Es war einmal ein geheimnisvoller Wald, tief verborgen in einem Tal. In diesem Wald lebten die Wichtelmänner.
Diese winzigen Wesen waren nur so groß wie eine Handfläche und hatten spitze Zipfelmützen auf dem Kopf. Sie waren die Beschützer der Natur und liebten es, sich um die Pflanzen und Tiere des Waldes zu kümmern.
Die Wichtelmänner waren sehr scheu und versteckten sich vor den Menschen, denn sie wollten, dass ihr Leben ein Geheimnis blieb.
Die Wichtelmänner hatten ein aufregendes Leben. Tagsüber blieben sie in ihrem Unterschlupf und beobachteten die Tiere des Waldes. Sie hatten eine besondere Gabe - sie konnten mit den Tieren sprechen. Die Eichhörnchen erzählten ihnen von ihren Abenteuern beim Nüsse sammeln und die Vögel sangen ihnen die schönsten Lieder vor.
Die Wichtelmänner waren auch sehr fleißig. Sie halfen den Pflanzen im Wald beim Wachsen und sorgten dafür, dass alles in Ordnung war. Sie flickten die Blumen, wenn sie müde aussahen und kümmerten sich um die Bäume, wenn sie krank waren.
In der Dunkelheit war der Wald magisch und voller Geheimnisse. Oft versammelten sie sich die Wichtelmänner an einem geheimen Treffpunkt des Waldes. Dort gab es einen alten, knorrigen Baum mit riesengroßen Wurzeln. Dort ließen sie sich nieder und erzählten sich Geschichten aus alten Zeiten.
Der kleinste Wichtelmann war sehr neugierig und wissbegierig und hörte aufmerksam zu. Bald begann für ihn ein großes Abenteuer.
Dort wo der Wald am dichtesten war,
lag tief versteckt eine große Höhle, in der viele kleine und große Wichtelmänner lebten.
Sie alle waren putzig anzuschauen mit ihren bunten Zipfelmützchen auf die sie sehr stolz waren. Die größeren Wichtelmänner von 15 – 20 cm trugen blaue Mützen, die kleineren rote. Der kleinste Wichtelmann hatte etwas Schwierigkeiten mit seinem roten Mützchen, denn es rutschte ihm ständig ins Gesicht. Es war kein Wunder. Bei seinen fünf cm blieb das nicht aus.
Seine 288 Geschwister waren schon alle sehr viel größer als er, aber dafür hatte er es faustdick hinter den Ohren. Er war ziemlich neugierig und wissbegierig. Ständig stellte er seinen Eltern Fragen, die sie aber nicht beantworten konnten.
Sie hatten die Wichtelschule nicht so lange besucht. Der kleine Wichtelmann beobachtete seine Umgebung sehr genau und kannte bald viele Tiere, die dort lebten. Das Streifenhörnchen mochte er besonders gerne.
Die Mäuschen, die ihr Futter suchten,
die Schmetterlinge oder den Waldkauz, der von seinen Ausflügen berichtete. Aufmerksam hörte er ihm zu und kam aus dem Staunen nicht heraus. Was der alles zu erzählen hatte. Von den Menschen, den bunten Blumen auf den Feldern. Besonders von dem schönen blauen Kornblumen und dem roten Klatschmohn.
Das alles wollte er unbedingt sehen. Aber wie sollte er da hinkommen? Er hatte eine Idee und rief ein Mäuschen zu sich und sagte zu ihm: “Kannst du mich an den Rand des Waldes bringen, damit ich die Menschen beobachten kann?“ „Kein Problem“, antwortete die Maus. Der kleine Wichtelmann sprang auf ihren Rücken und ab ging die Post.
Bald hatten sie die Stelle erreicht wo die Felder anfingen und sahen etwas Rotes leuchten. „Was ist das?“, rief der kleine Wichtelmann. „Wie wunderschön!“ „Das ist der rote Klatschmohn“, erwiderte das Mäuschen, der blüht immer um diese Jahreszeit.
Ein Fasan mit einem farbenprächtigen Gefieder sprang flügelschlagend in die Höhe. Dabei gab er laute Rufe von sich. „Was macht der da?“, fragte der kleine Wichtelmann. „Ach, der Angeber, der will nur die Weibchen beeindrucken.“
„Schau mal die schwarzen Vögel dort, das sind Krähen“, flüsterte das Mäuschen. Wir müssen vorsichtig sein, damit sie uns nicht entdecken. Es ist sonst um uns geschehen. Plötzlich erschien etwas Dunkles am Himmel und die Krähen flogen erschrocken auf.
Es war ein Greifvogel, ein Wanderfalke. Er war einer ihrer Feinde. Sie versuchten ihn zu vertreiben, aber es gelang ihnen nicht. Fünf Elstern kamen ihnen zu Hilfe, um sie zu verteidigen. Die Krähen nutzen die Gelegenheit und verschwanden so schnell wie möglich. Die kleine Maus, die alles mit angesehen hatte rannte so schnell sie konnte davon.
Der kleine Wichtelmann hatte Mühe, sich an ihr festzuhalten. „Das ist nochmal gutgegangen“, japste sie. „Wir müssen uns einen anderen Weg suchen.“ „Vielleicht am Bach entlang“, schlug der kleine Wichtelmann vor, da sind wir sicher.
„Aber nicht mehr heute, ich bin völlig erledigt. Lass es uns morgen nochmal versuchen“, erwiderte das Mäuschen. „Einverstanden, dann treffen wir uns morgen früh am Anfang des Baches. Dort liegt ein großer mit Moos bedeckter Stein. Da warte ich auf dich“, antwortete der kleine Wichtelmann.
