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Kapitel 1

Ich bin Mira Calypso und 17 Jahre alt. Ich wohne mit meiner Familie in einem gemütlichen Fachwerkhaus weit außerhalb der Stadt. Mir machte das nichts aus. Ich liebe die Natur und unternehme gerne mit meinen drei Hunden Paul, Mia und Luke lange Spaziergänge. Ich war glücklich, ja bis zu diesem einen Tag...

 

Es war ein ganz normaler Tag wie jeder andere als meine Eltern und ich in die Stadt zum einkaufen fuhren. Ich liebte diese gemeinsamen Einkaufsbummel. Doch an diesem Tag lief irgendwie alles schief. Auf dem Weg in die Stadt fing plötzlich stürmischer Wind und Regen die Straßen schwer befahrbar zu machen und da geschah es – mein Vater verlor die Kontrolle über das Auto und wir überschlugen uns zwei mal bis wir gegen einen Baum prallten. Ich wurde auf der Rückbank umher geschleudert und mit dem Kopf stieß ich hart an die Fensterscheibe. Das letzte, was ich, bevor alles um mich herum schwarz wurde, registrierte, war, dass meine Mutter lauf aufschrie und abrupt verstummte.

 

* * *

 

Mein Kopf dröhnte so dolle und mein ganzer Körper fühlte sich so schwer an. Es roch ekelhaft nach einer Mischung aus Erbrochenem, Desinfektionsmittel und schlechtem Essen. Ich öffnete meine Augen, um herauszufinden wo ich war und versuchte meinen Kopf anzuheben, was mir erheblich schwer fiel. Da stieg plötzlich Panik in mir auf als ich bemerkte, dass ich in einem Krankenhaus lag. In einem weißen Bett unter weißen Decken in einem beschissenen weißen Raum. Eine Krankenschwester öffnete die Tür und ich fragte panisch: „Was ist passiert? Wo bin ich? Wieso bin ich hier? Warum sind meine Eltern nicht hier?“

„Immer langsam. Beruhige dich! Du hast eine schwere Gehirnerschütterung und musst ruhig im Bett liegen bleiben. Magst du etwas trinken?“, antwortete mir die Schwester.

Ich fragte mich, warum sie nichts über meine Eltern sagte. Da kamen bruchstückhaft Erinnerungen zurück. Ich weiß wieder, dass ich mit meinen Eltern auf dem Weg in die Stadt war und Papa irgendwie die Kontrolle verloren hat.

„Oh Gott! Wir hatten einen Unfall! Was ist mit meinen Eltern passiert?“, ich fuhr ruckartig in meinem Bett auf und mir wurde schwindelig und kotzübel. Die Krankenschwester drückte mich sanft in die Kissen zurück und sagte: „Ich kann dir leider auch nichts genaues sagen. Deine Eltern werden noch operiert. Ich stelle dir hier etwas zu trinken auf den Tisch. Soll ich noch jemanden anrufen?“ Ich schüttelte meinen Kopf und meinte: „Geben sie mir mein Handy und dann mache ich das selbst!“

„Aber du musst di...“

„Nichts muss ich! Wenn sie mir schon nichts über meine Eltern sagen, dann geben sie mir jetzt gefälligst mein Handy!!“

„Na schön. Ich hole es eben.“

Die Krankenschwester verschwand und ich war für einen Moment allein. Ich atmete tief ein und versuchte mir einzureden, dass es meinen Eltern gut geht. Ich liebe sie über alles. Wenn ich sie verlieren würde, wüsste ich nicht, was ich machen soll. In so einer Situation kann mir nur mein bester Freund helfen. Da kam die Krankenschwester auch wieder und gab mir mit einem tadelnden Blick mein Handy. Ich wählte die Nummer von Aiden und wartete ungeduldig, dass er endlich abnahm.

„Hey Süße. Was ist los? Seit ihr nicht eigentlich bei eurem wöchentlichen Stadtbummel?“, fragte Aiden. Da konnte ich nicht mehr und alles brach aus mir heraus. Ich fing an zu schluchzten und die Tränen liefen mir nur so die Wangen runter.

„Wir...“ *schnief „hatten...“ *schnief „einen...“ *schluchzt „Unfall. Ich...“ *schnief „Krankenhaus...“ *schluchzt „Mama und Papa...“ *Nase hochziehen „Operiert.“, stotterte ich unzusammenhängend ins Telefon. „Was? Ihr hattet einen Unfall?! Ich komme sofort zu dir! In welchem Krankenhaus bist du? Dann kannst du mir alles genau erzählen.“, sagte mein wirklich bester Freund. „K...k...keine Ahnung. W...w...warte.“, ich drückte auf den Notknopf und die Schwester von eben kam in mein Zimmer.

„I..in welchen Krankenhaus bin ich?“

„Saint Francis Hostpital.“

„Danke“

„War das alles?“, fragte die Krankenschwester, deren Namen ich immer noch nicht weiß.

Ich nickte und sie verschwand wieder. „Ich hab´s gehört. Bin schon unterwegs und gleich da.“, sagte Aiden noch und legte sofort auf. Ich weinte leise weiter und legte das Handy auf den Nachttisch.

Ich hoffte, dass es meinen Eltern gut geht! Ich fragte mich, wie das nur passieren konnte. Wieso ausgerechnet wir? Was hatte ich nur getan, dass der ganze Scheiß uns traf? Ich fing an zu zittern und fing an noch verbitterter zu heulen. Ich badete in Selbstmitleid und verfluchte das Wetter, die ganze Welt und am meisten, dass wir ausgerechnet heute in die Stadt fahren mussten. Ich gab mir die ganze Schuld. Nur wegen mir sind wir heute schon gefahren. Nur, weil ich zum Abendessen unbedingt Hot Dogs essen wollte. Am meisten begann ich mich selbst zu hassen. Da wurde die Tür aufgerissen und ein aufgebrachter Aiden stürmte ins Zimmer, eine unbekannte Krankenschwester ihm gleich auf den Fersen.

„Sie braucht Ruhe! Besuchszeit ist erst um 17 Uhr. Ansonsten dürfen nur Familienmitglieder zu den Patienten.“, versuchte sie wild gestikulierend Aiden klar zu machen. Doch wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hatte, kann ihn keiner mehr aufhalten. Also sagte er laut: „Ich gehöre quasi zur Familie!“, drehte sich um und ignorierte ihre empörte Miene.

„Wie geht es dir, Süße?“, fragte er liebevoll, setzte sich auf die Bettkante und strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich setzte mich auf und schmiss mich in seine Arme. Ich schmiegte mich an seine Halsbeuge und schluchzte erneut laut auf. „Schsch... Das wird schon wieder.“, flüsterte er mir zu und strich mir beruhigend über mein Haar. Ich wusste nicht wie lange wir so da saßen, aber irgendwann begann ich leise zu erzählen:

„Wir sind wie jede Woche in die Stadt gefahren, aber dann war da so ein Unwetter und Papa verlor die Kontrolle über das Auto. Wir haben uns überschlagen und sind dann gegen einen Baum geprallt. Das letzte, was ich weiß, ist, dass Mama geschrien hat.“

Ich krallte mich in das T-Shirt von Aiden. Er drückte mich eng an sich und gab mir einen Kuss auf meine Haare. „Kannst du bitte so lange hier bleiben, bis ich weiß, was mit meinen Eltern ist?“ „Klar, ich bleibe so lange du willst. Ich lass dich so doch nicht allein!“, versprach er mir. Aiden löste sich von mir, kramte in seiner Hosentasche und holte seinen iPot raus und machte leise Musik an. „Rutsch mal rüber.“, sagte er. Ich tat es und er legte sich neben mich ins Bett. Ich kuschelte mich an ihn und hörte seinen gleichmäßigen Herzschlag. Dieser beruhigte mich ein wenig und wir hörten schweigend der Musik zu. Nach einiger Zeit fallen mir die Augen zu und ich schlafe ein.

 

* * *

 

Ich wurde unsanft von der mittlerweile keifenden Krankenschwester geweckt. „Sie müssen sich jetzt umgehend aus dem Raum entfernen. Die Besuchszeit ist jetzt schon lange vorbei!“, zeterte sie mit hoch rotem Kopf. Ich gähnte und wollte wissen, was hier los sei. „Die Schwester will, dass ich mich von dir verabschiede und für heute nach Hause gehe.“, erklärte Aiden mir die Situation. „Aiden bleibt hier!“, weigerte ich mich und schüttelte meinen Kopf so heftig, dass ich Kopfschmerzen bekam. Ich fasste mir an den Kopf und stöhnte auf.

„Geht es ihnen nicht gut? Haben sie Schmerzen?“, fragte die Schwester besorgt. „Ich habe schreckliche Kopfschmerzen, dank ihnen.“, beschwerte ich mich anklagend. „Und ich will endlich wissen, wie es meinen Eltern geht!“

„Warten sie, ich hole ihnen eine Kopfschmerztablette und einen Arzt, der sie über die Situation ihrer Eltern aufklären wird.“, antwortete sie mir und ging kopfschüttelnd aus dem Zimmer, während sie so was wie: „So geht das nicht. Der Junge muss nach Hause gehen. Er regt sie auf!“ murmelte. Ich wurde wütend und meinte, dass die Krankenschwester bescheuert sei.

Fünf Minuten später kam sie mit einer Tablette und dem Arzt wieder ins Zimmer. Ich nahm ihr die Tablette ab und Aiden gab mir ein Glas Wasser. Nachdem ich die Tablette geschluckt habe, sagte der Arzt zu Aiden: „Schwester Kora hat mir gesagt, dass sie das Patientenzimmer nicht verlassen wollen. Ich muss sie bitten, dies umgehend zu tun. Ansonsten muss ich den Sicherheitsdienst rufen.“ Aiden schaute mich fragend an und ich schüttelte ganz leicht den Kopf. Er zog mich noch dichter an sich und ich erwiderte: „Nichts werden sie tun. Aiden bleibt hier! Sonst entlasse ich mich selbst, denn ohne ihn bleibe ich nicht hier, weil mir keiner sagt, was mit meinen Eltern los ist und diese ja anscheinend nicht für mich da sein können. Großeltern habe ich auch keine, ebenso wenig wie andere Angehörige. Und wenn sie mir nicht gleich sagen, was jetzt mit meinen Eltern los ist, raste ich richtig aus.“

„Beruhigen sie sich doch wieder. Sie müssen dich ausruhen. Und der junge Mann kann auf keinen Fall hier bleiben. Er muss jetzt das Zimmer verlassen und dann schildere ich ihnen die Situation ihrer Eltern.“

Die Schwester grinste besserwisserisch und bedeutete Aiden aufzustehen und ihr zu folgen. Dieser sagte an mich gewandt: „Ich will hier nicht unnötig Ärger machen. Ich gehe jetzt erst einmal und verspreche dir, dass ich dich gleich morgen früh besuchen komme. Da kann mich auch kein Sicherheitsdienst von abhalten. Einverstanden?“ Ich nickte resignierend und er stand auf. Er verließ mit der Krankenschwester das Zimmer und bog nach links ab. Ich schaute ihm kurz mit hängenden Schultern nach, straffte diese dann tief durchatmend und wandte mich dem Arzt zu: „Also, was ist jetzt los?“

„Mein Name ist Dr. Kirchner und bin der behandelnde Arzt ihrer Eltern. Ich muss ihnen leider mitteilen, dass ihr Vater derzeit im Koma liegt. Er hat die Operation gut überstanden und ist stabil.“, erklärte mir der Doktor.

Ich war erschüttert. Koma! Das konnte nicht sein!

„Und was ist mit Mama?“, traute ich mich kaum zu fragen. Er schaute mir mitfühlend in die Augen und sagte fast ohne Emotionen: „Tut mir Leid ihnen sagen zu müssen, dass ihre Mutter, Frau Calypso, die Operation nicht überlebt ist. Sie ist heute Nachmittag leider verstorben.“

Für mich brach alles zusammen. Ich brach zusammen. Ich schrie laut: „NEIN!!“ Ich sprang weinend aus dem Bett und lief Aiden hinterher. Ich lief diesen scheiß beschissen langen Gang entlang bis ich ihn entdeckte und nach ihm rief. Er drehte sich verwundert um, sah, dass ich gleich vollends zusammenbrechen würde und kam mir entgegen.

„Was ist passiert?“, fragte er während ich kraftlos auf den Boden sank. Aiden hob mich hoch und drückte mich an sich. Ich lehnte meinen Kopf an seine Brust und wurde ganz still. Ich war geschockt. Fühlte nur noch leere. Dr. Kirchner war mir hinterher gerannt und klärte Aiden auf. Er riss erschrocken die Augen auf und drückte mich noch enger an sich. Er brachte mich zurück in mein Zimmer und legte mich auf´s Bett. Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und setzte sich auf den Besucherstuhl. Der Arzt meinte, Aiden müsse jetzt gehen, so dass ich die Nachrichten verdauen kann. Ich versuchte den Kopf zu schütteln, war aber zu kraftlos. Aiden stand nickend auf und ging.

Als ich wieder zu mir kam begann ich zu schreien. Schwester Kora versuchte mich zu beruhigen. Doch ich schlug wild um mich. Ich zerkratze ihr das Gesicht und brüllte: „Aiden soll hierbleiben oder ich tue mir was an!“

„Das geht nicht und das wissen sie!“ , versucht Kora mit klar zu machen. Alarmiert von dem Geschrei kam der Arzt und einige andere Krankenschwestern ins Zimmer und versuchten vergeblich mich ruhig zu stellen. Da sagte der Arzt: „Wenn sie sich weiterhin so verhält, kann das schlimme Folgen für sie haben. Sie hat eine schwere Gehirnerschütterung. Halt doch bloß jemand diesen Aiden auf und holt ihn her. Vielleicht kann er sie beruhigen!“

Eine der Schwestern rannte gleich los, während ich ungerührt weiter brüllte und strampelte. Da fühlte ich zwei starke Arme, die sich um meine Taille legten und mich an eine starke Brust zogen. Ich wollte laut protestieren bis ich den beruhigenden Duft von Aiden bemerkte. Ich entspannte mich etwas und begann hemmungslos an zu heulen.

„Schsch... Ich bin ja bei dir. Beruhige dich wieder.“

„Tja, da sie der einzige zu sein scheinen, der Mira beruhigen kann, denke ich, dass es das Beste ist, wenn sie hier bleiben.“, lenkte Dr. Kirchner ein. Aiden nickte und die Ansammlung der halben Belegschaft der Krankenhausstation verließ das Zimmer. Aiden legte sich ins Bett, zog mich eng sich und ich heulte mich in den Schlaf. Die ganze Zeit über streichelte mein bester Freund mir beruhigend über den Rücken.

Kapitel 2

Am nächsten Morgen wachte ich völlig erschöpft auf. Ich bin in der Nacht noch mehrmals aufgeschreckt durch Albträume, die sich dann jedes mal als Wirklichkeit herausgestellt haben. Ich konnte es nicht fassen, dass meine Mom tot war. Mein Vater lag immer noch im Koma, wenn ich gefragt hatte.

„Wie geht es dir jetzt, Süße? Magst du was frühstücken?“, fragte mich Aiden leise. Ich fühlte mich elend. Mein Kopf tut weh. Und mein Herz scheint in tausend Stücke zerbrochen zu sein. Was mich noch zusammen hielt, war Aiden. „Ich hab wieder Kopfweh.“, beantwortete ich ihm seine erste Frage. Die Zweite beantwortete mein Magen mit einem lauten Knurren. Aiden grinste, stand auf und sagte: „Ich gehe eine Krankenschwester holen, die dir noch eine Tablette geben soll und um ihr zu sagen, dass wir gerne etwas essen würden. Ich komme gleich wieder.“ Ich nickte und schloss wieder meine Augen, denn die Tränen liefen still über meine Wangen. So viel auf einmal hatte ich noch nie geweint.

Nach einer Weile kam Aiden mit einem Glas Wasser und der Tablette wieder. Kurz darauf kam ein Pfleger und brachte uns das Frühstück. Wir aßen schweigend und danach kümmerte Aiden sich darum, dass der Fernseher freigeschaltet wird. So schauten wir fast den ganzen Tag irgendwas im Fernsehen und redeten miteinander über meine Eltern und erinnerten uns an schöne Zeiten.

Manchmal konnte ich sogar lachen, wenn Aiden einen Witz erzählt hat oder über die Eigenarten meiner Mutter. Sie war etwas besonderes. Manche haben sie als verrückt bezeichnet, weil sie die Besitzerin eines Isoterikgeschäfts war und felsenfest der Meinung war, dass alle ihre Mixturen helfen würden und man keine Medikamente brauchte. Ich wusste, dass alles hilft. Immer wenn ich krank war, hat sie mich wieder Gesund gepflegt mit diesen Mixturen. Mein Vater dagegen war ganz ´normal`. Er ist ein langweiliger Anwalt, aber für mich war er der Größte. Er machte jeden Scherz mit – sehr zum Leidwesen meiner Mutter. Einmal war ich von der Schule nach Hause gekommen und meine Mutter hat mich gefragt, wie die letzte Physikarbeit ausgefallen wäre. Ich zwinkerte meinem Dad zu und sagte ihr, dass ich eine sechs geschrieben hätte. Sie starrte mich fassungslos an und fing eine fürchterliche Schimpftirade an. Mein Vater konnte sich das Lachen nur knapp verkneifen, denn er wusste, dass ich meine Mutter veräppelte. Meine Mutter, Marion hieß sie, schaute meinen Vater an und meinte vorwurfsvoll zu ihm, dass er ja auch mal was dazu sagen könne. Und alles was er sagte, war, dass ich es nächstes mal schon besser machen werde und mir das Thema wohl einfach nicht gelegen hätte. Da konnte ich auch nicht mehr an mich halten und fing prustend an zu lachen, weil Papa und ich genau wussten, dass ich in Physik einsame Spitze bin. Mein Vater stimmte in das Lachen mit ein und meine Mutter schaute uns verständnislos an und wollte wissen, was daran so lustig wäre. Ich japste, wir hätten sie komplett auf den Arm genommen und hätte die beste Arbeit geschrieben. Sie schaute uns beleidigt an, zuckte die Achseln und setzte sich an den Mittagstisch. Die Sache war für sie abgehackt. Später konnte sie über so etwas aber immer mit uns lachen.

Ich vermisste sie jetzt schon schrecklich und mir wurde erst jetzt bewusst, dass ich mich um ihre Beerdigung kümmern müsste. Ich hoffte inständig, dass Dad aufwachen würde, so dass ich das nicht allein machen müsste. Ich fing im laufe des Tages noch oft an zu weinen und jedes mal tröstete mich Aiden. Er ist wirklich ein Schatz.

Am Nachmittag schob man ein zweites Bett in unser Zimmer und sagte, dass Aiden hier bleiben könne bis ich entlassen werde. Man würde noch das Jugendamt benachrichtigen, da ich noch nicht volljährig war. Ich wollte davon nichts hören und verkroch mich in Aidens Armen.

 

Die nächsten Tage liefen alle ähnlich ab, nur dass die Schmerzen im Kopf besser wurden. Am vierten Tag kamen Freunde aus der Schule zu Besuch und sprachen mir ihr Beileid aus. Danach erzählten sie mir alle neuen Entwicklungen in der Schule. Das typische Mädchengequassel. Der hat mit dem Schluss gemacht und die sind jetzt zusammen...

Ich hörte nur mit halbem Ohr zu. Mich interessierte so was noch nie wirklich, obwohl mehrere Jungs schon ihr Glück versucht hatten. Ich hatte sie aber alle abblitzen lassen. Keiner hatte mein Interesse geweckt. Nur Aiden hatte das geschafft. Keine meiner Freundinnen hatte das verstanden, weil er überhaupt nix mit Mädchen zu tun hatte. Aber genau das hat mich fasziniert. Ja, er ist schwul, aber das macht mir gar nichts aus. Im Gegenteil, ich kann mit ihm über alles reden. Er liebt lange Spaziergänge genauso wie ich und meine Hunde scheinen ihn zu lieben, auch wenn Paul ihn manchmal an knurrt.

Wenn ich meine Freundinnen das erste mal mit nach Hause gebracht habe, haben sie immer erschrocken aufgeschrien, wenn die drei auf sie zu stürmten, um sie zu begrüßen. Ich muss zugeben, dass sie manchmal recht stürmisch sein können und an jedem hoch hüpfen. Aber umgeworfen haben sie noch nie jemanden. Nur mich.

Als ich an meine drei liebsten denken musste, fing ich an zu lächeln. Erschrocken stellte ich fest, dass seit vier Tagen keiner bei Paul, Mia und Luke war. Sie waren die ganze Zeit eingesperrt und hatten nichts zu fressen bekommen. Ich fragte Aiden: „Warst du zwischendurch bei meinen Hunden? Ich hab sie über das ganze hier total vergessen. Was mach ich denn jetzt? Die Armen. Ganz allein. Und raus konnten sie auch nicht.“

Da brach ich wieder in Tränen aus. Aiden beruhigte mich: „Ich hab gleich am ersten Tag in dem Tierheim angerufen, wo du sonst immer aushilfst und die haben mir versichert, dass sie sich um deine Hunde kümmern. Denen geht es gut, das kann ich dir versichern. Mach dir keine Sorgen.“

Nach einer Stunde mussten die Mädels auch wieder gehen, weil morgen eine Arbeit geschrieben wurde. Die nächsten Tage verliefen schleppend und nach 1 ½ Wochen sollte ich dann entlassen werden und das Jugendamt tauchte auf.

„Guten Tag, mein Name ist Frau Kohl und ich bin vom Jugendamt. Du bist Mira Calypso, richtig?“, stellte sich die Frau vor. Ich nickte und fragte: „Was passiert jetzt?“

„Also, da ihre Mutter leider verstorben ist und ihr Vater im Koma liegt und du noch nicht volljährig bist, kommst du vorübergehend in ein Jugendheim und dann kommst du zu Verwandten von dir. Dort wirst du dann bleiben bis dein Vater wieder Gesund ist oder du volljährig wirst.“, machte die Jugendamttussi meine ganzen Hoffnungen zunichte.

Ich wollte nicht zu irgendwelchen fremden Leute, die dann sagen, du darfst dies nicht und das nicht und meine Hunde würde ich bestimmt auch nicht mitnehmen können. So schüttelte ich den Kopf und stellte klar: „Ohne meine drei Hunde Paul, Mia und Luke gehe ich nirgendwo hin und ich will in unserem Haus wohnen bleiben. Haben sie mich verstanden? Verwandte habe ich nicht.“

„Das können wir leider nicht machen. Du bist nicht volljährig und du brauchst einen Vormund!“

„Dann wird mein Vormund eben so lang Aiden, der ist volljährig!“, erwiderte ich bockig und verschränkte die Arme vor meiner Brust. Frau Kohl schüttelte den Kopf und meinte, dass das auch nicht ginge. Ein junger Mann könne nicht einfach die Vormundschaft übernehmen. Schon gar nicht, wenn es der feste Freund wäre.

„Aber er ist nicht mein fester Freund. Er ist mein BESTER Freund und zudem noch schwul. Also brauchen sie sich in der Hinsicht keine Sorgen zu machen. Außerdem ist er doch auch der Vormund von seinem kleinen Bruder und da gab es auch keine Probleme!“, versuchte ich sie zu überzeugen. Frau Kohl wandte sich an Aiden: „Wer sind sie denn jetzt genau? Wie alt sind sie? Und warum sind sie der Vormund?“ „Ich bin Aiden Foster und 20 Jahre alt. Ja, das stimmt. Unsere Eltern sind gestorben als ich 18 war und wir haben keine anderen Verwandten. Da wir unsere gemütliche, kleine Wohnung und das ganze Vermögen vererbt bekommen haben und da auch nicht weg wollten, hat das Jugendamt entschieden, dass ich die Vormundschaft meines Bruders übernehme, der damals erst 14 war. Heute habe ich eine feste Arbeitsstelle und mein Bruder geht in die 10. Klasse auf das Gymnasium in der Stadt.“, stellte er sich vor.

„Nun ja. Das ist ja schön und gut, aber ich werde das erst mal nachprüfen müssen. Bis dahin muss ich leider veranlassen, dass sie in ein Jungendheim kommen. Ich komme nochmal wieder und fahre sie dann dort hin. Ich setzte mich dann auch mit der Nachlassabteilung im Gericht in Verbindung wegen des Testaments ihrer Mutter. Ich verabschiede mich jetzt von ihnen. Bis nachher.“, verabschiedete sie sich und verschwand.

Ich wollte nicht ins scheiß Jugendheim. Ich wollte bei mir im Haus wohnen bleiben. Ich schaute Aiden verzweifelt an. „Ich will da nicht hin. Wo soll ich denn Mia, Luke und Paul lassen?“

„Ich kann die drei so lange zu mir holen. Maik wird sich freuen, wenn mal was zu Hause los ist. Aber wie es aussieht musst du erst mal mit Frau Kohl mitgehen.“, meinte er zu mir. „Jetzt helfe ich dir aber dabei deine Sachen alle einzupacken.“ Ich stimmte enttäuscht zu und wir machen uns daran alles einzusammeln, was wir in der Zeit in unserem Zimmer verteilt haben.

 

Nach zwei Stunden kam Frau Kohl dann wieder und verkündete: „Ich habe das Testament ihrer Mutter gelesen und im Falle, dass sie und ihr Mann sterben sollten oder durch schwere gesundheitliche Probleme nicht ihrer Pflichten gegenüber dir nachkommen können, die Vormundschaft an Frau Susanne Hirsch und Herrn Aiden Foster übertragen wird. Außerdem sollst du in eurem Haus wohnen bleiben. Ich habe nachgeprüft, ob Herr Foster diese zusätzliche Verantwortung übernehmen kann und ich und mein Chef haben entschieden, dass du bei dir zu Hause wohnen kannst und Herr Foster und Frau Hirsch die Vormundschaft haben. Dies befürworten wir aber nur unter der Bedingung, dass sie nicht allein leben.“

Ich fing bei diesen Nachrichten an zu jubeln und fiel Aiden um den Hals. Ich würde nirgendwo anders wohnen müssen. Dann wurde mir bewusst, dass ja noch jemand bei mir wohnen muss, sonst muss ich woanders hinziehen. Ich überlegte, wer das sein könnte.

„Ich denke, ich könnte mit meinem Bruder zu dir ziehen. Platz genug ist ja. Das muss ich nur noch mit Maik klären, aber ich denke er hat nichts dagegen.“, schlug er vor. Ich nickte begeistert und umarmte ihn ganz fest.

„Danke für alles!“, flüsterte ich ihm zu. Ich drehte mich wieder zu Frau Kohl und schaute sie fragend an. Sie stimmte nickend zu: „Ich denke, dass wäre wohl die beste Lösung. Frau Hirsch werde ich über diese Entwicklungen in Kenntnis setzten, aber ich glaube nicht, dass sie etwas dagegen haben wird. Ich werde in der nächsten Zeit nochmal bei ihnen vorbei kommen, um zu gucken, ob alles in Ordnung ist. Auf wiedersehen.“ Sie gab uns nacheinander die Hand und verschwand dann wieder.

Aiden und ich grinsten uns an. Da kam auch schon der Arzt und entließ mich. Er sagte mir noch, dass es keine Veränderung bei dem Zustand meines Vater gäbe. Wir verabschiedeten uns und fuhren mit dem schwarzen Cabrio zu Aiden in die Wohnung. So können wir gleich alles mit Maik besprechen. Am meisten freute mich darüber, dass ich meine drei Lieblinge wieder sehen kann. Ich habe sie schrecklich vermisst.

Wir kamen in die Wohnung und Maik saß gerade vor dem Fernseher und zockte ein Videospiel. „Maik, mach mal bitte das Spiel aus. Ich muss mit dir reden.“, sagte Aiden zu ihm. „Ok“, achselzuckend machte Maik alles aus und setzte sich zu uns an den Tisch.

„Was ist denn los?“

„Ja, also, du weißt ja, dass Mira einen Unfall mit ihren Eltern hatte und ihre Mutter ist gestorben. Ihr Vater liegt immer noch im Koma. Das Jugendamt kam zu ihr und wollte sie ins Jugendheim stecken, wogegen sie protestierte und vorschlug, dass ich ihr Vormund werde. So wie ich es von dir geworden bin. Im Testament steht auch, dass ich mit der besten Freundin von Miras Mutter die Vormundschaft übernehmen soll. Ich habe zugestimmt. Der Hacken dabei ist aber, dass wir beide dann zu Mira umziehen müssen.“, erklärte Aiden Maik die Situation.

„Tut mir Leid, dass deine Mutter Tod ist, Mira.“, sprach er mir sein Beileid aus und wandte sich an seinen Bruder. „Und wieso müssen wir deswegen zu Mira ziehen? Sie kann doch auch zu uns ziehen!“ „Durch das Testament steht fest, dass Mira nicht aus dem Haus ausziehen soll. Das Jugendamt will aber, dass sie nicht allein bei ihr wohnt und da habe ich gesagt, dass ich mit dir da hin ziehe.“

Maik starrte ihn mürrisch an. Dann tauchte ein Grinsen auf seinem Gesicht auf. „Na gut, ich ziehe mit dir zu Mira. Aber nur unter der Bedingung, dass ich dann ein Auto bekomme. Sie wohnt ja nicht gerade in der Stadt. Meinen Führerschein habe ich doch schon längst gemacht!“ Aiden überlegte und ich schaute ihn hoffnungsvoll an. „Aiden, nun kauf ihm doch ein Auto. Das hat er sich doch eh schon lange gewünscht, du wolltest aber nicht, dass er eins bekommt, weil ihr in der Innenstadt wohnt und alles zu Fuß oder mit Fahrrad zu erreichen ist. Ich habe doch auch ein Auto! Ich wüsste nichts, was dagegen spricht.“ Maik lächelte mich dankbar an und schaute dann zu Aiden. Dieser schien noch mit sich selbst zu ringen. Letztendlich sah er aber ein, dass dagegen nichts sprach und stimmte zu.

Maik und ich jubelten und ich sagte: „Dann müsst ihr jetzt nur noch alles packen und dann alles zu mir bringen. Bis dahin kann ich ja auch allein bei mir wohnen.“ Aiden nickte und holte sein Handy raus. „Hallo?! Ja, hier ist Aiden Foster. Ich brauche einen Umzugswagen. Mhm... Ja... Alles klar... Nächste Woche Freitag würde passend... Okay... Auf Wiederhören.“, besprach er und legte auf. „Am Freitag kriegen wir den Umzugswagen und bis dahin müssen wir mit packen fertig sein. Maik, du wirst auch helfen. Ich mache das nicht alles allein.“ Ich sagte, dass ich auch mithelfen würde und so war das geritzt. Aiden bot mir an, mich nach Hause zu fahren und ich stimmte zu. Ich darf erst in einer Wochen wieder selbst Auto fahren.

Kapitel 3

Nach einer halben Stunde Fahrt kamen wir dann bei meinem Haus an. Es sah echt schön aus. In mitten von grünen Wiesen stand es da ganz allein. Hinter dem Haus erstreckt sich ein riesiger Wald. Überall blühten die fantastischsten Blumen und andere Pflanzen. Ein Schotterweg führte geradewegs auf das Haus zu. Etwas weiter vom Haus entfernt stand eine große Garage. Dort stand mein Auto und die beiden meiner Eltern. Für ein Auto wäre dort noch Platz. Aiden parkte vor dem Haus und wir holten meine Sachen aus dem Kofferraum und gingen auf die Haustür zu. Ich schloss auf und trat ein.

Es war beängstigend still. Das soll jetzt nicht heißen, dass es bei uns immer laut war. Aber sonst hatte ich immer die Gewissheit, dass noch jemand da ist. In der Küche Geräusche macht oder im Wohnzimmer Musik hört. So ist es aber nicht. So wird es wohl auch nie wieder sein.

