Cover

Einführung

 

 

 

 

Wolftears

-

Vergeben und Vergessen

 

 

 

 

 

Silvia Leeb

 

 

 

 

Dieses Buch widme ich meinen Schreibkolleginnen Ayka & JJ. Dafür, dass ich all meine Ideen mit ihnen besprechen konnte!

 

Kapitel 1

 

 

Ricci setzte sich auf die Fensterbank des großen Schlafzimmerfensters im 1. Stock und träumte vor sich hin.

Heute ist der große Tag! Endlich werde ich achtzehn! Ich frage mich, womit mich meine Eltern überraschen? Sie sagten es würde mein Leben für immer verändern. Vielleicht ist es ja ein Auto! Sie ließ verträumt den Kopf auf die Knie sinken.

Draußen schien die Sonne und die Vögel zwitscherten vergnügt ihr Lied. Der Frühling war wahrlich die schönste Zeit im ganzen Jahr. Und morgen, am 24. März, würde nichts mehr so sein wie heute.

Ihre Eltern bereiteten im Untergeschoss des Hauses alles vor, während Ricci in ihrem Zimmer saß und aus dem Fenster sah.

Plötzlich bemerkte sie jemanden an ihrem Gartenzaun. Es war Johnny, ihr bester Freund seit dem Kindergarten. Er war um ein Jahr älter und gut einen Kopf größer als sie. Johnny trug eine kurze schwarze Hose und dazu ein rot-kariertes Holzfäller Hemd. Am besten gefielen Ricci aber seine weißen Schuhe. Johnny hatte einen seltsamen Geschmack, was Kleidung anging, aber sie fand ihn immer gutaussehend.

Ihre Eltern waren befreundet und deshalb war Johnny ihr so nahe wie der Bruder, den sie nie hatte.

Er betrat den Garten und sah zu ihr hoch. Sein kurzes schokobraunes Haar wehte im Wind und ihr huschte ein Lächeln über die Lippen, als er grüßend die Hand hob. Als Johnny sich auf den Weg zur Eingangstür machte, sprang Ricci freudig auf und rannte zur Tür.

Bevor sie jedoch die Tür öffnete, checkte sie im Spiegel neben der Tür ihr Aussehen.

Sie richtete ihr hüftlanges, rotbraunes Haar, sodass es nicht in alle Richtungen stand. Das Make-Up brauchte sie nicht zu prüfen, da sie fast nie eines trug. Ricci strich ihr lachsfarbenes Top glatt und vergewisserte sich, ob auch alles am richtigen Fleck saß. Zufrieden mit ihrem Aussehen atmete sie noch einmal tief ein und öffnete mit einem strahlenden Gesichtsausdruck die Tür. „Johnny! Schön, dass du hier bist!“

Sie fiel ihm um den Hals und er erwiderte ihre überschwängliche Umarmung. „Hey Ricci, alles Gute zum Geburtstag!“, sagte er fröhlich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Jetzt bist du endlich erwachsen und kannst tun und lassen, was immer du willst.“ Mit einem schiefen Grinsen ließ sie ihn los und machte einen Schritt zurück.

„Komm‘ nicht auf dumme Gedanken! Du weißt doch, ich habe den schwarzen Gürtel!“ Sie sah ihn einen Moment lang ernst an, bevor beide in schallendes Gelächter ausbrachen.

Riccis Mutter trat in die Tür und verschränkte die Arme vor der Brust. „Guten Morgen Johnny. Ziemlich früh‘ dran heute, oder? Die Party fängt schließlich erst in zwei Stunden an.“

Johnny schmunzelte. „Guten Morgen Mrs. Farley. Ich konnte es nicht erwarten Ricci zu sehen, da bin ich einfach hergekommen.“ Er steckte verlegen die Hände in die Hosentaschen.

Sie sah ihn ernst an, doch plötzlich wurde ihr Gesichtsausdruck weich und sie fing an zu lachen. „Das war doch nur Spaß. Außerdem habe ich dir schon tausendmal gesagt du sollst mich Allison nennen.“

Ricci verkniff sich das Lachen, als Johnny rot anlief. Sie fand es süß, wenn er verlegen war. Sie fand ihn überhaupt süß, ganz egal was er gerade machte. Irgendwann würde sie ihn darauf ansprechen, aber vorher würde der Ozean austrocknen, denn sie war unglaublich schüchtern. Außerdem hatte ihr ihr erster Freund Jason das Herz gebrochen, als er sie ausgerechnet mit ihrer damals größten Feindin betrog. Heute waren sie die besten Freundinnen und der Freund zog weg.

„Was steht ihr herum wie angewurzelt, jetzt kommt endlich herein. Johnny, du kannst uns bei den Vorbereitungen helfen und du, Ricci, gehst wieder zurück in dein Zimmer. Schließlich soll das Ganze eine Überraschung werden“, sagte ihre Mutter streng.

Ricci ließ den Kopf hängen und ging hinauf in ihr Zimmer. Warum musste warten auch so langweilig sein? Ricci ging zu ihrem Bett und ließ sich Rücklinks darauf fallen. Kann die Zeit nicht schneller vergehen?

Ungeduldig sah sie auf die Uhr und beobachtete den Sekundenzeiger. Go Uhr, go Uhr!

Ricci hasste es zu warten und da es bis zur Feier noch gute zwei Stunden waren, sank ihre Laune auf den Nullpunkt.

 

- - - - - -

Johnny folgte Allison und staunte nicht schlecht über die Deko. Da Ricci in der Nähe des Waldes wohnte und auch dort ihre Überraschung bekommen sollte, banden sie ihn in die Deko ein.

Allison drückte ihm eine lange Lichterkette in die Hand. „Wärst du bitte so lieb und würdest die um die zwei Baum wickeln?“, fragte sie und deutete auf zwei hohe Tannen.

Sie waren gut und gern sechzig Meter hoch und für einen normalen Menschen niemals zu erklimmen gewesen. Aber er war ja auch kein normaler Mensch. Zwar wäre Johnny jetzt viel lieber bei Ricci gewesen und hätte ihr seine Liebe gestanden, aber ihre Feier sollte perfekt sein.

Er hatte diese Feier schon hinter sich gebracht und wäre froh gewesen, wenn ihm jemand über den Schock, den er erlebt hatte, hinweggetröstet hätte. Ricci würde er auf keinen Fall alleine damit lassen, er wusste wie es war, wenn sich das Leben mit einem Schlag änderte und man, mit dem was man in der Öffentlichkeit sagte, vorsichtig sein musste. Schließlich waren ein paar finstere Typen hinter ihnen her und sie zu treffen oder in irgendeiner nur erdenklichen Weise auf sich aufmerksam zu machen, hätte für ihre Familien das Ende bedeutet.

„Hey, Erde an Johnny! Um Ricci kannst du dich später auch noch kümmern. Aber jetzt gilt es ihr den Tag so schön wie möglich zu machen!“, sagte Riccis Vater, der gerade aus dem Wald zurück kam.

„Tut mir leid, Nikolai. Ich habe mir nur Gedanken darüber gemacht, wie ich reagiert habe, als man es mir erzählte.“

Nikolai legte den Arm um seine Schulter. „Sie wird das schon schaffen, schließlich ist sie meine Tochter“, sagte er voller Enthusiasmus.

Aber was, wenn sie das gar nicht sein möchte? Und sie uns finden?

Nikolai sah ihn mitfühlend an. Das wird schon nicht passieren. Du wirst ihr ein guter Beschützer sein, Johnny, das weiß ich!

Johnnys Miene hellte sich auf und er nickte voller Zuversicht. Mit einem Satz sprang er auf den ersten Ast der Tanne, der gut vier Meter über ihm war. Diese Fähigkeit hatte er am liebsten. Er konnte bis zu sechs Meter hoch springen und das aus dem Stand. Im Uhrzeigersinn sprang er von Ast zu Ast und als er auf der Spitze angekommen war, machte er einen Satz und sprang auf den anderen Baum daneben. Das gleiche nach unten und die Ketten waren angebracht.

Die Bäume sahen jetzt aus wie ein riesiges Tor, das in den Wald führte. Zufrieden stemmte er die Arme in die Hüften und betrachtete sein Werk. ZUFRIEDEN?, fragte er Nikolai per Gedankenübertragung.

Nikolai stellte sich neben ihn und betrachtete alles. „Sehr sogar!“, sagte er zufrieden.

Allison und eine andere, ihm unbekannte Frau, kamen mit einer großen Torte aus dem Haus und ging zum gedeckten Tisch der mitten im Garten stand, um die Torte darauf zu stellen. Als sie sie abgestellte hatte, wischte sich Allison mit dem Handrücken über die Stirn. „Puh, das wäre geschafft! Danke, Nadja“, sagte sie lächelnd zu der Frau, die ihr beim Tragen geholfen hatte. Allison ging auf die beiden Männer zu und betrachtete die Girlanden an den Bäumen. „Gute Arbeit, Johnny. Ricci wird staunen, wenn sie das hier sieht!“ Sie drehte sich zu Nikolai um und gab ihm einen Kuss. „Wie spät ist es eigentlich, Nick?“

Er schaute auf seine Uhr und fuhr sich durchs Haar. „Halb acht!“

Gerade als Allison etwas erwidern wollte, klingelte es an der Haustür. „Ich gehe schon!“, rief Johnny und rannte zur Tür. Als er sie öffnete konnte er seinen Augen nicht trauen. Der Vorgarten war voll mit Riccis Verwandten. „Seid ihr verrückt! Was wenn sie euch bemerkt hat?!“ , zischte er zu dem Mann, der geklingelt hat.

Keine Panik, wir haben aufgepasst.

Los herein mit euch, aber seid leise, Ricci ist oben! Johnny deute mit einem Kopfnicken in Richtung Garten. Als alle im Garten angekommen waren, sah sich Johnny verblüfft um. Wo sind eigentlich eure Autos?

Die haben wir zu Hause gelassen, schließlich sind wir schneller ohne!

Johnny musste lächeln. Er schloss die Tür und sperrte sie ab, da alle Gäste eingetroffen waren, und machte sich auf den Weg zu den andern in den Garten.

Sie staunten nicht schlecht, als sie die Dekoration begutachteten. „Da habt ihr euch aber mächtig ins Zeug gelegt“, sagte Johnnys Vater zu Nikolai Der wiederum grinste zufrieden und sah sich um.

„Habt ihr das Holz beisammen?“, fragte Johnnys Mutter.

Allison und Nikolai nickten.

„Ja und die Bestätigung der Feuerwehr. Alles erledigt, Ann. Sag mal, wie hast du Jeremy dazu gebracht, sich so schick zu machen?“, fragte Allison und zeigte auf Johnnys Vater.

„Ich habe gar nichts gemacht. Das hat er von selbst angezogen“, scherzte sie vergnügt.

Alle fünf fingen zu lachen an.

„Soll ich Ricci holen?“, fragte Johnny aufgeregt. Sie nickten und er rannte sofort nach oben. Er konnte es kaum erwarten. Heute würde er ihr seine Liebe gestehen.

 

- - - - - -

 

Ricci lag auf ihrem Bett und schaute zur Decke. Am liebsten hätte ich jetzt eine Fernbedienung, dann könnte ich nach vorne spulen und müsste nicht noch eineinhalb Stunden im Bett liegen und warten.

Es nervte, im Zimmer bleiben zu müssen. Viel lieber würde sie jetzt mit Johnny die Zeit totschlagen. Was sollte sie die ganze Zeit über bloß machen?

LANGWEILIG! Sie setzte sich auf und ging in das, an ihr Zimmer angebaute Badezimmer. Jetzt mach ich mich erst einmal schön und dann sehen wir weiter. Vor dem Spiegel blieb sie stehen und sah sich genau an. Gut keine Pickel! Das wäre blöd gewesen.

Sie zog sich aus, stieg in die Dusche und schloss die Glastüren. Ricci drehte das Wasser warm auf und wusch sich die Haare. Knapp eine halbe Stunde brachte sie damit zu, so lange konnte auch nur sie brauchen.

Fertig mit dem Haare waschen, stieg sie aus der Dusche und wickelte sich in ein Handtuch ein, um sich abzutrocknen. Der Spiegel war inzwischen angelaufen, aber das war kein Problem. Sie schnappte sich den Föhn, steckte den Stecker in die Steckdose und hielt ihn gegen den Spiegel, damit sie wieder etwas sehen konnte. Ihre langen Haare waren nicht gerade leicht trocken zu kriegen und somit verging wieder eine Viertelstunde.

Ricci ging zum Kleiderschrank und öffnete ihn. Nichts zum Anziehen! Das kann ich nicht sagen.

Riccis Kleiderschrank war begehbar. Zehn Quadratmeter Raum nur für Kleider, Hosen, Tops, T-Shirts, Unterwäsche und natürlich das wichtigste: Schuhe!

Sie suchte sich ein langes und rückenfreies Kleid heraus und zog es an. Es war wunderschön. Dazu ein paar schwarze Riemchensandalen mit einem sechs Zentimeter Absatz und Strass-Steinchen. Heute würde sie ihre Haare offen tragen, schließlich war es ein besonderer Tag.

Das enge Kleid betonte ihre Figur und ließ sie noch erwachsener wirken. Ricci drehte sich einmal um ihre eigene Achse, sodass das Ende des Kleides ein wenig mitschwang. Wunderschön! Sie sah auf die Uhr und fing an sich zu freuen. Gleich geht’s los! Im selben Moment klopfte es an der Tür.

 

- - - - - -

 

„Herein!“, sagte Ricci, immer noch in den Spiegel schauend.

Die Tür öffnete sich und Johnny trat ein. Er riss die Augen auf und sah Ricci von oben bis unten an. „Sexy!“

Ricci verdrehte die Augen. „Lass das, Johnny.“

Er sah sie mit gespielter Unwissenheit an. „Ich weiß nicht was du meinst.“

Ricci sah ihn schief an. „Ja klar. Kann ich jetzt endlich nach unten? Ich halte es hier nicht mehr länger aus!“ Johnny nickte und Ricci rannte an ihm vorbei, die Treppen hinunter und schnurstracks in den Garten. Sie blieb mit offenem Mund in der Tür zum Garten stehen, als sie die ganzen Besucher sah.

„Happy Birthday, Ricci!“, sagten alle im Chor.

Ricci schlug die Hände vor den Mund. „WOW! Ist das cool!“

Sie rannte in die Menge, sah sich die Dekoration an und begrüßte jeden. Alle aus der Familie waren gekommen, egal wie weit entfernt sie mit Ricci verwandt waren. Die Feier war ein voller Erfolg, Ricci hatte eine Menge Spaß und lernte endlich alle kennen.

Als sie fertig waren und die Torte aufgegessen war, stellte sich Nikolai in die Mitte und alle bildeten um ihn einen Kreis „Meine Freunde!“, er breitete die Arme aus, „heute ist der große Tag meiner Tochter Ricci…“

Als alle Ricci ansahen, wurde sie rot. Was jetzt wohl kommt? Mein Auto habe ich schon bekommen.

„…heute ist sie endlich achtzehn!“

Alle fingen an zu klatschen.

„Ihr wisst was das heißt?“, es folgte eine kleine Pause in der alle Anwesenden nickten, „Genau heute wird sie aufgenommen!“

Ricci sah ihren Vater verwirrt und zugleich verblüfft an. WAS?! Wo aufgenommen? Weil ich heute achtzehn werde? Ich hab ein ungutes Gefühl bei der Sache.

„Ricci, heute wirst du ein volles Mitglied unserer Familie!“

HÄ?! Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr?

Nikolai ging zu Ricci und zog sie mit sich in den Wald. Alle anderen folgten ihnen und Ricci drehte sich um und sah dann wieder zu ihrem Vater.

„Paps, was soll das? Von was redest du da die ganze Zeit?“, flüsterte sie ihm zu.

„Warts nur ab, außerdem brauchst du nicht zu flüstern, die anderen hören dich auch so.“

Ricci drehte sich verwirrt zu Johnny um, der direkt hinter ihr ging. Als sie ihn fragend ansah, zuckte er nur mit den Schultern.

Sie gingen zu einem riesigen Turm aus Baumstämmen.

Ricci sah ihren Vater fragend an, der aber schaute stur geradeaus.

Nikolai stellte sich vor das Feuer und stellte Ricci vor sich hin. „Meine Tochter, heute wirst du in das Rudel der Silberwölfe aufgenommen.“

Sie sah ihn verwundert an. „Was meinst du?“

„DU, meine süße, unschuldige Tochter, bist ein Werwolf. Zumindest wirst du es ab heute Nacht sein.“

Ricci machte einen Schritt zurück und zuckte zusammen, als alle um sie herum zu heulen anfingen. Sie drehte sich zu ihnen um und sah wie ihre Augen silbern zu leuchten anfingen. Schutzsuchend stellte sie sich zu ihrem Vater, als alle anfingen sich in Wölfe, mit einer Schulterhöhe von eins fünfzig zu verwandeln.

Johnny und ihr Vater waren die einzigen, die normale Menschen blieben.

Sie drehte sich zu ihrem Vater um und sah wie seine Augen als einzige anfingen golden zu leuchten. „Verdammte scheiße! Was läuft hier?!“, schrie Ricci und sah Johnny verzweifelt an.

Er jedoch stand nur reglos da und beobachtete sie. Was hätte er denn auch machen sollen? Sie würde verwandelt werden, komme was wolle. Ihr Gesicht war vor Angst verzerrt. So hilflos, so allein, so verlassen und ängstlich. Am liebsten hätte er sie in den Arm genommen und getröstet, aber er durfte die Zeremonie nicht unterbrechen. Das würde mit Hochverrat gleichgesetzt werden, also dem Tod durch das Rudel.

Ricci sah ihren Vater ängstlich an und flehte ihn an: „Bitte, bitte was wisst du von mir?! Ich habe immer alles getan was ihr von mir wolltet! Wieso tut ihr mir das an?!“

„Hab keine Angst, meine kleine, es tut nur ganz kurz weh, versprochen“, sagte Nikolai mit sanfter Stimme.

Ricci riss die Augen auf, als Nikolai sie biss. Sie schrie auf, plötzlich wurde ihr schwarz vor Augen und sie fiel in Ohnmacht.

 

Als Ricci die Augen wieder öffnete, lag sie am Boden und ihre Glieder schmerzten. Vor ihr stand ein hellbrauner Wolf der sie mit großen silbernen Augen ansah.

Ricci, geht es dir gut?

Sie wollte aufstehen, aber sie schaffte es nicht, als sie auf ihre Hände sehen wollte, bemerkte sie, dass sie Pfoten hatte. Was?

Hey keine Panik, Ricci! Du wirst dich daran gewöhnen.

Sie erkannte diese Stimme, konnte sie aber nicht zuordnen. Plötzlich fiel es ihr wie ein Schleier von den Augen. Johnny? Bist du das? Was ist mit mir geschehen?!

Beruhig dich erst einmal, dann erkläre ich dir alles.

Ricci richtete sich auf und versuchte so gut es ging eine Pfote vor die andere zu setzten. Dauert es lange, bis ich das gehen beherrsche?

Johnny schüttelte den Kopf. Dein Vater hatte recht, du bist etwas ganz besonderes.

Ricci sah ihn verwirrt an. Wie bitte?

Weißt du, die Silberwölfe wurden nach ihrem ersten Rudelführer benannt. Er hieß Jean und sein Fell glänzte wie pures Silber. Ursprünglich kam er aus Frankreich, wie der Name schon sagt. Er hatte sich hier mit seiner Familie niedergelassen und gründete das bis heute größte existierende Rudel. Die Silberwölfe.

Und was hat das mit mir zu tun, Johnny?

Dein Fell hat ganz genau die gleiche Farbe.

Ricci sah sich an, so gut sie konnte. Ihr Fell glänzte tatsächlich silbern mit einem weißen Stich. WOW!

Johnny nickte zustimmend. Außerdem beherrschte er die Fähigkeit, die Gedanken unserer Feinde lesen konnte und …

Moment mal!, unterbrach ich ihn, „soll das heißen, dass wir Feinde haben?“

Johnny nickte. Eigentlich hatte er gedacht, dass Nikolai es ihr erzählen würde, aber während Ricci bewusstlos war, bat er ihn es ihr es zu erzählen, während er mit dem Rudel auf Jagd ging. Aber jetzt hatte er Angst, dass sie sauer auf ihn sein würde. Nun ja, hast du noch nie von Vampiren gehört?

Doch! Aber ich dachte, dass ein Werwolfbiss einen Vampir umbringt.

Tut er auch, aber du musst ihn erst einmal beißen und das ist nicht gerade einfach. Und hinter uns sind drei ziemlich gefährliche Vampire her. Sie waren vor ihrer Verwandlung mit Jean befreundet, aber als sie zu Vampiren wurden, mussten sie ihn töten. Caligola, der Anführer der Truppe, tat alles was in seiner Macht stand, um ihn zu beschützen. So kam Jean auch hierher. Aber als einer von unserem Rudel seinen Freund umbrachte, war es vorbei mit dem Frieden. Und jetzt ist es sein Ziel, die letzten Werwölfe umzubringen.

Kann man denn keinen Waffenstillstand aushandeln? Warum wollen sie uns überhaupt vernichten?

Weil wir die einzige Bedrohung für die Vampire sind und eine zu große Gruppe. Sie meinen, dass wir uns zusammen tun können und sie dann überfallen.

Ricci fand es schade, sie hätte am liebsten einen von ihnen kennengelernt. Vampire und Werwölfe hatten sie schon immer interessiert.

Komm wir suchen die anderen. Johnny ging voraus in den Wald und Ricci folgte ihm. Nach ungefähr fünfhundert Metern fanden sie das Rudel. Sie hatten gerade eine Herde Rehe erlegt.

Ricci wurde schlecht als sie die Rehkadaver sah. Muss ich das jetzt essen?

Johnny schüttelte den Kopf. Nein, das musst du nicht, aber irgendwann wirst du nichts Anderes bekommen und dann wirst du froh sein, wenn du überhaupt etwas erlegst.

Ricci schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und folgte Johnny zu den anderen. Sie hoben den Kopf, als Ricci sich näherte. Ricci konnte die Gedanken der andern Mitglieder hören.

Sehe ich richtig?!

Unglaublich!

Es stimm also doch!

Jeans Nachfahrin!

Wunderschön!

Ricci fühlte sich geschmeichelt und gleichzeitig unwohl. Noch nie stand sie im Mittelpunkt eines ganzen Rudels. Außerdem hasste sie es, wenn alle auf sie starrten.

Nikolai hob den Kopf und näherte sich Ricci. Als er vor ihr stand, kroch in Ricci die Wut hoch, aber sie versuchte es nicht zu zeigen.

Nikolai sah auf sie herab und knurrte sie an.

Ricci knurrte zurück: Was soll das! Warum knurrst du mich an!?

Du solltest niederknien, er ist der Anführer, ermahnte Johnny sie.

Doch Ricci machte einen Schritt auf ihren Vater zu Du hättest mir wenigstens sagen können, was mich erwartet! Warum hast du das überhaupt getan?!

Weil du dein Vermächtnis antreten musst! Und jetzt knie nieder.

Ricci schüttelte ungläubig den Kopf.

Nikolai fing an zu knurren und stellte das Nackenfell auf. Knie nieder!

Ricci sah ihn an, drehte sich um und lief in den Wald.

Nikolai blickte ihr wütend und verletzt hinterher. Johnny kümmere dich bitte um sie.

Johnny nickte und rannte Ricci hinterher.

 

- - - - - -

 

Was bilden die sich ein? Glauben die wirklich ich würde mich so einfach geschlagen geben?! Nein, niemand verwandelt mich in einen Werwolf und befiehlt mir dann, mich zu unterwerfen! Ricci rannte immer weiter in den Wald hinein. Sie kannte ihn in und auswendig, da sie als Kind hier immer mit Johnny verstecken gespielt hatte.

Nach einer Weile kam sie zu ihrer Lieblings Lichtung.

Sie bestand aus einem Feld voller Wildblumen. Ricci verlangsamte ihr Tempo, blieb mitten auf dem Feld stehen und schaute in den Himmel. Was haben die mir nur angetan? Unbewusst verwandelte sie sich zurück, legte sich in die Wiese und schaute in die Sterne. So hatte ich mir den heutigen Tag allerdings nicht vorgestellt.

Im Moment war ihr das alles zu kompliziert. Sie konnte sich nicht verwandeln, wann sie wollte und unterordnen ließ sie sich auch nicht gerne. Auf der andern Seite des Feldes erweckte etwas ihre Aufmerksamkeit. Ricci setzte sich auf und schaute in Richtung der Fichten am anderen Ende.

Ricci sah ungläubig in die Richtung der Gestalt, die zwischen den Bäumen auftauchte und ein übler Geruch von Tod stieg ihr in die Nase. Hier riecht es nach Tod! Plötzlich stand die Gestalt vor ihr und sie konnte ihn deutlich erkennen. Es war ein Mann Anfang dreißig, mit kurzem, blondem Haar und er hatte einen schwarzen Mantel an, der ihm bis zu den Knien reichte.

Eindeutig ein Vampir!

Der Mann lachte. „Richtig geraten, und du bist deinem Gestank nach ein Werwolf!“, sagte er und rümpfte die Nase.

Ricci stand auf und machte einen Schritt zurück. Plötzlich stand er hinter ihr und hatte seinen Mund gefährlich nahe an ihrem Hals.

„Du willst doch wohl nicht weglaufen, Süße?“

Ricci bekam Gänsehaut und fing an zu zittern.

„Oh, was ist denn? Kalt?“, fragte er sarkastisch. Er legte ihr seinen Arm um die Taille, um Ricci daran zu hindern abzuhauen. „Weißt du eigentlich wer ich bin?“, fragte der Fremde.

Sie schüttelte den Kopf und versuchte sich zu befreien, aber der Griff des Vampires war stahlhart.

„Sehr gesprächig bist du aber nicht, Süße?“

„Hör auf mich Süße zu nennen, ich habe einen Namen!“, fauchte sie ihn an.

Er legte seinen Kopf auf ihre Schulter und flüsterte, eiskalt: „Pass auf wen du hier verärgerst!“, knurrte er. „Wie alt bist du eigentlich?“

„ERST DU! Wie heißt du?“

Der fremde fing an zu grinsen und Ricci konnte seinen Atem auf ihrem Hals spüren. „Ich meine Liebe, heiße Louis!“

Ricci riss die Augen auf und wehrte sich mit aller Kraft, aber sie war zu schwach, um gegen ihn zu gewinnen.

„Und du?“

„Ich heiße Ricci und bin heute achtzehn geworden.“

„Aah, süße achtzehn. Ich mache dir ein Geschenk. Du sagst mir wo die anderen sind und ich lasse dich laufen. Na wie wäre es?“

Ricci wehrte sich heftig, als Louis seinen Mund auf ihren Hals legte. Louis ließ sie los und Ricci drehte sich blitzschnell um.

„Überlege es dir gut, du hast nur eine Chance“, verhöhnte er sie.

„Ich werde dir niemals sagen wo sich das Rudel befindet! Hörst du, NIEMALS!“ Ricci drehte sich um und verwandelte sich im Sprung in einen Wolf. Sie entkam Louis´ Händen nur knapp. Er landete, beim Versuch sie zu schnappen im Gras und Ricci rannte so schnell sie konnte wieder in den Wald. Mit dem einzigen unterschied, dass sie ihn vom Rudel weglockte. Immer tiefer rannte sie in den Wald.

Ricci, wo willst du hin?, hörte sie Johnny besorgt fragen.

Johnny! Bleib weg von mir! Die Vampire sind hier, lauf zum Rudel und warne sie!

Ich kann dich nicht alleine lassen! Sie werden dich töten!

Hör zu, ich habe euch das eingebrockt, weil ich so dumm war und weggelaufen bin. Ich möchte nicht dafür verantwortlich sein, dass die Vampire euch entdecken. Ich komme zurück, versprochen!

Aber… Ok, aber pass auf dich auf!

Mache ich, sandte sie ihm zurück. Ricci lief immer weiter, aber sie konnte spüren, dass Louis ihr auf den Fersen war.

 

- - - - - -

 

Louis wischte sich während des Laufens die Grasfetzten weg, welche vom hinfallen hängengeblieben waren. Mist! Schönes, neues, weißes Hemd! Dabei habe ich es gerade erst von der Reinigung zurückbekommen! Er konnte sie riechen, sie war in der Nähe.

Wie konnte sie ihm nur entwichen? Keiner war schneller als er, und schon gar kein verlauster Fellteppich.

Er konnte Werwölfe nicht ausstehen. Dieses Mädchen allerding war etwas Besonderes. Sie sah Jean zum Verwechseln ähnlich, als Wolf natürlich. Hoffentlich hat sie nicht die gleichen Fähigkeiten wie Jean. Das könnte unschön werden und Gedankenleser kann ich jetzt überhaupt nicht gebrauchen!

Als er sie angesehen hatte, überkam ihn ein eigenartiges Gefühl, allerdings konnte er es nirgends zuordnen. Wie denn auch, er hatte seine Gefühle vor Jahren abgeschaltet, vor Jahrhunderten sogar. Damals als einer von ihnen sie umbrachte. Allein der Gedanke daran machte ihn wütend.

Louis beschleunigte sein Tempo und versuchte dieses Mädchen aufzuspüren.

Wie hieß sie doch gleich? Ricci? Ja genau, das war es. Warte nur bis ich dich gefunden habe, dann wirst du dich ärgern, weil du mein Angebot nicht angenommen hast!

Wütend machte er sich darauf sie zu finden. Niemand entkam ihm. Er würde nicht versagen, schließlich wurde dieses Mädchen gerade erst verwandelt. Es wunderte ihn, dass sie die Verwandlung in einen Wolf so schnell beherrschte.

Louis nahm die Witterung auf und konnte förmlich spüren, wie sie versuchte das Tempo beizubehalten.

Er kam ihr immer näher, bis er sie schließlich auf einer Lichtung erblickte. Sie hatte angehalten, um zu schauen ob er noch hinter ihr her war. Jetzt hab ich dich!

Als sie weglaufen wollte, legte er noch einen Zahn zu und erwischte sie am Nackenfell.

Sie zappelte herum, jaulte auf und biss um sich, aber das alles half nichts, er würde keine Gnade walten lassen. Nicht bei diesem Wolf.


Kapitel 2

 

 

Ricci schrie auf als Louis sie im Genick packte und hochhob. Sie versuchte ihn zu beißen, aber er wich ihren Angriffen immer aus.

Das durfte nicht ihr Ende sein. Nicht heute. Nicht an ihrem achtzehnten Geburtstag. Sie hatte noch das ganze Leben vor sich.

Louis wusste, dass sie keine Chance gegen ihn hatte, aber ihr Überlebenswillen beeindruckte ihn trotzdem.

Ricci wehrte sich so gut es ging, aber das alles half nichts.

Sie durfte sich nicht in einen Menschen verwandeln, denn genau darauf wartete er.

Louis riss einmal die Hand hoch, sodass Ricci aufheulte.

Lass das! Bitte! Wieso tust du das überhaupt? Wir sind doch sowieso die Letzen unserer Art, also lasst uns doch einfach in Ruhe!

Louis lachte auf. „Ich weiß, dass ihr die letzten seid. Wer glaubst du hat euch so dezimiert, hm?“

Ricci hörte auf zu zappeln, da sie erstens keine Kraft mehr hatte und zweitens konnte sie nicht glauben, was dieser Vampir da gerade gesagt hatte.

Louis ließ sie los und mit einem plumps, landete sie am Boden. Er schaute von oben auf sie herab.

Ricci verwandelte sich zurück, obwohl sie das gar nicht wollte. Als Mensch war sie sogar noch erschöpfter. Sie atmete schnell und heftig ein und aus, da sie endlich wieder normal Luft bekam. Entsetzt sah sie Louis an. „Warum hast du das getan?“, fuhr sie ihn an.

Louis hatte sie so schnell am Hals gepackt und hochgehoben, dass Ricci nicht wusste was mit ihr geschah.

„Weil deine Spezies Sie umgebracht hat!“

„Du verurteilst meine Rasse wegen ein paar verrückten Wölfen, die deine Freundin umgebracht haben?“

„SIE war nicht bloß eine Freundin! Alira war meine Gefährtin!“

Ricci riss die Augen auf. Plötzlich ergab das alles einen Sinn. Sie hatte schon viele Bücher über Vampire gelesen, deswegen wusste sie was eine Gefährtin war und jeder Vampir hatte nur eine. Selten hatten sie das Glück eine andere zu finden, wenn die erste starb. Und dieser hier hatte seine verloren. Sie umklammerte seinen Arm, in der Hoffnung er würde sie loslassen, wenn sie ihn nur fest genug zusammendrückte.

 

- - - - - -

 

Louis sah ihr in die Augen und ihn überkam wieder dieses eigenartige Gefühl. Wenn er nur wüsste was es zu bedeuten hatte.

Dieses Mädchen war eigentlich richtig hübsch. Ihr langes rotbraunes Haar, flog im Wind in alle Richtungen.

Er ließ etwas lockerer und betrachtete sie ausgiebig. Sie hatte irgendetwas an sich. Etwas Wunderschönes und zugleich Gefährliches. Aber genau das gefiel ihm. Er wollte sie gerade loslassen, da griff sie nach seinem Arm und drückte so fest zu, dass es schmerzte. „Wenn du noch länger leben möchtest, solltest du das Unterlassen!“, fauchte er sie mit gebleckten Zähnen an.

Ricci nahm die Hände weg und ließ alles locker.

„Hör mir zu, ich lasse dich jetzt los, aber wenn du versuchen solltest wegzurennen, dann dreh ich dir den Hals um! Du hättest sowieso nicht genug Kraft, um gegen mich zu kämpfen.“

Ricci nickte, soweit es der Arm an ihrer Kehle zuließ.

Louis setzte sie vorsichtig am Boden ab und als Ricci den Boden berührte, sank sie sofort auf die Knie und fasste sich mit beiden Händen an den Hals.

„Also, wie sieht´s aus, nimmst du mein Angebot an, oder stirbst du lieber?“

Nachdem Ricci wieder Luft bekam, stand sie auf und schaute ihm fest in die Augen. Hätte er nicht so gefährlich dreingeschaut und wäre dies eine andere Situation gewesen, dann würde sie ihn richtig attraktiv finden. Sein zerzaustes blondes Haar und seine endlos bauen Augen, machten sicherlich jede Frau schwach. Sie schüttelte den Kopf, um diesen Gedanken loszuwerden. Ricci konzentrier dich!

„Genau Ricci, konzentrier dich“, wiederholte er.

Sie hatte ganz vergessen, dass dieser Vampir ihre Gedanken lesen konnte, aber als sie sich wieder unter Kontrolle hatte, sagte sei ganz bestimmt: „Nein! Und damit basta!“

Louis zuckte mit den Schultern. „Wenn du unbedingt sterben willst…“ Er packte Ricci an den Schultern und drückte sie gegen den nächstbesten Baum.

Ricci wusste einen Moment nicht was er vorhatte, aber als er seine Fänge aufblitzen lies und sich zu ihr beugte, war ihr alles klar. Was soll ich machen? Ich kann ihm unmöglich erzählen, wo sich das Rudel aufhält, aber ich möchte auch nicht sterben. Ich habe mein ganzes Leben noch vor mir! Was soll ich tun?

Als Louis ihre Gedanken las, tat sie ihm irgendwie leid. Aber warum? Es hatte ihm nie leidgetan, wenn er einen Werwolf oder eine Werwölfin umbrachte. Nicht einmal Kinder oder Schwangere. Aber diese machte ihn stutzig.

Er legte seinen Mund an ihre Kehle und rieb mit den Fängen über ihre Halsschlagader ohne sie dabei zu verletzten. Es wunderte ihn, dass sie nicht einmal anfing zu betteln oder irgendwelche anderen Lösungen vorschlug, wie die andern die er umgebracht hatte.

Ricci zuckte zusammen, als Louis immer und immer wieder mit den Fängen über ihre Halsschlagader fuhr. Es kam ihr fast so vor, als ob er nachdenken würde. Als er den Kopf anhob, öffnete sie ihre Augen, die sie zuvor geschlossen hatte. Louis sah nachdenklich aus.

Was soll ich bloß mit dir machen? Du willst nicht sterben, aber deine Familie würdest du auch nie verraten. Ich habe eigentlich keinen Grund dich am Leben zu lassen, aber deine Wirkung auf mich fasziniert mich.

Ricci kniff die Augenbrauen zusammen. „Welche Wirkung? Und warum kann ich deine Gedanken lesen?“

Louis riss die Augen auf. Es konnte nicht sein, dass dieses Mädchen seine Gedanken lesen konnte. Wie war das möglich? „Du kannst meine Gedanken lesen?“, fragte er sie verwirrt.

Ricci wusste nicht wie sie reagieren sollte, also fing sie an zu nicken. „Man hat mir erzählt, dass dies das Vermächtnis von meinem Urahn sei. Du kanntest ihn vielleicht, er heiß …“ Weiter kam sie nicht, da wurde sie von Louis unterbrochen.

„Jean.“

„Genau! Du kennst ihn also doch!“

Louis blickte irritiert zu Boden. Das konnte nicht sein. Sie durfte nicht mit ihm verwandt sein. Er machte einen Schritt zurück. „Geh und komm mir nie wieder unter die Augen“, sagte er, ruhiger als er eigentlich war.

Ricci sah ihn fragend an. „Soll das jetzt ein Scherz sein? Du lässt mich einfach so gehen? Wo ist da der Haken?“

„Es gibt keinen. Und jetzt geh, bevor ich es mir anders überlegen!“

„Achso! Du willst, dass ich weglaufe und dich somit zu meinem Rudel führe! Nein, ganz sicher nicht!“ Ricci sah ihn misstrauisch an und machte einen Schritt auf ihn zu. „Warum jetzt auf einmal?“, fragte sie ihn.

„Das geht dich nichts an und jetzt hau ab.“ Louis verstand dieses Mädchen einfach nicht. Er ließ sie laufen und sie weigerte sich zu gehen. Wölfe waren eicht eigenartige Wesen.

„Hat es etwas damit zu tun, dass ich mit Jean verwandt bin?!“ Als Louis ihr keine Antwort gab, wusste sie es. „Also doch!“

Louis riss der Geduldsfaden. Er drückte sie wieder gegen den Baum und sah ihr in die Augen. „Hör zu, dich geht es einen feuchten Dreck an, was mein Grund dafür ist! Sei lieber froh darüber, dass du gehen darfst!“

Ricci stand wie angewurzelt da und schaute ihn ängstlich an. Als Louis sich umdrehte und ging blieb sie noch immer stehen. „Du warst befreundet, oder?“, fragte sie leise. Obwohl er schon weiter weg war, konnte er sie hören und blieb stehen. Ricci schaute ihn an, als er stehen blieb und sich zu ihr wandte.

„Ja“, sagte er fast ohne Stimme.

„Es tut mir leid wegen Alira. Ich wünschte das wäre nie passiert.“

„Spar dir dein Mitleid auf, für jemanden, dem es nicht egal ist“, sagte er und ging.

Ricci stand noch fünf Minuten da und verarbeite all diese Informationen. Als sie etwas hörte drehte sie sich um und bemerkte, dass Nikolai einen Meter von ihr entfernt stand.

„Es tut mir leid“, sagte er.

Ricci lief zu ihm und fiel ihrem Vater um den Hals. „Schon ok, Paps. Lass uns nach Hause gehen, bitte.“ Ricci machte einen Schritt zurück und reichte ihm ihre Hand. Er ergriff sie und sie gingen nach Hause. Ricci drehte sich noch einmal um und suchte vergeblich nach Louis. Was hat er zu verbergen?

Sie musste ihn unbedingt fragen, was es mit Jean auf sich hatte und irgendetwas sagte ihr, dass sie das noch früh genug herausfinden würde.

 

- - - - - - -

 

Louis ging in den Wald und zerbrach sich den Kopf über dieses Mädchen. Sie faszinierte ihn. Vielleicht hätte er sie doch umbringen sollen, aber er hatte Jean versprochen, seiner Familie nie etwas anzutun. Und Louis hielt seine Versprechen. Er ging einen Trampelpfad entlang, bis er zu einer Höhle kam.

Zwei Männer kamen ihm entgegen. Einer hatte rote und der andere dunkelbraune Haare. „Und, schon etwas über die Wölfe herausgefunden?“, fragte der mit den braunen Haaren.

„Nein“, log Louis.

„Sag mal Garoux, kommt es mir nur so vor, oder belügt uns Louis?“, sagte der braunhaarige zum rothaarigen.

Garoux trat vor und setzte sich neben Louis auf den Stein. „Du siehst traurig aus, alter Freund. Was ist passiert?“

Louis hob den Kopf.

„Ich bin nicht traurig!“, fuhr Louis ihn an.

„Aber nachdenklich“, sagte der braunhaarige.

Louis sah ihn nicht an.

„Laroux, wir sollten ihn für heute in Ruhe lassen, denke ich“, meinte Garoux. Er legte ihm den Arm um die Schulter. „Wir gehen jagen, wenn du wieder klar denken kannst, lass es uns wissen“, sagte er und verließ mit Laroux die Höhle.

Louis stützte den Kopf auf die Hände und atmete aus. Warum geht mir dieses Mädchen nicht mehr aus dem Kopf? Vor seinem geistigen Auge tauchte ihr Bild auf. Ihr rotbraunes Haar, ihre zierliche Gestalt und ihre roten Lippen. Er schallte sich eine, als er an sie dachte.

Er hatte noch nie so für jemanden empfunden. Außer … für Alira. Aber dieses Mädchen konnte nicht seine Gefährtin sein. Sie war ein Werwolf und außerdem war sie erst achtzehn, wobei ihr Alter das kleinste Hindernis war. Wieso ging sie ihm nicht mehr aus dem Kopf? Wie sie vor ihm stand. Hilflos. Ängstlich. Verletzlich. Und doch so stark. Er musste sie aus seinen Gedanken entfernen, schließlich war es sein Auftrag das Rudel der Silberwölfe auszulöschen. Ihr Rudel. Sie konnte gar nicht seine Gefährtin sein, schon allein vom Gesetz her. Vampiren und Werwölfen war es strikt verboten miteinander zu schlafen. Die Strafe dafür war der Tod.

All das half nichts, er musste sie wieder sehen, egal wie.

Seine Entschlossenheit wurde jäh unterbrochen, als der Hunger sich meldete. Jetzt werde ich erst einmal jagen, danach kann ich mir immer noch den Kopf über sie zerbrechen. Er stand auf und verließ die Höhle.

Es dauerte nicht lange, da hatte er Laroux und Garoux gefunden. Sie hatten jeweils einen Menschen neben sich. Natürlich waren diese hypnotisiert. Laroux hob den Kopf und ließ den Mann los, den er gerade gebissen hatte. „Louis, hätte ich gewusst, dass du so schnell hier bist, hätten wir dir einen Aufgehoben!“

Louis winkte ab. „Na danke, ich gehen lieber mein eigenes Essen fangen. Schließlich muss ich schneller werden.“

Garoux ließ den Typen den er hatte ebenfalls los. „Willst du damit sagen, jemand war schneller als du?“, fragte er Louis ungläubig. Als dieser nickte sahen sich Laroux und Garoux perplex an. „Ich wusste gar nicht, dass das möglich ist!“, bemerkte Laroux.

„Lassen wir das Thema ruhen, ich brauche jetzt erst einmal etwas zu essen“, sagten Louis. Er ging mit den beiden zu einem Klub und sie holten sich dort etwas zu trinken.

 

- - - - - -

 

Als Ricci und Nikolai im Garten ankamen, wurden sie schon von ungeduldigen Verwandten empfangen.

Allison rannte auf Ricci zu und umarmte sie überschwänglich. „Gott sei Dank es geht dir gut! Kind, weiß du was für Sorgen wir uns um dich gemachte haben!“

„Aber ich bin ja wieder da“, sagte Ricci.

„Du bist so leichtsinnig! Hier laufen Vampire herum, einer davon hätte dich töten können!“, sagte Allison.

„Nun, eigentlich ist das sogar passiert, aber sie hat ihm standgehalten!“, sagte Nikolai. Er sah Ricci stolz an. „Aber du hast du uns alle gerettet, indem du diesem Vampir standgehalten hast! Ich weiß nicht ob ich wütend oder stolz auf dich sein sollte?“

Ricci lächelte beide an und ging dann zu Johnny, der hinter ihrer Mutter stand. Sie umarmte ihn. „Danke!“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Johnny erwiderte ihre Umarmung, glücklich darüber, dass sie noch lebte. „Aber mach so etwas nie wieder, verstanden!“

„Ja.“ Sie drehte sich zu den anderen um, „Wenn es euch nichts ausmacht, dann gehe ich jetzt schlafen“, sagte Ricci und ging in ihr Zimmer. Sie zog sich um und legte sich schlafen.

 

- - - - - - -

 

Ricci wachte auf und streckte sich.

Der gestrige Tag hatte es in sich gehabt. Erst hatte sie erfahren, dass sie ein Werwolf war und dann wurde sie von einem Vampir angefallen.

Sie fasste sich an den Kopf. WOW! So viel ist mir noch nie an einem einzigen Tag passiert.

Als ihr Magen knurrte, stand sie auf, zog sich an und ging in die Küche um etwas zu Frühstücken. Sie machte sich ein Wurstbrot und eine Tasse Tee.

Gerade, als sie mit dem Frühstück fertig war und alles weggeräumt hatte, kam Johnny in die Küche. „Morgen. Gut geschlafen?“, fragte er sie.

Ricci nickte und ging auf ihn zu und umarmte ihn. „Mann Johnny, der gestrige Tag war hart, aber ich hab ja dich, nicht?“, sagte sie glücklich und legte ihren Kopf auf seine Schulter.

Er entfernte sich einen Schritt von ihr, ließ sie jedoch nicht los, sondern hielt ihre Hände. Ricci sah ihn verwirrt an. „Ich muss dir etwas sagen, aber unter vier Augen.“ Ricci nickte und Johnny zog sie mit sich hinauf zu ihrem Zimmer. Er schloss die Tür hinter sich und schaute ihr in die Augen.

„Was ist los?“, fragte sie ihn verwirrt.

„Nun ja… ich wollte dir das eigentlich schon die ganze Zeit sagen, aber ich habe mich nicht getraut. Zum Punkt: Ich wollte dir sagen, dass ich…“ Mitten im Satz brach er ab und schlug sich mit der Hand auf die Stirn.

„Beruhige dich“, sagte Ricci sanft.

Johnny atmete tief ein. „Ich wollte dir nur sagen, dass du für mich die beste Freundin bist die ich je hatte, aber ich wünsche mir… wie soll ich das sagen? …mehr.“

„Johnny, ich verstehe nicht, was du meinst.“

Er streichelte ihre Wange. „Ich habe mich in dich verliebt.“

Kaum hatte er das gesagt, wurde Riccis Gesicht schneeweiß. In Johnny kroch die Panik hoch. „Ähm Ricci, es wäre schön, wenn du etwas sagen würdest. Ich komme mir nämlich etwas dämlich vor“, sagte er unsicher.

Ricci blieb immer noch wie angewurzelt stehen.

Johnny folgte ihrem Blick und erkannte, warum sie so bleich geworden war. Er rannte zum Fenster und starrte ungläubig hinaus. „Scheiße, wie haben die uns so schnell gefunden!“

Im Garten tummelten sich gut hundert Werwölfe und jede Menge Vampire. Sie kämpften mit aller Kraft, aber die Vampire waren leider schneller.

Ricci stürmte zum Fenster und schlug die Hände vor den Mund. Johnny zog sie mit sich hinunter und bedeutete ihr still zu sein.

Wir können sie nicht sterben lassen! Wir müssen ihnen helfen. Johnny das sind unsere Eltern!

Sie wussten, dass das irgendwann geschehen würde, wir haben allerdings nicht gerechnet, dass es so schnell passiert.

Heißt das, du willst nichts unternehmen!?

Johnny sah sie traurig an. Unsere Eltern hatten abgemacht, dass ich in so einem Fall mit dir verschwinden soll.

Ricci kniff wütend die Augen zusammen. Ich bin enttäuscht von dir Johnny. Ricci sprang auf und rannte aus dem Zimmer, die Stiegen hinunter du in den Garten hinaus. Johnny folgte ihr und versuchte sie zurückzubringen, aber sie war stärker als er, viel stärker.

Ricci verwandelte sich im Sprung in einen Wolf und stürzte sich auf den ersten Vampir, der ihr in die Quere kam.

Johnny tat es ihr gleich und schnappte sich einen Vampir der gerade Nikolai von hinten anspringen wollte.

Ricci riss den Vampir vor ihr in Stücke und stürzte sich auf den nächsten. Als sie ihre Mutter und drei weitere Wölfe sah, die von Vampiren umzingelt waren, sah sprang sie in die Mitte und fletschte die Zähne.

Der Vampir der direkt vor ihr stand, eine blonde Frau, die bei ihrer Verwandlung nicht älter als dreiundzwanzig gewesen sein konnte, erschrak und fiel hin.

Ricci fing innerlich zu lachen an, als die andern Vampire langsam vor ihr zurückwichen. Na was ist! Habt ihr Angst? Ihr seht aus als hättet ihr einen Geist gesehen!

Die Vampirin sah den Mann neben ihr an und starrte dann ungläubig wieder auf Ricci. Das kann nicht sein! Jean ist tot! Er starb bei dem Versuch sein Rudel zu beschützen!, sagte sie zu dem andern. Sie schauten Ricci noch einmal an und verschwanden dann.

Ricci stürzte sich auf den Vampir, der ihr am nächsten stand und biss ihm in den Hals. Der Vampir schrie auf und rannte davon. Ricci ließ ihn laufen. Lange würde er sowieso nicht mehr leben. Das Gift wird sich in seinem Körper ausbreiten und seine Organe langsam zerfressen. Es sei denn, sie hatten ein Gegenmittel, was sie nicht gerade hoffte.

Die Vampire verzogen sich und hinterließen ein Schlachtfeld. In dem vorher so schön hergerichteten Garten, lagen nun jede Menge Leichen. Vampire und Werwölfe.

Nikolai und die anderen überlebenden suchte die noch lebenden Werwölfe und kümmerten sich um sie.

„Der hier lebt noch!“, rief einer und zeigte auf einen Vampir.

„Bring ihn um!“, schrie mein Vater.

Gerade als er sich hinunter beugte und dem Vampir das Herz reißen wollte, schrie Ricci: „Halt warte!“

Der Werwolf sah sie an und wartete auf die Reaktion ihres Vaters.

„Was soll das? Ricci, das ist ein Vampir, sie wollten uns töten!“, fauchte er sie an.

„Aber wir sind nicht wie sie! Wenn wir sie töten, wird das nur zu noch mehr bösem Blut führen! Lasst sie leben, ich habe eine Idee!“

Der Mann sah Nikolai fragend an, während dieser überlegte. „Gut, aber wenn sie irgendeinen Blödsinn machen sind sie tot!“

Ricci nickte und lief zu dem verletzten Vampir. Es war ein Mann Mitte zwanzig. Er hatte einen schlimmen Biss abgekriegt und würde nicht mehr lange zu leben haben.

„Was soll das? Willst du uns quälen? Du wirst aus uns nichts herauskriegen!“, krächzte er.

Ricci lächelte. „Nein, das habe ich auch nicht vor. Ich möchte ein Treffen vereinbaren.“

„Warum?“

„Ich möchte diesen Krieg beenden. Es ist schrecklich mit anzusehen, wie Vampire und Werwölfe gegeneinander kämpfen.“

„Louis wird das nie zulassen. Das wird sich nichts bringen. Töte uns gleich, sonst wird er das erledigen.“

Ricci schüttelte den Kopf. „Träum weiter Freundchen!“ Sie zog ein Silbermesser aus der Innenseite ihres Kleides und musste lachen, als sie sah wie der Vampir die Augen weit aufriss. Ricci fügte sich einen kleinen Schnitt zu und hielt dem Vampir die blutende Wunde hin.

„Wie heißt es doch so schön: Friss oder stirb! In diesem Fall wohl eher Trink oder stirb.

Der Werwolf hinter riss die Augen auf und konnte nicht fassen, dass sie einem Vampir ihr Blut anbot. Aber das war das einzige Heilmittel gegen einen Werwolfbiss. Das Blut von einem freiwillig zu bekommen.

Der Vampir zögerte kurz, nahm dann aber doch ihren Arm in den Mund. Er machte zwei kräftige Züge und ließ sie dann wieder las.

Der Werwolf staunte darüber, dass der Vampir ihren Arm so einfach losgelassen hatte.

„Danke!“

Ricci nickte kurz und ging dann zum nächsten Verletzten.

Insgesamt konnte sie elf Vampire retten. Die anderen fünfundzwanzig starben noch auf dem Schlachtfeld. Der Garten und ein Teil des Waldes, wurden kurzerhand zum Lazarett für die verletzten umfunktioniert.

Ricci kümmerte sich um die Vampire, während sich die andern um die Werwölfe kümmerten.

Am heutigen Tag starben zehn Werwölfe und insgesamt dreißig Vampire. Zumindest wurde angenommen, dass es sich bei den zerfetzten Leichen um Vampire handelte.

Die Vampire verhielten sich ruhig. Vielleicht lag es auch daran, dass sie Ehrfurcht vor Ricci hatten, oder einfach nur Angst. Ricci kümmerte sich jedenfalls gut um sie.

Nikolai staunte nicht schlecht, als sich keiner gegen sie auflehnte.

Johnny ging zu Ricci und er sah nicht gerade glücklich aus. „Ricci, das ist eine Schnapsidee. Wie kommst du darauf, dass die mitmachen? Das sind hinterlistige Kreaturen, die vor nichts Halt machen.“

Ricci funkelte ihn an. „Sie denken genau das gleiche über uns“, sagte Ricci amüsiert.

„Deine Freundlichkeit wird dich noch ins Grab bringen, Ricci“, sagte Johnny und ging.

Ricci ließ den Kopf hängen. Auch wenn sie vorher so schockiert darüber war, was draußen passierte, hatte sie trotzdem gehört, wie Johnny gesagt hatte, dass er sie liebte.

Jetzt allerdings wusste er nicht wirklich was er über sie denken noch für sie fühlen sollte.

Jemand legte Ricci die Hand auf die Schulter. Es war der Vampir, dem sie als erstes geholfen hatte. „Das wird schon wieder. Wenn er dich wirklich liebt, sollte er auch mit deinen Macken klarkommen.“

Ricci lächelte seicht und wandte sich wieder den Verletzten zu.

Es brach ihr das Herz mit ansahen zu müssen, dass niemand sich um die andern scherte, wenn sie nicht zum Rudel gehörten. Sie konnte hören, wie die andern sich bei Nikolai darüber beschwerten, sie solle das lassen. Sie brächte damit das ganze Rudel in Gefahr. Ricci drehte sich um, weil sie die bösen Blicke nicht mehr ertragen konnte, aber sie wusste sie tat das Richtige.

„Ich heiße übrigens Jacques“, sagte der Vampir. Er lächelte Ricci an, sodass sie sich sicher war.

„Darf ich dich etwas fragen, Jacques?“

Er zuckte mit den Schultern. „Klar, schieß los!“

„Kennst du einen Vampir namens Louis?“

Er riss die Augen auf. „Ja, er ist der Anführer der Vampire und derjenige der die meisten Werwölfe umgebracht hat. Wieso?“

„Ich bin ihm begegnet und …“

„Tut mir leid, aber das kann nicht sein. Louis lässt keinen Werwolf am Leben. Du musst einem andern Louis begegnet sein.“

Ricci nickte, aber sie hoffte, wusste, dass er es war.


Kapitel 3

 

 

Warum ging sie ihm nicht aus dem Kopf?

Louis lag in einem Bett und hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt. Er starrte geistesabwesend an die Decke und hatte die ganze Zeit über ihr Bild vor sich. Wie sie vor ihm stand, in diesem wunderschönen Kleid.

Er konnte es nicht fassen. Wieso hatte er sie nicht umgebracht? Nicht, dass er es bereute, aber sonst hatte ihm das Versprechen gegenüber Jean nie im Wege gestanden. Doch jetzt auf einmal konnte er einen Werwolf nicht umbringen. Genauer gesagt eine Werwölfin. Er musste mehr über sie herausfinden, aber das Rudel würde ihn nie in ihre Nähe lassen.

Verdammt! Was mach ich bloß?

Es klopfte an der Tür und Louis wurde aus seinen Gedanken gerissen. „Herein.“

Laroux trat in sein Zimmer und er sah nicht gerade glücklich aus. Eher das Gegenteil war der Fall. In Larouxs Gesicht spiegelten sich Wut und Zorn wieder.

Louis fuhr hoch und schaute ihn aus zusammengekniffenen Augen heraus an. „Was ist passiert?“, fragte Louis ihn herrisch.

Laroux schloss die Tür hinter sich und machte einen Schritt nach vorne. „Wir haben heute Männer verloren. Und nicht wenige starben an den Folgen von Werwolfbissen“, sagte er wütend.

Louis stand auf und trat vor ihn hin. „Soll das heißen, ihr habt ohne meine Erlaubnis das Rudel angegriffen!“

Laroux senkte beschämt den Blick. „Es tut mir leid, Louis. Ich dachte wir würden es schaffen, aber die Überlebenden sagten, Jean sei wieder da! Wie ist das möglich ich dachte ihr habt ihn umgebracht!“

Louis drehte den Kopf weg.

„Das habe ich auch“, sagte Louis mit belegter Stimme.

Jean war sein bester Freund und er hatte ihn umgebracht. Zumindest glaubte er, dass es so gewesen war, denn er konnte sich nur fragmental daran erinnern. Wenn er darüber nachdachte, fielen ihm immer nur Bruchstücke darüber ein. Bei dem Gedanken daran, überkamen ihn wieder diese Schuldgefühle.

Er hatte nie gewollt, dass sein bester Freund sterben musste. Schon gar nicht durch seine Hand. Jean hatte damals keinen Grund sich zu wehren. Er fühlte sich dafür verantwortlich, dass einer aus seinem Rudel Louis´ Gefährtin, Alira, umbrachte.

Jean hatte nicht einmal um Gnade gebeten. Er stand vor ihm und bot ihm seine Kehle dar. Louis meinte er solle einfach den Verantwortlichen herausschicken und er würde sich um ihn kümmern. Jean konnte dies nicht zulassen, da, wie Louis später herausfand, der eigentliche Verschuldner sein Sohn Nikolas war.

Es dauerte fast dreieinhalb Jahre, bis Louis Nikolas aufgespürt hatte und dann ging er ihm durch die Lappen. Aber jetzt hatte er herausgefunden, wo sich das Rudel aufhielt und dass es eine Nachfahrin von Jean gab. Er musste sie finden und zur Rede stellen.

Louis sah Laroux wieder in die Augen. „Wo hält sich das Rudel zurzeit auf?“

„Es befindet sich bei einem kleinen Haus, nicht weit weg. Ich werde sofort die Truppen zusammenrufen und …“

„NEIN. Nur du, Garoux und ich werden gehen. Ich habe nicht vor sie heute Nacht noch umzubringen. Morgen. Unsere Krieger müssen sich erst erholen.“

Laroux nickte und sie gingen beide zu Garoux, um ihm vom neuen Plan zu erzählen. Er sträubte sich zwar, allerdings waren sie die drei besten Freunde und vertrauten Louis´ Führungskunst. Er war schließlich derjenige, der die Wölfe so dezimiert hatte.

 

- - - - - -

 

Ricci stand neben Jacques und sah ihm zu wie er den restlichen Vampiren ihren Plan erklärte. Sie fanden ihn zwar dämlich und hielten Ricci für verrückt, allerdings hatten sie auch keine Lust zu sterben.

„Tut also nichts, was euch das Leben kosten könnte“, sagte Jacques streng.

„Dürfte ich fragen warum sie uns überhaupt vertraut? Schließlich sind wir elf und sie ist sozusagen ganz allein“, bemerkte einer der Vampire.

Ricci trat neben Jacques und sah wie der Vampir zusammenzuckte, als ihre Augen kurz golden aufblitzten. „Weil ihr, meine Lieben, eindeutig in der Unterzahl seid. Und, sofern ihr euer Todesurteil nicht selber unterschreiben wollt, nehme ich an, dass ihr mir nichts tun werdet.“

Der Vampir schluckte und sah sie ehrfürchtig an. Jacques sah zu ihr und musste grinsen. „Schön gesagt, aber vergiss nicht, dass wir immer noch deine Feinde sind. Wenn du uns freilässt, wird uns das hier geschehene nicht davon abhalten dich umzubringen.“

Ricci nickte zustimmend, wenn auch mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend. „Das weiß ich, aber wenn mein Plan funktioniert, wird das der Vertrag verhindern.“

Jacques stieß die Luft aus.

„Du glaubst doch nicht wirklich, dass Louis deiner Bitte nachkommen wird? Er würde uns eher sterben lassen, als einen Friedensvertrag mit euch auszuhandeln“, sagte er abschätzig.

Ricci hoffte allerdings, dass er es doch würde.

„Du solltest gehen, man erwartet dich“, sagte Jacques, ohne Ricci anzusehen.

Sie sah ihn fragend an und drehte sich dann um. Nikolai stand in der Tür und deutete ihr, ihm zu folgen. „Macht bitte keinen Blödsinn!“, sagte Ricci und verließ das Zelt. Sie folgte Nikolai, bis zum Haus. Als er stehen blieb, sah sie einen bedrückten Ausdruck in seinem Gesicht. „Was gibt’s?“

Nikolai senkte den Blick und seufzte. „Es geht um das Rudel. Sie wollen nicht, dass du diese Vampire hier weiter behältst. Sie fürchten, dass du uns verrätst, wenn du sie noch länger hier behältst.“

Ricci sah nachdenklich zu Boden. „Was schlägst du vor?“, frage sie ihn trocken.

Nikolai legte die Finger an Riccis Kinn und hob es an, bis sie ihm in die Augen sehen musste „Entweder sie oder das Rudel. Du musst dich entscheiden. Aber bedenke, dass du, wenn du dich gegen das Rudel entscheidest, nie wieder zurückkehren darfst. Wie auch immer du dich entscheidest, ich werde immer hinter dir stehen.“

Ricci sah ihren Vater verzweifelt an. Sie wollte ihnen doch nur helfen. Warum verstand das keiner? Ihr traten Tränen in die Augen. „Aber wenn das mit dem Vertrag funktioniert, dann…“

Nikolai unterbrach sie. „Hör zu, Louis wird einem Vertrag niemals zustimmen. Wir hatten das ganze schon einmal, damals als Jean noch lebte und du siehst was aus ihm geworden ist. Ricci, liebste Tochter, ich möchte dich nicht verlieren! Bitte.“

Ricci entzog sich seinem Blick und schaute zu den Vampiren im Lazarett. Wie konnte sie die anderen nur davon überzeugen, dass sie das richtige tat? „Es tut mir leid Vater, aber ich werde meinen Plan weiterverfolgen. Irgendwer muss diesen unsinnigen Krieg ein Ende bereiten!“

Nikolai seufzte und ihm rann eine Träne über die Wange. „Wenn das deine Entscheidung ist, soll es so sein.“ Er legte ihr den Arm um die Schulter und schritt mit ihr in die Mitte des Lagers. „Meine Freunde, sie hat sich entschieden. Ricci wird uns verlassen“, verkündete er.

Ricci wischte sich die Tränen aus den Augen.

„NEIN! Ricci, tu das bitte nicht!“, schrie ihre Mutter. Johnny stand fassungslos neben ihr und sah Ricci traurig an.

Als Riccis und Johnnys Blicke sich trafen, wendete sie den Blick ab. Es tat ihr im Herzen weh, aber sie musste das beenden, komme was wolle. Auch wenn sie dafür ihr Rudel verlassen musste.

Alle wurden still und sahen zu, wie Nikolai sie aus dem Rudel verstieß. Er gab ihr zum Abschied einen Kuss auf die Stirn und ihre Mutter umarmte sie ein letztes Mal. „Pass auf dich auf, mein Schatz. Du wirst uns fehlen und vergiss niemals, dass wir dich lieben, hörst du! Niemals.“

Johnny nickte kurz und Ricci ging zurück zu den Vampiren.

Sie hatte recht gehabt. Heute änderte sich ihr Leben schlagartig. Im Zelt angekommen sah Jacques sie an. Ricci hätte schwören könne, etwas Mitleid aufblitzen zu sehen. „Du weißt, dass du nun Vogelfrei bist?“, sagte er zu ihr.

Ricci nickte. „Ich weiß“, sie wischte sich eine Träne aus den Augen, „auch wenn ich nachher sterbe, wenigstens weiß ich dann, dass ich es versucht habe.“ Sie versuchte zu lächeln, aber es ging einfach nicht.

„Wir sollten jetzt gehen, nur wenn du dich schon verabschiedet hast, versteht sich.“

Ricci nickte und verließ zusammen mit den Vampiren das Zelt und somit auch ihre Heimat. Sie drehte sich ein letztes Mal um und sah wie ihre Mutter in den Armen ihres Vaters zusammenbrach. Wir werden uns wiedersehen. Versprochen!

 

- - - - - -

 

Ricci ging mit den Vampiren in den Wald und war die ganze Zeit über eher Geistesabwesend. Sie hörte wie einer der Vampire noch Jacques rief, drehte sich aber nicht um, um nachzusehen. Viel mehr machte sie sich Gedanken darüber, was jetzt aus ihr werden würde. Sie war jetzt ganz allein und Vogelfrei. Schlechter konnte es nicht laufen, aber das Schicksal hatte noch andere Gemeinheiten auf Lager.

Plötzlich wurde sie von hinten angegriffen. Einer der Vampire hatte sich auf sie gestürzt.

Gott sei Dank hatte sie sich vorher noch umgezogen, denn in dem Kleid hätte sie sich unmöglich bewegen können.

Der Vampir versuchte sie zu beißen und Ricci versuchte ihn von sich herunter zu bringen. Sie drehte sich um und sah dem Vampir ins Gesicht. Sie konnte es nicht fassen. Jacques saß Rittlings auf ihrem Rücken und drückte sie nieder.

Er sah sie mit ausgefahrenen Fängen an. „Ich habe dir doch gesagt, dass uns deine dämliche Idee nicht von der Tatsache abbringen wird, dass wir den Auftrag hatten euch umzubringen.

Ricci drehte sich mit Schwung um und Jacques fiel von ihr herunter. Verdammt! Sie war so abgelenkt gewesen, dass sie ganz vergessen hatte, auf die Vampire zu achten.

Blitzschnell stand Ricci auf und beobachtete die andern Vampire, die sie hungrig anstarrten. Sie bereitete sich darauf vor jeden Moment angegriffen zu werden. Doch Jacques war der einzige, der sich mit ihr anlegte.

Als sie durch die Runde blickte, bemerkte Jacques: „Ich bin der einzige, auf den du dich konzentrieren solltest. Die anderen werden sich erst einmischen, wenn ich es ihnen erlaube“, sagte er gehässig.

„Warum?“, fragte sie ihn.

„Warum ich das mache oder warum sie dich nicht angreifen?“

„Beides.“

Jacques fing an zu lachen. Sein dunkles Haar wurde vom Wind zerzaust und seine Zähne glänzten in der Sonne. „Ganz einfach, weil du alleine bist und ich der Anführer dieser Truppe bin!“

Ricci richtet sich auf und reckte das Kinn trotzig nach vorne. „Wenn du es unbedingt so haben willst!“ Sie wollte sich verwandeln, aber Jacques war schneller und warf sie zu Boden.

„Geht zu Louis und erzählt ihm vom Rudel. Ich kümmere mich währenddessen um dieses Liebreizende Geschöpf! Die Vampire verschwanden so schnell sie konnten, um Louis zu alarmieren.

Ricci versuchte sich zu wehren, aber Jacques drückte sie mit seinem ganzen Körper nieder und hielt ihre Hände über dem Kopf zusammen.

„Traue niemals einem Vampir, kleine!“ Er legte seinen Mund auf Riccis Halsschlagader und wollte gerade zubeißen, da wurde er von einer Hand gepackt und zurückgeworfen. Er flog gegen einen Baum, rieb sich den Kopf und schaute denjenigen wütend an. „Au Mann! Was sollte das!“

„Führ dich immer noch Louis!“, fauchte er ihn an.

Ricci lag reglos auf dem Boden und sah zu wie Louis sich Jacques näherte.

„Tut mir leid, ich dachte …“

Louis packte Jacques am Hals, hob ihn hoch und drücke ihn gegen den Baum. Jacques umklammerte Louis´ Arm und versuchte sich zu befreien. „Was dachtest du? Dass du ohne Erlaubnis jemanden umbringen kannst, der mit mir sprechen will?“

„Bitte, tu das nicht! Ich wollte das nicht. Sie hat angefangen!“, sagte er zitternd vor Angst und deutete auf Ricci. Die wiederum setzte sich auf und funkelte Jacques böse an.

Louis sah auf das Mädchen, das am Boden lag und konnte es kaum glauben. Er hatte sie gefunden. Er drehte sich zähnefletschend zu Jacques um und biss ihn. Dieser schrie vor Schmerz auf und wehrte sich. Er konnte allerdings nichts gegen Louis ausrichten, denn der war eindeutig zu stark führ ihn.

Als Louis ihn wieder los ließ sackte dieser am Boden entkräftet zusammen. Er wischte sich das Blut weg, welches danebengegangen war und schaute ihn von oben herab an. „Beim nächsten Mal kommst du nicht so glimpflich davon. Und jetzt geh mir aus den Augen!“, fuhr er Jacques an.

Jacques warf noch einen kurzen Blick auf Ricci, die starr am Boden saß und die Augen vor Schreck geweitet hatte, bevor er abhaute.

Louis drehte sich um und ging auf Ricci zu.

 

- - - - - -

 

 

Ricci kroch rückwärts, bis sie gegen ein Hindernis stieß. Einen Baum.

Louis fand es erstaunlich, dass er dieses Mädchen wieder sah. Zwar hätten ihm andere Umstände besser gefallen, aber man durfte ja nicht wählerisch sein.

Ricci stand jetzt an den Baum gedrückt vor Louis und starrte ihn voller Angst an.

Louis stemmte eine Hand gegen den Baum und sah Ricci mit leuchtenden Augen an. „So sehen wir uns wieder. Aber hatte ich beim letzten Mal nicht gesagt, dass du mir nie wieder unter die Augen treten sollst?“, fragte er sarkastisch.

Ricci machte den Mund auf und wollte etwas sagen, aber sie brachte keinen anständigen Ton heraus.

„I-i-ich w-wollte sie e-etwas fragen“, stammelte sie.

Louis schloss die Augen und lachte leise. Er beugte sich vor und sah ihr direkt in die Augen.

Ricci schrumpfte zusammen, da Louis um gut einen Kopf größer war als sie und unglaublich furchteinflößend war.

Er legte die Finger an ihr Kinn und zog sie wieder hoch. „Also, was willst du denn von mir?“

Ricci sah ihm in die Augen und machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber aus ihrem Mund kam kein Wort.

Es war irgendwie schön, dieses Mädchen vor sich zu haben. Allerdings hatte sie solche Angst, dass sie nicht sprechen konnte. Seine Lippen waren nur noch Zentimeter von ihren entfernt. Am liebsten hätte er sie geküsst, so wie sie jetzt vor ihm stand. Aber das konnte er nicht tun.

Warum wollte er sie nur so sehr? Dieses Mädchen war ein Werwolf und eine potenzielle Gefahr für ihn und die anderen. Dennoch konnte er sich in ihrer Gegenwart kaum beherrschen. Was hatte sie an sich, das ihn so verrückt werden ließ?

Ricci versuchte währenddessen in ihrem Kopf einen anständigen Satz zu bilden, aber ihre Gedanken waren durcheinander. Verdammt, warum musste dieser Louis nur so verdammt gut aussehen?

Seine endlos blauen Augen waren so unergründlich wie der Ozean und sein kurzes, fast goldenes Haar wehte im Wind. Sie konnte den Blick nicht von seinen Lippen abwenden. Sie hätte ihn so gerne geküsst. Nur einmal. Ricci schüttelte den Kopf.

Ricci reiß dich zusammen! Denk nicht an seine blauen Augen oder daran, dass er so umwerfend gut aussieht! Konzentrier dich auf deinen Plan!

„Welchen Plan?“

Sie riss die Augen auf und lief rot an. Sie hatte ganz vergessen, dass dieser Vampir ihre Gedanken lesen konnte.

„Halloo! Erde an Ricci!“

Sie zuckte zusammen, als er ihr noch näher kam. „I-„Ich m-möchte eine Bitte äußern.“

„Na dann äußere sie mal.“

Ricci musste den Blick abwenden, sonst hätte sie vermutlich noch den Verstand verloren. Also sah sie zu Boden. Aber dort kam ihr Blick nie an, denn er blieb an seiner muskulösen Brust hangen und wanderte immer tiefer.

Louis hatte langsam keine Geduld mehr mit diesem Mädchen. Er nahm ihren Kopf in beide Hände und sah ihr ganz tief in die Augen. „Würdest du jetzt bitte reden!“

Ricci schloss die Augen und atmete tief ein. „Ich möchte einen Friedensvertrag im Namen der Silberwölfe…“, sie hielt inne, „…im Namen meines Rudels, zwischen den Silberwölfen und den Vampiren aushandeln.“

Louis sah sie neugierig an. Er durchforstet ihre Gedanken uns vergewisserte sich, dass sie die Wahrheit sprach. „Nun, aber ich habe soeben von dir erfahren, dass du nicht mehr zu den Silberwölfen gehörst. Weshalb sollte ich mit einer Vogelfreien Werwölfin verhandeln? Was würdest du mir anbieten?“

Ricci brauchte nicht lange zu überlegen. „Mich?“

Louis riss verwundert die Augen auf und schaute sie argwöhnisch an. „Was sollte ich mit dir?“, fragte er sie. Natürlich wusste er ganz genau was er mit ihr machen würde. Und dazu brauchte er nur ein Bett.

Als Ricci seine Gedanken las, riss sie erschrocken die Augen auf. „Wenn ich es mir recht überlege…“

Louis lachte, als ihm wieder einfiel, dass dieses Mädchen seine Gedanken lesen konnte. „Du hast keine andere Wahl. Die Kleider am Leib sind das einzige was du, außer dir selbst, besitzt.“

Shit, er hat recht! Erschrocken über die Tatsache, dass sie absolut nichts hatte, riss sie den Mund auf.

Louis konnte der Versuchung kaum widerstehen, sie zu küssen. Ach scheiß drauf!

So schnell konnte Ricci gar schauen, da hatte Louis schon seine Lippen auf ihren. Ricci sah ihn mit aufgerissenen Augen an, und spürte wie seine Fänge an ihrer Zunge rieben.

Er eroberte ihren Mund und küsste sie mit einer solchen Leidenschaft, dass ihr ein keuchen entkam. Louis drückte sich gegen ihren Körper und dachte nicht im entferntesten Sinne daran aufzuhören. Es hatte ihn einiges an Überwindung gekostet, sich zu beherrschen, aber lange hielt er das nicht mehr durch.

Ricci spürte wie sich sein Körper an ihrem rieb und ihr entrang ein stöhnen. Sie spürte ein Ziehen im Unterleib und drängte sich weiter an ihn.

Seine Hände wanderten tiefer, bis sie an ihren Hüften zum Stillstand kamen. Am liebsten hätte er sie hier und jetzt genommen.

In Riccis Körpern stieg wärme auf und sie schlang die Arme um seinen Hals. Schließlich fand auch ihre Zunge den Weg in seinen Mund. Sie strich über seine Fänge und ihm entkam ein knurren. Ricci spürte wie sich ihr Unterleib zusammenzog und sie gegen etwas Hartes gerückt wurde.

Louis verlor mit jeder Sekunde an Selbstbeherrschung und konnte sich nur mit Müh und Not daran hindern ihr die Sachen vom Leib zu reißen und in sie einzudringen. Er hob sich schließlich hoch und Ricci schlang die Beine um ihn.

Louis ließ seine Hände tiefer wandern, bis sie schließlich auf ihrem Hintern ruhten. So eine Leidenschaft hatte er seit Alira nicht mehr gefühlt. Er wollte sie so sehr!

Ricci legte ihre Hände an seine Wangen und sah ihm in die Augen, als er kurz von ihr abließ. Sie leuchteten in einem wunderschönem blau. Bitte, bitte spann mich nicht länger auf die Folter! Mach es, ich weiß, dass du es willst! Ich werde mich nicht wehren. Aber nur wenn du meinen Antrag auf ein Friedensabkommen annimmst!

Er knurrte leise. Das ist ziemlich hinterlistig! Warum nutzt du mein Verlangen nach dir so schamlos aus?

Auch wenn sie genau dasselbe Verlangen verspürte, musste sie einfach darauf bestehen, dass er ihrer Familie nichts antat. Das nennt man Vorhersehung. Oder Intuition. Sag schon.

Louis verdrehte die Augen. Na gut! Er öffnete den Reißverschluss ihrer Hose und schob sie nach unten.

Gott! Sie war so verdammt warm. Ihre Haute war so seidig. Sein Mund wanderte zu ihrer Kehle und blieb an ihrer Halsschlagader hängen.

Bitte nicht zubeißen!

Hatte ich nicht vor. Er rieb mit seinen Fängen über ihre seidenweiche Haut, ohne auch nur einen Kratzer zu hinterlassen. Seine Finger fuhren zwischen ihren Schoß und rieben am feuchten Stoff ihres Höschchens.

Wie alt bist du nochmal?, fragte sie ihn.

Er lachte kurz auf. Eigentlich viel zu alt für dich! Wie kommt es, dass du das alles einfach so mitmachst?

Ich habe meiner Familie versprochen zurückzukehren. Ricci stöhnte auf, als er mit dem Finger in sie eindrang.

Sie haben dir aber schon erzählt, dass ein verstoßener nie wieder aufgenommen werden kann, oder? Und schon gar nicht, wenn er, in diesem Fall sie, mit einem Vampir geschlafen hat!

Ricci hielt inne als Louis aufhörte sie zu liebkosen und sie ernst ansah.

Er konnte das Entsetzen in ihren Augen sehen.

Sie haben es dir also nicht gesagt?

Doch aber …

„Louis! Wo bist du!“

 

- - - - - -

 

Ricci zuckte zusammen, als sie die fremde Stimme hörte. Louis ließ sie runter und Ricci zog sich die Hose wieder hoch.

Er trat vom Baum weg und schaute zu einem großen Typen der auf ihn zukam.

„Ah, da bist du ja endlich!“, sagte Laroux. Er rümpfte die Nase und seine Augen fingen zu leuchten an. „Hier riecht es nach Hund und nach“, er hob die Nase und sog den Geruch ein, „sexueller Erregung?!“

Louis blieb ruhig und ging auf ihn zu. „Ich weiß nicht was du schon wieder riechst, aber hier ist niemand außer mir.“

Laroux ging auf Louis zu und zischte: „Der Geruch haftet an dir! Ich hoffe du hast unsere Gesetzte nicht gebrochen? Du weißt doch, dass es Vampiren untersagt ist, mit Werwölfen zu schlafen!?“

„Es ist verboten mit ihnen Kinder zu zeugen!“, korrigierte er ihn.

Laroux sah ihn argwöhnisch an. Als Louis sich nicht rührte, ging er zu dem Baum, um nachzusehen, was Louis ihm zu verheimlichen versuchte.

Ricci drückte sich gegen den Baum und zuckte zusammen, als sich seine Schritte näherten. Jetzt bin ich geliefert! Sie kniff die Augen zusammen und betete zu Gott, dass dieser Vampir nicht noch näher kam.

 

 

- - - - - -

 

Laroux wusste, dass Louis versuchte ihm etwas zu verheimlichen. Er ging zum Baum und staunte nicht schlecht, als er dort ein Mädchen stehen sah, das nicht älter als achtzehn sein konnte. „Wen haben wir den hier?“

Ricci zuckte zusammen, als sie die Stimme neben sich wahrnahm. Hier gibt es nichts zu sehen! Und jetzt geh wieder. Bitte!

„Aha, nicht zu sehen. Wer bist du, kleine?“, fragte er sanft.

Ricci öffnete die Augen und sah in zwei blaugrüne Augen. Sie erschrak und wich vor ihm zurück. Als sie gegen etwas stieß drehte sie sich blitzschnell um und bemerkte, dass Louis hinter ihr stand.

Er legte ihr die Hände auf die Schultern. „Lass sie. Sie hat um ein Gespräch gebeten.“

„Und du hast ihr mehr als nur das erlaubt.“

Ricci drückte sich gegen Louis und schaute den Vampir vor ihr ängstlich an.

„Laroux, sie…“

„…ist eine Verstoßene!“

Ricci zuckte zusammen, als er zu knurren anfing. Dieser Vampir konnte nicht älter als neunundzwanzig sein, doch sie konnte nicht gut schätzen.

„Sie wollte einen Friedensvertrag, zwischen Werwölfen und Vampiren.“

„Und das einzige was sie dir anbieten konnte, war sie selbst, nehme ich an?“

Louis nickte.

Laroux sah auf die Seite und schien nachzudenken. Louis übermittelte ihm seine Gedanken und was er in der zwischenzeiterlebt hatte. Laroux sah verwundert auf. „Sie kann es nicht sein, sie ist ein Werwolf! Was denkst du dir überhaupt dabei? Wie alt ist sie!“

Als Louis nicht antwortete sah er Ricci ernst an.

„Ich bin achtzehn geworden.“ Ricci senkte den Blick, um Laroux nicht ansehen zu müssen.

„Ich wusste gar nicht, dass du seit neuem auch vor Kindern nicht Halt machst?“, sagte er spöttisch.

„Ich bin kein Kind mehr!“, fuhr Ricci ihn an.

Laroux sah sie verblüfft an. „Weißt du überhaupt mit wem du dich da einlässt, junges Fräulein? Dieser Typ wurde lange vor deiner Zeit geboren! Und er war genauso naiv wie du jetzt! Deswegen ist er auch zum Vampir geworden! Mit dem Unterschied, dass er sein Leben erst mit dreißig verlor!“

Ricci riss die Augen auf.

„Ja genau! Louis ist fast doppelt so alt wie du!“

So konnte man das zwar nicht sehen, aber sie wusste auf was er hinauswollte. „Was hätte ich sonst tun sollen! Ihr Männer wollt doch nur das Eine! Wenn du mir eine andere Lösung vorschlägst, nehme ich sie gerne an“, fuhr Ricci ihn an.

Laroux hob den Kopf und sah sie verblüfft an. Entweder sie war total durchgeknallt oder sie wusste nicht wen sie vor sich hatte. Es gab auch die Möglichkeit, dass sie wirklich nichts Mehr zu verlieren hatte. Es muss furchtbar sein, wenn man schon mit achtzehn sein Leben verwirkt hat.

Riccis Gesichtsausdruck wurde weicher, als sie seine Gedanken las.

„Wir sollen uns jetzt auf den Weg nach Hause machen.“ Laroux sah Ricci an. „Und du kommst mit.“

 

 

- - - - - -

 

Ricci staunte nicht schlecht, als sie Louis Zimmer betrat.

Die Vampire hatten sich in einem Hotel eingenistet, welches anscheinend sogar ihnen gehörte. Louis hatte die Präsidenten Suite bekommen. Er musste wichtiger sein, als Ricci angenommen hatte.

Ricci ließ sich auf das große Bett fallen und streckte die Arme aus.

„Du hast doch nicht etwa vor hier zu schlafen?“, fragte Louis sie. Er stand an den Türrahmen gelehnt da und sah sie amüsiert an.

Ricci setzte sich auf und sah ihn verwirrt an. „Nicht?“

Er kam näher und blieb vor ihr stehen. „Das hier ist mein Zimmer.“

Ricci zuckte mit den Achseln. „Achso… Aber der Vertrag?“

„Hör zu, ich habe den Vertrag unterzeichnet, einer meiner Gefolgsleute bring ihn jetzt zu den Silberwölfen und mit der Unterschrift des Anführers wieder zurück. Du hast dich mir, als Gegenleistung angeboten, was aber nicht heißt, dass ich diese heute Nacht einfordere.“

Ricci senkte den Kopf. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, dieser…dieser Kreatur zu erlauben sie so dermaßen zu verführen? Ricci stand auf und ging zur Tür. „Wo soll ich dann hingehen?“

Louis schlug sich mit der Hand auf die Stirn. Er hatte total vergessen, dass jedes Zimmer im Hotel von seinen Wachen besetzt war. „Ok, da du sowieso nirgendwo anders hinkannst, weil meine Wachen jedes Zimmer besetzt haben, darfst du hierblieben.“

Ricci drehte sich zu ihm um und ging auf Louis zu.

Als sie vor ihm stand, sah er sie neugierig an. „Wie viele Werwölfe hast du umgebracht?“

Louis staunte darüber, dass dieses Mädchen ihn so direkt auf seine Taten ansprach. Er wusste nicht was er sagen sollte, also hab er seine Barrikade auf und ließ Ricci in seinen Kopf.

Ricci zuckte zusammen, als sie eine Welle von Tot und Schmerzen überrollte. Sie brach vor ihm zusammen und er durchtrennte die Verbindung. Bevor Ricci auf den Boden plumpste, fing er sie auf und legte sie behutsam aufs Bett.

Vorsichtig strich er ihr über die Wange und wischte ihr die Tränen weg.

Ricci sah ihn traurig an. „Hast du das alles getan?“, fragte sie ihn leise.

Louis wendete den Blick ab, um ihr nicht in die Augen sehen zu müssen.

Sie legte ihre Hand an seine Wange und drehte sein Kinn in ihre Richtung.

„Ja“, sagte er.

Ricci war völlig erschöpft und musste das alles erst einmal verarbeiten. Sie hatte Bilder von Schwangeren und Kindern gesehen, die er ohne mit der Wimper zu zucken umgebracht hatte. Und da war ein Geheimnis, etwas das er versuchte vor ihr zu verheimlichen. Sie zog ihn zu sich und sah ihm in die Augen. „Hattest du das auch mit mir vor?“, fragte sie ihn leise.

Louis setzte sich neben Ricci auf das Bett und legte ihren Kopf auf seinen Schoß. Sanft strich er ihr durch das rotbraune Haar und fuhr ihr über die Wange. „Ich weiß es nicht, aber ich glaube du kennst die Antwort bereits.“

Ricci sah an ihm vorbei an die Decke und ließ sich die Bilder noch einmal durch den Kopf gehen. So viele unschuldige die Sterben mussten. Sie schloss die Augen und glitt in die sanfte Welt des Schlafes.


Kapitel 4

 

 

Als Ricci aufwachte, lag sie in eine Decke eingehüllt neben Louis. Er hatte ihr den Rücken zugedreht und wie es schien, schlief er noch.

Sie setzte sich auf und bemerkte, dass sie noch ihre Sachen anhatte und die ganze Bettdecke an sich gezogen hatte.

Louis hatte eine schwarze Boxershort an und sie konnte die Augen nicht von ihm abwenden. Fasziniert von dem Muskelspiel, kroch sie näher an ihn heran und beugte sich über ihn.

„Suchst du etwas Bestimmtes?“, murrte er.

Ricci schreckte zurück und fiel rücklings auf das Bett.

Louis drehte den Kopf zu ihr, ohne die Augen zu öffnen, und sah sie genervt an. „Brauchst du etwas?“, fragte er noch einmal.

Ricci sah ihn amüsiert an. „Sag bloß ich hab den großen, bösen Vampir geweckt“, sagte sie belustigt.

Louis knurrte. „Wenn du nicht aufpasst, wird der große, böse Vampir ein Frühstück im Bett haben!“

Ricci verkniff sich das Lachen.

Louis schlug die Augen auf und sah sie genervt an. „Hör zu, ich meine es Todernst! Also sei ruhig und lass mich schlafen!“ Louis drehte sich um und zog die Decke an sich.

Ricci warf sich zurück aufs Bett und fing an zu lachen. Sie hörte ein knurren und im nächsten Moment lag Louis auf ihr.

„Hör zu! Ich bin müde und wenn du nicht zur Blutspenderin werden möchtest, solltest du mich schlafen lassen! Es sei denn, was ich nicht glaube, du kannst es mit mir aufnehmen!“

Ricci lächelte schelmisch. „Und wie ich das kann!“

Sie schlang die Beine um ihn und sah das erhoffte funkeln in seinen Augen.

„Treibe es nicht zu weit, kleines Fräulein!“, ermahnte er sie.

Sie drückte ihn enger an sich.

„Sonst was?“

Louis zog Ricci blitzschnell die Hose aus und warf sie vom Bett. „Sonst kannst du was erleben!“

Ricci wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Sie ließ die Beine auseinander gleiten und hob unschuldig die Arme. „Ok, ok. Du hast gewonnen.“ Sie setzte sich auf, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. „Aber wie steht es mit dir? Hast du überhaupt Lust, dass ich aufhöre?“

Louis zog die Augenbrauen zusammen und sah sie mit einem begehrten Blick an. „Eigentlich nicht.“ Er lachte auf, drückte Ricci mit seinem ganzen Körper auf den Boden und fing an sie leidenschaftlich zu küssen. Noch kannst du es dir anders überlegen, Süße.

Ricci lag immer noch ganz locker da und wartete darauf, dass Louis den nächsten Schritt machte. Als Louis aufhörte sie zu küssen, stieß sie einen Laut der Entrüstung aus. „Was ist los?“, fragte Ricci ihn.

Er lächelte schief. „Sorry Süße, aber ich brauche dringend etwas zu essen.“ Als er aufstehen wollte zog sie ihn wieder an sich.

„Dann mach.“

Louis sah Ricci skeptisch an und in seine Augen trat ein leuchten. „Das Risiko gehe ich nicht ein.“

Sie zog ihn näher zu sich und entblößte ihm ihre Kehle.

Louis fand es faszinierend, dass sich Ricci ihm so einfach auslieferte. Laut Vertrag durfte er mit ihr machen, was er wollte, aber er dachte nicht, dass sie sich ihm so einfach geben würde. Er senkte den Kopf und legte den Mund an ihre Halsschlagader. Als sie kurz zusammenzuckte, hob er den Kopf und drehte ihren so, dass sie ihn ansehe musste. „Komm schon, warum machst du das, wenn du doch sowieso Angst vor mir hast?“

Ricci wurde leicht rot. „Ich habe mich dir angeboten und laut Vertrag kann es dir egal sein, ob ich sterbe oder nicht“, sagte sie leise.

Louis stieß belustigt die Luft aus und sah sie verführerisch an. „Liegt vielleicht daran, dass ich dich länger behalten möchte?“

Ricci versuchte sich aufzusetzen, doch Louis war stärker. „Willst du jetzt, dass ich dein Blut trinke oder soll ich mir von unten etwas holen?“

Sie wusste nicht wie sie sich entscheiden sollte. Auf der einen Seite, wollte sie unbedingt wissen, wie es sich anfühlte und auf der anderen hatte sie etwas Angst davor, dass es vielleicht schmerzte.

Ein schiefes Grinsen erschien auf Louis Gesicht und er stand auf. „Bin gleich wieder da. Und nicht weglaufen!“

Ricci setzte sich auf und verdrehte die Augen. Als ob sie vorhätte wegzulaufen. Es gab drei Gründe, warum sie das nicht vorhatte. Der Erste war der, dass ihre Flucht gleichzeitig das Ende des Vertrages Bedeuten.

Der zweite war, dass er sie sowieso erwischen würde, wenn sie versuchte wegzulaufen, was ebenfalls mit der Auflösung des Vertrags zusammenhing und der dritte Grund war, dass sie einfach nicht gehen wollte.

Keine Ahnung warum, aber dieser Vampir hatte ihr den Kopf verdreht. Ihr Vater würde sie hassen, wenn er das erfahren würde. Sie seufzte und sah sich im Zimmer um.

Alles von einem Top-Designer ausgestattet. Sie stand auf und ging zum Fenster. Ricci schob die Vorhänge beiseite und schaute auf den Wald der bis gestern noch ihre Heimat war. Ich hoffe ich werde das alles nicht bereuen. Draußen vor der Tür ging jemand vorbei und Ricci drehte sich blitzschnell um.

 

- - - - - -

 

Garoux wurde von einem Geräusch aus dem Nebenzimmer geweckt. Konnte Vivienne nicht einmal etwas leise machen? Bis vor kurzem hatte sie noch in seinem Bett gelegen, doch sie war eine Frühaufsteherin. Wie konnte ein Vampir nur so früh wach sein?

Garoux drehte sich auf die Seite, um wieder einschlafen zu können. Da roch er etwas Ekelhaftes. Pfui! Hier stinkt es nach Hund!

Er hatte gestern zwar mitbekommen, dass Louis und Laroux einen Werwolf mitgeschleppt hatte, aber mehr wusste er auch nicht. Er hatte ihnen doch ausdrücklich gesagt, sie sollen den Hund nicht in dieselbe Etage in der auch er lag, stecken. Und trotzdem haben sie es getan! Garoux setzte sich auf und rutschte vom Bett. Wenn Vivienne mit Louis fertig war, dann konnte er sich etwas anhören.

Louis wusste, dass Garoux etwas gegen Hunde hatte.

Er stand auf und zog sich ein Hemd an. Mit weißer Boxershort und blauem Hemd verließ er sein Zimmer und machte sich auf den Weg in die Abstellkammer.

Ich vermute mal, dass er da drinnen ist. Diesem Hund werde ich gehörig die Meinung geigen. Sich im selben Stockwerk wie ich zu befinden. Das darf doch nicht wahr sein. Er rümpfte sie Nase, als der Geruch stärker wurde.

Garoux ging an Louis´ Zimmer vorbei und plötzlich war der Geruch hinter ihm. Was zum? Er machte einen Schritt zurück und staunte nicht schlecht, als am Fenster ein wunderschönes Mädchen stand.

Sie war noch etwas zerzaust, aber trotzdem sah sie wunderschön aus. Sie hatte die Arme vor der Brust verschränkt und schaute ihn erschrocken an. Das Mädchen hatte nichts weiter als ein T-Shirt und ihr Höschen an.

Als er das Zimmer betrat, kam ihm der Gestank von Hund wieder in die Nase. DAS ist der Werwolf?! Also die kann von mir aus solange hierbleiben, wie sie will. Er checkte sie von oben bis unten ab und machte einen weiteren Schritt auf sie zu. „Wie bist du hier hereingekommen, Hund!“

Sie verzog beleidigt das Gesicht. „Ihnen auch einen Guten Morgen!“, sagte sie sarkastisch zurück.

Er bleckte die Zähne, denn um diese Uhrzeit hatte er keine Lust zu spielen. „Spuck es schon aus, wie bist du in Louis Zimmer gekommen!“

„Ich nehme mal an durch die Tür?! Aber, wenn sie mir einen anderen Weg sagen könne denke ich noch einmal darüber nach, wie ich hereingekommen bin!“, fauchte sie zurück.

Er stellte sich vor sie hin und hielt ihr den Zeigefinger vor die Nase. „Hör zu, wenn du vorhast…“ Weiter kam er nicht, denn als er sah, dass das Bett zerknittert war und zwar an beiden Stellen, machte er auf dem Absatz kehrt und rannte die Treppen in den unteren Sock hinunter.

„Vivienne, geh weg!“ Er betrat die Küche und sah, wie Vivienne an der Theke saß und die Beine um Louis Hüften geschlungen hatte.

Sie wollte ihn gerade küssen, doch dann fiel ihr Blick auf ihn. „Was willst du Garoux?!“, fragte sie wütend.

Er fuhr sich durchs Haar und räusperte sich: „Ich wollte Louis nur auf das Mädchen in seinem Zimmer erinnern.

 

- - - - - -

 

Louis riss den Kopf hoch als Garoux in der Tür stand. Oh, Mann warum musste er immer zu den unpassendsten Gelegenheiten kommen. Seine Augen fielen auf die Person die hinter ihm auftauchte. Ricci!

Ricci krampfte sich zusammen, als sie sah wie diese Frau ihre Beine um Louis geschlungen hatte und der seine Arme an den Schränken über ihr abstützte. Sie fing seinen erschrockenen Blick auf.

Der Typ vor ihr hatte sie aus ihren Gedanken gerissen und als er nach einer Frau rief, jagte sie ihm sofort hinterher. Sie wusste, dass sie nur noch wegen des Vertrags am Leben war, aber sie hatte wenigstens ansatzweise gehofft, dass Louis etwas an ihr fand.

Plötzlich war sie sich gar nicht mehr so sicher, ob sie noch länger bleiben wollte. Aber sie konnte sowieso nicht weg. Ok, gut. Damit wäre die Sache geklärt. Sie drehte sich um und ging wieder ins Zimmer.

Louis schob Vivienne von sich weg und wollte Ricci hinterherrennen, aber Garoux versperrte ihm den Weg. „Hör zu, es wäre besser sie jetzt gehen zu lassen“, sagte Garoux zu ihm.

Er sah ihn fragend an. „Wie meinst du das?“

Garoux schlug sich mit der Hand auf die Stirn. „Für Vollidioten: Alter, du hast´s grad echt verschissen!“

Louis hob zog die Augenbrauen hoch. So hatte er Garoux noch nie Sprechen hören. Zumindest nicht mit ihm.

Ricci saß währenddessen auf dem Bett und zog sich ihre Hose an. Langsam schlich sie die Treppen hinunter und wartete auf den richtigen Moment, um sich an der Tür vorbei zu schleichen.

Gerade als sie aufstand und den Flur entlang rennen wollte, kam Louis aus der Tür und sie stieß mit ihm zusammen. Sie wollte an ihm vorbeirennen, aber er schnappte sie an ihren Handgelenken und ließ sie nicht los.

Ricci wehrte sich so gut sie konnte, aber hier half nicht einmal der schwarze Gürtel.

Louis war einfach viel zu stark für sie. „He, Ricci! Jetzt beruhig dich mal wieder“, sagte er sanft.

Sie hörte nicht aus zu zappeln, bis er sie gegen die Wand drückte, sodass sie sich nicht mehr rühren konnte. Ricci unterdrückte die Tränen. Sie durfte nicht weinen. Nicht jetzt. Nicht vor ihm. „Lass mich los!“, schrie sie ihn an.

Er konnte diese Frau nicht verstehen. Sie war ihm einfach zu kompliziert. Sie wollte nicht, dass er von ihr trank, aber von einer anderen auch nicht. Dabei wollte er Ricci nur einen Gefallen tun, indem er sie nicht dazu zwang ihm ihr Blut zu geben.

Ricci ließ alles schlaf hängen, in der Hoffnung ihm zu schwer zu werden, aber für ihn war sie ein Fliegengewicht.

Er zog sie hoch, sodass ihre Augen nun auf gleicher Höhe waren. „Was soll das? Ricci, was ist los mit dir?“

Sie zuckte zusammen, als er ihren Namen zuckersüß aussprach.

„Oh wie süß! Ein Teenager! Ich hoffe du willst mich nicht durch eine jüngere Version austauschen. Wobei ich mir bei diesem Mädchen wohl keine Sorgen zu machen brauche!“, sagte Vivienne, die nun in der Tür stand, abschätzig.

Ricci sah sie an und wandte sich dann an Louis. Der wiederum von dem Ton, in dem Vivienne mit Ricci redete, ganz und gar nicht begeistert war.

„Also wenn du auf so etwas stehst, verstehe ich, warum du nur etwas zu trinken holen wolltest. Lass mich runter und geh weiter mit deiner Barbie spielen!“, keifte Ricci Louis an.

Louis zog die Augenbrauen hoch und sah Ricci neugierig an. „Höre ich da etwa die Eifersucht in deiner Stimme?!“, sagte er belustigt.

Ricci wandte den Blick ab und als sie keinen Punkt finden konnte, an dem sie nicht von jemandem angestarrt wurde, schloss sie seufzend die Augen. Hör zu, ich bin jung und naiv genug zu glauben, dass ich die einzige bin, mit der der Mann neben mir im Bett, schläft. Aber da du meine Hoffnungen gerade zunichte gemacht hast, bitte ich dich mich raus zu lassen. Ich werde schon nicht wegrennen. Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen.

Er lachte kurz auf. „Denkst du wirklich, ich hätte Vivienne gefickt?“

Ricci sah ihn an und nickte kurz.

Louis legte den Kopf in den Nacken und fing an zu lachen. „Mädchen, du musst noch einiges lernen!“

Vivienne kniff die Augen zusammen und ging auf Louis zu. „Warum erzählst du ihr nicht die Wahrheit?“, sagte sie quietsch vergnügt.

„Was? Dass ich dich einmal flachgelegt habe, als ich betrunken war und du mich nur mit Müh und Not von dir wegdrücken konntest, weil ich dich sonst umgebracht hätte? Vivienne, das ist nur einmal passiert, da hatte ich eigentlich nur Hunger und du bist mir über den Weg gelaufen. Das hätte ich mit jeder gemacht, die mir damals begegnet wäre!“

Vivienne machte einen Schmollmund. „Das ist nicht dein Ernst!“

Louis nickte. „Doch, und zwar mein voller!“

„Warum hast du mich dann hierher mitgenommen?“, fuhr sie ihn an und stemmte die Hände in die Hüften.

„Weil du das perfekte Spielzeug für meine Jungs warst!“, sagte Louis und lachte.

Ricci sah Louis verwirrt an und begegnete dann Viviennes bösem Blick. „He, schau mich nicht so an. Ich habe nichts mit deinem Leben zu tun!“, sagte Ricci.

Vivienne verzog sich und Louis sah Ricci zärtlich an. Ricci verfolgte, wie Vivienne schmollend in ihr Zimmer lief. Wow und ich dachte ich wäre naiv!

Als sie den Kopf zu Louis drehte, merkte sie, wie er sie ansah. „Was?!“, fragte sie belustig, „Das musste doch mal einer sagen!“

Er ließ Ricci runter und sie schüttelte ihre Arme aus. „Oh Mann, Louis! Du hättest mich schon früher loslassen können! Ich spüre richtig, wie das Blut wieder in meine Arme zurückkehrt. Noch etwas länger und ich hätte sie vergessen können!“

Als Louis sie noch immer so ansah, wurde Ricci unruhig. „Ähm…ich geh dann mal“, sagte sie und deutete in Richtung Ausgang. Gerade als sie gehen wollte, zog Louis sie an sich und küsste sie. Lang und innig.

Er fand es lustig zu sehen, wie Ricci sich aufregte. Es erinnerte ihn an die Zeit, in der er im selben Alter wie sie war.

Ricci riss den Kopf zurück und holte tief Luft. „Wenn du so weiter machst, werde ich nicht mehr lange leben! Und hör auf zu klauen!“

Louis sah sie fragend an. „Was meinst du damit?“, fragte er sie.

„Ich meine damit, dass ich noch Luft brauche und du mir den Atem raubst!“

Louis hob sie hoch und trug sie zurück in sein Zimmer. Heute würde er ihr noch etwas ganz anderes rauben!

 

- - - - - -

Louis legte Ricci auf sein Bett und seinen Körper auf ihren.

„Hör zu, ich habe noch nichts getrunken, aber ich…“ Sie entblößte ihre Kehle und zog ihn an sich.

Bist du dir sicher?

Ja!

Langsam wanderte er mit seinem Mund zu ihrer Halsschlagader. Er fuhr die Fänge aus und saugte vorsichtig an der dünnsten Stelle.

Bereit?

Bereit!

Er biss zu und Ricci versuchte nicht zusammen zu zucken. Da sie eine größere Wunde vermeiden wollte.

Louis hatte ihr nur zwei kleine Wundmale zugefügt, schließlich wollte er nicht, dass sie verblutete. Sie schmeckte süß und ganz anders als alles was er bisher getrunken hatte. Er machte nur ganz kleine Schlucke, um sie nicht zu schnell zu ermüden.

Ricci spürte, wie sich eine wollige Wärme in ihr ausbreitete. Sie genoss das Gefühl und entspannte all ihre Muskeln. Es war ein so schönes Gefühl und sie wollte, dass er nie mehr aufhörte. Doch genau das tat Louis in dem Moment.

Er schloss ihre Wunden und sah ihr in die Augen.

„Warum hast du aufgehört?“, fragte sie ihn.

Er streichelte ihre Wangen. „Ich habe nicht vor dich umzubringen, und weder Lust noch Laune, dass du ohnmächtig wirst!“

Sie sah ihm in die Augen und nahm seinen Kopf in ihre Hände. „Du bist so gemein!“, sagte sie mit gespielter Entrüstung.

Louis lachte kurz, bevor er anfing sie zu küssen. Er legte sich wieder auf sie und fuhr mit seinen Händen ihre Hüften entlang. Sachte fuhr er unter ihr T-Shirt und schob es nach oben. Louis zog es ihr über den Kopf und warf es auf die Seite. Eins entfernt, fehlen nur noch drei!

Ricci musste kichern als er mit seinem Mund ihren Bauch entlangfuhr und immer tiefer wanderte. Hör auf das kitzelt! Sie spürte seinen Atem auf ihrem Bauch.

Louis wandte sich ihrem BH zu und versuchte ihn aufzumachen, aber Ricci lag so ungeschickt da, dass er nicht rankam. Also setzte sich auf und zog sie auf seinen Schoß.

Ricci konnte sein hartes Glied zwischen ihren Beinen spüren. Sie wollte ihn in sich spüren, um jeden Preis.

Diesmal brachte Louis nur einen Versuch, um den Verschluss zu öffnen. Der BH fiel auf die Seite und er umfing ihre Brüste mit den Händen. Schon besser! Er legte sich wieder auf sie und wendete seine ganze Aufmerksamkeit ihrer Hose zu. Langsam öffnete er Knopf und Reißverschluss und zog ihr die Hose aus.

Als sie nur noch ihr Höschen anhatte, rollte sich Ricci auf die Seite und setzte sich auf Louis. Jetzt wirst du aber unfair!, sandte sie ihm über ihre Gedanken.

In Louis´ Gesicht tauchte ein spitzbübisches Lächeln auf und Ricci beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn. Er warf sich auf die Seite und Ricci lag wieder unten. So gefällt mir das schon besser!, dachte er selbstzufrieden.

Du bist so arrogant!, meinte Ricci und ihr huschte ein Lächeln über die Lippen. Ricci schlang ihre Arme um Louis´ Schultern und zog ihn näher an sich. Louis zog sich die Boxershort aus und machte sich daran, das letzte Hindernis zu entfernen. Seine Hände wanderten wieder ihre Hüften entlang zu ihrem Becken und unter das Höschen.

Ricci konnte seinen Atem auf ihrer Brust spüren und ihr entkam ein keuchen, als er sanft mit der Zunge über ihre Brustwarze strich. Er umkreiste sie mit seiner Zunge und fing an daran zu saugen. Ricci stöhnte auf und nebenbei zog Louis ihr das Höschen aus. Er hob den Kopf und sah sich zufrieden das Ergebnis an. Ihre Brustwarze war rot und nun wandte er sich der andern zu.

Ricci zog seinen Kopf zu ihr hinauf und küsste ihn.

Jetzt hatte Louis sie genau da, wo er sie haben wollte. Er drückte ihre Beine sanft auseinander und fuhr mit seine Fingen zwischen ihre Schenkel.

Ricci bäumte sich unter ihm auf, als er mit den Fingern ihre Klitoris umkreiste und daran rieb. Sie stöhnte auf, doch damit gab sich Louis nicht zufrieden. Riccis Nervenenden im Unterleib zuckten vergnügt und sie drückte ihn enger an sich.

Louis fuhr mit den Fingern in ihre feuchte Scheide und sie bäumte sich abermals auf.

Mehr! Bitte!

Als er tiefer in sie eindrang spürte einen widerstand. Er hielt inne und sah Ricci neugierig an. Hast du mir vielleicht etwas zu sagen?

Ricci sah in seine Augen und ihr schoss die Röte ins Gesicht, falls das überhaupt noch ging.

Louis hob eine Augenbraue hoch und wartete auf eine Antwort.

Können wir das nicht nachher besprechen?, flehte sie ihn an.

Louis verdrehte die Augen.

Du meinst nachdem ich dich entjungfert habe?

Genau!

Louis stieß einen entrüsteten Laut aus.

Ich weiß es heißt, dass Frauen die entjungfert wurden klammern, aber das mache ich bestimmt nicht, versprochen!

Es ist mir egal, ob du klammerst oder nicht, ich hätte das nur gerne vorher gewusst.

Jetzt weiß du es, könne wir jetzt bitte weitermachen? Ich halte das nicht mehr lange aus!

Louis zog seine Finger aus ihr zurück.

Als Ricci dachte, er würde sie jetzt doch nicht nehmen, bewies er ihr das Gegenteil indem er sie zu sich hinunter zog, sodass sie sein hartes Glied spürte.

Kurz und Schmerzlos?, fragte er sie.

Ricci nickte kurz und dann drang er mit einem kräftigen Stoß ganz in sie ein.

Ricci entfuhr ein wimmern und Louis sah sie besorgt an. „Habe ich dir wehgetan?“, fragte er besorgt. Ricci schlang ihre Beine um ihn und zog ihn näher zu sich. Nein, das könntest du nicht. Ich bin mir sicher, dass du mir nie etwas antun könntest. Ich weiß zwar nicht warum, aber irgendein Gefühl bestätigt es mir.

Dein Gefühl wird dich nicht enttäuschen, dafür werde ich sorgen. Louis liebkoste ihren Hals, während er sich wieder aus ihr zurückzog. Als er wieder mit einem Stoß in sie drang, keuchte sie auf und bog den Rücken durch. Er bewegte sich rhythmisch in ihr auf und ab. Mit jedem eindringen wurde er stärker.

Ricci fühlte wie sich der Höhepunkt anbahnte. Louis küsste sie im Rhythmus seiner Stöße und Riccis stöhnen wurde immer lauter. Sie fühlte sich so warm unter ihm an. So lebendig. Was würde er dafür geben, wieder ein Mensch zu sein.

Ricci hatte die Augen geschlossen und krallte sich an seinen Schulten fest. Ihr entfuhr ein weiteres wimmen, als er mit einem kräftigen Stoß bis zum Anschlag in sie eindrang.

Ricci drückte die Beine fester zusammen und presste sich an ihn. Als der Höhepunkt sie überkam, schrie sie auf und bäumte sich, soweit Louis Körper es zuließ, auf. Nicht aufhören! Bitte!

Louis grinste triumphierend und küsste sei so Leidenschaftlich, dass Ricci keine Luft mehr bekam.

Schließlich übermannte ihn die Leidenschaft und er stieß immer härter und schneller in sie ein. Ein weiterer Orgasmus durchfuhr sie und auch Louis ergoss sich in ihr. Er stützte sich mit den Händen links und rechts neben ihrem Kopf ab, damit er sie nicht mit seinem Körper erdrückte. Beide atmeten schnell und Flach.

Ricci sah Louis in die Augen und er verharrte einen Moment in dieser Position. Dann zog er sich aus ihr zurück und rollte sich neben sie aufs Bett. Während sich Louis´ Atmung langsam beruhigte, schnappte Ricci immer noch nach Luft. Louis sah sie amüsiert an und rutschte weiter zu ihr hinüber. Er stützte seinen Kopf mit einer Hand ab und mit der andern fuhr er sanft durch Riccis Haar. „Und?“

Ricci drehte den Kopf langsam zu ihm. Ihre Atmung beruhigte sich auch wieder.

Sobald ich wieder zu Atem gekommen bin, werde ich es dir sagen! Das war … ich habe keine Worte dafür! Fürs erste Mal nicht schlecht?

Louis musste auflachen. „Fürs erste Mal nicht schlecht. Aber wenn du glaubst das war alles, hast du dich getäuscht“, meinte er arrogant.

Ricci kuschelte sich an ihn.

Louis zuckte zusammen als sie ihre Hände an seiner Brust abstützte. Er musste zugeben, es hatte ihm gefehlt, eine Frau neben sich liegen zu haben. In den letzten Jahren, glitt er immer tiefer in die Finsternis, doch dieses Mädchen, Ricci, holte ihn zurück ins Licht.

Er legte sanft den Arm um Ricci und zog sie zu sich. „Kann ich jetzt endlich wieder schlafen?“, fragte er Ricci amüsiert.

Sie sah ihn an, wandte sich aber wieder ab und schloss die Augen. Es dauerte nicht lange, da war Ricci eingeschlafen und Louis ebenfalls.


Kapitel 5

 

 

Als Ricci aufwachte, spürte sie Louis Arm um ihre Hüften.

„Morgen Süße. Oder sollte ich besser guten Abend sagen?“

Ricci riss die Augen auf und schaute aus dem Fenster. Tatsächlich! Es wurde schon wieder dunkel. Sie hatte den ganzen Tag über geschlafen. Sie fuhr hoch und schaute sich verwirrt um.

„Was ist, Süße? Stimmt etwas nicht?“ Und ob etwas nicht stimmte. Sie fühlte eine Veränderung und die betraf nicht sie.

Ricci drehte sich zu Louis um und sah ihm in die Augen. „Du hast dich verändert. Ich habe keine Ahnung woher ich das weiß, aber ich kann es spüren!“

Louis zog die Augenbraue hoch. „Ach ja? Und was genau hat sich verändert?“, fragte er neugierig.

Sie zuckte mit den Schultern. „Lass deine Barrikaden fallen, dann kann ich es dir sagen.“

„Bist du dir sicher? Du weißt was das letzte Mal passiert ist, als ich das getan habe.“

Ricci nickte. „Aber jetzt kenne ich das meiste schon. Na mach schon, spann mich nicht so auf die Folter!“ Louis grinste hämisch.

Als er die Mauer, um seine Gedanken und Erinnerungen, fallen ließ, erschrak Ricci kurz.

„Was ist!“ Louis verschloss sich sofort wieder.

Ricci ließ sich aufs Bett fallen und hatte einen friedlichen Gesichtsausdruck.

„Ricci! Was ist los!“

„Du strahlst einen Frieden aus, in dem man sich verlieren kann!“ Sie streckte sie Arme aus und hielt die Augen geschlossen.

Louis fiel ein Stein vom Herzen, er hatte gedacht, dass sie seine finstersten Erinnerungen gesehen hatte. Ricci öffnete langsam ihre Augen. „Aber du verschweigst mir etwas. Warum?“

Louis senkte den Blick. „Es gibt Dinge, die sind nicht dafür bestimmt von anderen entdeckt zu werden. Tut mir leid“, sagte er sanft.

Ricci rollte sich zu ihm und setzte sich auf ihn. Als Ricci den Kopf zu Louis hinunter beugte, fielen ihre Haare links und rechts auf die Seite und somit konnte Louis nur sie sehen. Ihre wunderschönen Gün-goldenen Augen strahlten so eine Ruhe aus, dass er sich glatt in ihnen verlieren hätte können.

Er drehte sich mit ihr auf den Bauch und sie lag wieder unter ihm. „Du bist so wunderschön!“

Ricci fühlte sich so geschmeichelt, dass ihr sofort die Röte ins Gesicht schoss.

„Ich habe übrigens neue Nachrichten, was deinen Vertrag angeht.“

Ricci sah ihn neugierig an. „Was gibt es!“, sagte sie fordernd.

„Der Bote ist mit dem Vertrag zurückgekommen. Mit einem unterzeichneten Vertrag!“

Ricci wäre am liebsten aufgesprungen und hätte getanzt, da aber Louis auf ihr lag konnte sie ihn nur umarmen.

„Da gibt es allerdings eine Kleinigkeit die mir seltsam vorkommt.“ Ricci ließ den Kopf zurück in den Polster sinken und sah Louis an. „Anscheinend haben die Silberwölfe einen neuen Alpha-Wolf. Auf dem Vertrag steht nämlich nicht Nikolai, sondern Johnny.“

Ricci riss die Augen auf. „Johnny! Das … haut mich aber um.“

 

- - - - - -

 

Als Nikolai den Vertrag in den Händen hielt konnte er es nicht fassen. Ricci hatte es tatsächlich geschafft, den Anführer der Vampire davon zu überzeugen, den Vertrag zu unterschreiben. Seine Wachen hielten den Vampir fest, während er zu Allison ging und ihn ihr zeigte.

„Das ist ja wunderbar!“, sagte sie glücklich, „Unsere kleine Ricci hat das unmögliche geschafft!“

„Um was geht es?“, fragte Johnny, der gerade aus dem Haus kam. Allison drückte ihm den Vertrag in die Hände. Johnny nahm ihn und las ihn sorgfältig durch.

„Ich muss zugeben, ich hätte nicht gedacht, dass Ricci das zusammenbring. Obwohl ich damit hätte rechnen müssen, schließlich ist sie meine Tochter!“, sagte Nikolai stolz.

Johnny schnaubte und verzog grimmig den Mund.

„Was ist los?“, fragte ihn Allison.

Johnny zeigte mit dem Finger auf den Absatz mit der Bedingung. „Ich, Louis le tueur du loup, unterbreite ihnen, dem Alpha-Wolf der Silberwölfe, hiermit einen Friedensvertrag zwischen Vampiren und Werwölfen“, las Johnny vor, „So ein arroganter Mistkerl!“

„Warum?“, fragte Allison.

Le tueur du loup, heißt so viel wie: Der Wolfstöter!“, übersetzte Johnny.

Nikolai lachte kurz auf. „Das wundert mich nicht. Er war schon immer ein arroganter Mistkerl. Wenn der meiner Tochter …“

„Warte, bevor du das aussprichst! Da steht etwas ziemlich interessantes über Ricci!“

Nikolai riss die Augen auf und nahm Johnny den Vertrag aus der Hand. Als er ihn noch einmal durchlas, wurde sein Gesicht immer blasser.

„Was ist los, Nick?“, fragte Allison besorgt.

Als Gegenleistung für diesen Vertrag, bot mir ein Werwolf sein Leben an. PS: Ich glaube Sie kennen sie. Ihr Name ist Ricci!“, nachdem Nikolai den Satz laut vorgelesen hatte, brach Allison zusammen.

„Meine arme, kleine Tochter! Sie hatte noch ihr ganzes Leben vor sich!“

Warum müssen Frauen nur immer so übertreiben?, fragte sich Johnny und verdrehte die Augen.

Nikolai stützte sie und konnte gerade noch die Tränen zurückhalten. „Wenn Ricci nicht mehr lebt, habe ich als Vater und Rudelführer versagt. Ich lege hiermit das Amt des Alphatieres ab. Johnny, würdest du an meine Stelle treten? Ich werde mich mit Allison in eine Ruhigere Gegend absetzten“, sagte Nikolai traurig.

Johnny nickte und unterzeichnete den Vertrag. Er reichte dem Vampir, der ihn hergebracht hatte, den Vertrag und ließ ihn laufen. Der Typ war so schnell weg, dass die Wachen ihm verblüfft hinterher sahen.

Auch wenn ich Ricci liebe, ich werde den Vertrag nicht brechen um sie zu rächen, sonst hätte sie ihr Leben umsonst verwirkt.

 

- - - - - -

 

Johnny ein Rudelführer? Das ist …faszinierend, wenn man bedenkt, dass er sich nicht einmal getraut hat mir gerade heraus zu sagen, was er für mich empfindet. Ricci hielt den Vertrag in Händen und las ihn fasziniert durch.

Louis stand neben ihr und schaute ihr aufmerksam dabei zu, wie sich ihr Gesichtsausdruck veränderte. „Was ist los, Süße?“

Ricci sah vom Vertrag auf und schaute ihn an. „Ich verstehe den Vertrag zwar, aber zwei Dinge leuchten mir nicht so ganz ein.“

„Welche?“

Sie tippte mit dem Finger an die Stelle, an der sein Name stand. „Du heißt Louis le tueur du loup?“

Louis nickte. „Ja, das ist zwar nicht mein richtiger Name, aber ich habe ihn, sozusagen, ändern lassen.“

Ricci schüttelte irritiert den Kopf. „Und was soll das bedeuten?“

Louis fuhr sich durch das kurze Haar und stieß die Luft aus. „Louis? Was hat das zu bedeuten?“

„Louis, der Wolfstöter“, sagte er schnell in einem Atemzug.

Ricci sah ihn verblüfft an.

„Du unterschreibst einen Friedensvertrag mit den Werwölfen, mit der Wolfstöter? Entweder du hast den Verstand verloren, oder du bist ziemlich arrogant.Louis grinste sie wissend an. „Arrogant! Eindeutig“, sagte Ricci vergnügt.

Louis´ Grinsen ließ ein wenig nach.

„Und warum hast du das hier dazugeschrieben? Als Gegenleistung für diesen Vertrag, bot mir ein Werwolf sein Leben an. PS: Ich glaube Sie kennen sie. Ihr Name ist Ricci“, sie sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, „Das war ja super unnötig!“

Louis grinste triumphierend. „Sie hätten so oder so unterschrieben“, sagte er.

„Und was genau hat dich da so sicher gemacht?“

Louis nahm den Vertrag in die Hand und rollte ihn zusammen. „Nun, ihr seid die letzten eurer Art. Ich glaube nicht, dass sie einen Friedensvertrag, der sie davor bewahrt getötet zu werden, ablehnen.“

Ricci musste sich eingestehen, dass Louis recht hatte. Sie hätten wirklich alles dafür gegeben, an so einen Vertrag zu kommen.

Laroux kam ins Zimmer und sah Louis neugierig an. „Was sollen wir jetzt machen Louis? Du hast einen Vertrag mit den Wölfen, die wir eigentlich umbringen sollten. Nichts gegen dich Ricci. Jetzt könnten wir eigentlich wieder abreisen und andere Hunde jagen, denn hier haben wir nichts mehr zu suchen.“

Ricci sah Louis traurig an. „Ist das so etwas wie euer Job? Werwölfe killen?“

Louis sah Ricci kurz an, bevor er sich Laroux zuwandte.

„Nun ja nicht wirklich, da ihr die letzten eurer Art seid haben wir …ähm…“, er drehte sich zu Laroux, „Wir werden noch eine Weile hierbleiben. Amüsiert euch einstweilen. Ich werde mit Ricci zum See gehen.“

Laroux nickte und nahm Louis den Vertrag ab. „Wenn du meinst, aber sehr begeistert bin ich nicht davon, dass du dich mit einem Werwolf herumtreibst. Beziehungsweise es.“

Louis sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Du solltest jetzt besser gehen, mein Freund.“ Laroux zuckte mit den Schultern und ging.

Ricci sah Louis aufgeregt an. „Ein See?!“

Louis nickte und musste zu lachen anfangen, als er das strahlen in Riccis Augen bemerkte. Er legte ihr den Arm um die Taille und zog sie an sich. „Er liegt im Wald. Es wundert mich, dass du ihn noch nicht gefunden hast.“

Ricci sah ihn herausfordernd an. „Willst du damit sagen, dass du findest ich sei eine blinde Nuss?“

Er sah sie amüsiert an. „Vielleicht?“

Ricci stieß ihm den Ellbogen in die Rippen. „Na dann zeig mir diesen, ach so auffälligen See, den ich nicht gefunden habe!“

 

- - - - - -

 

Der See war atemberaubend schön. Das Wasser war glasklar und man konnte die Fische sehen.

Ricci lief zum Wasser und blieb mit offenem Mund vor dem Riesigen Wasserfall stehen. Es war unglaublich. Der See war umringt von den verschiedensten Bäumen und Sträuchern, in der Mitte des Sees befand sich eine Art kleine Insel, auf der ein großer Apfelbaum stand. Und ein kleiner Wasserfall, dessen Anfang von einem Bach kam, der hinauf zu einem Berg führte. „Louis, das ist unglaublich! Wieso hab ich den nie gefunden!“ Ricci kannte die Antwort bereits, wollte es aber nicht wahrhaben.

„Ich glaube deswegen, weil hier alles seinen Anfang genommen hat und dieser Teil des Waldes von den Wölfen, als Tabuzone gilt.“

Ricci sah ihn fasziniert an. „Wie meinst du das mit, hier hat alles seinen Anfang genommen?“

Louis seufzte. „Hier habe ich Jean umgebracht“, sagte er traurig und ließ den Kopf hängen, „Zumindest glaube ich das. Es sind nur Bruchstücke an die ich mich erinnern kann.“ Er erinnerte sich nicht gerne an die Zeit zurück, in der Jean starb. Das wollte er auch gar nicht.

Ricci hatte sich ans Ufer gesetzt, die Schuhe ausgezogen und die Füße ins Wasser gehängt. Es war nicht kalt, eher erfrischend. Sie sah ihn an, doch Louis schaute Geistesabwesend in die Ferne. „Du musst es mir nicht erzählen, wenn du es nicht willst“, sagte sie, ergriff seine Hand und zog ihn zu sich hinunter.

Er warf ihr einen dankenden Blick zu und ließ sich neben ihr nieder. Ricci und Louis schauten noch eine Weile auf das ruhige Wasser und beobachteten die Fische. Es war so schön ruhig. Nach einer Weile stand Louis auf und zog sich Hemd und Hose aus.

Ricci schaute ihn neugierig an. „Was hast du vor?“, fragte sie ihn.

Er sah sie mit einem fiesen Grinsen an, nahm Anlauf und sprang ins Wasser. Ricci schrie auf als ihr eine Wasserfontäne ins Gesicht spritzte. Louis tauchte auf und sah sie amüsiert an. Ricci war aufgesprungen, hatte die Arme aufgeregt weggestreckt und sah an ihren nassen Klamotten hinunter. Louis fing an zu lachen und zeigte mit dem Finger auf sie. „Ein nasser Hund!“, sagte er und brach in schallendes Gelächter aus.

Ricci warf ihm einen bösen Blick zu. „Was sollte das denn!?“

Louis konnte vor lauter Lachen nicht sprechen. Er hatte sich schon lange nicht mehr so amüsiert wie jetzt gerade. Er wischte sich eine Lachträne aus dem Gesicht und beruhigte sich langsam. „Also ehrlich Ricci, dein Gesichtsausdruck ist unbezahlbar!“

Ricci ließ sich beleidigt auf das Gras fallen und setzte sich gleich wieder auf. „Du bringst mich noch ins Grab.“ Sie zog alles bis auf ihren Bikini aus, den sie sich vorher noch angezogen hatte, und legte sich in die Sonne.

Louis schwamm zum Ufer und schlich sich an Ricci heran. Er würde zwar mächtig Ärger von ihr kriegen, wenn er das jetzt machte, aber das war es ihm wert. Er stand auf und stellte sich in die Sonne, sodass Ricci genervt die Augen öffnete und ihn böse ansah.

„Was ist los? Hast du mich nicht schon genug geärgert?“, fragte sie ihn beleidigt. Louis schüttelte den Kopf und fing an schelmisch zu grinsen. Ricci sah riss die Augen auf und sah ihn an, als ob er verrückt wäre. Sie streckte abwehren die Hände nach ihm aus. „Nein. Nein! NEIN! Das tust du jetzt nicht!“

Zu spät.

Louis hatte Ricci auf seine Schultern gehoben und sprang mit ihr ins Wasser. Mit einem lauten Platschen landeten sie im Wasser.

Ricci tauchte schnell wieder auf und spuckte das Wasser aus, welches ihr in Nase und Mund gekommen war. Sie hustete ein paar Mal und versuchte nebenbei eine Stelle zu finden, an der sie stehen konnte. Als sie diese gefunden hatte, drehte sie sich um und suchte nach Louis. Der war allerdings nirgends zu finden. „Louis? Hör auf das ist nicht lustig“, sie rieb sich die Arme, weil ihr kalt war, und suchte im Wasser nach Louis.

Louis war untergetaucht und beobachtete Ricci Unterwasser. Da Ricci von oben nur eine Staubwolke sehen konnte, schlich er sich an sie heran und streifte sie ein paarmal. Er genoss es, wenn sie zusammenzuckte und ängstlich nach ihm suchte.

Ricci machte einen Schritt nach vorne und spürte etwas an ihren Beinen. Sie hasste so etwas, denn sie hatte Angst vor großen Fischen und Louis hatte es geradewegs geschafft, sie an eine Stelle mitten im See zu bringen. Als sie wieder etwas berührte, zuckte sie zusammen und schaute ängstlich in die Staubwolke zu ihren Füßen.

Louis wollte zwar nicht aufhören, aber wenn er weitermachen würde, dann wäre Ricci vielleicht nicht mehr gut auf sie zu sprechen. Also tauchte er hinter ihr auf. Ganz leise und unauffällig. Er schlich an sie heran und packte sie an den Hüften.

Ricci schrie auf und wollte weg, aber Louis zog sie an sich. Sie wehrte sich, doch als sie merkte wer sie da festhielt, drehte sie sich um und verpasste ihm eine Ohrfeige.

Louis musste, trotz der Ohrfeige lachen und Ricci blickte ihn grimmig an. „Louis du Arschloch!“ Sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, aber er hielt sie fest.

„Oh, habe ich das arme, nasse Hundchen erschreckt?“, fragte er sarkastisch.

Ricci wollte etwas sagen, doch Louis küsste sie bevor sie auch nur ein Wort sagen konnte. Ricci wollte ihn wegdrücken, aber er war zu stark. Sie versuchte sich einen Plan zurechtzulegen, aber das war gar nicht so einfach.

Louis küsste Ricci und wollte sie nie wieder loslassen. Doch plötzlich verwandelte sich Ricci in einen Wolf und er ließ sie los. Er sah zu wie Ricci zu der kleinen Insel schwamm und folgte ihr.

Auf der kleinen Insel angekommen, schüttelte sich Ricci und verwandelte sich zurück. „Louis, du bist einfach unglaublich!“

Louis zog die Augenbrauen hoch. „Was? Unglaublich sexy, stark, cool, geil,…“

„Nein. Arrogant, selbstverliebt und rücksichtslos!“

Louis zog einen Schmollmund und stellte sich vor Ricci. „Echt nett!“

Ricci grinste, drehte sich um und ging langsam wieder ins Wasser.

Louis sah ihr zu und spürte, wie sein Verlangen nach ihr wuchs.

Ricci ließ sich ins Wasser gleiten und drehte sich um, um nach Louis zu sehen. Sie erschrak, als er nicht mehr dort war. Sie stand auf und schaute sich um. Plötzlich wurde sie von hintern ins Wasser gezogen und geküsst. Sie stieß sich von Louis ab und amtete tief ein.

„Was ist?“, fragte Louis sie besorgt.

„Du kannst das nicht machen wann du willst! Ich bin nicht dein Eigentum!“

„Eigentlich schon“, korrigierte sie Louis.

Ricci fuhr sich aufgebracht durch die Haare und merkte nicht wie Louis auf sie zukam.

Er stellte sich vor sie hin und sah ihr in die Augen. „Und jetzt beruhigst du dich wieder und stänkerst nicht mehr an mir herum.“ Ricci sah ihn verzweifelt an und nickte. Louis zog sie mit sich in Wasser und küsste sie.

Ricci musste leider Gottes zugeben, dass Louis auf seine eigene, wenn auch arrogante Art, einfach unwiderstehlich war.

 

- - - - - -

 

Jetzt da Nikolai Johnny zum neuen Anführer auserkoren hatte, hatte er hier nichts mehr zu suchen. Er war mit Allison auf der Couch gesessen und hatte versucht sie zu beruhigen, aber Allison konnte nicht fassen, dass ihre einzige Tochter tot war. Eigentlich war nicht sicher, dass Ricci tot war, aber warum sollte Louis einen Werwolf am Leben lassen? Das hätte keinen Sinn ergeben.

Allison war in Riccis Zimmer gegangen und hatte ihre Sachen zusammengepackt. Nikolai hätte sie niemals gehen lassen dürfen. Schließlich war sie ihr einziges Kind. Allison setzte sich auf Riccis Bett, legte den Kopf in die Hände und weinte. Ricci hatte noch ihr ganzes Leben vor sich und jetzt war sie tot.

Tot! Weg! Für immer aus ihrem Leben verschwunden. Nichts und niemand konnte sie mehr zurückbringen. Das war alles so surreal. Gestern hatte sie sich noch mit ihr unterhalten und jetzt war sie weg.

Sie wollte ihr noch so vieles Sagen. So vieles miterleben. Aber das spielte jetzt alles keine Rolle mehr. Ricci war unwiederbringlich fort und das konnte man nicht so einfach rückgängig machen. Sie musste aufhören ständig daran zu denken, was sie nicht alles hätte ändern können, wenn sie Ricci begleitet hätten.

Warum hatte keiner etwas unternommen? Ricci gehörte zum Rudel und war etwas Besonderes. Sie sah Jean, als Wolf, zum Verwechseln ähnlich. Und dennoch hatte Nikolai sie einfach gehen lassen. Er hätte ihr beistehen sollen, schließlich war sie seine Tochter.

Als die Tür aufging und Johnny hereinkam, wischte sie sich die Tränen aus den Augen und sah ihn an. „Was gibt’s?“, fragte sie ihn.

Johnny ging auf sie zu und setzte sich neben sie auf das Bett. „Miss Farley, sie sollten aufhören sich immer Vorwürfe zu machen. Sie können nichts dafür, dass Ricci fort ist. Aber sie können stolz auf sie sein. Ihre Tochter hat das geschafft, was das Rudel schon seit mehr als fünfhundert Jahren versucht, zu beanstanden. Den Friedensvertrag. Ricci wird nicht in Vergessenheit geraten.“

Allison sah ihn an und nickte. Sie stand auf und drehte sich zu ihm um. „Versprich mir, dass du das Rudel gut führen wirst und nichts tust, was den Vertrag brechen könnte. OK?“

Johnny nickte. „Ich verspreche es.“

Allison ging hinunter zu Nikolai, der in der Terrassentür stand und einen letzten Blick auf den Wald und das Rudel warf. Er hatte es nun schon solange geführt. Sein Vater wäre stolz auf ihn gewesen.

Nikolai drehte sich um und sah Allison traurig an. „Lass uns gehen. Hier gibt es nichts mehr, was uns länger hält.“ Er ging an Allison vorbei und legte ihr den Arm um die Schulter. „Du hast recht, lass uns gehen.“

Allison ging mit Nikolai zum Umzugswagen und stieg ein. Sie hatte hier so viele Jahre zugebracht und jetzt würde sie diesen Ort verlassen. Seit achtzehn Jahren wohnten sie hier. Seit Riccis Geburt. Doch heute war der Tag gekommen, an dem sie, Allison Farley, diesen wunderschönen und zugleich grausamen Ort verlassen würde. Der Ort, der ihr ihre Tochter so jung entrissen hatte. Nie wieder würden sie zurückkommen. Nicht nachdem was hier geschehen war.

Nikolai schloss die Tür und schaute ein letztes Mal auf das was er hier sein Leben lang aufgebaut hatte zurück. Was hatte er sich nur dabei gedacht, seine Tochter alleine loszuschicken. Er hätte Ricci nicht so einfach gehen lassen sollen. Das würde er sich niemals verzeihen. Er ließ den Motor an und fuhr los.


Kapitel 6



Johnny winkte den Farleys zum Abschied und ging dann wieder ins Haus.

Warum hatte er Ricci gehen lassen? Er liebte sie, er hätte sie begleiten müssen. Wenn Ricci nicht ihr Leben dafür gegeben hätte, diesen dämlichen Vampir dazu zu bringen den Vertrag zu unterschreiben, würde sie jetzt noch leben.

Er verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und ging in den Garten. Achtzehn Jahre kannte er sie. Ihr ganzes Leben lang. Er hätte sie halt nicht einfach so gehen lassen dürfen. Er war zwanzig, er hätte wissen müssen, dass etwas passieren würde.

Er hatte Ricci immer damit aufgezogen, dass er um zwei Jahre älter war, als sie, aber Ricci hatte Sachen geschafft, von denen er nur träumen konnte.

Wie zum Beispiel diesen Vertrag. Sie war zwar immer sehr naiv gewesen, aber ein Schutzengel hatte sie immer beschützt und die Sache um Guten gewendet.

Johnny ging zum Wald und blieb vor den Bäumen stehen. Ricci fand es immer faszinierend am Abend im Mondschein hier zu sitzen und nachzudenken. Er hatte es geliebt ihr zuzusehen und sie zu necken. Johnny ärgerte sich, dass er ihr nicht früher gesagt hatte, was er für sie empfand. Jetzt war es zu spät und er konnte es nicht mehr ändern.

Johnny ging zu dem Ort an dem er immer nachdachte. Er wollte ihn Ricci zeigen, aber dazu kam es nie. Es war eigentlich verboten dort hinzugehen, aber gerade das hatte ihn magisch angezogen. Der Ort lag versteckt im Wald und man konnte ihn nicht so leicht finden.

Plötzlich hörte er etwas und verstärkte seinen Schritt. Er legte sich hinter einen Busch und sah zum See hinunter er konnte kaum glauben, was er dort sah.


- - - - - -


Louis küsste Ricci und sie schlang ihre Arme um seine Schultern. Er zog sie noch näher an sich und versuchte dabei nicht unterzugehen.

Ricci zog ihn zu einem kleinen Felsen und stützte sich daran ab.

„Meine Süße, kleine…“

„Nenn mich nicht klein. Ich bin jetzt erwachsen“, sagte sie leise.

„Na gut, dann eben nicht klein.“

„Aber das Süße kannst du ruhig beibehalten“, sagte Ricci und grinste.

Louis ließ seine Hände über ihren ganzen Körper wandern und Ricci legte den Kopf zurück. Er fuhr mit der Zunge ihre Adern nach und ruhte an ihrem Hals. Was würdest du tun, wenn ich dich jetzt beiße?

Ricci musste auflachen, als sein Atem an ihrem Hals kitzelte. Daran könnte ich nichts ändern. Steht so im Vertrag.

Er zog ihren Kopf nach vorne und sah ihr ihn die Augen. „Jetzt vergiss endlich diesen dämlichen Vertrag! Ich darf mit dir machen was ich will, also will ich, dass du dein Leben lebst.“

Ihre Augen fingen an zu leuchten und sie drückte ihre Stirn gegen seine. „Du wirst mir von Mal zu Mal sympathischer“, sagte Ricci leise.

Louis lachte und hob sie hoch und setzte sie auf den Stein, sodass sie ihm jetzt direkt in die Augen schaute konnte. „Du bist aber auch nicht schlecht.“

Sie legte ihre Hände auf seine Wangen und küsste ihn. Plötzlich hörte sie etwas hinter sich und spürte wie Louis die Fänge ausfuhr und zu knurren begann. Sie öffnete die Augen und sah wie Louis´ Augen leuchtete und er hinter ihr vorbei sah. Sie schaute ihn irritiert an.

„Ricci?!“

Ricci zuckte zusammen und erkannte die Stimme sofort. Das darf doch jetzt nicht wahr sein!

Louis sah Ricci an, die ihren Kopf gegen seine Brust drückte. „Kennst du den Typen?“, fragte er.

Oh mein Gott, oh mein Gott. Wieso ich? Wieso gerade jetzt? Wieso hier?

„Ricci bist du das?“

Sie wollte sich nicht umdrehen, denn sie wusste wer hinter ihr stand. Johnny! Sie drehte sich langsam um und begegnete Johnnys entsetztem Blick. „Ähm …Hallo?“

Johnny sah sie perplex an. „Du lebst? Was tust du hier? Wir dachten, du seist… Moment mal!“ Johnny riss die Augen auf und machte einen Schritt zurück.

„Was los kleiner? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen“, sagte Louis spöttisch. Ricci sah an sich herunter und ging auf Tauchstation, doch Louis hielt sie fest und so musste sie alles über sich ergehen lassen.

„Louis, oder?“, fragte Johnny den Vampir hinter Ricci.

„Jemand anders erwartet?“, sagte Louis.

„Johnny hör zu, ich…“

Johnny sah sie ernst an. „Nein! Ich will es gar nicht hören!“, fachte Johnny sie an.

Ricci zuckte zusammen und Louis legte ihr einen Arm um die Taille. „Das ist also der neue Anführer der Silberwölfe. Wo ist Nikolas?“

Ricci und Johnny sahen Louis erschrocken an.

„Was ist?“, fragte er verwirrt.

Ricci drehte sich zu ihm um. „Nikolas?“

Louis blieb ganz locker. „Ich sagte Nikolai!“

Ricci löste sich von ihm und ging hinaus. „Also jetzt kann mein Leben gar nicht mehr schockierender werden“, sagte Ricci geistesabwesend und ging zu ihren Sachen.

Louis ging ebenfalls aus dem Wasser, wobei Johnny ihn die ganze Zeit über argwöhnisch beobachtete. Louis blieb vor ihm stehen und schaute ihn skeptisch an.

Jetzt da ich weiß, dass Ricci noch lebt, muss ich sie irgendwie aus den Fängen dieses Blutsaugers befreien!

„Vergiss den Vertrag nicht!“, ermahnte ihn Louis.

Johnny kniff die Augen zusammen. Er baute sich vor Louis auf, wobei dieser immer noch um ein paar Zentimeter größer war, als er.

Ricci hatte sich inzwischen ein Handtuch aus der mitgebrachten Tasche, herausgeholt und sich abgetrocknet. Louis bleckte die Zähne und beide fingen an sich anzuknurren. Ricci ging zwischen die beiden, während sie sich nebenbei die Haare trocknete. „Jetzt hört endlich mit dem blöden Getue auf, ihr habt einen Vertrag unterzeichnet.“

Louis und Johnny sahen sie an. Johnny rümpfte die Nase. „Ricci, warum hast du dich als Gegenleistung für den Vertrag angeboten? Bist du komplett irre?!“, schrie Johnny sie an.

„Jetzt mach mal halblang, kleiner. Wenn ihr sie nicht aus eurem Rudel geschmissen hättet, dann wäre ihr Leben nicht das einzige gewesen, was sie mir hätte anbieten können!“, fauchte Louis sie an.

Johnny sah Ricci verwirrt an. „Ich dachte du hättest ihm angeboten diese Vampire frei zu lassen?“

Louis fing an zu lachen. „Du meinst die, die sie umbringen wollten?“

Ricci drehte den Kopf auf die Seite und sah zu Boden.

„Dich umbringen wollten? Was meint er damit?“

„Dass ich wirklich tot wäre, wenn er nicht gewesen wäre“, sagte Ricci geistesabwesend.

Johnny sah Louis verwirrt an.

„Dachtest du wirklich, sie hätte es mit elf, jeweils hundert Jahre alten Vampiren, aufnehmen können?“

Johnny ließ den Kopf sinken. „Ich wusste, ich hätte bei dir bleiben sollen. Es tut mir leid“, sagte Johnny traurig. „Aber warum hast du sie nicht umgebracht? Ich meine sie wird wohl kaum freiwillig bei dir geblieben sein, oder?“

„Doch eigentlich schon und …“ Weiter kam er nicht, da hielt Ricci ihm schon den Mund zu.

„Was und? Ricci was verschweigst du mir?“ Louis zog die Augenbrauen hoch und nahm Riccis Hand weg.

„Was hast du mit ihr gemacht?“, fuhr Johnny Louis an.

Ricci fuchtelte mit den Händen in der Luft herum.

„Das tut nichts zur Sache! Viel wichtiger ist jetzt, dass…“

„Mit ihr geschlafen“, sagte Louis ganz nebenbei.

Ricci zuckte zusammen und Johnnys Augen wurden immer größer.

DU HAST WAS!“, fragte Johnny aufgebracht.

Ricci schaute Louis entgeistert an. Sag mal spinnst du!

Nö.

Das wird noch Konsequenzen haben.

Ich freu mich schon!

Johnny packte Ricci an den Schultern und ließ sie dann los als ob er sich verbrannt hätte. „Du bist doch nicht mehr ganz dich!“ Johnny fasste sich an den Kopf du drehte sich um. „Ricci! Die werden dich umbringen, wenn sie das erfahren!“

Ricci und Louis sahen Johnny fragend an. „Wer sind die?“, fragte Ricci.

DIE sind die Erschaffer. Sowohl die Urväter der Vampire, als auch der Werwölfe.“

Johnny nickte. Er konnte nicht fassen, dass gerade Ricci sich auf so jemanden einließ. Das war … typisch Ricci. Johnny schüttelte den Kopf und drehte sich wieder um.

„Aber das könnte mir ja auch egal sein. Da du das Rudel verlassen hast, ist das sein Problem.“

„Ich hab so das Gefühl, dass dir das nicht so egal ist wie du sagst. Du liebst sie, soweit ich weiß“, stellte Louis fest.

Johnny sah Ricci entsetzt an. „Du hast es ihm erzählt!“

„Es könnte mir herausgerutscht sein.“

Johnny wollte gerade etwas sagen, aber Louis unterbrach ihn. „Genug jetzt, wir sollten gehen.“

Ricci sah ihn fragend an. „Warum?“ Sie sog die Luft ein und wusste warum.

Sie suchen mich schon, ich muss gehen!“ Johnny verwandelte sich und lief davon.

Ricci rannte zu ihren Sachen und zog sich schnell um.


- - - - - -


Zu Hause angekommen, hing Ricci ihre Badesachen im Bad auf und ging nach draußen. Louis war in die Küche gegangen, sich etwas zu trinken zu holen, während Ricci sich eine Liste zurechtlegte, mit den zu erledigenden Sachen. Plötzlich hörte sie ein Geräusch von unten, als ob jemand auf den Boden gefallen wäre.

„Du Mistkerl! Was bildest du dir eigentlich ein?! Du tust so, als hätte es das alles nie gegeben!“, hörte sie Vivienne von unten schreien.

„Was bildest du dir ein! Glaubst du wirklich, dass das alles echt war!“, schrie Louis zurück.

Ricci sprang vom Bett auf und rannte zur Treppe. Sie sah, wie Vivienne Louis zu Boden drückte und ihn anschrie. Sie wollte schon zu ihm hinunterrennen, doch Laroux hielt sie auf.

„Lass mich los!“, herrschte sie ihn an.

„Glaub mir kleines, gegen Vivienne hättest du keine Chance. Der einzige der es mit ihr aufnehmen kann ist Louis.“

Sie schaute ihn an und drehte sich dann wieder zu Louis um.

„Ich werde dich daran erinnern, was du ja nicht mehr weißt! “ Sie sah ihm in die Augen und Laroux zuckte zusammen. „Du wirst dich jetzt an die letzten tausend Jahre erinnern. Wie du verwandelt wurdest und vor allen Dingen von wem, daran wie du die Wölfe abgeschlachtet hast, jeden einzelnen. Wie sehr du sie hasst und daran was mit Nikolas passiert ist. Und vergiss diese kleine Schlampe Ricci!“

Laroux nahm Ricci und führte sie in sein Zimmer.

„Nimm es mir nicht böse, aber du solltest jetzt verschwinden. Vivienne macht gerade den schlimmsten Fehler überhaupt und du solltest nicht mehr in der Nähe sein, wenn sie mit ihm fertig ist!“

Ricci sah ihn fragend an. „Was meinst du damit?“ Plötzlich hörte sie einen Lauten schrei und stürmte zur Tür.

Louis hatte Vivienne an der Kehle gepackt und sie gegen die Wand gedrückt. Ihr rann das Blut den Hals hinunter, da Louis sie anscheinend gebissen hatte. „Ich weiß zwar nicht, was du gerade mit mir gemacht hast, aber das war das Beste, was je einer mit mir gemacht hat!“ Er biss Vivienne in den Hals und saugte sie aus, bis sie kein Blut mehr hatte und starb.

Ricci schlug die Hände vor den Mund, um zu verhindern, dass sie schrie.

Louis hob den Kopf und ließ Viviennes leblosen Körper auf den Boden fallen. Er sog die Luft ein und knurrte.

Ricci konnte nicht fassen, was da gerade passiert war. Sie wollte gerade die Treppen zu Louis hinunterlaufen, da drehte er sich um und sah sie mit leuchtenden Augen an. Ihr jagte ein eiskalter Schauer über den Rücken. So hatte sie ihn noch nie gesehen. Sie drehte sich um und rannte in Larouxs Zimmer, doch gerade, als sie die Tür schließen wollte, stand er vor ihr und hielt sie offen.

„Wen haben wir denn da? Ein Werwolf in meiner Nähe? Und dazu noch so jung?!“

Laroux stellte sich vor sie. „Louis, hör mir zu, du hast einen Friedensvertrag mit den Werwölfen unterzeichnet, du darfst…“

„Warum nennst du mich Louis? Wer zur Hölle bist du und was macht die dann da? Sollte sie nicht bei denen sein? Außerdem würde ich so einen Schwachsinn niemals machen! Ich will ihn sehen!“ Auch wenn er sich wunderte, was er hier machte, fragte er nicht weiter nach. Ihn interessierte viel mehr, von was für einem Friedensvertrag er sprach.“ „Ricci hol den Vertrag. Er liegt im Wandschrank“, sagte Laroux zu ihr, ohne Louis aus den Augen zu lassen.

„Du hast Glück, dass mich dieser Vertrag da mehr interessiert, sonst würde dein Kopf schon woanders liegen!“

Ricci nahm den Vertrag und brachte ihn zu Laroux. Louis riss ihn ihr aus der Hand und begann ihn durchzulesen. Als er fertig war, drückte er Laroux den Vertrag in die Hand und schob ihn beiseite. „Du bist Ricci nehme ich an?“

Ricci nickte und machte einen Schritt zurück, als Louis sie hungrig ansah.

„Laut Vertrag kann ich mit dir machen, was ich will, oder?“

Ricci hatte eine schlimme Vorahnung. Was läuft hier eigentlich? Wieso benimmt er sich so komisch? Sie zuckte zusammen, als ihr einfiel, dass Louis ihre Gedanken lesen konnte. Aber er machte keine Anstalt irgendetwas zu erwidern, es schien, als ob er sie auf einmal nicht mehr lesen konnte.

Laroux stand daneben und deutete ihr unbemerkt, wegzulaufen.

„Was ist los? Hat es dir die Sprache verschlagen?“, sagte Louis hämisch.

Laroux packte Louis am Arm, während sich Ricci in einen Wolf verwandelte und aus dem Fenster im dritten Stock sprang.


- - - - - -


Ricci lief so schnell sie konnte in den Wald und versuchte einen Ort zu finden, an dem Louis nicht nach ihr suchen würde. Wo soll ich hin? Louis darf mich nicht finden! Da ging Ricci ein Licht auf. Genau! Johnny! Er wird mir helfen, zumindest hoffe ich das.

Ricci lief gerade über ihre Lieblingswiese, als sie an der Rute gepackt und nach hinten gezogen wurde. Sie jaulte vor Schmerz auf und schnappte nach der Hand. Es war Louis und sie wusste genau, dass sie, wenn sie überleben wollte, ihm entkommen musste.

„Hast wohl gedacht du kannst abhauen, Fellteppich! Aber da musst du schon schneller sein!“ Er packte sie im Genick und schüttelte sie hin und her. Ricci glaubte, dass ihr Genick gleich brechen würde. Louis packte fester zu und warf Ricci volle Wucht gegen einen Baum, sodass sie ein Knacken hörte.

Ich glaube das war mein rechter Hinterlauf. Sie wollte aufspringen, aber Louis war schneller und schleuderte sie gegen den nächsten Baum. Ricci stieß sich ab und nutzte den Schwung, um Louis zu Boden zu werfen. Sie überschlugen sich mehrmals und stoppten schließlich, übereinanderliegend auf der Wiese.

Louis blieb oben liegen und drückte Ricci auf das Gras. Er würgte sie, bis sich Ricci zurückverwandeln musste, um eine Chance zu haben. Sie schlug um sich, aber all das half nichts.

Plötzlich hörte er damit auf und Ricci konnte endlich wieder atmen. Allerdings nicht lange, denn Louis drückte ihr Kinn nach oben und entblößte ihre Kehle. „Beim nächsten Mal solltest du vorher darüber nachdenken, bevor du dich verflüchtigst. Vor allen Dingen, wenn es sich um ein Gebiet handelt, dass ich seit etwa tausend Jahren kenne.“

Ricci versuchte sich abermals zu wehren, aber Louis lachte nur und dann biss er zu. Ricci schrie wie am Spieß, während er ihr ganz langsam das Blut aussaugte.

Das Blut schien langsam in ihren Adern zu gefrieren. Riccis Glieder wurden immer schwerer. Ihr Puls verlangsamte sich und ihr Blickfeld verengte sich.

Louis genoss es, ihr das Blut auszusagen. Es schmeckte so viel anders, als das derer die er bisher umgebracht hatte. So…süßlich. Langsam, ganz langsam, spürte er wie ihr Puls schwächer wurde, genauso wie ihr Herzschlag. Sie wehrte sich auch nicht mehr. Dieses Mädchen lag unter ihm und wenn er ihren Herzschlag nicht gehört hätte, dann hätte er glauben können, dass sei schon tot wäre.

Als Ricci sich nicht mehr wehren konnte, sah sie ihr ganzes Leben an sich vorbeilaufen.

Den ersten Urlaub mit ihrer Familie in Italien. Sie war fünf und lag auf einer Luftmatratze, während um sie herum nur das weite Meer war.

Unter ihr war glasklares Salzwasser und eine kleine Krabbe krabbelte am Sandboden.

Sie sah ihr fasziniert zu, während die Sonne vom Himmel schien. Es hatte sicher dreißig Grad im Schatten.

„Ricci! Komm raus, es gibt Essen!“

Sie hob den Kopf und sah wie ihre Mutter am Strand stand und nach ihr rief, während ihr Vater am Grill stand und die Würstel auf ein Teller legte.

Szenenwechsel:

Sie saß im Wohnzimmer auf dem Esstisch und erledigte ihre Hausaufgaben. Damals war Ricci acht gewesen.

Sie schrieb Mathe, da läutete es an der Tür und ihre Mutter ging aufmachen. Sie öffnete die Tür und schlug die Hände vor den Mund.

Ihr Vater stand in der Tür. Er war gerade von einem Arbeitsauftrag zurückgekommen. In einem Land, das von einem gewaltigen Erdbeben heimgesucht wurde.

Damals hieß es, dass es keine Überlebenden gab und Allison hatte die Hoffnung schon aufgegeben.

Szenenwechsel:

Ricci lag in ihrem Zimmer auf dem Bett und sah an die Decke.

Es klingelte an der Tür und sie rannte die Treppen hinunter und wäre dabei fast gestolpert. Als sie die Tür öffnete stand Johnny in der Tür. Sie warf ihm die Arme um den Hals und er hob sie hoch.

Dann stand ihr Vater hinter ihr und trennte sie.

„Nicht so übermütig! Sie wurde gerade vom Pferd abgeworfen, vergiss das nicht.“

Sie lachten.

Dann verschwamm alles. Riccis Sichtfeld wurde immer eingeschränkter, bis alles Schwarz wurde.


- - - - - -


Laroux kam zu sich und griff sich an den Kopf.

Bloß weil er kein Mensch mehr war, hieß das nicht, dass er keine Kopfschmerzen hatte nachdem er von Louis niedergeschlagen wurde.

„Aah…mein Kopf!“ Er setzte sich langsam auf und sah, wie Garoux auf dem Ledersessel saß und ihn hämisch angrinste.

„Da hast du dir aber mächtig Ärger eingebrockt! Er ist ziemlich sauer auf dich“, sagte Garoux.

Laroux stand auf und versuchte aufrecht stehen zu bleiben. Es war echt nicht nett von Louis ihm erst das Genick zu brechen und ihn dann auszusaugen.

Garoux hatte ganz vergessen, wie Louis war, bevor Vivienne ihn hypnotisiert hatte, um ihn gefügig zu machen. Allerdings hatte sie ihm dabei nur sein Gedächtnis gelöscht.

Aber jetzt hatte Louis sein Gedächtnis wieder.

„Garoux ich braucht deine Hilfe. Es geht um…“

„Schön ich sehe, du bist wieder zu Bewusstsein gekommen. Dann können wir den Vorfall von vorhin besprechen!“, knurrte eine Stimme.

Garoux schaute zur Tür. „Hey Caligola. Ich hoffe du hast eine Erklärung dafür, dass du so lange weg warst.“

Laroux sah ihn verwirrt an, als Louis durch die Tür kam. „Haben wir Besuch?“, fragte er irritiert.

Beide fingen an zu lachen. „Ja, klar. Hast du es ihm nie erzählt?“, sagte Louis zu Garoux und wischte sich die Tränen aus den Augen.

Dieser schüttelte den Kopf und sah Laroux dann ernst an. „Mein Richtiger Name ist Caligola Mertes. Du kannst es nicht wissen, da diese dämliche Hure vorher mein Gedächtnis gelöscht hatte“, sagte er eiskalt.

Laroux und Garoux waren zwar Brüder, aber Garoux wurde vier Jahre vor ihm in einen Vampir verwandelt. Sie konnten sich nicht besonders leiden, weshalb Laroux seinen Bruder nicht oft zu Gesicht bekam. Laroux hatte diesen Caligola nie kennengelernt, aber die Geschichten über ihn.

Er war einer der gefürchtetsten Vampire seiner Zeit, wenn nicht der Gefürchtetste.

Caligola hatte ein ganzes Rudel Werwölfe, bestehend aus zwanzig Mitgliedern, alleine ausgelöscht. Laroux war damals bei der Polizei, als sich dieses Massaker in den Barsakra-Bergen ereignet hatte. Erst dachte er, Garoux sei in die Sache verwickelt, aber als klar wurde, dass es dieser Caligola war, gab er zur eigenen Sicherheit seinen Job auf.

Als er von einem Vampir namens Chase, verwandelt wurde nahm er erstmals wieder Kontakt zu seinem Bruder auf. Er hatte einen ziemlich verwirrten Freund bei sich: Louis.

Chase benahm sich immer Merkwürdiger und eines Tages verschwand er spurlos.

„Ach ja, bevor ich es vergesse“, unterbrach Caligola seinen Gedankengang, „diese Ricci, sind wir auch los.“

Laroux riss die Augen auf. Er hatte sich nie an den Wolfsjagden von ihm und seinem Bruder eingelassen, da er es äußerst blödsinnig fand, Menschen umzubringen. Auch wenn es Werwölfe waren, die meisten davon waren sogar unschuldig. Aber das kümmerte sie nicht.

„Ich kann dir nicht vertrauen, deswegen muss ich dich leider umbringen, aber du kannst mich noch etwas fragen, vorausgesetzt du willst“, meinte Caligola, während Garoux nur schweigend auf seinem Sessel saß.

Laroux verstand sich zwar nicht gut mit seinem Bruder, allerdings hatte er sich ein wenig Unterstützung von ihm erhofft. „Zwei, wenn du gestattest“, antwortete Laroux.

Caligola nickte. „Aber beeil dich, ich habe noch ein paar Fellteppiche für mein neues Haus zu sammeln!“, sagte er boshaft und ließ seine Fänge aufblitzen.

„Warum bringst du diese Werwölfe um?“ Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht aus Spaß. Nächste Frage.“

„Kannst du dich noch an etwas erinnern, was mit Ri… der Werwölfin zu tun hat?“

Caligola dachte nach. Es waren Bruchstücke. Er erinnerte sich an einen See, ein wunderschönes Lachen und den süßen Geschmack ihres Blutes. Aber das konnte nicht sein, schließlich waren alle Hundsviecher gleich und keines von denen hätte ihn damals laufen lassen. „Nein.“

Laroux ließ den Kopf hängen. Jetzt kann sie nichts mehr retten. Ich hätte es eher merken müssen. Das arme Mädchen.

„Das heißt…“, fügte Caligola hinzu, „doch!“

Laroux sah ihn voller Hoffnung an, während Garoux argwöhnisch die Augenbrauen zusammenkniff.

„An den Geschmack ihres Blutes, als ich es ihr aussagte!“ Caligola und Garoux fingen beide an zu lachen.

Laroux nutzte die Chance der Ablenkung und machte sich schnellstmöglich aus dem Staub. Er musste die Wölfe noch vor Caligola erreichen.


- - - - - -


Irgendwann hörte dieses Eiskalte Gefühl doch auf. Gerade als sie glaubte sie würde sterben und schon die Augen geschlossen hatte. Als der Schmerz nachließ, öffnete Ricci die Augen und sah in zwei ihr sehr vertraute Augenpaare. „Warum bringst du mich nicht einfach um? Das würde uns beiden die Sache wesentlich erleichtern“, sagte Ricci kraftlos.

„Ricci was redest du da? Ich bin es, Johnny!“

Ricci öffnete die Augen ein weiteres Stück die Augen und sah, dass sie sich in einem Zimmer befand. In ihrem Zimmer. „Johnny?“, wiederholte sie schwach.

„Ja, ich bin bei dir! Du bist in Sicherheit!“, sagte er sanft.

Ricci wollte sich aufsetzen, aber Johnny drückte sie sanft zurück aufs Bett. „Bleib liegen. Du bist sehr schwach.“

Sie hielt sich die Schläfen. Alles drehte sich. „Was ist passiert?“, fragte sie.

„Ich hatte gehofft, dass du mir das sagen könntest?“

Ricci ließ den Kopf in den Polster sinken.

„Was ist das letzte woran du dich erinnerst?“

Ricci dachte kurz darüber nach. „Louis! Er hatte mich gebissen!“

Johnny kniff die Augen zusammen und dachte über irgendetwas nach.

„Johnny, was ist?“

Er schüttelte den Kopf und Ricci sah, wie sich Tränen in seinen Augen bildeten. Ricci legte ihm ihre Hand an die Wange. Johnny drehte sich weg und sah aus dem Fenster. „Du hättest sterben können…das hätte ich mir nie verziehen“, sagte Johnny.

Ricci fand es süß von ihm, dass er, obwohl sie einen Blödsinn angestellt hatte, immer noch zu ihr hielt. „Das ist das süßeste, was du jemals zu mir gesagt hast. Ich hatte schon gedacht, dass du dich, nachdem ich erfahren hattest, was ich getan habe, ganz von mir abwendest.“

Johnny lächelte schwach. „Das hätte ich höchstwahrscheinlich, nie geschafft. Sie mich an, obwohl du gegen unser oberstes Gesetzt verstoßen hast, kann ich mich immer noch nicht von dir abwenden“, er lachte kurz und sah Ricci dann in die Augen. „Auch wenn du nicht dasselbe für mich empfindest, was ich für dich empfinde, heißt das noch lange nicht, dass ich dich hasse oder mich von dir abwenden würde. Ricci, wir sind die besten Freunden, seit wir uns kennen, ich werde mich niemals, nie im Leben, von dir abwenden. Eher würde ich sterben und dann auch nur für dich“ sagte er sanft und leise.

Ricci lief eine Träne die Wange hinunter.

„Sag so etwas nicht! Ich möchte nicht, dass du wegen mir stirbst, das könnte ich mir nie verzeihen. Aber ich danke dir, dass du immer über mich wachst.“ Ricci lächelte, bevor sie wieder die Augen schloss.


- - - - - -


Laroux rannte um sein Leben und schaffte es jedes Mal Caligolas versuchen, ihn zu schnappen, auszuweichen. Lange halte ich das nicht mehr aus. Er lief so schnell er konnte und dankte Gott, dass Caligola nichts davon wusste, wie schnell er wirklich sein konnte, denn dann wäre er schon längst tot.

Er rannte geradeaus zu Riccis Haus und als er die Grenze zwischen den Territorien überquerte, bemerkte er einen Wolf neben sich her rennen.

Was wollt ihr hier!, fragte der Wolf.

Pass auf, der Typ hinter mir will euch alle umbringen. Er versucht alle Werwölfe auf dieser Welt zu töten, ganz ungeachtet darauf, dass er einen Vertrag unterzeichnet hat. Richte das Johnny aus, so schnell es geht!

Der Wolf nickte und beschleunigte sein Tempo, bis er im Wald vor ihm verschwand.

Ich hoffe er schafft es, die Nachricht rechtzeitig zu überbringen. Laroux hatte sein Tempo unbemerkt verlangsamt, sodass Caligola ihn packte und mit sich zu Boden riss. „HA! Erwischt! Jetzt bist du fällig!“, schrie Caligola und versuchte Laroux zu beißen. Dieser wehrte sich so heftig, dass er ihm allerdings entglitt und weiterrannte.

Laroux drehte sich nicht um, um zu sehen wo Caligola war, er war darauf fixiert nicht hinzufallen, denn das wäre sein Ende gewesen.



Kapitel 7



Johnny saß neben Ricci auf dem Bett und bewachte sie.

Niemand sollte ihr jemals wieder wehtun, schon gar kein Vampir.

Mit einem Knall flog die Tür auf und Adrian stand in der Tür. Adrian war Johnnys bester Freund und Anführer seiner Wachen. Er hatte schulterlanges schwarzes Haar, welches er meist zu einem Zopf zusammengebunden trug. Adrian war um etwa fünf Zentimeter größer als Johnny und noch dazu sein Cousin.

„Johnny, Louis will den Vertrag brechen! Laroux ist auf dem Weg hierher um dich zu warnen, aber ich glaube nicht, dass er vor ihm hier sein wird!“, sagte Adrian ohne Atmen.

Johnny sprang auf und stürmte an Adrian vorbei, hinunter zum Keller, wo er seine Waffen aufbewahrte. Er schnappte sich ein paar Handschellen und rannte wieder nach oben.

„Johnny, was hast du vor?“, fragte Ricci, die gerade aufgewacht war.

„Dein, ach so lieber Freund, Louis, versucht uns umzubringen! Aber genau das werde ich verhindern!“, er wandte sich zu Adrian, „Ruf die Wölfe zusammen, wir haben Krieg!“

Adrian nickte und rannte nach unten, Johnny wollte ihm folgen, aber Ricci hielt ihn auf.

„Johnny es gibt da etwas, dass du wissen solltest“, sagte sie. Johnny drehte sich zu ihr um und sah sie fragend an. „Eine Vampirin hat Louis Gedächtnis gelöscht und jetzt ist er wie ausgewechselt. Bitte bringt ihn nicht um, ich möchte zuerst mit ihm reden. Steck ihn in die Zelle unten im Keller. Johnny erfüll mir diesen letzten Wunsch“, bat sie ihn und sah Johnny kraftlos an.

„Wenn du das nur sagst um deinen Freund zu helfen, dafür ist es leider zu spät.“ Ricci sah ihn flehend an. „Aber weil du meine beste Freundin bist, werde ich versuchen deine Bitte zu erfüllen“, sagte er und ging.


- - - - - -


Ricci versuchte sich aufzusetzen und schaute aus dem Fenster. Vor dem Haus stehen zu wenig Wachen! Was wenn sie von dort angreifen?! Ricci stand langsam auf und schleifte sich zur Waffenkammer im Keller, um sich ihr Schwert zu holen.

Gott sei Dank, war ihr Haus irgendwo im Wald, wo sie keiner sehen konnte.

Sie öffnete die Flügeltüren aus Massivholz des Waffenschrankes und nahm sich ihr Schwert heraus. Vielleicht war ein Schwert altmodisch, aber wer hat es schon mal mit einem Gewehr oder einer Pistole geschafft, einem Vampir mit Absicht den Kopf abzuschießen?

An der Schneide des Schwertes stand in kyrillischer Schrift ein Name eingemeißelt. Wahrscheinlich war es Russisch, aber Ricci konnte es nicht lesen.

Die Schneide war aus Mentalitium, einem unzerstörbarem Metall, das Nikolai irgendwo gefunden hatte. Der Griff war aus dem gleichen Material, nur mit Gold überzogen. Dieser Gegenstand war das wahrscheinlich wertvollste auf diesem Grundstück und steinalt.

Ein Antiquitätenhändler, der für die Museen arbeitete, hatte es einmal auf über tausend Jahre geschätzt. Er wollte es haben, aber Nikolai gab es nicht her. Es kam zum Streit und schließlich schaltete der Händler die Polizei und das Gericht ein. Der Prozess endete damit, dass Nikolai das Schwert behalten durfte und der Händler die ganze Verhandlung zahlen musste.

Ricci nahm das Schwert und ging zum Vordereingang, um die Wache zu unterstützen, falls es wirklich zum Kampf kommen sollte. Sie standen ungefähr eine Viertelstunde vor dem Haus, als Ricci Geschrei vom Garten hörte.

Da sich die Wachen nicht rührten, machte Ricci sich auf in den Garten, um nachzusehen, was passiert war. Sie rannte so schnell sie konnte, beziehungsweise es ihr brummender Kopf zuließ, zu Johnny.

„Aah!“

Ricci zuckte zusammen, als sie den Schrei vernahm. Es war auf jeden Fall nicht Johnny, der geschrien hatte. Kaum war sie auf die Terrasse getreten, sah sie wie Adrian und Laroux versuchten, Louis auf dem Boden in Schach zu halten, während Johnny ihm Handschellen anlegte.

„Runter von mir! Wir hatten einen Vertrag, ihr verlausten Köter!“, schrie Louis sie an.

Ricci steckte das Schwert in die Scheide, lief zu ihnen und half Johnny Louis die Handschellen anzulegen.

Klick.

Adrian und Laroux gingen von Louis´ Rücken runter und hielten ihn an den, hinter dem Rücken gefesselten, Armen fest. „Aber im Vertrag stand, dass es euch nicht erlaubt ist ohne Erlaubnis der Silberwölfe, unser Territorium zu betreten!“, konterte Johnny.

Sie zogen ihn auf die Beine und schleppten, den sich immer noch heftig wehrenden Louis, in den Keller. Ricci folgte ihnen auf Schritt und Tritt.

Im Keller angekommen, drückte Johnny auf einen losen Ziegel in der Mauer und ein Gang mit wahrscheinlich zwanzig Zellen kam zum Vorschein.

„Seit wann gibt es denn den?“, fragte Ricci und schaute mit offenem Mund in den Zellengang.

„Eigentlich schon immer“, sagte Johnny ruhig.

Ricci sah zu, wie Adrian und Laroux Louis in die Zelle steckten und ihn an ein Paar, in der Wand befestigten Ketten, hingen.

„Das wird euch noch leidtun!“, schrie er und versuchte sich zu befreien. Die Ketten waren ebenfalls aus Mentalitium und so konnte Louis sich nicht befreien.

„Das hast du davon, wenn du dich mit Werwölfen einlässt, Caligola!“, fauchte Laroux ihn an.

Ricci sah Laroux irritiert an.

„Caligola? Der Massenmörder, der vor etwa tausend Jahren ein Rudel Werwölfe ausrottete?“, fragte sie verwirrt.

Als Adrian nickte, verstand Ricci die Welt nicht mehr.

„Vivienne hatte versucht ihn zu ihrem Spielzeug zu machen und, wie ich schon sagte, hat er sein Gedächtnis verloren. Das war vor ungefähr fünfhundert Jahren“, erklärte Laroux ihr nochmals.

„Zu der Zeit verschwand Caligola und Louis tauchte auf“, ergänzte Johnny.

„Warum weiß ich davon nichts?“, fragte Ricci.

„Das hätte man dir erklärt, wenn du dich mit deinem neuen Leben zurecht gefunden hättest, aber das lief leider alles aus dem Ruder“, meinte Adrian.

Ricci nickte und schaute Louis, Caligola oder wie auch immer er hieß, an. Er würdigte sie keines Blickes.

Wenn Caligola Vivienne nicht umgebracht hätte, dann hätte Ricci das ganz schnell nachgeholt. Sie war so sauer auf Vivienne. Diese Frau hatte ihr ganzes Leben ruiniert. Es lief gerade so gut, aber nein, das passte dieser Bitch nicht.

Am liebsten würde Ricci die Zeit zurückstellen, wenn sie es könnte. Aber es war zu spät. Man konnte es nicht mehr ungeschehen machen. Er würde sie nie wieder mögen, so wie er es zuvor getan hatte. Ricci war den Tränen nahe.

„Ricci? Du solltest jetzt gehen. Es tut dir nicht gut ihn zu sehen“, meinte Johnny bekümmert.

Ricci schüttelte den Kopf. „Ich bleibe!“

„Gut, aber mach keine Dummheiten.“ Johnny sah sie noch einmal an, bevor Laroux, Adrian und er nach oben gingen, um sich zu beraten, was als nächstes passieren würde.


- - - - - -


Ricci setzte sich gegenüber von Caligola auf den Boden und schaute ihn traurig an. „Kannst du dich noch an irgendetwas erinnern, was passiert ist bevor Vivienne dich hypnotisiert hat?“, fragte sie ihn.

Er sah sie mit eiskaltem Blick an, sagte aber nichts.

„An den See vielleicht? Nicht?“

Caligola sah sie immer noch ungerührt an.

„Oder vielleicht ans Hotel? Das Zimmer? Oder die Nacht?“

Sein Gesichtsausdruck wurde neugierig.

Ricci sah traurig zu Boden und wischte sich eine Träne von der Wange.

„Warum redest du überhaupt mit mir? Ich habe nicht einmal eine Ahnung von irgendetwas, was du da schwafelst“, sagte er. Caligola saß mit angezogenen Beinen vor ihr, hatte die Hände darüber gelegt und den Kopf gegen die Wand gelehnt.

„Weil deine Erinnerungen vielleicht doch noch zurückkehren“, sagte sie.

Er schnaufte einmal und schüttelte den Kopf. „Ich werde ganz sicher nicht mit einem Köter reden!“

Ricci zuckte bei dem eiskalten Ton seiner Stimme zusammen. „Was hast du gegen Werwölfe?“

„Warum sollte ich dir das sagen?“

Ricci hob den Kopf. „Weil uns das die ganze Sache erheblich erleichtern würde“, antwortete Ricci.

„Wenn sein muss. Ich kann euch nicht leiden. Zufrieden? Kann ich jetzt gehen?“, meinte er.

„Nein. Das ist zu undeutlich. Erzähl mir mehr.“

„Ja klar! Als ob ich vor einem Fellteppich mein Leben ausbreite! Du kannst mir allerdings erzählen, was ich die letzten…welches Jahr haben wir überhaupt?“

„2020.“

„WAS!“, rief er entsetzt, „Soll das heißen ich kann mich an fünfhundert Jahre meines Lebens nicht mehr erinnern!“ Ricci nickte und Caligola fasste sich entsetzt an den Kopf.

„Wie lange kennst du mich schon?“

Ricci zuckte mit den Schultern. „Drei…“

„Drei Jahrhunderte? Das ist…“

Ricci unterbrach ihn. „Nicht Jahrhunderte… weniger.“

„Jahrzehnte?“

Ricci schüttelte den Kopf.

„Jahre?“, sein Gesichtsausdruck wurde entsetzt. Als sie wieder den Kopf schüttelte sah er sie fragend an. „Sondern?“

„Drei Tage….“ Gerade als er etwas sagen wollte, deutete Ricci ihm still zu sein. „Aber ich weiß ziemlich viel über dich!“

„Ok, erzähl.“

„Du hattest eine Seelenverwandte, Alira. Sie wurde von Jean, dem Gründer der Silberwölfe umgebracht. Seither willst du das Rudel ausrotten. Allerdings hast du auch andere Wolfsrudel ausgerottet. Garoux und Laroux sind deine besten Freunde. Du kannst Nikolai, meinen Vater, nicht ausstehen, aus welchem Grund auch immer. Und du hast eine…“ Das sag ich ihm lieber nicht. „Einen Vertrag unterzeichnet!“, sagte Ricci.

Caligola legte den Kopf schief. „Warum hast du gerade aufgehört zu reden? Du verschweigst mir doch etwas?“

„Nur das, was du mir sowieso nicht glauben würdest.“

„Und das wäre?“, harkte er nach.

Ricci rieb sich den Nacken. „Dass du und ich…ähm…wie soll ich das sagen?“

Caligola verdrehte die Augen. „Jetzt spuck es schon aus!“

Miteinander geschlafen haben“, sagte sie leise, schnell und in einem Atemzug.

„WAS!“

„Was was?“, fragte sie, als ob sie nichts gesagt hätte.

Ihm blieb der Mund offen stehen. „Das kann nicht dein ernst sein? ICH habe mit DIR, einem Fellteppich, geschlafen!“, fragte er laut. Ricci schaute zu Boden. „Das glaub ich dir wirklich nicht!“

Ricci schaute ihn an. „Und jetzt sag mir bitte, warum kannst du uns Werwölfe nicht ausstehen?“

„Ganz einfach, weil ihr verlogene Hunde sein. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes!“

„Woher kommt deine Überzeugung?“

„Ganz einfach: Meine Eltern waren mit einem Rudel von Werwölfen befreundet, auch nachdem sie in Vampire verwandelt wurden. Sie vertrauten ihnen und glaubten ihnen alles. Als ich eines Tages nach einer Feier heimkam, hatten die Wölfe sie alle umgebracht. Seitdem töte ich sie“, sagte er.

„Das ist schrecklich, aber wir sind nicht alle so!“

„Sicher! Und das soll ich dir glauben? Überzeuge mich, lass mich frei!“

Ricci sah ihn erschrocken an. „Das kann ich nicht! Du würdest uns alle umbringen!“

Caligola verschränkte die Hände vor der Brust und sah sie schief an. „Alle gleich“, murrte er und schüttelte den Kopf.

Ricci stand auf und griff nach den Handschellen. „Aber nur unter Bewachung!“ Sie kette sich an ihn und machte dann die Kette los.

Er grinste schief, packte sie an der Kehle und drückte sie gegen die Wand. „Du bist so naiv!“

Ricci umklammerte seinen Arm. „Wie in alten Zeiten!“, stieß sie hervor.

Sie ignorierend, wollte er seine Fänge gerade in ihre Kehle schlagen, aber er kam nicht durch ihre Haut. „Was zur…?“ Gerade als er sie anschaute, kamen Johnny, Adrian und Laroux die Treppe hinunter.

Johnny sah Ricci entsetzt an. „Was hast du gemacht!“, schrie er.

Caligola, der sie immer noch verwirrt anschaute, drehte sich um und wandte sich nun Johnny zu. „Was habt ihr mit mir gemacht? Wieso kann ich sie nicht beißen?“, fragte er verwirrt.

„Das liegt daran, dass diese Kette, das umbringen von Leuten gegen ihren Willen verhindert. Sie wurde bei Transporten von wichtigen und sehr gefährlichen Personen verwendet. Sie haben es wie Ricci gemacht: Sich an die Gefangenen gekettet. So konnte keiner der beiden den anderen umbringen“, sagte Adrian.

„Das könnte lustig werden“, meinte Laroux.

„Jap. Absolut!“, pflichtete Johnny ihm bei, „Vor allen Dingen, da diese Handschellen unzerstörbar und mit einem Zauber geschützt sind. Ich habe glaube ich vergessen zu erwähnen, dass es nur einen Schlüssel gibt und dieser nicht unzerstörbar ist“, er deutete auf die Splitter am Boden.

Caligola riss die Augen auf, als er bemerkte, dass einer von beiden auf den Schlüssel getreten ist und ihn zerstört hat. Er ließ Ricci los und ließ den Kopf gegen die Mauer hinter ihr sinken. „Das darf doch nicht wahr sein!“, knurrte er.

Ricci, deren Hand nun an die von Caligola gefesselt war, sah ungläubig auf die Handschellen. „Und wie kriegen wir die jetzt auseinander?“

„Wir sägen dir einfach die Hand ab!“, schlug Caligola vor.

„Haha, sehr witzig!“, fuhr sie ihn an.

Johnny öffnete die Zellentür auf und ging zu den beiden. „Die einzige Möglichkeit die ihr habt, ist entweder den Schmied zu finden, der sie erschaffen hat, oder den Magier, der sie verzaubert hat. Wobei beides nicht einfach sein dürfte“, sagte Johnny.

Adrian und Laroux kamen ebenfalls in die Zelle. Laroux ergriff Riccis Hand und schaute sich die Handschellen an. Caligola machte einen Schritt zurück, um ihn im Auge zu behalten.

„Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für euch“, sagte Laroux, „Die Gute, ich kenne den Schmied“

Caligola unterbrach ihn. „Super! Dann nicht wie hin zu ihm!“

„Jetzt warte!“, herrschte Ricci ihn an, worauf Caligola sie perplex ansah, „Laroux was ist die Schlechte?“

„Der Schmied ist seit zweihundert Jahren tot.“

„Na toll! Jetzt bin ich mein Leben lang an diesen Flohbeutel gekettet, schlimmer kann es gar nicht mehr werden!“, sagte Caligola und fasste sich wieder verszweifelt an den Kopf.

Ricci funkelte ihn an. Das war jetzt echt unnötig!

„Vielleicht kann ich euch weiterhelfen“, sagte eine Stimme von oben.


- - - - - -


Alle drehten sich zu dem Mann um der auf der Treppe stand. Es war Nikolai.

„Papa?!“, Ricci wollte zu ihrem Vater laufen, aber sie hatte vergessen, dass sie immer noch an Caligola gekettet war und der machte keine Anstalten sich zu bewegen. „Wenn du mich entschuldigst, ich würde gerne zu meinem Vater!“

Caligola starrte Nikolai an.

„Halloooo! Erde an Caligola!“

„Das solltest du lieber bleiben lassen. Wenn dieser Kerl da dein Vater ist und das was du mir über dich und mich erzählt hast, wahr ist, ist es ein Wunder das du noch lebst!“, stellte er fest.

Ricci schaute ihn verwirrt an.

„Nikolas! Schön dich zu sehen!“, sagte Laroux eiskalt.

„Freut mich auch. Ich habe mich schon gefragt, wann Vivienne eifersüchtig wird, aber ich dachte nicht, dass das so schnell geht“, sagte Nikolai.

„Moment mal, Nikolas?! Was soll das heißen?“, fragte Ricci irritiert.

„Das soll heißen, dass ich der Sohn von Jean bin und du seine Enkelin, Ricci. Aber da du nach ihm kommst, wirst du wohl nicht das Glück haben, meine besondere Fähigkeit zu erben. Schade eigentlich. Aber was soll´s.“

„Jetzt komm zum Thema!“, fauchte Caligola ihn an.

„Ich weiß wo sich der Zauberer aufhält!“

Caligolas Augen wurden groß. „Wo!“

Ricci sah ihn aus dem Augenwinkel an. Der will mich aber schnell loswerden…

„Im Beor-Gebirge, Ganz oben auf der Spitze des Konsta-Berges. Er lebt in einer Hütte, weit abgeschieden von jeglicher Zivilisation“, sagte Nikolai.

„Die liegen ja irgendwo im Nirgendwo!“, sagte Caligola. Er zuckte mit den Schultern. „Na gut, wenn es sein muss. Gehen wir Wolfi!“ Er wollte gehen, aber Ricci blieb stur stehen. „Was ist jetzt schon wieder los?“, schnauzte er Ricci an.

„Sag mal, hast du eine Ahnung wie kalt es dort oben ist?!“, fragte sie ihn.

Er zuckte wieder mit den Schultern. „Keine Ahnung, zwanzig Grad?“

„JA, aber minus!“, fuhr Ricci ihn an.

„Jetzt scheiß dich nicht an, du hast doch eh dein Fell, Teppich!“ Ricci rümpfte die Nase, als Caligola sie mit diesem Wortspiel ansprach.

Fell, Teppich. Na warte. Wenn ich gewusst hätte, dass du ohne Gedächtnis noch arroganter wärst, hätte ich mich niemals auf dich eingelassen!

„Außerdem, wie willst du dir jetzt noch etwas anziehen?“, er hob seine Hand hoch und deutete auf die Handschelle die ihre beiden Hände zusammenhielt.

„Warum musst du Recht behalten?“

Nikolai näherte sich den beiden. Adrian und Laroux versperrten ihm zuerst den Weg, aber Johnny deutete ihnen ihn durch zu lassen. „Ich glaube ich hätte da etwas für dich, Ricci.“


- - - - - -


Ricci schaute an sich herab. Nikolai hatte ihr einen Mantel gegeben, dessen Ärmel mit Knöpfen zugingen.

,Ein Fellteppich´, hatte Caligola gesagt. Und Ricci kam sich wirklich vor, als ob sie in einen Fellteppich eingewickelt wäre. Der Mantel war aus dem Fell eines Bären gemacht worden, er hüllte sie ein und hielt sie warm. „Wenigstens stinkt er nicht“, bemerkte Ricci.

Caligola lachte und machte sich mit Ricci auf den Weg. Sie hatten zwei große Rucksäcke dabei, gefüllt mit Essen, Trinken, Blut für Caligola und Riccis Mantel. Der nahm nämlich ziemlich viel Platz weg.

Sie mussten alleine gehen, weil Caligola erstens keine weiteren Wölfe in seiner Nähe haben wollte, zweitens sowieso jeder einen Job zu erfüllen hatte und drittens konnte Laroux nicht mitkommen. Er musste bei Johnny bleiben, da Garoux hinter ihm her war.

Die Reise würde mindestens eine Woche zu Fuß dauern. Und da kein Auto einen Berg hinauffahren konnte und sie für Pferde beide Hände bräuchten, hatte sich die Sache sowieso erledigt. Sie gingen durch den Wald, immer in Richtung Norden.

Caligola und Ricci redeten nicht viel miteinander. Er konnte sie nicht leiden und beantwortete keine ihrer Fragen. Nachdem er sie angeschnauzt hatte, ließ sie es auch bleiben.

Der Himmel schien es auch nicht gerade gut mit Ricci zu meinen, denn es sah eindeutig nach Regen aus. „Es sieht nach regen aus. Vielleicht sollten wir uns einen Unterschlupf suchen, Caligola.“

Er schaute in den Himmel. „Nein, das kommt dir nur so vor. Außerdem, je schneller ich dich los bin, umso schneller kannst du nach Hause und ich…bin dich los!“

Ricci verdrehte die Augen und ging weiter. Plötzlich fing es an zu tröpfeln. „Caligola?“

Er blieb stehen und sah sie an. „Was?“, fragte er genervt.

„Kannst du mir bitte meinen Mantel geben, es fängt an zu regnen.“

„Bist du etwa aus Zucker?“

„Nein, aber…“

„Dann lass es bleiben!“

Als es nach fünf Minuten immer noch nieselte fragte sie wieder. Caligola gab nach, da er wusste, dass Ricci nicht aufhören würde zu fragen. Er machte die Schnalle seines Rücksackes auf und stellte ihn auf den Boden. Caligola zog den Mantel heraus und gab ihn Ricci.

„Danke.“

„Ja, ja und jetzt mach weiter, damit wir das hier so schnell wie möglich hinter uns bringen.“ Ricci zog sich den Mantel an und sie gingen weiter.

Nach weiteren fünf Minuten wurde der Regen stärker. Johnny hatte ihnen zwar einen weiteren Mantel für Caligola mitgegeben, aber der wollte ihn partout nicht anziehen.

„Willst du dir nicht doch lieber den Mantel anziehen?“, fragte Ricci ihn besorgt.

Caligola blieb stehen und drehte sich um. „Willst du nicht endlich mal deine Klappe halten?!“

„Schon gut. Reg dich ab, ich bin schon still!“ Er verdrehte die Augen und sie gingen weiter. Es fing an zu donnern und Ricci blieb dicht bei Caligola. Zu dicht für seinen Geschmack. „Was wird das? Sag bloß du hast Angst vor einem Gewitter.“ Ricci sah besorgt zum Himmel. „Du hast! HA! Also das hätte ich als letztes erwartet. Pech nennt man so etwas.“

„Ich habe keine Angst vor einem Gewitter, aber davor, dass ein Blitz in den Baum neben uns einschlägt!“

„Ja klar. Erzähl das deiner Oma. Gschichteldrucker!“ Ricci wich nicht von seiner Seite, auch nicht als er sie anfauchte und ihr drohte.

Nach zwei Stunden schüttete es wie aus Kübeln und Caligola weigerte sich immer noch den Mantel anzuziehen. Er war komplett durchnässt und Ricci blieb trocken.

„He, hör zu, ich weiß ich geh dir auf die Nerven, aber auch wenn dein Blut nicht gefrieren kann, wird dir trotzdem kalt oder irre ich mich da etwa?“

„Nein.“

„Was nein?“

Er blieb stehen und schaute ihr in die Augen. „Nein du irrst dich nicht“, sagte er leicht genervt.

Ricci schaute sich um und entdeckte eine verlassene Höhle. „Dann komm.“ Sie zog Caligola, wenn auch widerwillig, in die Höhle und setzte sich neben ihn. Ricci zog ihren Mantel aus und hielt ihn ihm hin. „Zieh ihn an.“

„Ich hab meinen eigenen, schon vergessen?“

Ricci verdrehte genervt die Augen. „Aber meiner ist warm! Jetzt hab dich nicht so und zieh ihn an!“ Ricci schaute nach draußen und atmete die frische Luft ein.

„Ich muss zugeben, dass es mich erstaunte, dich lebend wieder zu sehen. Ich dachte, ich hätte dir dein ganzes Blut ausgesaugt“, sagte Caligola nebenbei.

Ricci schmunzelte. „So leicht bin ich nicht umzubringen“, antwortete sie.

„Du hattest Recht“, sagte Caligola leise.

„Womit?“ Ricci drehte sich in seine Richtung und sah ihn an.

„Damit, dass nicht alle so sind, wie die Mörder meiner Eltern.“

Sie grinste verlegen. „Schön, dass wir das geklärt haben“, sagte sie freundlich.

„Aber ehrlich. Ich habe dich fast umgebracht und du machst dir sorgen, dass mir kalt ist? Wie kommt das?“

„Daher, dass ich mich, in den drei Tagen, in denen wir uns kennengelernt haben, in dich verliebt habe und auch wenn du dich nicht mehr daran erinnern und mich nicht leiden kannst, mache ich mir trotzdem Sorgen“, sagte sie so leise, dass Caligola genau hinhören musste um sie zu verstehen. Er musste zugeben, dieses Mädchen wusste wie sie ihn zum Sprechen brachte.

Ricci lächelte und drehte sich wieder nach draußen. Der Regen wurde immer stärker und schien kein Ende nehmen zu wollen. Die Blätter der Bäume hingen nach unten, weil sie kein Wasser mehr tragen konnten.

Ricci wurde langsam kalt. Sie griff nach einem Rucksack, den sie vorher abgelegt hatte und kramte den Mantel hervor. Shit!

Der Mantel war total durchnässt und eiskalt. Sie legte ihn vor sich hin, damit er trocken wird, aber das würde wahrscheinlich bis morgen dauern. Egal, das halte ich schon durch! Sie drehte sich wieder weg und beobachtet den Regen.


- - - - - -


Caligola wurde dieses Mädchen immer sympathischer, obwohl sie ein Werwolf war. Wie sie dasaß und ihn glauben machte, ihr sei nicht kalt. Er hatte ihr zugesehen, wie sie den Mantel hervorkramte und ihren Gesichtsausdruck, als sie bemerkte, dass er ganz durchnässt war. „Ist dir kalt?“, fragte er sie.

Ricci schaute ihn nicht an und schüttelte den Kopf. Sprechen konnte sie nicht, sonst hätte er ihre zittrige Stimme wahrgenommen.

Er beobachtete sie noch eine ganze Weile und sie hielt sich wacker geschlagen, um nicht aufzufallen, aber irgendwann fing sie so stark zu zittern an, dass es sich nicht mehr verbergen ließ. Caligola knöpfte den Mantel auf und zog sie auf seinen Schoß.

Ricci wollte sich wehren, konnte sich aber nicht rühren.

Als er sie an sich gezogen hatte, merkte er, dass sie eiskalt war. „Willst du etwa eine Lungenentzündung bekommen?“, fragte er sie.

Ricci ließ den Kopf hängen. „Nein, aber… keine Ahnung!“, sagte sie stur.

Caligola schüttelte den Kopf. „Du dummer Fellteppich!“ Er machte den Mantel wieder zu und Ricci konnte nicht mehr flüchten.

Sie blieb ganz steif sitzen und versuchte seinem Blick nicht zu begegnen.

„Hör zu, wenn du tot bist nütz es mir auch nichts, da du dann überhaupt keinen Willen mehr hättest und ich müsste deinen toten Körper mit mir herumschleppen, also sei nicht so stur und dumm.“ Ricci ignorierte seine Mahnung und schaute stur nah draußen. Caligola verstand dieses Mädchen nicht, keine Ahnung warum, aber er kannte dieses Gefühl. Woher nur?

Er zog seine Arme aus den Ärmeln und zog Ricci solange zu sich bis sie nachgeben musste und ihr ganzer Rücken gegen seine Brust lehnte.

„Ich dachte du kannst mich nicht leiden?“

„Kann ich auch nicht, Fellteppich, aber wie gesagt, ich habe keinen Nutzen davon, dass du draufgehst!“

Langsam wärmte sich Riccis Körper wieder auf und sie ließ entspannt den Kopf zurück sinken. Vielleicht kann er sich irgendwann doch wieder an mich erinnern?

Er legte den Kopf auf ihre Schulter und sie konnte seinen Atem an ihrem Hals spüren. „Gib es auf, ich bin immer noch nicht damit einverstanden, dass du mich beißen darfst!“

Caligola musste lachen. „Ich wollte dir nur sagen, dass du nach nassem Hund stinkst!“

Ricci drehte den Kopf auf die Seite, sodass sie ihm in die Augen sehen konnte. „Das ist unnötig! Warum nennst du mich nicht einfach beim Namen?“

„Weil mir Fellteppich besser gefällt!“, sagte er schelmisch.

Ricci verdrehte die Augen.

„Ist das eigentlich dein richtiger Name, Ricci?“

„Warum sollte er das nicht sein?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich dachte das wäre eine Abkürzung.“

„Für was?“

„Keine Ahnung, deswegen frage ich ja dich. Vielleicht Ricarda?“

Sie drehte sich weg und schloss die Augen.



Kapitel 8

 

Als Ricci aufwachte, lagen zwei Arme um ihre Taille.

„Louis?“, sagte sie verschlafen. Sie hörte ein kichern hinter sich.

„Ja, was ist?“

Das kann nur ein Traum sein. Scheißegal, dann kann ich wenigstens machen was ich will! Aber vielleicht war das andere nur ein Traum. Sie drehte sich um und sah ihm ihn die Augen.

„Ich hatte den schrägsten Traum meines Lebens!“

„Echt? Erzähl!“

„Vivienne hatte dir das Gedächtnis gelöscht und du wurdest auf einmal so komisch. Auf jeden Fall stellte sich dann heraus, dass du Caligola heißt und ein fanatischer Wolfstöter warst. Johnny nahm dich gefangen und ich habe mich mit so komischen Handschellen an dich gekettet. Krass nicht?“

„Mhm.“

Sie drehte sich um und sah ihm direkt in sie Augen. „Aber jetzt ist ja alles wieder normal! Stimmt´s?“

„Sag du es mir.“

Sie nahm sein Gesicht in die Hände und küsste ihn.

Er wich zurück und sah sie erschrocken an. „Fellteppich, was sollte das?“, fragte er sie erschrocken.

Sie riss die Augen auf. UPS! Doch kein Traum. Shit! Sie drehte sich blitzschnell um und versuchte den Mantel aufzuknöpfen, aber das ging nur von außen. „Geh auf du blödes Ding!“

Caligola fuhr mit den Händen in die Ärmel und knöpfte den Mantel auf.

Ricci wollte aufstehen und so viel Abstand wie nur möglich zwischen sich und ihn bringen, aber die Handschellen ließen das nicht zu. Sie hatte so viel Schwung, dass es Caligola auf die Beine riss und er fast stolperte.

Er packte sie an den Schultern und sah sie verwirrt an. „Ricci. RICCI! Beruhig dich wieder!“

Sie versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Wie sehr wünschte sie sich, dass alles so wäre wie früher.

„Was ist los mit dir? Warum hast du das gerade getan?“

Ricci konnte die Tränen nicht länger zurückhalten und ließ sich auf den Boden sinken. Sie kam sich vor wie in einem Albtraum.

Caligola ging ebenfalls auf die Knie und schaute sie verwirrte an. „Ricci, was ist los?“ Ricci hob den Kopf und schaute ihn ungläubig an. „Was ist?“, fragte er verwirrt.

„Hast du mich gerade Ricci genannt?“, fragte sie ihn. Er sah sie irritiert an. „Du hast mich noch nie Ricci genannt!“

Er legte ihr die Handflächen auf die Schultern. „Das tut jetzt nichts zur Sache. Warum hast du mich geküsst?“

Sie atmete tief ein und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ich dachte das sei ein Traum und das wäre alles nicht passiert. Aber ich mache mir zu viele Hoffnungen. Vergiss das am besten ganz schnell wieder.“

„Ricci, atme tief ein und wieder aus.“

„Warum?“

„Weil du im eiskalten gesessen bist, womit du dir vielleicht eine Lungenentzündung geholt hast!“

Ricci schüttelte ungläubig den Kopf. „Das bildest du dir ein!“

„Ich bilde mir überhaupt…“

Ricci unterbrach ihn. „Es hat aufgehört zu regnen, lass und weiter gehen!“

Er sah Ricci verwirrt an. Dieses Mädchen war echt komisch. Er stand auf, sie aßen etwas, packten wieder zusammen und machten sich auf den Weg.

Diesmal war es Ricci die nicht auf Caligolas Fragen reagierte. Sie ging die ganze Zeit vor ihm und hatte einen so schnellen Schritt drauf, dass Caligola staunte.

Nach zwei Stunden erreichten sie die Kantaia-Berge. Der Anfang des Beor-Gebirges. „Die Kantaia-Berge. Sind sie nicht schön!“

Ricci blieb der Mund offen stehen. Caligola musste lachen, als er in ihr Gesicht sah. „Du warst bestimmt noch nie von zu Hause weg, oder?“ Ricci schüttelte den Kopf. Jetzt war es Caligola, dem der Mund offen stehen blieb.

Sie sah ihn an, als ob er nicht mehr alle Tassen im Schrank hätte. „Was?!“, fragte sie verwirrt.

„Ich habe eigentlich nur Spaß gemacht. Ich hätte nie gedacht, dass ich richtig liege.“

Ricci schnaufte verächtlich. „Ich bin achtzehn, was erwartest du von mir?“ Ricci ging weiter, musste aber anhalten, weil Caligola stehen geblieben war. „Was ist jetzt schon wieder?“

„Du bist achtzehn Jahre alt?“

„JA! Und?“

Er schüttelte ungläubig den Kopf. „Das kann nicht sein!“

Ricci drehte sich um und wollte weitergehen. „Jetzt lass uns endlich gehen! Du warst doch erst so versessen darauf, endlich zu diesem Typen zu kommen um mich loszuwerden!“

Er zog einmal an den Handschellen und riss Ricci zurück zu ihm. Bevor sie hinfiel fing er sie auf und hielt sie fest. „Ich kann nicht mit dir geschlafen haben! Meine Regel Nummer eins ist und war schon immer, keine Frauen unter zwanzig!“

„Du hast es aber! Und…nein ich halte meine Klappe!“ Sie drehte sich demonstrativ weg und reckte das Kinn nach vorn.

„Bitte sag nicht, dass das dein erstes Mal war!“ Sie rührte sich nicht. „Das darf doch nicht wahr sein!“ Er fasste sich an den Kopf zerzauste sich das Haar.

„Können wir jetzt gehen? Wenn du so weitermachst, sind wir zu Weihnachten noch hier!“ Ricci ging voraus und zog Caligola mit sich. Nach zwei Kilometern blieb sie stehen, weil ihr kalt wurde. Sie drehte sich um und sah wie Caligola sie immer noch ungläubig anstarrte. „Könntest du bitte damit aufhören!“ Er schüttelte den Kopf und ging an ihr vorbei. „He warte! Wo willst du hin? Ich brauche meinen Mantel! Caligola!“

Er blieb stehen und sah sie schief an.

„Was ist mit dir los?!“, fragte sie ihn irritiert.

„Nichts.“

Er öffnete den Rucksack und kramte den Mantel hervor und warf ihn Ricci hin. Sie fing ihn auf und sah Caligola an.

Ricci zog den Mantel an und Caligola hängte sich den Rucksack wieder um.

Sie schloss den Mantel und ging mit ihm weiter. Vor einem steilen Bergpass blieben sie stehen und sahen nach oben. „Das dürfte lustig werden“, sagte Ricci. Caligola verdrehte die Augen und machte sich daran den Bergpass nach oben zu steigen.

Ricci hatte zwar Wanderschuhe an, aber dennoch fiel es ihr schwer den steilen Hang nach oben zu wandern. Caligola zerrte Ricci geradewegs nach oben. „Caligola! Kannst du bitte langsamer werden?“

Er schnaufte und verstärkte seinen Schritt. Insgesamt dauerte es fast zweieinhalb Stunden bis sie oben angekommen waren.

Langsam ging die Sonne unter und es wurde dunkel. Oben angekommen, sank Ricci im Schnee zusammen. Sie atmete schwer und schnell.

„Jetzt stell dich nicht so an! Komm wir müssen weiter!“, herrschte Caligola sie an.

Mich nicht so anstellen?! Sag mal hat der Typ ´ne Schraube locker?

Caligola machte Anstalten weiterzugehen, aber Ricci legte sich auf den Rücken und ließ alles locker.

„Jetzt steh schon auf! Wir müssen weiter!“, fuhr er sie an.

Ricci blieb liegen und hörte nur das Rasen ihres Herzens. Verdammt! Ich glaube ich krepiere gleich! Dieser Vampir bringt mich wirklich noch ins Grab. Vor ihren Augen fingen an Sterne zu tanzen. Ihr Sichtfeld wurde immer enger, bis sie irgendwann nichts sah, ihr schwarz vor Augen wurde und sie in Ohnmacht fiel.

 

- - - - - -

 

Caligola sah an seinen Arm herunter und schaute Ricci, die reglos am Boden lag, genervt an. „Hör zu es freut mich nicht, dass du nicht weiterwillst, aber sich in den eiskalten Schnell zu legen ist auch keine Lösung!“

Er sah zu ihr hinunter, doch sie gab keine Antwort. „Ricci?!“ Er lauscht und konnte nichts mehr hören. „Scheiße, Ricci!“ Er beugte sich zu ihr hinunter und versuchte sie wach zu rütteln. „Hey Ricci! Wach auf!“

Als sie sich nicht rührte, stieg in Caligola die Panik auf. Er begann sofort mit den Erste Hilfe Maßnahmen, aber es half nichts. „Ricci, bleib bei mir!“ Nach der dritten Mund-zu-Mund Beatmung, konnte er wieder etwas hören.

Schwach aber deutlich.

Er hob sie hoch und trug sie solange bis er eine Höhle fand. Das war hier oben nicht gerade leicht. Er brachte sie tief hinein, sodass sie sich keine Erkältung holen konnte, zog sich den zweiten Mantel an und legte sich neben sie auf den Boden, um sie im Auge behalten zu können.

Es hatte so lange gedauert eine Höhle zu finden, dass es schon wieder dunkel wurde. Aber das Schlimmste war, dass er nicht mehr wusste wo genau sie überhaupt waren.

Caligola lag die ganze Nacht wach neben Ricci. Sie atmete zwar, aber das konnte jeden Moment wieder aussetzten. „Mann, Fellteppich! Was hast du dir nur dabei gedacht!“

Er setzte sich wieder auf und schaute Ricci neugierig an. Was hatte sie sich nur dabei gedacht sich an ihn zu ketten?

Kein normaler Mensch würde das machen! Aber sie schon.

Dachte sie wirklich, sie könnte ihm helfen seine Erinnerungen an die letzten fünfhundert Jahre zurück zu erlangen?

Nachdem er sah, dass sie zu zittern anfing, holte er ein paar Äste, die er im Wald gesammelt hatte, heraus und zündete sie an. Als er nach draußen sah war die Sonne gerade untergegangen. Draußen zog langsam ein Schneesturm auf.

„Na toll! Jetzt kommen wir auf keinen Falle weiter!“

 

- - - - - -

 

Ricci öffnete langsam die Augen und sah wie Caligola neben ihr schlief. Er hatte Feuer gemacht, welches aber inzwischen schon ausgebrannt war. „Wo bin ich?“

Caligola drehte sich um und sah sie an. Wenn Ricci nicht davon überzeugt gewesen wäre, dass er sie nicht leiden konnte, hätte sie fast gedacht, er wäre glücklich sie zu sehen. „Schön, dass du wieder unter den Lebenden weihst, Fellteppich!“

Ricci musste lächeln, als er das ganz sanft aussprach. Es erinnerte sie an die Zeit zu der er noch glaubte Louis zu sein. „Danke.“

„Wofür?“, fragte er.

Sie rutschte etwas näher zu ihm. „Dafür, dass ich noch lebe!“

Er stützte seinen Kopf auf die freie Hand.

„Komm schnell wieder zu Kräften! Wir haben noch einen langen Weg vor uns!“ Er drehte sich um, soweit es die Handschellen zuließen und Ricci sah ihn verwirrt an.

„Warum bist du so gemein zu mir? Was habe ich dir getan?“

„Vergiss es!“

Ricci stützte sich auf ihren Ellbogen und zog an ihren Handschellen.

„Könntest du das bitte unterlassen?“, knurrte er.

„Erst wenn du mir eine gescheite Antwort gibst!“

Caligola setzte sich auf und sah ihr in die Augen.

 

„Hör zu, du bist ein Werwolf und ich ein Vampir. Dazu kommt noch, dass ich euch mein ganzes Leben lang gejagt habe, ich dich aber nicht umbringen kann. Aber auch wenn ich es könnte ginge es nicht, weil du mir ja diese blöden Handschellen anlegen musstest.“

Ricci kniff die Augen zusammen und stand auf.

„Wenn ich nicht? Jetzt sag mir doch mal wer von uns beiden musste denn den Vertrag brechen?!“ Sie schrie ihn fast an.

Er hob nur die Augenbrauen. „Schon super, wenn man den anderen alles in die Schuhe schieben kann, ne?“, sagte Caligola sarkastisch, stand auf und baute sich vor ihrer Nase auf.

Dass er um gut einen Kopf größer war als sie, jagte ihr keine Angst ein. Ricci drehte sich um, sodass sie mit dem Rücken zu ihm stand. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah nach draußen. Ich frage mich, ob er sich je wieder an mich erinnern wird. Immerhin werde ich ihn nie vergessen können. Aber was wenn das nie passieren wird? Ricci drehte sich wieder zu Caligola um und betrachtete nachdenklich das Kettenglied um ihr Handgelenk.

Caligola beobachtete sie stumm. Wie konnte sie sich nur einbilden, dass er sie jemals gemocht hätte? Sie war ein Werwolf. Sein größter Feind. Aber noch schlimmer war die Vorstellung, dass er sich an die Hälfte seines Lebens nicht einmal mehr erinnern konnte. Fünfhundert Jahre waren einfach so ausgelöscht.

Außerdem würde er sich niemals festlegen. Das hatte er noch nie getan. Frauen waren für ihn schon immer Spielzeug, als Partner gewesen, auf sie war kein Verlass und er hatte ein wunderbares und erfülltes Leben. Warum es also ändern?

Er tat es Ricci gleich und verschränkte die Arme vor der Brust, ehe er die Handschellen betrachtete, die sie beide verband. Er bemerkte wie Ricci versuchte ihre Hand durch den Ring aus Mentalitium zu ziehen. Fasziniert beobachtete er, wie sie den Ring immer weiter nach oben schob.

Könnte dieser verdammte Wolf wirklich den uralten Zauber der Handschellen überlisten? Schön wäre es gewesen.

Ricci versuchte weiterhin angestrengt den Ring über ihren Handrücken zu schieben, aber je weiter er wanderte, desto enger wurde er. Verständlich.

Als ihre Hand blau anlief griff Caligola ein und drückte den Ring wieder nach hinten, über den Handrücken. „Spinnst du? Ich hatte ihn fast drüber!“, fauchte sie ihn an.

„Vielleicht, aber deine Hand wäre dann auch hinüber gewesen.“

Ricci spürte wie das Blut zurück in ihre Hand floss. Sie schüttelte ihre Hand und biss die Zähne zusammen. Warum hat er das gemacht? Ich dachte er wäre froh mich und diese Handschellen loszuwerden? Vampire sind so kompliziert!

Ricci verdrehte die Augen und Caligola sah sie argwöhnisch an.Sie hob den Kopf und schaute ihm in die Augen.„Wann können wir endlich weiterziehen?“, fragte Ricci ungeduldig.

„Sobald sich der Schneesturm gelegt hat“, sagte Caligola und drehte sich zum Höhlenausgang um. Und das dürfte sobald nicht passieren.

 

- - - - - -

 

Ricci kramte etwas zu Essen aus ihrer Tasche und reichte Caligola eine Flasche mit Blut. Eigentlich war sie sich sicher gewesen, dass Adrian ihr Beutel eingepackt hatte, aber das konnte ihr jetzt egal sein. Sie machte sich daran das Lachsbrot zu essen, welches Johnny ihr eingepackt hatte.

Als sie hineinbiss kniff sie die Augen zusammen. Ganz langsam öffnete sie den Mund und betrachtete das Brot.

„Wie lange hast du noch einmal nach einer Höhle gesucht?“, fragte sie ihn.

„Ziemlich lange, warum?“

Sie betrachtete wie Caligola die Flasche aufschraubte und sie zum Trinken ansetzte. Als er verwundert die Flasche hochhob und sie begutachtete, wusste er was sie meinte. Das ganze Essen und Trinken war eingefroren.

„Das darf doch nicht wahr sein!“, knurrte Caligola. Er hatte gewusst, dass er etwas trinken sollte, bevor sie den Berg hinauf wanderten. Er hatte einen riesen Hunger und das einzige Blut das er hatte war eingefroren. Bis auf…

„Ähm Ricci…“

Sie schaute ihn fragen an und als sie verstand auf was er andeuten wollte, riss sie die Augen auf. Seine Augen leuchteten und sein Blick haftete an ihrer Kehle. „NEIN! Ganz sicher nicht!“

Er verschloss die Flasche und stellte sie neben den Rucksack. „Vergiss aber nicht, dass ich derjenige war, der dich gerettet hatte und dich dann in diese Windgeschützte Höhle gebracht hatte!“

Ricci grinste sarkastisch. „Und, dass ich wegen dir bewusstlos wurde“, fügte sie hinzu.

Caligola wusste zwar was sie meinte, fing aber trotzdem arrogant an zu grinsen. „Ich fasse das mal als Kompliment auf“, sagte er und zwinkerte ihr zu.

Ricci schüttelte den Kopf und beachtete ihn nicht weiter. Sie steckte das Brot in ihren Mantel und wartete bis es wieder auftaute, bis sie es dann genüsslich verspeisen konnte.

Caligola beobachtete sie die ganze Zeit über und er wurde von Minute zu Minute hungriger. Er hätte Ricci sofort gebissen, wenn da nicht diese dämlichen Handschellen gewesen wären.

Ricci aß voller Zufriedenheit ihr Lachsbrot, während Caligola hungrig neben ihr saß. Sie sah aus dem Augenwinkel, wie Caligolas Augen leuchteten und als er sich auf die Unterlippe biss, seine Fänge.

Fertig mit dem Brot, wischte sie sich die Krümel aus den Mundwinkeln. „Genau das ist das Problem mit euch Vampiren: Immer wenn ihr Hunger habt, beißt ihr einfach jemanden, auch wenn es gegen seinen oder ihren Willen ist. Jetzt kannst du das allerdings nur mit meinem Einverständnis“, sagte Ricci und sah ihn belustigt an.

„Vergiss nicht was du gerade sagst, denn ich werde es ganz bestimmt nicht, und wenn ich diese Handschellen los bin hole ich das Ganze nach!“, ermahnte Caligola sie.

Ricci rutschte zu ihm und beugte sich so weit vor, dass er ihr ganz leicht in den Hals hätte beißen können, wenn diese Handschellen nicht gewesen wären. Gerade wollte er die Sicherheit der Handschellen nochmals auf die Probe stellen, da sah er etwas Rotes unter Riccis Mantel hervorblitzen.

Er hätte danach gegriffen, aber in dem Fall wäre das eher unter „Sexuelle Belästigung“ gefallen, denn sie hatte es ganz nah an ihrer Brust. Er setzte gerade zum Sprechen an, da unterbrach sie ihn und zog es hervor. Es war die Flasche von vorhin, die jetzt flüssig und schön warm war.

Ricci drückte sie Caligola in die Hand und fing an zu grinsen. „Ich hätte sie dir ja schon früher gegeben, aber mir gefiel es irgendwie, dass jetzt du leiden musst und ich nicht. Aber ich dachte, da du immer so griesgrämig dreinschaust, könnte ich dir doch einen Gefallen tun.“

Er wusste nicht was er sagen sollte und starrte einfach die Flasche an. Entweder ich habe mich in ihr geirrt, was aber nicht der Fall sein kann, oder aber, was wahrscheinlicher ist, sie will einfach keinen unnötigen Ballast mit sich herumtragen.

Ricci schaute ihn neugierig an. Er saß mit der Flasche in der Hand und starrte sie nur an. „Du solltest trinken, sonst wird sie wieder kalt und noch einmal werde ich sie dir nicht wärmen“, sagte Ricci und lachte.

Sie riss Caligola aus seinen Gedanken. Er schüttelte ungläubig den Kopf und öffnete die Flasche. Ihm kam der Geruch von Eisen in die Nase. Er setzte die Flasche an den Mund und trankgierig daraus.

Ricci sah ihn mit großen Augen an. „Du bist ja am Verhungern!“

Caligola warf ihr einen Blick zu der sie zum Schweigen brachte, aber lachen musste sie trotzdem. Als die Flasche leer war stopfte sie zurück in den Rucksack. Danach lehnte er sich satt und zufrieden gegen die Steinwand und schloss die Augen.

„Wow…Das war…höchst interessant“, bemerkte Ricci.

Caligola rührte sich nicht. Er versuchte Ricci zu ignorieren, aber das war schwerer als gedacht.

„Wie alt bist du jetzt eigentlich? Ich meine, an fünfhundert Jahre kannst du dich nicht erinnern, aber du weißt doch sicher noch dein Geburtsdatum. Oder nicht?“

„Musst du mich unbedingt nerven? Auch wenn ich satt bin heißt das noch lange nicht, dass ich kein Verlangen habe dich zu beißen“, sagte er grimmig.

„Ein, „Danke Ricci, dass du mein Essen gewärmt hast“, hätte auch gereicht!“, schnauzte sie ihn an.

Er grinste schief und sah sie aus dem Augenwinkel heraus an. „Ooh, bist du jetzt beleidigt?“

Ricci drehte sich zu ihm um. „Pass auf mit wem du dich anlegst!“

Er fing an zu lachen. „Was dann? Willst du mich zu Tode quatschen?“

Ricci sah ihn wütend an. „Du vergisst: Ich bin diejenige von uns beiden die sterben kann!“ Er sah sie an und fing zu lachen. Ricci sprang auf, zog sich ihren Mantel aus und zerrte Caligola mit nach draußen.

„Bist du Wahnsinnig!“, schrie er sie an. In ihrer Wut war Ricci stärker als Caligola und verharrte draußen im Schneesturm aus. Caligola versuchte sie die ganze Zeit nach drinnen zu zerren, aber es funktionierte nicht. „RICCI! Du holst dir noch den Tod!“

„Du willst mich doch sowieso loswerden, warum sorgst du dich dann? Mein Gepäck musst du dann eh nicht mehr schleppen!“ Ricci wurde schon blau und zitterte so heftig, dass sie sich nur mit Mühe auf den Beinen halten konnte.

Damit sie nicht starb sah Caligola nur einen Ausweg. Er knöpfte sich blitzschnell den Mantel auf und zog Ricci an sich.

Sie versuchte sich zwar zu wehren, aber in dem Moment gaben ihre Kräfte nach und sie sank gegen ihn. Er drückte sie an sich, schloss den Mantel und zog sie nach drinnen. „Du bist so dämlich! Was hast du dir bloß dabei gedacht?“

Er setzte sich nieder, lehnte sich gegen die Wand und Ricci saß derweil auf seinem Schoß und weinte leise. „Das mein Leben den Bach hinunter geht…“, flüsterte sie zittrig.

Er sah sie verwirrt an. „Unsinn was redest du da?“

Sie schniefte und versuchte zu lächeln. „Vielleicht liegt es daran, dass mein Vater ein finsteres Geheimnis hat, meine Mutter glaubt ich sei tot, mein bester Freund hasst mich und du erinnerst dich nicht mehr an mich…und jetzt sag mir noch einmal, dass ich Unsinn rede!“, in Riccis Stimme lag ein Ton der Verzweiflung.

Irgendwie bekam Caligola langsam Mitleid mit Ricci. Sie versuchte die Tränen zurück zu halten, aber sie schaffte es nicht. Über ihre Wangen ergossen sich zwei kleine Bäche und sie drehte sich weg.

Caligola zog sie allerdings wieder zurück und legte ihr das Kinn auf den Kopf. Er hasste Werwölfe zwar, aber noch mehr hasste er es, wenn eine Frau weinte. „Hör zu alles wird wieder gut. Sobald wir die Handschellen los sind, wird sich das alles regeln, glaub mir“, sagte er ruhig.

Ricci versuchte sich zu beruhigen und sah ihm in die Augen.

„Warum jagst du uns?“

„Das ist jetzt keine so gute Idee um das anzusprechen. Reden wir ein andermal darüber.“

„Nein, jetzt. Bitte!“ Sie sah ihm in die Augen und er musste nachgeben.

Vielleicht hört sie dann auf zu weinen. „Die kurze oder die lange Version?“

Ricci legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Die, die dir lieber ist.“

„Nun, bei der kurzen Version würdest du dich nicht auskennen. Also die lange.“

Er überlegte kurz.

„Es begann damals, im Jahre 1024. Ich war auf der Suche nach einem Typen, der meine Freundin auf dem Gewissen hatte.

In einer stürmischen Nacht, ritt ich mit meinem Pferd zu einer Herberge, nahe dem Wald. Sie hieß „zum blutleeren Wanderer“. Wenn ich heute so darüber nachdenke hätte ich eigentlich damit rechnen müssen, dass es sich um einen Vampir handelte. Wir wussten zwar damals schon über sie Bescheid, allerdings nur dass es sie gab, nicht wie man sie tötet.

Da ich vor Zorn, sozusagen blind war, stürmte ich in das Lokal und schlug mit der Faust auf die Theke.

„Wo ist Sir Hendriks!“, schrie ich den Wirten an.

Dieser schaute ängstlich in die andere Ecke des Raumes und ich erblickte den Mann, den ich suchte.

Der Wirt herrschte uns an, wir sollten das draußen regeln. Wir gingen nach draußen und ich rammte ihn knapp nach der Tür, die Faust in den Magen. Der Mann krümmte sich zwar, schlug allerding doppelt so stark zurück.

Er warf mich zu Boden und trat auf mich ein. „Sein froh, dass ich gerade gute Laune habe, sonst wärst du jetzt tot.“

Er verschwand und ließ mich am Boden liegen. Ich hatte gebrochene Rippen und innere Blutungen. Wahrscheinlich bin ich in der Nacht gestorben.

Als ich jedenfalls am nächsten Tag aufwachte, da lag ich in einem Zimmer in der Herberge auf einem Bett und neben mir saß eine schöne junge Frau, die sich anscheinend die ganz Nacht um mich gekümmert hatte.

Sie hatte langes schwarzes Haar und dunkelgrüne Augen.

Ich habe mich sofort in sie verliebt.“

Ricci musste grinsen.

Caligola machte eine kurze Pause und Ricci hob den Kopf, um ihm in die Augen zu schauen. Er starrte Geistesabwesend gegen die Wand und sah sie vor sich. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen und er konnte sie bis heute nicht vergessen.

„Erzähl weiter, bitte!“, flehte Ricci ihn ungeduldig an.

Ricci riss ihn aus seinen Gedanken und er sah sie an. „Es stellte sich heraus, dass sie ein Vampir war und ich verwandelt wurde. Sie trainierte mich, wir machten uns auf die Suche nach dem Mörder und dann kann ich mich an nichts mehr erinnern.“

Ricci stützte sich mit beiden Händen an seiner Brust ab und sah ihn ungläubig an. „Du hast ein halbes Jahrtausend trainiert?! Ok, merkt man eigentlich“, sagte Ricci dann.

Caligola musste lächeln als Ricci etwas rot wurde. „Tja, dieser Typ war ein Werwolf und da mir nur solche über den Weg gelaufen sind, hat sich meine Einstellung nie verändert.“

Sie schaute ihn grinsend an. „Und deine Einstellung zu mir?“

Er schaute sie prüfend an. „Du willst wirklich wissen, was ich über dich denke?“

Ricci überlegte kurz, nickte aber dann dennoch.

„Ich halte dich für verrückt und leichtsinnig. Manchmal glaube ich sogar du hast Depressionen, weil du versuchst dich umzubringen. Sei es aus Leichtsinn, Provokation oder Einsamkeit.“

Ricci drehte sich weg, um ihm nicht in die Augen sehen zu müssen. Er hatte ja recht. Sie war irgendwie einsam.

„Was genau erwartest du von mir?“ Er drehte Riccis Kopf in seine Richtung und sah ihr in die Augen.

„Ich vermisse es einfach…“

Er sah sie schief an. „Was vermisst du?“

Sie sah ihm direkt in die Augen. „Dich. Ich meine die Art wie du…“ Ricci wurde rot und drehte sich weg.

Caligola verfolgte sie neugierig mit seinen Blicken. „Du redest ziemlich oft darüber, wie ich war. Jetzt erzähl es mir einmal.“

„Da gibt es nicht viel. Ich weiß nur, dass du unheimlich gut darin bist jemanden…“

„Was?“

„Zu verführen…“, sagte Ricci so leise, dass Caligola sie erst gar nicht verstand.

Als er es aber tat, musste er sich das Lachen verkneifen. „Das glaube ich dir aufs Wort!“

Sie drehte sich fragend zu ihm um. „Eigenlob stinkt“, sagte Ricci zu ihm.

„Na hör mal, von wem glaubst du hat Casanova das gelernt?“

Ricci blieb der Mund offen stehen. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“

Caligola nickte und grinste überheblich. „Mein voller Ernst.“

Ricci drehte sich um. „Dann hast du mich also nur für deine…ähm…Langeweile benutzt!?“

Er zuckte mit den Schultern. „Ich habe keine Ahnung.“

Ricci verdrehte die Augen. Super! Endlich ein Kerl, der nach etwas aussieht und dann stellt sich heraus, dass er ein Arschloch ist…Das kann aber auch nur mir passieren.

Caligola sah ihr amüsiert zu, wie sie eine Grimasse zog. „Tja, mir kann halt keine Frau widerstehen!“, sagte er.

Und er ist ja überhaupt nicht überheblich… „Ja klar. Ich hätte mit dir nie geschlafen, wenn du vorher schon so gewesen wärst. Aber Gott sei Dank weiß ich das jetzt“, sagte sie trotzig.

Caligola zog eine Augenbraue hoch. „Glaube mir, du würdest so schnell unter mir liegen, dass du nicht einmal bis zehn zählen kannst“, meinte er arrogant.

„Aber sicher nicht freiwillig. Du hast gerade zugegeben, dass du jede Flachlegst, die nicht bei zehn auf dem Bäumen sind. Noch selbstsicherer geht’s nicht, ne?“ Er stieß sich an der Felswand ab und blieb mit seinem Gesicht knapp vor Riccis. „Glaube mir, noch einmal falle ich nicht auf deine Tricks herein!“, sagte Ricci selbstsicher. Aber wirklich sicher war sie sich dabei nicht.

Caligola fing an zu grinsen und ließ dabei seine Fänge aufblitzen. „Bist du dir da ganz sicher?“ Er beugte sich langsam nach vorne und Ricci wich immer weiter zurück, bis sie zurückflog, soweit der Mantel das zuließ. „Na, wo ist jetzt deine Selbstsicherheit?“ „Zurzeit auf Urlaub, denke ich.“ Er beugte sich so weit nach vorne, dass Ricci schon fast auf dem Boden lag. Caligola streckte die Beine nach hinten, sodass sie über denen von Ricci lagen. Er stützte sich nur noch mit den Armen ab.

Gott sei Dank, denkt er nicht daran, die Arme aus den Ärmeln zu ziehen. So habe ich wenigstens eine Chance ihm zu widerstehen!

Als ob er ihre Gedanken gelesen hätte, schlüpfte er mit den Armen aus den Ärmeln und stemmte sie links und rechts neben Riccis Kopf auf den Boden. „Was wirst du jetzt tun?“

Da Caligola den Kopf weiter zu ihr hinunter senkte, berührte sie den Boden und konnte nicht weiter ausweichen. Ricci, denk nach! Du darfst ihm nicht nachgeben! Er würde dich nur ausnutzen! Plötzlich hörte sie ihre innere Stimme sagen: „Scheiß drauf! Du wolltest das doch sowieso schon die ganze Zeit über. Jetzt ist es auch schon Wurst!“

Caligola sah sie grinsend an und seine Augen fingen an zu leuchten. Er hielt inne. Ihre Lippen waren nur noch knapp eine Zentimeter von ihren entfernt. „Weil ich ein Gentleman bin, überlasse ich dir den nächsten Schritt.“

Ricci zögerte kurz, bevor sie ihre Lippen sanft auf seine legte. Sie spürte wie er grinsen musste und legte den Kopf sofort wieder auf den Boden. „Ich wusste doch, dass ich dich schnell kriegen würde“, meinte Caligola.

Ricci schloss beschämt die Augen und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. „Das war reines Glück!“

Er gab einen entrüsteten Laut von sich. „Du bist eine schlechte Verliererin Ricci. Sieh es einfach ein, dass mir niemand widerstehen kann.“

Ricci öffnete die Augen. „Und du bist ein arrogantes… Arschloch!“

Er musste lachen. „Vergiss dabei aber bitte nicht, dass du dieses arrogante Arschloch gerade geküsst hast“, sagte Caligola.

Ricci wurde wieder Rot. „Das war nur, weil ich…ähm…“

„Weil du was? Und komm mit jetzt nicht mit der Leier: „Ich habe an früher gedacht“.

Sie sah beschämt zu Boden.

„Jaja, zieh mich nur damit auf. Aber damit machst du dich nur unbeliebt! Nein! Ich…“, Ricci brach mitten im Satz ab, nahm sein Gesicht in die Hände und zog ihn wieder zu sich um ihn zu küssen. Caligola ließ sich dies gefallen und als Ricci schon nach Sekunden aufhörte, ergriff er die Initiative. Ricci lag ungefähr zwei Minuten nur da und ließ es sich gefallen, dann hörte er auf und hob den Kopf wieder.

Er legte seine Stirn auf ihre und schaute ihr ganz tief in die Augen. „Fellteppich, ich versuche nur dich zu verstehen. Meiner Meinung nach, sind Werwölfe extrem kompliziert. Und du bist das perfekte Beispiel dafür.“

Ricci drehte den Kopf weg und wollte aufstehen, aber Caligola hielt sie an den Handgelenken fest und machte ihr so die Flucht unmöglich. „Was willst du denn jetzt noch von mir?“, fragte sie leicht genervt.

„Ich von dir gar nichts. Aber wie steht es mit dir? Was willst du von mir?“

Wie wärs mit einem Kuss? Das wäre zumindest kein schlechter Anfang. Aber statt ihre Gedanken laut auszusprechen, schaute sie ihn nur grimmig an und sagte: „Wie wäre es, wenn du von mir herunter gehst?“

Caligola verdrehte die Augen und fuhr unter Riccis Rücken. „He! Was soll das werden!?“, fragte sie entsetzt. Sie spürte, dass er irgendetwas mit seinen Händen machte, konnte aber nicht genau feststellen was. „Wenn das einer deiner Verführungsversuche werden soll, rate ich dir es bleiben zu lassen!“

Caligola verdrehte erneut die Augen und zog im gleichen Moment seine Hände unter Riccis Rücken hervor. Als sie ihn fragend ansah, drückte er sich hoch und stand auf. Er hatte den Mantel geöffnet und zog Ricci mit sich hinauf. „Zufrieden, Fellteppich?“

Ricci kniff die Augen zusammen. „Ich heiße nicht Fellteppich!“, fuhr sie ihn an. „Aber du bist einer“, konterte er. Ricci drehte sich um und wollte gehen, musste aber mit Bedauern feststellen, dass die Handschellen immer noch da waren.

Sie drehte sich um und schaute auf die Handschellen und dann wieder zu Caligola. „Du wirst jetzt ganz sicher nicht noch einmal nach draußen gehen und einen weiteren Selbstmordversuch starten!“ Ricci verdrehte die Augen. „Ich will nur zu meinem Mantel!“ „Achso. Das ist natürlich etwas anderes!“ Er folgte Ricci bis sie den Mantel vom Boden aufhob.

Ricci warf ihn sich um die Schulter und knöpfte ihn zu. Caligola beobachtete sie die ganze Zeit. Als der Mantel zu war, setzten sie sich wieder hin und lehnten sich gegen die Mauer.

„Wie kann ich dich davon überzeugen, dass wir Werwölfe nicht schlecht sind?“, sagte Ricci und schaute ihn an.

„Das ist nicht notwendig.“

Riccis Gesichtsausdruck wurde fragend. „Wieso? Ich habe alles versucht, um dich umzustimmen! Waru…“

Caligola hielt Ricci den Mund zu und schaute sie lächelnd an. „Weil du das, komischerweise, schon geschafft hast.“ Er nahm die Hand weg und Ricci schaute ihn mit offenem Mund an.

„Ich … wie?…ECHT?!“, fragte sie verwundert, „Ich bin gut!“

Caligola musste lachen, als Ricci das, voller Selbstsicherheit sagte.

Mit zufriedenem Gesichtsausdruck schloss Ricci die Augen und träumte vor sich hin, immer unter der Beobachtung Caligolas.


Kapitel 9

 

 

Johnny saß auf der Couch und betrachtete Nikolai argwöhnisch.

„Was ist los, Johnny? Du siehst irgendwie…ängstlich aus“, bemerkte Nikolai arrogant.

„Es liegt vielleicht daran, dass ich meine beste Freundin, deine Tochter, alleine mit einem verrückten Vampir losziehen lassen musste!“

Laroux saß neben den beiden auf dem Ledersessel und beobachtete Nikolai argwöhnisch.

„Laroux, wie kannst du es nur mit einem Werwolf aushalten? Immerhin bist du der Freund von Caligola, dem größten und besten Wolfstöter der Geschichte?“ Nikolai versuchte die beiden gegeneinander aufzuspielen, damit er wieder sein Rudel übernehmen konnte. Jetzt da Allison aus dem Weg geräumt war, konnte er sich wieder in seinem Zuhause niederlassen. Aber erst musste dieses Ungeziefer beseitigt werden.

„Ich wusste nichts über seine Vergangenheit. Da solltest du lieber Garoux fragen.“

Nikolai fing an zu lachen.

Johnny und Laroux warfen sich einen vielsagenden Blick zu. „Nikolai, du solltest langsam wieder gehen. Wir haben noch eine Menge zu erledigen und du… wie soll ich das sagen…störst“, sagte Johnny gelassen.

Nikolai kniff die Augen zusammen und beugte sich vor. „Willst du etwa deinen früheren Alphawolf rausschmeißen?“

„Ja!“, antwortete Laroux für ihn.

Nikolai stand auf und seine Augen funkelten golden. „Gut, ich gehe, aber in Zukunft solltest du lieber aufpassen, was du machst. Es könnte sein, dass dir etwas Schreckliches passiert und das wollen wir doch nicht“, sagte Nikolai mit einem Grinsen auf den Lippen und verließ das Haus.

„Er könnte uns gefährlich werden. Außerdem hat er ein Geheimnis. Ich weiß zwar nicht welches, aber es kann nichts Gutes sein“, meinte Laroux zu Johnny.

„Du hast recht. Er führt irgendetwas im Schilde und außerdem frage ich mich wo er Allison gelassen hat“, bestätigte er Laroux.

„Riccis Mutter?“

Johnny nickte.

Larouxs Gesichtsausdruck wurde eiskalt.

„Was ist? Weißt du etwas, das man mir verheimlicht?“

„Nun, ich habe einmal gehört, wie Garoux gesagt hat, dass Allison nur ein Lückenbüßer sei. Riccis Mutter ist angeblich gleich nach ihrer Geburt gestorben.“

Johnny sah ihn fragend an. „Warum weiß ich davon nichts?“

Laroux zuckte mit den Schultern. „Frag einen aus deinem Rudel, vielleicht wissen die mehr.“ In dem Moment kam Adrian bei der Tür herein. „Aah! Adrian, du kommst wie gerufen!“

Er blieb in der Tür stehen und sah Johnny erschrocken an. „Was ist los?“

Johnny stand auf und stellte sich vor Adrian. „Was weißt du über Riccis Mutter?“

„Das sie tot ist“, sagte er bekümmert.

„Seit wann?“

„Sie ist bei ihrer Geburt gestorben. Hast du das nicht gewusst?“

Johnny schüttelte den Kopf. „Ricci hat nie etwas erzählt..“

„Sie weiß es auch nicht. Nikolai hielt es für besser, dass sie es nicht weiß“, meine Adrian.

Nikolai hat irgendetwas vor. Wenn ich nur wüsste was!

 

- - - - - -

 

Ricci wachte auf und bemerkte, dass sie, während sie schlief, auf Caligolas Schulter gesunken war. Sie schreckte hoch und sah sich verwirrt um. Da fiel ihr wieder ein, dass sie sich in einer Höhle befanden. Sie sah nach draußen und bemerkte, dass der Schneesturm sich endlich gelegt hatte.

„Bereit zum Aufbruch?“, fragte Caligola.

Ricci zuckte zusammen. Er hatte sie erschrocken. „Ja… aber lass mich vorher noch etwas essen, bitte. Solltest du auch machen.“

„Du kannst gerne etwas essen, aber meines ist zurzeit noch gefroren.“

Sie sah ihn fragend an. „Meines nicht?“

Er schüttelte den Kopf. „Du hast dich gegen deinen Rucksack gelehnt. So ist es aufgetaut“, sagte er.

Ricci lehnte sich nach vorne und betrachtete den Rucksack hinter ihr. „Oh. Aber du brauchst auch etwas.“

„Das bisschen halte ich schon noch aus“, sagte er beschwichtigend.

Ricci sah ihn schief an. „Und dann geht es dir so wie gestern! Das Risiko gehe ich nicht ein.“

„Aber wir müssen weiter. Wer weiß wann der nächste Schneesturm kommt.“

Ricci dachte nach. „Tja, dann gibt es nur eine Möglichkeit.“ Sie knöpfte sich den Mantel auf, aber nur so weit, dass ihr Hals frei war.

„Ricci, was hast du vor?“

„Du brauchst etwas und ich kann dir etwas geben.“

Er sah sie verwirrt an. „Du willst, dass ich dein Blut trinke?“ Sie nickte. „Bist du wahnsinnig?!“

„Vielleicht. Aber warum sollte ich es nicht zulassen?“

„Ich könnte dich umbringen!“

„Dazu hattest du mehrere Gelegenheiten. Aber du hast keine davon genutzt.“

Caligola schüttelte ungläubig den Kopf. „Du weißt aber schon was das heißt, oder?“

„Ja, ich denke schon. Aber du kannst es mir gerne noch einmal erklären.“

„Ich bin dann mindestens eine Woche immun gegen deinen Biss. Das heißt, wenn wir die Handschellen innerhalb dieses Zeitraumes loswerden, kann ich dich ohne weiteres umbringen!“

Ricci zuckte mit den Schultern. „Das Risiko werde ich wohl eingehen müssen!“

Caligola schüttelte den Kopf. „Du bist wahnsinnig, eindeutig!“

Ricci lächelte ihn nur triumphierend an. „Was ist jetzt? Mach endlich, wir müssen weiter!“

Er sah sie unsicher an. „Du hast das ernst gemeint?!“

„Ähm… JA!“

Caligola beugte sich zu ihr hinüber und legte seine Finger an ihr Kinn, um es hochzudrücken. „Noch hast du die Gelegenheit dich um zu entscheiden!“

„Jetzt mach endlich!“

Er legte vorsichtig seinen Mund auf ihre Halsschlagader und wartete ihre Reaktion ab. „Jetzt komm! Ist ja nicht das erste Mal!“ Er fuhr die Fänge aus und biss ganz vorsichtig zu. Weder wehrte sich Ricci, noch zuckte sie zusammen.

Er wusste nicht, ob sich Ricci der Gefahr bewusst war, weswegen er nur ganz kleine Schlucke nahm. Ihr Blut schmeckte köstlich. Süß, aber auch nicht zu süß.

Ricci saß ganz still da und ließ es über sich ergehen. Eigentlich war es ja nicht einmal schlimm. Was er nur hatte? Als er aufhörte, senkte sie den Kopf und schaute ihn an. „Warum habe ich das Gefühl, dass es für dich schlimmer war als für mich?“, fragte Ricci belustig.

Caligola sah sie mit einem schiefen Grinsen an.

„Vielleicht hat es mir aber auch mehr gefallen als dir?“

„Das glaube ich dir gerne. Jetzt können wir ja gehen. Ich kann mein Brot auch unterwegs essen.“ Ricci schnallte sich den Rucksack um und wartete bis Caligola seinen auch hatte.

 

- - - - - -

 

Während sie das Gebirge entlangwanderten, hatte Ricci ein Lächeln auf den Lippen.

Caligola bewunderte sie irgendwie. Er hatte gerade ohne Probleme ihr Blut getrunken und statt sich irgendwie unwohl zu fühlen, hatte sie ein Lächeln im Gesicht.

Schon allein die Tatsache, dass sie ein Werwolf war und er ein Vampir und keiner von beiden den anderen umbringen wollte, war erstaunlich. Dass sie ihm dann auch noch ihr Blut anbot, war kaum zu übertreffen.

Ricci ging weiter und bemerkte, dass Caligola sie die ganze Zeit über ansah. Nach einem weiteren Kilometer blieb sie stehen und drehte sich zu ihm um. „Was ist los?“, fragte sie ihn.

Er schüttelte den Kopf. „Absolut nichts. Wieso fragst du?“

„Vielleicht ist mir aufgefallen, dass du mich die ganze Zeit über beobachtest?“

„Ist das ein Problem für dich?“

„Kommt darauf an, was du gerade denkst?“

Er dachte kurz nach. „An nichts Besonderes.“

Ricci ging zu ihm und blieb vor seiner Nase stehen. „Das heißt?“

Caligola beugte sich zu ihr hinunter und sah ihr in die Augen. „Das heißt, dass ich nicht daran denke dich umzubringen.“

„An was dann?“

„Das bleibt mein Geheimnis.“ Er ging an Ricci vorbei und sie folgte ihm etwas verwirrt.

Die Berge waren Schneebedeckt und der Wind eiskalt.

Ricci fror trotz des Mantels ein wenig. Als sie noch höher hinauf mussten, verzweifelte Ricci immer mehr.

„C-caligola, w-wann k-k-können wir e-endlich v-v-v-von diesem B-B-B-Berg hinunter. I-ich friere!“

Er drehte sich zu Ricci um und sah, dass sie sich vor zittern kaum noch auf den Beinen halten konnte. „Wow, du siehst aus wie ein Eiszapfen!“ Er konnte sich zwar das Lachen verkneifen, aber sein Gesichtsausdruck sagte deutlich aus, dass ihn ihr Anblick amüsierte.

„L-lass d-die dummen W-witze! Ich erf-friere hier!“ Ricci hatte die Arme um sich geschlungen und rieb sie kräftig, um sich so gut es ging warm zu halten. „W-wir müssen eine H-Höhle finden. B-bitte!“

Caligola verdrehte die Augen und ging zu Ricci. Er blieb vor ihr stehen und schaute sie an.

Als er sich nicht rührte, sah Ricci ihn neugierig an und bemerkte seinen Geistesabwesenden Blick. „Caligola, ist alles in Ordnung? Du…“

„Pscht!“ Ricci erschrak als er seinen Kopf blitzschnell nach rechts drehte. „Das einzige was ich dir anbieten kann, ist eine Höhle etwa hundert Meter entfernt. Wir werden dann allerdings einen ungewollten Mitbewohner haben.“ Er drehte sich wieder zu Ricci um. „Außerdem sollten wir uns hier nicht zu lange aufhalten, da wir erstens noch einen breiten Weg vor uns haben und uns. „ Bald der Proviant ausgeht.“

Ricci blickte ihn schief an. „W-wieso? Wir ha-haben doch noch genug zu Essen. Darüber mu-musst du dir nicht wirklich Sorgen machen. Aber j-jetzt l-l-lass uns zu dieser H-höhle gehen.“

Caligola schüttelte grinsend den Kopf, aber dann sah er Ricci wieder ernst an. „Gut, machen wir uns auf den Weg. Wir werden in ungefähr“, er schaute Ricci von oben bis unten an, „einer halben Stunde dort sein.

„WAS!“

„Nun, bei deinem Tempo.“ Er fing an zu grinsen. „Aber wenn dir das zu lange dauert, können wir auch…“

Ricci riss die Augen auf, als sie verstand auf was er hinauswollte. „Ja, bitte! Ich wollte das schon immer einmal ausprobieren!!“

Caligola musste lachen, als Riccis Augen anfingen zu strahlen. „Na gut, aber du solltest dich gut festhalten.“ Ricci nickte eifrig und Caligola hob sie hoch.

Nach nicht einmal einer Minute standen sie vor einer wirklich großen Höhle. Sie war ungefähr fünfzehn Meter hoch und zehn Meter breit. Sehen konnte man nicht viel, was Ricci ein bisschen Angst einflößte.

Caligola ließ Ricci runter und machte sich daran die Höhle zu betreten, aber weit kam er nicht, denn Ricci blieb stehen und schaute ängstlich in die Höhle. „Was ist denn jetzt schon wieder mit dir los, Fellteppich?“, fragte er genervt.

Ricci schwieg und hob langsam den Arm. Sie zitterte heftig, aber das kam nicht von der Kälte. Es kam daher, dass sie von zwei Augenpaaren beobachtet wurde, die aus der Dunkelheit direkt in ihre Augen starrten.

Als Caligola ihrem Blick folgte, machte er einen Schritt zurück. Er hatte zwar einen Herzschlag wahrgenommen, aber damit hatte er nicht gerechnet. Er drängte Ricci hinter sich, bleckte die Zähne und fuhr die Fänge aus.

Ricci stellte sich auf die Zehenspitzen, um wenigstens ein kleines bisschen zu sehen, da Caligola doch um einen Kopf größer war als sie. „Was ist da? Sag schon!“ Sie wollte sich an ihm vorbei, nach vorne drängen, aber er ließ sie nicht vorbei.

„Bleib hinter mir, das ist nichts für dich.“ Er fing an zu knurren, als sich die Augenpaare näherten.

Ricci zog einmal kräftig an den Handschellen. „Ähm, schon vergessen: Wir sind aneinander gekettet. Du kannst mich also nicht so einfach wegschicken.“

Die Augenpaare waren jetzt so nahe, dass man erkennen konnte, dass es sich um einen Bären handelte.

Caligola verdrehte die Augen, ließ sich aber nicht ablenken. „Da, ein Bär. Jetzt zufrieden?“ Eine kleine Notlüge. Das da war definitiv ein Bär, aber kein stinknormaler. Caligola machte sich bereit, sich und Ricci um jeden Preis zu schützen. Ein Werbär! Shit. Das kann ich jetzt echt nicht gebrauchen.

Ricci sah zu, wie sich der Bär vor Caligola aufbaute und machte sich hinter Caligola klein. „Ach du heilige Scheiße!“ Sie hörte und spürte, wie Caligola zu knurren anfing.

Plötzlich riss der Bär das Maul auf und brüllte Caligola an.

„Ich denke wir sollten jetzt wieder verschwinden, denn, falls du es noch nicht mitgekriegt hast: Ich kann mich in diesen Handschellen nicht verwandeln.“

Doch bevor sie noch etwas machen konnten, ließ der Bär sich vor Caligola auf die Beine Fallen, sodass der Boden bebte. Dieser Bär war eindeutig nicht normal, er war mindestens doppelt so groß wie normale Bären.

Gerade noch rechtzeitig schnappte Caligola sich Ricci und riss sie mit sich, denn schon im nächsten Moment schnappte er nach Caligola.

„Ricci, du musst mir jetzt genau zuhören, das ist ein Werbär. Keine Zeit zum Erklären. Ich werde ihm an die Kehle springen und du wirst ihn von hinten ins Genick beißen!“

Noch bevor Ricci etwas erwidern konnte, war Caligola schon aufgesprungen und nutzte die Handschellen, um Ricci auf den Rücken des Bären zu bringen.

Der Bär versuchte zuerst Caligola von sich hinunter zu bringen. Genau das hatte Caligola erwartet. Der Bär war so damit beschäftigt, Caligola loszuwerden, dass er Ricci ganz vergas. Diese versuchte ihn durch das dichte Fell hindurch, in das Genick zu beißen, aber das Fell war so dicht, dass Ricci nicht einmal in die Nähe des Genicks kam.

Plötzlich wurde sie hinuntergerissen und zusammen mit Caligola in die Höhle geschleudert. „Wir müssen hier weg! Komm, sonst sind wir geliefert!“ Ricci versuchte sich aufzurichten, als der Bär auf sie beide zukam, aber da bemerkte sie, dass Caligola sich den Bauch hielt. Erst da bemerkte sie, dass er eine Riesige Fleischwunde quer über den Bauch hatte.

Der Bär stand inzwischen vor ihnen und Ricci, die neben Caligola kniete, sah auf und ihre Augen fingen an zu leuchten. „Wenn er wegen dir draufgeht, kannst du was erleben!“, knurrte sie.

Der Bär richtete sich auf, bereit Ricci und Caligola in Stücke zu reißen.

Ricci drehte sich noch einmal zu Caligola um. Gleich wären sie beide tot. Niemand würde sie je finden. Sie würde mit Caligola hier sterben und niemals herausfinden, ob es ihr je gelungen wäre sein Gedächtnis wiederherzustellen.

Plötzlich packte Ricci der Überlebenswillen und sie drehte sich zu dem Bären um. „Du kriegst ihn nur über meine Leiche!“ Der Bär stürzte sich auf sie und sie brüllte ihn an. Dann ging alles ganz schnell. Der Bär versuchte Ricci zu beißen, aber sie wich aus und fuhr ihm an die Kehle. Er war nun so nah, dass die Kette diesen Sprung zuließ. Sie spürte Fell und dann Fleisch. Danach ergoss sich eine rote Flüssigkeit in Riccis Mund und sie wurde zurückgeschleudert.

Der Bär hatte sie zurück, neben Caligola geworfen, aber sie stand felsenfest auf allen Vieren. Da kam es ihr. Auf allen Vieren. Ricci blickte an sich herunter und bemerkte, dass sie sich während des Kampfes in einen Werwolf verwandelt hatte.

Der Bär stand nun etwas drei Meter von ihr entfernt und schaute sie verdutzt an. Du bist also einer von uns. Warum gibst du dich mit dieser Kreatur ab?

Ricci schaute den Bären etwas verwirrt an. Moment mal: Du kannst mit mir sprechen?! Und was soll das heißen: Ich bin eine von euch?

Der Bär nickte und setzte sich hin. Das heißt, dass du ein Wertier bist. Genauso wie wir anderen. Die werden erstaunt sein, jemanden wie dich, in dieser Gottverlassenen Gegend zu sehen.

Wer sind „Die“?, fragte Ricci, immer noch verwirrt. Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken gerissen, als Caligola neben ihr aufstöhnte. Sie hatte ihn ganz vergessen. Schnell kramte sie aus ihrem Rucksack eine Flasche Blut hervor, aber die war gefroren. „Mist!“

Sie beugte sich über Caligola und entblößte ihre Kehle. „Trink. Und keine Widerrede, du brauchst das jetzt ziemlich dringend!“

Was machst du da?! Du hast doch nicht etwa vor

Ricci verwandelte sich zurück und behielt den Bären im Blickfeld, um ihn jederzeit aufhalten zu können, falls er wieder vorhatte sie zu attackieren.

Ich rette meinem Freund das Leben!

„Freund“? Wie kannst du diese Kreatur nur als deinen Freund bezeichnen? Ich werde nicht zulassen, dass du ihm dein Blut gibst, nur damit ich zusehen muss, wie du draufgehst! Der Bär wollte sich nähern, doch da fing Ricci wieder an zu knurren.

Das wirst du ganz sicher nicht! Schließlich müsste ich das nicht machen, wenn du ihn nicht verwundet hättest. Außerdem bin ich an ihn gebunden!

Sie legte ihre Kehle an Caligolas Lippen und wartete darauf, dass er zubiss. Endlich spürte sie die zwei kleinen Stiche und ihr fiel ein Stein vom Herzen. Wenn Er jetzt gestorben wäre, dann … wäre alles aus gewesen. Sie wusste weder wo sie waren, noch wo sich dieser Magier befand, von dem alle redeten.

Du bist wahnsinnig! Er wird dich töten! Du wirst sterben! Im selben Moment ließ Caligola von ihr ab und ließ seinen Kopf wieder nach unten sinken. Er zog Ricci zu sich und verschloss ihre Wunden, indem er kurz mit der Zunge darüber strich.

Ricci richtete sich auf und sah zu wie die Wunde in Caligolas Bauch langsam verheilte. „Danke dir, Ricci“, sagte er leise.

Ricci schenkte ihm ein Lächeln und wandte sich dann wieder dem Bären zu. Was hast du gerade nochmal gesagt? Ich habe dich nicht verstanden.

Caligola richtete sich auf und rieb sich den Kopf. „Verdammt! Was ist gerade passiert?“ Es sah Ricci an und dann bemerkte er, dass der Bär Ricci verdutzt anstarrte. „Was hat der denn? Und wie hast du…“, Caligola deutete ungläubig auf den Bären und sah zwischen beiden hin und her. „Wow, Fellteppich! Das hätte ich dir gar nicht zugetraut! Du hast es geschafft, den Bären so voll zu labern, dass er sich nicht traut dich anzugreifen? Respekt! Das musst du mir bei nächster Gelegenheit beibringen!“

Ricci sah ihn schief an und musste grinsen. „Du wirst dich niemals ändern, oder?“

Er dachte kurz nach. „Ähm… nein, ich glauben nicht. Stört es dich, Fellteppich?“

„Darauf werde ich jetzt nicht antworten.“ Ricci drehte sich zu dem Bären um und schaute ihn triumphierend an. Jetzt bist baff, oder?

Der Bär bewegte sich nicht, sondern sah Caligola nur argwöhnisch an. Was hast du mit dem gemacht? Ihn unter Drogen gesetzt? Kein Vampir hört freiwillig auf das Blut eines Wertieres zutrinken! Das geht nicht!

Genau, weil das hier jetzt gerade auch nicht wirklich passiert ist. Ricci verdrehte die Augen und bemerkte wie Caligola sie fragend anstarrte. Sie drehte sich zu ihm. „Was? Ich unterhalte mich gerade. Ist das so merkwürdig?“

„Tut mir leid, ich habe ja auch schon so oft Wertiere miteinander sprechen gesehen.“ Er stützte sich auf die Ellenbogen und grinste sarkastisch.

Ricci, die immer noch neben ihm kniete, fasste sich an die Stelle, an der Caligola sie gebissen hatte. Da war keine Wunde. Nicht einmal ansatzweise.

Ihr seid mir ein komisches Gespann.

Als Ricci lächelte sah Caligola sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Sag mal, über was redet ihr da die ganze Zeit? Ich will das auch wissen, immerhin habe ich dich an der Backe.“

Ricci musste sich beherrschen, um nicht lauthals loszulachen. Caligola regt sich über etwas auf und kann nichts dagegen tun! Dieser Gedanke gefiel Ricci.

Moment mal! CALIGOLA! Dieser Vampir, der ein ganzes Werwolfsrudel ausgelöscht hat! Der Bär fing an zu knurren. Wie kannst du es wagen! Du gibst diesem Verräter dein Blut! Was fällt dir ein! Er ist ein blutrünstiges Monster und hat es nicht verdient zu leben! Der Bär wollte sich gerade auf Caligola stürzen, aber Ricci beugte sich schützend vor ihn.

„Wenn du vorhast ihn umzubringen, dann schaffst du das nur über meine Leiche! Denn wenn er tot ist, werde ich diese dämlichen Handschellen nie los!“, fuhr Ricci ihn an.

Der Bär knurrte zwar, aber er wich wieder zurück und schaute Ricci fordernd in die Augen. Dann erzähl mal, warum du an ihn „gebunden“ bist.

Erst wenn du dich in einen Menschen verwandelst! Ich werde ihm sicher nichts verschweigen!, forderte Ricci ihn auf.

Der Bär schaute Caligola abschätzig an. Das Risiko, dass er mich umbringt ist mir eindeutig zu groß. Der Typ hat hinterhältige Tricks drauf, davon habe ich schon genug gehört.

Ricci, die mit dem Rücken zu Caligola saß, ließ sich gegen ihn sinken und atmete hörbar aus. „Ich habe aber keinen Bock, ihm etwas zu verschweigen. Vielleicht lügst du mich auch an. Außerdem, kann er sich an die letzten fünfhundert Jahre sowieso nicht erinnern.“

Das erklärt die Ruhe.

„Und was machen wir jetzt?“

 

- - - - - -

 

„Was ist denn hier passiert?!“, rief Adrian, als er den Garten betrat. Der Rasen hatte Löcher, als ob irgendetwas oder irgendjemand (was wahrscheinlicher war) durch den Garten geschleudert wurde. Er sah wie Nikolai sich aufrappelte und auf Johnny losstürmte.

„Na warte! Dir werde ich Manieren beibringen!“ Er sprang Johnny an und verwandelte sich während des Sprungs.

Johnny wich aus und verwandelte sich ebenfalls. Ich hatte dir gesagt, du sollst dich hier nie wieder blicken lassen! Also ist es nur die gerechte Strafe dafür, dass du meine Regeln nicht beachtest!, knurrte Johnny.

Da Nikolai kein Mitglied des Rudels mehr war, konnte jeder seine Gedanken hören. Aber auch nur dann, wenn er es zuließ. Der Alphawolf konnte seine gedanklichen Barrikaden mühelos durchdringen, aber für die anderen war das schier unmöglich.

Aber du vergisst, dass das hier vorher mein Rudel war! Was wird wohl passieren, wenn sie wieder zu mir wechseln?, lachte Nikolai.

Das werden sie niemals tun! Ich werde es zu verhindern wissen!

Ja klar. Du bist gerade erwachsen geworden, ich hingegen bis um einiges älter als du. Denk mal logisch nach, wen werden sie bevorzugen: Einen der noch feucht hinter den Ohren ist oder lieber einen alten Hasen wie mich?

Johnny stieß ein kehliges Knurren aus und stürzte sich auf Nikolai. Das werde ich zu verhindern wissen! Nikolai konnte noch schnell genug ausweichen und stürzte sich gleich auf Johnny.

Aber wie willst du das anstellen, wenn du tot bist? Nikolai drückte Johnny mit den Rücken zu Boden und knurrte ihn an. Johnny versuchte sich zu befreien, aber Nikolai war älter und stärker, weshalb der Sieger schon nach wenigen Minuten feststand.

Ich schlage dir einen Deal vor, Johnny. Wir werden einen Kampf austragen und derjenige der Gewinnt bekommt das Rudel. Allerdings können wir das auch gleich hier und jetzt Regeln, wenn dir das lieber ist.

Johnny knurrte und sah kurz zu Adrian, der Johnny deutete, „Nein“, zu sagen, dann drehte er sich wieder zu Nikolai um und nickte. Ich werde gegen dich antreten, aber unter einer Bedingung: Egal wer von uns gewinnt, das Rudel wird da nicht mit hineingezogen.

Nikolai hörte auf zu knurren und hob den Kopf, was ihn nicht davon abhielt Johnny von oben herab anzusehen. Na schön, aber dann habe ich auch eine Bedingung: Der Verlierer darf sich hier nie wieder blicken lassen!

Johnny nickte. Hinter sich konnte er hören wie Adrian schwer ausatmete. Er drehte sich um und sah, wie Adrian ihn traurig anschaute. Sein Blick sagte mehr als tausend Worte: Das hättest du nicht tun sollen.

Nikolai drehte sich um und verschwand im Wald.

Als Johnny sich wieder umdrehte, war Adrian verschwunden. Er verwandelte sich zurück und machte sich auf die Suche nach seinem Freund.

 

- - - - - -

 

Adrian drehte sich enttäuscht um und ging ins Haus. Er konnte nicht glauben, was für eine Dummheit Johnny da gerade begangen hatte. Johnny müsste eigentlich wissen, dass er niemals gegen Nikolai ankommen würde.

Er setzte sich auf die Couch im Wohnzimmer und ließ den Kopf in die Hände sinken. „Was hast du da nur für einen Blödsinn angestellt, Johnny?“, sagte er leise.

„Ich will das Rudel nicht an Nikolai verlieren. Wenn er jetzt gegen mich gekämpft hätte, dann hätte ich ganz sicher verloren und das Rudel wäre sofort an Nikolai gefallen. So habe ich mehr Zeit mich auf den Kampf vorzubereiten“, sagte Johnny, der eben in der Tür aufgetaucht war.

„Aber er hätte dich hier nicht besiegen können, das Rudel wäre sofort auf ihn losgegangen! Er wäre nicht einmal dazu gekommen, dich auch nur zu berühren. Aber das ist jetzt auch egal, du kannst deine Entscheidung nicht mehr rückgängig machen.“

Johnny ließ bedrückt den Kopf sinken.“ Es tut mir leid, Adrian. Ich dachte ich mache das Richtige, aber wie es aussieht, bin ich noch nicht so weit, um mein eigenes Rudel gegen andere zu verteidigen.“

Ein Windhauch blies durch die offene Terrassentür und fuhr durch Adrians Haar. Johnny wollte das Rudel nur beschützen, Adrian konnte ihm deswegen nicht böse sein. Jemanden verachten, weil er eine falsche Entscheidung gefällt hatte? Dann hätte Adrian schon längst keine Freunde mehr, denn er hatte mehr als genug falsche Entscheidungen getroffen.

Adrian stand auf und legte Johnny, der immer noch beschämt auf den Boden blickte, die Handflächen auf die Schultern und sah ihn an. „Wir machen alle Fehler und keiner davon ist unbedeutend. Aber so sind wir nun einmal. Wir sind Menschen, keine perfekten Lebewesen und schon gar nicht die klügsten, sonst würden sie unsere Erde nicht so verschandeln.“ Adrian grinste und Johnnys Miene hellte sich auf.

„Danke Adrian, dass du nach allem, was ich schon in meinem Leben gemacht habe, immer noch zu mir stehst.“ Johnny tat es Adrian gleich und legte ihm auch seine Handflächen auf die Schultern. „Du bist der Bruder den ich nie hatte! Danke für alles!“

„Schon gut.“ Adrians Gesichtsausdruck wurde entschlossen. „Und jetzt lass und diesem Nikolai in den Arsch treten!“

Johnny nickte und beide gingen nach draußen.

 

- - - - - -

 

„Wir werden jetzt einmal herausfinden, wie gut du kämpfen kannst. Du musst mir nichts beweisen, also überschätze dich nicht.“

Johnny entfernte sich zehn Meter von Adrian. „Das werde ich nicht, aber pass auf, dass du mich nicht unterschätzt!“

Adrian lachte. „Ich kann dich sehr gut einschätzen und du bist nicht wirklich eine Gefahr für andere, wenn ich das so sagen darf.“

„Ach ja! Dann pass mal gut auf, denn gleich wirst du nicht mehr wissen wo oben und unten ist!“ Johnny verwandelte sich in einen Wolf und schaute Adrian siegessicher in die Augen.

Adrian machte sich locker, ließ die Fingerknöchel knacken und ging in die Hocke. „Dann zeig mal was du drauf hast!“

Johnny nahm Anlauf und versuchte ihn, indem er sprang, mit sich zu Boden zu reißen. Aber Adrian wich einfach aus, sodass Johnny auf die Schnauze fiel. Er jaulte und sprang auf.

DAS TAT WEH!

Adrian musste krümmte sich vor Lachen. „Du bist voll auf die Fresse geflogen! Das war ein Bild für Götter!“ Er sank zu Boden und hielt sich, immer noch lachend, den Bauch.

Das war nicht lustig! Steh auf und ich werde Ernst machen! Johnny knurrte und Adrian stand langsam auf. Er wischte sich die Tränen aus den Augen und ging wieder in Kampfposition. „Aber streng dich diesmal doch ein kleines bisschen an, bitte.“

Johnny knurrte wieder und machte sich bereit zum Kampf. Aber jetzt wirst du mir nicht mehr so ungeschoren davonkommen!

Adrian grinste. „Wird auch gut so sein.“

Diesmal umkreiste Johnny Adrian, bevor er ihn angriff. Er stürmte mit gefletschten Zähnen auf ihn zu und versuchte ihn zu beißen.

Adrian konnte gerade noch ausweichen, aber Johnny drehte sich so schnell um, dass er es nicht mehr rechtzeitig schaffte. Johnny schnappte nach Adrians Arm und bekam ihn zu fassen. Er rang ihn zu Boden, doch Adrian wehrte sich und stieß Johnny mit den Füßen weg.

Geschwind stand Adrian auf, um sich auf den nächsten Angriff vorzubereiten. Gerade als er sich zu Johnny umdrehte, sprang dieser weg und Adrian wich aus. Johnny landete direkt hinter Adrian, er stieß sich ab und rammte Adrian den nicht gerade kleinen Kopf in den Rücken.

Adrian schrie vor Schmerzen auf und fiel auf die Knie. Johnny hielt inne und verwandelte sich zurück. „Alles ok? Habe ich dich schwer verletzt?“ Jonny beugte sich nach vorne, um Adrian ins Gesicht zu sehen. Doch das einzige was er sah, war wie Adrian ihm mit der Faust ins Gesicht schlug. Johnny fiel zurück und fasste sich an die Nase. „Aua.“

Adrian richtete sich wieder auf und drehte sich zu dem am Boden liegenden Johnny um. „Wenn ein Feind am Boden liegt: Tritt zu. Keiner deiner Feinde wird mit fairen Mitteln kämpfen, also schmink dir die Gerechtigkeit ab.“

Johnny sah verwundert zu Adrian und dann auf seine blutige Hand. „Ich wird es mir merken, aber jetzt mal ehrlich, du hättest mir nicht gleich die Nase brechen müssen“, schnauzte Johnny ihn an.

