedlich aussieht. Es sind viele schöne Familienhäuser hier und die Straßen sehen so gepflegt aus. Wir bleiben vor einem großen Gebäude stehen.

 

„Wir sind da. Vorab möchte ich dir sagen, dass dieses Haus einer Familie gehört. Sie haben unten eine kleine Wohnung die sie sonst immer vermietet haben. Aber seit ihr Ruf ein wenig beschädigt wurde, wegen Sachen die ein wenig illegal waren, haben sie beschlossen etwas Gutes zu tun und einer Jugendlichen die Chance auf ein neues besseres Leben zu geben. Sie haben dich ausgewählt. Sie wollten Jemandem helfen, der die Gesellschaft versucht zu ignorieren und ich habe dich vorgeschlagen. Sie waren sofort von deiner Geschichte begeistert. Sie werden dich empfangen und du bekommst von ihnen wöchentlich genug Geld um zu leben.“, erklärt die nette Dame mir.

 

„Okay ich kann es kaum erwarten.“, ich steige aus dem Auto und gehe sofort zum Kofferraum und nehme meinen Koffer heraus.

 

Ich gehe zur Tür und noch bevor ich klopfen konnte öffnet jemand die Tür.

 

„Guten Tag meine Liebe. Du musst Rose sein. Ich bin Nancy, ich werde dir schnell deine neue Wohnung zeigen.“, sagt die Dame die mir die Tür öffnet.

 

Sie ist etwas kleiner als ich, Mitte 40 und hat braune Haare die langsam aber sicher grau werden. Einige Falten zieren ihr Gesicht, diese versucht sie durch Make-up verschwinden zu lassen, jedoch ohne Erfolg.

 

„Guten Tag, ich möchte ihnen für diese wundervolle Gelegenheit danken.“, ich folge ihr durch die Tür in mein neues Appartement hinein.

 

Kaum zu Tür herein muss ich schon staunen. Schon alleine die Eingangshalle ist verblüffend luxuriös. Von der Decke hängt ein goldener Kronleuchter, auf der linken Seite hängt ein wunderschöner Spiegel, der Rahmen ist goldig und hat die typischen Verschnörkelungen eines Renaissancen Spiegels. Ob das wohl ein echter ist?

 

„Also der Eingang ist sowohl für dich als auch für meine Familie der Gleiche. Hier direkt auf der rechten Seite ist die Tür für deine Wohnung, die da hinten links ist für die Wohnung von mir und meinem Mann und die rechte ist für die Wohnung von meinem Sohn. Eure beiden Zimmer haben zwei Verbindungstüren. Doch keine Angst solange du die Tür auf deiner Seite geschlossen lässt kann er nicht zu dir und umgedreht. Hier sind deine Schlüssel.“, erklärt Nancy mir und überreicht mir 2 Schlüssel.

 

Ich öffne die Tür und trete in meine kleine Wohnung hinein. Ach was sag ich da. Von klein ist hier nicht die Rede, sogar meine Wohnung hat einen kleinen Eingangsflur. Links ist ein Schuhregal mit Mantelaufhänger, danach kommt man ins Wohnzimmer mit offener Küche mit Esstisch. Alles ist sehr modern und luxuriös eingerichtet. Mir fallen fast die Augen bei dieser ganzen Pracht aus.

 

Das Bad ist genauso atemberaubend. Es hat helle Fliesen und eine wunderschöne Badewanne mit Jacuzzi-Funktion. Eine kleine Glasdusche und eine Toilette. Zudem befindet sich über dem Waschbecken ein riesen Spiegel, der im gleichen Style ist wie der im Eingangsbereich und dann erst das Schlafzimmer. Es hat ein riesengroßes Himmelbett, mit bestimmt 100 Kissen drauf. Ein wunderschöner Schrank mit einem Spiegel auf der Tür. Alle Farben sind perfekt aufeinander abgestimmt, sehr hell und einladend. Ich fühle mich hier schon nach einigen Augenblicken mehr Willkommen und Zuhause als in all den anderen Jahren im Waisenhaus oder in den Familien.

 

„Und gefällt es dir Rose? Ich darf ja Rose sagen oder? Ich finde das wir immerhin fast so etwas wie eine Familie sind.“, sie sieht mich fragend an.

 

„Ja gerne Nancy, ich liebe diese tolle Wohnung. Ich hätte nie gedacht, dass mir jemals so etwas Schönes passieren würde.“, ich brach fast in Tränen aus, dieses Gefühl das ich empfinde war so schön. Fühlt sich so Glück an? Habe ich hier vielleicht die Chance glücklich zu sein?

 

Nein! Nein! Nein! Sei vorsichtig der Teufel schlägt sonst wieder zu. Ich wische mir die beiden Tränen die sich den Weg aus meinen Augen bahnen wollten weg. Nancy scheint dies zu bemerken und sagt: „Rose, es ist okay zu weinen, jemanden der so viel durchgemacht hat und der jetzt so eine Chance bekommt… Da darf man weinen. Ich habe mir erlaubt dir schon ein paar neue Kleider zu kaufen. Man hat mir deine Kleidergröße gegeben. Ich hoffe die Sachen gefallen dir. Der Kühlschrank habe ich auch schon gefüllt und auf dem Tisch liegt dein Taschengeld für die kommende Woche. Morgen ist Montag und unserer Fahrer wird dich um zwanzig nach sieben abholen kommen und dich zur Schule fahren. Ich gehe jetzt und lasse dich in Ruhe ankommen.“

 

Sie nimmt mich noch einmal in den Arm und verschwindet aus meiner Wohnung.

 

Nach dieser ganzen Reise gönne ich mir das erste Mal in meinem Leben ein Bad und gehe anschließend schlafen.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.08.2018

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /