Ein paar Worte davor…
Hätte mir damals einer prophezeit, dass ich ausgerechnet auf einer Klassenfahrt mit lauter Zicken mal meine beste Freundin kennenlernen würde, hätte ich ihn höchst wahrscheinlich für verrückt erklärt…Doch manchmal ist es eben tatsächlich gerade so.
Vielleicht kennt ihr das ja, dass man zwar ein paar gute Freundschaften hat, sich aber trotzdem einsam fühlen kann…
Und dann taucht im Leben plötzlich jemand auf, den man anfangs erst gar nicht leiden kann.
Vielleicht ist das aber gerade deshalb so, weil man instinktiv spürt, dass man sich ähnlich ist und die Andere als Rivalen empfindet oder weil sich alles Ähnliche erst einmal abstößt.
Marion war so ein Mensch in meinem Leben und sie wurde letztendlich meine beste Freundin, mit der ich jahrzehntelang Kontakt hielt, sogar heute noch ist es so, wenn wir uns plötzlich über den Weg laufen, als sei die Zeit seit damals stehengeblieben...
Und Marion kam auch genau dann in mein Leben als ich einsam war, auch wenn ich es bisher nicht gewusst hatte, dass all meine anderen Freundschaften bisher nur oberflächlich waren und das Gefühl von Tiefsinnigkeit fehlte.
Dass man eben nur eine Mitläuferin war ohne eigene Persönlichkeit.
Dieses Buch erzählt davon wie ich Marion zum ersten Mal begegnete und wie wir uns auf unserer Abschlussfahrt 1999 anfreundeten und wie sie mich veränderte, so dass ich meinen eigenen Lifestyle fand.
Es sollte eine Freundschaft werden, die ein ganzes Leben lang anhalten sollte und die ich in diesem Buch letztendlich verewigt habe.
Nach dieser Abschlussfahrt war für mich nichts mehr so wie es einmal war…
Und wenn du eines Tages auf so eine Freundschaft triffst, dann rate ich dir sie festzuhalten.
Denn Beziehungen gehen immer wieder auseinander, aber eine gute Freundschaft hält ein ganzes Leben lang und sie wird immer ein Teil von dir bleiben!!!
Zum Andenken an meine beste Freundin Smoe, in diesem Buch Marion genannt, und an einen der allergeilsten Sommer unseres Lebens!!!
Sowie an meine Mama, die immer an mich geglaubt hat und nie daran gezweifelt hat, dass ich meinen Weg machen werden.
Und last but not least an Frau König die mich daran glauben ließ, dass ich eines Tages mein Buch schreiben werde. Ich danke außerdem meinen Eltern dafür, dass sie mir finanziell diese Abschlussfahrt ermöglicht haben!!!
PS: Aufgrund möglicher Zickenalarme habe ich mir erlaubt alle Namen, bis auf meinen Eigenen, in diesem Buch zu verändern.
Ich bitte um Verständnis.
Die bevorstehende Klassenfahrt
Endlich war es soweit: Die Abschlussprüfungen der Mittleren Reife hatten wir hinter uns und vor uns lag eine Abschlussfahrt nach Italien.
Endlich einmal weg von den Eltern und etwas Eigenes Erleben in einem Land, wohin man schon immer mal reisen wollte!
Mein einziges Problem dabei war nur, dass ich erst das letzte Schuljahr wegen schlechter Noten vom Gymnasium auf eine pure Mädchenrealschule gewechselt hatte und es für mich bisher schwer gewesen war, dort neue Freundinnen zu finden.
Denn entweder kannten sich die anderen Mädchen schon sehr lange und man war irgendwie nur das dritte Rad am Wagen oder sie waren furchtbare, oberflächliche Zicken, die ständig nur albern kicherten und neue Opfer suchten, um sich über deren Klamotten lustig zu machen.
Dann gab es da auch noch die Art von Mitschülerinnen, die mich von Anfang an schon deshalb nicht leiden konnten, weil ich bessere Noten als sie hatte. Das war aber keine große Kunst für mich gewesen, da ich viel von dem Stoff, den sie hier erst durchgenommen hatten, schon auf dem Gymnasium gehabt hatte.
Meine größte Feindin in der Klasse war Viktoria, die scheinbar die Klassenbeste gewesen war bevor ich in diese Abschlussklasse kam.
Sie war immer perfekt geschminkt, lackierte Fingernägel und ziemlich arrogant. Und sie hatte es gleich auf mich abgesehen, als ich den ersten Einser in Französisch geschrieben hatte. Seitdem lieferte sie sich ständig mit mir ein Kopf-an-Kopfrennen in punkto Noten und ließ keine Gelegenheit aus, mich fertig zu machen.
Ständig hetzte sie ihre Freundinnen gegen mich auf wegen meiner No-Name Klamotten oder kicherte albern, wenn ich mich gemeldet hatte und eine falsche Antwort gegeben hatte.
So stand ich in den Pausen notgedrungen ständig mit zwei Klassenkameradinnen in der Aula herum, mit denen ich mich zwar langweilte, aber wenigstens nicht ganz allein in dieser Schule war.
Susi war eine von ihnen und sie erzählte ständig kindische Witze, die ich eigentlich gar nicht lustig fand und quatschte dann plötzlich nur über toternstes, wissenschaftliches Zeug, das keine Sau interessierte.
Ihr zuliebe heuchelte ich meistens Interesse vor und lachte künstlich über ihre Witze mit.
Dabei sah ich jedes Mal auf die Schul-Uhr und hoffte, dass die Pause bald zu Ende wäre.
Bea war die andere von den zwei Klassenkameradinnen und Susis beste Freundin. Ich konnte mir auch denken warum…
Sie war nämlich nicht viel anders wie Susi und dazu noch super spießig! Ständig quatschte sie einen damit zu, dass sie nach der Schule Physiotherapeutin werden wollte und was sich gehört. „Du solltest das Papier nicht auf den Boden werfen, sondern in den Abfall, wie sich das gehört!“ sagte sie zu mir, als ich mal unachtsam ein Kaugummipapier auf den Boden fallen gelassen hatte.
Um es klar auszudrücken war sie eine richtige Schleimerin, die sich auch ständig bei den Lehrern einschleimte und dafür sogar Klassenkameradinnen verpetzte, wie beispielsweise in der Toilette heimlich rauchende Mitschülerinnen.
Klar, dass ich mit diesen zwei Mädels im Schlepptau bestimmt erst recht nicht zu den Beliebtesten an dieser Schule gehörte… Aber immerhin war ich dadurch nicht völlig allein.
Hätte ich nicht noch den Kontakt zu meinen ehemaligen Freundinnen vom Gymnasium gehalten und nur diese zwei Tussen auf dieser Schule als einzigen Freundeskreis gehabt, wäre ich wahrscheinlich wirklich verzweifelt!
Jedenfalls stand jetzt die Abschlussfahrt nach Italien bevor und das größte Problem war für mich, dass ich keine Ahnung hatte, mit wem ich ein Zimmer teilen sollte, denn Einzelzimmer gab es leider nicht.
Natürlich meldete sich Viktoria gleich als Erste, als es um die Verteilung der Zimmer ging, und ließ sich gleich ein Viererzimmer mit ihren drei anderen arroganten Freundinnen reservieren.
Dann grinste sie schadenfroh zu mir herüber. Sie wusste nämlich, dass ich wahrscheinlich niemanden hätte, der mit mir ein Zimmer teilen wollte. Doch ich hatte Glück, wenn man das überhaupt so nennen kann, denn nur noch ein Dreierzimmer blieb übrig, als die anderen Klassenkameradinnen sich schon längst für alle Zimmer eingeteilt hatten. Und es ist bestimmt keine große Kunst zu sagen mit wem ich dieses Zimmer teilen sollte: Natürlich mit Bea und Susi!
„Das wird bestimmt lustig mit uns!“ freute sich Susi gleich. Ich seufzte innerlich aber lächelte zu ihr herüber.
Wir erfuhren noch, dass auch die Parallelklasse mit uns mitfahren wird. Ein paar der Mädchen von der Parallelklasse kannte ich schon aus dem Ethikunterricht.
Diese Mädchen waren zwar nicht so zickig wie die in unserer Klasse, aber dort gab es auch ein Mädchen, das ich nicht ausstehen konnte. Sie mich übrigens auch nicht, das merkt man einfach. Wir hatten zwar nie miteinander geredet, aber die Blicke, die wir uns gegenseitig zuwarfen, sprachen Bände!
Sie hieß Marion und hielt sich selbst wohl für die Coolste Frau der Welt! Sie war im Gesicht fast überall gepierct, vor allem an den Lippen, und sie trug ihr Haar ziemlich kurz, so dass sie eher aussah wie ein Typ. Dann trug sie weite Hosen der Marke Fubu, die am Arsch ziemlich weit herunterhingen. Im Ethikunterricht saß sie immer allein an ihrem Tisch, aber in den Pausen sah ich sie immer mit zwei Mädchen herumstehen, von denen die Eine mit ihrem rothaarigen Kamm aussah wie ein Punk und die andere wie eine Hippitussi gekleidet war. Man merkte ihr an, dass sie sich für die Obercoole hielt und nicht nur die anderen, sondern auch mich von oben herab ansah. Wahrscheinlich war ich für sie eher eine langweilige, graue Maus ohne eigenen Stil.
Also würde ich ausgerechnet mit all diesen Tussen nach Italien fahren, wunderbar!
Trotzdem freute ich mich darauf und ließ mir die Laune nicht verderben. „Bringst du uns was Tolles mit?“ fragten mich meine Freundinnen, die ich noch von meiner alten Gymnasiumklasse kannte. „Na klar!“ versprach ich ihnen.
Mit gemischten Gefühlen sah ich dem morgigen Tag entgegen.
„Und pass ja gut auf dich auf!“ nervte mich nun auch noch meine besorgte Mutter ständig.
Wie gut, dass ich endlich mal eine Woche Ruhe von ihr haben werde!
Die lange Busfahrt
Am nächsten Tag war ich ziemlich früh dran und scheinbar die Erste. Also wartete ich an der Bushaltestelle vor unserer Schule, aber nicht sehr lange, denn schon hielt ein Auto vor mir und Bea stieg aus.
„Und, bist schon aufgeregt?“ fragte ich sie. Doch Bea zuckte nur mit ihren Schultern. „Wird schon lustig werden.“ Dann erzählte sie mir wieder von ihrer bevorstehenden Karriere als Physiotherapeutin und ich war echt froh, als dann nach und nach die anderen Schülerinnen ein trödelten, auch Susi, denn sie nahm mir dann Bea ab.
Nachdem die Lehrer dann unser Gepäck verstaut hatten, suchte ich mir im Bus gleich einen Einzelplatz. Als nach einer halben Ewigkeit alle drin saßen, fuhren wir dann endlich los.
Viktoria, die selbstverständlich gleich ganz vorne bei den Lehrern saß, stand mal wieder total im Mittelpunkt und war die Lauteste im Bus. Ständig plauderte sie von irgendwelchen Modezeitschriften oder neuen Klamotten und meinte sogar stolz, dass sie ihre Gitarre dabei hätte und uns allen einmal zeigen wollte, wie gut sie doch singen kann. Ich rollte genervt mit den Augen und sah während der ganzen Fahrt über nur hauptsächlich aus dem Fenster und hing meinen eigenen Gedanken nach.
Hinter mir saßen natürlich gleich wieder Bea und Susi, die mich auch im Bus von Zeit zu Zeit mit irgendwelchen langweiligen Dingen vollquatschen mussten.
„Willst du auch?“ bot mir Bea dann ein paar Kekse an. Das war das einzige Gute daran, dass die beiden hinter mir saßen, denn sie hatten sich mit allen möglichen Süßigkeiten eingedeckt von denen auch ich was abkriegte.
Trotzdem war ich ganz froh darüber, dass sie nach ein paar Stunden müde wurden und beide einschliefen, so hatte ich wenigstens meine Ruhe.
Ich sah mich um. Wo diese Marion wohl saß? Jetzt hatte ich sie entdeckt: Sie saß neben der Punktussi ganz hinten.
Auch das Hippimädchen war nicht weit von ihnen entfernt.
Aber im Gegensatz zu den anderen Mädchen im Bus, verhielten sich die drei ganz ruhig und sahen, so wie ich, auch nur aus dem Fenster.
Ich konnte nicht sagen was es war, aber irgendwas an diesen Frauen faszinierte mich. Sie hoben sich irgendwie von den anderen Mitschülerinnen ab.
Ich fühlte, dass sie und ich eigentlich, bis auf den Klamotten, gar nicht so verschieden waren. Jetzt hatte Marion bemerkt, dass ich neugierig zu ihnen rüber spitzelte und sah mir direkt in die Augen. Schnell guckte ich wieder aus meinem Fenster.
Mittlerweile war es dunkel geworden und der Bus hielt auf einem Parkplatz an um eine Pause zu machen. Fast alle Mädchen stiegen aus, um eine Zigarette zu rauchen. Ein paar Wenige schliefen, auch Bea und Susi und blieben im Bus.
Ich stieg auch aus um mir die Füße zu vertreten. Dabei fiel mir auf, dass neben mir, auch diese Marion und ihre Punkerfreundin zu den wenigen Nichtraucherinnen gehörten. Das faszinierte mich noch mehr, denn ich dachte immer, dass alle Coolen auch rauchen müssten.
Auch Marion war mit ihrer Punkfreundin ausgestiegen um etwas frische Luft zu schnappen. Sie unterhielten sich mit der Hippietussi, die neben ihnen stand und nebenbei lässig rauchte.
Ich bemerkte, dass Marion nachdenklich zu mir rüber blickte. Scheinbar wunderte sie sich, weil sie mich wahrscheinlich für eine Mitläuferin gehalten hatte, dass ich selbst auch nicht rauchte.
„Alle wieder einsteigen, es geht weiter!“ rief nun der Busfahrer uns zu und unsere drei Lehrerinnen, die mitgefahren waren, winkten uns in den Bus zurück.
Als wir wieder alle drin saßen, fuhren wir weiter. Und nach einer Weile schlief auch ich ein.
Unser Dreierzimmer
Als ich wieder aufwachte war es früh morgens und ich erkannte, als ich aus dem Fenster schaute, dass wir schon längst über der italienischen Grenze waren.
Die anderen Schülerinnen waren auch schon alle längst wach und plauderten wild durcheinander.
„Guten Morgen! Na, auch schon wach?“ stellte Bea hinter mir fest. „Wir sind schon fast da!“ meinte Susi aufgeregt. Ich gähnte und mir fiel auf, wie warm es mir langsam wurde in meinem Pulli, da die Sonne schon um diese Zeit heiß herniederschien.
Überall konnte man Eisdielen sehen mit der Aufschrift „Gelatti“ und auf dem sandigen Boden standen Gebäude, wie man sie aus den Monumentalfilmen, wie beispielsweise „Der Gladiator“, kennt. Es war herrlich hier!
Wir fuhren noch eine Zeit lang und erreichten dann Rom.
Ich war froh, dass wir bald ankommen würden, denn ich wollte endlich duschen und mir ein Oberteil anziehen, denn allmählich begann ich zu schwitzen.
Vor einem großen, braunen Gebäude, das eher wie ein Kloster aussah, hielten wir dann an. Jetzt kam eine Durchsage vom Busfahrer: „So, meine Damen, wir haben es nun geschafft. Bitte alle aussteigen und einen wunderschönen Aufenthalt!“ „Und nicht drängeln, bitte!“ ergänzte Frau Bachmann, eine unserer Lehrerinnen.
Draußen luden die Lehrerinnen dann unsere Gepäckstücke aus, was ganz schön dauerte. Ich streckte mich und fand es echt schön hier, vor allem das Wetter war eine Wohltat, nach all den verregneten Tagen, die wir letzte Woche in Deutschland gehabt hatten. „Ich bin schon gespannt auf unser Zimmer!“ meinte Bea zu Susi und mir. Ach ja, das Zimmer… Hätte ich fast vergessen! Das wird wohl was werden mit den beiden! dachte ich mir. Besonders scharf war ich zwar darauf nicht, aber ich wollte mich immerhin endlich umziehen. Dann gingen wir endlich in das braune Gebäude, das tatsächlich ein Kloster zu sein schien!
Denn überall sah man Nonnen eilig herumlaufen und auch an der Rezeption saß eine Nonne, die uns in Empfang nahm. „Na, das kann ja heiter werden! Auch noch so religiöse Tanten…“ seufzte Marion, die mit ihren Mädels plötzlich dicht hinter mir stand.
Wir hatten uns alle in der Aula versammelt und nach und nach checkte jede Gruppe in ihr Zimmer ein. „Euer Zimmer ist im dritten Stock, dort bei den Treppen geht es hoch!“ wies uns Frau Mueller, auch eine von den Lehrerinnen die mitgefahren waren, an und übergab Susi den Zimmerschlüssel. „Also, auf!“ sagte Susi zu Bea und die beiden hauten sofort ab, ohne auf mich zu warten. Aber das wunderte mich nicht groß, schließlich waren sie ja beste Freundinnen und hatten ja nur notgedrungen das Dreierzimmer mit mir gekriegt, weil es kein anderes mehr gegeben hatte.
Ich nahm meinen Koffer und kam ihnen langsam hinterher. Obwohl ich mich auf diese Woche freute, vermisste ich insgeheim meine Freundinnen zu Hause. Aber ich wollte das Beste daraus machen, schließlich kam ich ja nicht alle Tage mal woanders hin.
Als ich die Treppen hinaufstieg ging hinter mir auch Marion mit ihren zwei Freundinnen nach oben. Zufällig hatten sie das gleiche Stockwerk bekommen und ihr Zimmer war gleich neben unserem!
Als ich in das Zimmer kam, hatten Bea und Susi schon zwei der drei Betten für sich reserviert. Nämlich genau die zwei Betten vor dem Balkon!
Für mich blieb also nur noch das Bett und der Schrank neben der Tür übrig, was ich echt schade fand, denn ich hätte auch gerne aus dem Fenster geschaut beim Einschlafen...
Während Susi und Bea sich dann ins Badezimmer verkrochen, um sich umzuziehen, stellte ich erst mal meinen Koffer ab und ging auf unseren Balkon, um den Ausblick über Rom zu bewundern. Als ich auf dem Balkon stand fiel mir auf, wie eng die Balkone der Zimmer doch nebeneinander lagen. Wenn man genug Mut hätte, könnte man locker über den Balkon zum Nachbarbalkon klettern.
Neben mir auf dem Nachbarbalkon stand Marion. Als sie mich sah, nickte sie kurz zu mir rüber. „Dann sind wir jetzt wohl Nachbarn.“ stellte sie lächelnd fest. Auf einmal fand ich sie gar nicht mehr so überheblich, sie schien sogar recht okay zu sein. „Ja,“ antwortete ich lachend, „auf eine gute Nachbarschaft!“ Sie lachte sogar auch darüber, ging dann aber wieder in ihr Zimmer.
„Hey, beeil dich doch! Hast du es denn nicht mitgekriegt?“ Bea stand jetzt plötzlich neben mir auf unserem Balkon. Ich sah sie fragend an. Jetzt kam auch Susi. „Na, dass wir uns in einer Viertelstunde alle wieder unten in der Aula treffen sollen!“ meinte Susi. Das hatte ich wirklich nicht mitgekriegt. Also beeilte ich mich und stellte meinen Koffer erst einmal in den Schrank, nachdem ich mir ein frisches Oberteil und mein Duschgel herausgenommen hatte. Schließlich konnte ich meine Wäsche ja auch später noch sortiert in den Schrank räumen. Es war mal wieder typisch: Während ich mich kurz duschte und mich umzog, waren Bea und Susi schon wieder verschwunden ohne auf mich zu warten. Aber das war mir auch recht! So konnte ich mir Zeit lassen ohne von den beiden gedrängt zu werden.
Den Zimmerschlüssel hatten sie wenigstens im Schloss stecken lassen, so dass ich dann als Letzte unser Zimmer absperrte und mit dem Schlüssel wieder nach unten ging.
Ein wunderschöner Ausblick
Als ich unten ankam, waren schon alle versammelt und schienen nur noch auf mich zu warten. Bea und Susi winkten mich eilig zu sich rüber, als sie mich sahen. „Na, endlich!“ meinte Susi nervös. „Ich habe den Schlüssel, wollt ihr ihn?“ fragte ich die beiden, doch Susi winkte ab. „Ist doch völlig egal. Wichtig ist ja nur, dass eine von uns ihn hat, ich schlage vor, immer die Letzte am besten!“ Doch Bea mischte sich ein.
„Ich fände es besser, wenn ich ihn habe. Weil ich immer pünktlich bin und damit gibt es auch keine Probleme.“
Also gab ich ihr den Schlüssel, denn sie war schließlich die Spießigste von uns und absolut zuverlässig. Ich war damit einverstanden. Außerdem könnte man dann mir nicht die Schuld geben, wenn wir ihn verlieren sollten. Immer noch warteten die Lehrer auf jemanden. „Wer sollte denn jetzt noch fehlen? Martina ist doch nun da.“ wollte Susi neugierig wissen, als sie auf mich zeigte.
Jetzt sahen wir Marion die Treppe hinunterschlendern. „Die hat vielleicht Nerven!“ beklagte sich Bea genervt. Auch die Lehrerinnen waren alles andere als erfreut, dass Marion endlich dazu trödelte. „Jetzt aber mal schnell, junge Dame, wir warten auf Sie schon ziemlich lange!“ empörte sich Frau Bachmann.
Doch Marion schien sich überhaupt nicht von ihr und den anderen stressen zu lassen und ich musste plötzlich kichern, weil ich es lustig fand. Ich bewunderte sie sogar dafür, dass sie auch jetzt noch so cool blieb und ihr scheinbar egal war, was die anderen von ihr hielten.
Ich hatte auch eher das Gefühl, dass Marion sich jetzt erst recht Zeit ließ beim Gehen!
So was würde ich mich niemals trauen! Ich hätte wahrscheinlich schon Schuldgefühle gehabt gegenüber den anderen und kaum gewagt mehr einen direkt anzuschauen! Als Marion nun gemütlich zur Gruppe rüber lief, schaute sie Frau Bachmann direkt an. „Und wie geht es jetzt weiter?“ fragte sie gelangweilt. Ich konnte mich nicht mehr halten und prustete los, beruhigte mich aber schnell wieder, weil ich von ein paar Mädchen, auch von Bea und Susi, böse Blicke erntete. Doch Marion fand diese Sache auch ziemlich witzig und zwinkerte mir schmunzelnd zu. Seit diesem Moment konnte ich sie furchtbar gut leiden und ich denke, sie mich auch…
Wir folgten dann alle unseren Lehrerinnen in den Speisesaal, der sich gleich neben der Aula befand.
Dort hatten die Nonnen schon für uns gedeckt und ich saß mich an denselben Tisch, wo auch Bea und Susi saßen.
Bei uns waren noch einige Plätze frei und ich sah, wie sich Marion mit ihren zwei Freundinnen suchend nach einem Platz umsah. Als sie mich entdeckte winkte sie ihre beiden Freundinnen zu uns herüber und so saßen sie uns jetzt genau gegenüber. Ich freute mich, dass sie sich zu uns gesetzt hatten, nur Bea und Susi schienen damit nicht ganz einverstanden zu sein. „Ausgerechnet die!“ seufzte Bea in mein Ohr und Susi verdrehte die Augen.
„Ich möchte“, klatschte nun Frau Müller, dass wir leise sein sollten um zuzuhören, „dass ihr euch alle merkt, wo ihr jetzt sitzt. Dann schreibe ich jetzt die Sitzordnung auch so auf!“ „Das auch noch! Na super, jetzt dürfen wir die ganze Woche mit denen hier sitzen!“ raunte Bea genervt. Aber mich störte das absolut nicht.
Dann kamen ein paar Nonnen mit den Essenswägen herein und es schien wirklich mein Glückstag zu sein! Denn es gab panierte Schnitzel mit Pommes, und das in Italien! Und als Nachtisch gab es sogar Vanillepudding.
Als wir gegessen hatten und die Nonnen wieder die Tische abräumten, wiesen uns Frau Bachmann und Frau Müller an, dass wir noch an unseren Tischen sitzen bleiben sollten.
Sie teilten nun Heftchen aus mit dem nötigsten italienischen Vokabular und den gängigsten italienischen Redewendungen. „Am besten habt ihr das Heftchen immer bei euch, wenn ihr unterwegs seid! Dann werdet ihr euch gut zu Recht finden.“ schlugen die Lehrerinnen vor. Auch ein Stadtplan, auf dem unsere Unterkunft angekreuzt war, war auf der Rückseite zu sehen. So konnte man sich nicht verlaufen.
Dann wurden wir wieder vom Zuhören entlassen und hatten eine Stunde Zeit für uns, bevor wir uns wieder in der Aula versammeln sollten. „Und denkt an festes Schuhwerk!“ riet uns Frau Bachmann noch.
Bea und Susi gingen in unser Zimmer zurück und ich entschloss mich noch dazu mich in diesem Gebäude etwas umzugucken. Es gab einen großen Garten mit ein paar Palmen und Rosen, den ich sofort fotografieren musste. Und es gab noch eine geheimnisvolle Treppe, die in den Keller führte… Aber dort ging ich nicht runter, denn eine Nonne gab mir zu verstehen, dass es untersagt sei. Also stieg ich die Stockwerk-Treppen ganz nach oben und entdeckte eine wunderschöne Terrasse. Auf der konnte man über ganz Rom schauen, es war herrlich! Dort saßen auch ein paar Mädchen, die ich noch nicht kannte aus der Parallelklasse auf dem Boden und rauchten Zigaretten.
Ich fotografierte noch den Ausblick von oben und machte mich dann auf den Weg zurück ins Zimmer, um noch meinen Koffer auszupacken und mir feste Sandalen anzuziehen.
„Hast dich umgeschaut?“ wollte Susi wissen, als ich ins Zimmer kam. Sie saß mit Bea auf dem Bett und aßen beide Süßigkeiten. Ich erzählte ihnen von der Terrasse oben. „Wow, das muss ich mir unbedingt auch ansehen!“ staunte Susi. Und sie ging mit Bea aus dem Zimmer. Ich war ganz froh meine Ruhe zu haben und sortierte noch meine Wäsche in den Schrank. Dann war es auch schon so weit, dass wir wieder zur Aula mussten. Da Bea und Susi nicht mehr zurückgekommen waren, ging ich davon aus, dass sie schon unten waren. Also sperrte ich wieder das Zimmer ab und nahm den Zimmerschlüssel mit. Als ich herunterkam waren schon alle versammelt, sogar Marion war diesmal pünktlich.
Ich gab Bea den Schlüssel und wir warteten dann auf unsere Lehrerinnen.
Fontana di Trevi
Als Frau Bachmann, Frau Müller und noch die zwei weiteren Lehrerinnen der Parallelklasse eingetroffen waren, starteten wir einen Ausflug um die Stadt besser kennenzulernen.
Dabei fielen mir unterwegs die vielen, kleinen Brunnen auf den Straßen auf, wo man sich immer wieder seine Wasserflasche mit Trinkwasser auffüllen konnte. Das war ziemlich praktisch, denn wir alle hatten immer wieder viel Durst weil das Wetter hier ganz schön heiß war und vor allem konnte man sich das Taschengeld für andere Dinge sparen.
Meine Eltern verdienten nämlich nicht so gut wie die Eltern meiner Klassenkameradinnen und hatten mir daher nur ein kleines Taschengeld mitgegeben, das nicht nur für Souvenirs reichen musste, sondern auch für ein paar Leckereien, die man sich einfach gönnen muss und die hier an jeder Straßenecke angeboten wurden.
Wir besichtigten ein Museum, das viel über die Geschichte von Rom zeigte und die Spanische Treppe, die nicht sehr weit von unserer Unterkunft entfernt war. Ich war ganz fasziniert von dieser berühmten Treppe, die weltweit bekannt für ihre Modenschauen war. Und glücklicherweise wurde auch gerade eine Modenschau abgehalten, als wir genau davor standen: Staunend und mit offenem Mund guckten wir alle dabei zu, wie wunderschöne Models mit langem Haar und toller Figur wie Prinzessinnen elegant in den wunderschönsten Kleidern und mit den edelsten Schuhen die Treppe hinunter stolzierten, begleitet von einer fetzigen Hintergrundmusik… Die Passanten klatschten immer wieder dabei und ich bekam mit, wie einige unserer Mitschülerinnen unbedingt den Entschluss fassten shoppen zu gehen, sobald wir wieder freie Zeit hätten. Nur Marion und ihre Punkerfreundin schienen sich dabei zu langweilen, denn sie hatten ja ihren ganz eigenen Stil in punkto Mode und ich sah, wie sie sich heimlich von unserer Gruppe davon stielten.
„So Leute, weiter geht es!“ klatschten die Lehrerinnen, nachdem wir schon eine Weile vor der Spanischen Treppe gestanden waren. „Ich habe gehört, dass wir jetzt zum Fontana di Trevi fahren!“ meinte Bea zu mir, die mal wieder mit Susi neben mir stand. Jetzt beobachtete ich wie Marion und ihre Freundin wieder zurück kamen, jede von den beiden hatte eine Papiertüte vom „MC Würg“ in der Hand, denn es gab auch hier einen MC Donald’s in der Nähe.
„Das ist ja wohl nicht euer Ernst!“ schimpfte Frau Bachmann, als sie die beiden damit sah und auch die anderen Lehrerinnen schüttelten empört den Kopf. „Die nehmen sich aber echt was raus!“ flüsterte mir Susi ins Ohr.
„Ihr könnt doch nicht einfach abhauen! Für solche Sachen habt ihr eure freie Zeit, aber als Gruppe müssen wir doch zusammen bleiben! Stellt euch vor, wir wären weitergegangen und hätten gar nicht bemerkt, dass ihr fehlt!“ meinte Frau Müller laut. Die anderen Mädchen kicherten. „Ist ja gut, sorry!“ meinte Marion nur kurz dazu und seufzte gelangweilt. „Kommt nicht wieder vor!“ sagte nun auch die Punktussi. Als wir weiter gingen hörte ich noch wie Marion angepisst stöhnte. „Als ob wir noch kleine Kinder wären!“
Sie tat mir irgendwie Leid, denn ich sah, wie sehr sie sich damit quälte brav hinter den Lehrerinnen herzulaufen. „Ich frag mich, warum die überhaupt mitgefahren sind!“ stöhnte Bea schon wieder. „In einer Gruppe gibt es nun mal Regeln!“
Sie nervte mich, immer dieses spießige „Was sich gehört“-Gehabe! Seit ich in dieser Mädchenschule war fehlten mir sowieso die Jungs, die immer etwas Mist machen und Blödsinn im Kopf hatten, worüber man dann lachen hätte konnte. Ich fand es spitze, dass wenigstens Marion und ihre Freundin das wieder wettmachten und so etwas Abwechslung und Spannung reinbrachten!
Wir fuhren mit der U-Bahn, die schon ein ganz eigenes Erlebnis war: Denn die ganzen drei Stationen über, welche wir zum Fontana di Trevi fuhren, hatten wir gute Unterhaltung von Künstlern und Straßenmusikanten, die einfach mit uns mitfuhren. Wir mussten alle lachen, weil sie sogar in der U-Bahn ihre Geigen und Gitarren auspackten und weitersangen. Einer von ihnen, der direkt neben mir stand, lächelte mir vergnügt zu, als ich lachen musste und hielt mir seinen Hut hin. „Ciao Bella!“ rief er dann laut und ich warf ihm ein paar Lire in den Hut. Dankend nahm er die Münzen aus seinem Hut und grüßte mich mit dem Hut auf seinem Kopf. Auch sie stiegen an der Haltestelle des Fontana di Trevi aus.
Dann versammelten wir uns alle nach dem Aussteigen an einen Fleck und die Lehrerinnen zählten uns alle durch, bis wir zum Brunnen weitergingen. Dort ließen wir uns nieder und genossen erst einmal den Anblick. In dem Brunnen waren schon sehr viele Münzen, die durch das Wasser glitzerten. „Die Legende besagt ja, dass man wieder hierher zurück kommt, wenn man eine Münze in den Brunnen wirft!“ erzählte Bea und warf gleich eine Münze rein. Aber nicht nur sie, die anderen Mädchen auch. Und ich rechnete insgeheim, wie reich man wohl werden könnte, wenn man täglich all die Münzen, die hier drin lagen, herausholen würde... Aber auch ich warf eine Münze rein, obwohl ich sparen musste und eigentlich für solche Sachen nicht wirklich Geld übrig hatte.
Ich fand es cool daran zu glauben, dass ich vielleicht eines Tages, wenn ich mal alt und grau sein werde, wieder davor stehen könnte und an diese Abschlussfahrt denken würde…
Wir blieben dort so etwa zwanzig Minuten und fuhren dann wieder zurück in das Kloster.
Die restliche Zeit bis zum Abendessen hatten wir dann frei und jede konnte auf eigene Faust die Stadt erkunden. Also schloss ich mich notgedrungen Bea und Susi an, da ich nicht allein sein wollte und wir spazierten wieder zur Spanischen Treppe, die ja ganz in der Nähe war. Unterwegs gingen wir in mehrere Läden und schauten Klamotten an, die leider, auch wenn sie hier billiger waren als in Deutschland, trotzdem für mich noch zu teuer waren. Doch Bea und Susi kauften sich gleich jede zwei Oberteile und einen Minirock dazu, den ich auch gern gehabt hätte. Und ich nahm mir insgeheim vor, dass ich unbedingt mit meinen Freundinnen shoppen gehen muss sobald ich wieder etwas Geld hätte, wahrscheinlich werde ich mir in den Ferien einen Job als Aushilfe suchen.
Als ich vor dem Laden stand und auf die beiden wartete, die an der Kasse anstanden, kam eine Italienerin auf mich zu. „Una Sigaretta, per favore?“ fragte sie mich. Scheinbar hielt sie mich auch für eine Italienerin, da ich von Natur aus etwas dunkler war weil mein Vater aus Indien kam. Ich konnte zwar kein Italienisch, aber es war nicht sehr schwer zu checken, dass sie gerne eine Zigarette von mir wollte, weil sie auch die entsprechende Handbewegung dazu unmissverständlich machte. Ich schüttelte freundlich lächelnd den Kopf und gab ihr mit Körpersprache zu verstehen, dass ich nicht rauche. Ob sie es kapiert hat, wusste ich nicht ganz, aber sie ging dann weiter und schien mir etwas beleidigt nachzugucken. Jetzt kamen Bea und Susi wieder aus dem Laden und wir machten uns alle auf den Weg zurück zur Unterkunft, denn es war Abendessenzeit.
Als wir dann auf unserem Platz im Speisesaal saßen, sprach mich Marion zum ersten Mal an: „Und, was habt ihr so gemacht in der freien Zeit?“ „Wir haben uns ein paar Klamottenläden angeguckt.“ antwortete ich.
„Das muss ich auch noch! Ich brauche mal wieder ein paar neue Röcke.“ meinte die Hippietussi dazu. „Wir haben eine coole Pizzeria entdeckt, gleich hier um die Ecke! Die backen echt geile Pizzen, Mann!“ erzählte Marion. „Wow, da muss ich unbedingt auch hin!“ sagte ich. „Wenn du willst, kannst du ja morgen mitkommen, wir wollen da auch noch mal hin!“ meinte Marion zu mir. Ich freute mich riesig darüber! Vielleicht konnte ich mich ja mit dieser Mädchenclique anfreunden und musste mich dann nicht mehr länger mit Bea und Susi langweilen! Ich erfuhr auch, dass die Punktussi Hanna hieß und die Hippitussi Claudia.
Nach dem Essen wurde uns gesagt, dass um zwölf Uhr Nachtruhe angesagt sei und wir uns nach zehn Uhr ruhig verhalten sollten und nicht mehr auf den Gängen zu sein hatten, sondern in den Zimmern. „Wie im Kindergarten.“ grinste Marion und zwinkerte mir zu. Ich lächelte zurück. Als ich ins Zimmer ging lagen Susi und Bea schon längst schlafend in den Betten und auch ich legte mich gleich schlafen, denn ich war noch immer ziemlich müde von der langen Anfahrt und dem Ausflug heute. Von den Nebenzimmern konnte man über den Balkon noch Musik und das Gekicher der anderen hören. Es dauerte aber nicht allzu lange, dass ich eingeschlafen war.
Pizzeria und Rezeptionsverarsche
Am nächsten Morgen schien die Sonne direkt in unser Zimmer herein und genau in mein Gesicht, so dass ich von selbst wach wurde und der Wecker noch nicht mal geklingelt hatte. Es war ganz anders als in Deutschland wo man sich meistens erst einmal aus dem Bett quälen muss in der Früh. Hier war man irgendwie gleich fit, was sicherlich an dem angenehmen Wetter lag…
Ich stand auf und zog mich an. Bea und Susi waren scheinbar schon längst aufgestanden, da sie nicht mehr im Zimmer waren. Ich sperrte ab und ging dann gleich zum Speisesaal runter, wo die meisten schon zum Frühstück versammelt waren.
Neben Bea und Susi saßen auch schon Marion und ihre Clique an unserem Tisch. Nach und nach trödelten noch die anderen Schülerinnen ein, sowie die Lehrerinnen.
„Guten Morgen!“ begrüßten mich Bea und Susi, die schon ihren Kaffee tranken. Marion und ihre Mädels schienen noch nicht ganz fit zu sein und schwiegen gähnend. Während wir frühstückten begann Frau Bachmann zu reden. „Nach dem Frühstück habt ihr noch etwas Zeit für euch…Wir treffen uns in genau zwei Stunden wieder in der Aula, also entfernt euch nicht allzu weit von der Unterkunft!“ „Mann, die nerven einen vielleicht schon wieder in der Früh!“ maulte Marion und schüttelte dabei den Kopf. Dann schaute sie zu mir herüber. „Wir gehen nachher noch zu dieser Pizzeria ums Eck und packen uns Eine als Proviant für später ein. Hast Bock mitzukommen?“ „Klar, gern.“ meinte ich. Die anderen zwei Freundinnen von Marion nickten mir zu. Bea und Susi sahen sich komisch an und dann zu mir. Scheinbar fragten sie sich warum ich lieber was mit denen machen wollte als mit ihnen, aber sie sagten nichts dazu.
Ich ging nach dem Frühstück wieder ins Zimmer, um mir noch die Zähne zu putzen und klopfte dann im Nachbarzimmer an. „Komm rein!“ hörte ich Marion von drinnen rufen. Als ich hereinkam stand Marion verzweifelt vor dem Spiegel und hatte keine Ahnung was sie mit ihren Haaren machen sollte. „Wo sind denn Hanna und Claudia?“ fragte ich, als mir auffiel dass sie allein im Zimmer war. „Die sind schon vorgegangen! Mann, diese scheiß Haare!“ Ich musste grinsen. „Ist doch gut so, was hast du nur?“ meinte ich. Ich hatte sowieso keine Idee was ich ihr dazu raten könnte, denn so kurz wie ihre Haare waren konnte man sie ja nur noch toupieren, was sie dann auch tat. „Diese blöde Friseuse hat das völlig falsch gemacht! Zu der gehe ich nicht mehr!“ schimpfte Marion. Ich wollte gerade etwas sagen, als sie mich anzischte. „Mann, halt doch mal die Klappe, ich hab hier echt ein Problem!“ „Is ja gut!“ meinte ich erschrocken. Marion schien ein echter Morgenmuffel zu sein. „Sorry, aber ich bin jetzt wirklich nicht gut drauf!“ meinte sie dann versöhnlich. „Hast du die gemalt?“ lenkte ich ab, als ich ein selbstgezeichnetes Comicbuch auf ihrem Bett entdeckte. Sie nickte. „Ja“, sagte sie und lachte dabei, „dass sind alles Erlebnisse die ich festgehalten habe und mit Hanna erlebt habe. Lies dir mal die Seite mit dem komischen Typen durch, den wir auf dem Berliner Hauptbahnhof getroffen haben!“ Ich blätterte das Buch kurz durch und musste über manche der Personen darin ziemlich lachen. So was Komisches hatte ich noch nie gelesen! Marion schien es zu gefallen, dass ich ihre Comics witzig fand, denn sie gesellte sich gleich zu mir und zeigte mir noch die eine oder andere Geschichte. „Fährst du oft in andere Städte?“ wollte ich wissen. Ich selbst bin bisher kaum allein weiter aus meiner Heimatstadt hinausgekommen als in ein paar Nebenstädte, weil meine Eltern mir so weite Strecken in fremde Städte zu fahren gar nicht erlaubt hätten. „Na klar, “ meinte Marion, „zu Hause versauert man doch nur! Und die Lehrer hier tun so, als könnte man nicht allein über die Straße gehen. Als ob wir kleine Kinder wären!“ „Find ich cool, dass du so viel erlebt hast!“ meinte ich anerkennend. „Und was machst du so Hobby mässig?“ fragte sie mich. „Naja, ich schreibe Gedichte!“ sagte ich und fand es spannend darüber zu reden, denn das hatte ich eigentlich noch keinem erzählt. „Cool, texten tu ich auch gern!“ meinte sie. „Und was für Musik hörst du so?“ wollte sie wissen. Ich erzählte ihr dass ich gerne die Charts anhöre und ein paar alte Songs von den Siebzigern. „Aha.“ meinte sie dazu nur. „Und du? Was hörst du so?“ Sie sah mich etwas mitleidig an, als hätte ich ihr die dümmste Frage gestellt die man ihr hätte stellen können. „Na Hiphop, ist doch klar!“ meinte sie und zuckte mit ihren Achseln. „Oder glaubst du etwa ich laufe umsonst mit Baggies herum?“ Als ich sie etwas verwirrt anschaute, meinte sie: „Na Baggies eben, diese weiten Hosen hier!“ „Ach so…“ Sie schüttelte empört den Kopf. „Na ja, wir sollten mal los, wenn wir noch zur Pizzeria wollen, weil sonst kriegen die Lehrer ja nen Kreislaufkollaps, wenn wir nicht pünktlich wieder antreten!“ meinte sie dann.
Die Pizzeria war wirklich nicht weit von der Unterkunft entfernt. Es war eine kleine Nebendiele die man leicht hätte übersehen können, wenn Marion sie nicht vorher entdeckt hätte. „Na endlich, Mann!“ rief Hanna, als wir eintraten. Sie saß neben Claudia an einem der vielen Tische und sie warteten auf ihre Pizzen. „Una Pizza per favore!“ bestellte Marion und sah nebenbei auf das Heft mit den Redewendungen, das wir von den Lehrern bekommen hatten. Hanna und Claudia kicherten. „So ganz richtig klingt das zwar nicht, aber ich glaube der Typ hat dich schon verstanden!“ „Ich auch, ähm, anche a me!“ las ich nun auch aus meinem Heft vor. Der Italiener sah uns etwas seltsam an und lächelte dann. Er kam dann wieder mit zwei Pizzen, die wir uns mithilfe einiger dramatischer Handbewegungen einpacken ließen. „Bis der mal was kapiert kann man verhungern!“ meinte Marion. Wir nahmen dann unsere Pizzen und machten uns alle vier wieder auf den Weg zurück. Gerade noch rechtzeitig, denn als wir eintrafen, wartete man schon auf uns. „Also, dann wollen wir mal losgehen!“ meinte Frau Müller. Jetzt quatschten Susi und Bea mich wieder zu und Marion und ihre Freundinnen waren wieder für sich irgendwo vorne in der Gruppe. Ich wäre viel lieber mit ihnen mitgelaufen! Aber sie schienen unnahbar zu sein. „Für was braucht man denn eine Pizza, wenn man hier sowieso zu Essen kriegt!“ meinte Bea zu mir. „Aber das hier ist die beste Pizzeria Roms, habe ich gehört!“ verteidigte ich mich genervt. Was geht es sie überhaupt an was ich mit meinem Geld mache!
Als wir an einem Brunnen eine Pause machten, packte Viktoria doch tatsächlich ihre Gitarre aus und gab ein paar Lieder zum Besten. „Schön kannst du singen!“ staunten die Lehrerinnen und die anderen Mitschülerinnen klatschten. Mir drehte sich jedoch der Magen um, denn das, was Viktoria von sich gab, konnte man wirklich nicht mehr als singen bezeichnen… Dauernd vergriff sie sich im Ton und an manchen Stellen kreischte sie sogar. Marion stand plötzlich neben mir. „Heftig, was die sich traut!“ flüsterte sie mir zu und grinste. „Ich kann sie sowieso nicht leiden!“ meinte ich. „Dann sind wir schon mal zwei!“ sagte Marion und lachte. Dann gingen wir alle endlich weiter zum Kolosseum. Dort hatte sich ein junger Italiener in eine blonde Mitschülerin verguckt und er lief unserer Gruppe verzweifelt die ganze Zeit über hinterher und brüllte immer wieder „Ciao Bella!“ worüber wir alle heftig lachen mussten. Los kriegten wir diesen Kerl erst, als wir das Kolosseum wieder verließen und er scheinbar keine Lust mehr hatte ausgelacht zu werden. Vor dem Kolosseum kaufte ich noch ein Bild vom Kolosseum, das einer der vielen Straßenkünstler gezeichnet hatte und das ich sehr schön fand. Nach dem Ausflug ging es wieder zurück zur Unterkunft, wo wir zu Mittag aßen. Danach hatten wir wieder freie Zeit und Marion fragte mich, ob ich nicht Lust hätte mit auf ihr Zimmer zu kommen. Dort alberten wir mit Hanna und Claudia herum und kamen auf allerlei lustigen Mist! „Jetzt rufen wir mal die Rezeption an und verarschen ein paar der Nonnen!“ schlug Marion vor. Sie wählte die Nummer der Rezeption und hielt sich ein Taschentuch vor den Mund und versuchte ihre Stimme tiefer klingen zu lassen. Mit gebrochenem Italienisch bestellte sie alles Mögliche und schickte die Nonnen auf verschiedene Zimmer. Wir brachen alle fast ab vor Lachen! Als ich wieder in mein Zimmer ging bekam ich mit, wie empört Bea und Susi waren. „Stell dir vor, Maria, andauernd hat irgendeine Nonne bei uns geklopft und uns gefragt, was wir wollen!“ erzählte Susi genervt. „Ich glaube, dass sich jemand hier einen echt albernen Scherz erlaubt hat! So was Kindisches!“ schimpfte Bea. Ich tat ganz betroffen. „Nein, so etwas auch! Leute gibt’s!“ sagte ich und musste mir das Kichern verkneifen. Als wir beim Abendessen im Speisesaal saßen, begannen unsere Lehrerinnen zu schimpfen, es ging immer noch um unsere Verarsche. „Und wenn sich jemand wieder so etwas erlaubt, dann werden wir das nicht mehr so hinnehmen! Wer auch immer das von euch war, das ist eine Frechheit gewesen!“ „Das stimmt!“ gab Bea den Lehrerinnen Recht. Alle schüttelten wir empört den Kopf und waren ganz betroffen. Dabei sahen Marion, Hanna, Claudia und ich uns heimlich an und zwinkerten uns zu…
Ich war in diesem Moment richtig happy nun auch ein Teil der Clique geworden zu sein.
Meer, Keller und Karma
Der nächste Tag sollte der Tag auf dieser Abschlussfahrt werden, an den ich mich noch heute mit Marion genau zurück erinnere, nur wusste ich es bis dahin noch nicht.
Wir fuhren nach dem Frühstück mit unserem Reisebus direkt ans Meer! Obwohl ich mit meinen Eltern schon in Indien, Holland und in viele andere Länder gereist war, war ich bis dahin noch nie jemals am Meer gewesen und es war eine ganz neue Erfahrung für mich.
Schon zur Mittagszeit war es eine Affenhitze und alle flüchteten wir ins Wasser, sobald wir aus dem Reisebus ausgestiegen waren. „Und schwimmt nicht zu weit hinaus!“ riefen uns die Lehrerinnen noch nach. Ich war am Anfang sowieso eher vorsichtig und tastete mich langsam an das Unbekannte heran: Während die anderen Mädchen schon längst im Meer schwammen, stand ich noch längere Zeit am Ufer, das Wasser bis zur Knie.
Ich beobachtete erst einmal die Mitschülerinnen und bemerkte, dass das Wasser sehr salzig roch und auch krass eklig nach Salz schmeckte, als ich nach einer Zeit vorsichtig heraus schwamm und mich dabei eine kleine Welle erwischte und ich darum etwas von dem Meerwasser verschluckte. Das Coole aber an diesem Wasser war, dass man sich ohne große Mühen treiben lassen konnte weil das Wasser einen von selbst trug, was sicherlich auch an dem Salzgehalt lag. Ich genoss es total und schwamm ein paar kleinere Runden, achtete aber immer darauf, dass ich mich nicht zu weit vom Strand entfernte. Schließlich gehörte ich nämlich nicht zu den besten Schwimmern und man konnte hier leicht weggetrieben werden! Außerdem war mir etwas mulmig zumute, da ich im Fernsehen öfters von Haiangriffen auf Touris gehört hatte und anderen komischen Viechern… „Hey, was treibst du denn da? Ist doch planlos, du musst tiefer rein, dann macht es erst richtig Bock!“ Marion war plötzlich neben mir aufgetaucht. Ich wollte cool sein, denn sie sollte mich schließlich nicht für einen Schisser halten, aber ich traute mich irgendwie nicht noch tiefer rein zu schwimmen. Also gestand ich ihr, dass ich Bedenken hatte wegen der Haie… Als Marion das hörte, begann sie heftig zu lachen. „Oh Mann, da musst du echt keine Angst haben, Maria! Die haben doch ein Unterwasser - Netz aufgestellt, da kommen keine Haie durch! Und außerdem schwimmen die eh nicht so nah am Ufer, die sind selber froh, wenn die keine Menschen sehen, das kannst du mir glauben!“ Sie schaute mich amüsiert an, ich zögerte noch.
„Und überhaupt, “ meinte sie lächelnd, „glaubst du diese Babysitter wären dann mit uns hierher gefahren wenn es so gefährlich wäre?“ Als ich noch überlegte, war Marion schon längst untergetaucht und zwickte mich in den Zeh. Erschrocken kreischte ich, bis ich bemerkte dass sie es gewesen ist! Jetzt lachte sie mich aus. „Das war der weiße Hai!“ „Na, warte du!“ rief ich und wollte sie tauchen, doch sie war schneller und schwamm lachend davon. Ich lachte auch und schwamm ihr hinterher. „Wenigstens hab ich dich ja jetzt soweit, dass du etwas tiefer drin bist!“ meinte sie frech und spritzte mich an. Ich spritzte zurück und wir alberten noch eine ganze Weile herum, bis sie dann Hanna und Claudia erblickte und zu ihnen herüber schwamm. Ich schwamm dann zurück an den Strand und rieb meine Beine und Arme vergnügt mit dem vielen Schlamm ein, was sich sehr gut anfühlte. Als ich wieder aufstand um ins Meer zu gehen und mir das Ganze wieder abzuwaschen fiel mir auf, dass mich die Leute alle ganz komisch ansahen und ein paar Jungs mir hinterher pfiffen. Ich muss echt ne gute Figur machen in meinem Bikini! Also achtete ich auf meinen Gang und wollte sexy wirken… Doch dann fiel mir auf, dass der blöde Schlamm meine Bikinihose hinten heruntergezogen hatte und auch vorne an meinem Busen hinab geleitete und vielversprechende Eindrücke von sich preis gab… Das war vielleicht peinlich! Schnell flüchtete ich zurück ins Wasser und zog meine Badeklamotten unter Wasser wieder zu Recht… Als ich wieder aus dem Wasser stieg, pfiffen mir immer noch ein paar Jungs nach und grinsten mich frech an! Vor Scham war ich rot wie eine Tomate und ignorierte sie.
Zum Glück winkten uns gerade die Lehrerinnen zu, dass wir wieder abfahren und in den Bus steigen sollten. Als Marion mich sah, zwinkerte sie mir lächelnd zu. „Na, war doch lustig!“ meinte sie, als sie mit ihren Freundinnen an mir im Bus vorbeilief und auf ihre Sitzplätze zurückgingen. Als ich ihnen davon erzählte, was mir eben passiert war, lachten sie alle. „Du bist echt witzig, Maria!“ meinte Marion amüsiert. Auch Bea und Susi lachten, als sie es hörten. Als der Bus wieder losgefahren war, kam Marion auf mich zu. „Was machst du heute nach dem Abendessen? Hast du schon was vor?“ Und sie lud mich für nachher auf ihr Zimmer ein. „Wir haben Asti besorgt!“ sagte sie noch.
Der Tag ging nach dem Mittagessen und noch einer weiteren Besichtigung der Katakomben recht schnell vorbei und schon war es wieder Abend geworden. „Also, komm dann nachher einfach zu uns!“ meinte Marion, als sie mit ihren Freundinnen nach dem Abendessen den Speisesaal verließ. „Hast du Lust mitzukommen? Bea und ich gehen nachher noch etwas spazieren…“ fragte mich Susi, als ich gerade auf unser Zimmer gehen wollte. „Hab schon was anderes vor, sorry.“ antwortete ich. „Schade. Verpasst was!“ meinte sie dann, was ich aber eher nicht glaubte, dass ich da was verpassen würde! Mittlerweile war es draußen dunkel geworden und vom Balkon aus konnte man die vielen Lichter auf den Straßen sehen. Es sah wirklich wunderschön aus! Als Bea und Susi gegangen waren klopfte es an der Zimmertür. „Komm doch rüber, Maria! Wir haben den Asti schon aufgemacht.“ Es war Marion.
Die Stimmung auf ihrem Zimmer war mega! Wir tranken Sekt und unterhielten uns über alles Mögliche, vor allem über die stets besorgten Lehrerinnen und über diese arrogante Viktoria. „Die glaubt doch tatsächlich, dass sie ne Sängerkarriere starten kann!“ lachte Claudia und schenkte mir nach. Ich erzählte ihnen, dass sie in der Schule auch immer besser sein will als ich. „Die kann es einfach nicht haben wenn sie mal nicht im Mittelpunkt steht!“ meinte Marion nachdenklich dazu. Hanna hatte einen Hut auf dem Kopf. „Wo hast den denn her?“ wollte Claudia von ihr wissen. „Ist doch lustig! Hab ich in dem Laden unten gekauft.“ „Darf ich auch mal?“ fragte ich und setzte ihn mir vergnügt auf. „Schaut echt gut bei dir aus.“ meinte Claudia anerkennend. Marion nickte. „Ja, du hast so ein richtiges Hutgesicht!“ Dann schaute sie Hanna an. „Was man von Hanna nicht behaupten kann…“ Hanna ärgerte sich darüber und meinte, dass Marion eben keinen Geschmack hätte. Sie sah so beleidigt dabei aus, wie sie ihren Hut wieder demonstrativ aufsetzte, dass wir schon wieder lachen mussten. „Was glaubt ihr eigentlich, was da unten in diesem Keller ist, den wir nicht betreten dürfen?“ wollte Marion wissen. Claudia zuckte mit den Achseln. „Keine Ahnung. Vielleicht halten sie da unten ihre unehelichen Kinder versteckt…“ „Wohl zu viel Horrorfilme geschaut!“ stellte Marion lachend fest. Dann sah sie zu mir und zwinkerte frech. „Genau wie Maria, die hat zu viel weißen Hai angeguckt!“ „Ha ha!“ meinte ich beleidigt. „Ne, aber im Ernst, was glaubt ihr was dort unten ist?“ wollte Hanna wissen.
Jetzt stand Marion auf. „Na, gucken wir doch einfach mal nach!“ Claudia zögerte. „Wir dürfen doch nicht mehr nach zehn Uhr auf den Gängen sein! Meint ihr denn nicht, dass das uns Mist einbrocken könnte?“ „Na, und wenn schon!“ meinte Marion nur dazu. „Also, ich bin dabei!“ sagte Hanna. Jetzt sahen sie beide mich an. „Von mir aus!“ antwortete ich. Nur Claudia zögerte. „Ne, macht ihr das Mal lieber allein. Ich bleibe hier und rauche Eine.“ Hanna rollte mit den Augen und stand auf. Marion, Hanna und ich verließen also das Zimmer und schlichen leise den Gang entlang zur Kellertreppe. Es war ziemlich ruhig und die anderen Schülerinnen schienen entweder schon zu schlafen oder sie waren noch ausgegangen. Marion winkte Hanna und mich zu sich herüber. „Na, kommt schon!“ flüsterte sie. Mir und Hanna wurde es etwas mulmig… Wir hörten Geräusche vom Keller. Ich betätigte den Lichtschalter an der Kellertreppe. „Bist du verrückt!“ zischte Marion mich an und sie flüchtete mit Hanna ins nächste Eck. Ich blieb aber direkt an der Treppe stehen und lauschte. Jetzt kamen auch sie wieder angeschlichen. „Sag mal, was hast du dir denn dabei gedacht!“ schimpfte Marion. „Psst!“ ich hob den Zeigefinger vor dem Mund. „Nur so wissen wir, ob die Luft rein ist.“ erklärte ich. „Wieso?“ wollte Hanna wissen. „Na, wenn jemand das Licht wieder ausmacht oder nachguckt, dann ist jemand unten. Wenn nicht, ist die Luft rein!“ „Ach so. Gute Idee!“ sagte jetzt Marion anerkennend. Wir schlichen also weiter die Treppe runter.
Unten war es stockfinster, da das Licht unten kaputt war, doch vom Fenster schien noch ein kleines Licht von den Laternen draußen herein und wir schlichen weiter voran. Wir entdeckten unten ein Zimmer. „Was da wohl drin ist?“ flüsterte Marion und drückte die Klinke leise herunter. „Ich weiß nicht, lasst uns lieber wieder zurück gehen!“ meinte jetzt Hanna auf einmal. Doch Marion und ich standen schon längst in dem Zimmer und sahen uns um. Wir erkannten, dass dort eine Nonne wohnen müsste, wahrscheinlich die Oberin, da auf den vielen Schwarzweiß Fotos immer dieselbe alte Frau mit Schleier abgebildet war. Auf einmal zuckten wir zusammen. Wir hörten laute, eilige Schritte, die näherkamen. „So ein Mist!“ fluchte Hanna und haute schnell ab. Wir wollten ihr gerade nachrennen, als wir plötzlich merkten, dass wir keine Chance mehr hätten zu entkommen. „Alter, so ein Mist!“ zischte Marion. „Was machen wir jetzt bloß?“ fragte ich verzweifelt. „Komm, schnell!“ flüsterte Marion und zeigte auf einen Kleiderschrank, der im Zimmer stand. Wir eilten dorthin und stiegen in den Schrank, den wir von innen sofort zumachten. „So was habe ich auch noch nicht erlebt!“ flüsterte ich. Obwohl es dunkel war konnte ich erkennen, dass Marion mir direkt ins Gesicht sah. „Glaubst du ich etwa?“ flüsterte sie zurück. Auf einmal mussten wir loskichern, wir zwei in einem fremden Kleiderschrank und diese ganze Situation, das war einfach zu komisch! Es erinnerte mich an diese Filme, wo die Ehefrau ihren Mann mit einem anderen betrügt und diesen dann im Kleiderschrank versteckt… Nur dass ich mal in so was hineingeraten könnte, hätte ich mir nicht mal im Traum ausgemalt!
„Mann, sei doch still!“ zischte Marion. Doch das war schwer, denn ich hatte einen absoluten Lachflash und immer wenn ich aufhörte leise zu lachen, was mir eh schon schwer genug fiel, fing Marion wieder damit an… Die Schritte draußen kamen immer näher und man hörte jemanden schwer keuchen. Wir bemühten uns das Lachen unter Kontrolle zu kriegen, aber es wollte nicht gelingen!
Auf einmal hörten wir, wie die Tür aufgemacht wurde und jemand ins Zimmer kam. Erschrocken zuckten wir beide zusammen und sahen uns gespannt an. Das Ganze war so komisch, dass wir schon wieder loskicherten und uns gegenseitig die Hand vor den Mund hielten. Wir lauschten. Die Person, die ins Zimmer gekommen war, musste bestimmt diese alte Nonne sein, denn sie schnaufte sehr schwer. Wir hörten, wie sie das Zimmer auf und ab ging und sich scheinbar suchend umsah. „Hör endlich auf damit!“ flüsterte Marion selbst kichernd, aber wir schafften es einfach nicht. Plötzlich fiel die Tür wieder zu und es war leise. Wir hörten, wie sich die Person wieder mit lauten Schritten entfernte. Ich sah Marion erschrocken an. „Was ist, wenn sie abgesperrt hat!“ Dann lachte ich schon wieder los und auch sie kicherte wieder. „Ich hoffe doch nicht!“ Wir warteten noch eine Weile, ob sie wieder zurückkommen wurde, trauten uns dann aber aus dem Schrank. Ich schlich zur Tür, sie war nicht abgesperrt! „Na Gott sei Dank, lass uns abhauen!“ flüsterte Marion. Wir rannten so schnell wir konnten wieder die Treppen hoch und auf ihr Zimmer zurück. Fast atemlos kamen wir an. „Ich wollte euch noch warnen, aber es war zu spät! Ich konnte nur noch die Türe zu machen und hoffen, dass sie nicht reinkommt!“ verteidigte Hanna sich. Claudia grinste uns vielsagend an. „Alter, was macht ihr denn für Scheiße!“
Nachdem wir uns alle etwas beruhigt hatten und wir noch ein paar weitere Gläser Asti intus hatten, ging Marion auf den Balkon. Ich folgte ihr. Nur Hanna und Claudia hatten sich schon ins Bett gelegt. „Glaubst du, dass ich dort drübersteigen kann auf euren Balkon?“ „Denke schon.“ meinte ich. Marion gab mir ihr Glas zum Halten und kletterte mühelos von ihrem Balkon aus auf unseren Balkon nebendran. Ich gab ihr die Gläser zum Halten, als sie drüben war und tat es ihr nach. Nüchtern hätte ich mich das wahrscheinlich nicht getraut, aber es war gar nicht so schwer wie ich gedacht hatte. Wir schauten von draußen in mein Zimmer. Bea und Susi schliefen schon längst in ihren Betten. „Sag mal“, wollte Marion von mir wissen, „langweilst du dich denn nicht mit denen beiden?“ Ich nickte. „Ja, aber ich wusste nicht mit wem ich ein Zimmer teilen hätte sollen.“ „Oh Mann, das glaube ich dir! In deiner Klasse sind ja wirklich nur Zicken.“ stellte Marion nachdenklich fest. Es war schön mit ihr zu reden! Endlich mal jemand, der meiner Meinung war. Ich erzählte ihr, dass ich eigentlich vorher auf dem Gymnasium war und erst dieses Schuljahr gewechselt hatte und keine einzige Freundin auf der Schule hatte. „Hab ich mir schon gedacht, dass du intelligent bist! Gymnasium, wow. Kannst dir schon was darauf einbilden!“ bewunderte Marion mich. „Na ja, geschafft hab ich es ja trotzdem nicht.“ meinte ich nur dazu.
Sie nippte nachdenklich an ihrem Sektglas. „Na ja, darauf kommt es ja auch nicht an. Der Schulabschluss sagt wirklich nichts darüber aus, ob man intelligent ist oder nicht. Schau dir doch die Politiker an! Haben zwar alle studiert aber nichts daraus gelernt. Gebe es sonst Kriege?“ Ich nickte, sie hatte Recht. Sie erzählte mir, dass sie auch auf das Gymnasium gewollt hätte, aber wegen ihrer familiären Situation nicht lernen konnte. Ihren Vater hatte sie nie gesehen und ihre Mutter war eine Alkoholikerin. „Ich hasse diese Frau!“ sagte Marion und spuckte verächtlich vom Balkon. „Ständig hat sie komische Typen angeschleppt und mir dann auch noch einen Stiefvater besorgt, der mich krankenhausreif geschlagen hat!“ Erschrocken hörte ich ihr zu. „Das ist ja schrecklich!“ hörte ich mich sagen. „Na ja, ich steh jetzt drüber. Ich wohne jetzt allein aber meine Mutter wohnt neben mir. Ich bin froh, wenn ich sie eines Tages nicht mehr sehen muss!“ sagte sie mit einem Gesichtsausdruck, der mir Angst machte. Ich wollte sie trösten, aber mir fiel nichts darauf ein, was ich hätte sagen können. Aber ich erzählte ihr etwas, was ich noch niemals in meinem Leben jemanden erzählt hatte! Dass ich auch nicht aus einer normalen Familie stamme, denn mein Vater war auch Alkoholiker und hatte mich und meine Mutter immer wieder verprügelt seit ich ein Kind war, immer wenn er betrunken nach Hause gekommen war. Marion hörte mir zu. „Ich habe das noch nie jemanden erzählt.“ sagte ich zu ihr. „Solche Bastarde sollte man wegsperren!“ meinte sie wütend. Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mit jemanden so über meine Familie redete.
All die Jahre hatte ich nämlich immer versucht normal zu wirken und so getan, als wäre meine Familie ganz normal. „Ich verstehe dich.“ antwortete Marion. „Es gibt selten Leute, mit denen man reden kann. Die anderen verstehen das nicht, wenn sie so was nie erlebt haben.“ Ich erzählte ihr auch, dass meine Mutter Krebs hatte und ich deshalb auch nicht mehr so gut lernen konnte und meine Noten auf dem Gymnasium immer schlechter geworden sind, weil ich völlig überfordert gewesen war. „Das tut mir leid mit deiner Mutter.“ sagte Marion mitfühlend. „Ist schon okay“, meinte ich, „sie kommt klar. Die Ärzte sagten, dass man ihn vielleicht operativ entfernen kann.“ Dann schwiegen wir eine Weile, tranken den Sekt und schauten nur die Sterne an. Noch nie zuvor hatte ich es erlebt, dass man, auch wenn man nichts redet, das Gefühl hat nicht allein zu sein. So was hatte ich mit meinen anderen Freundinnen bisher noch nie erlebt! Denn da ging es nur um oberflächliche Themen, wie Schminke oder Typen… Jetzt zündete sie sich eine Zigarette an. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass sie rauchte.
„Du rauchst?“ Sie zuckte mit den Achseln. „Nur manchmal. Du auch?“ Sie hielt mir die Kippe entgegen, nachdem sie ein paarmal gezogen hatte und ich paffte auch mit. Nachdem ich einmal bei meinen anderen Freundinnen versucht hatte zu rauchen, hatte ich schrecklich gehustet und es gelassen. Aber diesmal merkte ich kaum etwas und wir beobachteten andächtig wie die Rauchschwaden in den Himmel stiegen…
„Glaubst du an Karma?“ fragte Marion mich nach einer Weile und drückte die Zigarette am Balkongeländer aus. Und sie erklärte mir, dass manche Menschen ja glauben, dass sie schon einmal früher gelebt hätten und alles, was im Leben geschieht, vorbestimmt sei, also karmisch bedingt. „Glaubst du denn dran?“ fragte ich sie. Sie schwieg eine Weile. „Ich weiß es nicht, kann aber schon möglich sein. Jedenfalls hab ich bei dir das Gefühl dich schon lange zu kennen.“ sagte sie dann ernst. Mir ging es mit ihr genauso! Als seien wir schon immer so zusammen gewesen… Jetzt lenkte sie ab. „Du sagtest doch du schreibst Gedichte? Über was schreibst du denn so?“ „Vor allem über Dinge, die ich erlebt habe und das Leben generell.“ antwortete ich. „So wie ich.“ stellte sie fest. Wir kletterten dann wieder zurück auf ihren Balkon. „Komm, ich zeig dir was ich so schreibe!“ sagte sie. Sie hatte ein Buch mit mehreren Texten geschrieben, die sich reimten. „Das sind Raps! Das ist Hiphop!“ erklärte sie stolz und rappte sogar spontan was vor. Es handelte von den vielen Menschen die andere verurteilten ohne dabei zu merken, dass sie selbst Arschlöcher waren. „Das ist gut!“ staunte ich und stellte fest, dass es auch nichts anderes waren als Gedichte, nur das es Gedichte waren, die musikalisch untermalt dem Publikum vorgetragen wurden. Und ich begann mich auch für diese Art von Musik, den Hiphop, zu interessieren…
„Mann, könnt ihr denn nicht etwas leiser sein, Leute? Wir wollen schlafen!“ stöhnte Claudia, die plötzlich aufgewacht ist. Wir sahen es ein, dass es schon sehr spät war und verabschiedeten uns.
Bevor ich dann leise in mein Zimmer ging, sah Marion mir noch nach. „Hey, komm doch einfach mal morgen nach dem Frühstück zu mir ins Zimmer! Dann zeig ich dir noch ein paar Texte.“
Vatikan und platonische Liebe
Am nächsten Morgen, als wir beim Frühstück saßen, waren wir alle ziemlich verkatert und noch etwas müde, da wir ja wirklich recht spät schlafen gegangen waren…
Susi schien es zu bemerken, dass ich ziemlich matt war. „Bist gestern noch ganz schön spät ins Bett, gell?“ stellte sie etwas schadenfroh fest. „Ja ja, das kommt eben davon. Wir sind fit!“ meinte Bea noch dazu. Dann sagten sie nichts mehr, sie schienen sich damit abgefunden zu haben, dass ich was mit dieser Clique am Laufen hatte und sie waren irgendwie seitdem ziemlich abweisend zu mir, was mir aber echt egal war. Marion, ihre Freundinnen und ich tauschten vielsagende Blicke aus und grinsten uns immer wieder an. „Jetzt, da ihr schon mal alle versammelt seid, muss ich etwas loswerden!“ erhob nun Frau Müller das Wort. „Ja, genau!“ stimmten ihr Frau Bachmann und die anderen Lehrkräfte zu. „Es ist einfach eine Unverschämtheit wenn man sich einfach in fremden Zimmern herumtreibt und Sachen durchwühlt, die einen nichts anzugehen haben!“ schimpfte sie weiter und blickte empört in unsere Runde. „Mir sind Beschwerden zu Ohren gekommen, dass jemand gestern Nacht im Zimmer einer Nonne gewesen ist und uns reicht es jetzt allmählich! Wenn wir herausfinden wer von euch das war, schicken wir euch sofort nach Hause, denn das geht schließlich zu weit!“ Jetzt lugte ich zu Marion und sie zwinkerte mir amüsiert zu. Hanna und Claudia schmunzelten und sahen auf ihre Teller, damit es keiner merkte. „Also wirklich, wie asozial manche Leute sind!“ hörte ich Bea zu Susi sagen. Ob sie es ahnten, dass wir etwas mit dieser Sache zu tun hatten? Jedenfalls sagte sie nichts mehr dazu und schüttelte nur ihren Kopf. Susi blinzelte mal kurz zu mir herüber, aber auch sie sagte nichts. Wahrscheinlich ahnten sie es, aber immerhin verhielten sie sich korrekt und plauderten nichts aus. „Also ich hätte mir ja so was nicht mal im Traum erlaubt! Da sieht man es ja mal wieder was für Leute wir hier auf dieser Schule haben!“ meinte nun Viktoria laut und schleimte sich mal wieder bei dieser Gelegenheit mächtig bei den Lehrerinnen ein. Marion verdrehte die Augen, als Viktoria weiterredete. „Also ich schlage vor, dass wir mal alle besser darauf achten sollten, wer sich wann und wo genau herumtreibt!“
Das war es aber dann schon mit der Gardinenpredigt, denn schließlich kamen sie ja doch nicht dahinter wer von uns es gewesen war und sie gaben seufzend auf und widmeten sich dem nächsten Thema zu. „Wir treffen uns alle in einer Stunde nach dem Frühstück in der Aula und besichtigen den Vatikan! Bitte seid pünktlich.“
Da ich schon fertig war und keine große Lust hatte mit Bea und Susi aufs Zimmer zu gehen, ging ich noch zur Terrasse hinauf wo auch ein paar andere Mädels der Parallelklasse, die ich noch nicht kannte, waren und rauchten. Mittlerweile war ich vom Nichtraucher zur Gelegenheitsraucherin geworden und so setzte ich mich dazu und zündete mir auch Eine an. „Wie heißt es so schön: Nach dem Essen sollst du rauchen…“ lachte einer der Mädchen. „…oder einen Mann gebrauchen!“ vollendete eine Andere den Satz und sie kicherten und redeten über ihre Traummänner und dass die italienischen Jungs total niedlich seien. So lernte ich Dana und Michaela kennen, zwei Mädchen aus der Parallelklasse. Sie kamen auf die Idee ein Kippen-Orakel zu machen um zu sehen, wen wir einmal heiraten würden… Man musste dazu, wenn man die Kippe ausgeraucht hatte, einfach die Kippe am Filter etwas hin und her rollen und es erschien, mit etwas Fantasie, ein Buchstabe auf der Oberfläche des Filters. Ich hatte den Buchstaben F. „Hm…“ überlegten sie, „das könnte ein Florian sein…“ „Oder auch ein Felix!“ lachte Dana vergnügt. „Einen Felix kenne ich nicht.“ meinte ich. „Aber einen Florian…“ sagte ich dann. Im Kindergarten war ich einmal unsterblich in einen Jungen verknallt der so hieß. Leider hatte ich ihn eines Tages aus den Augen verloren und es wäre doch toll, wenn ich ihn eines Tages wiedertreffen würde! „Also ich habe ein M. Aber ich kenne weder einen Martin, noch sonst irgendeinen Typen der mit dem Vornamen M beginnt.“ stellte Dana fest. „Na ja,“ mischte sich jetzt Michaela wieder ein, „immerhin sind wir in Bella Italia und da heißen doch die meisten Jungs Mario…Also, halte deine Augen auf! Vielleicht triffst du ja heute auf die Liebe deines Lebens!“
„Du spinnst doch!“ lachte Dana jetzt und guckte mich dabei an. Dann gingen wir herunter zur Aula, denn die Stunde war allmählich um. Unten waren schon alle versammelt und so gingen wir auch gleich los und stiegen in unseren Reisebus ein. Bea und Susi beachteten mich kaum noch und Marion saß mit ihren Freundinnen ganz hinten im Bus, also sah ich während der ganzen Fahrt nur aus dem Fenster und genoss die Aussicht.
Als wir angekommen waren und wieder aus dem Bus stiegen, gesellte sich Dana zu mir. Sie hatte sich eine Sonnenbrille und eine Cappie aufgesetzt und wirkte recht modebewusst und dadurch etwas tussenhaft. Aber ich mochte sie, weil sie trotzdem nicht arrogant zu sein schien, so wie Viktoria es war.
Wir besichtigten zuerst den unteren Bereich des Vatikans und bestaunten die vielen Skulpturen und die Kuppel, die aus purem Gold waren und so prächtig schienen, als sei man in einem Schloss gelandet. Dort kaufte ich beim Geschenkladen eine kleine Marienfigur und einen Kühlschrankmagneten mit Jesusbild als Mitbringsel für meine Mutter, denn sie stand auf so frommes Zeug. Dann stiegen wir etliche Treppen und Hügel hinauf zum oberen Bereich des Vatikans, den wir endlich nach Stunden, so kam es mir zumindest vor, erreichten. Dort konnte man über ganz Rom schauen, es war so herrlich! Das einzige, was ich schade fand war, dass Marion und ihre Freundinnen mich die ganze Zeit nicht beachtet hatten und wieder unnahbar schienen. Wahrscheinlich lag es daran, dass Dana die ganze Zeit neben mir herlief und Marion, Hanna und Claudia solche „Modepuppen“ strikt ablehnten… Denn als Dana mal kurz weg war um sich mit Souveniren einzudecken zu kaufen, stand Marion plötzlich hinter mir. „Schau dir mal diesen Reichtum an!“ meinte sie abwertend, „Kein Wunder, dass es auf dieser Welt so viel Armut geben muss wenn die hier alles pachten!“ Ich stimmte ihr zu. So hatte ich das nämlich noch gar nicht gesehen… „Komm doch nachher einfach wieder zu uns ins Zimmer, dann zeige ich dir meine Texte.“ schlug sie mir noch vor, bevor sie sich wieder ihren Freundinnen widmete. Dana war wieder zurückgekommen und zeigte mir stolz ihre Beute. Sie hatte sich vor allem Schmuck gekauft. „Meine Güte, irgendwann will ich auch mal so reich sein, wahrscheinlich heirate ich diesen Millionären namens Mario doch noch, sollte es ihn geben!“ scherzte sie. Als wir wieder die Treppen abstiegen textete Dana mich die ganze Zeit zu mit typischem Weiberkram wie Schuhen, Schmuck und Mode und, obwohl sie eigentlich ganz nett war, vermisste ich Marion und ihre Clique. Irgendwie interessierten mich auf einmal all diese typischen Mädchenthemen nicht mehr, es war einfach nur oberflächliches Geschwafel. Seit ich mit Marion so tiefsinnig geredet hatte ist irgendwas mit mir passiert… Ich fand es schön mal mit einem Menschen über all die wirklich wichtigen Themen zu reden als nur über Zeugs aus der Bravo!