Am nächsten Morgen erschien pünktlich das Mäuschen. Der kleine Wichtelmann kletterte geschwind auf ihren Rücken. Das Mäuschen rannte los, so dass sie bald eine Lichtung erreichten. Ein Reh trat heraus und schaute sich vorsichtig um.
Die Sonne schien ihnen hell ins Gesicht und sie waren etwas geblendet. Die warmen Sonnenstrahlen kitzelten sie etwas. Sie empfanden es als sehr angenehm. „Ah, die Wärme tut richtig gut“, sagte der kleine Wichtelmann, denn der lange Ritt entlang des Baches war doch etwas kühl gewesen. Auf einmal hörten sie ein lautes Knacken.
Eine große Hufe erschien dicht neben ihnen und sie fuhren erschrocken zusammen. „Du meine Güte“, rief das kleine Mäuschen, das war knapp. Das ist noch einmal gutgegangen!“
Ein ziemlich kräftiger Rothirsch mit einem gewaltigen Geweih trat auf die Lichtung. Er stolzierte stolz herum und hob seinen Kopf. Er gab dabei laute eindrucksvolle Geräusche von sich, um die Rehe zu beindrucken.
„Schau doch mal dort“, rief das Mäuschen, da sind kleine Vögelchen. Komm lass uns zu ihnen gehen. Schnell hatten sie die Vögel erreicht, die gerade etwas vom Boden pickten. Erstaunt sahen sie die beiden kommen und wollten schon wegfliegen.
„Hallo“, rief der kleine Wichtelmann. „Wie heißt ihr denn?“ „Wir sind Blaumeisen“, kam die Antwort. „Wir kommen immer hierhin, denn hier finden wir reichlich Futter.“
Die kleinste Meise hüpfte auf den Wichtel zu und beäugte ihn neugierig. „Was hast du denn da auf dem Kopf?“ „Das ist meine Zipfelmütze. So eine trägt jeder Wichtelmann. Meine Eltern haben eine blaue und meine Geschwister eine rote Mütze.
“Hübsch“, antwortete die Blaumeise, die steht dir sehr gut.“ Der kleine Wichtelmann freute sich darüber und fragte die Meisen, ob sie auch manchmal über die Felder fliegen würden.
„Mein Traum ist es einmal die vielen Blumen zu sehen, den Klatschmohn und die Kornblumen. „Das ist kein Problem, steig auf meinen Rücken und wir werden eine Runde über die Felder fliegen“, sagte die jüngste Meise.
Der kleine Wichtelmann machte große Augen und kletterte vorsichtig auf den Rücken der kleinen Blaumeise. „Achtung, es geht los, halte dich gut fest“, rief sie und schwang sich mühelos in die Lüfte.
Das Mäuschen schaute aufgeregt hinterher, denn mit so einem Erlebnis hatte sie heute nicht gerechnet.
Der kleine Wichtelmann kam aus dem Staunen nicht heraus. Was er alles von hier oben sehen konnte. Der Wald erschien riesengroß und der Klatschmohn und die Kornblumen blühten in prächtigen Farben. Ein Feldhase mit großen Ohren hockte ruhig da.
Auf einmal schaute er ängstlich auf und lief so schnell er konnte davon. Ein Fuchs hatte ihn entdeckt und jagte ihn. Das wird ein leckeres Mittagessen für ihn sein. Der Hase rannte um sein Leben und schlug viele Haken.
Der Fuchs kam langsam aus der Puste und konnte ihn nicht erwischen. Der kleine Wichtelmann rief laut: „Lauf Hase, lauf!“ Der Hase lief und lief und bald hatte er den Fuchs abgehängt.
„Da hat er aber Glück gehabt“, sagte der kleine Wichtelmann zur Blaumeise. Er genoss weiter die schöne Aussicht und freute sich über den gelungenen Tag. Die kleine Blaumeise drehte noch ein paar Runden und setzte wieder zur Landung an.
Das Mäuschen winkte aber plötzlich ganz aufgeregt und zeigte nach oben. Der Wanderfalke hatte die beiden gesehen und kam im Sturzflug auf sie zu. „Schneller“, rief der kleine Wichtelmann. Der ist hinter uns her!“
Die kleine Blaumeise flatterte los so schnell sie konnte und landete außer Atem im Gebüsch. Der Wanderfalke hatte das Nachsehen. Heute musste er hungrig bleiben. „Aua“, das hat wehgetan!“, rief der kleine Wichtelmann und rieb sich sein schmerzendes Hinterteil. Die kleine Blaumeise war auch völlig fertig und erschöpft.
Sie und der kleine Wichtelmann wollten nur noch nach Hause. Wenn er das seinen Eltern erzählen würde, die machten sich immer Sorgen um ihn. Aber er wollte sie nicht unnötig beunruhigen. Er ging auf die kleine Blaumeise zu und sagte: „Du hast mir heute einen sehr großen Gefallen getan. Möchtest du mein Freund werden?“ „Sehr gerne“, antwortete diese. Sie ruhten sich noch ein Weilchen aus und flogen dann nach Hause. Sie waren fast jeden Tag zusammen und wurden die besten Freunde.
Der Vollmond erhellte die Nacht und der Bach plätscherte leise vor sich hin. Dort wo er am breitesten war, wohnte das Volk der Wassergeister.
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Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Sabine Sener
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Cover: Pixabay.com/Bild von Free Fun Art
Tag der Veröffentlichung: 03.02.2018
ISBN: 978-3-7438-5442-0
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