Die Tränen liefen mir wieder über die Wangen und ich dachte an schöne Erinnerungen. Zu jedem Raum und zu jedem Möbelstück konnte ich eine Geschichte erzählen. Ich strich langsam die Wände durch den Flur entlang, bis ich in unserer Wohnküche ankam. Alles lag noch genau dort, wo es liegen gelassen wurde. Ich setzte mich auf das Sofa und fing jämmerlich an zu schluchzten. Aiden nahm mich in den Arm und zog mich auf seinen Schoß. Ich schmiegte mich an ihn und er strich mir beruhigend über den Rücken. Bei ihm fühlte ich mich geborgen. Ich war froh das er zu mir zog.

Ich dachte daran, was ich jetzt alles machen musste. Die Beerdigung organisieren, die Zimmer für Aiden und Maik fertig machen und mich um alles andere im Haus kümmern.

Ich musste meine Hunde wieder zu mir holen! „Kommst du mit zum Tierheim, um die Hunde zu holen, Ernie?“ „Klar, Süße.“, stimmte er zu und wischte mir die letzten Tränenreste von der Wange. Er zog mich vom Sofa und wir machten uns zu Fuß auf den Weg. Das Tierheim lag ganz in der nähe von unserem Haus. Nur 15 Minuten Fußweg entfernt. Aiden legte einen Arm um mich und wir überlegte uns, wie wir die leerstehenden Zimmer unter ihm und Maik aufteilen können. Wir hatten noch eine Wohnung in unserem Haus. Und mehrere Räume. Nur wurde das alles nicht von uns genutzt. Ich allein hatte ja schon ein riesiges Zimmer mit begehbarem Kleiderschrank und einem Raum, der komplett mit Dingen für die Hunde eingerichtet ist und an mein Zimmer grenzt. Ein eigenes Badezimmer hatte ich auch.

„Maik kann ja das Zimmer nehmen, wo das eine Bad angrenzt und du das, wo man auf die Terrasse kommt.“, schlug ich vor. Er widersprach: „Ich würde sagen, Maik bekommt das zur Terrasse raus. Das hat doch dieses Badezimmer, das für zwei Zimmer ist. Also zwischen den beiden ist und begehbar ist. Ich nehme dann das dazugehörige Zimmer. Das hat noch einen kleinen Nebenraum in dem ich dann mein Büro einrichten kann. Wir brauchen nicht jeder ein eigenes Bad.“

„Stimmt, das ist besser. Hab an die beiden Räume gar nicht gedacht. Da stehen massenweise Kartons drin mit irgendwelchem Krimskrams. Ich räume die alle in das einzelne Zimmer mit dem Bad.“ So kamen wir zu einer gemeinsamen Lösung.

Da fragte mich Aiden: „Sag mal, kann Maik dann seine heißgeliebte Playstation im Wohnzimmer anschließen?“ „Klar kann er das machen. Ich weiß doch wie gerne er Videospiele spielt und das stundenlang. Er muss sich dann nur damit zufrieden geben, dass Luke ihn dann die ganze Zeit anspringen wird. Es sei denn er bekommt es irgendwie hin, dass er sich ruhig auf seinen Platz legt. Da die Türen immer offen sind, so dass die Hunde immer rein und raus laufen können, kann er ihn auch nicht einfach rausschmeißen. Und ich glaube nicht, dass Luke auf ihn hören wird.“, sagte ich lachend.

„Damit wird er wohl klarkommen müssen!“ Aiden zwinkerte mir zu und grinste schelmisch. Ich war schon gespannt, wie die Hunde überhaupt reagieren, dass Aiden und Maik jetzt bei mir wohnen werden.

Mia, meine süße Labrador / Golden Retriever Mischlingsdame, wird wohl gar keine Probleme machen. Die beiden müssen nur die Handzeichen lernen. Sonst wird sie die beiden Jungs nicht verstehen. Sie ist leider Taub auf die Welt gekommen und das wurde erst sehr spät bemerkt. So wurde sie, als sie erst 4 ½ Monate war, ausgesetzt und das Tierheim hat sie dann aufgenommen. Niemand wollte sie adoptieren, weil keiner damit umgehen konnte, dass sie nie auf gesprochene Kommandos hören würde. Mir war das egal und ich verbrachte sehr viel Zeit bei ihr. Nach kürzester Zeit konnte sie Sitz, Platz und Bleib. Sie lief mir immer hinterher. Immer, wenn ich nach Hause gegangen bin, ist sie aus dem Tierheim ausgebrochen oder hat die ganze Zeit gefiept. Als ich davon erfuhr, habe ich meine Eltern angebettelt sie zu uns zu holen. So kam sie dann zu mir und ich besorgte ein Vibrationshalsband. Mit diesem trainierte ich sie, dass sie zu mir kommt, wenn es vibriert. Sie war die erste, die zu mir kam.

„Ernie? Denkst du, ihr beide könnt die Handzeichen schnell lernen? Sonst läuft Mia euch immer zwischen den Füßen rum.“, fragte ich Aiden besorgt. „Ich denke schon. Ich kann ja schon ein Paar und die anderen lerne ich bestimmt auch schnell. Ich hab dann ja jeden Tag was mit ihr zu tun. Und Maik wird das spätestens lernen, wenn er keinen Bock mehr hat, dass sie immer zwischen seinen Beinen hin und her läuft.“, bejahte er meine Frage.

Wir standen jetzt auch schon vor dem Eingangstor und wurden von Johanna schon freudig begrüßt: „Hallo Mira und wie heißt dein Freund? Geht es dir wieder besser? Paul, Luke und Mia werden sich freuen dich endlich wieder zu sehen. Mein herzliches Beileid wegen deiner Mutter. Tut mir echt Leid, dass sie gestorben ist. Aber nun kommt doch erst mal rein. Habt ihr noch Zeit eine Runde mit ein Paar unserer Schützlinge einen Spaziergang zu machen?“ Johanna ist echt super nett. Und redet immer wie ein Wasserfall, so dass man kaum zu Wort kam. Aber ich hatte sie trotzdem furchtbar lieb. Das Tierheim ist quasi mein zweites Zuhause.

Ich stellte ihr Aiden vor und sagte dann: „Klar, wir haben noch Zeit, aber jetzt will ich erst mal zu meinen Lieblingen. Wo hast du sie denn untergebracht?“ „Ich hab die drei in den großen Gruppenzwinger mit rein gesteckt. Ich dachte, dass sie da gut reinpassen. Luke meint ja eh er sei der King und lässt sich auch von älteren Hunden nichts sagen. Also ist das wohl kein Problem mit den etwas schwierigeren dort. In den anderen hätte ich die drei nicht stecken können, weil die ganze Woche über Interessenten für vier der Hunde kamen und Paul und Menschen, da bekomme ich graue Haare bei. Das geht nicht. Ihr könnt dann ja Luna, Daisy, Spike, Socke und Buddel mitnehmen. Mit denen war ich nur heute Morgen eine kleine Runde.“, meinte Johanna.

Ich nickte zustimmend und lief dann ins Büro, um die Schlüssel und Hundeleinen zu holen. Dieses sah auch nicht wirklich wie ein Büro aus. Eher so wie ein riesiges Lager für allerlei Hundezubehör – von Hundeleinen und -halsbändern über Näpfe, Bürsten, Futter, Leckerlis zu Wurmkuren, Flohmittel und Hundeshampoo. Alles was man eben gebrauchen könnte. Ich schnappte mir die Hundeleinen von Paul, Luke und Mia, den Funkknopf für Mias Vibrationshalsband und dann noch fünf weitere für die anderen und ein Paar Leckerlis.

Dann ging ich zum großen Gruppenzwinger und eine Meute von ca. 25 Hunden kam auf mich zu gestürmt – allen voran Luke, der Draufgänger.

Es war echt nicht leicht mit ihm. Das Training gestaltet sich auch schwieriger als man dachte, denn er dachte nicht im Traum daran auch nur ein Kommando zu befolgen, was ihm zuvor mühsam beigebracht wurde. Ich war wohl die Einzige, auf die er zu hören scheint. Meine Eltern waren mit ihm am verzweifeln. Obwohl sie ja schon einiges gewöhnt waren, nachdem ich erst Mia und dann Paul mit nach Hause gebracht habe. Bei Mia ging das noch alles – sie mussten ja nur die Zeichen lernen.

Kaum hatte ich das Tor offen und hinter mir und Aiden geschlossen, wurde ich auch schon von Luke angesprungen und kurz darauf kamen auch Paul und Mia an. Die drei bekamen dann erst mal eine ausgiebige Streicheleinheit, was sich nicht so leicht machen ließ. Die anderen 22 wollten ja auch gestreichelt werden. Aiden wurde auch gleich freudig begrüßt. Nur mit Paul gab es da ein kleines Problem. Er knurrte ihn an und fletschte die Zähne und versuchte nach ihm zu schnappen. Ich versuchte ihn zu beruhigen, was dann nach einiger Zeit und ohne die Hilfe von Aiden wohl auch nicht geklappt hätte. Ich hatte ihm vorher ein Paar von Pauls Lieblingsleckerlis gegeben und damit konnten wir ihn dann überzeugen, dass Aiden ein netter Freund ist, der immer was zu futtern dabei hat. Also immer ein potentieller Futterlieferant ist.

Zum Glück kennen sich die beiden eigentlich, sonst wäre das nicht so gut gegangen. Nach einer halben Stunde ausgiebigem streicheln, suchte ich dann Daisy, Luna, Buddel, Spike und Socke aus dem Gewusel und leinte sie für´s Erste an. Ebenso Paul, Mia und Luke. Dann machten wir uns auf den Weg zum Wald. Jeder hatte vier Hunde an der Leine. Wir hatten alle Hände voll zu tun mit der Meute. Zum ersten Mal seit dem Unfall spuckten mir keine düsteren Gedanken im Hinterkopf herum. Ich war richtig glücklich und hatte ein Dauergrinsen im Gesicht. Aiden freute sich, dass ich so glücklich bin und fragte mich über die anderen Hunde aus.

Was sie für Eigenarten hätten und wie sie ins Tierheim gekommen sind und so weiter. Ich konnte ihm alles sagen. Ich wusste so gut wie alles über die Tiere in unserem Tierheim. Nach ungefähr 250 Metern, die wir in den Wald gegangen waren, ließen wir die Hunde von der Leine und unterhielten uns über Maik.

„Irgendwie ist Maik anders als sonst. Normalerweise traf er sich immer mit Kumpels draußen oder zum zocken. Aber neuerdings hockt er öfters allein in seinem Zimmer oder geht Spät abends noch raus und kommt erst sehr Spät nach Hause. Dafür wird er in der Schule jetzt immer besser. Früher war er immer gutes Mittelfeld. Also hat Zweien und Dreien nach Hause gebracht. Jetzt kommt er nur noch mit Einsen nach Hause. Ich hab ihn schon gefragt, was los sei. Aber er meint immer nur, dass alles in Ordnung sei. Und wenn ich ihn frage, wie er es geschafft hat, nur noch Einsen zu schreiben, zuckt er die Achsel und meint, es falle ihm jetzt irgendwie leichter, sich alles zu merken. Obwohl ich ihn nie lernen sehe.“, erzählte Aiden mir. „Hmm, vielleicht bekommst du das ja einfach nicht mit, wenn er lernt. Du kannst ja nicht wissen, ob er sich irgendein Ziel gesetzt hat wegen einem Job oder so. Und wegen seinen Kumpels – vielleicht hat er sich mit denen verkracht oder da ist was anderes passiert.“, versuchte ich Aiden zu beruhigen. „Und wieso sagt er mir das dann nicht einfach?!“, wollte Aiden von mir wissen. „Vielleicht ist es ihm Peinlich oder so. Kann ja auch wegen einem Mädchen sein.“

„Da kannst du recht haben. Was soll ich denn machen?“

„Das kann ich dir auch nicht sagen. Ich kann ja mal mit ihm reden. Vielleicht sagt er mir ja was los ist. Wir verstehen uns doch so eigentlich richtig gut.“

Aiden nickte und bedankte sich bei mir. Jetzt kamen wir auf eine kleine Lichtung, die von dicken Eichen umgeben ist. In der Mitte ist ein wunderschöner kleiner See mit vielen Seerosen und kleinen Fischen. Die Hunde jagten sich im und um den See herum. Sie tobten ausgelassen über die Wiese. Aiden und ich setzten uns neben einen umgestürzten Baum und lehnten uns an diesen. Die Sonne strahlte, wir schlossen die Augen und reckten unsere Gesichter der Sonne entgegen. Ich fühlte mich pudelwohl und glücklich. Die Vögel zwitscherten in den Bäumen und man hörte Geraschel von vielen kleinen Tieren im Unterholz.

Ich schlief doch tatsächlich ein und wachte erst wieder auf als Aiden mich weckte und meinte: „Es ist schon nach 19 Uhr. Wir sollten langsam wieder zurück gehen und die Hunde abgeben.“ Ich gähnte herzhaft und streckte mich. Meine Beine waren in dieser Position eingeschlafen und ich musste sie erst mal schütteln, so dass sie furchtbar anfingen zu kribbeln. Dann pfiff ich einmal lang und die Hunde kamen angelaufen. Den Knopf für Mia brauchte ich nicht drücken, weil sie schon mit den anderen angelaufen kam. Wir leinten alle wieder an und brachten alle wieder ins Tierheim.

Dort sammelte ich alles, was zu meinen Hunden gehörte zusammen und nahm die Drei dann wieder mit nach Hause. Daheim angekommen ließ ich sie von der Leine und sie stürmten ins Haus, das leider komplett leer war. Aiden und ich verabschiedeten uns und er umarmte mich. Dann stieg er ins Auto und fuhr davon.

Nun war ich allein.

Ich ging ins Haus und schloss die Tür ab. Ich machte mir noch eine Kleinigkeit zum Abendbrot und gab den Hunden was zu fressen. Dann machte ich mich bettfertig und legte mich ins Bett. Ich war von dem Tag todmüde. Erst der Stress mit dem Jugendamt und dann noch der nach Hause Weg und der lange Spaziergang. Kaum berührte mein Kopf das Kissen, fielen meine Augen auch schon zu. Im Dämmerzustand bemerkte ich noch wie die drei Ungeheuer auf mein Bett sprangen und sich breit machten. Ich konnte mich früher nicht dazu durchringen, sie wieder runter zu schmeißen, wenn sie abends ins Bett gekommen waren. So hatte es sich eingeschlichen, dass die Drei mit mir in meinem Bett schlafen. Am Anfang hatte meine Mutter wochenlang geschimpft und gemeckert, aber irgendwann hatte sie dann einfach aufgegeben. Die Hunde lagen ja doch jede Nacht wieder in meinem Bett. Und mit dieser Erinnerung schlief ich mit einem Lächeln auf den Lippen ein.

Kapitel 4

Am nächsten Morgen wurde ich von meinem Wecker geweckt. Ich hatte vergessen ihn auszustellen. Da ich für den Rest der Woche noch krank geschrieben war, konnte ich ihn eigentlich erstmal ausschalten. Da ich nun mal schon wach war, ging ich in mein Bad und blickte in den Spiegel. Ich sah scheußlich aus. Große Augenringe und rotgeränderte Augen vom vielen Weinen. Die Tränen stiegen mir auch jetzt wieder in die Augen.

Ich überlegte mir, was ich heute alles tun könnte, während ich mich auszog und unter die Dusche stieg. Ich duschte lang und ausgiebig, was mir im Krankenhaus nicht möglich war. Nach langer Zeit stieg ich wieder aus der Dusche. Ich hatte ganz rote, verschrumpelte Haut von dem heißen Wasser. Dann wickelte ich mir ein Handtuch um und ging in meinen Kleiderschrank. Dort zog ich mir meine Lieblingsjeans mit den Löchern aus einem der Regale und ein weißes Top. Woraufhin ich mir die Haare föhnte und mich leicht schminkte. Nur etwas Wimperntusche und Puder.

Nachdem ich fertig war, ging ich nach unten in die Küche, wo ich schon von meinen Vierbeinern erwartet wurde. Ich schnappte mir, wie jeden Morgen, die Leinen und ging mit ihnen eine Runde spazieren. Danach gab ich den Hunden was zu futtern und machte mir selbst auch Frühstück. Mit meinem Müsli machte ich es mir auf dem Sofa bequem und schaltete den Fernseher ein. Eigentlich lief grad nix interessantes, aber das machte mir nichts aus. Ich guckte einfach irgendwelche Kindersendungen wie Cosmo und Wanda und so ein Kram. Nach kurzer Zeit legten sich die Hunde satt und zufrieden vor das Sofa auf den Teppich und schliefen selig ein.

Jetzt wollte ich mich an die Arbeit machen das zukünftige Zimmer von Aiden von unserem Krimskams zu befreien. Zuerst suchte ich meinen iPot und die Kopfhörer. Ich machte mir meine Lieblingsmusik an. 30 Seconds to Mars. Im Takt mit dem Kopf wippend und laut mitsingend machte ich mich an die Arbeit. Ich merkte dabei gar nicht wie die Zeit verging. Irgendwann meldete sich mein Magen wieder zu Wort und ich schaute auf die Uhr.

Schon 15 Uhr durch! Schnell machte ich die Musik aus und ging wieder nach unten. Dann ließ ich die Hunde erstmal in den Garten, um mir was zu essen zu machen. Danach machte ich eine sehr lange Runde mit den Hunden. Lange lief ich durch den Wald bis ich zu dem Wasserfall kam.

Wenn man weit genug in den Wald hinein ging, kam man an eine steile Felswand, die dann das Ende des Waldes kennzeichnete. An der Wasserfallmündung hatte sich ein kleiner See angestaut. Dieser wurde von einer kleinen Wiese umschlossen. Ich zog mir Schuhe und Socken aus und krempelte meine Hose hoch. Dann setzte ich mich an den Rand auf einen Stein am See und ließ meine Beine im Wasser baumeln. Um mich herum raschelte es im Unterholz und die Vögel zwitscherten fröhlich. Meine Hunde jagten sich durchs Unterholz und schreckten die kleinen Tiere auf. Ich lehnte mich auf dem Stein zurück und genoss das Sonnenlicht.

Plötzlich legte sich eine Hand auf meine Schulter und ich schreckte auf. Ich sprang auf dem Stein hoch und verlor mein Gleichgewicht. Ich landete im Wasser und kam prustend wieder an die Wasseroberfläche. Ich schwamm auf das Ufer zu und mir wurde eine Hand entgegen gestreckt. Ich schaute auf und sah in zwei wunderschöne tiefgrüne Augen.

Ich war so fasziniert, dass ich fast vergessen hatte, dass er daran schuld war, dass ich ins Wasser gestürzt war. So stemmte ich mich selber aus dem Wasser, die dargebotene Hand ignorierend. Ich war stinksauer auf diesen Typen. Wo kam der eigentlich so plötzlich her, fragte ich mich.

Paul, Luke und Mia kamen zu uns gerannt und als Paul den Fremden sah, rastete er total aus. Er ging in Kauerstellung, zog die Lefzen hoch, fletschte die Zähne, sein Fell sträubte sich und er knurrte tief aus der Brust heraus. Er bellte und knurrte. Ich konnte ihn nicht beruhigen. Egal was ich tat, nichts half. Keine Leckerlis, kein streicheln und kein gut zureden. Ich schaute den Typen erstaunt an. So war Paul noch nie gewesen. Ich meine, einfach war er nie bei Fremden, aber so hatte selbst ich ihn noch nie erlebt. Darum musste ich ihn jetzt leider an einen Baum festbinden, damit er nicht auf den Jungen los geht.

„Wer bist du?“, fragte ich diesen. Er zuckte die Achseln und grinste mich schelmisch an. „Ich bin Leandris. Und wer bist du?“ Ich schaute ihn argwöhnisch an. „Mein Name ist Mira. Was machst du hier und wo bist du so plötzlich aufgetaucht?“

„Ich bin oft hier. Und ich kam langsam auf die Lichtung. Anscheinend hast du mich dabei nicht bemerkt. Kann ich doch nichts für, wenn du hier einschläfst. Es ist hier nicht sicher für dich. Du solltest jetzt lieber nach Hause gehen.“, meinte er zu mir.

Nicht sicher? Woher will der das wissen? Ich wohnte schon seit ich denken kann am Waldrand und kenne diesen Wald wie meine Westentasche. „Also erstens bin ich nicht eingeschlafen, zweitens glaube ich kaum, dass ich hier nicht sicher bin und drittens kann ich auch auf mich allein aufpassen. Achso, und viertens Paul lässt sowieso niemand Fremden in meine Nähe.“, widersprach ich ihm.

Eindringlich guckte mich Leandris an und sagte: „Du musst sofort verschwinden! Ich kann dir versichern, dass es hier gefährlich ist.“

Leandris. Ich fragte mich, was das nur für ein Name ist. Normal ist der nicht, dachte ich. Egal. „Denke ich zwar immer noch nicht, aber da dich Paul so gar nicht leiden kann und ich sowieso noch was zu tun habe, gehe ich jetzt.“ So drehte ich mich einfach um und ließ den Typ stehen. „Luke, komm her.“, rief ich, da dieser sehr interessiert an dem Bein von Leandris schnüffelte und nicht die geringsten Anstalten machte, mitzukommen. Es dauerte etwas länger. Erst nach mehrmaligem Pfeifen kam er endlich hinterher. Paul hatte ich ja an der Leine. Je weiter wir uns von der Lichtung entfernten, desto entspannter wurde er.

Dieser Leandris musste etwas an sich gehabt haben, das Paul richtig ausrasten lassen hat. Wahrscheinlich würde ich ihn eh nie wiedersehen. Aber neugierig war ich schon. Ich wollte wissen, wieso es gefährlich sei. Und nur heute Abend.

Ich stapfte durch den Wald und grübelte vor mich hin. Im Garten ließ ich Paul wieder von der Leine und ging ins Haus. Die Tür ließ ich aus alter Gewohnheit offen. Ich schaute auf die Uhr. Schon nach 20 Uhr. Ich gab den Hunden noch was zu fressen und ging dann wieder nach oben. Ich wollte noch die restlichen Kartons hinüber räumen, so dass ich morgen nur noch die Räume für Aiden und Maik putzen musste. Dann rief ich die Hunde rein, machte die Tür zu und alle Lichter aus. Hundemüde und völlig geschafft fiel ich nach dem bettfertig machen ins Bett und schlief sofort ein.

 

Ich lief durch den Wald hinter dem Haus und wurde von riesigen Wölfen verfolgt. Ich hatte schreckliche Angst. Panisch rannte ich durch das Unterholz. Ich riss mir meine Jacke an den Ästen kaputt und die Dornen an den Büschen zerschnitten mir Arme und Beine. Doch die Wölfe kamen immer näher. Ihr heulen war schrecklich und ich konnte schon ihre Pfoten auf den Boden aufkommen hören. Ich keuchte. Ich zitterte am ganzen Leib, aber ich lief immer weiter. Da hatten mich die Wölfe eingeholt und umzingelten mich. Einer, der größte von ihnen kam auf mich zu. Er riss sein Maul auf. Ich schrie.

Ich schreckte schreiend und schweißgebadet auf. Ich blickte mich um und sah, dass ich in meinem Bett saß und alles nur ein Traum war. „Beruhige dich, Mira. Das war nur ein Traum. Dir ist nichts passiert!“, sprach ich mit mir selber. Meine Stimme zitterte und das Adrenalin pulsierte noch durch meine Adern. Ich konnte mir den Traum nicht erklären.

Ich stand auf, um mir ein Glas Wasser zu holen. Ich ging in die Küche, nahm mir ein Glas aus dem Schrank und ließ das Wasser in dieses laufen. Die Hunde strichen um meine Beine. Sie spürten, dass ich Angst hatte und wollten mich beruhigen. Langsam entspannte ich mich ein wenig. Ich ging wieder nach oben und versuchte noch mal einzuschlafen. Meine Vierbeiner lagen dicht an mich geschmiegt. Ich brauchte nicht einmal eine Decke. Sie wärmten mich mit ihrer Körperwärme. Ich lag noch lange wach und starrte in die Dunkelheit.

Wieso tauchten plötzlich Wölfe, die mich jagten, in meinen Träumen auf? Da musste ich wieder an Leandris denken. Er hatte etwas eigenartiges an sich. Ich konnte nicht sagen, was es ist. Wieso war er heute aufgetaucht und nicht schon früher. Jetzt, wo meine Eltern nicht mehr da waren. Ich war doch schon oft an diesem Wasserfall gewesen. Manchmal sogar bis spät in die Nacht. Über diese Gedanken schlief ich wieder ein.

Diesmal wachte ich früh am Morgen auf. Ich war innerlich total unruhig und nervös. Ich wusste nicht wieso. Die Hunde liefen auch total angespannt durch das Haus. Mia tiegerte vor der Tür auf und ab, Luke schlich hinter mir her und Paul lag platt vor der Tür und starrte in den Wald. Ich schaute aus dem Fenster und sah grad noch aus dem Augenwinkel wie etwas lilafarbenes im Wald verschwand.

Das Wetter war miserabel. Es stürmte stark und der Regen prasselte an die Fensterscheiben. Man konnte nur noch Konturen erkennen. Ich zog mir feste Schuhe und meine grüne Regenjacke an und machte dann die Tür auf. Diese wurde mir von dem Wind aus der Hand gerissen und ich bekam sie nur mit Mühe und Not wieder zu. Dann machte ich mich auf den Weg mit den Hunden. Diesmal schlug ich den Weg Richtung Stadt ein. Normalerweise ging ich ja immer in den Wald.

Heute Morgen zog mich aber nichts dorthin und auch die Hunde schienen nicht dort entlang gehen zu wollen. Nach 10 Minuten drehte ich wieder um und ging zum Haus zurück. Auf dem Weg hörte ich ein Auto hinter mir hupen. Ich drehte mich erschrocken um und sah das blaue Cabrio von Aiden auf mich zukommen. Ich grinste und wartete bis er mit mir auf einer Höhe war. Aiden kurbelte das Fenster nach unten.

„Hey Süße, was machst du bei diesem Wetter hier draußen?“, wollte er wissen. Ich deutete auf die Hunde und Aiden nickte verstehend. Ich fragte ihn: „Und was machst du hier? Ich dachte, du musst heute was für die Arbeit erledigen und nachmittags deine Sachen einpacken?!“

„Ich wollte nach dir sehen. Du hast nicht mehr angerufen und bist auch nicht an dein Handy gegangen. Und ich muss mit dir besprechen, wie, wo und wann die Beerdigung deiner Mutter stattfinden soll. Komm, ich nehme dich bis zum Haus mit. Die Hunde können ja einfach hinterher laufen. So kommen die drei nochmal ordentlich in Bewegung.“

Ich nickte zustimmend und setzte mich auf den Beifahrersitz. Den letzten weg bis zum Haus schwiegen wir. Ich dachte an meine Mutter. Eine einzelne Träne lief mir über die Wange. Ich wischte sie schnell weg und dachte an schöne Dinge meiner Mutter.

Ich erinnerte mich an den Tag als meine Mutter mit Luke nach Hause gekommen ist. Ich hatte ihr schon seit Tagen in den Ohren gelegen, dass ich auch ihn adoptieren wollte. Doch sie war strikt dagegen. Ich hatte ja schon zwei Hunde. Ich hatte immer dagegen gehalten, dass ich aus eben diesem Grund auch noch einen Dritten haben könnte. Das würde dann auch nichts mehr ausmachen, habe ich versucht sie zu überreden. Dann kam sie mit ihm und ich fiel ihr dankbar um den Hals. Auch, wenn Luke jetzt nicht unbedingt der Hunde war, den man sich unbedingt im Tierheim aussuchen musste. Doch ich wollte ihn unbedingt haben. Genauso wie die anderen beiden. Obwohl alle drei schwierig sind, kam ich bestens mit ihnen klar.

Sehr zur Überraschung von Johanna, die hat gedacht, dass ich sie nach kurzer Zeit wieder bringen würde. Doch das tat ich nicht. Ich kam auch mit allen anderen Hunden im Tierheim klar. Selbst Johanna hatte mit manchen so ihre Probleme. Deswegen war es so auffällig, dass ich anders bin. Bei diesen Gedanken musste ich lächeln. Beim Haus stiegen wir aus und Paul machte mal keine Anstalten sich Aiden gegenüber aggressiv zu verhalten. Wir gingen ins Haus und ich machte den Hunden ihr Futter. Aiden machte währenddessen die Kaffeemaschine an und dann deckten wir gemeinsam den Frühstückstisch. Bald war der Kaffee auch fertig und wir begangen gemütlich zu essen.

 

Kapitel 5

„Ich weiß, dass es schwer ist. Aber am besten wäre es, wenn du heute mit in die Stadt kommst. Ich kenne ein gutes Bestattungsinstitut, das dir bei der ganzen Organisation auch hilft.“, meinte Aiden. Ich weinte schon wieder. Ich konnte nichts gegen die Tränen tun. Ich vermisste sie so sehr. Ebenso meinen Vater. Wie sollte ich das nur ohne ihn schaffen, stellte ich mir immer wieder diese Frage. Schließlich nickte ich und sagte: „Ok. Ich komme mit dir, Ernie. Aber nur wenn du mir bei allem hilfst. Ich schaffe das nicht allein! Lass uns gleich los fahren.“

„Natürlich helfe ich dir dabei. Ich musste das damals alles allein meistern und das war nicht einfach. Maik konnte ich das nicht zumuten. Er ist damit nur schwer zurecht gekommen. Wir räumen noch schnell die Küche auf und dann fahren wir. Ja, Süße?“

Ich nickte und als dann alles weggeräumt war, zogen wir uns unsere Regenjacken an und ich verabschiedete mich von meinen drei Wirbelwinden. Aiden vergewisserte sich noch schnell, dass alle Türen verschlossen sind und dann fuhren wir los. Im Auto hörten wir laut Radio und es lief grad mein Lieblingslied. Von 30 Seconds to Mars das Leid Stronger. Ich sang leise mit. Nach einer dreiviertel Stunde kamen wir dann in der Stadt an und hielten vor dem Beerdigungshaus 'Für die Ewigkeit'. Wir gingen rein und ich fühlte mich richtig unwohl. Hier war alles so still und in einer der Sitzreihen weinte eine alte Dame bitterlich. Ich hielt es nicht aus und rannte wieder raus. Aiden kam mir hinterher und redete beruhigend auf mich ein. „Komm Süße. Du schaffst das. Ich bin doch bei dir. Wir machen das auch kurz und knapp. Ich verspreche dir auch, dass wir danach noch ins Kino gehen und einen Film deiner Wahl gucken. Egal welchen.“ Ich nickte nur ganz leicht und schlich hinter Aiden her. Da kam auch schon ein Angestellter in einem schwarzen Anzug auf uns zu.

„Was kann ich für sie tun?“ Aiden antwortete: „Meine Freundin hier möchte gerne eine Beerdigung veranstalten. Ihre Mutter ist vor knapp zwei Wochen gestorben und früher konnte sie sich nicht darum kümmern. Sie lag noch im Krankenhaus.“ „Ich verstehe. Möchten sie eine Erdbestattung oder eine Feuerbestattung?“, fragte der Mann mich. Ich überlegte kurz und entschied mich für eine Erdbestattung. Der Mann nickte und sagte: „Mein Name ist Herr Karuso. Folgen sie mit bitte. Dann zeige ich ihnen unsere verschiedenen Särge.“ Wir kamen in einen Raum, in dem gut 15 Särge ausgestellt wurden. Ich konnte nicht anders und stellte mir meine Mutter in jedem einzelnen liegend vor. Ich fing an zu zittern und zu schluchzten. Herr Karuso meinte: „Lassen sie sich ruhig Zeit. Wenn sie wollen schaue ich schon mal nach einer Grabstätte.“ „Danke. Wir sagen ihnen Bescheid, wenn wir uns entschieden haben.“, sagte Aiden. Herr Karuso nickte und verschwand aus dem Raum.

„Süße?“

Ich schaute ihn aus tränenverschleierten Augen fragend an.