Als wir vor dem Reisebus warteten weil die Lehrerinnen uns durchzählten, entdeckten wir einen Strich auf der Straße und Dana begann hin und her zu springen. „Guck mal, Vatikan, Italien, Vatikan, Italien…“ sang sie und machte mich darauf aufmerksam, dass wir genau an der Grenze zwischen zwei verschiedenen Staaten waren. Ich wusste damals wirklich noch nicht, dass der Vatikan als ein eigenes Land zählte…
Nachdem wir zurück gefahren waren besuchte ich Marion wieder auf ihrem Zimmer und wir unterhielten uns über Texte und Songs. „Ich zeige dir jetzt etwas, was ich noch nie jemandem gezeigt habe!“ sagte Marion zu mir und zeigte mir Texte aus ihrem Tagebuch. Sie vertraute mir und ich vertraute ihr und so zeigte ich ihr auch mein Tagebuch. „Es ist wirklich krass wie viel Ähnlichkeiten wir in unserem Leben haben.“ stellte ich fest. Marion nickte. „Das stimmt. Es ist, als hätten wir beide uns schon immer gekannt und nur aus den Augen verloren.“ Das mit Marion war etwas ganz Besonderes! Marion erzählte mir auch von ihrem Freund und den Problemen, die sie mit ihm hatte. „Er sagt ständig so Dinge zu mir wie, dass er nicht weiß ob er mich noch liebt. Und das, obwohl er doch weiß, dass ich keine Familie habe und mir Beziehungen so viel bedeuten!“ klagte Marion. Ich hatte noch keinen festen Freund. „Sei froh.“ meinte sie zu mir. „Beziehungen können ganz schön wehtun.“
Als Claudia und Hanna ins Zimmer kamen erschreckte Marion und klappte schnell ihr Tagebuch zu, das sie flott in einem geheimen Fach in ihrem Rucksack versteckte.
Hanna bemerkte es und sah mich für eine kurze Zeit etwas giftig an, unsere Blicke trafen sich… Ich merkte, dass sie eifersüchtig auf mich war, denn schließlich war sie bisher die beste Freundin von Marion gewesen. Ich hatte ein schlechtes Gewissen ihr gegenüber und schaute zu Boden.
„Komm, “ meinte Marion, als sie es bemerkte, „lass uns vor dem Essen noch Eine rauchen gehen!“ Und sie stand auf und ging auf den Balkon, ich folgte ihr erleichtert. „Wegen der Hanna musst dir nichts denken.“ sagte Marion dann zu mir ohne dass ich sie darauf angesprochen hätte. „Hanna ist lesbisch und sie steht eben auf mich.“ vertraute mir Marion an. Ich sah Marion verwundert an. Ich hatte bisher noch nie jemanden gekannt, der lesbisch war. „Bist du auch lesbisch?“ wollte ich von ihr wissen. Sie grinste mich an. „Hast jetzt Schiss oder was?“ Ich zuckte mit den Achseln. „Also ich hätte nichts dagegen wenn…“ begann ich stotternd und Marion begann zu lachen. „Du bist vielleicht witzig, Martina!“ Ich merkte wie ich etwas rot im Gesicht wurde. Marion legte ihren Arm um mich. „Nein du, ich bin auf keinen Fall lesbisch. Ich liebe nämlich meinen Freund von dem ich dir vorhin erzählt habe!“ Sie lachte dann wieder. „Komm, wir sollten jetzt langsam zum Speisesaal gehen, sonst kriegen die Lehrerinnen wieder einen Herzanfall.“ Ich folgte ihr und musste darüber nachdenken, was sie gesagt hatte. Ich konnte mir nicht vorstellen in eine Frau verliebt zu sein und mit ihr mein Leben zu teilen. Aber wenn es so eine Frau wäre wie Marion? Auf eine Art bewunderte ich sie ja und sie faszinierte mich auch und ich fragte mich insgeheim ob das nicht auch schon eine Art von Lesbisch sein war… Doch dann kam ich zu dem Schluss, dass es wohl eine ganz besondere Art von Freundschaft sein musste, denn es fühlte sich so ähnlich an wie das, was man für einen Jungen empfindet, in den man verknallt ist. Und ich verstand zum ersten Mal in meinem Leben was der Begriff „Platonische Liebe“ bedeutet… So etwas hatte ich noch nie für ein anderes Mädchen empfunden und wäre Marion kein Mädchen gewesen, wäre sie ganz sicherlich mein fester Freund geworden.
Florenz und Liebe auf den ersten Blick
An unserem letzten Tag in Rom mussten wir alles zusammen packen und stiegen dann, nach dem Frühstück, in unserem Reisebus ein. Denn auch wenn wir noch einen Abstecher nach Florenz machen wollten, so war es nämlich auch zugleich die Heimreise.
Zuvor hatte Marion im Speisesaal noch mit Hanna, die sie wieder zum Lachen bringen wollte, eine Wette abgeschlossen: Sie hatte Hannas ganzes Frühstück versalzen und mit weiteren Zutaten verschlimmert und mit ihr gewettet, wenn sie das noch runterkriegen sollte, sie ihr einen Zehner geben würde und Hanna tat es sogar! Aber ich glaube, dass sie es nicht wegen der Kohle tat, sondern weil sie damit Marion imponieren wollte… Jedenfalls packte sie das ganze versalzene Essen und hatte es schnell heruntergeschlungen mithilfe von Kaffee, den sie dabei immer wieder gegurgelt hatte.
Marion, Claudia, ich und sogar Susi und Bea hatten dieses Spektakel amüsiert verfolgt. Und so wunderten wir uns alle nicht großartig, als Hanna im Reisebus dann immer wieder mehrmals würgte…
Wir fuhren dann eine Zeit lang und erreichten erst gegen Nachmittag Florenz. Gleich als ich aus dem Bus gestiegen war verliebte ich mich in diese bezaubernde Stadt! Die alten Gebäude machten auf mich den Eindruck als sei man inmitten des Films Romeo und Julia gelandet!
Es gab einen großen Marktplatz wo allerlei Fakeware angeboten wurde, wie Uhren von Gucci oder Taschen von Louis Vuitton. Überall gab es Lautsprecher aus denen die Charts rauf und runter gespielt wurden, vor allem der Song von der Gruppe Eiffel mit „I am blue dabadi dabadei“… Der war nämlich zu dieser Zeit der absolute Hit in Italien und ich habe ihn erst später dann auch in Deutschland hören können…
„Der Hit hängt mir langsam echt zum Hals raus!“ meinte Marion genervt. Wir mussten uns dann in Gruppen aufteilen und machten dann mit den Lehrerinnen einen Treffpunkt aus. Dann durften wir die Stadt auf eigene Faust besichtigen. Leider war ich nicht in der Gruppe von Claudia, Hanna und Marion, denn sie zogen allein los. Marion kümmerte sich nämlich gerade nur noch um Hanna, die immer noch eifersüchtig auf mich zu sein schien, aber sie zwinkerte mir zu. Auch Bea und Susi waren allein losgezogen und so machte ich eben mit Dana die Stadt unsicher. Wir hatten wirklich sehr viel Spaß! Vor allem als wir merkten, dass diese Verkäufer illegal verkauften, denn ständig gab es eine Polizeikontrolle und es war so lustig den Verkäufern dabei zuzusehen wie sie von jetzt auf gleich ihr ganzes Zeug mitsamt den Decken einpackten und sich immer wieder vom Acker machten, so dass die Stadt plötzlich schien als sei sie ausgestorben. Und dann nach circa zehn Minuten wieder mitsamt ihren Waren dasaßen, als sei nie was gewesen…
„Die Italiener haben eben ihre ganz eigenen Gesetze.“ stellte Dana lachend fest. Und wir kicherten eine Weile darüber. Dann schossen wir das berühmte Foto, worüber wir noch nach der Reise immer wieder lachen mussten: Dana wollte sich eine Gucci-Uhr kaufen und feilschte mit den Verkäufern, bis sie sich schließlich einig wurden. Also grinste Dana, weil sie der Meinung war, dass sie das bessere Geschäft gemacht hatte, in die Kamera und schüttelte dem italienischen Verkäufer, der ebenfalls frech in die Kamera grinste, die Hand. Als wir das Foto gemacht hatten meinte Dana zu mir, dass sie unbedingt Abzüge davon wollte, weil sie sich immer daran erinnern möchte wie sie den Italiener über den Tisch gezogen hätte. Das Lustige daran war nur, dass es nicht lange dauerte und die Uhr an Danas Handgelenk in ihre Einzelteile zerfiel. Doch den Italiener fanden wir nicht mehr! Jetzt wusste ich auch, warum er so frech in die Kamera gegrinst hatte… „Schau mal hinter uns!“ meinte sie dann plötzlich. Als ich mich umdrehte erkannte ich eine kleine Gruppe von Jungs in unserem Alter, die uns gefolgt waren und immer wieder etwas Abstand zu uns hielten. Unter diesen Jungs war ein Typ der irre süß aussah und genau so war, wie ich mir meinen Traumtypen immer vorgestellt hatte!!!! „Das ist jetzt wohl dein Florian…“ neckte Dana mich. Der Typ hatte türkisfarbene Augen und blonde Locken und sah aus wie ein Prinz aus dem Märchenbuch! Mein Herz klopfte höher und ich wurde rot, als ich ihn in die Augen sah. Er sah beschämt zu Boden und schien etwas schüchtern zu sein, starrte mich aber dann wieder an, als ich mich wieder umgedreht hatte und ihn heimlich von der Seite aus beobachtete… „Der ist ja niedlich!“ flüsterte ich Dana zu. Sie gab mir Recht. „Der Andere neben ihm ist aber auch nicht gerade von schlechten Eltern!“ meinte sie. „Wahrscheinlich dein Marion!“ alberte ich und brachte sie zum Lachen. Wir gingen noch eine Weile spazieren, immer noch gefolgt von diesen Typen hinter uns. Als ich mich wieder umdrehte und meinem Traummann direkt in die Augen schaute, lächelte er mir verlegen zu und wagte ein „Ciao Bella!“, was ich mit einem Lächeln erwiderte. Es gefiel mir! Dana hatte weniger Glück, denn ihr Traumtyp widmete sich nach einiger Zeit wieder seinen Freunden zu und beachtete sie nicht mehr. Wir liefen also weiter und ich blickte mich immer wieder mal um und stellte fest, dass mein Traumtyp, jetzt alleine, immer noch hinter mir herlief. Es dämmerte langsam, als wir zum Bustreffpunkt zurück gingen und ich war auf einmal ziemlich traurig, dass wir wieder nach Hause fahren werden. Als ich dann im Bus saß und wir wieder abfuhren sah ich aus dem Fenster und erkannte diesen irren Typen wie er dem Bus und mir enttäuscht nachsah. Am liebsten wäre ich ausgestiegen und hier geblieben! Es war Liebe auf den ersten Blick und ich würde diesen Typen wohl nie mehr in meinem Leben wiedersehen…
Draußen gingen die Laternen an und ihre Lichter tauchten die Gebäude in ein romantisches Gemälde ein.
„Auf Wiedersehen Italien.“ dachte ich traurig. Nachdem wir schon eine ganze Weile gefahren waren und es draußen dunkel geworden war, schlief ich dann ein.
Heimreise und Veränderung
Als ich wieder aufwachte war es schon längst wieder hell geworden und früh am Morgen.
Die meisten von uns im Bus waren auch schon wach, nur einige wenige pennten noch. Auch Susi und Bea waren schon längst vor mir wach. „Na, auch schon wach? Hast gar nicht mehr mitgekriegt, dass wir gestern Nacht noch auf einem Parkplatz vor der Grenze gehalten haben.“ sagte Susi zu mir. Ich muss ja ganz schön müde gewesen sein! Jedenfalls fühlte ich mich jetzt wieder fit wie ein Turnschuh, der Schlaf hatte mir echt gut getan. Bis auf die leichten Nackenschmerzen, die wegen der Sitzlehne hatte, hätte ich, wenn es nach mir gegangen wäre, schon längst wieder aussteigen und eine Sightseeingtour starten können. Ich schaute mich um. Marion und ihre Mädels waren auch schon längst wach und diskutierten heftig über irgendwelche Leute, die ich nicht kannte. Der Bus hielt dann an einer Tankstelle und wir konnten eine Rast machen. Wir waren schon längst wieder in Deutschland und die meisten Mädchen, auch die Lehrerinnen, stürmten die Tankstelle um sich Kaffee und ein paar Snacks zu besorgen. Ich kaufte mir auch ein Sandwich und eine Flasche Mineralwasser und stand dann etwas weiter von der Tankstelle weg um Eine zu rauchen. Ich war wirklich ziemlich traurig, dass diese Reise nun bald vorbeisein würde und ich dachte immer noch wehmütig an diesen Typen in Florenz…
„Na du, alles klar?“ Marion hatte sich zu mir gesellt und rauchte ebenfalls eine Kippe. Ihre Freundinnen waren noch in der Tankstelle. „Ich finde es schon etwas schade, dass die Klassenfahrt vorbei ist.“ beichtete ich ihr. „Anfangs wollte ich erst gar nicht mitfahren und jetzt will ich nicht mehr nach Hause…“ Marion hörte mir zu und grinste dann. „Na wenigstens sind wir diese nervigen Lehrerinnen bald los und können wieder wie Erwachsene leben!“ meinte sie dazu. Dann zog sie nachdenklich an ihrer Kippe. „Aber ich weiß was du meinst.“ sagte sie dann, „Ich freue mich auch nicht gerade meine scheiß Mutter zu sehen und wieder nach den Ferien die Schulbank zu drücken!“ „Was machst du nach der Realschule?“ fragte ich sie. „Ich werde zur FOS gehen. Ich habe in der Fachoberschule den sozialen Zweig belegt. Ich will irgendwann Ärztin oder so was werden und Menschen helfen.“ antwortete sie. Ich war begeistert. „Genau wie ich! Vielleicht kommen wir ja in dieselbe Klasse.“ freute ich mich auf einmal.