Adrian zuckte mit den Schultern. „Das war die Rache dafür, dass du mir in den Arm gebissen hast.“ Sie sahen sich einen Moment ernst an, fingen dann jedoch beide an zu lachen.

Adrian reichte Johnny die Hand und half ihm hoch. „Machen wir weiter!“

Johnny verdrehte die Augen. „Aber kein Nasenbrechen mehr!“

Adrian grinste und sie machten weiter.


Kapitel 10

 

 

Ricci saß immer noch neben Caligola und besprach mit dem Werbären, was sie als nächstes machen würden.

„Ich würde auch gerne wissen was ihr redet!“, sagte Caligola genervt.

Der Bär sah ihn finster an. Kann ich darauf vertrauen, dass er sich in deiner Gegenwart benehmen wird?

Ricci nickte und drehte den Kopf nach hinten, um Caligola in die Augen sehen zu können. „Tu mir einen Gefallen.“

Caligola sah sie mit einem spitzbübischen grinsen an. „Kommst ganz darauf an welchen.“

„Versuch bitte niemanden umzubringen, wenn ich in der Nähe bin.“ Ricci schaute ihn ernst an.

„Du meinst wohl: Keine Tiere.“ Caligola hob nachdenklich den Kopf. „Ich werde es versuchen.“

Ricci atmete verzweifelt aus. „Na gut, ich werde dir vertrauen. Aber du solltest das nicht ausnutzen!“

„Fellteppich, würde ich dich jemals anlügen, nur um dich für meine Zwecke zu benutzen?“, fragte Caligola unschuldig.

Ricci nickte heftig. „JA!“

„Dann müssen wir noch an unserem Vertrauen arbeiten.“

Der Bär sah Ricci und Caligola aufmerksam zu und machte sich dann daran, sich zurück zu verwandeln. Vor ihnen stand nun ein Mann, ende Vierzig mit schwarzem Haar, welches von grauen Strähnen durchzogen war.

„Ich bin Valerius. Und mit wem habe ich das Vergnügen?“ Er kniete nieder und gab Ricci, die Aufgestanden war, einen Handkuss. Diese lief rot an. „Ich heiße Ricci.“

Caligola verdrehte die Augen und zog Ricci zurück und schaute Valerius argwöhnisch.

Wenn Ricci es nicht besser gewusst hätte, hätte sie glauben können, dass Caligola eifersüchtig war. Sie warf ihm einen bösen Blick zu und wandte sich dann wieder Valerius zu. „Können wir irgendwo weiterreden, wo es nicht so stark zieht?“

Valerius nickte und deutete in das Innere der Höhle. „Wenn ihr Freund sich benimmt und nicht auf den Gedanken kommt andere zu töten, dann ja. Aber erzählen sie den anderen nichts davon, dass er Caligola ist. Sie würden uns sofort töten.“

Ricci schaute Caligola fragend an und als er nickte fing sie an zu lächeln. „Gut, dann können wir ja gehen.“

 

- - - - - -

 

Ricci staunte nicht schlecht, als sie am Ende der Höhle ein grünes Tal erreichten. Sie blieb mit offenem Mund stehen und starrte auf das kleine Dorf, das sich wie es schien, mitten in einem Vulkankrater befand.

„Das ist Kantaia. Ein grünes Tal inmitten des Eises.“ Valerius deutete mit der Hand über die ganze Fläche.

„Ach hier befindet sich das also! Ich habe das Ewigkeiten gesucht, aber niemand konnte mir sagen wo es liegt! Aber jetzt bin ich ja hier und kann…“

„Caligola! Du hast es mir versprochen!“, fuhr sie ihn an.

„Schhh!“ Valerius sah Ricci böse an.

„Tschuldigung!“ Sie drehte sich zu Caligola um. „Wir müssen uns noch einen Namen für dich einfallen lassen!“ Sie rieb sich nachdenklich das Kinn. „Wie wäre es, wenn ich dich einfach wieder Louis nenne?“

Caligola sah Ricci mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Das ist die wohl dämlichste Idee, die du je hattest, seit ich dich kenne.“

Ricci drehte sich zu ihm um und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Du kennst mich echt schlecht!“

Valerius, der ihre Unterhaltung verfolgt hatte, musste ebenfalls grinsen. „Wenn ihr das dann geklärt habt können wir gehen.“ Er ging voraus, durch ein duzend Häuser, die im viktorianischen Stil erbaut wurden und trotzdem modern wirkten.

„Wo habt ihr die ganzen Baustoffe dafür her?“, fragte Ricci neugierig.

„Von überall. Natürlich haben wir sie selber hergebracht. Und wenn eines kaputt geht kaufen wir einfach neues Material. Jeder von uns hat seine speziellen Fähigkeiten, seien sie natürlich oder übernatürlich, wie ihr es nennt“, klärte Valerius sei auf.

„Also mich erinnert das an etwas. Ich habe allerdings keine Ahnung woran. Es ist wie ein Déjà-Vu. Als ob ich schon einmal hier gewesen wäre, oder so.“ Caligola schaute sich neugierig um und begegnete dabei Riccis Blick. Sie lächelte ihn an und er wusste sofort auf was sie hinauswollte. „Ich werde mein Gedächtnis ganz sicher nicht zurückbekommen. Darauf verwette ich …“

„Du willst wetten! Gut. Wetten wir darum, dass wenn du dein Gedächtnis zurückkriegst, du eine Woche alles tun musst was ich dir sage!“ Sie streckte ihm die Hand entgegen.

Caligola schlug ein. „Abgemacht. Und was wenn nicht? Wie lange ist die Frist?“

Ricci dachte kurz nach. „Fünfzehn…“

„Passt! Fünfzehn Tage gehen klar!“, Caligola ging voraus und zog Ricci mit sich. „Valerius, leben hier eigentlich auch Leute?“

Valerius sah in misstrauisch an. „Das werde ich dir ganz sicher nicht sagen. Bloß weil ich dich mitgenommen habe, und das auch nur wegen dem jungen Fräulein, heißt das noch lange nicht, dass ich dir etwas über das Dorf erzähle!“ Valerius ging weiter und Caligola hörte wie Ricci hinter ihm zu kichern anfing. Er drehte sich um und funkelte sie an. „Sei ruhig. Vergiss nicht, dass ich…“

„Mir nicht tun kann, weil wir diese coolen Handschellen tragen!“, ergänzte Ricci seinen Satz.

„Erinnere mich daran, dir ganz langsam das Blut auszusaugen, wenn wir die Dinger los sind!“

„Oh habe ich den großen, bösen Vampir verärgert!? Das war total…absichtlich!“, sie zeigte ihm die Zunge und platzierte sich wieder neben Valerius. „Gibt es hier auch noch andere, wie mich?“

„Wenn du Werwölfe meinst, nur eine. Ihr Name ist Juliana. Sie …“

Caligola und Ricci sahen Valerius mit weit aufgerissenen Augen an. „Juliana ist hier?!“, fragten beide gleichzeitig. Ricci drehte sich zu Caligola um und schaute ihn fragend an. „Woher kennst du bitte Juliana?“

„Dasselbe wollte ich dich auch gerade fragen“, antwortete Caligola.

Ricci schluckte. „Wenn sie dich kennt, dann sind wir geliefert!“

„Das könnte wahrlich hässlich werden. Aber ich muss sagen, dass…“

„VALERIUS! WAS FÄLLT DIR EIN…“ Eine aufgebrachte Frau tauchte hinter einem der Bäume auf, die im Überfluss vorhanden waren. „Ricci! Caligola?! Wow... Moment mal“, sie drehte sich zu Valerius um, „Du hast dieses Monster hierher gebracht! Was fällt dir ein!“ Sie ging zu Caligola hinüber und schaute erst ihn und dann Ricci an. „Was machst du eigentlich mit ihm unterwegs?“

Ricci schaute sie immer noch ungläubig an. Caligola bemerkte Riccis Geistesanwesenheit und hob den Arm um ihr die Handschellen zu zeigen. „Unser Fell…ähm, Ricci, war so schlau und hat uns die hier angelegt. Der Schlüssel ging kaputt und jetzt haben wir den Salat. Wir müssen Gregory finden und ihn bitten den Zauber aufzuheben, damit wir die endlich loswerden.“

Juliana sah in misstrauisch an. Sie bemerkte Riccis Geschichtsausdruck. „Ricci, was ist mit dir? Hat dir dieser Mistkerl etwas angetan?“, fragte sie besorgt.

Ricci schaute zu Boden und wich so Julianas Blick aus. „Nein, es hat nichts mit ihm zu tun.“

„Warum glaube ich dir das nicht?“

„Sie ist schon die ganze Zeit so depressiv drauf. Ich habe…“

„Halt die Klappe!“, fuhr Juliana ihn an. „Ich rede mit Ricci.“ Sie drehte sich wieder zu Ricci um und versuchte ihr in die Augen zu schauen. „Was ist los?“

Ricci hob den Kopf und schaute ihr in die Augen. „Warum kennt er dich? Er kann sich an die letzten fünfhundert Jahre nicht erinnern. Und soweit ich weiß, bist du ihm in den letzten Tagen auch nicht begegnet. Du bist meine Tante, also woher?“

Juliana schaute Ricci in die Augen. „Das kommt daher, dass ich nicht wirklich deine Tanten bin. Eher deine Ur-ur-ur und nach eine Menge Ur Großtante bin. Ich bin die Schwester von Jean. Aber wenn meine Befürchtungen stimmen, dann bin ich deine Tante.“

„Das erklärt viel, aber nicht woher du, ein Werwolf, einen Vampir kennst, der eigentlich keine Überlebenden zurückgelassen hat.“

„Nun, das kommt daher, dass Jean, sein bester Freund war und ich ihn süß fand. Dann führte eins zum anderen. Den Rest kannst du dir doch wohl denken.“

Ricci nickte. Sie sah Caligola zwar nicht an, konnte jedoch seine Blicke auf ihr spüren. „Schon klar.“

Juliana sah wie Ricci den Kopf senkte. „Den Rest klären wir später. …Nun, da ihr jetzt schon mal da seid, kann ich euch ja gleich den Bewohnern vorstellen.“ Sie drehte sich um und wollte gerade gehen, doch da machte sie halt und drehte sich am Absatz herum. „Wie soll ich dich eigentlich nennen? Ich meine, ich kann dich wohl kaum allen als Caligola vorstellen. Da du dir ja schon einen Namen unter den Wertieren gemacht hast.“

„Nenn ihn Louis.“ Ricci fing wieder an zu lächeln, als sie das gesagt hatte.

Caligola sah sie mit einem schiefen Lächeln an. „Das konntest du dir nicht verkneifen, oder?“

Ricci schüttelte den Kopf und dann folgten sie Juliana und Valerius in ein kleines Wäldchen.

„Ihr lebt in einem riesigen Vulkankrater und habt ein eigenes kleines Wäldchen? Also das nenn ich mal cool! Wie kommt es eigentlich, dass es hier unten sowohl hell als auch warm ist?“

„Nun, hell ist es dank der Öffnung oben an der Spitze. Du kannst sie sogar sehen, wenn du nach oben schaust. Dank der Kraterwände ist es Windstill und war ist es, weil das hier früher ein aktiver Vulkan war. Die Wärme ist noch da, aber er wird nicht mehr ausbrechen.“

„Achso! Verstehe.“

 

- - - - - -

 

Sie standen inmitten von Bäumen, in deren Mitte ein Kreis mit einem Durchmesser von etwa fünfzig Meter war.

„Ich finde es hier atemberaubend!“, sagte Ricci fasziniert.

„Naja, es ist gewöhnungsbedürftig“, erwiderte Caligola.

Juliana lachte, dann drehte sie sich in Richtung Wald. „Verehrte Bewohner von Kantaia, ich möchte euch zwei Gäste vorstellen. Ricci und…“

„LOUIS!“, rief eine aufgebrachte Frau.

Ricci drehte den Kopf zu Caligola, der dicht neben ihr stand. „Jetzt sind wir aufgeschmissen“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

„Louis, ich bin so froh, dass du mich besuchen kommst!“ Die Frau rannte zu ihm und umarmte ihn überschwänglich.

„Juliana, warum schleppst du einen Vampir zu uns? Hast du den Verstand verloren?“, meinte ein älterer Herr. Die anderen stimmten ihm zu.

„Ich konnte unseren eigentlichen Gast nicht ohne ihn hierher bringen, da sie mit Mentalitiumhandschellen aneinandergebunden sind. Sie müssen zu Gregory, und sind in einen Schneesturm geraten und Ricci“, sie deutete mit dem Finger auf sie, „wäre fast erfroren.“

„Das ist aber noch lange kein Grund, einen Vampir hierher zu bringen! Wir haben es geschafft hier unentdeckt zu leben und jetzt schleppst du einen Vampir an! Was denkst du dir eigentlich dabei?“, meinte eine Frau.

Mittlerweile hatte sich ein Kreis aus Menschen um sie gebildet. Und jeder hatte seine Einwände und Gründe für das Fernbeleiben der Vampir aus Kantania. Verständlich, nach dem Schaden den Caligola angerichtet hatte.

„Hört zu, Louis ist ein echt netter Kerl, er wird niemandem etwas von hier erzählen“, sie drehte sich wieder zu Caligola um, „stimmt´s mein Süßer?“

„Äh…ja genau. Ich werde niemandem etwas von Kantania erzählen.“

Ricci musste sich das Lachen verkneifen, als sie sah wie unwohl sich Caligola bei der Umarmung von dieser Frau gefühlt hat. Sie konnte ein Grinsen nicht vermeiden.

Die Frau bemerkte das und drehte sich sofort zu ihr um. „Was gibt’s da so dämlich zu grinsen?“, fragte sie Ricci arrogant. Sie schaute von ihr zu Caligola. „Sag mal, wer ist eigentlich dieses Kind? Hoffentlich nicht deines.“

Ricci wurde übel bei dem Gedanken, er solle ihr Vater sein.

„Nein, sie ist eine ähm…Bekannte!“, sagte Caligola schnell.

„Gut, ist eh besser so. Die wäre sowieso nichts für dich. Sicher noch Jungfrau.“ Mit einer abschätzigen Handbewegung deutete sie auf Ricci. „Lass uns lieber spielen gehen, wenn du verstehst was ich meine.“ Sie lächelte ihn anzüglich an. Gerade als sie ihn wegziehen wollte, bemerkte sie die Handschellen. „Was soll das denn?“, fragte sie irritiert.

„Das ist der Grund warum wir hier sind“, erklärte Ricci.

„Mit dir rede ich nicht, also halt die Klappe!“, fuhr sie Ricci an.

Diese trat vor die Frau hin und baute sich vor ihrer

Nase auf. „Hast du ein Problem mit mir, Bitchi?“, fauchte Ricci sie an.

„Was fällt dir ein? Du weißt wohl nicht wen du hier vor dir hast!“

Ricci zuckte uninteressiert mit den Schultern. „Keine Ahnung, sollte ich? Vielleicht Miss Oberschlau? Es ist mir vollkommen wurscht, wer du bist!“

Die Frau funkelte Ricci böse an. „Ich bin Gräfin Wolkenbruch! Eleonora von und zu Wolkenbruch.“

„Achso, eine Gräfin. Das erklärt einiges“, sagte Ricci abschätzig.

Da Juliana immer noch mit den Dorfbewohnern verhandelte, konnte sie in die Sache von Ricci und Eleonora nicht eingreifen. Also musste Caligola den Job übernehmen. „Hey Mädels, beruhigt euch, es reicht schon wieder.“ Er drängte sich zwischen Ricci und Eleonora, um zu verhindern, dass sich die beiden in Fetzen rissen.

Ricci verschränkte die Hände vor der Brust und schaute Eleonora trotzig in die Augen. „Ich habe kein Problem mit ihr, solange sie ihre blöden Meldungen für sich behält. Die sind nämlich genauso unnötig wie…sie.“ Ricci hustete beim letzten Wort sodass es nur für Caligola verständlich war.

Eleonora reckte das Kinn in die Luft, machte auf dem Absatz kehrt und verschwand. Im selben Augenblick kam Juliana. „Ihr könnt hierbleiben. Aber stellt ja nicht dummes an.“

„Könnte ich mein Zimmer sehen?“ Sie drehte sich zu Caligola um. „Tut mir leid aber ich bin müde. Es ist immer hin schon wieder Abend geworden.“

Caligola sah sie mit einem Lächeln auf den Lippen an. „Du brauchst dich für deine Müdigkeit nicht zu entschuldigen.“

Sie sahen Juliana an, die sie zu einem Haus führte. „Hier könnt ihr solange wohnen. Ich hoffe es gefällt euch.“

Das Zimmer war, wie das Haus selbst im viktorianischen Stil. Ricci sah sich im Zimmer um und ihr Blieb der Mund offen stehen, als sie den begehbaren Kleiderschrank erblickte. „WOW! Das ist ja wie im Traum! Der ist doppelt so groß wie meiner!“

„Der gehört ja auch zwei Personen. Wobei, neue Kleider können wir uns wohl kaum anziehen“, sagte Caligola, „Ich hätte absolut nichts dagegen endlich neue Sachen zu tragen. Die alten… naja, das kannst du dir ja denken.“

Ricci warf ihm einen angewiderten Blick zu. „Und du sagst ich stinke?“

Caligola sah sie an und nickte. „Ja, aber nach nassem Hund! Fellteppich, du kannst dich nicht mit mir vergleichen!“

„Stimmt, ich schlachte nicht wahllos Unschuldige ab, weil mir fad ist.“ Sie zog eine Augenbraue hoch und ging zum Bett. „Aber du hast leider recht. Ich habe das dringende Bedürfnis nach einer Dusche. Aber so“, sie sah an sich herunter, „werde ich ganz sicher nicht duschen gehen. Und auf die Gefahr hinaus, dass du auf dumme Gedanken kommst, wenn ich die Sachen ausziehe, werde ich es auch unterlassen. Außerdem bräuchten wir dann neue Kleider.“

Caligola sah nachdenklich in die Luft, kratzte sich am Kinn und fing an zu Grinsen.

Ricci sah ihn fragend an. „Ich werde das jetzt sicher bereuen, deswegen werde ich nicht fragen an was du gerade denkst.“ Sie setzte sich aufs Bett, während Caligola vor ihr stand und sie von oben herab anschaute.

„Ich hatte gerade das Bild vor Augen, wie du dir die Kleider vom Leib reißt.“

Ricci funkelte ihn an. Caligola grinste immer noch dämlich. Sie war zwar glücklich darüber, dass sie sich endlich vertrugen. Aber sie war nicht gerade erfreut darüber, dass er auf diese dummen Gedanken kam. „Würdest du deine dreckigen Fantasien, bitte für dich behalten. Ich habe keinen Bock dazu, um mit dir darüber zu diskutieren.“

Caligola ging hinaus und zog Ricci unfreiwillig mit sich.

„Hey, was soll das? Ich will mich niederlegen!“

Caligola drehte sich zu Ricci um ohne stehen zu bleiben. „Und ich will mich Duschen!“, fuhr er sie an.

Sie stieß empört du Luft aus. „Glaubst du wirklich ich will dich nackt sehen?! Du hast sie doch wohl nicht mehr alle!“

Caligola blieb stehen und schaute sie grinsend an. „Ich dachte, dass wir schon einmal miteinander geschlafen haben, also dürfte das für dich kein Hindernis darstellen.“ Ohne auf einen Antwort zu warten drehte er sich um und ging aus dem Haus, in die Richtung in die Juliana verschwunden war.

Da Ricci zu schwach war, um Widerstand zu leisten, also half sie ihm Juliana zu finden.

 

- - - - - -

 

Nach etwa hundert Metern fanden sie sie. Sie stand am Ufer eines kleinen Sees, der umringt war von Bäumen, sodass man ganz unbemerkt darin baden konnte.

„Juliana, dürfte ich dich um etwas bitten?“

Sie drehte sich zu ihnen um. „Hallo! Was kann ich für euch tun?“

„Wir brauchen neue Kleidung. Wenn möglich sollte sie auf den Ärmeln zuknöpfen gehen. Da diese Handschellen mir das umziehen so ziemlich unmöglich machen.“ Caligola drehte sich zu Ricci um und sah sie mit einem Grinsen an, welches nichts Gutes verheißen ließ. „Und ich hätte da noch eine Frage: Kann man in dem See baden?“

Als Juliana nickte, riss Ricci die Augen auf und starrte Caligola an. „Wehe dir du machst das! Ich werde höchstpersönlich dafür sorgen, dass du…“

„Das nehme ich in Kauf!“, sagte er, schnappte sich Ricci und sprang mit ihr so schnell in den See, dass Ricci gerade noch genügend Zeit blieb Luft zu holen. Mit einem lauten Klatschen tauchten sie ins Wasser ein.

Ricci befreite sich so schnell es ging aus Caligolas Armen und tauchte auf. Als sie ans Ufer schwimmen wollte, tauchte Caligola hinter ihr auf und zog sie an den Handschellen zurück. „Du bleibst schön hier! Ich habe nämlich schon lange das Bedürfnis nach einem anständigem Bad!“

Ricci drehte sich blitzschnell zu Caligola um und verpasste ihm eine Ohrfeige. Zumindest versuchte sie es, denn seine Reflexe waren wesentlich schneller als ihre und so konnte er ihre Hand abfangen, bevor sie ihr Ziel erreichte.

„Tu das lieber nicht! Ich kann so etwas verdammt noch mal nicht ausstehen!“, knurrte Caligola und funkelte Ricci böse an.

Sein Blick lies ihr das Blut in den Adern gefrieren. Sie versuchte so viel Abstand wie möglich zwischen Caligola und sich zu bringen, doch die Handschellen waren eindeutig zu kurz. Ricci drehte sich um und schaute hilfesuchend ans Ufer, aber Juliana war schon wieder weg.

„Was ist los mit dir? Hast du Angst vor dem großen, bösen Vampir? Oohh, das tut mir aber leid.“

Ricci biss sich auf die Unterlippe und drehte langsam den Kopf, um Caligola in die Augen zu sehen. Er hatte sein dämlich-arrogantes Lächeln aufgesetzt und hätte Ricci ausgelacht, aber diesmal war sie schneller. Sie packte ihn an den Schultern und tauchte ihn unter.

Caligola allerdings hatte das abgespannt und tauchte gleich weiter nach unten. Da die Handschellen beide zusammen hielten, zog er Ricci mit sich in die Tiefe.

Ricci strampelte und versuchte verzweifelt an die Oberfläche zu kommen. Caligola hingegen zog sie immer weiter in Richtung Grund.

Plötzlich streifte etwas Ricci am Fuß. Sie sah einen großen Fisch vorbeischwimmen und bekam Panik. Ricci schlug um sich und versuchte so weit wie möglich aus der Dunkelheit des Wassers zu entkommen. Als hinter ihr ein noch größerer Fisch auftauchte war es endgültig um sie geschehen und sie schrie. Das einzige was aus ihrem Mund kam, war allerdings nur die Luft die sie eigentlich zum Atmen brauchte. Nachdem sie das gemerkt hatte, war es leider schon zu spät. Sie bekam noch mit wie sie ruckartig nach oben gezogen wurde, doch einen Augenblick später wurde ihr schwarz vor Augen und sie verlor das Bewusstsein.

Caligola hatte es richtig Spaß gemacht Ricci unter Wasser zu ziehen. Es hätte sogar noch mehr Spaß gemacht, wenn sie nicht so ausgezuckt wäre, als ein Fisch an ihr vorbei schwamm. Wer hätte auch ahnen können, dass sie Angst vor großen Fischen hatte.

Er hatte sich ganz schön beeilen müssen, um Ricci wieder rechtzeitig an die Oberfläche zu bringen. Dummer, kleiner Fellteppich!, hatte er sich gedacht, als sie nach dem Aufwachen tatsächlich versucht hatte ihn zu Ohrfeigen. Das zweite Mal.

Caligola hatte es ihr aber nicht übel genommen, Ricci hatte eigentlich auch allen Grund dazu. Aber keine Frau hatte ihn geschlagen. Zumindest nicht, seit er zum Vampir geworden war.

„Was fällt dir ein! Ich hätte draufgehen können! Ist dir das überhaupt klar?“, fuhr Ricci ihn an. Sie war außer sich vor Wut. Was bildete sich dieser Dummkopf eigentlich ein? Er konnte Ricci doch nicht wie seine Leibeigene behandeln! Doch, konnte er! Schließlich hatte Ricci den Vertag unterzeichnet. „Mist!“

Caligola sah sie schief an. „Was ist jetzt schon wieder los.“

„Absolut nichts, was dich angeht!“, antwortete sie apprupt.

Er schaute sie ungläubig an, da er wusste dass sie log. Aber das sah irgendwie süß aus. Vielleicht lag es daran, wie sie vor ihm auf dem Gras lag. Nasse Kleidung, nasse Haare, die ihr in braunen Strähnen ins Gesicht hingen, und diese Rötung auf ihren Wangen, die ihre Augen hervorhob.

„Caligola, stimmt etwas nicht? Hab ich etwas in den Haaren!“ Sie fuhr sich fast schon panisch durch die Haare und suchte nach Dingen die nicht dort hingehörten.

„Nein, hast du nicht und jetzt reg dich wieder ab.“

Manchmal wünschte sich Ricci, sie könnte seine Gedanken lesen, aber auf der anderen Seite wollte sie nicht wirklich wissen, was er manchmal dachte. Sein Gesichtsausdruck verriet es ihr meistens sowieso.

„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich jetzt gerne wieder ins Wasser und mich fertig Baden.“

„Aber nur, wenn du mich nicht wieder untertauchst!“, ermahnte sie ihn.

Caligola nickte und zog Ricci wieder ins Wasser. Diesmal aber unterließ er es, Ricci streiche zu spielen. Es war amüsant genug ihr dabei zu zusehen, wie sie immer zusammenzuckte, wenn sie ein Fisch streifte. Als er dann auch noch zu lachen anfing, ärgerte Ricci sich so sehr, dass sie jeden Fisch ignorierte, der sie streifte.

Als Ricci dann ganz langsam untertauchte, um sich die Haare zu waschen, fing Caligola an zu Zählen. „…fünf, sechs, sieben, acht…“ Plötzlich tauchte Ricci Blitzschnell vor ihm auf und klammerte sich an ihm fest. Amüsiert schaute er in ihr ängstliches Gesicht.

Ricci hatte ihren Blick starr auf den großen schwarzen Fleck, dicht an der Wasseroberfläche gerichtet. Als er auf sie zukam, zog sie die Beine hoch und klammerte sich noch fester an Caligola.

Der Fisch schwamm an ihnen vorbei und Ricci ließ nicht locker. Als er nach unten in Riccis Gesicht sah wusste er auch warum: Sie hatte die Augen geschlossen. „Ricci, ich weiß dass ich anziehend bin, aber du kannst mich jetzt wieder loslassen. Der Fisch ist weg.“

Ricci öffnete langsam ein Auge und spähte über die Wasseroberfläche. Tatsächlich, er war weg. Etwas widerstrebend löste sie sich von Caligola und glitt zurück ins Wasser. „Was war das?!“

„Ich glaube das nennt man Fisch, aber ich bin mir nicht sicher. Es könnte auch das Monster von Loch Ness sein.“

Ricci sah ihn böse an. „Verarschen kann ich mich auch selber!“

„Das weiß ich nur zu gut, aber wenn ich es mache, macht es mehr Spaß!“ Caligola fing an zu lachen.

Ricci tauchte bis zur Nasenspitze unter, damit er nicht sehen konnte, wie sie errötete. Da berührte sie wieder etwas und sie klammerte sich erneut an ihn.

„Ricci, was hast du gegen Fische? Die tun dir doch eh nichts. Die haben ja nicht einmal Zähne.“ Er schaute sie schief an und versuchte sie von sich zu drücken. Aber wenn Ricci Panik oder Angst bekam, dann konnte sie enorme Kräfte entwickeln. „Ricci, lass mich los.“

Ihr Griff lockerte sich nicht.

„Wenn du mich sofort loslässt, werde ich gezwungen fühlen, andere Maßnahmen zu ergreifen.“

Ricci hörte ihm nicht einmal zu. Stattdessen war ihr Blick starr auf den großen, schwarzen Fisch gerichtet.

„Na gut, du hast es so gewollt. Aber bescher dich nachher nicht.“ Caligola wusste genau, was er machen musste, damit Ricci ihn freiwillig losließ. Allerdings würde sie ihn dann so schnell nicht mehr in ihre Nähe lassen. Aber das Risiko musste er wohl eingehen.

Riccis Blick war immer noch auf den Fisch gerichtet. Sie ignorierte Caligola einfach. Die Frage war: Wie lange noch?

Caligola legte Ricci die Hände auf die Hüften.

Keine Reaktion.

Er ließ sie nach oben wandern und nach hinten zum Rücken, bis er den Verschluss ihres BHs spürte.

Ricci schien von alldem nichts mitzubekommen. Dann kam der Fisch wieder näher und sie versteifte sich noch mehr.

Da Caligola den BH nicht aufbekam, was er normalerweise immer schaffte, ließ er seine Hände wieder tiefer wandern.

Ricci zuckte kurz zusammen, als er an den Bund ihrer Hose ankam.

Aahh, endlich eine Reaktion!

Da Ricci ihre Umklammerung aber immer noch nicht löste, musste Caligola weitergehen. Er fuhr unter ihr T-Shirt und schob es ganz langsam hoch.

Die erwartete Reaktion blieb allerdings aus.

Nach oben hin keine Reaktion, aber nach unten hin. „Verzeih mir Ricci.“ Er fuhr mit den Händen unter den Bunde ihrer Hose und Ricci schrie auf.

„Was soll DAS?!“, fuhr sie ihn an, „Nimm deine dreckigen Finger da weg!“

„Erst wenn du mich loslässt!“

„Aber dieser Fisch schwimmt hier immer noch herum!“

Caligola zuckte mit den Schultern. „Und?“

Ricci sah ihn schief an. „Hast du denn gar kein Mitleid mit mir?“

„Nop! Und jetzt: Runter von mir.“ Als Ricci nur verständnislos den Kopf schüttelte, ließ er seine Hände noch tiefer gleiten und kassierte dafür prompt eine Ohrfeige. Caligola musste sich beherrschen, um Ricci nicht gleich anzufauchen. Seine Augen finden aber trotzdem an zu leuchten.

Nachdem Ricci kapierte, was sie gerade getan hatte ließ sie ihn los und entfernte sich von ihm. Oh-oh.

Caligola glitt ins Wasser bis nur noch seine Augen zu sehen waren. Er näherte sich Ricci ganz langsam, während diese immer weiter zurückwich. Aber irgendwann ging es nicht weiter nach hinten und sie stieß mit dem Rücken gegen eine Felswand. Wenigstens konnte sie hier stehen.

Auch Caligola bekam wieder Boden unter den Füßen und baute sich vor der immer kleiner werdenden Ricci auf. „Was habe ich dir vor nicht einmal fünfzehn Minuten gesagt?“

„Tut mir leid! Ich wollte das nicht! Das war ein…Reflex! Ehrlich! Ich wollte das wirklich nicht!“

Caligola beugte sich zu Ricci hinunter und schaute ihr in die Augen.

„Tu mir bitte nicht weh!“, sagte Ricci fast flehend.

„Das muss ich mir noch überlegen“, knurrte er.

Da fiel es Ricci plötzlich wieder ein. Er konnte ihr gar nicht weh tun, sie hatten immer noch die Handschellen umgelegt. Da baute Ricci sich auch wieder auf. „Was genau hast du denn vor? Du könntest mich sowieso nicht verletzen!“ Trotzig schaute sie ihm direkt in die Augen.

„Glaubst du das wirklich? Mir fällt da sofort etwas ein! Und das wir uns ein Haus, beziehungsweise ein Bett teilen müssen, ist nur ein Vorteil mehr. Außerdem müsste ich dir nicht einmal wehtun. Ich könnte dir genauso das Leben zur Hölle machen. Bis wir die Handschellen los sind, dann kann ich dich umbringen!“, sagte er eiskalt.

Ricci schluckte. Er hatte recht. Verdammt! „Könnten wir uns nicht auf eine Lösung einigen?“

„Ich höre.“

Zu dumm nur, dass Ricci momentan nichts einfiel. Da half nur noch eines: Improvisieren! „Ich könnte…ähm…“ Mist, was könnte ich machen?! Ihr fiel keine vernünftige Lösung ein. Sie sah ihn hilflos an. „Mir fällt nichts ein.“

„Mir schon!“, er grinste und ließ die Fänge aufblitzen.

„Warte! Ich werde das jetzt nicht zulassen! Ich habe gut Begründete, wenn ich anmerken darf, Angst davor, dass du mich umbringst.“

„Das Risiko wirst du eingehen müssen!“

„NEIN!“

Caligola sah sie ein kleines bisschen verwirrt an. „Wie bitte?“

„Ich sagte „NEIN“. Ich hatte mehr als nur einen Grund dir eine Ohrfeige zu verpassen! Außerdem habe ich dir, wenn ich es mir recht überlege, das Leben gerettet!“

„Aber wenn du nicht auf diese blöde Idee mit den Handschellen gekommen wärst, dann würden wir hier nicht sein! Schon vergessen?“

Ricci wandte den Blick ab. Er hatte recht. Schon wieder! Sie fuhr sich mit der Hand über die Schulter und wischte ihre nassen Haare auf die Seite. „Mach schon.“

„Das hättest du wohl gerne. Ich werde das Risiko ganz sicher nicht eingehen, dabei ertappt zu werden wie ich dein Blut trinke. Das werden wir drinnen klären.“

Plötzlich stiegen aus den Wasser Blasen auf. Caligola schaute Ricci genervt an. „War das jetzt notwendig?“

Ricci hob unschuldig die Hände. „Sieh mich nicht so an! Ich wars nicht!“

Caligola lauschte angestrengt. Als der Boden leicht vibrierte packte er Ricci und verschwand so schnell es ging ans Ufer. Plötzlich schoss, nicht einmal fünf Meter von der Stelle an der sie sich befanden hatten, eine Wasserfontäne in die Luft.

„Ach du Heilige!“, sagte Ricci und drehte sich zu Caligola um, der an die Stelle starrte an der das Wasser in die Höhe geschossen war, „Was war das?!“

„Ich schätze eine Art Geysir.“

Ricci rieb sich die Arme, da ihr dieser Schreckt tief in die Knochen gefahren war. „Danke, Caligola!“

„Aber glaub nicht ich hätte deine Ohrfeige vergessen.“

„Lass uns bitte reingehen. Für heute hatte ich genug Schrecksekunden.“


Kapitel 11

 

 

Ricci saß auf der Badewanne und trocknete ihr rotbraunes Haar mit dem Handtuch.

Caligola stand neben ihr und sah ihr zu. „Warum benutzt du nicht den Föhn? Das wäre viel einfacher.“

Ricci lächelte und drehte den Kopf zu Caligola. „Weil meine Haare sonst nur kaputt werden. Außerdem habe ich keine Ahnung wo die ihren Strom herkriegen.“ Sie hängte das Handtuch über den Rand der Wanne und kämmte ihr Haar durch. „Ich hoffe nur, dass die Kleidung bald fertig ist.“ Sie stand auf und drehte sich ganz zu ihm. „Ich meine, ich kann doch nicht mit nassen Klamotten schlafen.“

Caligola fing an zu Grinsen. „Wenn du meinst.“

„Hör auf damit. Das wird schön langsam unheimlich.“

„Was?“

„Dein Grinsen. Du machst das immer, wenn dir irgendetwas durch den Kopf geht.“ Oh, mein Gott, wie ich es hasse, dass ich seine Gedanken nicht mehr lesen kann. Als ob da irgendeine solide Mauer davorsteht. Kein Durchkommen. Mist.

„Ja das stimmt. Ich wusste gar nicht, dass du mich so genau beobachtest. Soll ich mich jetzt geschmeichelt fühlen oder Angst haben?“, fragte er amüsiert.

„Ha-ha-ha. Sehr witzig.“ Ricci drehte sich wieder um und ging ins Schlafzimmer, welches im 1. Stock lag. Sie blieb in der Mitte des Zimmers stehen und schaute auf das Bett. „Das gefällt mir gar nicht.“ Sie deutete auf das das Bett im Zimmer.

Eigentlich gab es ja zwei Betten, aber das konnten sie sich abschminken.

„Ich freue mich schon, wenn ich diese dämlichen Handschellen los bin.“

Caligola stemmte die Hände in die Hüften. „Soll mir das vielleicht etwas sagen?“

Ricci schenkte ihm ein breites Lächeln. „Das kommt ganz auf die Situation an. Manchmal bist du wirklich unausstehlich.“

„Und ein andermal?“

Ricci lächelte schief. „Das wüsstest du wohl gerne.“

„Ja, warum auch nicht. Würdest du nicht gerne was ich über dich denke?“

Ricci dachte einen Moment nach. Eigentlich würde sie es schon gerne wissen, aber es war sowieso klar was er von ihr dachte, auch wenn es manchmal sehr schwer war seinen Gesichtsausdruck zu deuten. „Hm…vielleicht. Aber du würdest es mir sowieso nicht sagen. Und wer garantiert mir, dass du mich nicht anlügst?“

Er zuckte wieder mit den Schultern und ließ sich aufs Bett sinken. „Tja, da wirst du mir wohl einfach vertrauen müssen. Apropos Vertrauen: Meine Entschädigung für die Ohrfeige ist auch noch offen.“

Ricci kniff die Augen zusammen und biss sich auf die Unterlippe. „Hatten wir nicht gesagt, dass ich allen Grund dazu hatte, dir eine zu knallen?“

„Weißt du was. Machen wir es so: Ich knalle dir auch eine und wir sind Quitt.“

Ricci zog die Augenbrauen hoch und schaute Caligola belustigt an. „Ich glaube kaum das wir unter knallen beide dasselbe verstehen.“

„Mag sein, aber…“

„Kein „aber“. Ich werde mich ganz sicher nicht mehr auf einen Typen wie dich einlassen. Schmink dir das gleich wieder ab.“

Caligola zog eine Schnute. „Wenn du es dir anders überlegst“, er lehnte sich zurück und zwinkerte ihr zu, „ich werde dich nie vor die Tür setzen.“

Ricci verdrehte die Augen. „Ja, eher geht die Welt unter.“

„Ich hoffe, dass ich dann noch genug Zeit haben werde!“

„Rutsch rüber! Ich will mich hinlegen.“ Caligola wollte etwas sagen, aber Ricci unterbrach ihn. „Und nein, du darfst dich nicht dazulegen.“

„Ich wollte eigentlich sagen „drauflegen“ sagen, aber das geht natürlich auch.“

Ricci ließ sich auf das Bett fallen und schloss die Augen. „Mann, bin ich müde!“ Sie gähnte ausgiebig und streckte sich. Als sich Caligola über sie beugte, stieß sie ihn weg. „Was soll das? Ich hatte doch gesagt, dass du dir das abschminken kannst!“

Das schon, aber meine Entschädigung hätte ich schon gerne jetzt“, sagte er mit derselben samtweichen Stimme, die Ricci einst den Kopf verdrehte.

„Also wenn wir den Magier nicht bald finden, bin ich Blutleer.“

„Keine Panik, so weit werde ich es nicht kommen lassen.“

„Hoffen wir es.“ Sie streckte ihren Kopf und bot Caligola ihre Kehle dar. „Aber ich werde ganz sicher nicht immer deinen wandelnden Drink spielen.“

„Jaja, jetzt halte still.“ Er biss vorsichtig zu und machte kleine Schlucke.

„Okay! Ich muss zugeben, das hätte ich nicht erwartet!“, sagte Juliana, die auf einmal in der Tür stand.

Beide fuhren hoch und sahen Juliana erschrocken an. „E…“, setzte Ricci an.

„Jaja, ich weiß: Es ist nicht so wie es aussieht. Schon verstanden. Ich wollte euch nur sagen, dass eure Kleidung morgen fertig ist. Ich denke ich schicke sie euch gleich vor die Tür und jetzt mach ich mich mal wieder aus dem Staub.“ Juliana drehte sich um und blieb noch einen Moment in der Tür stehen. „Ach ja, keine Sorge ich werde niemanden von euch erzählen.“ Sie wartete nicht einmal auf eine Erwiderung, sondern ging einfach.

Ricci ließ sich zurück aufs Bett fallen. „Ganz toll hast du das gemacht.“

„Ja klar schieb alles auf mich. Weil du ja überhaupt nichts dafür kannst.

Sie funkelte ihn böse an. „Jetzt reicht´s!“ Sie drehte sich blitzschnell um, warf Caligola um und setzte sich auf ihn. „Ich habe es satt, dass ich wegen dir in blöde Schlamassel verwickelt werde, immer wenn du in meiner Nähe bist passiert mir irgendetwas Peinliches!“

„Ach eines noch! Welche Farbe…oh! Ok, ich störe wie es aussieht. Ich werde sie einfach schwarz und weiß machen lassen.“ Mit diesen Worten verschwand Juliana wieder.

Ricci ließ den Kopf sinken und schaute Caligola genervt an. „Siehst du.“

Caligola musste sich das Lachen verkneifen. Ricci hatte in letzter Zeit wirklich Pech gehabt. Mit einem Ruck, drehte er den Spieß um und Ricci lag unter ihm. „Wenn du willst könnte ich dich für den heutigen Tag entschädigen?“

Ricci sog hörbar die Luft ein. „Wie gesagt, ich werde dich niemals, niemals ranlassen. Und jetzt geh runter von mir oder ich schreie!“

Er beugte sich weiter zu ihr hinunter, sodass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. „Ich sag´s dir, du verpasst etwas.“

„Ganz sicher nicht!“ Sie stieß Caligola von sich herunter und schüttelte sich. „Eingebildeter Macho!“ Ricci drehte sich um und legte sich auf ihre Seite des Bettes. Zumindest war es jetzt ihre.

„Du hast arrogant vergessen“, flüsterte er ihr ins Ohr und schaltete die Lampe neben dem Bett ab.

Ricci schaltete die Lampe an ihrer Seite wieder an und setzte sich auf.

„Was ist jetzt schon wieder, Fellteppich?“

„Wir werden das sofort klären! Die Sache zwischen uns.“

„Also willst du doch.“

„NEIN, verdammt noch mal! Ich habe kein Interesse an dir! Zumindest nicht mehr.“

„Aber du hattest welches!“

„Das tut nichts zur Sache!“

„Sondern?“

Ricci zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung, die Sache ist die…“

„Wir könnten das alles hier und jetzt ganz schnell klären.“

„Und wie stellst du dir das vor?“

„Ganz kitschig. Wie in den Liebesfilmen, die ihr Frauen so gerne anschaut. Ich küsse dich und wenn es dir gefällt können wir die Sache vertiefen und wenn nicht hast du deine Ruhe von mir. Machen wir das so?“

Ricci dachte einen Moment nach. Das könnte funktionieren. Aber was passiert wenn er recht hat und es mir womöglich gefällt? Ich kann dieses Risiko nicht eingehen. „Ich finde das ist eine …schlechte Idee.“

„Wieso? Hast du Angst es könnte dir womöglich noch gefallen?“

„Und du kannst wirklich keine Gedanken lesen? Aber nein. Ich finde es einfach unnötig, anderen falsche Hoffnungen zu machen.“

„Du meinst, du findest es unnötig dir falsche Hoffnungen zu machen. Aber wenn du es nicht probierst, wirst du es niemals herausfinden.“

„Ja aber…“

„Ricci. Sein kein Angsthase und riskiere einmal in deinem Leben etwas.“

„Ich kann nicht. Ich…“ Weiter kam Ricci nicht, da hatte Caligola sie gepackt und küsste sie.

Ricci war darauf nicht gefasst und sah ihn perplex an. Erst wollte sie ihn wegdrücken, aber wie immer hatte er, Caligola, der Vampir den sie eigentlich hassen sollte, recht gehabt. Es gefiel ihr. Zu ihrem eigenen Missfallen musste sie auch noch zugeben, dass er gar nicht schlecht küsste.

Langsam löste er sich von ihren Lippen und sah sie an. „Und?“

„Die Wahrheit?“

Er nickte.

„Nun, zu meinem eigenen Missfallen muss ich zugeben…dass ich mir etwas Besseres erhofft hatte.“

„Und das soll ich dir glauben?“

„Ja, warum nicht?“

„Wenn das wirklich der Fall gewesen wäre, hättest du mich spätestens nach dreißig Sekunden weggestoßen. Da dieser Fall allerdings nicht eingetroffen ist, gehe ich davon aus, dass es dir gefallen haben muss.“

„Es hat mir nicht gefallen. Eigentlich schlimm, denn man sollte meinen, dass du nach über fünfhundert Jahren den Bogen raushaben solltest“, meinte Ricci trotzig, obwohl das ganz und gar nicht der Wahrheit entsprach.

Er zog eine Augenbraue hoch. „Ja klar und ich bin ein Baum. Das kaufe ich dir nicht ab.“

„Das wirst du müssen, denn ich werde meine Meinung ganz sicher nicht ändern.“ Sie blickte ihm trotzig in die Augen und hielt seinem Blick stand.

„Das werde ich wahrscheinlich wirklich müssen.“ Er glitt von ihr herunter, legte sich auf den Rücken und richtete den Blick auf die Decke. „Gut, wenn das geklärt ist, dann können wir ja jetzt schlafen.“ Caligola schloss entschlossen die Augen.

Ricci drehte dem Kopf in seine Richtung und streckte sich neben ihm aus. „Ich…“, sie hielt inne als er ihr in die Augen schaute. „Ich wünsche dir eine gute Nacht.“ Sie drehe sich um, musste aber ihre Hand um ihren Köper legen, da die Kette ziemlich kurz war.

Caligola beobachtete Ricci und legte ihr den Arm um die Taille, damit sie entspannt schlafen konnte. Denn irgendwie mochte er sie. Ricci war zwar noch jung, aber das konnte im jetzt schon egal sein. Es war sowieso schon zu spät, wenn Ricci die Wahrheit gesagt hatte. Aber was nicht ist kann ja noch werden.

Da Ricci seine Hand nicht wegschubste, ließ er sie dort wo sie war und legte sich an ihren Rücken. „Keine Panik, ich werde schon nicht auf dumme Gedanken kommen. Nicht heute Nacht.“

„Ok. Danke“, hauchte sie.

„Wofür? Ich habe heute mehr Blödsinn angestellt, als sonst.“

Sie spürte seinen Atem im Genick und wie er lachte. „Dafür, dass du mir heute das Leben gerettet hast. Wenn du nicht gewesen wärst, dann…wäre ich wahrscheinlich gekocht worden.“

„Woher kommt dieser plötzliche Stimmungswandel? Gerade eben warst du noch stinksauer auf mich und jetzt…bist du auf einmal total nett zu mir. Sei mir nicht böse, aber ich bin ziemlich verwirrt?“ Er spürte wie Ricci zu kichern anfing.

„Das klären wir morgen. Ich würde jetzt echt gerne schlafen, wenn du nichts dagegen hättest.“

Er legte sein Kinn auf ihre Schulter und schloss die Augen. „Gute Nacht.“

 

- - - - - -

 

Am nächsten Tag wurde Ricci einmal nicht durch ein Geräusch geweckt, sondern konnte endlich einmal ausschlafen.

Sie lag nicht mehr mit dem Rücken zu Caligola, sondern konnte ihm direkt in die Augen sehen. „Du bist schon munter? Warum hast du…“

„Dich nicht geweckt? Weil du endlich einmal ausschlafen solltest.“

„Warum habe ich das seltsame Gefühl, dass du das alles nicht ohne Grund machst?“, sagte sie skeptisch.

Er schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln. „Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen.“

„Ich kann das nicht so richtig glauben. Tut mir leid.“ Sie richtete ihren Blick nach unten, damit sie Caligola nicht in die Augen sehen musste.

Er setzte sich auf und zog Ricci mit sich. „Tja, dann werden wir uns mal wieder auf den Weg machen. Juliana hat die Kleidung vor der Tür abgestellt.“ Er stand auf und sah Ricci an. „Kommst du? Ich für meinen Teil würde mich darüber freuen, endlich in andere Klamotten schlüpfen zu können. Würdest du deswegen bitte aufstehen?“

Ricci wusste, dass er das gerade eigentlich gar nicht hören wollte. Sie stand auf und folgte ihm zur Tür. „Warum benimmst du dich auf einmal so merkwürdig? Ich meine bei mir verstehe ich das ja noch, aber bei dir?“

„Lass das Thema ruhen und uns die neuen Sachen anschauen.“ Er öffnete die Tür und betrachtete die Sachen, die sorgfältig zusammengelegt auf der Fußmatte lagen. „Schick!“

Ricci versuchte einen Blick auf die neuen Sachen zu erhaschen und staunte nicht schlecht, als sie die schwarzen und weißen Sachen am Boden liegen sah. „Da muss ich dir ausnahmsweise recht geben.“

Caligola nahm den Stapel Kleidung und schloss die Tür hinter sich. Ricci folgte ihm auf Schritt und Tritt. Was hätte sie auch sonst tun sollen. „So, was gehört dir und was gehört mir“, fragte sich Caligola laut. „Ich denke die schwarzen Sachen gehören dir und…Nein, warte…“, er hob das Schwarze Hemd hoch und faltete es auseinander, „Das schwarze Hemd gehört mir und das weiße dir.“ Sofort zog er sich sein altes Hemd aus und das neue an.

Ricci schaute auf die Fetzen auf dem Boden, die eben noch ein Hemd waren. Allerdings war ihr Blick auch auf Caligola gerichtet. Er hatte einen tollen Oberkörper, das musste sie sich zu ihrem eigenen Missfallen eingestehen. Dann schaute sie an sich hinunter und fragte sich, wie sie das anstellen sollte.

Caligola bemerkte ihren Gesichtsausdruck und fing zu grinsen an. „Soll ich dir helfen?“

„Ich brauchte keine Hilfe! Ich kann das auch selbst regeln.“ Konnte sie definitiv nicht, aber zuzulassen, dass Caligola ihr wortwörtlich die Kleider vom Leib riss, wäre das dämlichste was sie jemals zu ihm gesagt, beziehungsweise ihm erlaubt hätte.

„Jetzt hab dich nicht so.“ Mit einem Ruck riss er ihr das Top herunter und Ricci kreischte kurz auf.

Sie umklammerte ihren Oberkörper und drehte sich von Caligola weg. „Hast du nach alle Tassen im Schrank!“

Er stieß einen Pfiff aus und sah Ricci an. „Nicht schlecht! Schön langsam verstehe ich was ich an dir gefunden habe!“

„Schön, dass du das nach fast einer Woche endlich einsiehst. Dennoch würde ich dich bitten, dich jetzt umzudrehen.“

Er hob eine Augenbraue. „Nein.“

Ricci schaute ihn perplex an. „WAS?!“

„Ich sagte nein. Ich werde mich nicht umdrehen. Ganz einfach.“

Ricci schnappte sich schnell das weiße Top und zog es sich über. An den Ärmeln war, statt Knöpfen, diesmal ein Zippverschluss. Fertig damit sich das Top anzuziehen, drehte Ricci sich um und sah Caligola in die Augen. „Was ist? Hast du gehofft einen Blick zu erhaschen?“

„Wie kommst du darauf?“

„Nun, du stehst immer noch in deiner alten Hose da.“

„Schon vergessen, dass wir Handschellen oben haben? Ich kann nicht viel machen, außer zu warten bis du fertig bist, damit ich mich mit beiden Händen meiner Hose widmen kann.“

Verständlich, dachte Ricci. Sie wartete bis er fertig war, damit sie sich ihrer blauen Jeans widmen konnte. Natürlich behielt Caligola sie die ganze Zeit über im Auge, was Ricci ein kleines bisschen nervös machte.

„Wenn du fertig bist, können wir uns wieder auf den Weg machen“, schlug Caligola vor. „Es dauert höchstens noch eineinhalb Tage bis wir Gregory erreichen. Also los!“

 

- - - - - -

 

Johnny stand inmitten des Gartens und lauschte in den Wald. Plötzlich wurde er gegen einen Baum geworfen.

Nikolai war wie aus dem Nichts aufgetaucht und hatte Johnny mit einem kräftigen Schlag gegen einen Baum befördert. „Dachtest du wirklich du hättest auch nur die geringste Chance gegen mich?“ Nikolai stieß ein Lachen aus, das einem das Blut in den Adern gefrieren ließ.

Johnny richtete sich wieder auf und brachte sich in Angriffsposition. „Du überschätzt dich, Nikolai. Oder sollte ich besser Nikolas sagen?“

„Mir egal wie du mich nennst. Das Rudel wird mich nach deiner Niederlage, Nikolai nennen. Oder dachtest du wirklich, ich erzähle ihnen, dass Jean mein Vater war?“

Johnny wich Nikolas Angriff aus und ließ ihn gegen den Baum hinter ihm donnern. „Na, wirst wohl doch langsamer nach all den Jahren“, spottete Johnny.