„Welchen kannst du dir als ewige Ruhestätte für deine Mutter vorstellen?“

Ich wusste es nicht. Ich ging langsam zu jedem einzelnen und schaute ihn mir genau an. Der vorletzte Sarg war aus einem Holz, das ich nicht kannte. Aber irgendwie schien es am besten zu meiner Mutter zu passen. Im Inneren war der Sarg mit elfenbeinfarbenem Stoff ausgekleidet. Ich zeigte auf diesen und sagte: „Den will ich für meine Mutter nehmen.“ Ich schaute Aiden an. Dieser nickte und holte dann Herrn Karuso. Diesem sagte ich das gleiche wie Aiden und er antwortete: „Eine sehr schöne Wahl. Ich habe auch eine wunderschöne Grabstätte gefunden. Sie liegt schräg unter einem Baum auf dem Friedhof am Stadtrand.“ Ich sagte ihm, dass ich diese Grabstätte nehmen möchte und das er dann bitte alles in die Wege leiten solle. „Selbstverständlich. Ich regle alle zusätzlichen Vorbereitungen und sie müssen jetzt nur noch kurz unterschreiben. In einer Woche soll dann die Beerdigung stattfinden.“ Ich nickte und lief ihm hinterher in sein Büro.

In diesem roch es nach so vielen unterschiedlichen Blumen, dass mir davon leicht schwindelig wurde. Wie konnte man so etwas nur aushalten, fragte ich mich. Ich unterschrieb die ganzen Papiere und dann zog ich Aiden mit mir wieder auf die Straße. „Können wir vorher noch meinen Vater besuchen gehen?“, fragte ich ihn. Er nickte. „Selbstverständlich.“ Wir fuhren los und am Krankenhaus angekommen fühlte ich mich richtig einsam. Nicht mal Aidens Anwesenheit konnte dieses Gefühl vertreiben. Ich war allein auf der Welt. Meine Eltern können mich nicht mehr unterstützten. Ich wünschte mir so sehr, dass mein Vater aufwachen würde.

Wir gingen rein und suchten sein Zimmer. Aiden ließ mich allein rein gehen und meinte, er würde sich einen Kaffee holen und dann im Wartezimmer warten bis ich fertig war. Ich nickte und setze mich dann an das Bett meines Vaters. Um mich herum piepten und rauschten allerlei Maschinen, die ihn am leben hielten. Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken. Und dann fing ich an meinem Dad alles von den letzten Tagen zu erzählen. Ich glaubte fest daran, dass er alles hören konnte. Ich weinte dabei leise und meine Erzählungen wurden von leisen Schluchztern unterbrochen. Ich erzählte ihm von den Jugendamt, dass Aiden und Maik jetzt zu mir ziehen würden, dass ich im Wald diesen komischen Leandris kennengelernt hatte, dass Paul total wegen ihm ausgerastet ist und dass ich in der Nacht von riesigen Wölfen geträumt hatte.

Nach einer Stunde verabschiedete ich mich dann wieder von ihm und ich ging mit Aiden ins Kino. Ich suchte mir den actionreichsten Film aus, in dem ich am wenigsten traurige Stellen vermutete. Da der ab 18 war kaufte mir Aiden einfach die Karte mit und wir setzen uns in den Kinosaal, nachdem wir uns noch was zu trinken geholt hatten. In dem Film spritze dann sehr viel Blut und eigentlich war da keine Handlung, nur Gemetzel. Aber ich fand den Film gut. Das war genau das, was ich jetzt gebraucht habe.

Nach dem Film brachte Aiden mich wieder nach Hause, weil er noch was zu tun hatte. Dort machte ich erstmal eine große Runde mit den Hunden. Das Wetter war inzwischen besser geworden und ich nahm wieder die Strecke durch den Wald. Ich war neugierig, ob Leandris wieder am Wasserfall war, also ging ich dort hin. Ich kam auf die Lichtung und alles war aufgewühlt. Grasbüschel waren raus gerissen und ein Baum lag völlig zerfetzt am Boden. Überall verteilt lagen kleine Zweige und vereinzelt auch dicke Äste.

Ich fragte mich, was hier wohl passiert sein mag. Das konnte doch nicht von dem bisschen Wind und Regen passiert sein. Luke, Paul und Mia schnüffelten ununterbrochen auf dem Boden. Plötzlich fing Paul an zu knurren und ich fuhr herum. Da stand zwischen den Bäumen ein Kerl der Leandris sehr ähnelt. „Zeig dich oder ich hetzte Paul auf dich!“, drohte ich ihm an. Der Junge kam hervor und trat auf die Lichtung. „Hi, ich bin Leander. Ich glaube, gestern hast du schon meinen Bruder kennengelernt.“ Ich klappte meinen Mund auf, doch es kam kein Wort heraus. Also klappte ich ihn schnell wieder zu. Leander war wunderschön. Groß, sicher größer als sein Bruder und der war schon nicht klein gewesen, die selben Augen, aber mit einem Goldschimmer, etwas längere dunkelbraune Haare. Ich ließ meine Blick weiter nach unten gleiten. Er trug kein Oberteil, so dass ich seine muskulöse Brust anstarren konnte. Er war richtig braun gebrannt, obwohl der Sommer noch gar nicht richtig angefangen hatte. Ich war sprachlos und das schien er jetzt auch zu bemerken.

So wollte er auf mich zu gehen. Doch er wurde von Paul aufgehalten, den ich ganz vergessen hatte. „Paul, aus jetzt. Komm her!“, rief ich. Doch er kam nicht. Ich ging zu ihm und zog ihn am Halsband zurück. Ich musste ihn wie zuvor bei Leandris anbinden. Luke schnüffelte genauso interessiert. Mia traute sich auch in seine Nähe, von Leandris hatte sie Abstand gehalten. Es wunderte mich, dass sie ihn sehr zu mögen schien. Normalerweise war sie immer vorsichtig und brauchte ein wenig Zeit, um jemandem zu vertrauen. Nun kam Leander bis zu mir und guckte mich interessiert an. „Wieso rastet dein Hund so aus?“

„Er kommt mit Fremden nicht zurecht und du und dein Bruder scheint etwas an euch zu haben, dass er sein Gehirn komplett ausschalten. Normalerweise kann ich ihn beruhigen, nur bei euch nicht.“, meinte ich zu ihm. „Ich bin Mira. Wo kommt ihr immer her? Ich habe euch hier noch nie gesehen! Gestern Leandris und heute du! Vor allem, was ist hier passiert? Ein Sturm kann doch nicht die ganze Wiese umgraben. Weißt du irgendwas?“

„Ich wohne tief ihm Wald mit meinem Bruder und seiner ähm... Freundin. Ich beobachte dich schon seit mehr als einem Jahr. Was hier passiert ist, weiß ich nicht.“

„Wie ihr wohnt hier? Wieso habe ich euer Haus noch nie gesehen. Ich kenne diesen Wald seit ich ganz klein war, er ist quasi mein zweites Zuhause. Und, dass du nicht weißt, was hier passiert ist, kannst du mir nicht erzählen. Dein Bruder hat mich gestern noch gewarnt, dass es hier zu gefährlich für mich ist! Also kannst du mir nicht sagen, dass du nichts weißt!“ Langsam wurde ich echt wütend. Ich glaubte ihm kein Wort. Wieso sollte ich das auch? Ich kannte jeden Quadratmeter in diesem Wald und ein Haus hätte ich bemerkt!

„Ich kann dir nicht sagen, was hier los war.“

„Wie kommst du eigentlich dazu mich zu beobachten?! Kannst du mir das mal erklären?“, fragte ich ihn. Er zuckte die Achsen und zögerte mit der Antwort. Ich stemmte die Fäuste in meine Hüfte und schaute ihn herausfordernd mit hochgezogener Augenbraue an. „Also?“ „Naja, ich hab dich oft mit deinen Hunden durch den Wald gehen sehen. Und da war ich neugierig. Ich wollte wissen wer du bist. Es fasziniert mich, wie du mit deinen Hunden umgehst. Ich wusste, dass alle drei nicht einfach waren, aber du scheinst bestens mit ihnen zurecht zu kommen.“, versuchte er mir weiß zu machen. Ich glaubte ihm kein Wort, da er mich die ganze Zeit unsicher anschaute.

Ich starrte wieder in seine fantastischen Augen und mein Ärger verschwand so schnell wie er gekommen war. „Ich denke zwar nicht, dass du mir die ganze Wahrheit sagst. Aber ich lass es dabei, wenn du mich nicht mehr heimlich beobachtest! Das kann ich gar nicht ab. Sonst binde ich Paul nächstes mal nicht an. Verstanden?“ Leander nickte und fragte: „Kann ich dich trotzdem besser kennenlernen?“ Ich nickte zögerlich und mein Magen knurrte abrupt extrem laut. Ich spürte wie meine Wangen heiß wurden und schaute schnell auf den Boden. Leander grinste und sagte: „Komm, ich bring dich wieder nach Hause. Du hast Hunger.“

„Ich denke das ist keine gute Idee, weil Paul sich immer noch nicht beruhigt hat und sich wohl auch nicht so schnell beruhigen lassen wird. Ich kann ja morgen mal nur mit Luke und Mia kommen und dann erzählst du mal was über dich. Ok?“ Leander nickte und wir verabredeten uns für eine bestimmte Uhrzeit am Wasserfall. Ich machte Paul wieder vom Baum los nachdem Leander wieder zwischen den Bäumen verschwunden war und machte mich mit allen drei Vierbeinern wieder auf den Weg nach Hause.

Dort angekommen, gab ich ihnen Futter und frisches Wasser und danach machte ich mir selbst Spagetti mit Tomatensoße, mein Leibgericht. Nach dem Essen machte ich unten alle Türen zu und Lichter aus. Dann ging ich nach oben. Die Hunde liefen vor mir die Treppen hoch. Dann machte ich mich an die Arbeit, die beiden Zimmer zu putzen. Ich hatte keine Lust noch einen Tag zu putzen, so dass ich bis morgens um halb zwei schuftete. Dabei schoben sich immer wieder die grün-goldenen Augen von Leander vor mein inneres Auge. Ich musste jedes mal lächeln, wenn ich an das Treffen morgen dachte. Ohne mich noch umzuziehen oder Zähne zu putzen fiel ich todmüde ins Bett.

Kapitel 6

Am nächsten Morgen wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Ich fuhr in meinem Bett hoch und fluchte wie der letzte Rohrspatz. Welches Arschloch weckte mich aus meinem wohlverdienten Schlaf mit Sturmklingeln? Ich knurrte und erschrak. Das klang grad nicht gerade nach einem Menschen, dachte ich. Egal. Ich sprintete ins Bad und schaute mich im Spiegel an. Ich sah aus wie eine Vogelscheuche. Die Schminke war verwischt, ich hatte noch meine Klamotten vom Vortag an und meine Haare standen in alle Richtungen ab. Währenddessen nahm das Klingeln nicht ab, eher noch zu. Ich lief genervt nach unten und riss die Haustür auf.

Ich schrie die Person laut an: „Was zur Hölle ist so wichtig?“ Ich blickte auf und wurde stutzig. Scheiße! Da stand Leander und grinste schadenfroh als er mich so sah. „Na, hast wohl vergessen, dass wir uns um neun treffen wollten und hast einfach weitergeschlafen.“ Ich lief feuerrot an und knallte ihm die Tür vor der Nase wieder zu. Ich rannte nach oben, riss mir die Klamotten vom Körper und sprang schnell unter die Dusche. Ich glaube, so schnell habe ich noch nie geduscht. Ich zog mir dann schnell eine schwarze Röhrenjeans und eine rote Bluse aus dem Schrank. Meine Haare machte ich klitschnass zu einem Dutt und klatschte mir noch eben bisschen Wimperntusche und Puder ins Gesicht. So lief ich flink wieder nach unten und öffnete die Haustür erneut. Leander hatte sich an die Hauswand gelehnt und das Gesicht der Sonne entgegen gestreckt.

„Tut mir leid. Ich habe noch bis in die frühen Morgenstunden geputzt und dann habe ich vergessen mir einen Wecker zu stellen. Ich lass die Hunde eben hinten in den Garten und dann kannst du rein kommen. Ich hab tierischen Hunger!“ Ich machte die Tür nicht zu und ging ins Wohnzimmer, Luke und Paul saßen brav auf ihren Plätzen, weil ich ihnen beigebracht hatte, auf ihren Platz zu gehen, wenn es klingelt. So rief ich die beiden und machte die Tür zum Garten auf. Wegen Mia drückte ich auf den Knopf, weil ich nicht wusste, wo sie war. Kurze Zeit später kam sie angerannt und sprintete an mir vorbei in den Garten. Hinter ihr schloss ich die Tür wieder und rief laut in den Flur: „Kannst jetzt rein kommen. Ich bin schon in der Küche. Einfach den Flur runter und dann links.“

Ich hörte wie die Tür ins Schloss fiel und dann seine Schritte näher kamen. In der Küche suchte ich schon mal zwei Schüsseln und das Müsli zusammen. Ich stellte das auf den Tisch. Ich wollte noch die Milch aus dem Kühlschrank holen doch plötzlich durchfuhr mich ein stechender Schmerz. Ich krümmte mich zusammen und glitt an der Wand auf den Boden. Ich hielt meinen schmerzenden Bauch. Ich keuchte. Woher kam der Schmerz so plötzlich, fragte ich mich.

Auf einmal kniete Leander besorgt neben mir und fragte: „Was ist los? Hast du Schmerzen? Hattest du das schon öfter?“ Ich nickte und biss die Zähne zusammen. Ich knurrte ihn an: „Ich hatte das noch nie!“ Langsam verebbte der Schmerz und Leander half mir mich wieder aufzurichten. Was war das denn, dachte ich.

Wir setzten uns an den Tisch und ich bat ihm etwas zu essen an. Er nahm dankend an und füllte sich so viel auf, dass seine Schüssel fast über lief. „Du scheinst ja einen mordsmäßigen Hunger zu haben!“, lachte ich. Leander zuckte die Achseln und meinte: „Ich habe immer Hunger.“ Er fing an sich das Müsli rein zu schaufeln und ich musste lachen, weil das so komisch aussah.

Er hing mit dem Kopf kurz über der Schüssel und er schaufelte ohne Unterbrechung. Ich konnte ihn nicht mal kauen sehen. Das sah schon komisch aus. Dann musste ich wieder an den Schmerz denken. Ich konnte mir diesen einfach nicht erklären. Wo kam der nur so plötzlich her. Kann das vielleicht von den ganzen Strapazen wegen dem Unfall sein? Weil meine Mutter gestorben war? Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich nicht einmal mitbekam, wie Leander mir mit seiner Hand vor meinem Gesicht rumwedelte.

Ich lächelte ihn an und er fragte mich: „Alles in Ordnung? Du warst gerade so abwesend.“ „Ich habe nur über die Schmerzen von eben nachgedacht. Und musste daran denken, wie wir den Unfall hatten, wegen dem meine Mutter gestorben ist.“ Mir lief eine Träne die Wange hinunter. Ich wollte jetzt nicht weinen! Leander wischte mir die Träne mit seiner weichen, warmen Hand von der Wange. Er ließ sie dort länger verweilen als es nötig gewesen wäre. Mir wurde ganz warm und ich hatte auf einmal das ganz starke Bedürfnis ihn zu küssen. Er war aber auch verdammt heiß. Obwohl er diesmal ein Hemd trug, konnte ich seine Muskeln darunter spielen sehen. Ich schaute ihm in die Augen und versank in ihrem wunderbaren Farbton. Leander lächelte mich an und kam mir immer näher. Er faszinierte mich.

Da durchfuhr mich wieder dieser Schmerz und ich brach zusammen. Ich kippte vom Stuhl und stieß mir den Kopf am Tisch. Dieser Schmerz durchzuckte mich zusätzlich und mir wurde leicht schwarz vor den Augen. Leander nahm mich hoch in seine Arme und das letzte, was ich noch weiß, ist, dass ich meinen Kopf gegen seine Brust sinken ließ und seinen Namen hauchte.

 

Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Sofa und Leander hockte neben mir. Er hielt mir ein Glas Wasser hin, das ich gierig austrank. Ich hatte schrecklichen Durst. Ich hielt ihm das leere Glas hin und presste ein: „Mehr!“ heraus. Mein Bauch krampfte sich immer noch schmerzhaft zusammen. Das soll aufhören. Leander holte mir noch ein Glas Wasser aus der Küche und ich stürzte es wie das erste hinunter.

„Nicht so gierig! War das wieder der Schmerz wie vorhin?“ „Ja, nur viel schlimmer. Der Schmerz lässt immer noch nicht nach! Das tut höllisch weh...“, sagte ich. Leander nickte wissend und meinte, der Schmerz würde sicherlich gleich vorüber gehen. Ich hoffte, dass er recht behalten würde. Und tatsächlich nach fünf Minuten ließen die Schmerzen endlich nach und ich entspannte mich wieder. Erst jetzt hörte ich meine Hunde vor der Tür fiepen und knurren. Sie schienen zu spüren, dass es mir nicht gut geht. Ich wollte aufstehen, doch sank kraftlos wieder auf das Sofa zurück.

Ich fragte Leander: „Kannst du bitte die Tür aufmachen und dich etwas weiter weg setzen damit meine Hunde sehen können, dass es mir gut geht und du nichts damit zu tun hast?“ Leander sagte: „Ja klar, kann ich machen.“ Und ging zur Tür, um sie reinzulassen. Sie kamen gleich rein gestürzt und sprangen zu mir auf das Sofa. Sie leckten mich im Gesicht und an den Armen als wenn sie den Schmerz weg lecken wollten. Ich streichelte sie beruhigend und mit der Zeit rollten sie sich neben mir zusammen und schliefen ein. Leander sagte: „Kommst du jetzt allein klar? Ich muss leider wieder weg. Ich kann ja später nochmal wieder kommen, ok?“ Ich nickte und verabschiede mich: „Ciao Leander. Würde mich wirklich freuen, wenn du nachher nochmal kommst.“

Er ging mit einem 'Bis nachher' und verschwand durch die Tür zum Garten. Die Tür blieb offen. Ich dachte noch eine Weile darüber nach wie er mich angeschaut hatte, so wissend. Ich nahm mir vor ihn darauf noch anzusprechen. Dann wurde mir bewusst, dass wir uns fast geküsst hatten und ich grinste vor mich hin. Dann schlief ich an meine Vierbeiner gekuschelt auf dem Sofa ein.

 

Leanders Sicht:

Ich stürmte sofort los durch den Wald. Ich musste dringend mit meinem Bruder sprechen. Eigentlich hatten wir schon lange nicht mehr geglaubt, dass Mira sich in eine von uns verwandelt. Doch jetzt schien es so als wenn sie es doch tun würde. Die normalen Schmerzen traten in so kurzer Zeit schon zwei mal auf. Das konnte nur bedeuten, dass sie sich sehr schnell verwandeln würde. Doch das war gleichbedeutend mit noch viel schlimmeren Schmerzen. Diese wollte ich ihr ersparen. Ich wollte sie beschützen!

Sie ist so süß. Ich liebte ihre blauen Augen und ihre langen rotbraunen Haare. Sie sah am Wasserfall so zerbrechlich aus. So zierlich und klein. Neben mir wirkte sie wie ein Zwerg. Doch gerade das mochte ich so an ihr. Ich habe das Gefühl sie schon seit Ewigkeiten zu kennen.

Ich hoffe nicht, dass sie viel von ihrem Vater vererbt bekommen hat. Das könnte sehr große Schwierigkeiten mir Leandris geben. Endlich kam ich an unserem Waldhaus an. „Leandris?“, rief ich durchs Haus. Keine Reaktion. Nun brüllte ich schon und dann tauchte er auch endlich an der Treppe auf und kam zu mir herunter. „Was ist denn passiert?! Du musst doch nicht gleich hier so rumbrüllen!“, meinte er gelassen zu mir.

„Ich war gerade bei Mira und sie hatte die typischen Anzeichen, die sich vor der ersten Verwandlung zeigen. Gleich zwei solcher Anfälle in der Zeit, wo ich bei ihr war. Das kann doch nicht sein. Sie ist doch schon 17! wir verwandeln uns alle wenn wir 16 werden das erste Mal.“, brachte ich aufgeregt hervor. „Jetzt mal langsam. Welche Anzeichen hat Mira?“

„Erst hatte sie ziehende Schmerzen im Bauch und danach hat sie sich schnell wieder davon erholt. Dann war sie so abwesend, dass ich geschlagene 10 Minuten mit meiner Hand vor ihrem Gesicht rumwedeln musste. Kurz danach kam dann schon sie zweite Schmerzwelle und sie ist zusammengebrochen. Sie ist ohnmächtig geworden!

Ich hab sie dann auf das Sofa gelegt und als sie wieder zu sich gekommen ist, hatte sie solch einen Durst. Das habe ich noch nie erlebt. Sie hat mindestens 2 Liter Wasser getrunken. Jetzt liegt sie total erschöpft auf dem Sofa mit ihren Hunden und ist wahrscheinlich wieder eingeschlafen.“, beendete ich meinen Bericht.

„Es ist nicht unmöglich, dass man sich erst später verwandelt. Doch das ist noch nie bei einem Mischling passiert. Diese sind sowieso nur höchst selten und mir ist nicht bekannt, dass bei den Mischlingen die Verwandlung nach dem 16 Lebensjahr stattfindet. Ich dachte, sie hätte, wenn überhaupt, nur die Eigenschaften ihrer Mutter geerbt! Wir haben sie doch lange beobachtet.“

„Ja, das dachte ich auch. Aber jetzt scheint es ja doch anders zu sein. Und was machen wir jetzt. Unser Vater und sein Rudel sind auch gerade hier. Wenn die mitbekommen, dass Mira sich höchstwahrscheinlich doch in einen Wolf verwandelt, wird er nicht begeistert sein, dass wir ihm nichts gesagt haben.“, meinte ich zu meinem Bruder und Alphawolf.

Dieser antwortete: „Lass Mira nicht mehr aus den Augen. Um unseren Vater kümmere ich mich mit Bouth und Trajan.“ Ich nickte und lief nach oben in mein Zimmer, um mir ein Paar Sachen zu holen. Mit einem voll gestopftem Rucksack machte ich mich dann auf den Weg zurück zu Mira.

 

Miras Sicht:

Als ich aufwachte, war Leander wieder da. Ich rieb mir über die Augen und gähnte. „Ich dachte, du wolltest erst heute Nachmittag kommen?“

„Ja, wollte ich eigentlich auch. Aber ich dachte, ich kümmere mich ein bisschen um dich. Sollen wir jetzt vielleicht einen Spaziergang mit den Hunden machen?“ Ich schaute ihn skeptisch an. „Und was machen wir mit Paul?“, fragte ich ihn. Dann bemerkte ich, dass Paul neben ihm saß und sich bereitwillig von ihm streicheln ließ. Ich fragte mich, wieso Paul ihn jetzt zu akzeptieren schien. Also stimmte ich zu und wir zogen uns Schuhe und eine dünne Jacke an, da es draußen relativ frisch war. Ich holte noch die Leinen und den Sender für Mias Halshand und dann gingen wir los.

„Wo kommst du eigentlich her?“, fragte ich Leander nach einiger Zeit, in der wir in einvernehmlichem Schweigen nebeneinander her gegangen sind. „Ursprünglich komme ich aus Kalifornien, aber ich und mein Bruder haben uns nur mit unserem Vater gestritten und dann sind wir hierher gezogen. Hier hat Leandris dann Kalais kennengelernt. Jetzt sind die beiden zusammen und wir leben in unserem Waldhaus nicht weit von hier. Wieso lebst du nicht mit deinen Eltern in der Stadt?“

„Meine Eltern liebten beide die Natur und ich fühle mich hier auch super wohl. Wir haben so tolle Spaziergänge in diesem Wald gemacht. Das kann man sich gar nicht vorstellen.“

Ich guckte ihn traurig an und versank mal wieder in seinen Augen. Wie es sich wohl anfühlen würde, wenn ich ihn jetzt küsse? Oder noch viel mehr mit ihm machte? Meine Fantasie ging mit mir durch...

Dann riss ich mich von seinen Augen los und ging weiter. Unbewusst schlug ich den Weg Richtung Wasserfall ein. Die Hunde liefen uns voraus und jagten wie immer durchs Unterholz. Ich merkte, wie Leander mich immer wieder von der Seite musterte, während ich Tannenzapfen kickend über den Weg ging. Kurz vor der Lichtung vom Wasserfall passierte alles auf einmal. Ich hörte ein lautes Fiepen, brach selbst wieder unter diesen schrecklichen Schmerzen zusammen und ein riesiger Wolf sprang durch die Büsche auf uns zu. Alles im gleichen Moment. Ich sackte zusammen und sank auf den Boden. Ich wollte weglaufen, doch ich konnte nicht aufstehen. Ich war zu schwach. Der Wolf fing an zu knurren und fixierte Leander. Dann wurde mein Sichtfeld immer kleiner ist ich komplett in die Schwerelosigkeit der Ohnmacht versank.

Kapitel 7

Ich wachte aus meiner Ohnmacht wieder auf und sah erst noch alles verschwommen. Ich versuchte mich zu erinnern, was passiert ist und da fiel es mir wieder ein. Die Schmerzen waren auch immer noch nicht verschwunden. Mein Blick zuckte hoch und ich sah mit entsetzen wie der riesige Wolf den kleineren attackierte. Er schnappte nach dem anderen. Wo war Leander, fragte ich mich. Er hätte mich doch nicht allein gelassen, oder?

Da hörte ich ein durchdringendes Jaulen. Der erste Wolf hatte sich auf den etwas kleineren gestürzt und dieser lag nun unter dem Großen. Der Große hatte sich in die Schulter des anderen verbissen. Der kleinere braune Wolf jaulte erbärmlich. Irgendwas in mir brüllte auf und wollte das nicht hinnehmen. Ich sprang auf und brüllte. Was?! Hatte ich brüllte gesagt? Ja! Ich stand auf vier Beinen und wusste nicht, was mit mir los ist. Ich fiepte. Fiepte! Der größere Wolf zog den Schwanz ein und legte sich, den Schwanz um sich legend, hin. Während der Braune humpelnd auf mich zu kam. Näher als auf fünf Meter Entfernung konnte er nicht zu mir kommen. Er senkte zitternd seinen Kopf und verwandelte sich in Leander. Ich traute meinen Augen nicht. Leander war ein Wolf! Ich versuchte an mir herunter zu schauen.

„Mira! Ich kann dir das erklären.“, rief Leander mir zu. Ich versuchte ihm zu antworten, doch aus meinem Mund kam nur ein Bellen. Schnell schloss ich ihn wieder und schüttelte meinen Kopf. „Wenn du es erlaubst, kann ich näher zu dir kommen. Du hältst mich irgendwie von dir fern. Du musst mir vertrauen!“ Ich nickte und endlich kam Leander zu mir. Er war viel kleiner als ich!

„Ich bin ein Wolf, wie du gerade gesehen hast. Und vertrau mir, der andere wird dir nichts tun. Aber du musst dich jetzt konzentrieren. Und gerate jetzt nicht in Panik. Bleib ganz ruhig. Du hast dich gerade auch in einen Wolf verwandelt. Normalerweise kann ich mit anderen Wölfen auch in Wolfsgestalt kommunizieren, aber du hast einen starken Abwehrmechanismus. Die Gedankenübertragung funktioniert bei dir nicht. Denk daran wie du als Mensch einen Ast aufhebst oder etwas anderes. Dann solltest du dich wieder zurückverwandeln.“, meinte Leander.

Ich schaute ihn ängstlich an. Ich konnte es nicht begreifen. Ich war ein Wolf! Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren mit meiner Hand einen Ast aufzuheben. Es wollte einfach nicht gelingen. Ich wurde langsam echt panisch. Musste ich jetzt für immer ein Wolf bleiben? „Mira, hör mir zu! Lass dich nicht ablenken.“ Ich schüttelte den Kopf und fing an zu knurren. Ich wollte kein Wolf sein!

Da packte mich Leander am Kopf und zog diesen an meinem Fell zu ihn herunter. Dann küsste er einfach meine Schnauze. Ich schloss meine Augen und legte meine Hände in seinen Nacken. Ich riss die Augen auf und stolperte einen Schritt von Leander weg. Ich sah an mir herunter und jubelte: „Ich bin wieder ein Mensch!“ Da bemerkte ich, dass ich fast nackt vor Leander stand. Von meiner Kleidung war nicht mehr viel übrig. Nur meine zum Glück sehr lange Bluse hing noch in Fetzen an meinem Körper.

Ich starrte Leander entgeistert an. „Wieso sind meine Klamotten kaputt und deine nicht?“, verlangte ich zu wissen. „Das liegt daran, dass du dich noch nicht unter Kontrolle hast. Du hast dich das erste mal verwandelt. Je öfter du dich verwandest, desto besser klappt es und deine Kleidung wird weniger in Mitleidenschaft gezogen. Du wirst den Dreh schon noch raus bekommen.“

„Wenn du meinst. Wieso kann ich mich überhaupt in einen Wolf verwandeln?“ Dann dachte ich an unseren Kuss und musste grinsen. In meinem Bauch kribbelte es. Ich guckte Leander an und versank völlig in seinen unergründlichen grünen Augen. Er kam auf mich zu und küsste mich nochmal. Ich schloss meine Augen und sein Kuss wurde fordernder. Ich öffnete meine Lippen und ließ seine Zunge hinein. Er spielt mit meiner und nach kurzer Zeit wurde ich mutiger und stupste seine mit meiner an. Nach einer mir endlosen Zeit lösten wir uns keuchend voneinander.

„Komm mit zu mir nach Hause. Das ist nicht so weit weg wie dein Haus. Dort kannst du dir auch wieder etwas anziehen und Leandris und ich können dir dann alles erklären.“ Ich nickte und dann schaute ich zu dem anderen Wolf. Den hatte ich ganz vergessen. Er lag immer noch auf dem Boden und rührte sich nicht. Doch dann stand er plötzlich auf und fauchte uns an. Leander wurde stocksteif und schien irgendwie mit ihm zu kommunizieren. Der rostrote große Wolf peitschte wütend mit seinem Schwanz und drehte sich dann abrupt um und lief davon.

Leander zog mich an sich und rief meine Hunde, die ich bei der ganzen Aufregung völlig vergessen hatten. Sie kamen mit eingezogenen Schwänzen unter einem Busch hervor gekrochen und jaulten leise. „Wo soll ich denn die drei lassen, wenn ich bei dir bin? Mit hineinnehmen kann ich sie wohl kaum. Dein Bruder werden sie nicht mögen, vor allem Paul nicht. Und du hast gesagt, dass seine Freundin auch bei ihm wohnt.“

„Du kannst sie sonst einfach vor dem Haus anbinden, wenn das ok ist. Bei uns sind grad ziemlich viele Leute. Und so gut wie alle können sich in Wölfe verwandeln.“ Ich schaute ihn erschrocken und zugleich fragend an. „Normalerweise wohnt in unserem Waldhaus nur Leandris' Rudel. Im Moment ist aber noch ein anderes Rudel bei uns zu Gast. So sind wir an die 25 Wölfe. Dir passiert schon nichts, dafür sorge ich! Ich verspreche es dir. Außerdem wird Leandris das nicht zulassen.“

Ich schaute ihn erleichtert an. Wir gingen links vom Wasserfall weg und kamen dann an ein wunderschönes zweigeschossiges Wandhaus an. Es raubte mir den Atem. Überall rankten sich Pflanzen an den Wänden. Traumhaft. Ich band meine drei Vierbeiner schnell an einen Baum an und schaute mich noch unsicher um, ob auch keiner in der Nähe ist. Dann folge ich Leander auf die Veranda. Dort saß ein junges Mädchen auf einer Bank und hörte Musik über Kopfhörer. Als sie mich bemerkte, nahm sie ihre Kopfhörer ab und fragte neugierig: „Wer bist du denn? Woher kennst du Leander?“ Ich schaute Leander fragend an. Er zuckte die Achseln und ich antwortete ihr: „Ich bin Mira und du? Ich habe Leander an dem Wasserfall im Wald kennengelernt. Und woher kennst du ihn?“

„Ich bin Selene. Ich wohne hier mit meinem Bruder.“ Sie wandte sich an Leander: „Weiß sie es?“ „Ja. Ich weiß, dass hier ne Menge Wölfe wohnen. Es scheint so als wenn ich auch einer wäre.“, meinte ich zu ihr.

„Aber ich dachte man verwandelt sich, wenn man 16 wird! Du bist doch schon älter, oder nicht?“

„Ja. Ich bin 17. Was heißt das? Ich bin jetzt nicht normal oder was?!“

„Selene, kannst du Leandris sagen, dass wir hier sind und dringend mit ihm reden müssen? Aber so wie ich Kallisto kenne, ist er schon hier und hat ihm alles erzählt.“, fragte Leander. Selene nickte und verschwand im Haus. Wir setzen uns auf die Bank auf der zuvor Selene gesessen hat. Kurze Zeit später kam sie mit Leandris zurück. „Stimmt das, was Kallisto sagt? Hat sie sich wirklich in einen weißen Wolf verwandelt?“, wollte er sofort wissen. Leander nickte und sagte: „Ja. Sie ist weiß und mindestens 10 Zentimeter größer als Kallistos Wolf. Ich habe noch nie einen solchen Wolf gesehen. Was hat das zu bedeuten?“

„Das weiß ich auch nicht. Aber Kallisto ist stinksauer. Er will wissen, warum wir ihn nicht benachrichtigt haben als Mira die ersten Anzeichen für eine Verwandlung zeigte. Sie muss sich einem Rudel anschließen. Kallisto verlangt, dass sie in sein Rudel geht. Aber ich bin dagegen. Dann müsste sie umziehen.“, antwortete Leandris. „Was?! Umziehen? Nur über meine Leiche. Ich dachte, ich bekomme hier Antworten auf meine Fragen! Wieso bin ich ein Wolf? Anscheinend bin ich nicht normal, weil ich mich erst mit 17 ½ verwandelt habe? Was heißt das, ich soll mich einem Rudel anschließen? Ich kenne doch gar keins! Und wann passiert es das nächste mal, dass ich mich verwandle?“ Plötzlich tauchte ein etwas ältere Mann auf und giftete aufgebracht: „Wieso sagt mir keiner, dass sie hier ist?! Ich kann ja wohl erwarten, dass ich wenigstens jetzt informiert werde, wo ich schon Bescheid weiß, dass sie ein weißer (!) Wolf ist!“

„Jetzt bleib mal ruhig. Mira versteht das alles nicht und ist total verunsichert. Ich denke, jemand sollte ihr das mal alles in Ruhe erklären.“, versuchte Leander dem Mann klar zu machen. „Mein lieber Sohn, von dir lass ich mir bestimmt nichts sagen. Ich verlange sofort mit Mira zu reden!“ Leandris mischte sich ein: „Du bist hier in meinem Territorium. Hier sage ich, was getan wird und was nicht. Ist mir egal, wenn du der ältere Alpha bist. Leander, geh mit Mira rein und sag ihr alles was sie wissen will.“ Leander nickte und zog mich am Arm mit in das Haus.

Sohn?, dachte ich. Ich nahm mir fest vor Leander darauf anzusprechen. Ich war richtig verwirrt und verstand gar nichts mehr. Alpha? Was ist das denn jetzt schon wieder, fragte ich mich. Leander führte mich in einen großen Raum, in dem schon fünf andere Personen auf den Sofas saßen. „Das ist Mira. Sie hat die komplette Verwandlung erst heute durchlebt und ich möchte ihr jetzt alles erzählen, was sie wissen will. Mira, ist es ok für dich, wenn Trajan, Selene, Bouth, Kalais und Seth hier bleiben. Sie gehören alle zu dem Rudel, in dem ich auch bin.“ Ich nickte zaghaft und setze mich mit ihm an den riesigen Tisch im Wohnzimmer. Die Blicke der anderen lagen auf mir, ich konnte sie spüren.

„Also, was willst du wissen?“, fragte mich Leander. Ich wusste gar nicht wo ich anfangen soll und fragte alles auf einmal. „Was ist ein Alpha? Wann verwandle ich mich wieder? Wieso bin ich überhaupt ein Wolf? Warum finden es alle so interessant, dass ich weißes Fell habe? Wer ist noch alles in deinem Rudel? Was meinte dein Bruder damit, dass ich mich einem Rudel anschließen muss? Was hat das alles zu bedeuten? Muss ich jetzt auch hier einziehen, oder was?“, sprudelte ich nur so hervor.

Und Leander begann zu erklären: „Also, ich fange mal von Anfang an. Die Wolfsgene bekommt man vererbt und diese zeigen sich normalerweise, wenn man sein 16. Lebensjahr erreicht. Bei dir scheint das anders zu sein. Dein Vater ist ein Wolf in dem Rudel von Kallisto. Und deine Mutter ist eine Nikeira. Vielleicht ist das auch der Grund, warum du dich erst so spät verwandelt hast. Eigentlich läuft eine Verwandlung nicht an einem Tag ab, sondern zieht sich über einen Monat hin. Wenn man sich das erste mal verwandelt hat, schließt man sich einem Rudel an und wenn man sich dem örtlichen Alpha nicht unterordnen kann, zieht man weiter, um sich einem anderen unterzuordnen. Der Alphawolf ist der Leitwolf, also der Anführer. Hier ist das mein Bruder Leandris. In jeden Rudel gibt es auch einen Beta, der stellvertretende Anführer. Dem hat man auch zu gehorchen und sich unterzuordnen. Eigentlich haben wir gedacht, dass du keine Wolfsgene in dir trägst, deswegen haben wir dich nicht zu uns geholt. Und nein, du musst hier nicht einziehen, da du ja ganz in der Nähe wohnst. Nur dann geht das, dass du nicht mit dem Rest des Rudels zusammenlebst. Wir haben im Moment auch einen neuen Wolf, der in der Stadt wohnt. Er hat so seine Probleme mit dem Wolfssein. Selene wird sich in den nächsten zwei Wochen verwandeln und sich dann uns anschließen. Ihr Bruder Trajan ist, wie du schon weißt, auch bei uns. Wann du dich das zweite Mal verwandelst hängt von dir ab. Das ist bei jedem unterschiedlich, gewöhnlich aber nicht noch am selben Tag.“

Ich schluckte. Mein Vater war ein Wolf? Und meine Mutter auch etwas? Nikeira, was ist das? Das musste ich erst mal verdauen.

„Und was ist mit meiner Fellfarbe? Was ist eine Nikeira?“, fragte ich ihn noch. „Es gibt eigentlich nur braune, rote, rostrote, rostbraune, fuchsfarbene und schwarze Wölfe. Ich habe noch nie von einem weißen Wolf gehört. Deswegen ist es so interessant. Eine Nikeira ist eine sehr mit der Natur verbundene Spezies. Sie verstehen sich darauf alles erdenkliche aus Pflanzen herzustellen und die meisten haben magische Kräfte. Nur sehr wenige von ihnen besitzen eine besondere Gabe.“, erklärte er mir.

Ich nickte bedächtig. Das waren einfach zu viele neue Informationen für einen Tag. Da fiel mir auf einmal auf, dass ich immer noch das zerrissene Hemd trug. Ich räusperte mich verlegen und fragte Leander leise: „Kann ich bitte etwas heiles zum anziehen bekommen?“ „Achja. Kalais? Kannst du Mira vielleicht etwas zum Anziehen leihen. Ihre Sachen sind leider durch die Verwandlung in Mitleidenschaft gezogen worden.“ Kalais sagte: „Natürlich. Komm einfach kurz mit in mein Zimmer, dann gebe ich dir was.“

Sie stand auf und ich folgte ihr mit geröteten Wangen. Ich wusste ja nicht, was man durch die kaputte Bluse alles sehen konnte. Ich fühlte mich unangenehm beobachtet. Alle waren unserem Gespräch gefolgt. Wir gingen eine Treppe hinauf und begegneten dabei bestimmt noch sechs weiteren Personen.

„Wie viele seid ihr in eurem Rudel?“, fragte ich Kalais. „Im Moment sind wir Zehn Wölfe, aber bald elf. Wenn sich Selene verwandelt hat und ihr Wolf Leandris akzeptiert.“,antwortete sie. Dann kamen wir auch schon in einen schön eingerichtetem Zimmer an. Kalais ging hinein und schloss hinter mir die Tür. Dann öffnete sie ihren Schrank und zog einen schwarzen Rock und eine lilafarbenes Sweatshirt heraus. Sie reichte mir beides und ging dann wieder raus: „Wenn du fertig bist, komm einfach wieder runter. Fühl' dich hier wie zu Hause.“ Ich nickte und sie verschwand. Müde setzte ich mich auf das Bett und gähnte. Der Tag war einfach anstrengend und alles war so neu. Daran musste ich mich erstmal gewöhnen.

Schnell zog ich mich um und dann machte ich die Tür auf und wollte raus gehen. Doch ich stieß gegen eine breite braungebrannte und muskulöse Brust. Wieso musste hier alle ohne Oberteil rum rennen?! Das war mir im Wohnzimmer auch schon aufgefallen, dass die Jungs alle keine Oberteile trugen. Ich blickte auf und zwei so dunkelbraune Augen starrten mich an, dass man sie für schwarz halten könnte. Ich schluckte. Dieser Kerl war mindestens zwei Meter groß. Seine wirren langen Haare trugen auch nicht gerade dazu bei, dass er freundlicher auf mich wirkte.

„Was machst du in dem Zimmer von Leandris und Kalais. Du hast hier nichts zu suchen. Wer bist du?“, fragte mich der Kerl anklagend. Ich stotterte: „I..i..ich ähm ich b...b..b.bin Mira. Kalais ähm sie hat...“ Ich deutete auf das Zimmer hinter mir. „Was hat sie gemacht?“; knurrte er mich ungeduldig an. „Ähm i...i..i.ich h..hab mich heute verwandelt und sie ähm hat mir was neues z...z..z.zum anziehen gegeben. L...L..L.Leander w..wartet unten auf m..m.mich.“ Ich zog meinen Kopf ein und versuchte mich ganz klein zu machen.

Auf einmal wehrte sich irgendetwas in mir. Meine Wölfin brodelte und kam immer näher an die Oberfläche. Ich wurde echt sauer auf diesen Kerl. Was bildete der sich eigentlich ein mich hier so anzumachen? Ich knurrte laut und brüllte: „Was fällt dir eigentlich ein mich hier so anzumachen?! Wer zur Hölle bist du überhaupt? Kannst du mir das mal erzählen?!“ Ich knurrte ihn drohend an. Meine Wölfin ließ sich auch nicht von seinem bitterbösen Blick einschüchtern. Da kam auf einmal der Typ von der Veranda und Leandris mit Leander die Treppe hoch gestürmt. Sie schauten mich und den Kerl erschrocken an und bemerkten, dass meine Wölfin kurz vorm durchbrechen ist. Ich konnte mich nicht mehr kontrollieren und ich spürte wie mir überall Fell wuchs und meine Knochen sich ausdehnten,was drohte mich zu zerreißen. Ich schrie schmerzerfüllt auf.

Leandris packte mich und lief mit mir die Treppe runter und zur Tür hinaus, runter von der Veranda. Dann sprang er schnell von mir zurück und mit einem wütenden Brüllen brach die Wölfin vollends aus mir heraus. Nun stand ich auf vier Pfoten auf der Wiese auf dem das Waldhaus steht und funkelte Leandris an. Nun kamen gut 20 Leute aus dem Haus gestürzt und starrten mich sprachlos an. Nur Leander und der Typ von der Veranda trauten sich mir zu nähern. Ich knurrte letzteren warnend an. Er sollte mir bloß nicht zu nahe kommen. Da sprang auf einmal eine Frau über das Geländer der Veranda und verwandelte sich noch im Flug in einen wunderschönen fuchsfarbenen Wolf. Sie lief auf den Mann zu und stellte sich schützend vor ihn. Sie knurrte mich mit funkelnden Augen an, als wollte sie mir bedeuten, nicht näher zu kommen.

Ich widersetzte mich ihr und kam ganz langsam immer näher. Ich wollte sie provozieren. Da sprang plötzlich der Wolf aus dem Wald hinter ihr hervor. Das musste der Mann sein, schoss mir durch den Kopf. Ich glaube, er war der Vater von Leander. Das war mir im Moment aber herzlich egal, denn auf einmal war ich von vielen Wölfen umringt. Ich konnte nur Leander aus der Menge erkennen. Und Leandris, weil ich noch grade so sah, wie er sich verwandelte. Er war ein schwarzer Wolf. Er und der rostrote Wolf kamen nun auf mich zu und knurrten drohend.

Meine Wölfin verstand es. Ich sollte auf keinen Fall einen anderen Wolf attackieren. Stur reckte ich meinen Kopf in die Höre und verengte meine Augen. Ich war eindeutig in der Unterzahl. Also beließ ich es bei einem leichten Kopfneigen. Auf einmal hörte ich eine Stimme in meinem Kopf. <Mira! Du musst dich einem Alpha unterwerfen. Wenn sie dich gleich bedrohen, dann musst du dich einem von ihnen unterwerfen.> Das war Leanders Stimme. Aber er hatte doch im Wald gesagt, dass die Gedankenübertragung bei mir nicht funktioniert. Wieso tat sie es jetzt? Ich bemerkte, wie sich eine zweite Stimme in meinen Kopf schob. <Mira, hab keine Angst. Ich muss jetzt aber meine Autorität zeigen. Es könnte dir auch Schmerzen bereiten.>

Jetzt reichte es mir. Niemand hat mir zu sagen, was ich tun soll. Ich spannte mich an und fauchte. Manche der Wölfe die mir zu nah standen zogen die Schwänze ein. Nur Leandris und der rostrote nicht. Diese versuchten sich jetzt, sich mir zu nähern, doch sie kamen nicht weiter als bis auf drei Meter an mich heran. Beide knurrten und schnappten nach mir. Beide versuchten, mich zum unterwerfen zu bewegen.

Ich wollte schon nachgeben, da kam in mir etwas hoch. Ich schabte mit einer Pfote den Boden auf und brüllte aus tiefster Kehle. Meine Instinkte ließen nicht zu, dass ich mich unterwarf. Meine Wölfin wurde immer wütender und stellte das Fell auf. Und knurrte. So ein Knurren haben nicht einmal Leandris und der Andere von sich gegeben. So bedrohlich und angriffslustig. Ich brüllte noch einmal und alle, wirklich alle Wölfe fingen an zu jaulen und zu fiepen. Sie zogen ihr Schwänze ein und legten sich flach auf den Boden. Die Kleineren boten mir sogar ihren freien Bauch und ihre Kehle dar.

Nur die beiden Alpha versuchten sich zu wehren. Ihre Beine zitterten. Doch sie mussten nachgeben als meine Wölfin nochmal unerbittlich brüllte. Auch sie hatten sich flach auf den Boden zu legen. Meine Wölfin würde sich niemals einem anderen Wolf unterwerfen begriff ich da. Und ich musste feststellen, dass ich mich auch selbst dagegen gesträubt habe, mich zu unterwerfen. Zufrieden mit dem Ergebnis setze sich meine Wölfin. Ich suchte nach Leander. Ich fand ihn unter den Wölfen und rief in meinen Gedanken.

<Leander?> Er reagierte nicht. Ich versuchte es noch mal und konzentrierte mich auf seine Stirn. <Leander? Hörst du mich? Steh doch bitte auf. Du wolltest nicht, dass ich mich dir unterwerfe.> Ganz langsam hob Leanders Wolf den Kopf und stand auf. <Mira, ich konnte nicht anders. Ich musste mich dir unterwerfen. Ich habe noch nie solch einen Zwang verspürt. Deiner Autorität musste ich mich einfach unterwerfen.>

Nun stand er fünf Meter von mir entfernt und alle schauten ihn erstaunt an. Anscheinend war er der einzige, der sich rühren konnte, ja sogar aufstehen. <Ich kann mich dir aber immer noch nicht nähern. Mein Wolf hat zu viel Angst, dass du ihn in der Luft zerreißt.> Ich wollte nicht, dass Leander oder sein Wolf vor mir Angst hatten. Kurzerhand sprang ich wieder auf und ging auf ihn zu.

Meine Wölfin fing an zu schnurren und ich rieb meinen Kopf an dem von Leander. Ich leckte ihm die Schulter und setzte mich dann vor ihn und legte meinen Kopf schief. Erwartungsvoll sah ich ihn an. Mir war es egal, dass alle anderen immer noch auf dem Boden lagen und uns zuschauten. Leander zögerte, doch dann leckte er auch mir die Schulter. Zufrieden brummend setze er sich neben mich. Mir fiel auf, dass er wirklich kleiner war als ich. Aber egal. Ich hatte mich wieder beruhigt und fragte Leander in Gedanken: <Kann ich auch mit allen gleichzeitig in Gedanken reden?> Leander nickte und meinte: <Dafür muss man sich aber sehr dolle konzentrieren. Eigentlich geht das im eigenen Rudel ganz einfach, aber du hast hier zwei Rudel um dich, denen du dich beiden nicht angeschlossen hast.>

Ich nickte und konzentriere mich auf jeden einzelnen Wolf und formulierte in Gedanken: <Wenn es auch nur einer von euch wagen sollte, sich mir in den Weg zu stellen oder versuchen sollte, mich zu unterwerfen. Dann geht das nicht so friedlich aus. Jetzt habe ich euch nur unterworfen. Ich werde mich keinem von euch anschließen.> Mit diesen endgültigen Worten entspannten sich auch die letzten Muskeln und ich entließ die Wölfe aus meiner Unterwerfung.

Alle kamen murrend und unterschwellig knurrend wieder auf die Beine. Ich ignorierte sie und schaute Leander an. Viele verwandelten sich wieder zurück in ihre Menschengestalt und Leander tat es ihnen nach. Ich versuchte mich zu konzentrieren doch es klappte wieder nicht. Ich konnte mich nicht zurück verwandeln! Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich. Das Erste, was ich lernen musste, war, meine Verwandlung in beide Richtungen richtig zu beherrschen. Leander guckte mich fragend an und ich schüttelte den Kopf. Er grinste und redete mir gut zu: „Konzentriere dich! Du schaffst das! Denk genau an die Bewegung und an das was du gleich als Mensch machen willst. Du musst es in Gedanken visualisieren.“

Ich nickte und schloss meine Augen. Ich dachte daran, wie ich gleich auf zwei Beinen die Treppe zur Veranda hochgehen würde und wie ich dann mit meiner Hand die Tür öffne. Es fing leicht in meinem Bauch an zu kribbeln. Das war aber auch schon alles, was ich erreichen konnte. Ich öffnete meine Augen wieder und schaute Leander verzweifelt an. Alle guckten mir zu und tuschelten. Die zerrissen sich bestimmt schon das Maul darüber, dass ich mich nicht zurück verwandeln konnte. Das machte mich schon wieder wütend und mein Schwanz peitschte aufgebracht hin und her. Leander bemerkte es und flüsterte, für die anderen nicht hörbar: „Komm mit. Ich helfe dir.“ Ich nickte und folgte ihm.

Kaum waren wir um die Ecke des Hauses verschwunden, drehte er sich um und streckte sich. Dann fasste er mir wie im Wald ins Fell und zog mich zu ihm runter. Und küsste mich. Ich schloss meine Augen und wollte meine Arme um ihn legen. Kurz darauf lagen sie auch schon um ihn. Ich hatte mich wieder verwandelt. Diesmal überraschte es mich aber nicht so sehr wie im Wald, so dass ich unseren Kuss nicht unterbrach. Seine Zunge drängte schon ungeduldig um Einlass. Ich öffnete meine Lippen bereitwillig und unsere Zungen begangen ein wildes Spiel.

„Ach, hier seid ihr!“, wurden wir jäh unterbrochen und und ich zuckte erschrocken zusammen. Wir keuchten beide von unserem Kuss. „Selene! Musst du uns so erschrecken?“, fragte Leander noch leicht außer Atem. „Leandris und Kallisto wollen mit euch reden.“ Selene hatte ganz gerötete Wangen und starrte mich mit großen Augen unentwegt an. „Was ist denn?“, fragte ich sie leicht genervt. „Das, was du gerade gemacht hast, sollte eigentlich kein Wolf können. Du hast alle unterworfen!“ Ich schloss gequält meine Augen. Konnte ich nicht einmal normal sein?!

Leander sagte: „Geh schon mal wieder rein. Wir kommen gleich. Wo sind die beiden denn?“ „Wir sind alle im Wohnzimmer. Alle reden aufgebracht auf ihre Rudelführer ein und verlangen eine Erklärung. Nur Kilian scheint sich zu freuen.“ Dann drehte sie sich um und lief zurück ins Haus. Ich wandte mich an Leander: „Wer ist Kilian?“ „Kilian hat sich vor einem halben Jahr ungefähr zur gleichen Zeit wie Maik verwandelt und gerät immer wieder mit Leandris aneinander, weil er sich nicht richtig unterordnen kann. Er akzeptiert Leandris nicht wirklich. Aber Leandris ist der einzige, der ihn noch halbwegs unter Kontrolle hat. Das könnte vielleicht auch daran liegen, dass alle Probleme mit ihm haben und er mit den Anderen, weil er ein schwarzen Wolf ist und das schon relativ selten vorkommt. Außerdem ist er auch größer als die meisten Wölfe.“, erzählt er mir.

Dann nahm er mich an der Hand und wir gingen ums Haus. Vorher schaute ich aber noch an mir herunter und bemerkte, dass diesmal nichts mehr von meiner Kleidung übrig ist. Beschämt guckte ich Leander an und wurde rot. Er lächelte mich an und zog sich sein Kapuzenpulli aus und gab ihn mir. Ich streifte ihn mit schnell über. Dann traten wir ein und gingen ins Wohnzimmer. Alle hörten abrupt auf zu reden und starrten mich mit unterschiedlichen Mienen an. Manche waren sauer, mache neugierig und manche schauten mich mit zu Schlitzen verengten Augen an, misstrauisch. Ich versuchte mich hinter Leander zu verstecken und machte mich klein. Diesmal fühlte sich auch meine Wölfin nicht wohl und zog sich in die letzte Ecke in meinem Bewusstsein zurück. Ich drückte mich von hinten an Leander. Er nahm meine Hand und drückte sie beruhigend.

„Mira und Leander, könnt ihr mal bitte her?“, rief Leandris. Leander und ich gingen zu ihm und dem anderen Anführer. „Das ist Kallisto. Er ist unser Vater und wie du schon mitbekommen hast auch ein Alphawolf.“, stellte Leandris mir den anderen Anführer vor. Dieser guckte mich grimmig an. Ich fragte vorsichtig: „Was passiert jetzt mit mir? Ich will wissen, was ich bin! Ich möchte doch nur normal sein.“ „Tja, wie man sieht bist du aber nicht normal. Und ich hab keine Ahnung, was du bist. Reinrassig bist du auf jeden Fall nicht. Dein Vater hat seine Ehre beschmutzt als er mit deiner elendigen Mutter zusammengekommen ist. Diese niederträchtige Nikeira hat ihm das Hirn vernebelt, sonst hätte er sich nie auf sie geprägt!“

Das Wort Nikeira spuckte er schon fast wie eine Beleidigung aus. „Das glaube ich dir nicht! Meine Mutter und mein Vater haben sich aufrichtig geliebt. Meine Mutter hätte Dad nie was schlechtes antun können.“, schrie ich Kallisto schon fast an. „Normalerweise müsste dein Fell grau sein. Mischlinge wie du haben immer ein graues Fell. So ist immer erkennbar, dass Mischlinge nirgendwo dazugehören. Sie haben es immer schwer in einem Rudel. Meist werden sie Einzelgänger oder bleiben bei den Nikeira. Aber du! Du bist nicht mal in der Hinsicht normal. Mischlinge können keinen Wolf unterwerfen. Schon gar keinen Alpha!“, sprach er, sich immer mehr in Rage redend. Ich schaute Leandris verzweifelt an.

„Aber was bin ich dann?“

„Das weiß ich leider auch nicht. Deine Eltern können dir das vielleicht beantworten.“, meinte er. „Meine Mutter ist Tod! Und mein Vater liegt im Koma!“, spie ich schon förmlich aus. Dann brach ich in Tränen aus. Das war einfach zu viel für mich. Keiner schien mich zu mögen. Und keiner konnte wir sagen, was ich bin. Ich war am verzweifeln. Ich konnte nicht mal meine Eltern fragen, was hier eigentlich los ist. Leander zog mich in seine Arme und bestimmte: „Das reicht jetzt mit den Anschuldigungen. Mira kann doch auch nichts dafür. Sie wuchs wie ein normales Mädchen auf. Und nicht in unserer Welt. Ihre Eltern haben sie im glauben gelassen, ein normaler Mensch zu sein.“ Er wandte sich an mich und murmelte: „Willst du heute hier bleiben, oder soll ich mit zu dir nach Hause kommen und bei dir bleiben?“

Mir war das egal. So lange mich alle anderen in Ruhe ließen. Mein Schluchzten wurde immer lauter. Ich fing an zu zittern. Ich stand kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Da sackten meine Beine auch schon unter mir weg und ich sank in Leanders Armen zusammen. Er nahm mich hoch und trug mich die Treppe raus in ein kleines Zimmer. Das musste wohl seines sein, dachte ich. Er legte mich in das Bett und sich selbst, nachdem er die Tür geschlossen hatte, zu mir. Ich schmiegte mich eng an ihn und weinte leise vor mich hin. Leander streichelte meinen Rücken und gab mir einen Kuss auf meinen Kopf. Dann begann er leise ein Lied zu summen. Ich lag mit deinem Kopf auf seiner Brust und diese vibrierte im gleichen Rhythmus. Das beruhigte mich so weit, dass die Müdigkeit langsam die Oberhand gewann und ich ins Land der Träume driftete. Immer noch das leise Summen hörend.

Kapitel 8

Am nächsten Morgen erwachte ich mal ganz ohne Störungen oder übermäßigen Lärm. Ich öffnete verschlafen meine Augen und sah Leander noch friedlich neben mir schlafen. Er sah so süß aus, wenn er schläft. Ich strich ihm zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Dann stand ich vorsichtig auf, damit ich ihn nicht weckte und ging raus auf den Flur.

Ich trug immer noch nur den Kapuzenpulli von Leander. Ich wollte nachsehen, ob Kalais oder ein anderes Mädchen schon wach war und sie fragen, ob ich mir nochmal was zum anziehen leihen kann. Alle Türen im oberen Flur waren geschlossen bis auf eine. Ich ging auf diese zu und entdeckte, dass es eindeutig ein Mädchenzimmer sein musste, denn überall lagen verstreut Sachen rum und alles war in verschiedenen Fliedertönen gehalten.

An den Wänden hingen Poster von Boygroups und anderen heißen Boys, die nur leicht Bekleidet waren. Dann hörte ich jemanden die Treppe rauf springen und leise vor sich hin singen. Um die Ecke kam Selene, die mich fröhlich anlächelte als sie mich vor ihrem Zimmer stehen sah. „Hast du auch Hunger? Ich habe mir grad das ganze Müsli geschnappt und mitgenommen. Wird sich Trajan nachher wieder grün und blau ärgern. Hihihi. Komm mit in mein Zimmer. Ich gebe dir was ab.“ Dann zog sie mich an meinem Arm mit in ihr Zimmer und schloss die Tür hinter uns. Wir setzen uns auf ihr Bett.

„Kannst du mir vielleicht was zum anziehen leihen? Ich hab gestern zwei mal alle Klamotten zerfetzt. Ich fühle mich so ein bisschen nackt, nur mit dem Pulli von Leander!“ Sie nickte, so dass ihre langen blonden Locken durch die Gegend flogen. „Klar. Was willst du denn haben. Hose, Rock, Kleid?“ Sie sprang wieder vom Bett auf und riss ihren riesigen Kleiderschrank auf. Ich sagte ihr, dass eine Hose am besten wäre. Daraufhin fing sie an in ihren Klamotten zu wühlen. Nach einer Weile zog sie eine blaue Jeans mit massenhaft Gebrauchtspuren, was die Hose echt abgefahren aussehen ließ. Dazu reichte sie mir ein blaues T-Shirt mit V-Ausschnitt, das meine blauen Augen hervorstechen ließ. Ich zog mir beides an und wir guckten noch schnell nach, ob wir zufällig auch die gleiche BH-Größe hatten. Ich stelle erfreut fest, dass es so ist und sie gab mir auch noch einen BH. Ich umarmte die dankbar und wir setzen uns wieder im Schneidersitz auf ihr Bett. Selene gab mir was von dem Müsli und wir schaufelten beide hungrig drauf los.

Ich hatte gar nicht bemerkt, was für einen Bärenhunger ich hatte. Ich fragte Selene: „Sag mal, ist es üblich, dass man, wenn man sich zum Wolf verwandelt hat, so einen riesigen Hunger bekommt. Leander hat gestern auch so viel bei mir zum Frühstück gegessen.“ Selene lachte und nickte. „Ja, ich esse hier mit Abstand am wenigsten. Ich weiß nicht, wo die das ganze Essen hin stecken. Scheint, als wenn die für den Wolf mitessen, aber das weiß ich nicht. Ich habe mich ja noch nicht verwandelt.“ „Achso. Dann wird sich Ernie aber wundern, warum ich auf einmal so viel esse.“, kicherte ich. „Wer ist Ernie?“, fragte Selene mich erstaunt.

„Ernie ist mein bester Freund. Der zieht jetzt auch mit seinem Bruder Maik bei mir ein.“

„Oh, wieso das denn? Und wieso nennst du ihn Ernie?“

„Ach, das ist echt lustig. Vor nem Jahr oder so waren wir mal in einem Park mit einem See. Dort waren massenhaft Enten und eine von denen wollte Ernie nicht in Ruhe lassen. Die ist ihm die ganze Zeit hinterher gerannt und hat ihn voll gequakt. Außerdem klingt es, wenn er lacht, dem Lachen von Ernie aus der Sesamstraße sehr ähnlich. Seit dem nenne ich ihn nur noch Ernie, eigentlich heißt er Aiden.“

„Aber doch nicht Maik und Aiden Foster, oder?“

„Doch, wieso? Kennst du sie?“, fragte ich sie verwundert.

„Aiden kenne ich nicht. Aber Maik kenne ich. Der ist doch auch in unseren Rudel!“

Ich riss die Augen auf. Jetzt erinnerte ich mich auch, dass mir jemand gegenüber mal erwähnt hatte, dass ein gewisser Maik sich mit Kilian zur selben Zeit vor einen halben Jahr verwandelt hatte. Ich fasste es nicht. Deswegen hatte er sich seit dem auch so verändert und sich von seinen Freunden zurückgezogen.

„Jetzt weiß ich warum sich Maik in letzter Zeit verändert hat. Aiden macht sich furchtbare Sorgen. Wie ist er denn in das Rudel gekommen?“, wollte ich wissen. „Also, eigentlich wusste Leandris nur, dass sich Kilian in einen Wolf verwandeln würde. Aber Kilian wollte sich nicht hier im Wald verwandeln, so ist es in der Nacht mitten in der Stadt passiert. Zwei Straßen weiter hörten Leandris dann ein furchtbares Gebrüll und Geschrei. Er lief dort hin und sah Maik wie er in Wolfsgestalt vor seinen verschreckten Freunden stand. Sie hatten furchtbare Angst, genauso wie Maik. Er wusste nichts davon, dass er Wolfsblut in sich trägt. So hat Leandris ihn gefunden und unterworfen. Bei Kilian ging das nicht so einfach. Er währte sich, so wie du auch, aber schließlich musste er sich unterwerfen. So sind beide in unser Rudel gekommen.“ Ich nickte abwesend. Ich musste unbedingt mit Maik reden!

„Und wie kommt Maik damit klar?“

„Naja nicht so gut. Er will kein Wolf sein und dass alles wieder so ist wie zuvor. Seine Freunde wollen nichts mehr mit ihm zu tun haben. Nur mit Kilian versteht er sich einigermaßen. Ansonsten hat er noch mit niemandem im Rudel geredet. Ich dachte er ist nur schüchtern. Aber wenn du meinst, dass er sich verändert hat, hat er sich wohl einfach nur sehr stark zurückgezogen.“, meinte Selene. Jetzt wollte ich auch wissen, wer noch so im Rudel ist und wer Maik denn diese Gene vererbt hat. „Sag mal, weißt du welcher Elternteil von Maik ein Wolf gewesen ist? Kannst du mir auch was über die restlichen Rudelmitglieder erzählen?“

„Ich glaube Maiks Vater war ein Wolf in dem Rudel von Kallisto. Sein Rudel ist echt riesig und über das ganze Land verteilt! Aber nun zu Leandris' Rudel: Wie du ja schon weißt, ist er der Alpha. Seine Gefährtin ist Kalais, die dir gestern was zum anziehen geliehen hat. Leandris hat sie kennengelernt als er mit seinem Bruder Leander von seinem Vater abgehauen ist. Die beiden konnten sich ihm nie wirklich unterworfen. Sie haben sich noch nie richtig verstanden und so hatte Leandris beschlossen ein eigenes Rudel zu gründen. Während seiner Reise hierher hat er dann Kalais getroffen. Sie gehörte einem anderen Rudel an, doch die beiden haben sich verliebt und sich aufeinander geprägt. So ist sie mit ihm gekommen. Kurz darauf trafen sie auf die drei Wölfe Bouth, seine Gefährtin Thea und Seth. Die drei waren Einzelgänger und haben sich dann zusammengeschlossen. Sie lebten einfach nur zusammen und es gab keine Rangfolge. Sie haben sich alle Leandris unterworfen und Bouth ist der Beta geworden. Sein Wolf ist beeindruckend. Er ist rostbraun und schwarz gemischt und fast größer als der von Leandris. Er ist der Älteste in unseren Rudel. Sein bester Freund ist Seth und die beiden hängen heute noch immer zusammen mit Thea. Trajan war damals noch unter Kallisto der beste Freund von Leandris und ist von Anfang an mitgekommen. Er hatte keine Familie mehr außer mich und meint immer Leandris und Leander seien jetzt seine Familie. Am wichtigsten bin ich ihm aber es stimmt auch. Ein Rudel ist so was wie eine große Familie. Gegen Ende der Reise sind sie dann auf einen verwilderten Wolf gestoßen. Diesen haben sie tagelang verfolgt und herausgefunden, dass es eine Wölfin war, Lia. Sie lebte fünf Jahre allein ohne jegliche Struktur in den Wäldern und verwilderte. Leandris hat sich ihr dann allein genähert und ihr gezeigt, dass sie keine Angst haben braucht. Lia hat sich dann bereitwillig Leandris unterworfen. Sie ist immer noch sehr zurückhaltend, aber nicht mehr so verwildert. Am Anfang lief sie nur in Wolfsgestalt rum, jetzt aber wie alle anderen in Menschengestalt. Nur selten kommt es noch durch, dass sie sich nicht wieder in einen Menschen verwandeln will. Ich glaube das waren alle. Ich bin ja die Schwester von Trajan und werde mich dann wahrscheinlich Leandris unterwerfen. Obwohl ich dich jetzt schon echt mag. Vielleicht will meine Wölfin ja nicht, dass ich mich ihm anschließe sondern dir. Ich glaube das würde dann ganz schön Krach mit Trajan geben.“

Wenn ich mich nicht verzählt hatte, waren das dann zehn Wölfe und Selene. Jetzt musste ich nur noch alle kennenlernen, dachte ich. „Warum wohnen denn jetzt alle hier im Waldhaus?“, wollte ich als letztes wissen.

„Das liegt doch auf der Hand!“, meinte Selene. „Wenn ein neuer Wolf kommt und sich das erste mal verwandelt, ist das hier im Wald ja nicht so gefährlich. Das Rudel hat sich dann das Waldhaus hier selber gebaut. Seth ist Architekt und dann ging das alles ganz schnell. Jetzt wohnen wir schon seid zwei Jahren hier. Wo wohnst du eigentlich?“

„Ich wohne mit meinen Eltern am Waldrand mit meinen drei Hunden Paul, Mia und Luke.“ Da fiel mir ein, dass meine Eltern ja nicht mehr bei mir waren. Mir lief eine Träne die Wange runter. Selene bemerkte sie und fragte erschrocken: „Was ist denn los?“

„Vor 15 Tagen hatte ich mit meinen Eltern einen Unfall und meine Mutter ist danach während der Operation gestorben. Mein Vater liegt jetzt im Koma und wird wohl auch die nächste Zeit nicht aufwachen. Deswegen ziehen ja auch Aiden und Maik bei mir ein. Aiden ist ja schon der Vormund von seinem Bruder und jetzt auch von mir. Aber das Jugendamt hat entschieden, dass das nur geht, wenn ich nicht allein wohne.“, erzählte ich ihr.

Sie nickte und nahm mich in den Arm. Sie tröstete mich und dann löste ich mich wieder von ihr. Mir fiel ein, dass ich meine Hunde ja ganz vergessen hatte. „Ich muss jetzt aber dringend raus. Ich habe meine Hunde gestern einfach nur an einen Baum gebunden. Eigentlich wollte ich ja wieder nach Hause gehen.“ „Ich komme mit, wenn das ok ist?“ Ich nickte und wir gingen nach draußen. Ich ging zu dem Baum und stellte entsetzt fest, dass meine Hunde nicht mehr da waren.

„Scheiße! Wo sind sie?“, rief ich. Das war alles meine Schuld, dachte ich. Wieso hatte ich auch auf Leander gehört und sie einfach angebunden. Da kam Maik zwischen den Bäumen hervor und ich fiel ihm vor Erleichterung um den Hals. Er hatte meine drei Vierbeiner alle an der Leine und selbst Paul war brav. Kein Knurren, nichts. „Wie hast du es geschafft, dass Paul nicht ausrastet?“, fragte ich. Maik zuckte die Achseln und meinte gelassen: „Das war ganz einfach. Ich habe einfach einmal zurück geknurrt und dann war er gleich ganz still. Er hat mich abgeleckt und dann mit den beiden anderen einfach im Wald gespielt. Ich hab die drei abgeleint gehabt.“

„Was? Und wie hast du Luke dazu gebracht auf dich zu hören?“

„Der hat von Anfang an keine Probleme gemacht.“

„Ok.“, sagte ich da nur. Maik schien sich echt durchsetzen zu können. Das freute mich dann doch schon ein wenig, denn das bedeutete weniger Probleme bei mir zu Hause.

„Ich habe gehört, du hast dich auch in einen Wolf verwandelt?“, fragte er mich dann. Ich nickte und sagte: „Ich bin aber nicht normal. Keiner weiß, was ich bin. Ich habe weißes Fell und gestern alle unterworfen. Auch die beiden Alpha.“

„Das hätte ich zu gern gesehen!“, meinte Maik grinsend. Dann mischte sich Selene ein: „Ich habe es gesehen. Es war der Hammer. Kallisto war danach stinksauer.“ Sie lachte. Maik starrte sie an. Dann drehte er sich um und ging ins Haus. Meine Hunde gab er mir vorher noch wieder. Ich streichelte sie und fragte mich, was es zu bedeuten hat, dass er Selene grade so angestarrt hat.

„Hast du eine Idee, wo ich was zu futtern für die drei Süßen hier herbekomme?“, fragte ich Selene. Sie meinte: „Komm. Ich denke in der Speisekammer ist noch eine Fleischkeule. Die kannst du ihnen bestimmt geben.“ Ich folgte ihr.

Ich würde bestimmt noch eine Weile brauchen bis ich mich in dem riesigen Haus zurecht fand. Vorausgesetzt ich durfte mich dort auch in Zukunft aufhalten. Drinnen kam uns Leander entgegen. Grinsend fragte er mich: „Ich habe mich schon gefragt, wo du abgeblieben bist. Wo wollt ihr denn jetzt drauf los?“ „Wir wollen uns die Fleischkeule aus der Speisekammer holen für die Hunde von Mira., sagte Selene. Ich nickte zustimmend und dann bogen wir nach rechts ab. Am Ende des Ganges war dann ein echt großer Raum in dem massenweise Nahrung stand. Die mussten hier wirklich sehr viel essen, dachte ich. Wenn das alles bei uns stehen würde, dann müssten wir mehr als die Hälfte wegschmeißen, weil es schlecht geworden ist. Wir wühlten kurz bisschen rum und dann hatten wir die Fleischkeule auch schon gefunden. Ich brachte sie meinen Hunden und ging dann wieder rein.

Wir gingen ins Wohnzimmer und setzten uns auf das Sofa auf dem auch schon Maik mit einem Jungen saß. Er war mir noch unbekannt, aber ich vermutete, dass das Kilian sein muss, weil Maik sich mit ihm unterhielt und ich von Selene wusste, dass er sonst mit keinem aus dem Rudel redete. Trotzdem stellte er sich vor: „Hi Mira. Ich bin Kilian. Ist echt stark, dass du dich nicht unterworfen hast, sondern alle anderen sich.“ Er grinste mich an und musterte mich von oben. „Irgendwie habe ich dich in Menschengestalt beeindruckender vorgestellt. Ist mir so aber auch recht, denn du siehst einfach hammergeil aus!“ Seine Augen funkelten dabei und ich wurde rot.

Hinter mir knurrte jemand. Ich drehte mich um und da stand Leander. Ich fragte mich, wieso er auf einmal so sauer war. Er schaute mich nicht an, sondern über meine Schulter zu Kilian. Ich verstand das nicht. „Lass deine Finger von ihr!“, knurrte Leander den anderen an. „Hey. Lass Kilian in ruhe. Er hat dir doch gar nichts getan!“, nahm ich Kilian in Schutz und gab Leander einen Kuss auf die Wange. „Er hat mir doch nur ein Kompliment gemacht. Beruhige dich wieder.“ Ich merkte, wie er sich wieder entspannte. „Tut mir Leid.“, murmelte er und setze sich an den Wohnzimmertisch. Selene und ich setzen uns zu Maik und Kilian auf das Sofa. Selene nahm die Fernbedienung und schaltete den Fernseher ein.

Wir schauten uns einen Western an und lachten uns dabei über die Spezialeffekte kaputt. Der Film war schon älter und man konnte genau sehen, wie alles inszeniert wurde. Nach der Hälfte des Films wurden wir jäh unterbrochen. „Was macht die noch hier?! Sie gehört nicht zu uns, also soll sie sich gefälligst verpissen!“, knurrte Kallisto und zeigte anklagend auf mich. Leander sprang auf und stellte sich vor mich. „Du gehörst genauso nicht zu uns. Das selbe könnte ich von dir verlangen, Vater!“ Das letzte Wort sprach er abfällig aus. „Ich habe sie eingeladen hier zu bleiben und du kannst nichts dagegen machen.“

Mit diesen Worten drehte er sich zu mir an und setzte sich neben mich. Da kam Leandris in den Raum und fragte, was hier los sei. Dann meinte er: „Vielleicht wäre es das beste, wenn du wirklich erstmal nach Hause gehst. Wir haben eh noch was mit Kallisto zu besprechen. Da kannst du eh nicht hier bleiben. Du kannst ja Selene mitnehmen.“ Ich nickte und sagte: „Das denke ich auch. Außerdem muss ich noch wegen Maik und Ernie zwei Zimmer streichen. Meine Hunde finden es auch nicht so toll hier immer angeleint zu sein. Ich lasse sie dann zu Hause, wenn ich nochmal herkomme. Ich darf doch wieder kommen?“, fragte ich noch ängstlich. Ich stand auf und Selene folgte mir. „Klar. Du bist hier immer willkommen.“, stellte Leandris klar. „Nur an Besprechungen, die das Rudel betreffen, kannst du nicht teilnehmen.“

„Ich helfe dir beim Streichen. Dann können wir weiter quatschen und laut Musik hören.“, freute sich Selene. Dankbar sah ich sie an und dann gingen wir nach draußen. Wir verabschiedeten uns und gingen dann mit meinen Hunden nach Hause. Dort angekommen, schloss ich die Tür auf. Ich ließ meine Hunde von der Leine und sie stürmten gleich durch Haus und Garten.

„Fühl' dich wie Zuhause. Ich gehe kurz in den Keller die Farbe und Pinsel holen. Nimm dir doch was zu trinken und ich komm dich dann gleich holen.“, meinte ich fröhlich zu ihr. Selene nickte und ich ging in den Keller. Nach kurzem Suchen fand ich dann endlich die Farbe und die Pinsel und schleppte alles nach oben. Vor der Kellertür wartete schon Selene auf mich und nahm mir die Hälfte ab. Dann gingen wir in den ersten Stock und legten schon mal alles in den Raum, den wir gleich streichen wollten. Dann zeigte ich ihr mein Zimmer und sie war von diesem total begeistert.

„Dein Zimmer ist der Hammer! Das Himmelbett ist das Beste!“, meinte sie bewundernd. „Was haben deine Eltern gemacht?“

„Meine Mutter hatte ein Isoterikgeschäft und mein Vater war ein sehr guter Anwalt. Und beide haben viel von ihren Eltern geerbt. Nur deswegen konnten sie sich so ein Haus bauen.“ Dann suchte ich meinen USB-Stick und steckte ihn in die Anlage. Als die ersten Töne erklangen jubelte Selene. „Ich liebe diese Musik!“ Ich freute mich und drehte die Anlage laut auf, damit wir es auch noch im anderen Zimmer gut hören konnten. Dann machten wir uns an die Arbeit. Wir hatten dabei mega viel Spaß. Wir lachten und quatschen viel. Wir sangen laut grölend bei den Liedern mit und machten allerlei Schabernack.

Als wir fertig mit den Zimmer waren, sahen wir aus wie Malermeister. Überall hatten wir uns gegenseitig mit Farbe angemalt. Selbst in Gesicht und Haaren klebte überall Farbe. Ich schaute auf die Uhr und registrierte, dass schon später Nachmittag war. „Komm. Lass uns was zu essen machen. Ich habe eine Bärenhunger.“, sagte ich leicht außer Atem vom vielen Lachen. Selene stimmte mit knurrendem Magen zu und grinste mich an. Wir gingen in die Küche und wurden von Leander begrüßt. „Hi Mädels. Ich wollte euch nicht stören und da habe ich mir gedacht, ich koche euch was zu essen.“ Ich sprang in unendlich dankbar an und er fing mich auf. Ich gab ihm einen schnellen Kuss auf den Mund und er stellte mich wieder auf den Boden.

„Können wir jetzt essen. Ich habe Hunger!“ Meine Aussage wurde von meinem Magen kräftig unterstützt und ich setzte mich an den Tisch. Selene hatte sich schon aufgefüllt und aß. Ich tat es ihr nach und begann gierig den Nudelauflauf in mich rein zu schaufeln. Leander schaute mir dabei grinsend zu. „Was guckst du denn so?“, wollte ich, mich gestört fühlend, wissen. „Nichts. Ich finde es nur lustig, weil du jetzt genauso schaufelst wie ich gestern und da hast du mich noch angemeckert, dass ich ja auch langsamer essen könne.“, beantwortete er meine Frage.

Ich versuchte jetzt angestrengt langsamer zu essen, was mich ganz schöne Disziplin kostete. „Nun iss schon weiter so schnell. Mich stört das nicht und Selene ist das von uns ja schon gewöhnt, dass wir alle so schnell futtern.“ Ich zuckte erfreut die Achseln und schaufelte wie zuvor alles in mich rein. Meine Wölfin schnurrte zufrieden. Mit einem Stöhnen lehnte ich mich zurück und strich mir über den Bauch. Ich hatte wohl doch etwas zu viel gegessen. Aber es hatte so lecker geschmeckt, dass ich nicht aufhören konnte. Auch Selene und Leander hatten sich vollgestopft und jetzt setzten wir uns gemeinsam auf das Sofa im Wohnzimmer.

„Ist die Besprechung vorbei?“, fragte Selene. Leander nickte und sagte: „Das war vielleicht ein Gebrülle und Gezanke. Fast wären alle aufeinander los gegangen. Aber wir haben uns wieder beruhigt und Kallisto ist mit seinem Rudel wieder abgefahren. Zum nächsten Vollmond müssen wir zu denen kommen. Dann ist bei ihnen die große Versammlung mit allen Rudeln und Einzelgängern.“ Er schaute mich an und fügte hinzu: „Auch du musst dann mitkommen.“

„Ich wollte noch in die Stadt. Ich gehe dann mal. Wir sehen uns bestimmt bald wieder!“, verabschiedete sich Selene und ging nach draußen. Ich schaute ihr noch kurz nach und wandte mich wieder dem Gespräch zu.

„Was macht man denn da?“

„Also, alle erzählen über die neuesten Entwicklungen. Die neuen Wölfe werden vorgestellt und die neuen Alpha auch. Man verabschiedet sich von den verstorbenen Wölfen und dann wird noch besprochen, ob die Menschen eine Ahnung haben, dass es uns gibt und der Rest sind dann nur noch Höflichkeitsfloskeln.“

„Ok. Muss man sich da selbst vorstellen oder wird man vorgestellt?“

„Eigentlich wird man von seinem Alpha vorgestellt. Einzelgänger müssen sich selbst vorstellen und neue Alpha auch. Das heißt, du musst dich selber vorstellen.“

Ich musste schlucken. „Wie viele Wölfe sind denn auf so einer Versammlung?“

„Soweit ich weiß gibt es im Moment 25 Rudel und 50 Einzelgänger. Insgesamt sind wir dann ungefähr 350 Wölfe. Vielleicht mehr, vielleicht weniger.“

„Oh Gott! Und vor den Allen soll ich dann sprechen?! Das kann ich nicht!“

Leander nahm mich in den Arm und murmelte: „Das schaffst du schon. Du bist stärker als du denkst!“ Ich schmiegte mich an ihn und musste daran denken, dass ich ihn erst seit zwei Tagen kannte und mir jetzt schon nicht mehr vorstellten konnte ohne ihn zu leben. Ich schaute hoch in sein Gesicht und versank in seinen wunderschönen Augen. Diese verdunkelten sich und versprühten unendliche Liebe. Leander kam immer näher und dann küsste er mich.

Erst nur ganz leicht. Er wollte schon wieder von mir ablassen doch ich zog ihn fordernd dichter an mich ran. Ich presste mich eng an ihn und öffnete meine Lippen. Auch Leander öffnete seine und ich drang mit meiner Zunge in seinen Mund vor. Ich erkundete diesen und spielte mit seiner Zunge. Er schmeckte nach einer Mischung aus frischen Erdbeeren und Pfefferminz. Unser Kuss wurde immer wilder und Leander schob seine Hand unter mein T-Shirt. Er streichelt ganz leicht meinen Bauch und fuhr unsichtbare Linien nach. Mein ganzer Körper begann zu kribbeln. Ich legte meine Hände auf seine Brust und merkte seine Muskeln unter ihnen spielen. Seine Haut war so weich!, dachte ich und musste in den Kuss hinein grinsen. Ich löste mich schwer atmend von ihm und lächelte.

Dann hörte ich im Kopf auf einmal Leanders Gedanken. <Ich liebe sie. Aber wie soll ich ihr das sagen. Ich glaube nicht, dass sie begeistert davon wäre, wenn ich ihr sage, dass ich mich auf sie geprägt habe. Sie muss sich auch auf mich prägen, sonst raste ich aus! Es macht mich verrückt, zu wissen, dass auch ein anderer Typ sie haben kann. Als Kilian ihr das Kompliment gemacht hat, konnte ich mich schon kaum zurückhalten...>

Ich schaute ihn mit großen Augen an. „Du hast dich auf mich geprägt?“, fragte ich verständnislos. Leander riss seine Augen auf und fragte erschrocken: „Woher weißt du das?“

„Ich hab deine Gedanken gehört! Du hast mir das gesagt! Oder zumindest gedacht!“, machte ich ihm klar. Seine Augen wurden noch größer, wenn das überhaupt noch ging.

„Du hast meine Gedanken gehört? Das ist unglaublich. Ich hätte nie gedacht, dass das schon so früh passieren könnte!“

„Was meinst du damit? Ich verstehe das nicht! Wann hast du dich überhaupt auf mich geprägt?!“

„Mira. Die Prägung kann man nicht steuern. Deine Instinkte vom Wolf tun das von allein. Es kann überall und bei jedem passieren. Und du hast dich anscheinend auch auf mich geprägt, weil nur Gefährten auch in Menschengestalt die Gedanken des anderen hören können. Du hast meine Gedanken eben gehört. Fühlst du, was ich fühle?“ Ich horchte in mich hinein und konnte nichts anderes wahrnehmen als meine eigenen Gefühle und Gedanken. Ich schüttelte den Kopf und schaute betreten auf den Boden.

Das heißt wohl, dass ich mich doch nicht auf ihn geprägt hatte. Leander fasste mir unter mein Kinn und hob meinen Kopf an. „Mira. Das ist ganz normal. Mit der Zeit wirst du meine Gefühle und Gedanken immer wahrnehmen können. Ich kann deine schon besser wahrnehmen, weil du dich auch auf mich geprägt hast. Als das noch nicht so war, habe ich nur eine Leere gefühlt. Das war so als wenn mir etwas fehlen würde.“

Ich war richtig erleichtert. Da zog es mich an sich und küsste mich ausgiebig. <Ich werde dich niemals wieder gehen lassen!> Ich hörte doch wieder seine Gedanken und fragte mich, wie das jetzt weiter geht. Leander löste sich von mir und antwortete grinsend: „Naja, wir sind jetzt zusammen und wenn sich einer an dich ran macht, werde ich verdammt eifersüchtig und wütend. Wenn du mich dann nicht wieder beruhigst, reiße ich den anderen in Fetzen. Das gleiche würdest du wahrscheinlich auch tun, wenn mich eine anmacht.“

Ich guckte ihn liebevoll an und fragte: „Was würde eigentlich passieren, wenn sich derjenige auf den man sich geprägt auf jemand anderen prägt?“

„Ich habe das nur einmal erlebt und glaub mir, das war nicht schön. Kraius hatte sich auf ein Mädchen geprägt, das sich kurze Zeit auf einen anderen geprägt hat. Kraius ist daraufhin rasend vor Wut geworden und wollte den anderen töten. Er wurde aber von dem Mädchen aufgehalten und dieser konnte er einfach nichts antun. Er wollte, dass sie glücklich ist und so hat er den anderen verschont. Seit dem hat er sich zurückgezogen, sich von seinem Rudel gelöst und total durchgeknallt. Er redet mit sich selbst und rastet gleich aus, wenn sich jemand ihm in den Weg stellt oder ihn auch nur im geringster verärgert. Er hat leider auch schon drei Menschen auf dem Gewissen und ich wünsche niemandem, selbst meinem schlimmsten Feind nicht, eine unvollendete Prägung.“

Ich musste schlucken. Ich war so froh, dass ich mich auf Leander auch geprägt hatte. Da überschwappte mich eine Welle von liebevollen Gefühlen. Ich schaute Leander an und sah in seinen Augen eine Liebe brennen, dass ich genau wusste, dass das, was ich eben gefühlt hatte, Leanders Gefühle waren.

Wir verbrachten den Rest des Nachmittags faul auf dem Sofa und kuschelten und redeten. Am Abend aßen wir noch etwas und gingen dann beide nach oben in mein Zimmer. Ich zog mir meine Jogginghose und ein frisches Top an und Leader zog sich einfach nur seine Hose aus, so dass er in Boxershorts vor mir stand. Ich wurde leicht rot. Leander zog mich einfach zu sich ran und schmiss mich dann mit Leichtigkeit auf mein Bett. Er legte sich zu mir und zog mich halb auf sich. Ich kuschelte mich an ihn und schlief schnell ein.

Kapitel 9

Am nächsten Morgen wurde ich von wildem Bellen geweckt. Das mussten meine Hunde sein, dachte ich. Ich hatte über Nacht die Tür offen gelassen und die Hunde waren bestimmt schon draußen und irgendjemand muss im Garten sein. Leicht panisch sprang ich aus dem Bett, Leanders überrumpelten Gesichtsausdruck ignorierend. Ich rannte die Treppe runter und in den Garten.

Da stand Leandris und noch ein Kerl. Ich spürte, wie sich von hinten zwei starke Arme um meine Taille legten und mich an eine starke Brust zogen. Ich spürte, dass es Leander war und lächelte. Er gab mir einen Kuss in den Nacken und begrüßte dann seinen Bruder und dessen Begleiter. „Hi Leandris. Hi Trajan. Ist was passiert, oder warum seid ihr schon so früh morgens hierher gekommen?“

Trajan sah uns mit Schräg gelegtem Kopf an und schnupperte in der Luft. „Ihr habt euch geprägt.“, stellte er fest. Leandris sagte verdutzt: „Das ging aber echt schnell. Ich wusste, dass du dich schon auf Mira geprägt hattest, aber dass sie sich so schnell auch auf dich prägen würde, hätte ich nicht gedacht. Die ganze Wolfssache ist ja noch total neu für sie.“

„Hey. Ich stehe genau zwischen euch. Redet nicht so über mich als wenn ich nicht hier stehen würde!“, meckerte ich beleidigt. Paul bellte immer noch lautstark und wollte sich auch nicht beruhigen als ich ihn beruhigend streichelte und mit ihm redete.

„Es hat keinen Sinn!“, sagte ich. „Knurr ihn an und zeig ihm, wer der Höhergestellte ist. Ansonsten beruhigt er sich nie!“ Die beiden Jungs schauten mich skeptisch an. „Nun los. Maik hat das gestern auch schon gemacht und bei ihm gibt es keine Probleme mehr mit Paul.“, bestärkte ich sie. Dann knurrten beide tief und bedrohlich und Paul fiepte einmal auf. Dann ging er auf beide zu und schleckte ihnen über die Hand. Schließlich zog er dann mit Mia und Luke ab.

„Weswegen seid ihr denn nun hier?“, fragte Leander zum wiederholten Male. „Wir haben einen fremden Geruch wahrgenommen. Es sind mindestens drei feindliche Wölfe. Wir wollten euch nur warnen.“, sprach Leandris und drehte sich um. Trajan schaute uns dann noch einmal wehmütig an und lief seinem Freund hinterher. Jetzt hatte ich auch ein Gesicht zu Trajan. Seinen Geruch hatte ich mir auch gleich gemerkt, damit ich ihn auch als Wolf wiedererkennen konnte.

Ein bisschen Angst machte es mir ja schon, dass da draußen drei Wölfe herumliefen, die uns nicht freundlich gesittet waren. Ich war aber auch neugierig zu erfahren, wer diese drei waren. Ich drehte mich zu Leander um und dieser zog mich an sich. „Komm. Lass uns was frühstücken und dann gehen wir mit den Hunden eine Runde. Die anderen werden schon mit den Wölfen fertig. Und wenn sie meine Hilfe brauchen, dann erreichen sie mich auch über meine Gedanken.“ Mit diesem Worten zog er mich ins Haus und öffnete den Kühlschrank.

Er drehte sich mit mitleidsvollem Gesicht zu mir um und meinte: „Ich denke als erstes müssen wir in die Stadt und einkaufen. In deinem Kühlschrank liegt nur noch ein langsam vor sich hin schimmelnder Käse.“ Dabei rümpfte er angeekelt die Nase. „Dann nimm den gefälligst raus und schmeiße ihn in den Müll. Denkst du, ich will einen gammelnden Käse in meinem Kühlschrank haben?!“, beschwerte ich mich als ich sah wie er den Kühlschrank einfach wieder zu machte. Er grinste mich an und schmiss dann den Käse in den Müll.

„Lass uns gleich fahren. Wir nehmen mein Auto.“ Mit diesen Worten lief ich los, schnappte mir die Schlüssel und rief die Hunde rein. Leander folgte mir und hinter uns schloss ich alle Türen ab. Dann gingen wir zu unserer Garage und stieg in mein geliebtes Auto. Mein Vater hatte ihn mir zu meinem 16. Geburtstag geschenkt. Ich fuhr rückwärts aus der Garage und ließ Leander auf der Beifahrerseite einsteigen. Er schaute mich echt komisch an und ich hörte in Gedanken <Mann Oh Mann! Der Wagen ist echt geil. Ich liebe Mira immer mehr. Aber wieso hat sie ausgerechnet einen neongrünen Porsche?>

„Ganz einfach: Meine Lieblingsfarbe ist grün und grasgrüne Autos sind einfach hässlich. So also neongrün und ich habe meinen Vater schon seit ich 9 war genervt, dass ich einen Porsche haben will. An meinem 16. Geburtstag stand dann das Auto vor der Haustür.“

Ich grinste Leander an und er nahm meine Hand und küsste sie. „Du hast meine Gedanken gehört. Das ist wunderbar!“ Er freute sie mega und beugte sich zu mir rüber und flüsterte mir ins Ohr: „Ich liebe dich, Mira Calypso!“ Dann gab er mir einen Kuss auf die Wange. „Ich liebe dich auch, aber wenn du mich weiter so ablenkst, baue ich noch einen Unfall und ich will nicht, dass das schon wieder passiert. Ich habe wegen einem Unfall erst meine Eltern verloren.“

Schlagartig wurde ich unendlich traurig und die Tränen kullerten mir über die Wange. Leander strich sie mir mit seinem Daumen von der Wange und meinte: „Schatz, ich werde dich niemals verlassen. Wenn du willst, können wir heute auch noch deinen Vater besuchen.“ Ich nickte dankbar und konzentrierte mich wieder auf den Weg vor mir. Leander machte das Radio an und so hörten wir bis wir in der Stadt ankamen einfach nur Musik.

Als Erstes machten wir einen Großeinkauf. Von dem, was wir alles kauften, könnte eine ganze Fußballmannschaft eine ganze Woche lang satt werden. „Brauchen wir wirklich sooo viel?“, fragte ich Leander skeptisch. Leander nickte und sagte: „Du wirst jetzt auch immer mehr essen und ich werde wohl auch die meiste Zeit bei dir sein und mitessen. Du hast doch schon gesehen, wie viel wir in unserer Speisekammer an Lebensmitteln stehen haben. Was meinst du, wie lange diese Vorräte für das Rudel reichen?“ Ich zuckte die Achseln und überlegte, wie lange diese Berge von Nahrung wohl für 10 ½ hungrige Wölfe reichen würden. „Ich schätze so ungefähr zwei Wochen.“, meinte ich dann. Leander fing an zu lachen. „Also, wenn wir Glück haben und wir nicht noch Besuch oder so bekommen, dann reicht das Alles höchstens für eine Woche.“ Oh Mann, dachte ich. Ich würde noch so einiges lernen. Vor allem was ich alles als Wölfin kann. „Ich werde dir dabei helfen. Ich zeige dir alles was du wissen musst, damit du mit deiner Wölfin zurecht kommst.“

Ich grinste ihn nickend an und küsste ihn dann einfach mitten auf den Mund. Er zog mich eng an sich und intensivierte unseren Kuss. Er wurde immer leidenschaftlicher bis wir dann von einem Räuspern unterbrochen wurden. Erschrocken löste ich mich von Leander und wurde rot. Dann schaute ich mich nach den Räuspern um und entdeckte Aiden. „Ernie! Was machst du denn hier?“, rief ich und sprang ihm mit einem Freudenschrei in die Arme. Ich wuschelte ihm durch die Haare und gab ihm einen Kuss auf die Wange.

„Hey Süße. Ich wollte eigentlich nur noch das wichtigste einkaufen. Viel brauchen wir ja nicht, weil wir ja übermorgen schon bei dir einziehen, aber da habe ich dich hier knutschend mit dem Typen da erwischt.“, sagte er lachend und deutete auf Leander. Dieser sah uns mit einen grimmigen Gesichtsausdruck an und ich war der Meinung, dass ich sogar ein unterschwelliges Knurren hörte. Schnell ging ich auf ihn zu und gab ihm einen sanften Kuss. Ich versuchte ihm in Gedanken mitzuteilen, dass er jetzt nicht ausrasten solle. Ich merkte, wie er sich wieder etwas entspannte. Dann nahm ich seine Hand und stellte ihn Aiden vor.

„Ernie, das ist mein Freund Leander. Ich habe ihn vor ein paar Tagen kennengelernt und jetzt sind wir zusammen. Schatz, das ist Ernie, mein aller aller bester Freund. Ich kenne ihn schon ewig!“ Leander verspannte dich wieder und ich fügte in Gedanken hinzu: <Und er ist stockschwul!> Sogleich merkte ich auch schon wie er sich vollends entspannte und Aiden freundlich seine Hand reichte.

„Freut mich dich kennen zu lernen.“

„Ganz meinerseits.“, erwiderte Aiden. „Darf ich fragen, ob dein Name allen erstes Ernie ist?!“, fragte Leander und Aiden schüttelte den Kopf.