Ich wollte Marion unbedingt behalten und nicht nach dieser Klassenfahrt verlieren. Aber ich traute mich irgendwie nicht nach ihrer Nummer zu fragen, da ich nicht wusste, ob sie überhaupt weiterhin meine Freundin sein wollte…
Sie war nämlich im Gegensatz zu mir doch recht cool und hatte ihre Leute und vor allem lebte sie schon längst allein. Und dann war da ja noch Hanna…
Jetzt kamen Hanna und Claudia schon aus der Tankstelle und kamen auf uns zu. Ich merkte, dass Hanna gar nicht erfreut darüber war, dass Marion und ich schon wieder miteinander redeten.
„Und, was gibt es Neues?“ fragte Hanna beiläufig und warf mir einen bösen Blick zu. Ich glaube, wenn Marion auch lesbisch gewesen wäre, dann hätte Hanna sie jetzt vor mir abgeknutscht um ihr Revier zu verteidigen.
„Komm, lass uns wieder einsteigen, wir fahren eh gleich los! Übrigens hab ich Chips gekauft.“ sagte sie zu Marion, die mich entschuldigend anlächelte und mit ihren Mädels wieder in den Bus stieg.
Ich blieb noch eine Weile draußen stehen und beobachtete ein paar Mädchen aus der Parallelklasse, die doch tatsächlich eine kleine Schildkröte auspackten und sie auf dem Rasen herum spazieren ließen. Ich ging auf die Mädchen zu. „Ist die aber süß! Woher habt ihr sie?“ wollte ich wissen. „Vom Markt in Florenz.“ antwortete eine von ihnen und packte sie schnell wieder in den kleinen Karton der mit Luftlöchern ausgestattet war, als sie bemerkte, dass die Lehrerinnen wieder aus der Tanke kamen. Doch zu spät, Frau Bachmann hatte sie schon gesehen!
„Das ist doch wirklich dumm von euch, das arme Tier! Außerdem ist es nicht erlaubt Tiere über die Grenze zu schmuggeln…“
Sie sah sich hilfesuchend um, ob die anderen Lehrerinnen davon mitbekommen hatten und sagte dann plötzlich: „Also gut, ich habe es nicht gesehen. Aber schaut zu, dass das nicht herauskommt! Und merkt euch das für die Zukunft, dass man keine Tiere mitnehmen darf!“
Damit hatte sich das Thema und ich erkannte jetzt erst, was für eine tolle Lehrerin wir eigentlich in Frau Bachmann hatten!
Die letzte Strecke der Fahrt, die noch Stunden dauern sollte, war für mich alles andere als schön. Ich hatte nämlich das Gefühl dass, je näher wir unserer Heimatstadt kamen, umso mehr schnürte sich meine Kehle zu… Insgeheim wusste ich nämlich, dass diese Abschlussfahrt etwas ganz Besonderes und Einmaliges in meinem Leben gewesen ist und ich so etwas auf diese Weise wohl nie wieder erleben würde. Und dass sie jetzt allmählich zu Ende ging machte mich wirklich sehr traurig.
Und dann war es soweit: Wir erreichten unsere Schule gegen Spätnachmittag und wurden von den Lehrkräften, die sichtlich froh darüber waren uns endlich loszuwerden, verabschiedet nachdem sie auch das letzte Gepäck aus dem Bus herausgestellt hatten. Und für mich ging die Reise meines Lebens zu Ende.
Viele Eltern waren gekommen um ihre Töchter abzuholen und ihnen beim Tragen des Gepäcks zu helfen. Nur meine Eltern waren mal wieder verhindert… Ich schleppte meine Umhängetasche zur Bushaltestelle, nachdem ich mich weder von Marion, noch von Bea und Susi verabschieden konnte, weil alles so schnell gegangen war.
Nur Dana kam noch einmal auf mich zu und gab mir ihre Nummer.
„Nicht vergessen, ich will ein paar Abzüge davon!“ zwinkerte sie mir zu und stieg dann in ein wartendes Auto.
Als der blöde Bus nach langem Warten endlich kam und ich mich auf einen Platz setzte, bemerkte ich plötzlich dass Marion auch drin saß! Sie musste irgendwo anders eingestiegen sein. Sie freute mich, als sie mich sah und winkte mich zu sich herüber. „Ich muss jetzt gleich die Nächste raus.“ meinte sie. Mir war klar, wenn ich sie jetzt nicht nach ihrer Nummer fragen würde, dass ich sie wahrscheinlich nie wieder sehen würde… Doch bevor ich noch was sagen wollte, fing sie an: „Hey, Martina, hast du ein Handy?“ Doch sie wartete meine Antwort nicht ab, sondern kramte eilig einen Zettel aus ihrem Rucksack hervor und kritzelte ihre Nummer drauf. Dann gab sie mir den Zettel, packte hastig ihr Zeug zusammen und rannte aus der Bustür, die sich gerade wieder schließen wollte. „Ruf mich doch mal an, dann kannst du mich besuchen!“ rief sie mir nach, dann schlossen sich die Türen wieder und der Bus fuhr an.
Ich nahm ihren Zettel und steckte ihn in meine Hosentasche, als ich ihr noch nachwinkte. Und ich freute mich auf einmal und musste lächeln. Denn diese Abschlussfahrt war zwar zu Ende, aber in meinem Kapitel fing gerade ein neues Kapitel an: Das Kapitel einer Freundschaft, die ewig bestehen bleiben sollte!
Vor mir lagen ganze Jahre mit vielen neuen Erfahrungen bis hin ins Erwachsenenleben, die ich mit Marion erleben und teilen sollte, nur wusste ich es damals noch nicht, aber ich ahnte es irgendwie zu diesem Zeitpunkt schon…
Seitdem war zu Hause nichts mehr so für mich wie es einmal gewesen war. Als Erstes bemerkten es meine Eltern, dass mich diese Abschlussfahrt verändert hatte und ich auf einmal viel selbstständiger und erwachsen geworden war. „Seit Rom bist du wirklich unausstehlich!“ sagte mir meine Mutter einmal. Denn sie hatte wirklich Mühe damit, mich überhaupt noch mit irgendetwas zu überzeugen oder mich gar öfters zu Gesicht zu bekommen. Ich hatte meinen eigenen Willen entwickelt und meine eigenen Vorstellungen vom Leben. Aber im Nachhinein sah sie ein, dass es gut so war wie es eben war. „Du bist erwachsen geworden.“ seufzte sie eines Tages traurig und ich umarmte sie. „Aber du wirst trotzdem immer noch mein kleines Mädchen bleiben.“ sagte sie dann und lächelte. Sie war traurig, aber sie ließ mich eines Tages los, damit ich weiterhin meine eigenen Erfahrungen machen konnte.
Auch meine anderen Freundinnen merkten, dass ich nicht mehr ganz zu ihnen passte. Während sie sich weiterhin trafen um Shoppen zu gehen oder über Typen und Haarprobleme zu diskutieren, wandte ich mich immer mehr von ihnen ab. Irgendwann riefen sie mich dann nicht mehr an, denn auch sie sahen ein, dass ich mich verändert hatte. Sie dachten dass Rom mich verändert hatte, aber das war nicht wahr.
Denn eigentlich hatte mich die Begegnung mit Marion verändert, die mir gezeigt hatte, dass man Mut dazu braucht sich abzugrenzen und seinen eigenen Lifestyle zu leben. Dass man kein Mitläufer sein und genau nur für die Dinge Interesse zeigen muss, die eigentlich nur von unserer Gesellschaft vorgelebt werden und in der Bravo zu lesen sind. Dass man eines Tages seinen eigenen Stil entwickeln muss und genau die Leute finden muss die wirklich zu einem passen. Leute, mit denen man nicht nur die Breite des Lebens teilt, sondern auch die Tiefe.
Eines Tages kramte ich dann Marions Zettel hervor und rief sie an… Ich habe es nie bereut mich verändert zu haben und mich dazu entschieden habe ihre beste Freundin zu werden!
Und wenn ich ehrlich bin dann muss ich mir selbst im Nachhinein eingestehen, dass ich Marion vom ersten Augenblick an auf eine ganz bestimmte Weise geliebt habe.
Nachwort
Bestimmt fragt ihr euch jetzt wie es weitergegangen war mit Marion und mir…
Wir hatten eine geile Teenagerzeit, bis hin zum Erwachsenenleben! Es waren die besten Diskotheken angesagt, eine super Clique und die erste Liebe… Marion hat mich die ganzen Kapitel hindurch meines Lebens begleitet! Natürlich haben wir irgendwann auch die ersten sagen wir mal „illegalen“ Erfahrungen gemacht, wenn ihr versteht was ich meine;-) Aber auch das gehört eben dazu, wenn man langsam erwachsen wird, dass man seine Erfahrungen so macht! Dann kamen Schicksalsschläge, die wir teilten, manchmal ihre, manchmal meine, wie der Tod meiner Mutter beispielsweise. Aber wir waren immer füreinander da! Und das ist auch heute noch so!!! Klar, haben wir uns immer mal wieder aus den Augen verloren und den Kontakt auf Dauer nicht mehr halten können, vor allem, weil sich seit meiner ersten Ehe wir uns in zwei verschiedenen Richtungen weiterentwickelt haben. Dennoch, immer wenn wir uns beide mal zufällig wieder über den Weg laufen, dann nehmen wir uns die Zeit um gemeinsam eine Kippe zu rauchen und zu reden. Und dann ist es wieder genauso wie früher, als seien wir niemals getrennt gewesen! Und wenn ihr so eine Freundin habt, dann rate ich euch haltet sie fest und es sollte euch wirklich egal sein, was andere Leute von ihr halten. Denn so eine Freundschaft ist eines der tollsten Geschenke, die man jemals im Leben kriegen kann!
Mein Geschenk an euch:
2 megageile Rezepte zum Ausprobieren!!!
PARTYPIZZA, 2 BLECHE
800 g Weizenmehl
2 Würfel Hefe
400 g lauwarmes Wasser
8 EL Ölivenöl
4 TL Salz
2 TL Zucker
Die Hefe mit dem Zucker im lauwarmen Wasser auflösen.
Das Mehl in eine große Schüssel geben. Salz, Olivenöl und das Hefewassergemisch dazu geben.
Alles gut und lange zu einem geschmeidigen Teig kneten.
Die Schüssel mit einem Deckel oder einer Duschhaube abdecken, an einen warmen Ort stellen und am besten über Nacht vor dem Schlafengehen gehen lassen.
Dann schön dünn ausrollen und auf die Backbleche. Dann Tomatensoße drauf und Käse, ich schlage vor, am besten Raclettekäse!!! Nun könnt ihr die Pizzen nach Lust und Laune belegen. Bei 180 Grad circa 20 Minuten backen.
Leckeres, italienisches Zitronen-Dessert für 4 Personen
200 g Frischkäse, Doppelrahmstufe, 250 g Sahnejoghurt, natur, 1 Bio-Zitrone, 1 Pck. Vanillezucker und 2-3 EL Limoncello
Die Zitrone waschen und gegebenenfalls etwas Schale abreiben. Dann die Frucht halbieren und etwa zwei Esslöffel Saft auspressen. Diesen dann mit dem Frischkäse, Joghurt, Zucker und dem Limoncello vermengen und die Masse schaumig schlagen.
Anschließend auf vier Gläser aufteilen und für etwa zwei Stunden in den Kühlschrank stellen. Nach Belieben könnt ihr diese dann noch mit Zitronenzesten bestreuen. Außerdem könnt ihr die Zitronen-Creme gemeinsam mit weiteren Früchten nach Lust und Laune auf Tellern anrichten. Falls ihr die Creme in einem Glas servieren wollt könnt ihr noch einen Boden aus Bröseln eurer Lieblingskekse unter die Creme streuen.
Guten Appetit!!!
Impressum:
Martina Körber,
Lessingstrasse, Neusäss,
koerber.martina@web.de
Texte: Martina Körber
Bildmaterialien: Martina Körber
Cover: Martina Körber
Tag der Veröffentlichung: 17.04.2022
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