Nikolas biss sich auf die Unterlippe und schnappte sich Johnny, der sich gerade in einen Wolf verwandeln wollte. „So nicht, mein lieber. Denn einen Wolf kann ich jetzt nicht gebrauchen. Auch wenn dir das nicht viel weiterhelfen wird.“

Johnny brachte, trotz Nikolas´ Würgegriff, ein triumphierendes Lächeln über die Lippen. Im nächsten Augenblick schleuderte er Johnny gegen den nächstbesten Baum.

Allerdings hatte Johnny Erfahrung gesammelt, als er mit Adrian trainiert hat. Er stieß sich vom Baum ab und verwandelte sich in einen Wolf.

Nikolas klatschte in die Hände. „Nicht schlecht. Es hätte aber auch keinen Spaß gemacht, wenn der Kampf so schnell vorüber gewesen wäre.“

Schnell vorüber? Der war gut.

Sie kämpften jetzt schon seit über einer Stunde und es war kein Ende in Sicht.

„Na komm schon, Johnny. Oder bist du genauso schwach wie alle anderen?“

Johnny fletschte die Zähne, rannte auf Nikolas zu und schnappte nach ihm. Doch auch Nikolas verwandelte sich in einen Wolf und so verbiss sich Johnny in sein Fell.

Währenddessen schlug Nikolas seine Zähne in Johnnys Bein, sodass dieser losließ und aufjaulte. Na, damit hast du jetzt wohl nicht gerechnet, was?

Adrian und Laroux konnten nur auf der Seite stehen und zusehen wir Nikolas´ Biss, ein klaffendes Loch in Johnny linkem Vorderlauf hinterließ.

Johnny konnte nun nur noch humpeln und war im Kampf benachteiligt. Denn obwohl Wertiere über schnelle Heilkräfte verfügten, blieb die Wunde offen und blutete stark.

Laroux drehte sich zu Adrian, dessen ganze Aufmerksamkeit Johnny galt. „Er sollte aufgeben, bevor Nikolas ihn noch umbringt!“

Adrian wandte den Blick nicht von Johnny ab. „Nikolas halt ihm sein Wort gegeben, dass Johnny und wir lebend davonkommen.“

„Einspruch! Nikolas hat noch nie jemanden nach einem Kampf am Leben gelassen. Er wird sein Wort nicht halten!“

Gerade in diesem Moment brachte Nikolas Johnny mit einem Stoß aus dem Gleichgewicht und biss immer und immer wieder auf ihn ein. Am Ende hatte Johnny, trotz seines Dichten Fells, mehrere Wunden die stark bluteten.

Johnny sank kraftlos vor Nikolas zu Boden. Nikolai, dessen kleine Wunden längst wieder verheilt waren, baute sich vor Johnny auf und sah auf ihn herab. So endet also dein Leben. Und du kannst Ricci nicht einmal Lebewohl sagen. Sicher hat Caligola sie schon umgebracht. Es würde mich zumindest wundern wenn nicht. Er findet immer einen Weg.

Du hast mir dein Wort gegeben, das du uns am Leben lässt!

Tja, ich hab mich eben umentschieden!

Gerade als Nikolas Johnnys Leben beenden wollte, wurde er auf die Seite gestoßen. Es war Laroux. Er und Adrian hatten eingegriffen und so Johnnys Leben gerettete.

Nikolas rappelte sich auf und verwandelte sich zurück. „Laroux, von dir hätte ich mir nicht erwartet, dass du dich gegen deine eigene Rasse wendest.“

„Was redest du da? Du gehörst nicht einmal zu meiner Rasse und welchen nutzten sollten die Vampire daraus ziehen mit dir gemeinsame Sache zu machen?“

„Nun dein Bruder war schlauer. Er hat sich gleich auf meine Seite geschlagen, als er erfahren hat, dass Caligola weg ist. Cleveres Kerlchen, denn gegen jemanden wie mich, habt ihr sowieso keine Chance“, meinte Nikolas arrogant.

Währenddessen half Adrian Johnny auf die Beine und machte sich mit ihm aus dem Staub. Laroux warf Nikolas einen bösen Blick zu und folgte ihnen dann.

 

- - - - - -

 

Adrian ließ den inzwischen zurückverwandelten Johnny langsam in das Wasser. Es war eine Heiße Quelle, in der sie schon immer die Verletzten badeten, da sie den Heilungsprozess beschleunigte.

Laroux half ihm und schlug sogar vor ihm etwas Blut zu geben. Adrian staunte nicht schlecht, als Johnny sein Angebot annahm.

Die Wunden waren sehr tief und brauchten dementsprechend länger bis sie verheilten.

„Warum hilfst du uns? Ich meine wir sind eigentlich Feinde, aber dir scheint das egal zu sein. Wie kommt das?“

„Ich hatte noch nie etwas gegen euch. Schließlich sind wir selbst schuld, wenn wir uns von einem Werwolf beißen lassen. Jeder hat sein eigenes Terrain und es ist allgemein bekannt, dass man das der anderen nicht betreten darf.“

Egal was die anderen über dich sagen, du wirst mir immer sympathischer. Aber vergiss nicht: Wenn du dich gegen uns wendest werden wir nicht zögern dich umzubringen!“

„Ich hab auch nichts anderes von euch erwartet“, meinte Laroux.

Johnny Wunden waren nun verheilt, aber er brauchte noch Zeit um sich vom Kampf zu erholen.

„Schön dich bei uns zu haben“, sagte Johnny.

Ab heute war es offiziell: Nikolas hatte das Rudel übernommen und es würde nicht leicht werden es wieder zurück zu erobern.

 

- - - - - -

 

Ricci und Caligola blieben noch eine Weile und unterhielten sich mit den anderen. Sie bekamen Tipps, wie sie am besten zu Gregory kamen und was sie machen sollten, wenn sie keine Höhle fänden.

Eleonore wich die ganz Zeit nicht von Caligolas Seite. Sehr zum Ärger von Ricci. Sie konnte diese überhebliche Person nicht leiden. Aber vielleicht lag es auch ein kleines bisschen daran, dass Caligola auch noch anfing mit ihr zu flirten.

Ricci wurde von Stunde zu Stunde unruhiger und wollte nur noch gehen. Erst am frühen Abend kamen sie dazu Kantaia zu verlassen.

Ricci hatte etwas Proviant eingepackt und ging mit festen Schritten voraus.

„Ricci, dürfte ich dich etwas fragen?“

„Was“, fragte sie mit einem leicht gereizten Unterton.

„Bist du eifersüchtig?“

Ricci blieb stehen und drehte sich um. „Nein! Wie kommst du denn auf den Schwachsinn?“

„Keinen blassen Schimmer. Vielleicht liegt es daran, dass du, seit Eleonora mit mir geflirtet hat, mich ignorierst?“ Er schaute Ricci in die Augen und wartete auf eine Vernünftige Antwort.

Ricci verdrehte die Augen. „Das bildest du dir ein.“

„Das glaube ich nicht.“

Sie drehte sich um und wollte weitergehen, aber Caligola blieb weiterhin stur stehen. „Was willst du eigentlich von mir? Vor ungefähr fünf Tagen warst du nach ganz versessen darauf mich loszuwerden. Und jetzt?“

„Vor fünf Tagen hätte ich dich auch noch umgebracht, wenn ich gekonnt hätte.“

„Hör zu, es ist wirklich super, dass wir uns verstehen, aber kannst du nicht wieder fies zu mir sein?“

„Wieso sollte ich?“

„Weil...es mir dann leichter fällt dich zu hassen.“

Caligola verstand die Welt nicht mehr. Erst hatte Ricci alles daran gesetzt, dass er sie mag und jetzt! Jetzt will sie, dass er sie wieder hasst! Entweder Ricci hatte eine Schraube locker oder sie lügt ihren Gefühlen etwas vor.

„Können wir jetzt bitte weitergehen?“, drängte Ricci.

Sie waren unterwegs bis es dunkel wurde. Dann machten sie eine kleine Pause in einem Loch, welches sie in den Schnee gegraben hatte.

Ricci hielt möglichst viel Abstand zu Caligola, was ihn immer stutziger machte. Als sie sich schlafen legte befragte er sie.

„Also, jetzt erklär mir einmal, wieso du dich so stäubst mich zu mögen. Erst versuchst du die ganze Zeit über mich davon zu überzeugen, dass Wertiere keine widerlichen Flohbeutel sind, aber genau das willst du jetzt gerade nicht von mir. Du bist das komplizierteste Wesen, das mir je begegnet ist. Wenn nicht auf der ganzen Welt.“

„Hast du ein Problem damit?“

„JA! Denn du bist seit wir Kantaia verlassen haben echt unmöglich!“

„Schön, das ist nämlich nicht mein Problem!“, fuhr sie ihn an.

„Wieso bist du so?“

„Du zeigst gerade auf alles an mir!“

„Nein, ich meine so…komisch? Wenn ich es nicht besser wüsste, und zurzeit weiß echt gar nichts mehr, würde ich sagen du bist eifersüchtig.“

„Pah! Quatsch! Warum sollte ich eifersüchtig sein?“

„Weil Eleonore mit mir geflirtet hat? Vielleicht magst du mich doch mehr als du zugeben willst.“

„Träum weiter Macho!“ Ricci drehte sich um und lag mit dem Rücken zu Caligola. Eigentlich hatte er recht, aber Ricci ließ sich ganz sicher nicht noch einmal das Herz brechen.

„Erklär mir bitte warum du so komisch zu mir bist?“

„Das kann dir doch scheißegal sein! Oder stört es dich so sehr, dass ich nicht auf deine Masche hereinfalle?“

Es folgte eine lange Pause. „Ja“, sagte er ruhig. „Aber viel mehr stört es mich, dass du nicht ehrlich zu mir bist. Du verlangst genau das von mir, bist aber nicht in der Lage es auch zu tun. Habe ich dich seit wir aufgebrochen sind einmal belogen?“

Ricci musste nachdenken und war geschockt. Caligola hatte recht. Er hatte sie nicht angelogen. Er sagte ihr die Wahrheit, auch wenn sie sie gar nicht hören wollte. „Nein.“

„Eben. Warum kannst du dann nicht auch ehrlich zu mir sein?“

„Weil…“

„Weil was? Ich kann dir nicht helfen, wenn du nicht mit mir redest.“

„Lass und schlafen und endlich diesen Gregory finden.“

Caligola hielt den Mund und betrachtete Ricci einfach nur.

Auch wenn sie sich beide vormachten nichts für einander zu empfinden, hatte jeder tief im inneren, Gefühle für den anderen. In dieser Nacht konnte keiner von beiden richtig schlafen.

 

- - - - - -

 

Caligola öffnete die Augen und bemerkte, dass er dich bei Ricci lag. Sie atmete ruhig und war einfach nur wunderschön. Auch wenn Ricci sich gestern unmöglich aufgeführt hatte, änderte das nichts daran, dass sie für ihn höchst interessant war.

Als Ricci verschlafen die Augen öffnete, war das erste was sie sah Caligolas Grinsen.

„Morgen Süße.“

„Was soll das?“

„Was?“

„Warum nennst du mich Süße?“

Er zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht liegt es daran, dass du mir gefällst.“

„Ja klar. Hast du das Eleonore auch erzählt?“, fragte sie noch ganz verschlafen. Plötzlich riss sie die Augen auf.

„Also bist du doch eifersüchtig! Ich habe mir das schon irgendwie gedacht.“

„Vergiss das ganze gleich wieder.“ Sie öffnete ihren Schlafsack, welchen sie beide von Juliana bekommen hatten und stand auf.

Caligola blieb liegen und beobachtete Ricci.

„Was?!“

„Nichts.“

„Dann steh auf! Du hast selber gesagt, dass wir bald da sind!“

„Erst wenn du mir die Wahrheit gesagt hast.“

„Was, dass ich dich attraktiv finde? Da hast du es. Können wir jetzt bitte gehen?“

„Na gut. Aber ich werde dich noch weiter ausfragen.“

„Versuchs nur.“

Sie packten alles zusammen und machten sich auf den Weg zu Gregory.

Nach einem vierstündigen Marsch und einer Menge Fragen, erreichten sie den Fuß des Konsta-Berges.

„Na endlich sind wir da!“

„Schade. Jetzt bist du mir gerade ans Herz gewachsen.“

„Spar dir deine Anmache für jemand anders auf, Caligola!“

„Ich könnte dir einen Gefallen tun, aber da du ja sowieso nein sagst, spar ich mir das.“

„Welchen.“

„Ich für meinen Teil habe noch genügend Energie, um den Berg hinaufzurennen. In meinem Tempo versteht sich.“

Ricci sah ihn neugierig an. „Jetzt hast du mich neugierig gemacht!“

Er grinste überheblich und schaute Ricci verführerisch an. „Wir würden früher oben ankommen und könnten uns anderen Tätigkeiten widmen.“

„Geht klar!“

Natürlich hatten sie nicht den gleichen Gedanken, aber das war Ricci jetzt egal, je schneller sie von ihm wegkam, desto schneller konnte sie ihn vergessen.

Caligola hob Ricci hoch und sie waren in Null-Komma-Nichts auf der Spitze des Berges. Als Ricci ihn losließ und in den Türm vor ihnen laufen wollte, hielt Caligola sie immer noch fest und verhinderte es.

Ricci schaute in böse an. „Würdest du mich bitte loslassen?“

„Nein.“

„Warum nicht!“

„Weil ich vorher noch etwas ausprobieren möchte.“

„Was?“, fragte sie und befürchtete zu wissen was er wollte.

„Ich habe dir einen Gefallen getan, jetzt bist du dran.“

„Na gut, was willst du?“

Wieder dieses arrogante Grinsen. „Das was ich schon seit einer Weile möchte. Etwas ausprobieren.“

Oh-oh. Das wird nicht gut ausgehen. „Habe ich eine andere Wahl?“

„Schließ die Augen.“ Ricci machte die Augen zu und Caligola beugte sich zu ihr hinunter. Ihr Haar wehte im Wind und umspielte ihr Gesicht. Sie sah so wunderschön aus. Er strich es ihr aus dem Gesicht und betrachtete sie einen Augenblick.

Ricci spannte jeden Muskel in ihrem Körper an, bereit ihn jeden Augenblick anzugreifen, oder wegzustoßen.

Sanft legte Caligola seine Lippen auf ihre und küsste sie.

Erschrocken öffnete Ricci die Augen und starrte ihn an. Jedoch stieß sie ihn nicht weg, sondern gab noch und öffnete den Mund. Ganz sanft spielte er mit ihrer Zunge und zog sie zu sich. Ricci stemmte die Handflächen gegen seine Brust, um etwas Abstand zu erhalten.

Er gab ihr immer wieder die Möglichkeit ihn wegzustoßen, doch stattdessen legte Ricci ihm die Arme um den Hals.

Als Caligola den Kopf hob und Ricci losließ, streckte sie sich um ihn nicht loslassen zu müssen. Sie stand auf den Zehenspitzen und zog ihn wieder zu sich hinunter.

Als er sich mit einem Lächeln von ihr löste, sah sie ihn mit leicht geöffnetem Mund an. „Bleib da, bitte.“

Er lachte leise und lehnte seine Stirn an ihre. „Jetzt auf einmal?“

„Nun ja, was soll ich sagen, ich bin eben zur Vernunft gekommen.“

„Und? Willst du es vertiefen?“

„Ja und nein.“

„Och komm schon.“

Ricci gab ihm einen sanften Kuss und machte dann einen Schritt zurück. „Lass und erst einmal diese Dinger loswerden. Danach schauen wir weiter.“

„Na gut, aber dann wirst du es nicht mehr hinauszögern können.“

„Jaja. Spar dir deine leeren Drohungen für jemand anderes auf. Ich habe schon lange aufgehört daran zu glauben.“


Kapitel 12

 

 

Sie gingen zu dem Turm und betraten ihn. Die Eingangstür aus altem Massivholz quietschte als sie aufging, was Ricci das Haus nicht gerade sympathisch machte.

„Gregorius!“

Ricci zuckte zusammen, als von irgendwo unten ein: „WAS!“ kam.

„Komm her, du fauler Hund! Dein Spielzeug geht mit auf die Nerven!“

Plötzlich knarrten Treppen unter dem Boden und im Boden flog eine Falltür auf. „Wer stört mich jetzt schon wieder.“ Als die aufgewirbelte Staubwolke Ricci erreichte musste sie niesen.

Caligola ging zur Wand zu seiner Rechten und zog an einer verstaubten Schnur. Das Licht ging an und Ricci erschrak, als ein Typ mir schwarzen Haaren vor ihr stand.

„Gregorius, das ist Ricci. Ricci, Gregorius. Können wir uns jetzt wieder deinem Spielzeug zuwenden?“ Er hob die Hand, aber Gregorius starrte Ricci immer noch neugierig an.

„Wie hast du es geschafft, ihr die Handschellen anzulegen?“, fragte er Caligola, ließ Ricci aber nicht aus den Augen.

„Die hab ich ihm angelegt“, sagte Ricci und hielt seinem Blick stand.

„So so. Dann lass mal sehen.“ Er nahm die Handschellen in die Hand und untersuchte sie. „Was ist das Problem?“ Er hob den Kopf und merkte, dass Ricci ihn anstarrte. „Is was?“

„Wie alt sind sie?“

„Ricci!“, ermahnte Caligola sie.

„Ich wüsste nicht was sie das angeht? Außerdem fragt man Leute nicht nach ihrem Alter.“

„Das gilt nur für Frauen. Es sei denn… Caligola, warum hast du mir nicht erzählt, dass er schwul ist?!“, fuhr Ricci ihn an.

Gregory sah sie entsetzt an. „Wie kommen Sie auf die Behauptung, ich sei schwul?“

Ricci zuckte mit den Schultern. „Vermutung. Und, sind Sie´s?“

„Nein! Was soll der Blödsinn? Caligola, wenn du einen triftigen Grund hast hier zu erscheinen, wirst du das bitter bereuen!“

„Der Schlüssel, deiner tollen Handschellen, ging leide kaputt und jetzt kriegen wir die Dinger nicht mehr ab.“

„Wollt ihr beide, dass die Handschellen aufgehen?“

„Ja.“

„Dann macht sie auf.“

„Soll das ein Witz sein?“

„Eigentlich nicht.“

Ricci drehte sich zu Caligola um und sah ihn ungläubig an. „Ich komme mit gerade leicht verarscht vor.“

Caligola nickte. „Ich auch.“

Sie drückten auf einen kleinen Knopf an der Seite und die Handschellen sprangen auf.

„So da das jetzt geklärt wäre, würde ich euch bitten wieder zu verschwinden.“ Gregory ging zur Tür und öffnete sie. Er wurde durch einen Windstoß zurückgeschleudert und Caligola schloss schnell wieder die Tür.

Ricci stand wie angewurzelt in einer Ecke und starrte auf die Tür. „Was zur Hölle war das?“

Gregory richtete sich auf und rieb sich den Kopf. „Das war der Beginn der Schneesturm Woche. Jedes Jahr um dieselbe Zeit gibt es einen Schneesturm der eine Woche lang anhält. Und ihr seid jetzt wohl oder übel hier gefangen.“ Er drehte sich um und verschwand in wieder nach unten.

Ricci schaute Caligola verwirrt an. „Und was machen wir jetzt?“

„Ich habe keine Ahnung. Wahrscheinlich ihm folgen.“

Caligola folgte Gregory und Ricci blieb stehen. „Jetzt komm schon Fellteppich!“, rief er von unten.

Ricci stellte sich neben die Falltür und begutachtete das schwarze Loch unter ihr, das sicher um die Zehn Meter in den Berg führte. „Ich glaube ich bleibe hier oben.“

„Viel Spaß mit den Ratten und Spinnen. Und außerdem solltest du dir ein Schwert schnappen, hier laufen komische Kreaturen um, wenn es nach wird.“

Ricci warf einen Blick aus dem Fenster und sah einen Schatten vorbeihuschen. Schnell wie der Blitz sprang sie in das Loch und verschloss die Falltür von unten. Sie kletterte die Leiter hinunter, rutschte aus und landete auf dem Boden, und schrie.

Caligola rannte sofort zu ihr und fing lauthals zu lachen an.

Ricci war auf Gregory gelandet der sie perplex ansah. Er stieß sie von sich runter, stand auf und klopfte sich den Dreck ab. „Sei beim nächsten Mal etwas vorsichtiger!“

„Jetzt komm schon, sei nicht so streng mit ihr. Außerdem, wie lange ist es her, dass du eine Frau auf dir hattest?!“, spottete Caligola.

Ricci richtete sich auf und verpasste ihm eine. „Und wehe dir du regst dich jetzt auf. Denn dein Kommentar gerade eben war so was von unnötig. Außerdem haben wir sowieso noch eine Rechnung offen, also heb dir deine Wut für später auf.“ Sie drehte sich um und ging tiefer in den Berg hinein.

Gregory starrte ihr hinterher. „Also normalerweise sollte sie jetzt um ihr Leben rennen. Wie oft hat sie das schon gemacht?“

„Sie hat es viermal versucht und zweimal getroffen.“

„Und das hat sie überlebt? Respekt. An ihr muss dir also etwas liegen.“

„Genau. Und das heißt für dich: Finger weg!“

„Jaja, keine Panik. Ich werde sie nicht anfassen.“

Sie folgten Ricci und kamen in einer unterirdischen Höhle zum Stehen.

Caligola sah sich um und war zugegeben fasziniert. Sie standen in einer unterirdischen Therme. „Wow. Schick hast du es hier. Wo fließ das hin?“

„Irgendwo aus dem Berg hinaus. Und von dort oben kommt es her.“ Er deutete auf den Wasserfall geradeaus.

„Ich fragte mich woher das Wasser kommt.“

„Mich interessiert es eher, wo die Klamotten da herkommen.“

Etwa einen Meter neben dem Wasser lag ein Haufen Kleidung. Eine blaue Jean, ein weißes Top und ein weißer BH mit passendem Höschen.

SHIT! Das sind doch Riccis Sachen!

Im selben Moment tauchte Ricci aus dem Wasser auf und wand die Haare aus.

„Ich muss zugeben, du hast eigentlich noch nie einen schlechten Geschmack gehabt, aber die übertrifft alle.“

Caligola warf Gregory einen finsteren Blick zu und ging dann zu Ricci. Er setzte sich neben ihre Klamotten auf den Boden und sah ihr zu.

„Ich bin unten wenn ihr mich sucht!“, sagte Gregory und verschwand.

 

- - - - - -

 

Ricci tauchte die ganze Zeit über auf und ab. Hier gab es keine Fische und das Wasser war auch Warm. Als sie auftauchte und sich gegen die Wand neben ihren Sachen lehnte war ihr Tag perfekt. Gott sei Dank waren die beiden Männer zu sehr damit beschäftigt den Berg zu erkunden und somit konnte es Ricci egal sein, dass all ihre Kleidung hinter ihr lag.

„Wie ist das Wasser?“

„Glasklar und wunderbar warm. Es entspannt und nach alldem was in der letzten Woche so passiert ist, lässt es einem alles vergessen.“

„Schön für dich, dennoch beunruhigt mich die Tatsache, dass das Wasser Glasklar und deine Kleidung Trocken ist.“

Ricci riss die Augen auf und schlang die Arme um ihren Körper, als ihr einfiel mit wem sie da redete. „Caligola, dreh dich bitte um, damit ich mich wieder anziehen kann.“

„Das ist jetzt auch schon egal, ich habe alles gesehen, was es zu verstecken gibt, also schmink es dir ab.“

Ricci ließ sich ins Wasser sinken und lief knallrot an. „Bitte vergiss was du gerade gesehen hast. Gib mir einfach meine Unterwäsche und die Sache hat sich.“

„Ok. Er nahm ihre Sachen und warf sie ins Wasser.“

„Spinnst du!“, fuhr Ricci ihn an, „Was soll das?“

„Das, meine Süße, nennt man Rache.“

Ricci stieß sich mit den Füßen von der Felswand ab und schwamm so schnell es ging zu ihren Sachen.

Währenddessen zog sich Caligola seine Sachen aus und die Badehose, die er von Gregory bekommen hatte, an. Er sprang ins Wasser und steuerte direkt auf Ricci zu.

Diese war so sehr damit beschäftig ihre ganzen Sachen zusammenzusammeln, dass sie ihn gar nicht bemerkte. Erst als er seine Arme um ihre Taille schlang und sie zu sich zog, reagierte Ricci. Schlug um sich und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien. Vergebens. Er war zu stark für sie und nach einer Weile gaben ihre, sowieso schon erschöpften Kräfte nach und sie ließ sich an ihn drücken.

„Du hast echt Kampfgeist. Süßer Fellteppich.“

„Freut mich für dich, aber ich bin nackt und würde mich gerne anziehen, wenn es dich nicht stört.“

„Doch das tut es. Denn ich habe vor meine Entschädigung sofort einzufordern.“

„Aber beeil dich, Gregory kann jeden Moment auftauchen.“

„Das wird er nicht.“ Caligola sah sich um und entdeckte eine kleine Unterwasserhöhle. Er zog Ricci mit sich und verschwand mit ihr darin.

In dieser Höhle befand genügend Luft um damit eine Woche auszukommen. Innen war ein kleiner Felsvorsprung auf den er ihre Sachen legte und sich dann wieder Ricci zuwandte.

„So. Bringen wir es hinter uns.“ Ricci strich sich die Haare weg und legte den Kopf schief und machte sich auf den Biss gefasst.

Caligola senkte seinen Kopf und legte den Mund an ihren Hals. Er biss allerdings nicht zu sondern liebkoste sie. Seine Arme waren immer noch um ihre Taille geschlungen und er zog sie immer näher zu sich. Schließlich hatte er sie an seine Brust gepresst und hörte wie Ricci aufkeuchte. „Was ist los?“, fragte er mit seiner verführerisch, seidenweichen Stimme.

„Bitte, lass das.“

„Gefällt es dir nicht?“

„Doch und genau deswegen bitte ich dich jetzt damit aufzuhören.“

„Wenn es dir gefällt werde ich ganz sicher nicht aufhören, es sei denn du nennst mir einen triftigen Grund.“

Ricci hole tief Luft und drehte sich um. „Ich möchte kein gebrochenes Herz und schon gar nicht von ein und demselben Typen. Bitte versteh das.“

„Das ist zu wenig. Sie es einfach als Wiedergutmachung für früher an. Was auch immer da gewesen sein mag.“

„Aber…“

„Schhh… jetzt entspann dich.“ Er sah ihr in die Augen und bekam Mitleid mit ihr. Ich würde nur zu gerne wissen, was passiert ist, bevor Vivienne mein Gedächtnis wiederhergestellt hatte. Vergessen wir alles was geschehen ist und leben im hier und jetzt. Er beugte sich zu Ricci hinunter und küsste sie zärtlich.

Für diesen kurzen Moment konnte sie seine Gedanken hören. Wenn du nur wüsstest.

Ricci machte Anstalten sich zu befreien, ließ es aber bleiben, als er sie anknurrte. Ihre Hände, die sie wieder gegen seine Brust gestemmt hatte um Abstand zu halten, legte sie ihm wieder um den Hals und zog sich hinauf.

Als er kurz aufhörte und ihr in die Augen sah, fuhr Ricci ihm durch sein kurzes, blondes Haar und zerzauste es ihm. „Das ist die Rache für meine Sachen.“

„Wenn das dein Sinn für Rache ist, dann freue ich mich schon auf weiteres.“

Er fuhr mit seinen Händen über ihre samtweiche Haut und liebkoste sie. Er ließ seine Finger über jeden Millimeter ihrer Haut gleiten, bis er schließlich zu ihrem Hintern kam und sie hochhob. Denn während er gerade noch stehen konnte, musste Ricci sich anstrengen um nicht unterzugehen.

„Ich finde es absolut unfair von dir, dass du im Gegensatz zu mir…“

„Etwas anhabe?“

„Das habe ich eigentlich nicht gemeint…“

„Aber?“

„Ich hoffe du hast das nicht wirklich vor.“

„Warum?“ Er fuhr mit seiner Zunge ihre Halsschlagader nach und umkreiste die dünnste Stelle. „Was, wenn ich dir sage, dass ich genau das vorhabe?“

„Dann könnte das für uns ziemlich kompliziert werden.“

„Scheiß drauf. Es bekommt sowieso niemand mit.“

„Ja, aber…“ Bevor Ricci etwas erwidern konnte hatte Caligola ihre Lippen mit seinen verschlossen. Er nahm Ricci und drückte sie gegen die glatte Höhlenwand. Ricci schlang die Beine um ihn und drückte sich an ihn.

„Erwarte aber nicht zu viel von mir.“

„Keine Sorge, ich liebe Frischfleisch!“, sagte er mir einem breiten Grinsen im Gesicht. Als er sie wieder küsste drückte sie ihn von sich weg. „Hey, was ist los?“

„Schh…wart mal.“ Sie lauschte. „Hörst du das?“

Caligola hob den Kopf und spitzte die Ohren.

„NEIN! Du darfst da nicht rein!“ Das war Gregory.

„Du kannst mir gar nichts befehlen!“ Eine Frau.

„Tu das nicht, sie…“

Platsch.

Caligola ließ Ricci runter und drückte ihr ihre Kleidung in die Hand. „Zieh dich an, wir kriegen Besuch.“

Gerade als sie sich die Unterwäsche angezogen hatte, schwamm jemand durch die Höhleneingang. Ricci fing an zu knurren und Caligola sah sie verwundert an.

Als Eleonora auftauchte wusste er wieso. „Was zur Hölle tust du hier!?“

„Hast du nicht gesagt, ich könnte dich jederzeit besuchen kommen.“

Ricci zog perplex die Augenbrauen hoch. „Hast du?“

Eleonora drehte sich zu Ricci und sah sie abwertend an. „Die bessere Frage ist, was tut die hier?“

„Raus hier!“, fuhr Ricci sie an.

„Glaubst du wirklich, ich würde mir von einem Kind etwas befehlen lassen?“ Sie schwamm zu Caligola und schlang die Arme um ihn. „Na wie wärs mit uns beiden?“ Und als ob das noch nicht genug wäre, küsste sie ihn auch noch. Zu allem Überfluss wehrte Caligola sich nicht einmal.

Ricci schüttelte den Kopf, zog sich blitzschnell ihre Sachen an und schwamm nach draußen.

Wenn sie den beiden noch länger zusah, würde sie diese …Person umbringen. Als sie auftauchte, begegnete sie Gregorys besorgtem Blick.

„Es tut mir leid, ich habe versucht sie aufzuhalten, aber bei dem Sturm wäre sie draufgegangen.“

Ricci winkte ab. „Schon gut. Du hast mir gezeigt, dass ich auf einen verdammten ... Vampir hereingefallen bin.“ Sie stieg aus der Quelle und ging zu Gregory. „Kannst du mir etwas zu trinken geben?“

„Du solltest deine Sorgen nicht in Alkohol ertränken.“

„Ich bin erwachsen. Und glaub mir, wenn du das durchgemacht hättest, was mir passiert ist, würdest du auch nicht nein zu Alkohol sagen. Bitte!“

Gregory sah kurz zur Höhle und dann wieder zu Ricci. „Na gut, komm mit.“

Ricci folgte Gregory in eine Küche und setzte sich an den Tisch. „Was habe ich mir nur gedacht? Ich bin eigentlich noch ein Kind. Ich bin ein Trottel.“

Gregory nahm eine Flasche Whiskey aus dem Schrank und reichte sie Ricci. Er legte ihr die Hand auf die Schulter und setzte sich neben sie. „Falls es noch etwas gibt das ich für dich machen kann, sag es.“

„Hast du ein Zimmer für mich?“, sie sah Gregory mit Tränen in den Augen an.

„Ja. Es ist gleich um die Ecke. Der Schlüssel steckt.“

„Danke.“ Ricci stand auf und machte sich auf den Weg zu dem Zimmer. Gerade als sie um die Ecke biegen wollte, fasste sie jemand an der Taille an. Sie drehte sich um und verpasste demjenigen gleich eine Ohrfeige. Vielleicht war es ein Reflex oder daran, dass sie gerade nicht gut drauf war und solche Berührungen lieber vermied. Sie erstarrte, als sie den roten Handabdruck auf Caligolas Wange bemerkte, entschuldigte sich jedoch nicht, sondern drehte sich um und ging weiter.

Caligola griff nach Riccis Hand und hielt sie auf. „Ricci hör zu, ich…“

Ricci schlug seine Hand weg und sah ihn wütend und verletzt an. „Du brauchst mir nichts zu erklären, ich kann es mir schon denken. Und es ist mir ganz ehrlich gesagt wurscht! Vergnüg dich von mir aus mit Eleonora, ich habe Besseres zu tun, als einer verflossenen Liebe nachzutrauern. Ich lebe nämlich nicht ewig. Und jetzt lass mich in Ruhe!“ Entschlossen drehte sie sich um, verschwand in ihr Zimmer und schloss ab.

Ricci ließ den Kopf gegen die Wand sinken und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Dieses dämliche Arschloch! Warum spielt er mit mir? Was habe ich getan, um das zu verdienen?

Caligola trat vor die Tür und hörte Riccis Schluchzen. Er klopfte leise an. „Ricci, lass es mich dir erklären! Bitte! Ich habe absolut nichts gemacht!"

„Und genau das ist das Problem! Du hast sie nicht einmal weggestoßen, als sie dich geküsst hat!“, schrie Ricci von der anderen Seite der Tür.

„Warum regst du dich so auf? Als ob du vor mir noch nie jemand anderen geküsst hättest!“

„Na klar habe ich das, aber die Situation war eine andere!“

„Jetzt komm schon!“

Ricci schlug mit der Faust gegen die Tür, sodass Caligola erschrocken zurückwich. „Ich bin ein junges Mädchen, keine Barbiepuppe! Wenn du mit jemandem spielen möchtest, such dir gefälligst eine andere! Jetzt lass mich in Ruhe, ich habe noch ein Leben zu leben!“

Er stemmte die Hände gegen die Tür und ließ seinen Kopf ebenfalls gegen die Tür sinken. „Es tut mir leid, Ricci.“

Gregory ging hinter Caligola vorbei und hörte ihm zu. Einen Augenblick später drehte sich Caligola um und funkelte Gregory böse an. „Was? Es gibt nichts zu sehen, geh weiter.“

Gregory stellte sich Caligola vor die Nase und sah ihm in die Augen. „Gib es auf, du hast es verkackt!“ Gregory wandte sich wieder von Caligola ab und ging zu seinem Zimmer.

Caligola sah ihm verdutzt nach und musste leider einsehen, dass Gregory recht hatte.

„Hey, lass den Kopf nicht hängen, sie hat dich einfach nicht verdient.“ Eleonore stand in der Küche und hatte nur ihr weißes T-Shirt an. Natürlich war es noch nass und durchsichtig. Sie ging auf ihn zu und legte ihre Handflächen auf seine Brust. „Vergeude deine kostbare Zeit nicht mir so einem Hundsvieh. Ein Spiel mit Löwen macht viel mehr Spaß.“

Caligola drehte sich noch einmal zu Riccis Zimmer um, bevor er von Eleonora zurück zu den Quellen gezogen wurde.

 

- - - - - -

 

Ricci hatte das Gespräch mit angehört und war trotz ihrer Wut auf Caligola ziemlich enttäuscht von ihm. Weiß er denn nicht, dass man um eine Frau kämpfen muss? Aber wahrscheinlich verschwende ich wirklich nur meine Zeit, wenn ich wirklich hoffe, dass er zurückkommt und um mich kämpft.

Ricci stieß die Luft aus und lachte. Sie lachte über sich selbst. Eigentlich hätte ich es ja besser wissen müssen. Aber jeder macht einmal Fehler in seinem Leben. Naja, abgehakt unter Lebenserfahrung.

Ricci setze sich auf das Bett und betrachtete ihre Füße. Sie ließ sich zurück auf das Bett fallen und starrte an die Decke. Manchmal frage ich mich, wenn ich jetzt ginge, würde mich dann jemand vermissen? Wie es wohl Johnny gerade geht? Ich muss so schnell wie es geht zu ihm.

Ricci blieb noch einen Moment liegen bevor sie aufsprang und zur Tür lief. Sie riss die Tür auf und erschrak. Direkt vor ihr stand Gregory.

„Tut mir leid wenn ich dich erschreckt haben sollte, aber ich wollte nach dir sehen. Geht es dir gut?“

Ricci setzte ihr falsches Lächeln auf. „Ja. Danke der Nachfrage. Ich muss allerdings so schnell wie möglich wieder nach Hause.“ Sie wollte gar nicht nach Caligola und Eleonora fragen. Sie hätte wissen müssen, dass sie ihm nicht vertrauen konnte, aber Liebe machte ja bekanntlich blind und sie konnte nicht leugnen, dass sie ihn nach allem was passiert war, nicht mochte. Auch wenn er blöde Dinge angestellt hatte.

„Du siehst aber nicht so aus. Du brauchst mich nicht anzulügen“, sagte er liebenswert. Ricci hatte den Kopf gesenkt, aber Gregory versuchte immer noch ihren Blick zu treffen. Er hob ihr Kinn an und umarmte sie, „ich würde es sowieso nicht ausnutzten.“ Er lachte, um die Stimmung aufzuheitern.

Ricci sah in seine eisblauen Augen. Auch wenn sie weit abseits von ihrem Dorf lebten, hatte Ricci trotzdem eine gute Menschenkenntnis und dieser Mann der vor ihr stand, hatte wirklich nicht im Sinne sie zu verführen. Aber bloß durch ihre missliche Lage, konnte sie diesen vertrauensvollen Augen nicht wiederstehen.

Gregory konnte gar nicht schnell genug schauen, da hatte Ricci schon die arme um ihn geschlungen und geküsst. Er riss erschrocken die Augen auf, wehrte sich aber nicht dagegen. Er war seit fast siebenhundert Jahren in diesem Turm und bekam selten Besuch.

Ricci hörte auf ihn zu küssen und war erschrocken über ihr übereiltes Handeln. Sie wollte zurückweichen, aber er hielt sie fest. „Es tut mir leid. Ich weiß nicht was über mich gekommen ist. Wahrscheinlich ist das alles etwas zu viel für mich.“

Gregory strich ihr sanft über die Wangen. „Wahrscheinlich hast du recht. Du brauchst dich für absolut nichts entschuldigen. Wenn ich etwas dagegen gehabt hätte, dann hättest ich anders reagiert.“

Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Aber versteh das bitte nicht falsch. Ich…“

„Schon gut. Reden wir nicht mehr darüber. Und nur so zur Info: Wenn du wirklich nach Hause möchtest“, er machte eine kurze Pause, „dann muss ich dich leider enttäuschen. Der Schneesturm hört frühestens erst in fünf Tagen auf.“

„Na toll.“ Sie senkte den Kopf und stützte ihn mit der Hand. Und was soll ich dann bitteschön die ganze Zeit über machen? Sie hob den Kopf und sah Gregory an. „Darf ich solange bleiben? Ich meine, nur wenn ich dir nicht im Weg bin.“

Er fing an zu grinsen. „Ich denke diese eine Woche dürfte ich ein Zimmer frei haben.“ Er schenkte ihr ein herzerwärmendes Lächeln, drehte sich um und ging zurück an die Arbeit. Als ob jemand wie sie mir zur Last fallen könnte.

Ricci lächelte und machte sich auf den Weg zu den Quellen, um Caligola zu sagen, dass er sich mit Eleonora woanders vergnügen könne, da sie ihn jetzt nicht mehr brauchen würde. Doch anstatt Caligola und Eleonora knutschend zu erwischen, sah sie, wie er Eleonora am Hals hielt und gegen die Wand drückte.

Was macht er da? Sie versteckte sich hinter der Felswand und spähte um die Ecke, so dass sie etwas sehen konnte, aber von niemand gesehen werden konnte. Was sie sah, brach ihr fast das Herz.

Caligola hielt Eleonora mit einer Hand fest und mit der anderen hielt er ihr Haar zurück, während er ihr die Fänge in den Hals schlug, als wäre sie kein lebendiges und fühlendes Wesen, sondern nur sein Essen.

Eleonora versuchte zwar bis zum Ende sich zu wehren, aber Caligola war nun mal viel stärker. Als sie schon fast starb hörte er auf und sah sie an. Seine Augen leuchteten auf und darin spiegelte sich nichts wieder, was Ricci von ihm kannte.

„So und jetzt noch zur Wahrheit: Ich bin nicht dein super lieber, netter und was weiß ich noch für einen Scheiß, Freund! Ich bin Caligola Mertes, oder wie du mich wahrscheinlich eher kennst: Le tueur du loup, der Wolfstöter! Und du, meine Liebe, bist nichts weiter, als mein Essen für heute!“

Eleonora versuchte ein letztes Mal sich zu befreien, aber Caligola ließ keine Gnade walten. Er rammt ihr die Fänge so tief in die Kehle, dass sie vor Schmerz aufschrie und Ricci sehen konnte, wie das Leben ihren Körper verließ.

Ricci entkam ein Wimmern und im nächsten Moment war Caligola weg. Sie späte in jede Ecke der Höhle, um sicher zu gehen, dass Caligola weg war. Auch wenn sie ihn nun kannte und sie beide befreundet waren, das Schauspiel von gerade eben, hatte ihr klargemacht, dass sie ihm niemals ganz vertrauen konnte. Es würde immer ein Rest seiner Vergangenheit, wertiertötendes Monster bleiben und genau das war das Gefährlichste an ihm.

Sie machte einen Schritt in die Höhle und konnte niemand anderes wahrnehmen. Ganz langsam näherte sie sich Eleonoras leblosen Körper, fast schon schleichend. Gerade als sie sich hinunterbücken wollte, um ihren Puls zu fühlen, spürte sie, dass jemand hinter ihr stand. Blitzschnell drehte sie sich um und sah wie Caligola sie anstarrte.

Er machte einen Schritt auf sie zu, blieb jedoch wieder stehen, als Ricci versuchte auszuweichen. Plötzlich lachte er leise. Es war ein eiskaltes Lachen, das Ricci das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Ich wollte zwar nicht, dass du mich so siehst, aber wenigstens kann ich jetzt mit Sicherheit sagen, dass ich weiß wie du über mich denkst.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, drehte er sich um und ging.

Immer noch verängstigt darüber, wie Caligola sich gerade verhalten hatte, saß sie neben Eleonoras Leichnam. Doch dann sprang sie auf, rannte zu Caligola und umarmte ihn von hinten. „Ich denke nicht schlecht über dich!“

Er drehte den Kopf, sodass Ricci ihm nun in die Augen sehen konnte. „Aber du hast Angst vor mir. Zumindest hattest du sie gerade noch.“

Ricci lehnte den Kopf gegen seinen Rücken und hielt ihn fest, als er sich von ihr lösen und gehen wollte. „Geh nicht! Bitte.“

Er löste ihre Hände von seinem Körper und drehte sich um. „Nenn mir einen Vernünftigen Grund, warum ich hier bleiben sollte.“

„Weil ich nicht alleine bleiben will.“

„Gregory ist auch noch da.“

„Aber wer beschützt mich dann, wenn ich nach Hause gehe?“

„Gregory kennt sicher einen Zauber.“

„Jetzt hör auf mit dem Blödsinn! Dann tu es mir zuliebe!“

„Gerade eben wolltest du noch, dass ich verschwinde. Und ich denke das wird das Beste sein. Für uns beide.“

„Ich kann selber entscheiden, was das Beste für mich ist!“

„Gut. Dann kann ich jetzt ja gehen.“

Ricci schlang so fest sie konnte, die Arme um ihn. „Ich will aber nicht, dass du gehst!“

„Ricci, lass den Schwachsinn. Ich werde jetzt gehen und das tun was ich am besten kann. Kantaia wird schon nicht so lange weg sein. Und wenn du noch längere Zeit leben willst, solltest du mich jetzt loslassen und mir nie wieder unter die Augen treten!“, fauchte er sie an. Er stieß Ricci zurück und verschwand.

Ricci saß am Boden und musste erst den Schock verarbeiten. Er hatte ihr gedroht sie umzubringen und sie wusste, dass das kein leeres Versprechen war. Nach und nach wurde sie sich der Situation bewusst, in der sie sich gerade befand. Und mit dem Bewusstsein kamen auch die Tränen.

Dieser Kerl brachte ihr nichts als Ärger. Wahrscheinlich war es besser so, aber nicht für ihr Herz. Sie hatte sich vorgenommen sich nicht mehr in ihn zu verlieben, aber jetzt waren sie Freunde und dass sie einen Kameraden verlor, traf sie tief.

Wen sollte sie jetzt nach früher fragen? Wem konnte sie überhaupt noch trauen? Würde sie es überleben, dass er nun weg war?

 

- - - - - -

 

Caligola ging im Schneesturm und war immer noch auf der Suche nach dem Eingang, nach Kantaia.

Das gibt’s ja nicht! Wo ist dieser verdammte Eingang noch mal. Der kann doch nicht so weit weg sein!

Caligola war seit über vier Stunden unterwegs und es war immer noch keine Spur von einer Höhle in Sicht. Der Schneesturm vereinfachte die Situation nicht gerade. Die Spuren die er im Schnee hinterließ, verschwanden in Sekundenschnelle und ließen keinen Rückschluss darauf, aus welcher Richtung er gerade eben gekommen war.

Verdammter Schneesturm!

Auch wenn der Schneesturm ein Hindernis darstellte, war es kein Großes. Ihn störte eher, dass er Ricci alleine bei Gregory gelassen hatte.

Wie sie ihn ansah, als er Eleonora ausgesaugt hatte. Als ob er ein Monster wäre. Im Grunde genommen lag sie da gar nicht so falsch, immerhin war er ein Monster. Er hatte Unschuldige umgebracht, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

Aber er würde nicht wieder in sein altes Schema hineinfallen und sich Vorwürfe darüber machen, welche Leute er alles umgebracht hatte und dann vielleicht auch noch Spuren hinterlassen. So weit kommt´s noch!

Trotzdem, irgendwie konnte er nicht aufhören an Ricci zu denken.

Plötzlich wurde der Schneesturm stärker. Caligola konnte sich nur schwer auf den Beinen halten. Es wird Zeit, dass ich mir einen Unterschlupf suche.


Kapitel 13

 

 

Johnny, Adrian und Laroux hatten es sich bei dem kleinen See mit dem Wasserfall gemütlich gemacht und ihr Lager aufgeschlagen. Da dieser Ort nicht mehr zu dem Territorium gehörte, welches jetzt Nikolai beherrschte, konnten sie hier so lange bleiben, wie sie wollten.

Laroux sammelte Feuerholz, während Johnny und Adrian Fische fingen, natürlich in Wolfsgestalt. Leichter gesagt als getan, die Fische waren flink. Laroux hingegen hatte es besser erwischt. Holz in einem Wald zu finden war so einfach, wie einem Kind den Schnuller wegzunehmen.

Inzwischen war es wieder Abend geworden und Laroux versuchte Feuer zu machen. Es war irgendwie eine Verarsche: Ein Vampir sollte Feuer machen.

Laroux konnte, dank seinem Alter, ohne moderne Hilfe Feuer machen. Allerdings ist das letzte Mal, als er Feuer gemacht hatte, sehr lange her. Fünfhundert Jahre, um genau zu sein.

„He, Laroux, beeil dich mal, wir bekommen schön langsam Hunger! Oder hast du in deinen fünfhundert Jahren vergessen, wie man es macht?“, höhnte Johnny ihn.

Mit dem Rücke zu ihnen fluchte Laroux in sich hinein. „Wenn es dir zu lange dauert, kannst du es gerne selber machen! Ich, als Vampir habe nichts dagegen, mich von Feuer fernzuhalten.“

Adrian lachte. „Ach, kommt schon ihr zwei Streithähne, wir haben noch eine Menge zu erledigen. Ich denke, dass es heute regnen wird.“

Johnny ging zu Laroux und ließ die Äste, die er gesammelt hatte neben ihn auf den Boden fallen. „Ok, geh. Ich kümmere mich um das Feuer, geh du nur und kümmere dich um den Unterschlupf für heute Nacht.“ Er klopfte ihm auf die Schulter und machte sich daran das Feuer zu entzünden. Laroux schenkte ihm ein gefälschtes Lächeln, befolgte aber seine Bitte.

 

- - - - - -

 

Durch ein lautes Geräusch geweckt, fuhr Ricci aus dem Schlaf. Irgendetwas war explodiert. Sie sprang von ihrem Bett auf und stürmte aus ihrem Zimmer in die Küche. Dort angekommen musste sie erst einmal husten, da alles voll mit Rauch war.

„Gregory! Wo bist du?!“

„Ich bin hier!“

Durch den Rauch konnte Ricci nichts mehr sehen, aber ihren Hörsinn störte das nicht. Sie folgte der Stimme und prallte schon im nächsten Moment gegen ein Hindernis. Es war Gregory, der gerade einen Zauber sprach. Irgendetwas auf lateinisch oder irgendeiner anderen alten Sprache.

Ricci wollte ihn nicht stören und staunte nicht schlecht, als schon im nächsten Moment der ganze Rauch verschwand.

„Wow!“ Das war das einzige, was Ricci momentan einfiel. „Wie hast du das gemacht?“

Gregory fuhr sich durch sein Pechschwarzes Haar, sodass eine Staubwolke aufstieg. Er fuchtelte mit den Händen, um den Rauch zu vertreiben, und hustete kurz. „Ein einfacher Zauberspruch, der die Luft im Raum von jeglichen Unreinheiten befreit. Den kann jeder lernen“, er sagte es zwar nur so nebenbei, aber genau damit hatte er Riccis Neugier geweckt.

„Inwiefern kann den jeder erlernen?“, stocherte sie nach.

„Na toll. Das hätte ich nicht erwähnen sollen.“ Er drehte sich um, stemmte die Hände in Hüften und stieß die Luft aus. Er fuhr sich erneut durch sein, noch immer mit staub bedecktes Haar, bevor er sich wieder zu Ricci umdrehte. „Nun, eigentlich kann jeder, der mit etwas übernatürlichem zusammengekommen ist, die Kunst der Magie lernen. Vorausgesetzt, man ist selbst nicht übernatürlich.“

Ricci schaute betrübt zu Boden. „Das heißt also, dass ich keine Zauber aussprechen kann. Mist! Ich hätte das so gerne gemacht. Mein Leben wäre dann um einiges einfacher!“

„So wie du dir das vorstellst geht es sowieso nicht. Die Zauberkunst darf nie für eigennützige Zwecke verwendet werden, die anderen Schaden. Wenn man es doch macht, gibt es immer einen Nachteil, oder nenn es hässlichen Nebeneffekt.“

Ricci machte ein fragendes Gesicht. „Und der wäre Beispielsweise?“

„Wenn du zum Beispiel Gold haben willst, verwandelt sich alles in Gold, was du anfasst.“

„Also wie bei König Midas, sozusagen.“

„Haargenau so. Bei übernatürlichen Wesen ist die Erlernung erstens verboten und zweitens unterschiedlich schwierig.“

„Wieso?“

„Den Grund warum es unterschiedlich ist kann ich dir nicht erklären. Den Grund warum es verboten ist, jedoch schon. Das kommt daher, dass übernatürliche Lebewesen eine höhere Lebenserwartung haben, als normal-Sterbliche und außerdem ist ihre Zauberkraft doppelt so stark. Bei Vampiren gilt zum Beispiel: Je älter sie sind, desto größer ist ihre Zauberkraft. Und das ist in den meisten Fällen ein Problem. Ich glaube du verstehst auch warum.“

Ricci nickte. „Und wie sieht das mit dir aus?“

„Ich lebe hier nicht, weil es mir Spaß macht, total isoliert von der Außenwelt zu sein, sondern weil ich hierher verbannt wurde. Ich bin nämlich eines dieser übernatürlichen Wesen, die gegen das Gesetz verstoßen und die Kunst der Magie erlernt haben.“

Ricci fing an zu grinsen.

„Nein, Ricci! Ich werde es dir ganz sicher nicht beibringen! Womöglich wirst du auch hierher verbannt, oder noch schlimmer: Wir werden zum Tode verurteil und das kann ich echt nicht brauchen.“

„Was bist du eigentlich für ein übernatürliches Wesen?“

„Dreimal darfst du raten. Es ist das schlimmste was passieren kann.“

„Du bist ein Vampir?!“, fragte Ricci ungläubig.