„Nein. Mein Name ist eigentlich Aiden Foster, aber die Kleine da nennt mich seit ner Weile nur noch Ernie. Ich habe mich schon daran gewöhnt.“

„Ok. Wie kam es denn dazu? Und warum ziehst du bei Mira ein?!“, wollte mein Freund von Aiden wissen. Stattdessen antwortete ich ihm: „Er lacht manchmal genauso komisch wie Ernie und wir waren letztes Jahr an einem See im Park und da ist ihm die ganze Zeit so eine Ente hinterhergelaufen und wollte ihn nicht in Ruhe lassen.“

Leander fing an zu lachen. „Und zu deiner zweiten Frage: Aiden ist ab jetzt auch mein Vormund, weil das meine Eltern nicht mehr sein können.“, meinte ich traurig. Leander nahm mich in den Arm und küsste mich auf den Kopf.

„Ok. Wann kommt ihr denn an? Brauchst du oder Maik noch Hilfe beim packen? Soll ich euch dann Freitag helfen beim tragen?“, fragte ich Aiden. Dieser antwortete: „Eigentlich sind wir fertig mit packen. Es fehlen nur noch die wichtigsten Sachen, die man halt jeden Tag braucht. Ansonsten müssen wir nur noch die Möbel abbauen. Dabei könnte ich noch Hilfe gebrauchen. Maik hat ja keine Zeit heute. Hat irgendwas vor. Hast du schon mit ihm gesprochen?“ Ich schaute Leander fragend an und er verstand mich und nickte.

So bot ich Aiden an, dass wir beide ihm ja helfen könnten und wir verabredeten uns in zwei Stunden bei ihm in der Wohnung. Wegen Maik sagte ich erstmal nichts. Dann ging Aiden einkaufen und Leander und ich fuhren ins Krankenhaus. Auf dem Weg fragte mich Leander, ob Maik der selbe Maik aus seinem Rudel ist und wieso Aiden mein Vormund geworden ist.

„Ja, das ist der selbe Maik. Und Aidens Eltern sind vor ein paar Jahren gestorben und er hat schon die Vormundschaft von Maik übernommen. Ich wollte hier nicht weg und bin im Krankenhaus auch total ausgerastet, dass ich nicht zu fremden Leuten oder ins Jugendheim will und habe gemeint, dass Aiden mein Vormund werden soll. Im Testament meiner Eltern stand auch, dass Aiden sich die Vormundschaft mit der besten Freundin meine Mutter teilen soll. Das Jugendamt hat dem zugestimmt, aber nur wenn einer der beiden zu mir zieht, weil ich außerdem nicht aus meinem Haus ausziehen sollte laut dem Testament. Also ziehen Aiden und Maik jetzt zu mir. Deswegen haben Selene und ich auch gestrichen.“

Leander nickte und sagte: „Gut, dass wir so dicht beieinander wohnen. Ansonsten würde wohl einer von uns zum anderen ziehen und das würde Aiden wohl gar nicht gefallen. Außerdem kann ich so in meinem Rudel bleiben und muss mich nicht dir anschließen. Schließlich hast du als Alpha noch keine Erfahrung.“

„Hey, ich glaube schon, dass ich das Zeug dazu hätte ein Alpha zu sein. Wieso sollte ich das auch nicht haben. Ich habe euch alle unterworfen, auch wenn mir das Angst macht, dass ich anscheinend mächtiger als die anderen Alpha bin. Nur wer sollte sich mir anschließen? Alle Wölfe, die hier in der Gegend sind, gehören zu Leandris.“, meinte ich und boxte ihn leicht an der Schulter.

Dann kamen wir auch schon am Krankenhaus an und ich hörte <Soll ich mit rein kommen?> in Gedanken. Ich nickte und Leander zog mich besitzergreifend an der Hüfte zu sich.

So gingen wir rein und ich setzte mich auf den Schoß von Leander, weil nur ein Stuhl im Zimmer von meinem Vater stand. Ich erzählte meinem Vater alles was in den letzten Tagen passiert ist. Und dass ich jetzt einen Gefährten hatte. Danach schwieg ich noch eine Weile und gab dann meinem Vater zum Abschluss einen Kuss auf die Stirn. Auf dem Weg zum Auto bemerkte Leander: „Jetzt weiß ich woher ich deinen Vater kenne: Er war der beste Freund meines Vaters und der Beta bis er deine Mutter kennengelernt hat und weggezogen ist. Sie war damals schwanger und ich noch ein Baby. Ich habe ihn auch ein paar mal gesehen, wenn mein Vater das ganze Rudel zu sich gerufen hat.“

„Oh.“, konnte ich dazu nur sagen. Mein Vater war in dem Rudel von Kallisto, dachte ich. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Wir gingen wieder zum Auto und Leander schaute mich fragend an. „Was machen wir jetzt noch bis wir zu Aiden gehen und ihm helfen? Wir haben noch eine halbe Stunde Zeit.“ „Ich weiß, wo wir so lange noch hinfahren.“, meinte ich zu ihm und fuhr mit Schwung vom Parkplatz. Nach kurzer Fahrt parkte ich aus einem kleinen Schotterplatz.

<Was wollen wir hier? Hier ist doch nichts...>

Ich grinste meinen Freund an und bedeutete ihm auszusteigen. Ich nahm Leanders Hand und zog ihn mit mir. Ich liebte diesen Platz. Hier fuhr ich hin, wenn mich niemand finden soll. Nach einem kurzen Stückchen Wand standen wir auf einer wunderschönen Wiese mit tausenden von Blumen, die gerade anfingen zu blühen.

Leander zog scharf die Luft ein und flüsterte: „Hier ist es wunderschön genauso wie du meine Süße!“ Er zog mich in seine Arme und legte seine Lippen auf meine. Ich schloss meine Augen und legte ihm meine Hände in seinen Nacken. Ich konnte nicht genug von seinen weichen Lippen bekommen. Er bat mit seiner Zunge um Einlass und dann nahm er meinen Mund in Besitz. Er umschlang meine Zunge und ich presste mich noch enger an Leander, was kaum noch ging, denn zwischen uns passte nicht mal mehr ein Haar. In meinem Bauch flatterten tausende Schmetterlinge und da, wo mein Schatz mich berührte, kribbelte es heiß.

Leander fasste meine Oberschenkel und legte sie um seine Hüfte. Ich keuchte auf und spürte ein Ziehen in meinem Unterleib. Leander grinste in unseren Kuss hinein und ließ sich zu Boden gleiten. Nun saß ich auf seinem Schoß und er zog mich an meinem Hintern noch dichter an seine Lenden, so dass ich das Zucken in seiner Hose deutlich spüren konnte. Ich rieb mich provozierend an seiner Hüfte und Leander stöhnte auf. <Wenn du so weitermachst, kann ich mich nicht mehr zurückhalten!>

Ich spürte meine Wölfin dicht unter der Oberfläche. Sie wollte Leander genauso wie ich, doch ich wollte das jetzt nicht hier. Ich drängte sie wieder zurück und löste mich von Leander. Dieser lächelte mich mit seinem atemberaubenden Lächeln an und küsste mich dann nochmal leicht auf den Mund. Ich rutsche von seinem Schoß und ließ mich auf meinen Rücken in die Wiese fallen. Ich schnurrte. Meine Wölfin war rundum zufrieden. Ebenso ich.

Leander legte sich neben mich und wir schauten gedankenversunken in den Himmel und beobachteten die vorbeiziehenden Wolken. Irgendwann schaute ich auf die Uhr und sprang auf meine Beine. Wir wollten schon vor fast einer Stunde bei Aiden sein. „Komm schon, mach hinne! Wir wollten schon vor einer Stunde bei Ernie sein und ihm helfen.“, stieß ich Leander an. Dieser grummelte irgendwas unverständliches vor sich hin.

Wir liefen zum Auto zurück und ich brauste los bevor mein Freund sich anschnallen konnte. Kaum standen wir von Aidens Wohnung sprang ich wieder aus dem Auto und zerrte Leander ungeduldig hinter mir her. Ich hasste es zu Spät zu einer Verabredung zu kommen. Ich klingelte Sturm und Aiden machte mir spöttisch grinsend die Tür auf.

„Na Süße? Muss ja wichtig gewesen sein, dass du dich um eine Stunde verspätest.“ Ich wurde leicht rot im Gesicht und winkte ab. Dann ging ich an ihm vorbei und hörte wie sich die beiden Jungs begrüßten. „So, wo sollen wir anfangen?“, fragte ich tatkräftig. Aiden lachte und deutete auf das Wohnzimmer. „Du kannst noch die restlichen Sachen aus den Schränken räumen und dachte mir, dass Leander und ich schon mal in Maiks Zimmer anfangen die Möbel anzubauen.“ Ich nickte zustimmend und schaute Leander an. Dieser stimmte mit einem „Alles klar“ zu.

So machten wir uns an die Arbeit und unterhielten uns dabei vor allem über Leander und mich. Wie und wo wir uns kennengelernt haben und wie wir dann zusammengekommen sind. Zwischendurch gerieten wir in Erklärungsnot, denn wir konnten ihm ja schlecht erzählen, dass wir uns aufeinander geprägt haben. Aber Aiden hörte uns gespannt zu und freute sich, dass ich endlich jemanden gefunden hatte und beglückwünschte uns. Er freute sich tierisch für mich und gab mir einen Kuss auf die Stirn. Dann war ich mit dem Wohnzimmer fertig und ging in die Küche um mir was zu trinken zu holen. Ich holte das zweite noch vorhandene Glas aus dem Schrank und goss auch in dieses was ein. Ich ging in das Zimmer von Maik und reichte das frische Glas Aiden und mein eigenes Leander. Dieser grinste und in Gedanken hörte ich <Haben die hier nur zwei Gläser oder wieso habe ich die Ehre und trinke mit dir aus einem?>.

Das klang ja mal gar nicht komisch und dann zwinkerte er mir auch noch zu. Ich grinste und schickte in Gedanken zurück, dass die beiden wirklich nur noch zwei Gläser stehen hatten. Ich streckte ihm die Zunge raus und wandte mich dann an Aiden: „Was soll ich jetzt machen? Bin fertig mit dem Wohnzimmer. Die Möbel da könnt ihr jetzt auch abbauen.“ „Wenn du noch Lust dazu hast, kannst du meinen Kleiderschrank ausräumen. Lass aber noch was drin, schließlich muss ich die nächsten Tage auch noch was anziehen.“ Er grinste mich schelmisch an. „Oder soll ich nackt rum laufen?!“ Ich grinste ihn an und fragte: „Wieso nicht? Ich habe damit keine Probleme, aber ich glaube Maik hätte damit ein großes Problem“ Und streckte ihm die Zunge rein. Er wusste genau, dass ich das nicht ernst meinte. Deshalb wuschelte er mir durch die Haare und meinte: „Du Spaßvogel du!“

Ich drehte mich immer noch grinsend um und ging in sein Zimmer um da die letzten Reste einzupacken, was noch beachtlich war, denn sein Kleiderschrank war mindestens so groß und voll wie meiner. Daran merkte man schon, dass er sehr auf sein Äußeres achtet und gerne shoppen geht. Seine schwulen Züge sah man dann doch mal richtig durchblitzen. Irgendwann wurde mir das eintönige Einpacken zu langweilig und drehte die Musikanlage in der Küche hoch. Diese würde wohl als letztes eingepackt werden, da wir beide einfach zu gerne Musik hörten. Dann machte ich noch den Rest fertig und schaute auf die Uhr. Mittlerweile war es schon halb sieben und ich merkte erst jetzt, was für einen Bärenhunger ich hatte. Ich ging zu den Jungs und fragte: „Was wollt ihr zu essen? Ich hab riesigen Hunger und wollte was vom Chinesen holen.“

Leanders Augen leuchteten auf und er nannte mir sofort allerlei Speisen, die er haben wollte. Dann sagte Aiden: „Ich nehme das Gleiche wie immer.“ Ich nickte und wollte schon zur Tür raus, da ging ich nochmal zurück und griff einfach in Aidens Hosentasche um mir etwas Geld zu holen. Das Geld, was ich noch hatte, würde nicht für alles reichen. Aiden bemerkte es kaum, da ich so was oft tat.

Dann ging ich und stellte mich beim Chinesen in die Schlange, die relativ lang war. Ich stöhnte und dachte, ich hätte doch etwas weiter laufen sollen zum Italiener. Da ist die Schlange nie so lang. Ich bemerkte weiter vorne in der Schlange einen Typen, der mir irgendwie sehr bekannt vorkam. Dieser drehte sich in diesem Moment um und ich erkannte Kilian. Ich grinste ihn an und trat aus der Schlange zu ihm.

„Hey, was machst du denn hier?“, fragte er auch gleich erfreut. „Ich hole für Ernie, Leander und mich das Abendessen.“, grinste ich und deutete um die Hausecke. „Wer ist Ernie?“, wollte er mit nem großen Fragezeichen im Gesicht wissen.

„Er ist mein bester Freund. Eigentlich heißt er Aiden.“

„Wieso nennst du ihn dann Ernie?“

„Weil er wie Ernie lacht und ihm mal eine ganze Zeit lang eine Ente hinterhergelaufen ist und ihn nicht in Ruhe lassen wollte. Ich fand das Urkomisch und seit dem ist er für mich Ernie.“

Kilian lachte und wir rückten in der Schlange wieder einen Schritt vor. „Wie hat Leander auf ihn reagiert?“

„Am Anfang ist er fast ausgerastet, weil Ernie mich mit einem Kuss auf die Wange und einer Umarmung begrüßt hat, aber er hat sich dann schnell beruhigt als ich ihm mitgeteilt habe, dass Ernie schwul und nur mein bester Freund ist.“

„Zum Glück hast du ihn beruhigen können! Das wäre sonst schief gelaufen...“

„Ich weiß, ich konnte ihn ja auch nicht drauf vorbereiten, weil wir Ernie zufällig beim einkaufen getroffen haben. Wie läuft es so mit den ähm... Neuankömmlingen?“

Er schaute mich erst fragend an und begriff dann, dass ich die fremden Wölfe meinte. „Achso. Nicht so gut. Wir konnten sie noch nicht aufspüren und Leandris wird immer wütender. Ich versteh nicht, was die hier wollen.“, meinte Kilian.

Dann waren wir endlich vorne in der Schlange und wir gaben unsere Bestellung auf. Ich dachte echt er bestellt wenigstens für zwei Personen doch als ich ihn danach fragte, schüttelte er den Kopf und meinte, dass das alles für ihn sei. Ich lud ihn ein mit uns zu essen und so gingen wir nachdem wir bezahlt hatten gemeinsam zurück zu Aidens Wohnung. Leander und Kilian begrüßten sich wie alte Kumpel und ich stellte Kilian meinem besten Freund vor. Dann setzen wir uns alle auf das Sofa im Wohnzimmer, weil alle anderen Möbel schon abgebaut waren. Wir aßen und quatschten dabei über alles Mögliche.

Danach meinte ich zu Aiden: „Ich glaub, den Rest kannst du auch mit Maik machen. Wir müssen noch nach Hause fahren und am Freitag komme ich dann und helfe euch. Wann soll ich denn kommen?“

„Klar. So um halb Zehn würde ich sagen. Viel Spaß euch noch heute Abend. Wie kommst du denn nach Hause, Kilian?“, antwortete er mir und wandte sich dann an Kilian. Stattdessen antwortete ich ihm und sagte: „Ich kann ihn mitnehmen. Er wohnt ja da bei mir in der Nähe.“ Aiden nickte und verabschiedete sich dann von uns allen. Dann stiegen wir ins Auto und fuhren zu mir nach Hause. Nun fragte auch Leander, was mit den Eindringlichen los ist. Und Kilian sagte ihm das gleiche wie mir schon zuvor.

<Ich muss heute noch dringend mit meinem Bruder reden. Kann ich dich bei dir allein lassen? Ich helfe dir vorher noch die Einkäufe ins Haus zu bringen.>

„Danke. Ich wollte heute Abend eh nur noch eine Runde mit den Hunden machen und dann schlafen gehen.“

„Dann geh aber bitte in Richtung Tierheim. Im Wald ist es zu gefährlich mit den wilden Wölfen!“, meinte Leander und ich nickte ihm beruhigend zu.

Dann drehte ich das Radio auf, weil grad eins meiner Lieblingslieder lief: Happy von Pharrel Williams. Ich sang laut mit. Dieser Song machte einfach mega gute Laune – auch Leander und Kilian wippten im Takt mit. Nach dem Lied kamen noch andere gute Lieder und ich sang alle mit. Dabei schaute mir Leander die ganze Zeit liebevoll zu.

Gott!, in seinen Augen drohte ich jedes Mal zu versinken. Kilian blickte immer wieder zwischen uns hin und her und bemerkte als wir ankamen und ich das Radio wieder aus machte: „Ihr könnt euch schon richtig über Gedanken verständigen und fühlt immer alles, was der andere fühlt, oder?!“ Wir nickten beide und Kilian murmelte: „Das ist bei denen aber alles schnell fortgeschritten. Normalerweise dauert das alles länger meinte zumindest Leandris.“

Dann stiegen wir aus und brachten noch schnell die Einkäufe in die Küche, wobei meine Hunde die ganze Zeit um uns herum liefen. Ich verabschiedete mich von Kilian mit einer Umarmung und von Leander mit einem kurzen Kuss. Ich wollte ihn kaum gehen lassen, aber er musste mit seinem Bruder reden und ich wollte da nicht stören. Meine Hunde hüpften an mir hoch als wollten sie mir sagen, dass sie jetzt mit mir raus wollten. So schnappte ich mir die Leinen und den Sender für Mia und lief los. Ich hing dabei meinen Gedanken nach und schlug meine gewohnte Runde ein, durch den Wald. Luke, Mia und Paul erledigten ihre Geschäfte und tobten dann ausgelassen herum, während ich einfach auf den Weg vor mir starrte und gar nicht richtig mitbekam, dass ich immer tiefer in den Wald ging.

Plötzlich hörte ich ein knurren hinter mir und vor Schreck ließ ich die Leinen fallen und wirbelte herum. Da standen drei riesige Wölfe vor mir und knurrten mich bedrohend an. Sie rochen meine Wölfin und ich hatte Angst. Meine Wölfin übernahm die Führung und ich ließ es zu. Kurze Zeit später stand ich in Wolfsgestalt vor den dreien und knurrte zurück. Ich fletschte meine Zähne und öffnete meinen Geist, um ihnen zu bedeuten, dass ich mich nicht mit ihnen anlegen wolle, aber wenn es sein müsse, ich mich verteidigen würde und sie unterwerfen würde. Ich vernahm von dem größten der drei, einem sehr dunkelbraunen Wolf so etwas wie ein glucksen und schaute ihn grimmig an.

<Das will ich sehen! Bis jetzt hat uns noch keiner unterworfen. Keiner war stark genug und hatte genug Autorität. Wieso solltest gerade du, ein kleines zierliches Mädchen in weißer Wolfsgestalt, dies besitzen und die Kraft haben uns zu unterwerfen?>, fragte mich der Wolf mit einer tiefen Stimme in Gedanken. Ich stemmte die Beine in den Boden und suchte in meinem Inneren die Autorität mit der ich schon zuvor zwei ganze Rudel samt Alpha unterworfen hatte. Ich fand sie und fing aus tiefster Kehle und bedrohlich an zu knurren.

Und siehe da – die beiden kleineren Wölfe neigten ihre Köpft und duckten sich dicht auf den Boden. Der Größte fing an zu zittern und versuchte gegen den Zwang sich zu unterwerfen anzukämpfen. Doch langsam aber sicher musste er sich ergeben und lag dann wie die anderen geduckt auf dem Boden. Ich wollte ihn aber vollends um Gnade winseln sehen. Ich verstärkte meinen Willen noch einmal und alle drei entblößten mir ihre Kehlen und den verletzlichsten Teil – ihren Bauch. Ich hörte auf zu knurren und setzte mich zufrieden hin.

Nie würde mich ein Anderer zwingen mich zu unterwerfen schwor ich mir. Ich hob den Zwang auf und die Drei sprangen wieder auf ihre vier Pfoten.

<Ich glaub´s nicht! DU hast Mich unterworfen. So stark war noch kein Wolf vor dir!> Ich neigte meinen Kopf und verwandelte mich zurück. Zum Glück war meine Kleidung diesmal nicht so in Mitleidenschaft gezogen worden und stand voll bekleidet wieder vor ihnen. Die etwas kleineren Wölfe taten es mir gleich und standen dann als junge Frau und junger Mann vor mir. Beide sahen unglaublich gut aus und schienen Gefährten zu sein, denn der Mann zog sie besitzergreifend dich an sich. Sie schauten sich an und schienen über Gedanken zu diskutieren.

Ich sprach den dritten von ihnen an: „Willst du dich nicht auch verwandeln. So können wir uns besser unterhalten. Ich bin noch nicht lange ein Wolf und kann noch nicht so gut über Gedanken kommunizieren.“ Er neigte widerstrebend den Kopf und stand kurz darauf in Menschengestalt vor mir. Er war ein sehr hoch gewachsener und durchtrainierter Mann Mitte zwanzig, schätzte ich.

„Wie lange bist du jetzt schon eine Wölfin?“, wollte er von mir wissen. „Und wie alt bist du?“

„Ich bin seit Montag eine Wölfin, also seit etwas mehr als zwei Tagen. Ich bin 17 Jahre alt. Wer seid ihr und wieso seid ihr in das Gebiet von Leandris eingedrungen?“, fragte ich nun die Anderen.

Die Frau antwortete mir: „Ich bin Loretta und das ist mein Gefährte Dante. Du bist schon 17 und hast dich erst jetzt verwandelt? Und dann auch erst vor zwei Tagen! Wie kannst du da schon so stark sein?!“

Ich zuckte die Achseln und meinte: „Das weiß irgendwie keiner. Ich bin halt nicht normal. Ich habe mich schon damit abgefunden. Und wer ist der Stinkstiefel da? Wie alt seid ihr?“ „Ich bin Derek und 26. Nenn' mich nicht Stinkstiefel!“, antwortete mir der Stinkstiefel. Loretta fügte hinzu: „Ich bin 22 und Dante 24.“ Ich nickte und lächelte.

Alle waren zwei Jahre auseinander. Da sprach Dante zum ersten mal, er hatte eine noch tiefere Stimme als Derek: „Loretta und ich würden uns gerne dir anschließen. Deine Stärke hat uns beeindruckt. Ich hätte nie gedacht, dass wir mal einen Wolf finden der uns drei unterwerfen kann. Wir haben alle einen sehr starken Willen und Derek hat den dicksten Dickkopf, den man sich vorstellen kann.“

Ich überlegte hin und her. Was sollte ich tun? Würden sie mich wirklich als Alpha akzeptieren? Ich dachte, wenn es nicht klappt, kann ich immer noch sagen, dass sie wieder verschwinden sollen. Also sagte ich: „Ok. Aber wenn ihr mich nicht komplett als Alpha akzeptiert, dann schick ich euch weg! Ich weiß nicht, ob ich als Alpha geeignet bin... Bis jetzt hatte ich kein Rudel und habe auch keine Ahnung wie irgendwas abläuft. Meine Eltern haben mich als normales Mädchen aufgezogen und ich wusste bis vor ein Paar Tagen noch nicht mal, dass es Gestaltwandler gibt.“

Loretta nickte und meinte: „Das verstehen wir. Wir können dir auch helfen mit den ganzen Regeln und so weiter. Dann hast du auch keinen Beta, denke ich. Du musst einen bestimmen, der auch viel Autorität besitzt.“

„Das werde ich, aber nicht jetzt gleich. Dafür kenne ich euch zu wenig und ich muss vertrauen zu euch aufbauen. Meine Wölfin ist noch sehr skeptisch euch gegenüber. Und was ist mit dir Derek? Was willst du tun?“

Er knurrte kurz auf und sagte: „Ich schließe mich dir auch an. Wenn ich meine Freiheiten habe und du mich größtenteils in Ruhe lässt.“ Ich nickte und stimmte nur unter der selben Bedingung wie bei Loretta und Dante zu.

Also hatte ich jetzt ein Rudel. Mussten sie jetzt auch mit mir unter ein Dach ziehen? Ich wusste nicht, wie so etwas abläuft.

„Ich muss jetzt wieder nach Hause und mich um meine Hunde kümmern. Ich weiß nicht, wie das jetzt abläuft, aber wisst ihr das? Wo wohnt ihr? Oder müsst ihr jetzt mit mir zusammenziehen?“

Plötzlich tauchte neben mir ein brauner Wolf auf. Die Drei verwandelten sich sofort wieder und knurrten ihn an. Der braune Wolf stellt sich beschützend vor mich und knurrte sie wütend und bedrohlich an. Leander! Ich hatte ganz vergessen, dass er meine Gefühle spürte. Ich hatte wohl erst ängstlich und dann verzweifelte Gefühle gehabt und er war mich gleich suchen gegangen.

<Beruhige dich, Leander! Die Wölfe dort gehören ab jetzt zu meinem Rudel.>

<Aber das sind die drei wilden Wölfe! Die werden uns zerfleischen!>

<Nein, werden sie nicht. Schau zu!>

„Verwandelt euch zurück! Er tut euch nichts und du, Leander, hör auf sie zu bedrohen!“

Loretta und Dante verwandelten sich sofort zurück. Doch Derek zögerte. Ich knurrte einmal tief und dann stand auch er mit gesenktem Kopf vor mir.

<Ich glaub´s nicht. Wie hast du es geschafft? Sie hatten alle einen sehr starken Geruch, was darauf hindeutet, dass sie alle sehr willensstark und schwer zu unterwerfen sind.>

<Verwandle dich doch auch. Bitte! Du hast doch auch gesehen, wie ich vor ein Paar Tagen alle unterworfen habe und so habe ich auch sie unterworfen.>

Leander nickte und stand dann als Mensch hinter mir und umarmte mich von hinten.

„Das ist dann wohl dein Gefährte. Schon nach so kurzer Zeit seit ihr so eng verbunden?“, fragte Loretta ungläubig. Ich nickte und meinte: „Ich habe doch gesagt, dass ich nicht so bin wie andere Wölfe.“ Sie nickte und wandte sich liebevoll an Dante. Dieser sagte: „Bei mir und Loretta hat es lange gedauert bis wir uns so in Gedanken unterhalten konnten, wie ihr beide es grad getan habt. Aber er riecht nicht genauso wie du. Er stammt aus einem anderen Rudel, oder?“

Leander nickte und stellte fest: „Ich bin der Bruder von dem Alpha in diesem Territorium. Eigentlich dachten wir, dass Mira sich, wenn sie sich denn verwandeln würde, uns anschließt, aber daraus wurde dann ja nichts. Sie ist einfach zu stark.“ Er küsste mich auf den Kopf und zog mich noch enger an sich. „Aber ich habe mich schon vor ihrer Verwandlung auf sie geprägt. Kurz nach ihrer Verwandlung hat sie dies auch bei mir getan.“ Ich drehte mich in seinen Armen herum und küsste ihn kurz auf den Mund. Dann dachte ich wieder an das Wohn-Problem.

„Wie läuft das jetzt ab? Müssen die drei zu mir ziehen oder nicht?“

„Also, normalerweise schläft das Rudel, wenn ein neues Mitglied dazukommt die erste Nacht gemeinsam in Wolfsgestalt auf einem Haufen. Und danach ist es egal ob, wann und wo ihr zusammenzieht. Maik wohnt ja auch nicht bei uns. Er kommt auch mit der ganzen Sache nicht richtig klar. Und ich denke, dass Selene sich vielleicht auch dir anschließen wird, wenn sie sich verwandelt hat.“

„Ok.“ Ich wandte mich an mein Rudel und sagte, dass wir in meinem Garten diese Nacht schlafen würden.

„Aber vorher gehe ich noch mit Leander zu Leandris. Ich sage ihm, was passiert ist und dass er euch nicht mehr jagen muss.“

Die Gefährten nickten und Derek wandte sich einfach um ohne irgendein Zeichen von sich zu geben, dass er mich verstanden hatte. Ich sagte ihnen noch schnell, dass sie schon mal vorgehen sollten und wo ich wohnte. Als sie verschwunden waren, rief ich meine Hunde und bemerkte, dass sie nichts mitbekommen hatten. Dafür waren sie zu weit weg. Ich nahm sie an die Leine und Leander an meiner freien Hand. Dann machten wir uns auf den Weg zu seinem Rudel.

„Ich hoffe Leandris rastet nicht aus und akzeptiert dein neues Rudel.“, meinte Leander leicht skeptisch zu mir. Ich erwiderte: „Ich werde es ihm schon eintrichtern und ich habe ja auch nicht vor ihm sein Territorium wegzunehmen. Misch dich bitte nicht ein, wenn er sauer wird. Ich muss mich selbst durchsetzen. Schließlich bin ich jetzt ein Alpha.“

Er nickte verständnisvoll und wirbelte mich herum. Dann zog er mich an sich und küsste mich leidenschaftlich.

<Ich hatte echt Angst um dich. Deine Gefühle waren ein einziger Wirrwarr. Angst, Verzweiflung, Autorität, Mut und vieles mehr...>

Sein Kuss wurde noch intensiver und nach langer Zeit lösten wir uns keuchend voneinander.

„Komm jetzt. Ich will das jetzt schnell hinter mich bringen mit deinem Bruder. Ich bin total müde und möchte nur noch schlafen.“ Leander nickte und nahm mich dann wieder an der Hand.

Kurz darauf kamen wir auch an dem Waldhaus an. Leandris saß gerade auf der Veranda und stand auf als er uns kommen sah. „Was ist passiert? Wieso bist du einfach mitten im Gespräch aus dem Raum gelaufen? War was mit Mira?“, wollte er gleich von seinem Bruder wissen. Dieser meinte: „Mira wird dir alles erklären. Aber bitte bleib ruhig und zerfetzt sie nicht! Ich gehe rein.“ Er verabschiedete sich von mir mit einem Kuss. <Morgen früh komme ich gleich vorbei und werde nach die sehen.> Dann ging er rein.

Kapitel 10

„Was willst du mir erzählen?“ Leandris deutete auf die Bank auf der Veranda und wir setzten uns. „Naja, das Problem mit den drei wilden Wölfen hat sich geklärt.“

„Wie soll ich das jetzt verstehen?!“

„Sie gehören jetzt einem Rudel an. Meinem Rudel. Ich bin jetzt ein Alpha und habe gehofft, dass du mir ein bisschen helfen kannst. Ich habe ja keine Ahnung, was ein Alpha alles für Aufgaben hat.“

„WAS?! Du hast sie unterworfen? Ihr Duft war so stark. Aber ich hab es ja selber gemerkt wie stark du bist. So wirst du wohl auch die drei unterwerfen können. Und sie haben sich dir tatsächlich angeschlossen... Alpha – du. Das muss ich erstmal verdauen. Ich weiß nicht, ob ich dir helfen kann. Ich versuche mein Bestes. Aber ich denke für heute ist es das Beste, wenn du jetzt gehst. Mein Wolf explodiert gleich, weil er echt wütend ist. Ich hoffe du willst mir mein Territorium nicht streitig machen. Dann werden wir erste Problemen bekommen.“

Ich schüttelte meinen Kopf und sagte: „Danke. Ich verstehe das du dich erstmal damit abfinden musst. Aber leg dich nicht mit den dreien an. Dann werde ich wütend... Ich gehe dann. Hoffentlich wirst du mir in den nächsten Tagen doch helfen. Bis die Tage dann.“

Mit diesen Worten wandte ich mich ab. Band meine Hunde von dem Baum an den ich sie zuvor angebunden hatte ab und machte mich auf den Weg nach Hause. Als ich dort ankam, saß 'mein Rudel' in meinem Garten und schien über irgendwas zu diskutieren. Paul fing wild an zu knurren und zu bellen und Loretta, Dante und Derek verzogen das Gesicht.

„Kannst du den mal irgendwie beruhigen? Diesen Krach kann ja keiner ertragen!“, meckerte Derek rum. „Du musst ihn erst unterwerfen. Es hat sonst keinen Sinn. Die aus dem anderen Rudel müssen das auch alle machen, ansonsten beruhigt er sich nie. Knurrt ihn einmal tief an und lasst ihn dann eure Hand einmal ab schlecken. Dann ist alles gut.“

Sie taten es und dann verzogen sich meine drei Süßen ins Haus um ihr Futter zu bekommen. „Kriegen wir auch etwas zu essen?“, fragte mich Loretta. Ich nickte und die Drei folgten mir in die Küche.

Dort nahm ich Brot und Belag aus dem Kühlschrank und stellte alles auf den Tisch. „Setzt euch und esst so viel ihr wollt.“, sagte ich und ging aus der Küche um meine Hunde zu füttern. Als ich wieder in die Küche kam, war schon fast alles aufgegessen von dem, was ich hingestellt hatte. Ich setzte mich mit an den Tisch und machte mir von dem Rest auch was zu essen. „Ich hoffe es ist nicht so schlimm, dass wir alles auf gegessen haben!“, fragte mich Loretta mit einem vorsichtigen Lächeln. „Nein. Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass Wölfe so viel essen. Nur muss ich jetzt noch mehr einkaufen als ich sowieso schon geplant hatte, da jetzt statt einem Wolf und meinem besten Freund auch noch drei weitere Wölfe hier essen. Damit hatte ich nicht gerechnet.“

Ich musste plötzlich einfach grinsen. Ich saß hier mit MEINEM Rudel. Und Ich war der ALPHA! Das machte mich schon ein bisschen stolz, auch wenn ich keine Ahnung habe, wie ich das alles schaffen soll mit Schule, die in einer Woche wieder für mich begann, Rudel und Hunden. Aber darüber wollte ich jetzt erstmal nicht nachdenken. Ich gähnte herzhaft und Derek meinte: „Na das kann ja was werden! Es ist erst neun Uhr und sie ist todmüde.“

„Lass sie doch. Du weißt doch gar nicht, was sie heute schon alles hinter sich hat. Hellwach kannst du aber auch nicht mehr sein, denn wir haben seit wir hier sind kaum geschlafen, weil wir uns schützen mussten. Dante und ich sind wahrscheinlich sogar noch müder als Mira.“, verteidigte mich Loretta.

Ich bemerkte, dass von den beiden Gefährten meistens Loretta redete. Er schien nicht so viel zu reden. Ich zuckte die Achseln und schlug vor jetzt schlafen zu gehen. Derek grummelte noch kurz vor sich hin, folgte mir aber trotzdem in den Garten. Meine Hunde sperrte ich ins Haus und machte alle Türen zu. Ich verwandelte mich nach den anderen auch und sprach in Gedanken mit ihnen: <Hier im Garten wird uns niemand stören oder angreifen. Legt euch einfach um mich herum. Oder wie sollen wir das machen?>

Dante nickte und kam mit Loretta auf mich zu. Also legte mich mich auf den Boden und rollte mich zusammen. Die Zwei kuschelten sich eng an mich. Nur Derek stand noch etwas abseits und ich grummelte: <Komm jetzt her. Ich diskutiere jetzt nicht noch eine Ewigkeit mit dir. Leg dich einfach neben mich. Ich beiße nicht!>

Widerwillig trottete er zu mir und legte sich dann neben mich. Dante sah aus wie ein riesiger Felsen mitten in meinem Garten und Loretta hatte einen wunderschönen sandfarbenen Wolf. Sie waren beide genauso groß wie ich. In dem Rudel von Kallisto und Leandris war niemand so groß wie die drei. Deswegen war ich auch größer als alle gewesen. Derek ist sogar noch 15 Zentimeter größer als ich, schätzte ich. Jetzt lag mein Rudel um mich und ich fühlte mich wohl und geborgen. Ich legte meinen Kopf auf meine Pfoten und schlief augenblicklich ein.

 

Am nächsten Morgen wurde ich von Gefühlen in meinem Inneren geweckt. Doch es waren nicht meine. Eine Welle siedend heißer Eifersucht überrollte mich und ich machte meine Augen auf. Am Zaun stand Leander in Wolfsgestalt und machte einen sehr wütenden Eindruck.

Da bemerkte ich, wieso er wohl so sauer war. Ich lag halb auf dem Wolf von Derek. Schnell versuchte ich von ihm runter zu krabbeln, doch dieser hatte offensichtlich etwas dagegen. Er hob seinen Kopf und hinderte mich daran von ihm runter zu gehen. Leander fing dunkel an zu knurren und ich rief im in Gedanken zu: <Nicht! Das ist nicht Dereks Schuld!> Doch er hörte nicht auf mich und sprang über den Zaun. Ich musste irgendwas tun, denn auf einmal konnte ich aufstehen. Derek wollte nun auch aufstehen und knurrte Leander seinerseits an. Er billigte es nicht bedroht zu werden.

Schnell sprang ich zwischen sie und versuchte sie zu beruhigen. Zu Derek sagte ich: <Wehe, du greifst ihn an! Dann bist du mal in meinem Rudel gewesen. Ich sorge dafür, dass er dich in Ruhe lässt.>

Er schüttelte jedoch den Kopf und ich knurrte ihn an. Er gab nach und wandte sich von mir und Leander ab. Leander sah aber nur noch rot und wollte hinter Derek her stürmen. Ich stellte mich ihm in den Weg und er rannte mich einfach um.

<Was soll das?>, schrie ich ihn in Gedanken an. Ich lief ihm hinterher und sprang auf seinen Rücken. Ich verwandelte mich im Flug und landete in Menschengestalt auf eben diesem. Ich zog mich an seinem Fell bis nach ganz vorne und flüsterte ihm ins Ohr: „Leander, ich liebe nur dich. Ich will nichts von Derek. Lass ihn in Ruhe oder ich muss mich, so ungern ich das auch tun würde, dir in den Weg stellen!“ Dann beugte ich mich über seinen Kopf und küsste ihn auf seine Nase. Ich kraulte ihn hinter den Ohren und ich spürte wie er sich endlich beruhigte und dann anhielt. Ich rutschte von seinem Rücken und stand nun neben ihm. Er rollte sich besitzergreifend um mich zusammen, so dass ich mich in sein weiches Fell kuscheln konnte.

<Tut mir Leid. Aber ich hab dich gleich am Anfang gewarnt, dass der Andere stark Eifersüchtig wird, wenn sein Gefährte engen Kontakt zu einem Anderen hat oder angemacht wird.>

<Das weiß ich doch! Ich würde wahrscheinlich genauso wie du reagieren.>

Ich streichelte sein Fell und Leander schnurrte zufrieden. „Mira?“, hörte ich Lorettas Stimme hinter uns. Sie musste, genau wie Dante, von dem Knurren aufgewacht sein.

„Ja?“

„Ich wollte dich fragen, ob wir wieder was bei dir essen können. Wir haben keine Wohnung und auch keine Nahrung. Als Wölfe sind wir in den letzten Tagen nur jagen gegangen.“ Ich nickte und stand aus der Umarmung von Leander auf. Dieser folgte mir bis vor die Tür wie ein süßer Hund.

<Machen wir heute noch was zusammen? Allein?> Ich grinste ihn an. „Auf jeden Fall. Aber erst muss ich mich darum kümmern, wo ich mein Rudel unterbringe.“

Leander nickte verständnisvoll und schleckte mir zum Abschied einmal übers Gesicht und lief wieder davon.

Ich ging meinem Rudel hinterher ins Haus und wir aßen gemeinsam Frühstück. Dann setzten wir uns ins Wohnzimmer und ich überlegte mit ihnen, wo sie jetzt wohnen könnten. „Habt ihr eigentlich einen Job oder irgendwo eine Wohnung? Warum seid ihr überhaupt hier her gekommen?“, wollte ich von ihnen wissen.

„Wir hatten einen Job in unserer Heimatstadt, aber dort haben wir alles aufgegeben, um einen Wolf zu finden, der unglaublich stark ist und eine mächtige Gabe besitzt. Er muss sich erst vor ein paar Tagen verwandelt haben und in der Gegend hier sein. Wir haben ihn gespürt und sind diesem Gefühl gefolgt.“, antwortete sie mir.

„Wieso habt ihr euch dann mir angeschlossen?“

„Weil du nicht so bist wie andere Wölfe, die wir auf unserem Weg hierher getroffen haben. Ich glaube, dass du der bist, den wir suchen. Ich habe nur noch keine Gabe bemerkt, aber vielleicht tritt die ja auch erst später auf...“, meldete sich Derek zu Wort.

Ich schüttelte den Kopf. Ich wollte nicht auch noch eine Gabe haben, die mich noch sonderbarer macht als ich eh schon bin. Das fehlte mir noch...

„Welchen Job hatte den jeder von euch? Also als was wart ihr tätig?“, fragte ich weiter und ignorierte erstmal den Gedanken, dass ich eine Gabe haben könnte.

„Loretta ist Floristin und Innendesignerin, Dante Tischler und ich habe mal hier und mal dort gearbeitet - unter anderem als Dachdecker, Kellner, Barkeeper oder Transporteur für alles mögliche.“, beantwortete Derek meine Frage.

„Dante und Loretta hatten eine schicke 3 ½Zimmer-Wohnung und ich eine Ein-Zimmer-Wohnung.“

„Wow! Dann könntet ihr ja theoretisch ein Haus allein bauen, wenn ihr einen Architekten hättet. Und natürlich genügend Bauarbeiter.“, stellte ich bewundernd fest. „Wieso hast du keine Festanstellung irgendwo angenommen, Derek?“ Statt Derek antwortete mir Loretta: „Ihm wird es in einem Job immer sehr schnell langweilig und dann sucht er sich eine neue Herausforderung. Durch unsere Jobs haben Dante und ich uns auch kennengelernt.“ Bei diesen Worten lächelte sie Dante verliebt an.

Da dachte ich an Leander und sein Rudel und plötzlich schoss mir durch den Kopf, dass einer mal erwähnt hatte, dass, ich glaube Seth, Architekt ist. Mir kam eine Idee und ich sprudelte gleich los: „Wie wäre es, wenn Seth uns ein Haus entwirft wie wir es gerne hätten. Ich habe jetzt ja genug Geld, um das dann zu finanzieren. Genug Grundstück besitze ich auch. Wir bauen das Haus einfach an den Wandrand, schon fast im Wald. Wie wäre das?“

Loretta und Dante nickten gleich begeistert, nur Derek hatte wie immer was dagegen: „Ist dieser Seth nicht in dem Rudel von Leandris?! Ich glaube nicht, dass er begeistert sein wird uns zu helfen. Und woher hast du so viel Geld?“

Er schaffte es echt immer einem die Stimmung zu vermiesen. Ich musste an meine Eltern denken und mir lief langsam eine Träne über meine Wange. Leise und monoton sagte ich: „Meine Eltern und ich hatten einen Unfall und an den Folgen ist meine Mutter gestorben. Mein Vater liegt deswegen im Koma. Sie haben mir das ganze Vermögen und das Haus und alles hinterlassen und verhindert, dass ich in ein Pflegeheim muss oder so was. So sind Ernie, also Aiden, und die beste Freundin meiner Mutter meine Vormünder geworden. Aiden und sein Bruder ziehen hier auch morgen ein. Vielleicht könnten wir dieses Haus hier auch einfach nur vergrößern...“

Loretta nahm mich bestürzt in die Arme und drückte mich an sich.

„Ach Süße, das tut mir wirklich leid. Na klar, wir machen das mit dem Haus so wie du es gerne hättest.“ Dankbar lehnte ich mich an sie, was mir echt gut tat.

Am Sonntag ist auch noch die Beerdigung von meiner Mutter. Das hatte ich ganz verdrängt. Aber das schob ich jetzt erstmal zur Seite. Ich hatte schließlich auch noch andere Probleme.

„Ich frage einfach mal Seth, ob er uns helfen würde und Leandris, ob er damit einverstanden ist.“, machte ich unseren Plan fest. „Dann bleibt nur noch die Frage, wo wir so lange wohnen bis das Haus fertig ist. Unsere Sachen, die wir in Containern zwischengelagert haben, können wir ja holen, wenn das Haus steht.“, stellte Derek trocken fest.

Das hatte ich bei meiner Begeisterung für den Hausbau ganz vergessen. Hier konnten sie jedenfalls fürs erste nicht bleiben, weil Aiden von nichts weiß. Für ihn wird das ja schon schwer, wenn sie hier jeden Tag sich aufhalten würden wie Leander.

„Ich habe keine Ahnung. Ihr könnt ja schon mal darüber nachdenken, während ich mal Seth und Leandris anrufe.“ Die drei nickten und ich ging in die Küche.

Dort rief ich auf der Festnetznummer des Waldhauses an und Kalais ging mit einem 'Schönen Guten Tag, Wohngemeinschaft Trump, Kalais am Apparat.' ans Telefon. „Hi, hier ist Mira. Kann ich mal Seth sprechen?“, brachte ich gleich mein Anliegen hervor. „Klar, warte kurz.“ Ich hörte ein Poltern, sie hatte den Hörer wohl etwas unsanft auf den Tisch gelegt, und kurze Zeit später hörte ich Seths Stimme: „Mira? Schön, dass du anrufst, aber wieso willst du mich sprechen und nicht Leander?“

„Naja, ich habe ein kleines Problem und da könntest du mir helfen. Ich habe jetzt mein eigenes Rudel, wie du wahrscheinlich schon weißt, und wir brauchen einen Architekten, der uns hilft mein Haus zu erweitern und umzubauen. Kannst du dieser Architekt sein?“, fragte ich ihn vorsichtig.

„Hmm, ich denke, das könnte ich machen, aber zuerst muss ich Leandris fragen, ob das klar geht und dann kann ich gern schon heute vorbei kommen und mir eure Vorstellungen anhören. Dann entwerfe ich was und zusammen gucken wir dann, ob das alles so geht. Ok?“

Ich jubelte ins Telefon und sagte: „Dann frag mal ganz schnell Leandris. Ich warte so lange am Telefon.“ Seth lachte kurz und am anderen Ende der Leitung war nichts mehr zu hören. Nach einer endlos langen Zeit wie es mir schien, kam ein Ton aus der Leitung: „Geht alles klar. Ich bin in 20 Minuten mit meinem Material da.“

„Ok“ Ich legte auf und ging hüpfend zurück ins Wohnzimmer.

„Und?“ Alle starrten mich fragend an. „Seth ist in 20 Minuten hier.“ sie waren begeistert und hatten auch eine Lösung, wo sie so lange wohnen könnten. Sie würden die nächste Zeit in einer Ferienwohnung in der Stadt wohnen. Es war im Moment keine Saison, so dass sie auf jeden Fall noch eine finden konnten.

Dann überlegten wir uns schon ein paar Kriterien wie das Haus aussehen soll und kurz darauf klopfte es an der Terrassentür. Seth war da. Er setzte sich zu uns auf das Sofa nachdem ich ihn hereingebeten hatte. Den Rest des Tages besprachen und diskutieren wir über unser Haus. Zwischendurch machte ich uns noch einen Berg von Broten. Um 18:25 Uhr verabschiedeten wir Seth und ließen uns was von Italiener kommen. Gemeinsam essend besprachen wir noch, dass sich die drei in der Stadt mal nach Leuten umschauen sollten, die uns bei dem Hausbau helfen konnten. Nach dem Essen verabschiedete ich sie und sagte noch, dass sie morgen nicht kommen sollten und wenn dann nur abends, weil Aiden und Maik einziehen würden und ich dann eh keine Zeit hätte mich um sie zu kümmern. Mit einem Nicken verschwanden sie und gleich darauf tauchte Leander auf. „Hey Schatz. Ich dachte schon die schlafen hier.“ Mit einem Grinsen kam er mir immer näher und gab mir dann einen Kuss. Danach zog ich ihn an seiner Hand mit in den Wald und nahm die Hunde mit. Die mussten schließlich auch noch ihren Auslauf bekommen. Später kuschelten wir uns zusammen auf das Sofa und schauten noch einen Film an, bei dem ich ungefähr bei der Hälfte einschlief.

Kapitel 11

 

Der Wecker schrillte los und ich schreckte aus meinem traumlosen Schlaf auf. Leander war nicht mehr da. Er musste wohl in der Nacht gegangen sein. Heute würden Aiden und Maik zu mir ziehen. Mal sehen wie Aiden darauf reagiert, dass Leander eigentlich die ganze Zeit bei mir ist oder ich bei ihm bin. Und was soll ich ihm zu den drei Wölfen sagen, warum die immer in meinem Haus herumlungerten? Ich hatte keine Ahnung.

Doch jetzt konzentrierte ich mich erstmal auf den Umzug. Ich stand auf und zog mich an. Schnell noch Zähne geputzt und leicht geschminkt, rannte ich, mir noch einen Apfel schnappend, auch schon raus zu meinem Auto. Ich wollte meinen neuen Mitbewohnern ja beim Umzug helfen. Eigentlich sollte ich schon vor einer halben Stunde da sein, aber ich hatte vergessen meinen Wecker umzustellen. So kam ich erst um halb elf bei Aiden an. Die ganzen Möbel hatte er schon mit Maik in den Umzugswagen gepackt.

Ich rief: „Hi Ernie, wo soll ich mit anpacken?“

„Du kannst die ganzen Kartons aus meinem Zimmer in den Umzugswagen stapeln. Ich nehme die aus der Küche, die sind schwerer. Ich packe nur noch schnell den letzten Schrank in den Wagen.“

„Ok“, antwortete ich und rannte in die Wohnung von den beiden. Maik kam mir gerade mit zwei Kartons entgegen und begrüßte mich: „Hey Mira. Freue mich schon jetzt so was wie eine Schwerster zu haben. Aber bitte sag meinem Bruder nichts davon. Du weißt schon... das mit dem Wolf und so. Ok?“ Ich nickte und er atmete erleichtert auf und ging weiter.

Ich ging in das Zimmer von Aiden und schnappte mir die nächsten beiden Kartons. Diese schleppte ich nach unten und stellte sie auf die Ladefläche des Transporters. „Sag mal Ernie, schuftet ihr schon die ganze Zeit ohne Musik zu hören um die Sache spaßig zu gestalten?“

„Ja. Ich hab' gleich angefangen zu schleppen und mich nur darauf konzentriert. Du kannst ja Musik anmachen.“

Ich nickte freudig und lief wieder nach oben und machte erstmal geile Musik an und schleppte Kartons um Kartons in den Umzugswagen bis wir zu dritt alles endlich in dem Wagen hatten. Dann setze sich Aiden ins Fahrerhaus und startete den Motor. Maik fuhr mit Aidens Wagen und ich mit meinem eigenen hinterher. Nach einiger Zeit kamen wir mit unserer Kolonne bei mir zu Hause an. Maik und ich parkten vor der Garage und halfen dann Aiden mit Handzeichen genau vor dem Haus zu parken, so dass wir gut alles wieder ausladen konnten.

Das dauerte eine ganze Weile, weil Aiden zu doof war richtig rückwärts mit dem Wagen zu fahren. Irgendwann war es dann endlich geschafft. Ich schloss das Haus auf und ließ erstmal die Hunde raus. Diese liefen bellend um Maik und mich herum und wir streichelten sie übermütig. So würde es jetzt immer sein. Immerhin hatte ich gestern noch eine Lösung gefunden, wo und wie ich mein Rudel unterbringen konnte.

Nächste Woche würde es losgehen. Aber jetzt ging es erst einmal darum Aidens und Maiks Zeug ins Haus zu schaffen. Aiden stellte den Motor ab und gesellte sich zu uns nach hinten und ließ die Laderampe herunter. Ich nahm die ersten Kartons und ging in den Flur oben. Dort stellte ich sie fürs erste ab, da ich nicht wusste, welcher Karton wem gehörte. Dann ging ich nach unten in das Wohnzimmer und machte laut Musik an.

Tanzend ging ich lachend wieder nach draußen, um weitere Kartons rein zu schleppen. Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir mit den Kartons fertig und begannen die Schränke und Betten von den beiden nach oben zu bugsieren.

Plötzlich roch ich Leanders Duft und verspürte starke Glücksgefühle. Kurz darauf schlangen sich seine Arme um meine Taille und ich lehnte mich an ihn. Er gab mir einen Kuss auf den Kopf und fragte: „Soll ich euch vielleicht behilflich sein?“ Ich nickte und drückte ihm gleich die Schranktür in die Hand, die ich gerade schleppte. Er grinste mich an und ich gab ihm einen schnellen Kuss auf den Mund.

Ich drehte mich um, um noch mehr nach oben zu tragen. Mit Leanders Hilfe wurden wir sehr schnell fertig und brauten die Schränke auch gleich alle auf. Einräumen konnten sie auch alles allein, dachte ich und schaute auf die Uhr. 17:37. Ich rannte in die Küche und wollte uns allen etwas zu essen kochen. Ich dachte an Lasagne. Leander gesellte sich schnell zu mir und gemeinsam kochten wir Lasagne, die locker für 12Personen gereicht hätte.

Um 19 Uhr rief ich Maik und Aiden runter und diese kamen sogleich runter gelaufen. Ihre Mägen hörte man schon laut knurren. Wir setzten uns nach draußen auf die Terrasse im Garten, weil das Wetter noch richtig gut war.

Kurze Zeit später tauchten Derek, Loretta und Dante auf und fragten, ob die etwas abbekommen konnten. Aiden wollte schon verneinen und sah mich erstaunt an als ich sagte: „Klar, holt euch aus der Küche noch Geschirr und Besteck.“

Als sie drinnen waren, fragte Aiden mich: „Was soll das? Kennst du die drei? Warum kommen die einfach ohne Ankündigung?“

„Das sind Freunde von Leander und mir. Sie essen oft mit uns zusammen. Sie sind wie Leander auch fast den ganzen Tag hier.“, versuchte ich ihm alles zu erklären. Maik grinste angesichts meiner Untertreibung und schüttelte leicht den Kopf.

„Ich hatte mich schon gewundert, warum du so viel gekocht hast. Ich hoffe, ich habe hier aber auch mal meine Ruhe!“, meinte Aiden.

„Na klar, Ernie! Dafür werde ich schon sorgen. Versprochen!“, versprach ich und lehnte mich zu ihm rüber, um ihm einen Kuss auf die Wange zu geben. In diesem Moment kam mein Rudel wieder und sahen mich, Aiden und Leander erstaunt an. Wahrscheinlich war es ungewöhnlich, dass ein Gefährte so ruhig blieb, wenn seine Gefährtin jemand anderen küsste. Ich lächelte sie einfach nur an und winkte ab, was so viel wie 'Später' heißen sollte.

Sie setzten sich und dann machte ich erstmal eine Vorstellungsrunde zum Schein. Denn eigentlich kannten sich ja alle, nur Aiden halt nicht. So ging die Zeit ganz schnell herum, während wir aßen und uns darüber unterhielten, was denn wer mache.

Danach halfen alle beim abwaschen und ich begleitete mein Rudel noch nach draußen, um sie wieder zu verabschieden. Loretta fragte auch gleich: „Was war das denn vorhin mit diesem Aiden? Wieso ist Leander so ruhig geblieben?!“

„Aiden ist seit Jahren mein bester Freund und zudem auch noch schwul. Leander vertraut mir und merkt, dass ich nur ihn liebe und dass niemals etwas ernstes zwischen mir und Ernie sein wird.“ Ich lächelte sie an und sie nickte verstehend. Dann verabschiedeten wir uns alle und sie gingen.

Ich ging wieder ins Haus, wo ich schon eine lautstarke Diskussion über unsere Abendgestaltung hörte. Meine drei Jungs saßen auf der Couch im Wohnzimmer und schauten auf als ich rein kam. Aiden und Maik hatten für heute genug von einräumen. Leander wollte raus gehen und Aiden einen Film schauen und dabei Popcorn futtern. Währenddessen war es Maik vollkommen egal, was wir machten. Ich schlug dann vor, dass Leander und ich einen kleinen Spaziergang machen könnten, da ich eh noch mit den Hunden raus musste. In dieser Zeit könnten Aiden und Maik schon einmal das Popcorn fertig machen und eine Filmauswahl von 2-3 Filmen zusammenstellen, so dass Leander und ich uns nur noch von diesen einen aussuchen brauchten.

Alle drei stimmten zu und ich machte mich mit Leander und den Hunden auf den Weg. <Endlich allein>, hörte ich in meinen Gedanken und lächelte glücklich. Ich kuschelte mich in seine Armbeuge und so gingen wir Arm in Arm durch den Wald. Ich musste wieder an alles, was auf der Blumenwiese in der nähe der Stadt passiert ist, denken. Ich schaute auf in Leander wunderschöne Augen. Ich liebe sie. „Ich liebe dich!“, hauchte ich kaum hörbar. Leander drehte mich so, dass ich genau vor ihm stand und zog mich in seine Arme.

Dann senkte er langsam seinen Kopf und kurz vor meinen Lippen stoppte er nochmal und murmelte mit einem glücklichen Lächeln: „Und ich dich noch viel mehr!“ Dann verweilte er so und ich konnte es nicht mehr aushalten.

Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und legte meine Lippen auf die seinen. Er verstärkte denn Druck nach kurzer Zeit und ließ den Kuss intensiver und leidenschaftlicher werden. Irgendwann fragte seine Zunge um Einlass in meine Mundhöhle, den ich ihm bereitwillig gab. Der Kuss wurde immer fordernder und seine Hände wanderten meinen Rücken hinunter. Ich zog ihn noch dichter an seinem Kopf zu mir und hatte eine Hand in seinen Nacken gelegt, während meine andere Hand seine spielenden Muskeln seiner Brust nachzeichnete. Als seine Hände am Ende meines Rückens angekommen waren, umfasste er meinen Po und hob mich an diesem hoch. Mit einer Hand legte er meinen Oberschenkel um seine Hüften. Mein anderes Bein tat es dem ersten schon fast automatisch gleich. Jetzt drückte er mich mit meinem Hintern noch dichter an ihn und ich konnte seine Erregung deutlich spüren. Ich musste in unseren Kuss hinein stöhnen.

Auch ich wurde schon leicht nass und verspürte ein starkes Ziehen in meinem Unterleib. Leander lachte bei meiner Begierde in unseren Kuss hinein. Er hatte seine Hände immer noch auf meinem Arsch und rieb mich an ihm bisschen auf und ab, so dass ihm auch ein Stöhnen entfuhr. Kurz lösten wir unseren Kuss und keuchten voller Erregung. Ich schaute in seine Augen und sah so ein starkes Verlangen, dass es mich schon fast erschreckte. Aber eben nur fast. So küsste ich ihn abermals wild und stieß ein lautes Knurren aus. Meine Wölfin und ich waren total ungeduldig. Auch Leanders Wolf schien dies zu bemerken, denn er knurrte zurück.

Seine Lippen wanderten meinen Hals hinab und ich bemerkte kaum, wie Leander anfing in irgendeine Richtung zu laufen. Währenddessen küsste er mich immer weiter und knabberte an meinen Ohrläppchen. Ich rieb mich stöhnend an ihm und erschwerte Leander so noch mehr das Laufen. Jetzt erkannte ich auch, wo er hinwollte – in sein Waldhaus. Nur ganz kurz schossen mir Bedenken wegen den anderen durch den Kopf. Doch diese wurden ganz schnell von der Leidenschaft und dem Verlangen nach Leander verdrängt. Kaum hatte ich meine Aufmerksamkeit wieder voll Leander zugewandt, als wir auch schon ankamen und Leander mit mir die Treppe zu seinem Zimmer nach oben lief. Da angekommen, warf er mich mit einem verführerischen Knurren auf sein Bett. Er zog sich in einer fließenden Bewegung sein Shirt und die Hose aus und ließ sich dann langsam und sanft auf mich gleiten, wobei er meinen ganzen Körper mit Küssen bedeckte. Überall, wo er mich berührte, hinterließ er ein Kribbeln. Dann kam er bei meinen Lippen an und küsste mich durchdringend und wild. Er streichelte meinen Bauch und zog mir mein t-Shirt aus. Dann küsste er meine Brüste und umfasste sie mit seinen Händen. Ich keuchte vor Erregung auf und meine Brustwarzen verhärteten sich. Er riss mir den BH von den Schultern und warf ihn achtlos aus dem Bett. Nun rutschte er langsam nach unten und machte sich quälend langsam daran mir die Hose auszuziehen. Ich knurrte ihn herausfordernd an. Ich wollte ihn jetzt! Ungeduldig riss ich mir selbst die Hose samt Unterhöschen vom Leib und lag jetzt komplett entblößt vor ihm. Ich wurde leicht rot und schaute an die Decke. Gleich darauf schob sich sein Kopf in mein Sichtfeld und ich senkte meinen Blick.

<Deine Begierde muss dir nicht peinlich sein!> Mit diesen Worten legte er seine Lippen auf meine und ich wurde wieder lockerer. Ich streichelte seine Brust und wanderte mit meiner Hand immer weiter hinunter. Dann versperrte mir seine Boxershorts das weitere Vordringen an seinem Körper und ich fuhr mit meinen Händen nach kurzem Zögern unter den Saum. Ich streifte ihm die Boxer ab und umfasste dann sein steifes Glied. Er zog scharf die Luft ein und grinste mich dann mit verschleiertem Blick an. Zögerlich ließ ich meine Hand auf und ab gleiten. Nach kurzer Zeit wurde ich mutiger und entlockte Leander immer öfter ein Stöhnen.

Plötzlich zog er meine Hände über meinen Kopf und meinte keuchend, wenn ich so weiter mache, würde es nicht mehr lange dauern bis er komme. Ich wurde wieder leicht rot und schaute ihn beschämt an. Sanft strich er mir eine Haarsträhne aus der Stirn und positionierte sich vor meiner Öffnung. Dann drang er vorsichtig in mich ein und ein leichter Schmerz durchzuckte mich. Leander schaute mich besorgt an, doch ich drängte mich ihm nun fordernd entgegen. Dann drang er mit einem kleinem Ruck vollends in mich ein. Ich keuchte stöhnend auf und er begann sich immer schneller in mir zu bewegen. Ich passte mich seinem Rhythmus an und stöhnte laut auf. Ich küsste ihn leidenschaftlich. Als er in mir kam, rollte über mich eine gewaltige Welle von Gefühlen und Empfindungen hinweg. Meine Muskeln zogen sich einmal zusammen und dann war der Orgasmus vorüber. Langsam zog er sich wieder aus mir zurück und legte sich neben mich. Wir keuchten beide und ich kuschelte mich an ihn. Ich schloss meine Augen und wollte diesen Augenblick genießen.

Plötzlich schrillte mein Handy laut los. Mit einem Schnaufen krabbelte ich aus dem Bett und suchte meine Hose. Als ich sie gefunden hatte, nahm ich den Anruf entgegen und ein etwas genervter, aber hauptsächlich besorgter Aiden rief in den Hörer: „Mira Calypso, wo zur Hölle bleibt ihr?! Ich dachte ihr geht nur schnell eine kleine Runde mit den Hunden! Ist was schlimmes passiert?“ Ich wusste nicht, was ich ihm antworten sollte. Die Wahrheit wohl kaum so einfach am Handy. So stotterte ich unzusammenhängend: „Wir... ich... ähm... gleich... einfach so...“ Leander kam zu mir und grinste mich schelmisch an. Er nahm mir das Handy aus der Hand und sprach mit Aiden. Ich war ihm so dankbar dafür. Zum Glück hatte er eine plausible Erklärung parat. Das einzige, was mich an dieser Erklärung störte, war, dass ich dafür leider mitsamt Klamotten in den See springen musste. Mia war angeblich in den See gesprungen und deswegen hatte wohl ihr Vibrationshalsband Schaden genommen und sie konnte nicht mehr reagieren. Deswegen musste ich sie angeblich aus dem See holen. So zogen wir uns schnell an und suchten erstmal die Hunde. Diese hatten wir ganz vergessen. Zum Glück hatte Mias Halsband eine sehr große Reichweite und sie kam mit den anderen beiden nach kurzer Zeit aus dem Unterholz gestürmt. Übermütig begrüßten sie uns. Dann liefen wir im Laufschritt zum See, wo ich schnell rein sprang. Ich stieß einen spitzen Schrei aus, weil das Wasser arschkalt war. Leander zog mich gleich wieder heraus und gab mir seine Jacke, die er vorausdenkend mitgenommen hatte, obwohl er sie wohl kaum benutzen tut. Dafür war ich ihm echt dankbar. <Wieso verwandeln wir uns nicht bis wir bei dir zu Hause angekommen sind? Deine Klamotten werden dann immer noch klatschnass sein.> Ich stimmte ihm zu und kurz darauf standen wir uns in Wolfsgestalt gegenüber.

Meine Wölfin heulte glücklich auf. Ich überlasse ihr nicht oft die Oberhand, so dass sie jetzt wild drauflos lief. Dicht hinter mir folgte Leander. Leider kamen wir viel zu schnell bei mir an und zum Glück sind uns die Hunde hinterher gelaufen. Wir verwandelten uns noch im Wald zurück. Meine erste Verwandlung ohne kaputte Klamotten! Wir betraten meinen Garten und Aiden riss sofort die Tür auf und legte mir ein Handtuch um die Schultern. Eigentlich hatte ich gar nicht das Gefühl, dass mir kalt war. Trotzdem klapperten meine Zähne leicht auseinander. „Geh hoch und zieh dir was warmes an!“, meinte Aiden zu mir. Ich nickte zustimmend und lief nach oben. Dort zog ich mir alles aus und rubbelte mich trocken. Aus meinem Schrank nahm ich mir eine dicke Jogginghose und ein Sweatshirt. Meine Haare föhnte ich noch schnell so weit, dass es am Kopf trocken war. Danach schlenderte ich die Treppe wieder herunter und gesellte mich zu den Anderen aufs Sofa. „Welchen Film gucken wir denn jetzt?“, wollte ich von ihnen wissen.

„Wir haben Iron Man 3, Fast and Furious 5 und Cloud Atlas zur Auswahl. Was wollt ihr gucken?“, fragte Maik Leander und mich. <Fast and Furious 5> Ich grinste und antwortete ihm für uns beide, dass wir Fast and Furious 5 sehen wollen. Also legte Aiden die gewünschte DVD in den Player und wir lümmelten uns auf meine übergroße Couch. Das Popcorn hatten die Brüder schon fertig auf den Tisch gestellt, aber ich hatte keinen Hunger.

Kapitel 12

 

Morgens wurde ich durch permanentes Klingeln an der Haustür geweckt. Ich musste wohl während des Films gestern eingeschlafen sein, dachte ich. Leander hatte mich dann wohl in mein Zimmer getragen, vielleicht auch Aiden. Ich tapste aus meinem Zimmer die Treppe runter und öffnete die Tür. Vor mir standen ein paar Freunde aus der Schule, die mich ungeduldig anschauten. „Hey du Schlafmütze! Wir stehen hier bestimmt schon seid ner Ewigkeit!“, sagte Fabian. Neben ihm standen Jan, Lilli und Melina. „Hallo Leute, kommt erstmal rein.“, begrüßte ich sie und ließ sie ins Haus. Ich ging mit ihnen ins Wohnzimmer und machte die Terrassentüren für die Hunde auf. Diese begrüßten die Anderen vorher noch und Paul bellte nur kurz wegen des Besuchs. Danach zogen sie ab in den Garten. „Was macht ihr denn hier?“, fragte ich sie neugierig. „Wir wollten dich mal besuchen. Du hast dich seid dem Krankenhaus ja gar nicht mehr bei uns gemeldet!“, meinte Lilli vorwurfsvoll. „Tut mir leid. In den letzten Tagen ist nur so viel passiert, da hab ich vergessen mich mal bei euch zu melden.“, erklärte ich. „Was ist denn so aufregendes passiert, dass du deine Freunde vergisst?“, fragte Jan. „Ich habe einen Jungen kennengelernt und mich in ihn verliebt und bin jetzt mit ihm zusammen. Außerdem sind Ernie und Maik hier eingezogen und ich habe neue Leute kennengelernt.“, schilderte ich kurz die Geschehnisse von denen ich ihnen erzählen konnte. Wie auf Kommando kam da auch schon Maik die Treppe runter geschlurft und brummte: „Wer zum Teufel klingelt so früh am Morgen hier so Sturm?!“ Ich deutete auf die Vier vor mir und antwortete: „Meine Freunde aus der Schule. Die dachten schon ich hätte sie komplett vergessen. Das sind Jan, Lilli, Melina und Fabian. Leute, das ist Maik, der kleine Bruder von Ernie, aber den kennt ihr ja schon.“ Die Fünf begrüßten sich und Maik verschwand dann in die Küche um sich was fürs Frühstück zu holen. Da meldete sich auch mein Magen wie auf das Stichwort und ich entschuldigte mich, um mir auch etwas zu holen. Mit einer Schüssel Müsli setze ich mich wieder zu ihnen und wollte wissen, was so in den letzten Tagen bei ihnen los gewesen sei. So erzählten sie mir, dass in der Schule ein neuer Lehrer Geschichte und Mathematik unterrichtet und sonst nix aufregendes passiert sei. Aber auf der letzten Party hätte sich das Traumpaar unserer Schule heftig gestritten und eine Beziehungspause eingelegt, dabei soll Paula sogar handgreiflich geworden sein. Weshalb sie sich so gestritten haben, wusste keiner so recht. Ich konnte das nicht glauben, weil Paula und Leon immer so unzertrennlich und unverwüstlich rüber gekommen sind. „Das glaub ich nicht! Ich hätte nie gedacht, dass die beiden sich mal trennen würden...“, brachte ich meine Gedanken zum Ausdruck. „Glaub mir, ich auch nicht!“, stimmte mir Melina zu. Wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über alles Mögliche, aber nach zwei Stunden mussten sie gehen, weil in der Schule noch eine Pflichtveranstaltung stattfinden sollte und sie ja auch noch wieder zurück zur Stadt fahren mussten. So verabschiedete ich sie gegen halb eins. Endlich konnte ich mich in Ruhe duschen und anziehen gehen. Außerdem wollte Seth mit den Bauplänen um fünfzehn Uhr vorbeikommen. Derek, Dante und Loretta wollten schon halb zwei kommen, damit wir noch gemeinsam essen konnten. Also machte ich mich daran etwas Vernünftiges zu kochen. Pünktlich um halb zwei wurde ich fertig und die Drei kamen durch die Terrassentür in die Küche. „Hallo Mira. Wie geht’s dir?“, frage mich Loretta freundlich. „Mir geht es gut. Ich bin nur noch ein bisschen müde, weil meine Freund mich nicht ausschlafen lassen haben. Und euch?“, wollte ich von ihnen allen wissen. Derek ließ nur ein Brummen hören und Loretta antwortete wohl für sie und Dante: „Uns geht es soweit gut. Auf jeden Fall haben wir noch eine gute Ferienwohnung gefunden und endlich eine Nacht schlafen können ohne ständig Angst zu haben, dass uns jemand angreifen könnte.“ „Das freut mich! Setzt euch doch, ich muss nur noch die Kartoffeln abgießen.“, meinte ich erfreut und tat wie geheißen. Da kamen auch Maik und Aiden von oben herunter und setzen sich auch an den Tisch. Während des Essens unterhielten wir und kaum, weil wir alle ziemlich hungrig waren und uns voll auf das Essen konzentrierten. Nach dem Essen schlug ich vor meinem Rudel das Haus zu zeigen und diese stimmten zu. Maik verabschiedete sich und ging wohl zum Waldhaus. Da fragte mich Aiden: „Mira, können wir uns mal kurz im Garten unterhalten? Allein?“ Ich schaute zu den Dreien und sagte: „Klar. Ihr könnt euch ja schon mal hier unten umsehen. Bis jetzt kennt ihr ja nur den Wohnraum mit Wohnküche und Wohnzimmer.“ Dante nickte und so gingen sie in den Flur. Ich folgte Aiden in den Garten, der die Terrassentür hinter uns anlehnte. „Mira, meinst du nicht, dass du Derek, Dante und Loretta zu viel von deinem Leben zeigst? Ich meine, du kennst sie noch nicht lange und finde es nicht gut, wenn sie sich genau im Haus auskennen...“ „Ach Ernie! Ich weiß schon was ich tue. Ich muss sowieso noch wegen den Dreien mit dir reden. Sie gehören quasi zu meiner Familie und ziehen hier ein. Deswegen bauen wir auch das Haus in nächster Zeit um, weil das sonst zu klein wird.“

„Was?! Ich hab da wohl auch noch was mitzubestimmen oder nicht? Wieso gehören die quasi zur Familie?! So geht das nicht, Mira. Hier können nicht einfach wildfremde Leute einziehen!“

„Bitte Ernie. Du musst mir vertrauen. Ich kann die nicht sagen, wieso sie zur Familie gehören. Du musst mir einfach glauben, dass sie sicher nix böses wollen.“

„So einfach geht das nicht, Mira! Ich kann denen doch nicht mir nichts dir nichts vertrauen.“

„Du sollst ja auch nicht unbedingt ihnen vertrauen sondern mir!“

„Na gut... Wenn du dir sicher bist, dann werde ich mir das erstmal ansehen und bei dem Hausumbau werde ich ein Wörtchen mitreden! Wer soll das überhaupt umbauen?!“

„Naja, einer von Leanders Freunden ist Architekt und hilft uns dabei. Loretta ist Innendesignerin und Derek hat auf dem Bau gearbeitet. Und Dante kann dann bei den Möbeln und so helfen, weil er Tischler ist.“, erklärte ich Aiden alles. Dieser runzelte die Stirn und meinte: „Ok. Ich hoffe, du weißt was du tust!“ Damit hatte Aiden das Thema vorerst abgehackt und ich war glücklich, dass er diese Neuigkeit halbwegs gut aufgenommen hatte. So gingen wir wieder ins Haus und Aiden zog sich in sein Zimmer zurück um weiter auszupacken. Ich suchte mein Rudel und fand sie im Esszimmer, welches wir fast nie benutzt hatten, weil es einfach viel zu groß war für drei Leute. So hatten wir immer in der Küche gegessen, wo höchstens sechs Personen Platz hatten. Hier im Esszimmer aber bis zu 20 Personen bequem am Tisch sitzen konnten. „Hey Mira. Da bist du ja wieder. Und hast du Aiden irgendwie erklären können wieso wir hier einziehen und das Haus umbauen?“, fragte Loretta. „Naja, ich hab gesagt, dass ihr sowas wie Familie seid und deswegen hier einzieht und er mir einfach vertrauen soll bei der ganzen Sache. Das hat halbwegs geklappt. Aber er will mitbestimmen wie das Haus umgebaut wird. Schließlich wohnt er auch hier und ist mein Vormund, so dass er quasi für alles hier verantwortlich ist.“, erklärte ich und sie nickte verständnisvoll. „Du, sag mal, könnte ich mich in diesen Raum bisschen einbringen? Ich finde der ist eigentlich sehr schön, aber nicht besonders gut gestaltet. Ich habe schon so viele Ideen.“ Ich musste lachen und bestätigte ihr: „Klar. Tob dich so viel aus wie du willst. Wir haben diesen Raum nur so gut wie nie genutzt, deshalb haben wir hier nie viel gemacht. So auch in anderen großen Räumen. Mein Vater hat bei Hausbau darauf bestanden mehrere große Räume zu haben und ich hab nie verstanden wieso, aber ich denke, ich weiß jetzt wieso. Er hat wohl schon früh dran gedacht, dass hier mal mehr Leute wohnen würden...“ „Scheint wohl so. Wir haben die anderen zwei Räume schon gesehen, aber da stand ja gar nichts drinnen. Und sonst ist hier im Erdgeschoss ja nur noch ein Bad und der Wohn-/Küchenbereich. Und halt der Flur mit Treppen zum Keller und in den ersten Stock.“, stellt Derek nüchtern zusammen. „Stimmt“, sagte ich. „Folgt mir doch erstmal in den Keller. Da gibt es zwar nicht viel zu sehen, aber vielleicht habt ihr ja eine Idee, was man daraus machen könnte.“ Dante nickte und alle folgten mir die Treppe hinab. Links gab es dann gleich den Raum, wo wir alles an Maler- und Tapezierzeug aufbewahrten. Und der Rest der Fläche war in zwei fast gleichgroße Räume aufgeteilt. In einem war eine provisorische Bar aufgebaut von meiner 16. Geburtstagsparty und in dem anderen hatten sich nur einige Spinnen eingenistet. Loretta kam in die Räume und ihre Augen begannen zu leuchten. Ich merkte schon, dass sie hier voll in ihrem Element ist. Kurz darauf sprudelte sie auch schon los: „Hier könnte man wunderbar einen richtigen Partykeller draus machen mit einer richtigen Bar und allem was dazu gehört. Dann muss man das nicht immer alles aufbauen, wenn man mal eine Party feiern möchte. Und den anderen Raum könnten wir wunderbar als Speisekammer nutzen, weil ich denke, dass wir irgendwann noch mehr werden und dann den Platz brauchen für die ganzen Lebensmittel. Oh Gott! Ich habe schon genaue Vorstellungen wie alles aussehen könnte! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll.“ „Jetzt aber mal langsam Loretta, erstmal müssen wir den neuen Teil zumindest den Trockenbau fertig haben und dann kannst du mit deinem Innendesign anfangen!“, unterbrach sie Derek. Er schien wohl gut Bescheid zu wissen, wie so ein Hausbau abläuft. Ich musste lachen, weil Loretta einen beleidigten Flunsch zog, weil sie nicht sofort loslegen durfte. „Kommt mit nach oben, da ist noch eine kleine Wohnung eingebaut, die man vielleicht irgendwie mit ins Haus integrieren kann. Ansonsten ist da noch ein Raum mit angrenzendem Badezimmer, ein Wohnzimmer und die durch ein Bad zusammenhängenden Zimmer von Aiden und Maik, wobei an Aidens Zimmer noch ein Raum abgrenzt, in dem er sein Büro einrichtet.“, gab ich ihnen einen Überblick über die restlichen Zimmer während wir nach oben gingen. Dort kamen wir zuerst an meinem Zimmer vorbei. „Mira, das ist wunderschön eingerichtet!“, schwärmte Loretta. „Danke. Ich habe mir sehr viel Mühe gegeben und alles selbst ausgesucht.“, bedankte ich mich für ihr Lob. Ich zeigte ihnen die restlichen Zimmer, wobei ich die von Aiden und Maik ausließ. „Was ist mit der Tür?“, fragte Derek und deutete auf die Tür zum Schlafzimmer meiner Eltern. Traurig antwortete ich: „Das ist das Zimmer meiner Eltern. Da will ich nichts verändern. Ich will die Hoffnung nicht aufgeben, dass mein Dad wieder aus dem Koma erwacht.“ „Das verstehen wir.“, sagte Dante verständnisvoll. Unten klingelte es an der Tür und ich schaute auf die Uhr. Schon 15 Uhr. Das musste Seth sein. Ich lief zur Tür und ließ ihn ins Haus und wir gingen alle in die Küche, weil man sich da an einen richtigen Tisch setzen konnte. Dort stellte er uns seine Ideen zum Hausbau vor. Ich hatte ihm gestern noch den Grundriss von dem jetzigen Haus gegeben. „Also, ihr habt mir gesagt, dass ihr mindestens noch 6 weitere Zimmer haben wollt, in denen man auch gut zu zweit leben kann. Außerdem wolltet ihr mindestens zwei große Bäder und dass das ganze an das Haus angebaut werden soll, so dass alles verbunden ist. Dabei sollte es so angelegt werden, dass das Zimmer von Aiden möglichst weiterhin so liegt, dass er nicht gestört wird, wenn hier mal mehr Leute wohnen. Ich hab dann hier mal einen Plan gezeichnet. Da wird im Erdgeschoss das Haus mit der Garage verbunden und die leerstehende Garage wird mit ins Haus integriert. Durch den Essbereich im großen Wohnraum kommt man dann in den neuen Teil. Dort entstehen drei Zimmer und ein großes Bad. Der alte neue Teil der Garage wird dann ein Teil des Flures. So auch im 1. Stock. Dort wird dann auf die Garage und den Anbau drauf gebaut und es entstehen nochmals vier Zimmer und ein großes Bad. Dabei wird der Flur oben einfach weiter geführt.“, schilderte Seth uns seinen Vorschlag und deutete dabei auf die entsprechenden Stellen des Bauplans. Aiden war inzwischen auch zu uns gestoßen und blickte kritisch auf den Bauplan. „Also ich finde, dass das sehr gelungen ist. Ich kann mir genau vorstellen wie ich dann die einzelnen Räume gestalten könnte.“, stimmte Loretta dem Plan zu. Auch ich hatte nichts dagegen einzuwenden und versuchte Aiden den Anbau schmackhaft zu machen: „Aiden, sieh doch: dein Büro ist am anderen Ende, so dass dich keiner stört, wenn du arbeitest. Außerdem musst du dich auch gar nicht mit allem befassen. Das machen Derek, Loretta, Dante, Seth und ich. Wir schaffen das. Bitte stimm' zu.“ „Wenn du meinst. Aber ich habe keine Zeit mich mit irgendwelchen Bauarbeitern zu streiten, dass die hier nicht rauchen und ihre Arbeit machen sollen! Ich will dann nicht auf allem sitzen bleiben, weil ihr keine Lust mehr habt oder sonst was. Ich hab auch keine Ahnung, warum ihr so viel Platz braucht. Ich meine, hier ziehen ja nur die drei ein und so viel Platz hätten wir auch ohne Umbau...“, stimmte er nicht ohne Einschränkungen zu. Dankbar umarmte ich ihn und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Mach dir darum keine Gedanken wegen den Zimmern. Das wird sich schon regeln.“, setze Loretta hinzu. Daraufhin war der Plan besiegelt und Derek wollte am Montag die Arbeiter und Materialien besorgen. Seth war zufrieden mit diesem Plan und sagte: „Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit. Ich hoffe, dass alles ohne Komplikationen klappt. Wir sehen uns dann Montag, dann können Derek und ich schon mal anfangen die Grundrisse draußen zu befestigen damit wir gleich Dienstag loslegen können mit dem Boden.“ Mit diesen Worten packte er seine Sachen wieder zusammen und machte sich auf den Weg nach Hause. An der Tür verabschiedete ich ihn noch und ging dann wieder in die Küche zu meinem Rudel und Aiden. Letzterer meinte, dass er noch was für die Arbeit machen müsse und ging nach oben in sein Büro, dass er schon fertig eingerichtet hat. Loretta bekundet: „Ich bin echt begeistert von Seth' Entwurf. Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns alle so schnell einig werden. Aber um so besser, dann werden wir schneller fertig. Ich habe mir auch schon Gedanken gemacht, was wir aus den Räumen im Keller machen könnten. Ich denke, dass ich da ja schon anfangen könnte alles einzurichten. Weil da muss ja kein Trockenbau mehr gemacht werden. Das ist ja schon lange geschehen. Deshalb dachte ich, dass ich schon mit Dante Möbel entwerfen könnte und gleichzeitig schon einen Malermeister engagieren, der dann schon die Wände machen könnte.“ „Klar, mach das. Aber weih uns doch erstmal in deine Pläne ein.“, freute ich mich über ihr Engagement. Sie weihte uns in ihre Pläne ein und Derek und ich verbesserten noch einige Details wie Farbe an den Wänden oder das Material, das verwendet werden soll. Aber am Ende konnten wir uns einigen und Loretta wollte sich gleich an die Arbeit machen. Dante würde sie dabei unterstützen. Jetzt war es schon halb sechs und die Drei verabschiedeten sich.

Ich setzte mich auf die Couch und machte erstmal den Fernseher an und schaute eine Sendung, die bestimmt schon das hunderte Mal wiederholt wurde. In Gedanken versuchte ich Leander zu erreichen. <Schatz?! Kannst du mich hören?> Ich konzentrierte mich voll auf Leanders Gesicht und visualisierte seine wunderschönen Augen. Kurz darauf bekam ich eine Antwort. <Klar. Ich hätte nicht gedacht, dass wir uns schon jetzt über größere Strecken über Gedanken erreichen können. Aber ich freue mich dich zu hören.> <Magst du vorbei kommen? Mein Rudel ist wieder weg und jetzt sitze ich hier ganz allein auf der Couch...>, fragte ich ihn. <Ich bin sofort da>, vernahm ich noch und dann brach die Verbindung wieder ab. Dennoch konnte ich eine Welle von Glücksgefühlen auf Leanders Seite fühlen. Nach 10 Minuten klopfte es an der Scheibe zum Garten. Grinsend öffnete ich die Tür und Leander zog mich sogleich in seine Arme und gab mir einen Kuss auf den Mund. „Wollen wir noch einen Spaziergang mit den Hunden machen?“, fragte er mich und ich nickte. Wir schlugen den Weg Richtung Lichtung ein. Leander erzählte mir, was er den Tag so gemacht hatte. Auf der Lichtung kam mir die Idee in dem See eine Runde zu schwimmen und zog mir gleich meine Kleidung aus und sprang ins Wasser. Leander lachte angesichts meiner Freunde im Wasser zu planschen und gesellte sich zu mir. Nachdem wir eine ausgiebige Wasserschlacht veranstaltet hatten machten wir uns wieder auf den Weg zu mir nach Hause.

Auf dem Weg trafen wir auf zwei Wölfe die sich mit gefletschten Mäulern gegenüber standen. Ich erkannte den Wolf von Leandris mit seinem schwarzen Wolf sofort. Dem Geruch nach musste der graubraune Wolf Kilian sein. Es sah so aus als wenn Leandris versuchte Kilian zu unterwerfen, dieser sich aber nicht unterwerfen ließ. Kurz darauf sprang Leandris Wolf dem von Kilian an die Kehle. Ich wollte schon dazwischen gehen, aber Leander hielt mich auf. Meine Wölfin wurde langsam wütend und wollte eingreifen, doch ich versuchte sie wieder zurück zu drängen. Angstvoll beobachtete ich wie Kilian sich wehrte und einfach nicht nachgeben wollte. Leandris wurde immer aggressiver und versuchte mit aller Macht Kilian zum aufgeben zu zwingen. Ich konnte schon zähes Blut aus der Wunde an Kilians Kehle fließen sehen. Das war genug und ich ließ meiner Wölfin freie Hand. Mit einem lauten Knurren verwandelte ich mich und schmiss mich auf Leandris. Dieser hatte nicht damit gerechnet und ließ von Kilian ab und griff sofort mich an. Das machte mich rasend vor Wut und ich unterwarf ihn sofort. Auch Kilian sollte sich unterwerfen, was er auch augenblicklich tat. Beide lagen nun winselnd auf dem Boden vor mir. <Ich will nie wieder sehen wie du einen anderen Wolf so angehst nur um deine Autorität zu beweisen!>, fauchte ich Leandris an. <Verwandelt euch zurück!>, befahl ich und dann standen wir uns in menschlicher Gestalt gegenüber. „Was sollte das?“, verlangte Leandris sofort zu wissen. Ich konterte: „Ich habe Kilian davor bewahrt von dir umgebracht zu werden!“ Kilian fuhr zwischen unsere Diskussion: „Ich habe keine Lust mehr mich einem Wolf zu unterwerfen, der dafür nicht stark genug ist. Ich schließe mich Mira an!“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ging in Richtung des Waldhauses. Ich schaute ihm stutzig hinterher. <Das wollte ich jetzt nicht unbedingt herbeiführen.> „Das hast du ja ganz toll hinbekommen, Mira!“, warf mir Leandris auch sofort vor. „Seit dem du dich verwandelt hast tauchen hier fremde Wölfe auf, schließen sich dir an und jetzt spannst du mir auch noch Rudelmitglieder aus. Ich fasse es nicht.“ „Leandris beruhige dich! Ich wollte das mit Sicherheit auch nicht, aber ich kann doch nicht ändern was ich bin. Auch wenn ich gerne nur eine ganz normale Wölfin wäre. Ich verspreche dir, dass Kilian der Einzige bleiben wird und ich mich gut um ihn kümmern werde.“, versuchte ich ihn ein wenig milde zu stimmen. „Das will ich stark hoffen für dich, sonst werden wir hier noch gewaltige Probleme bekommen...“ Er drehte sich um und verschwand im Unterholz ohne ein weiteres Wort. Ich drehte mich zu Leander um. <Ich muss jetzt erstmal mit meinem Rudel reden und ihnen mitteilen, dass wir ein neues Rudelmitglied haben. Ich hoffe sie akzeptieren ihn...> <Ich glaube nicht, dass sie damit ein Problem haben werden.> Beruhigte mich Leander. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm zum Abschied einen Kuss. Dann drehte ich mich um und verwandelte mich in meine Wölfin. So konnte ich mein Rudel über Gedanken erreichen, wenn sie gerade in Wolfsgestalt waren. <Kommt bitte zum Haus. Ich muss mit euch etwas besprechen.>

Ich war erst im Garten angekommen als Derek, Loretta und Dante am Waldrand aus dem Unterholz brachen. Im Garten verwandelten sie sich wieder in menschliche Gestalt und Loretta fragte: „Was ist denn so wichtig, dass du uns gleich zu dir rufst?“ „Wir haben ab heute ein neues Rudelmitglied, weil Kilian sich Leandris nicht unterwerfen konnte – meiner Wölfin aber schon. Deshalb zieht er noch heute bei mir ein, weil ich nicht weiß, wo ich ihn sonst unterbringen soll. Ich hoffe ihr habt nichts dagegen.“, erklärte ich ihnen die Situation. „Nein. Gegen deine Entscheidung können wir eh nichts ausrichten. Du bist der Alpha und wir dein Rudel.“, stellte Dante fest. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich hätte nicht gewusst, was ich machen soll, wenn sie nicht einverstanden wären. Ich wandte mich an Loretta: „Kannst du mir helfen und das Zimmer mit dem angrenzenden Bad fertig zu machen? Vorerst soll Kilian da wohnen bis wir das Haus umgebaut haben.“ Loretta nickte und ging gleich nach oben. Dante verabschiedete sich wieder mit einem: „Ich muss noch ein paar Möbel zeichnen.“ Auch Derek meinte, er müsse wieder gehen, weil er noch einkaufen müsse und die Geschäfte in einer halben Stunde zu machen würden. Auf dem Weg nach oben klopfte ich noch an Aidens Büro an. Um ihm die Neuigkeiten mitzuteilen, dass noch jemand bei uns einziehen würde.

„Ich verstehe nicht, wieso auf einmal so viele Fremde bei dir einziehen! Eigentlich geht das gar nicht, Mira! Wie soll ich das denn Jugendamt erklären, wenn die zu einem spontanen Besuch vorbei kommen?“

„Bitte Aiden! Ich weiß, dass ich dir keine wirklich plausible Erklärung gebe. Aber vertrau mir und sag ja! Ich weiß, was ich tue.“

Ich schob meine Unterlippe vor und machte große Augen. Diesem Blick konnte er noch nie widersprechen. Auch jetzt konnte er nicht nein sagen und erlaube den Einzug von Kilian. So ging ich in das zukünftige Zimmer von Kilian und begann Loretta zu helfen. Nach einer guten Stunde waren wir fertig und es klingelte an der Tür. Maik und Kilian standen davor und hatten zwei Koffer und einen Karton mit den Sachen von Kilian dabei. „Kommt doch rein. Du bekommst das Zimmer mit einem angrenzenden Bad. Maik kann dir zeigen, welches das ist.“, bat ich sie herein. Maik nickte mir knapp zu und ging dann an mir vorbei durch den Flur und wartete an der Treppe auf Kilian. „Danke, dass ich gleich hier einziehen kann. Ich hätte sonst nicht gewusst, wo ich hin soll. Aber Leandris hätte mich nicht mehr eine Sekunde bei sich wohnen lassen.“, bedankte er sich bei mir. „Ist doch selbstverständlich. Du gehörst jetzt zu meinem Rudel und da lass ich dich nicht auf der Straße schlafen.“ Kilian lächelte mich breit an und wir folgten dann Maik die Treppe hoch. Oben stellte ich Loretta und Kilian einander vor. Schließlich gehören sie jetzt den selben Rudel an und da sollte sich alle kennen. „Die Nacht mit gemeinsam in Wolfsgestalt schlafen müssen wir verschieben, weil ich Angst habe, dass Aiden das sehen könnte.“, entschuldigte ich mich. „Das verstehen wir schon, Mira. Mach dir da keine Sorgen.“, beruhigte mich Loretta. Diese verabschiedete sich jetzt auch und ging nach Hause. „Also Kilian, das ist dein Zimmer für die Zeit, in der wir das Haus noch umbauen. Durch die Tür da kommst du in dein eigenes Bad. Fühle dich wie zu Hause.“ „Klar, das mache ich immer – egal wo ich bin. Ich packe dann eben nur die nötigsten Dinge aus und hau mich dann erstmal ins Bett. Ich muss mich noch von dem Kampf mit Leandris erholen.“, teilte Kilian mit. Maik sagte: „Ich gehe auch in mein Zimmer und packe weiter aus. Kann ich eigentlich die Playstation unten im Wohnzimmer anschließen?“ „Die kannst du erstmal unten anschließen. Hier oben soll auch noch ein Wohnzimmer entstehen, da kannst du die dann anschließen, ohne dass dann alle genervt sind von dem Gezocke.“, erklärte ich. Maik nickte und verschwand. Ich machte mich auf den Weg in die Küche und wollte noch für alle ein paar Brote schmieren. Die fertigen Brote brachte ich allen nach oben und wollte dann noch eine kurze Runde mit den Hunden machen, die in letzter Zeit leider ein bisschen zu kurz kamen.

Ich ging Richtung Tierheim und ließ nochmal alle Geschehnisse der letzten Tage an mir Revue passieren. Dabei wurde mir mit schrecken bewusst, dass morgen die Beerdigung meiner Mutter war. Ich hatte das ganz vergessen bei der ganzen Aufregung und bekam ein furchtbar schlechtes Gewissen. Ich hatte nicht einmal Einladungen dazu verschickt oder eine Zeitungsanzeige gemacht. Ich kamen die Tränen und wollte nur schnell wieder nach Hause und mich bei Aiden ausweinen.

Kurz darauf hörte ich Leander in meinen Gedanken. <Schatz, was ist los? Wieso bist du so traurig? Soll ich zu dir kommen?> <Nein, du musst nicht kommen. Mir ist nur gerade eingefallen, dass Mama morgen beerdigt wird und ich keine Einladungen oder eine Zeitungsanzeige gemacht habe. Ich gehe nach hause und frage Aiden, was ich bis morgen noch machen kann.> <Ok. Sag mich einfach Bescheid, wenn ich kommen soll. Um eine Zeitungsanzeige gab es genauso wie Einladungen. Wir haben vorgestern eine bekommen.> <Echt?! Dann muss Aiden das alles gemacht haben und ich hab das alles vergessen. Ich muss ihm dafür ungedingt danken!> <Mach das.>

Kaum war ich zu Hause angekommen stürmte ich die Treppe hoch in das Zimmer von Aiden. „Ente? Hast du für mich Einladungen und eine Zeitungsanzeige für Mamas Beerdigung gemacht?“, fragte ich ihn. „Ja, das habe ich. Ich dachte ich mache das, weil du erst gewirkt hast als würdest du es nicht packen und dann so abgelenkt warst von deinen neuen Freunden und Leander. Ich wollte dich damit nicht stören und habe dann einfach alles erledigt.“ Ich fiel ihm dankbar um den Hals und gab ihm einen Kuss auf die Wange. „Ich bin dir dafür so dankbar“ Mir fiel ein Stein vom Herzen.

Daraufhin wünschten wir uns eine gute Nacht und ich machte mich fertig fürs Bett nachdem ich den Hunden noch etwas zu fressen gegeben habe.

Mit gemischten Gefühlen schlief ich schnell ein. Ich träumte von Wölfen und von meiner Mutter, die versuchte mir irgendetwas zu sagen. Aber ich verstand sie nicht.

Impressum

Texte: Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig.
Tag der Veröffentlichung: 10.04.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich meinen Freunden, die mich immer wieder ermutigt haben das Buch fortzusetzen, auch wenn ich mal nicht weiter wusste oder unzufrieden mit mir. Dank euch schreibe ich nun endlich weiter :)

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