„Jap, so ist es.“

Sie schüttelte verwirrt den Kopf. „Aber ich habe dich noch nie Blut trinken sehen.“

„Ich mache das auch nicht so auffällig wie dein Freund.“

„Er ist nicht mein Freund! Zumindest jetzt nicht mehr.“

„Tut mir leid, ich wollte diese Wunde nicht noch einmal aufreißen.“

„Schon gut. Bitte bring mir etwas bei! Bitte, bitte!“

„Nein.“

„Och komm schon! Ich tu auch alles was du willst!“

Gregory hob eine Augenbraue. „Alles?“

Ricci nickte wild und bemerkte erst dann, was sie schon wieder für einen Blödsinn verzapft hatte.

„Stellen wir das doch auf die Probe.“

Ricci sah Gregory an und befürchtete das schlimmste. Sie schluckte einmal, als Gregory einen Schritt auf sie zumachte und die Fänge bleckte. Sie hatte das noch nie bei ihm gesehen und war dementsprechend fasziniert. Sie wich weder zurück, noch machte sie sonst irgendwelche Anstalten, um Gregory von seinem Vorhaben abzubringen.

Gregory blieb erschrocken stehen, als sie einen Schritt auf ihn zu und nicht, wie erwartet, nach hinten machte. „Hast du wirklich vor, mir das durchgehen zu lassen?“

„Nun, ich will etwas haben, das nur du mir geben kannst und andersrum genauso.“

Er schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.

Ricci klopfte ihm die Schultern ab, ehe sie die Arme darauf legte und den Kopf zur Seite drehte, womit sie ihm ihre Kehle darbot.

„Du bist absolut dämlich.“ Gregory stieß Ricci von sich und wich zurück. „Was denkst du dir eigentlich? Wenn du Selbstmord begehen willst, dann werde ich dich nicht daran hindern, aber zieh mich bitte nicht in die Sache hinein! Ich kann den Orden jetzt nicht auch noch gebrauchen.“

Ricci sah in verwirrt an. „Wieso, „nicht auch noch“? Warum ist er hinter dir her?“

Er blähte die Nasenflügel auf. „Ricci, das geht dich absolut nichts an! Du solltest dich nicht in Angelegenheiten einmischen, die nur mich zu interessieren haben.“ Gregory drehte sich entschlossen um und verschwand hinter einer Tür.

Ricci schaute ihm verwirrt nach und legte den Kopf schief. Was versucht er mir zu verheimlichen? Warum will er nicht, dass ich ihm helfe? Und warum, zum Donnerwetter noch mal, erklärt er es mir nicht einfach?!

Sie stellte sich vor die Tür und begann zu lauschen. Es war nichts zu hören. Absolute Stille. Zu still für ihren Geschmack. Vorsichtig dreht sie den Türknauf und öffnete die Tür einen Spalt. Ricci erschrak. Aber nicht vor dem was sie sah, sondern vor dem was sie nicht sah. Gregory war weg. Als ob er nie da gewesen wäre.

Verdammt, wo ist er? Sie stieß die Tür auf und ging in den leeren Raum. Da drin war nichts, außer einem Fenster, das die Sicht auf die schneebedeckten Berge freigab. Jetzt ist es amtlich: Gregory hat mir irgendetwas zu verheimlichen und ich weiß eindeutig zu wenig.

Sie verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, danach drehte sie sich um und ging wieder in die Küche. Auf dem Tisch lag ein Zettel auf dem stand: Bin gleich wieder zurück. Ricci, stell bitte keinen Blödsinn an, oder versuche mich zu finden. Verlass das Haus bitte nicht. Ich werde dir alles erklären, wenn ich wieder zurück bin.

Gezeichnet: Gregory

„Na toll. Und was soll ich jetzt machen? Gregory was soll der Scheiß eigentlich?!“ Sie starrte gegen die Decke, als ob er jeden Moment erscheinen würde. Nichts dergleichen passierte, sie stand immer noch alleine in einem leeren Raum.

Nach fünf Minuten warten wurde es ihr zuwider. Sie ging zu den Quellen, zog die Schuhe aus und ließ die Beine ins heiße Wasser gleiten. Langsam ließ Ricci den Kopf in den Nacken sinken. Nichts hilft besser gegen Verspannungen, als ein heißes Bad in einer schönen Quelle.

Total entspannt, genoss Ricci das Bad und entschloss sich einen Moment danach, alle Kleidungsstücke auszuziehen und ließ sich ganz ins Wasser gleiten.

Es kam ihr vor wie in einem Traum. Als ob sie auf einer weichen Wolke schweben würde. Sie ließ sich auf dem Wasser treiben und blendete all ihre Gedanken aus.

Nur ein Gedanke blieb in ihrem Kopf, wenn auch nur kurz: Ich liebe diese Stille.

Die Zeit verging wie im Flug, aber davon bekam Ricci nicht wirklich etwas mit, denn sie war eingeschlafen. Während ihre Sachen am trockenen Ufer lagen.

Früher wäre sie nicht einmal auf die Idee gekommen nackt auf dem Wasser treibend einzuschlafen, aber Gregory kam ganz sicher nicht so schnell zurück und Caligola würde sie wahrscheinlich nie wieder in ihrem Leben sehen. Wahrscheinlich hatte er Kantaia schon gefunden und ausgelöscht oder sie hatten ihn ausgelöscht, also warum noch einen Gedanken an ihn verschwenden? Eleonora Leiche hatte Gregory sofort verbrannt. Bei dem Gestank nach totem Fleisch, konnte sie ihm das nicht einmal übel nehmen.

 

- - - - - -

 

Caligola saß in einer, in den Schnee gegrabenen Höhle und wartete bis der Sturm vorbei war. Selbst für einen Vampir war das ein unüberwindbares Hindernis. Gegen die Massen von Schnee und den Starke Wind konnte er nicht ankommen und Caligola war einer der stärksten Vampire, also waren sie ziemlich stark.

Er hatte sich eingegraben und versuchte ein wenig zu schlafen. Da fiel ihm ein, wie Ricci ihn am Beginn der Reise gefragt hatte, ob er friere und Caligola dies Bejahte, obwohl es gar nicht stimmte. Aber wahrscheinlich war es die Faszination darüber, dass dieses Mädchen mit Jean verwandt war?

Er lag ganz ruhig auf dem Rücken, hatte die Arme auf der Brust überkreuzt und atmete einmal tief aus und ein, um sein Blut wieder mit Sauerstoff anzureichern.

In was für ein Schlamassel bin ich da schon wieder geraten? Ich muss irgendjemanden finden, der älter ist, als ich es bin. Nur wo? Das war das schwierige daran ein Vampir zu sein. Du kannst nicht einfach eine Anzeige in der Zeitung aufgeben, wenn du einen Vampir suchst. Wie würde das denn aussehen? „Tausend Jahre Alter Vampir sucht jemanden der älter ist als er“?! So ein Schwachsinn. Caligola schüttelte den Kopf, so gut es in der engen Eishöhle ging.

Aber irgendetwas musste ihm doch einfallen. Er war Caligola. Der Vampir der alles bekam was er wollte und derjenige, dem immer ein Plan einfiel, wenn etwas schief zu gehen drohte. Jedes Mädchen und jede Frau lagen ihm zu Füßen. Nur Ricci nicht. Klar, sie hatte sich auf ihn eingelassen, aber das war bevor er sein verlorenes Gedächtnis wiederbekam.

Jetzt war er wieder ganz am Anfang. Wie war er, bevor er sein verlorenes Gedächtnis wieder bekommen hatte?

Fragen über Fragen. Und keine einzige, noch so kleine Antwort. Kein Hinweis. Keine Hoffnung, jemals zu erfahren, warum Ricci ihn so mochte, auch nachdem sie erfahren hatte, dass er ein gesuchter und vor allem skrupelloser Mörder war.

Ricci. Schon bei ihrem Name brach bei ihm ein ungewolltes Verlangen aus. Es erschreckte ihn, wie sehr er sie wirklich wollte. Ihm war nie wirklich bewusst geworden, dass er Glück hatte, sie überhaupt einmal kennen zu lernen. Und dass er seine Chance, sie zu bekommen, eindeutig verkackt hatte.

Aber er musste jetzt endlich zur Ruhe kommen. Auch wenn er ein Vampir war, musste er trotzdem irgendwann schlafen.

 

- - - - - -

 

„Ricci“, die männliche Stimme zog ihren Namen genüsslich in die Länge. „Wie ist das Wasser denn so?“ Die Stimme klang so verführerisch. Sie kannte sie und liebte sie.

Sie rieb sich verschlafen die Augen, weigerte sich aber sie zu öffnen. „Caligola, bist du das?“ Ein Finger strich über ihr Brustbein, folge ihm bis zu ihrem Bauchnabel und glitt zwischen ihre Schenkel.

„Ich habe dich vermisst, mein süßer Fellteppich“, knurrte er verlangend.

Sie reckte ihm den Bauch entgegen, als er sich zu ihr hoch zog. Erst jetzt öffnete Ricci die Augen und bemerkte, dass sie auf einem Bett mit Pelzdecke lag. Das Fell kitzelte auf ihrem Rücken. Sie sah in zwei endlos blaue Augen.

„Ich habe dich auch vermisst“, seufzte sie. Sie ließ ihre Hände über seinen muskulösen Rücken gleiten. Betastete seine Schulterblätter und seinen Hals.

„Freut mich zu hören“, er senkte den Kopf sah nah zu ihr, sodass er ganz nah an ihrem Ohr war, „aber ich hatte auch überhaupt nichts anderes erwartet.“ Er biss kurz in ihr Ohrläppchen, bevor er den Kopf wieder hob.

Sie fuhr mit ihren Händen seine Schultern entlang, bis hin zu seinen Wangenknochen. Sie zog ihn langsam an sich heran und gab ihm einen sanften Kuss. Als sie wieder von ihm abließ, wollte er Ricci wieder Küssen, doch sie drückte ihn weg.

„Und du bist genauso arrogant, wie ich es erwartet habe.“ Ein flüchtiges Grinsen, bevor sie zuließ, dass er sie küsste.

„Aber genau das erwartest du doch von mir.“ Er hatte seine Hand immer noch auf der Innenseite ihrer Schenkel und kostete es aus, dass sie, jedes Mal wenn er die Hand etwas bewegte, ein genüssliches Stöhnen von sich gab. „Gefällt dir das?“ Er streifte ihre intimste Stelle und sie bäumte sich ihm entgegen. „Ich nehme das mal als „Ja“.“ Er lachte kurz und ließ dabei seinen Atem über ihre Kehle streicheln.

Caligola liebkoste ihren Hals mit seiner Zungenspitze und Ricci presste ihn näher an sich, wobei seine Fänge ihre Halsschlagader streiften. Sie keuchte und bäumte sich abermals auf. „Mehr!“

Sie spürte seinen Atem auf ihrem Hals, als er anfing zu lachen. „Jetzt auf einmal?“ Er fing an ihren Hals mit Küssen zu liebkosen und wanderte immer höher. „Dann will ich dich mal nicht enttäuschen.“ Er drückte ihre Schenkel auseinander und legte sich dazwischen.

Sie schlang die Beine um seine Hüften und drückte ihn an sich. Ricci dauerte das alles zu lang, sie zog sein Gesicht nahe zu ihrem und küsste ihn leidenschaftlich.

Er neckte sie mit der Zungenspitze und massierte gleichzeitig mit den Händen ihre Brüste.

Ricci spürte sein hartes Glied zwischen ihren Beinen und drängte sich näher an ihn.

Caligola drückte ihr Gesicht weg und Ricci bot ihm ihre ungeschützte Kehle dar. Doch anstatt sie zu beißen, malte er mit dem Daumen kleine Kreise auf die Unterseite ihres Kinns. „Deine Haut ist so warm und weich“, flüsterte er sanft.

Ricci kicherte. Sie kam sich vor wie eine verliebte dreizehnjährige. Wobei, so weit hergeholt war das gar nicht, immerhin war sie erst achtzehn.

„Du bist wohl kitzelig!“ Caligola legte sich auf Ricci, als sie versuchte ihn auf den Rücken zu legen. „Na na na. Wirst du wohl aufhören“, neckte er sie.

Ricci drückte den Rücken durch, als er langsam in sie eindrang. Sie stöhnte auf und versuchte sich näher an ihn zu pressen, aber er drückte sie nieder und zog sich aus ihr zurück. Ricci gab einen entrüsteten Laut von sich.

Caligola ließ sie los und Ricci nutzte diese Chance, um ihn umzudrehen und sich rittlings auf ihn zu setzten. Sie beugte sich langsam zu seinem Gesicht hinunter und gab ihm einen sanften Kuss. „Und du dir sollen alle Frauen zu Füßen liegen? Wer sitzt jetzt auf wem?“ Ricci kicherte und stützte sich mit ihren Handflächen auf seiner Brust ab. „Jetzt wundert mich gar nichts mehr.“ Siegessicher wollte sie sich gerade aufsetzten, da drehte Caligola mit einem Ruck den Spieß um und sie lag wieder unten.

„Ja, genau. Vergiss nicht, dass du gegen einen Vampir ankämpfst. In Situationen wie diesen habe ich die Oberhand, also tu uns beiden einen Gefallen und wehre dich nicht.“

„Warum sollte ich mich zur Wehr setzen? Hast du irgendetwas vor?“ Sie sah ihn schief an und zog die Augenbrauen hoch.

Er fing an zu lächeln, wobei Ricci seine Fänge sehen konnte. „Denkst du wirklich, ich würde dir jemals wehtun?“ Er nahm ihr Kinn in die Hand und sah ihr in die Augen.

Ricci schaute sah ihm in die Augen und direkt in seine Seele. „Nein. Das würdest du nicht. Nicht du.“

Behutsam legte er seine Lippen auf ihre und küsste sei sanft. Er strich ihr mit einer Hand durchs Haar, während er die andere langsam unter sie schob und ihren Rücken entlangfuhr.

Wiederum streckte sie ihm die Kehle entgegen und wollte, dass er von ihr trank. Sie spürte wie seine Fänge über ihre Kehle rieben. Immer und immer wieder, aber trotz ihrer Schärfe verletzte er Ricci nicht. Caligola spürte, wie Ricci immer unruhiger wurde und auf den erlösenden Biss wartete. Er spannte sie solange auf die Folter, bis sie anfing sich unter ihm zu winden.

Ihr Körper rieb an seinem und erregte ihn immer mehr und dann biss er zu. Ricci stieß ein kurzes Wimmern aus, was Caligola zusammenzucken ließ. Als er den Kopf jedoch wieder heben wollte, packte sie ihn im Genick und drückte ihn an ihren Hals. Langsam und genüsslich trank er ihr Blut und achtete dabei nicht zu viel von ihr zu nehmen. Allerdings erregte ihn das nur noch mehr und seine Kontrolle ließ gefährlich nach.

Ricci schlang die Beine fester um ihn und drückte das Becken nach oben. Alles in ihr schrie nach ihm. Sie wollte ihn in sich spüren und dass sie dabei von seinem Biss erregt wurde half herzlich wenig. Da er zu stark für sie war musste sie sich anderweitig helfen. Sie biss ihm in die Schulter und klammerte sich an seinen Schulterblättern fest. Sein Blut war berauschend.

Caligola ließ von ihr ab und zog sie von seinem Hals weg. „Du bist ganz schön gierig. Ein richtiger Schluckspecht.“

„Dafür kann ich aber nichts, du schmeckst so herrlich.“ Immer noch berauscht vom Blut des jeweils anderen fingen sie an sich so leidenschaftlich wie noch nie zu küssen. Wie wild wälzten sie sich im Bett und tasteten sich überall ab.

Erneut versuchte Ricci ihn an sich zu pressen, doch diesmal gab er nach und drang ihn sie ein.

Sie stöhnte auf und rammte ihm dabei die Nägel in den Rücken. Er zog sich wieder aus ihr zurück, nur um danach wieder in sie einzudringen. Immer wieder drang er in sie ein und brachte Ricci damit an den Rand des Wahnsinns und zum Höhepunkt. Als sie laut aufstöhnte, breitete sich auf seinem Gesicht triumphierendes Lächeln aus.

Nachdem auch er wenig später zum Höhepunkt gekommen war, rutschte er von ihr herunter und zog sie an seine Brust. „Du bist das Beste, was mir je passiert ist“, flüsterte er ihr ins Ohr.

Mit einem Lächeln kuschelte sie sich an ihn und zog seinen Arm um ihre Taille. Sie seufzte kurz und dachte Caligola habe sie nicht bemerkt. Doch man sollte die Ohren eines Vampirs nicht unterschätzen

Da sie mit dem Rücken zu ihm lag, drehte er sie um und schaute ihr in die Augen. „Was ist los? Habe ich dir wehgetan?“

„Nein, nein. Es ist nur…“, sie nahm sein Gesicht in die Hände und gab ihm einen Kuss, „… jetzt ist alles perfekt!“ Sie drehte sich wieder um und schloss die Augen.

„Ricci?“

„Hm?“ Als sie keine Antwort bekam, öffnete Ricci die Augen und bemerkte, dass sei ganz verschwitzt war und nicht nur das, denn sie schwamm nämlich immer noch auf dem See in der Quelle, während ihre Klamotten am Ufer lagen.

„Gregor komm nicht herein!“ Doch es war bereits zu spät. Gregory hatte die Höhle betreten und sie sofort entdeckt. Blitzschnell drehte er sich um und hielt die Hand vor seine Augen. „Tut mir leid, aber ich habe dich gesucht. Ich werde dir doch etwas beibringen. Während du dich anziehst, werde ich in der Küche warten.“ Er verließ fluchtartig den Raum und ließ Ricci wieder allein.

 

- - - - - -

 

Caligola machte die Augen auf und grub sich erst einmal aus der selbstgebauten Höhle im Schnee. Das war gar nicht so einfach. Wäre er immer noch ein Mensch gewesen, dann wäre er jetzt ganz sicher tot, denn die Schneemassen drückten ihn geradezu nieder.

Mit aller Kraft drückte er den Schnee auf die Seite und streckte den Kopf durch das Loch. Draußen schien, anders als erwartete, die Sonne.

Hatte Gregory nicht gesagt, es würde mindestens eine Woche dauern, bis der Schneesturm sich legt? Dieser Zauberer. Caligola schüttelte den Kopf und stieg aus der Grube.

Er hatte die ganze Zeit über nur an Ricci denken können. Hin und hergerissen zwischen seinem Drang, die Wertiere von Kantaia zu erledigen oder wieder zu Ricci zurück zu kehren. Denn beides konnte er unmöglich haben. Entweder er würde die Wertiere töten und Ricci verlieren, oder er würde zu Ricci zurückkehren und niemals wieder ein Wertier töten.

Was sollte er bloß machen? Über tausend Jahre, davon fünfhundert an die er sich immer noch nicht erinnert, hatte er nichts anderes getan als getötet. Jedes Wertier, das seinen Weg kreuzte wurde erlegt und ausgerechnet in eines dieser Tiere hatte er sich nun verliebt. Ricci war komplett anders, als die Wertiere, die ihm sonst über den Weg liefen. So verletzlich und trotzdem stark. Es war zum verrückt werden mit ihr. Immer wieder widersetzte sie sich ihm, aber genau das brauchte er, denn niemand widersetzte sich ihm und sie hatte nicht einmal Angst vor ihm. Und so süß.

Wie gern würde er sich an die erste Begegnung erinnern. Wie sie wohl damals aussah? Da fiel ihm ein, dass er nichts über sie wusste. Nichts außer ihren Vornamen und ihr Alter.

Diese dumme Kuh, von Eleonora hatte alles kaputt gemacht. Wie konnte er sich nur auf sie einlassen? Er wusste nicht einmal, was er getan hatte. Sie hatte es verdient zu sterben. Aber er würde niemals Riccis Gesicht vergessen. Sie hatte in diesem Moment Angst gehabt, das wusste er. Angst vor ihm. Dabei würde er, nein er könnte ihr niemals irgendwelchen Schaden zufügen.

Plötzlich wusste Caligola was er zu tun hatte. Er drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück zu Gregory.

 

- - - - - -

 

Johnny und Adrian hatten das Feuer inzwischen angezündet und die Fische, die sie gefangen hatten, gesäubert und gebraten. Sie rochen herrlich.

„Schade, dass du nichts mehr isst, Laroux. Die Forelle schmeckt vorzüglich“, schwärmte Johnny.

Laroux hatte den nächtlichen Unterschlupf auch fertiggestellt und drehte sich zu den beiden um. „Theoretisch könnte ich sogar etwas essen, aber meinen Hunger würde das nicht stillen. Apropos Hunger, ich könnte gleich drei verdrücken.“

Adrian sah ihn leicht verwirrt an. „Was? Drei Menschen? Wo willst du die denn herkriegen?“

Laroux verdrehte die Augen. „Natürlich nicht Menschen. Ich rede von Rehen.“ Er ließ sich neben Adrian auf den Baumstamm fallen, die sie rund um das Feuer, als Sitzplatz gelegt hatten, und rieb sich den Bauch. „Wenn ich nicht bald etwas esse, krepier ich noch!“

„Komm ja nicht auf dumme Gedanken!“, ermahnte ihn Johnny. „Wir sind garantiert nicht dein Abendessen!“

Laroux warf Johnny einen bösen Blick zu. „Wie kannst du so etwas von mir denken? Ich meine, klar, zu Anfang hätte ich es wirklich gemacht, aber jetzt würde ich nicht einmal in die Versuchung kommen es zu probieren. Ihr sein Riccis Freunde und die einzigen, die sich gegen Nikolas wenden.“

Johnny ließ sich seine Worte durch den Kopf gehen. „Woher wissen wir, dass du und Caligola, oder wie auch immer, nicht unter einer Decke steckt? Ihr könntet das alles geplant haben!“

„Ja klar. Gib dem Vampir die Schuld für das Schlamassel. Ist schließlich die einfachste Lösung!“ Laroux verdrehte beleidigt die Augen.

Adrian, der die beiden die ganze Zeit über im Auge behalten hatte und nebenbei die Forelle gegessen hatte, konnte sich das Lachen nicht mehr verkneifen. Er schluckte den Rest des Essens hinunter. „Ihr zwei seid das perfekte Beispiel dafür, dass die Freundschaft zwischen Vampir und Werwolf eigentlich gar nicht funktionieren kann.“ Adrian wischte sich die Essensreste aus den Mundwinkeln und machte ein nachdenkliches Gesicht. „Ich frage mich wie es Ricci geht. Ob sie es schon geschafft haben? Und vor allen Dingen: Ob sie noch lebt?“

Johnny und Laroux hörten auf sich zu zanken und sahen Adrian bedrückt an. Sie stellten sich alle die gleiche Fragen: Wird Ricci jemals wieder zurückkehren? Keiner wusste es.

 

- - - - - -

 

Garoux schlich durchs Unterholz und beobachtete drei Gestalten, die um ein Feuer saßen. Er hatte sie Belauscht, ohne dass sei auch nur etwas mitbekamen.

All das hatte er sich über die Jahrhunderte von Caligola abgeschaut. Nachdem er sein Gedächtnis verloren hatte, musste er ihm all das, Gott sei Dank, nicht noch einmal beibringen. Garoux hatte zwar keine Ahnung warum Caligola das danach immer noch konnte, aber es machte die Sache erheblich einfacher.

Caligola hatte sich anfangs zwar immer davor gesträubt, Wertiere umzubringen, aber nachdem Garoux ihn zu denen mitgenommen hatte, die Caligola hassten und umbringen wollten, konnte er ihn wieder davon überzeugen, dass das was er tat richtig war.

Garoux hasste Wertiere abgrundtief. Für ihn waren sie nur eine Plage, die es zu bekämpfen galt und das würde sich auch nie ändern. Wie es dieses Mädchen allerdings geschafft hatte, Caligola den Kopf zu verdrehen, war ihm bis jetzt noch unklar. Aber er würde sie finden und umbringen.

Jetzt musste er allerdings erst Bericht erstatten. Schließlich arbeite er jetzt mit Nikolas zusammen. Auch wenn er Wertiere nicht leiden konnte, war Nikolas der einzige, der es mit Caligola aufnehmen konnte. Und den galt es als erstes auszuschalten. Dieses Mädchen hatte alles, was er über die Jahrhunderte zurechtgerückt hatte zerstört und das nur, weil sie auftauchen musste.

Nicht mehr lange, dann würde er auch dieses Problem beseitigt haben.

Ein siegessicheres Lächeln umspielte seine Lippen und er zog sich leise zurück.

 

- - - - - -

 

Ricci stand jetzt in voller Montur in der Küche. Gregory saß am Küchentisch und hatte ein altes und verstaubtes Buch vor sich liegen.

Er hob den Kopf und sah Ricci an. „Setz dich erst einmal.“ Gregory deutete auf den Stuhl gegenüber von ihm.

Ohne Widerworte befolgte Ricci seine Bitte. Sie setzte sich nieder „Also, was wirst du mir beibringen?“, fragte sie neugierig.

„Die Regeln.“

Riccis Stimmung sank von absoluter Begeisterung auf bittere Enttäuschung. „Warum?“ Sie sah ihn bittend an und hoffte darauf, dass er seine Entscheidung vielleicht doch noch änderte.

„Weil du sonst großen Schaden erleiden und anrichten kannst.“

„Ist dir das passiert?“

Er nickte. „Ich habe mich umgebracht und in einen Vampir verwandelt.“

„Das geht?!“

„Ja und dir sollte so etwas nicht unbedingt passieren.“

„Cool! Ein Werwolf-Vampir! Wie das wohl sein muss?“

„Ricci reiß dich zusammen.“

Sie verdrehte die Augen.

Gregory seufzte und klappte das Buch wieder zu. „Das wird so nichts. Zauberei braucht seine Zeit. Zeit, die du nicht hast.“

„Was soll das heißen?“ Sie folgte seinem Blick und sah aus dem Fenster. Der Schneesturm hatte sich gelegt. Sie konnte wieder nach Hause zurückkehren.

Gregory stand auf und räumte das Buch zurück in das Regal. „Du solltest jetzt gehen.“

Ricci konnte sehen, dass er darüber nicht gerade begeistert war. „Wenn ich alles erledigt habe komm ich ganz sicher wieder hierher und dann bringst du mir alles bei, was du weißt! Ok?“

Gregory zwang sich zu einem Lächeln. „Geht klar.“ Er wusste ganz genau, dass Ricci nicht wieder kommen würde. Sie war schließlich nicht die einzige, die etwas über die Magie lernen wollte.

Ricci stand auf und stellte sich vor ihn. „Du glaubst mir nicht, stimmt´s?“

„Nein.“

Sie legte ihm die Hände auf die Schultern und schaute ihm in seine Augen. „Ich werde wiederkommen. Ich verspreche es. Aber bilde dir bloß nichts darauf ein.“

„Das würde ich niemals tun, schließlich gehörst du Caligola und der würde mich umbringen, wenn ich versuchen würde dich ihm wegzunehmen.“

„Sag das nicht. Ich bin niemandes Eigentum. Und das werde ich dir jetzt auch beweisen, aber wie gesagt: Bilde dir ja nichts darauf ein.“

Er nickte.

Ricci umarmte ihn und gab ihm einen Abschiedskuss auf die Wange. Sie legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Und wehe du bringst mir dann nichts bei! Dann erlebst du dein blaues Wunder!“

Gregory lachte. „Geht klar. Pass auf dich auf.“ Er hielt sie noch einen Moment in den Armen und gerade als er sie losließ, spürte er eine fremde Präsenz. Ehe Gregory sich versah, stand Caligola in der Tür. Und er sah nicht gerade glücklich aus.

Ricci ließ Gregory los und sah Caligola an. Freude stieg in ihr auf. „Caligola? Was machst du hier?“

„Ich wollte nach dir sehen, aber das tut anscheinend schon jemand anderes.“

„Hör zu, ich…“, Gregory verstummte als Caligola anfing zu knurren.

Ricci machte einen Schritt auf Caligola zu. Als er seinen Blick auf sie richtete, bekam sie Angst. Seine Augen leuchteten und seine Fänge waren ausgefahren. Ricci kannte diesen Blick. Er hatte den Gleichen, als er Eleonora umbrachte. Eiskalt und unberechenbar. Sie machte einen Schritt zurück und ließ ihn nicht aus den Augen.

„Wie ich sehe, brauchst du jetzt sowieso keine Hilfe mehr, um nach Hause zu finden.“ Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, verschwand er auch schon wieder.

„Er glaubt ich sei jetzt mit dir zusammen, stimmt´s?“, fragte Ricci, die immer noch auf die Stelle starrte, an der Caligola gerade noch gestanden hatte.

„Ich denke schon“, stimmte Gregory ihr zu. „Du solltest ihm folgen und das Missverständnis auf klären.“

„Mach ich.“

„Pass auf dich auf und jetzt los!“

Ricci befolgte Gregory Rat und rannte so schnell sie konnte nach draußen. Als sie durch die Tür ging musste Ricci die Hand vor die Augen halten, da die Sonne schien und sie die ganz Zeit über in einem dunklen Berg war. Als sich ihre Augen wieder an das Licht gewöhnt hatten, hielt sie nach Caligola Ausschau. Es dauerte eine Weile, bis sie einen Fleck in der Ferne ausmachen konnte.

Sie verwandelte sich in einen Wolf und rannte darauf zu. Noch nie in ihrem Leben war Ricci so schnell gerannt wie jetzt gerade. Der Fleck wurde immer größer und als sie nah genug war, um etwas erkenne zu können, kam die große Enttäuschung. Es war bloß ein Rentier.

Ricci verwandelte sich zurück und sank auf die Knie. Sie stützte den Kopf in die Hände und holte tief Luft. Über lange Strecken in vollem Tempo zu laufen, erschöpfte ziemlich schnell. Sie hob den Kopf und hielt weiter Ausschau nach Caligola. Wo ist er? Ich muss ihn finden und zwar so schnell es geht!

Sie richtete sich auf und klopfte sich den Schnee von der Kleidung ab. Ricci hatte ganz vergessen, dass es hier draußen unter null Grad hatte. Sie verwandelte sich wieder in einen Wolf und suchte weiter nach ihm.

Nach zehn Minuten fand sie seine Fährte und sie führte direkt in Tal. Ricci folgte den Fußspuren und kam immer weiter ins Tal. Sie hatte ihre Nase andauernd am Boden und erschrak, als sie den Kopf hob. Sie stand mitten in einem Wald. Es war nicht ihrer. Verwirrt schaute Ricci sich um, da sie sich nicht mehr auskannte.

Konzentrier dich Ricci! Kopf runter und such weiter!, ermahnte sie sich. Sie suchte weiter und kam an einem Wasserfall zum Stehen. Direkt an einer Klippe. Nein! Bitte nicht! Er wird doch nicht so verrückt gewesen sein und…

„Was machst du hier!“, knurrte eine Stimme hinter ihr.

Ricci drehte sich um und war erleichtert. Caligola stand tropfnass vor ihr, nicht unbedingt glücklich sie zu sehen, aber er griff sie auch nicht an.

Ricci verwandelte sich zurück und machte einen Schritt auf ihn zu. Caligola brachte sich in Angriffshaltung und fuhr die Fänge aus. Ricci wich erschrocken zurück. Leider stand sie immer noch am Rande der Klippe, sodass sie fast hinuntergefallen wäre.

„Caligola hör mir bitte zu! Du hast ein völlig falsches Bild von mir…“

„Das habe ich auch schon bemerkt.“

„Ich habe nicht mit Gregory geschlafen und ich habe ihn auch nie geküsst! Wir sind nur Freunde! Bitte glaub mir!“

Dir vertrauen? Hältst du mich für so dämlich?“ Plötzlich stand er vor Ricci. „Meinst du nicht, ich habe dir schon genug Vertrauen geschenkt?“

„Ach so läuft der Hase! Du vertraust mir voll und ganz, glaubst mir aber trotzdem kein Wort. Wie edel von dir!“

Er beugte sich nach vorne, wobei ihm ein paar blonde Strähnen ins Gesicht fielen. „Jetzt tu doch nicht so unschuldig!“

„Was erwartest du von mir? Ich erzähle hier schließlich die Wahrheit und du glaubst mir kein Wort!“

„Hör zu beenden wir das hier und jetzt. Ich werde das tun was ich am besten kann und du schleichst dich nach Hause. Wir sehen uns nie wieder und der Fall hat sich erledigt.“ Er drehte sich um und ging davon.

Ricci stand wie angewurzelt da und konnte ihm nur nachschauen. Endlich fand sie die Sprache wieder. „Ich kann dich nicht gehen lassen!“

Caligola blieb stehen, drehte sich jedoch nicht um. „Und wieso nicht?“, fragte er genervt.

„Weil…“ Sie machte eine Pause.

Er drehte sich blitzschnell zu Ricci um. „Jetzt spuckst schon aus“, fuhr er sie an.

„Weil ich dich liebe“, sagte sie mit Tränen in den Augen.

Caligolas Gesichtsausdruck wurde weich und in ihm breitete sich Freude aus. „Warum sollte ich dir das glauben?“, harkte er nach.

„Du weißt es. Tief in dir drinnen hast du es schon immer gewusst. Sonst hättest du genug Zeit gehabt mich zu töten.“

Caligola musste sich eingestehen, dass sie Recht hatte. Er wollte gerade zu ihr hingehen, sie küssen, umarmen und nie wieder loslassen, doch da hörte er ein knacken. Ricci hatte es anscheinend auch gehört, denn sie sah besorgt nach unten und dann wieder zu ihm. Plötzlich brach der Boden unter Riccis Füßen weg und sie fiel nach hinten.

Caligola war zu ihr gerannt und griff nach ihrer Hand, um sie nach oben zu ziehen, doch er kam um eine Millisekunde zu spät.

Ricci fiel in die Tiefe und Caligola schrie ihr hinterher. Plötzlich krallte sie sich in die Wand und versuchte sich daran festzuhalten. An einem kleinen Vorsprung konnte sie sich festhalten. Sie rammte ihre Füße in die Felswand, um nicht wieder abzurutschen.

„Halt durch Ricci! Ich hol dich da heil raus.“ Er wollte gerade zu ihr hinabsteigen, da schrie sie ihn an: „Versprich mir, dass du Johnny hilfst!“

„Das kannst du selber machen.“

„Versprich es!“, flehte sie ihn an.

Caligola sah sie traurig an. „Ich verspreche es!“ Er kletterte zu ihr hinunter. Neben ihr war ein größerer Felsvorsprung, auf den Caligola sich stellte und ihr die Hand reichte. „Ricci gib mir deine Hand!“ Er würde sie hier ganz sicher nicht sterben lassen, komme was wolle!

Doch da hatte er die Rechnung ohne Mutter Natur gemacht. Gerade als Ricci ihm die Hand entgegenstreckte, brach der Vorsprung an dem sie sich festgehalten hatte und sie rutschte ab. Er konnte nur noch zusehen wie sie in den Fluss fiel.

Ohne über die Konsequenzen nachzudenken, sprang er ihr hinterher, ins eiskalte Wasser. Ihm machte es klarerweise nichts aus, schließlich war er ein Vampir, aber für Ricci war das Wasser viel zu kalt. Sie würde erfrieren, wenn er sie nicht schleunigst finden würde.

Mit einem lauten Platsch tauchte er in das Wasser ein und versuchte Ricci ausfindig zu machen. Zwischendurch tauchte er auf um an der Oberfläche nach ihr zu suchen. Vergebens. Ricci war nirgends zu sehen. Er folgte dem Verlauf des Flusses, der in einen riesigen See mündete.

Er schwamm mitten hinein und versuchte sie zu finden. Tauchte ab und wieder auf. Er wollte nicht wahrhaben, dass er Ricci verloren hatte. Das konnte nicht wahr sein.

Das Wasser war im See sogar noch kälter, als im Flusslauf. Er musste Ricci schnell finden, sie durfte nicht sterben. Nicht sie. Caligola fing an ihren Namen zu schreien, musste jedoch einsehen, dass sie ihm nicht antworten würde. Doch er gab nicht auf. Er würde Ricci finden und wenn es das letzte war, was er tun würde.

Caligola verbrachte sechs Stunden zu, Ricci in dem riesigen See zu finden. Er musste sich damit abfinden, dass Ricci weg war. Er schwamm zum Ufer und setzte sich hin. Die Hände auf die Knie gestützt, versuchte er sich klar zu machen, dass es hoffnungslos war. Er sollte lieber sein Versprechen halten und Johnny helfen.

Langsam stand er auf und warf einen letzten Blick auf den See. Ich werde mein Versprechen halten, Ricci. Ich werde zurückgehen und Johnny helfen. Ich habe es versprochen. Der kalte Bergwind zerzauste ihm das Haar und trieb ihm die Tränen in die Augen.

Er würde Ricci nie vergessen. Wie sie vor ihm stand. Der Wind fuhr durch ihr rotbraunes Haar und es umspielte ihr Gesicht. Wie sie ihn immer angesehen hatte. So unschuldig und tapfer. Caligola drehte sich um und verschwand im Wald. All das nur wegen Nikolai. Hätte er ihn schon damals umgebracht, als das mit Alira war. Moment mal!

Plötzlich fiel ihm alles wieder ein. Die ganze Wahrheit. Von dem Zeitpunkt an, als er verwandelt wurde, zu Jeans Tod bis hin zu der ersten Begegnung mit Ricci.

Alles war gelogen. Er hatte Jean nicht umgebracht, das war Nikolas! Genau wie seine Eltern! Nikolas war dabei gewesen! Aber, wie war das möglich! Und jetzt hatte er auch noch Ricci verloren und Nikolas war indirekt daran beteiligt gewesen. Er würde ihn zur Rechenschaft ziehen und Ricci in Ehren halten.


Kapitel 14

 

 

Die Fische waren allesamt verschwunden und Johnny konnte keinen mehr fangen. Er musste viele spöttische Bemerkungen von Laroux einstecken, aber das war berechtigt, schließlich hatte Johnny sich ihm gegenüber nicht anders verhalten.

„Ich denke nicht, dass wir heute noch etwas zu essen fangen können. Die Fische sind allesamt weg. Wir werden wohl oder übel, außerhalb des Territoriums jagen müssen.“

„Na endlich! Dann kann ich auch wieder etwas essen!“, jubelte Laroux.

„Aber seid vorsichtig“, ermahnte sie Adrian.

Johnny und Laroux hatten sich schon auf den Weg gemacht und hielten noch einmal an. „Kommst du nicht mit?“, fragte ihn Johnny.

Adrian schüttelte den Kopf. „Tut mir leid, aber ich werde auf unser Lager aufpassen. Vielleicht kommt Ricci ja gerade dann zurück, wenn wir weg sind.“ Adrian warf einen bedrückten Blick in Richtung Himmel. Bitte pass auf dich auf Ricci.

„Geht klar. Wir kümmern uns um die Versorgung. Komm Johnny.“ Laroux deutete Johnny zu kommen.

Johnny zögerte einen Moment, bis er schließlich mit Laroux im Wald verschwand.

Adrian blieb auf dem Baumstamm sitzen und starrte ins Feuer. Ich habe so ein schlechtes Gefühl. Hoffentlich geht es Ricci gut. Man sollte Vampiren nicht sein Leben anvertrauen. Schon gar nicht Ricci. Sie ist so naiv und gutgläubig. Es würde mich nicht wundern, wenn sie sich ihm freiwillig angeboten hat. Dieses Mädchen ist einfach ein Kapitel für sich.

Wahrscheinlich ging es ihr gut und Adrian machte sich nur zu viele sorgen, aber was wenn nicht? Wo war sie gerade? Mit wem war sie unterwegs?

Fragen über Fragen.

 

- - - - - -

 

Johnny und Laroux schlichen durch den Wald. Es war erschreckend, wie wenig Wild im Wald herumlief. Fast so, als wären sie alle geflohen. Vor irgendetwas sehr bösartigem.

„Johnny, nimm es mir nicht böse, aber sollte hier nicht irgendetwas Essbares herumlaufen?“, fragte Laroux hungrig.

Johnny nickte und sah sich um. „Normalerweise wimmelt es hier von Wild, aber heute…Es scheint wie ausgestorben.“

Sie gingen tiefer in den Wald, in der Hoffnung, dass ihnen vielleicht doch noch ein Reh über den Weg lief. Weiteres mussten sie darauf aufpassen, dass sie nicht über die Wurzeln der Bäume zu stolpern.

Da fing Larouxs Bauch an zu knurren. Johnny sah ihn erschrocken an. „Warum knurrt dein Magen, wenn du nur Blut trinkst?“

„Es tut mir leid, wenn ich dich enttäuschen muss, aber das war definitiv nicht mein Magen. Wie du schon gesagt hast, esse ich nichts mehr, weswegen mein Magen gar nicht knurren kann.“

„Woher kam das dann?“

Im gleichen Moment tauchten drei Wölfe aus dem Wald auf, zwei schwarze und ein grauer. Larouxs Augen wurden groß. „Ich hoffe die sind feindlich.“

„Laroux!“, ermahnte ihn Johnny.

„Was? Wenn sie feindlich sind, habe ich endlich etwas zu essen! Es sei denn, du gibst mir etwas von deinem Blut, was ich aber schwer bezweifle.“

Wo er Recht hat, hat er Recht. Dennoch trat Johnny vor und stellte sich vor die Wölfe. „Wir wollen nichts Böses.“

Einer der schwarzen Wölfe fing an zu knurren und brachte sich in Angriffsposition. Von dir und Adrian, geht keine Gefahr aus, das wissen wir. Aber dieser Vampir da, er nickte in Richtung Laroux, dessen Augen zu leuchten angefangen hatten, sieht nicht so aus, als ob er uns gegenüber freundlich gesinnt wäre.

Ich kann euch versichern, dass von ihm keine Gefahr ausgeht.

Jetzt vielleicht noch. Aber wenn er erst einmal richtig großen Hunger bekommt, werdet ihr die ersten sein die sterben und so weit werden wir es nicht kommen lassen. Wenn ihr auf eurem Territorium wärt, dann könntet ihr machen was ihr wollt, aber da das Land nicht mehr dir gehört, sondern Nikolas, ist es unser Problem. Er drehte sich zu den beiden Wölfen um und deutete ihnen Laroux anzugreifen.

Laroux bleckte die Fänge und fauchte sie an. „Ich habe zwar keine Ahnung was ihr da geredet habt, aber, da es etwas mit mir zu tun hat und ich mir schon sehr gut denken kann, was ihr meint, werde ich nicht kampflos aufgeben! Also, wer will mein Abendessen werden?“

„Wartet! Können wir das nicht auf eine friedliche Art klären?“

Wenn du ihn dazu bringst, sich zu ergeben und uns freiwillig zu folgen, dann schon.

„Und?“, fragte Laroux.

„Schaffen wir die?“

Er zählte nach und ah sich nach weiteren Gegnern um, aber es waren nur drei Wölfe. „Ja, ich denke die schaffen wir.“ Wie auf ein geheimes Signal griffen sie die Werwölfe an.

Aber auch die Wölfe waren nicht von gestern, denn sie wichen blitzschnell aus. Nikolas hatte sie anscheinend trainiert.

Während sich Johnny auf den Anführer konzentrierte, griffen die beiden anderen Laroux an. Einer sprang ihm von vorne an die Kehle und der andere biss ihn ins Bein. Laroux konnte den schwarzen Wolf abwehren und ihn gegen einen Baum werfen, sodass er bewusstlos zu Boden fiel. Mit dem grauen Wolf machte er genau dasselbe, nur dass dieser nicht Bewusstlos zu Boden fiel, sondern aufsprang und davonrannte.

Johnny hatte den zweiten schwarzen Wolf erledigt und stand gerade auf, als er sah wie Laroux dem grauen Wolf hinterherhechtete und mit ihm im Wald verschwand. Johnny verwandelte sich ebenfalls in einen Wolf und folgte ihm.

Nicht weit weg blieb der Wolf auf einer kleinen Lichtung stehen und knurrte Laroux, der ebenfalls stehen geblieben war, an.

Johnny kam gerade an der Lichtung an und konnte nur noch sehen, wie sich sieben Wölfe auf Laroux stürzten und ihn zu Boden rangen. Er rannte sofort zu ihm, wollte ihm helfen, doch da tauchten weitere Wölfe auf und fielen Johnny an.

Laroux versuchte immer noch krampfhaft sich zu befreien und schaffte es sogar vier von ihnen zu erledigen, aber einer der Wölfe hatte sich in seiner Wade festgebissen und die anderen zwei in seinen Armen. Sie zerrten an seinen Gliedmaßen und ließen ihn nicht los.

Johnny versuchte die anderen Wölfe zurückzustoßen, aber alle vier auf einmal waren selbst für ihn zu stark, vor allen Dingen waren sie sehr gut ausgebildet. Sozusagen die Elite des Rudels. Es war aber auch gar nicht so unvorhersehbar, schließlich wusste Nikolas, dass Laroux sehr alt war und dementsprechend stark.

Während Johnny von den Wölfen festgehalten wurde, versuchte Laroux die Wölfe, die ihn festhielten, loszuwerden. Vergeblich. Diese Werwölfe waren unnatürlich stark. Normalerweise war es egal wie gut sie ausgebildet waren, Werwölfe konnten gar nicht von allein so stark werden. Außer sie hatten zusätzlich zum Werwolfsblut noch Vampirblut im Körper.

Als einer der Werwölfe Laroux den tödlichen Biss verpassen wollte, wurde der Wolf durch die Luft geschleudert. Laroux nutzte die kurze Verwirrtheit der Wölfe aus und brach ihnen das Genick in dem er sie zu Boden schleuderte. Ohne nach dem unbekannten Helfer Ausschau zu halten, stürmte er zu Johnny, um ihm zu helfen. Doch noch bevor er bei ihm ankam, wurden die Wölfe erledigt.

Ein einziger blieb übrig und floh nach einer kurzen Schockstarre. Der Helfer war nicht da, dabei hätten Laroux und Johnny ihm gerne gedankt.

Johnny schaute Laroux entsetzt an. „Laroux…“

Entsetzt blickte Laroux in Johnnys Augen und folgte dann seinem Blick, der starr auf die Wunden an seinen Armen und Beinen. „Shit. Das ist ziemlich blöd.“

„Ist das, das einzige, was du sagen kannst? Laroux du wirst sterben, wenn du nicht Blut von einem Werwolf bekommst, der es dir freiwillig gibt!“ Johnny krempelte den Ärmel auf und hielt ihm seinen Arm hin. „Los! Trink!“, forderte er ihn auf.

„Ist das dein Ernst? Du willst einem ausgehungerten Vampir freiwillig dein Blut geben? Noch dazu, dass du Vampire nicht einmal leiden kannst!“

„Aber ich brauche dich! Und das wenn es geht lebend!“, erwiderte Johnny.

Plötzlich verdrehte Laroux die Augen und sackte zusammen. Johnny wollte ihn gerade auffangen, doch da kam ihm jemand zuvor.

„Caligola…“

„Keine Zeit für Erklärungen, gib ihm dein Blut!“

Johnny streckte den Arm aus und presste ihn an Larouxs Fänge.

„Komm schon! Jetzt trink endlich!“, forderte Caligola ihn auf. Als Laroux trotzdem nicht trank, verpasste er ihm einen Schlag auf den Hinterkopf, der so stark war, dass er damit Larouxs Fänge in Johnnys Schlagader trieb. Dieser Stöhnte auf.

Verständlich, da Larouxs Fänge nun bis zum Anschlag in seinem Arm steckten. Doch er nahm es in Kauf und war regelrecht erleichtert, als Laroux endlich trank. „Wo ist Ricci?“, fragte Johnny Caligola, dessen Blick starr auf Laroux gerichtet war. Als Caligola ihm keine Antwort gab, hatte er eine schleckte Vorahnung. „Wo ist Ricci!“, schrie er ihn an.

„Sie…“, mehr brauchte er nicht sagen, da sein Gesichtsausdruck und die Tränen in seinen Augen schon alles verrieten.

Johnny liegen ebenfalls Tränen die Wange hinunter, doch er biss sich auf die Unterlippe und schaute Laroux schweigend zu.

 

- - - - - -

 

Gregory saß in seinem Arbeitszimmer. An den Wänden standen die Regale mit allem was er als Magier so brauchte. Jegliche Pflanzen, die in der Umgebung wuchsen und andere Dinge, die eine heilende, verwandelnde oder zerstörerische Wirkung hatte.

„Du hattest Glück, normalerweise hätte das einen Menschen umgebracht.“

Klarerweise gab ihm sein Patient keine Antwort, schließlich war das ohne Bewusstsein auch nicht möglich. Und bei der Beule am Hinterkopf war das auch kein Wunder. Wahrscheinlich die Ursache eines Kampfes, der mit dem Flug gegen einen Baum geendet hatte.

Er wechselte den Verband am Kopf und warf den alten wieder ins eiskalte Wasser. „Was hast du dir da eigentlich eingebrockt?“

Er strich die ins Gesicht gefallenen Strähnen beiseite, hob die Augenlieder und prüfte die Reflexe der Augen. Genauso wie die anderen. Es schien alles zu passe.

Gregory drehte sich zu der Frau hinter ihm um und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Wie es aussieht könnte es noch etwas dauern, bis das Bewusstsein wieder zurückkommt. Ricarda, ich möchte dir für die Rettung danken. Nicht jeder hätte mir, nach alldem was ich getan habe, einen so großen Gefallen getan.“

Sie ging auf ihn zu und blieb einen Zentimeter vor ihm stehen. „Nach alldem, was Caligola mir angetan hat, werde ich alles daran setzten ich auszuschalten.“

„Warum erzählst du mir das? Du solltest doch wissen, dass ich das auf jeden Fall zu verhindern wüsste und dir deinen Traum vereiteln würde.“

Sie zuckt mit den Schultern. „Vielleicht. Aber wenn ich mich da nicht irre, hast du einen noch größeren Grund ihn umzubringen. Schließlich hat er dich bestohlen. Oder hast du dein Elixier schon vergessen?“

„Du solltest jetzt gehen. Such dein Rudel und verschwinde mit ihnen. Oder soll ich mich darum kümmern?“ Er lächelte sie hämisch an und zeigte dabei seine Fänge.

Ricarda wich zurück, warf einen letzten Blick auf die bewusstlose Person auf Gregorys Tisch, die sie ihm zum verarzten gebracht hatte und schaute wieder in Gregorys Augen. „Und warum nennst du mich jetzt nicht mehr Ricci? So wie du es sonst getan hast?“ Beleidigt verwandelte sie sich in einen silbernen Wolf und funkelte ihn mit glänzend silbernen Augen an, bevor sie verschwand.

Gregory schüttelte den Kopf und wandte sich wieder seinem Patienten zu. „Gott sei Dank musst du das nicht mitbekommen.“

Er ging zu seinem Pult, auf dem ein dickes, in Leder eingebundenes Buch lag, schlug es auf und suchte sich einen Zauberspruch heraus. „Ah! Da ist er ja.“ Der Spruch stand auf einer Sprache geschrieben, die seit mehr als zweitausend Jahren niemand mehr gesprochen hatte. Sie gilt als ausgestorben und vergessen. Nur wenige Seelen konnten sie noch. Die Sprache der Übernatürlichen. Sie wurde nicht mehr benutzt weil irgendjemand herausgefunden hatte, dass sie nur von übernatürlichen Wesen gesprochen wurde und sie verrieten sich durch das benutzen eben dieser Sprache.

Gregory atmete einmal tief ein. „Aventura di casilius me di prokta.“ Dieser Spruch bedeutete so viel wie: Heile was zerstört wurde. Die Risse, Beulen und blauen Flecken verheilten vollständig ohne auch nur die kleinste Narbe zu hinterlassen.

Er fuhr über die verheilten Wunden, nur um sicher zu gehen, dass der Spruch auch funktioniert hatte. „Gut, dann wäre das ja erledigt.“ Er drehte sich um und wollte gerade gehen, da wurde seine Hand ergriffen. Gregory drehte sich wieder zu seinem Patienten um. „Du solltest liegen bleiben. Dein Körper ist immer noch geschwächt. Ruh dich erst einmal aus, wir werden dann morgen reden.“

Der Patient sah ihm in die Augen, bevor er seine Schloss und einschlief.

Morgen würde er dieser Person die Kunst der Zauberei lernen. Als Ricci ihn gefragt hatte, ob er es ihr beibringen würde und er einfach verschwand, wurde er vom Rat gerufen. Sie baten ihn, den anderen etwas beizubringen. Als er fragte wer die anderen seine, meinten sie nur: „Alle die die Kunst der Magie erlernen wollen und dafür qualifiziert sind.“ Das war auch der Grund, warum er Ricci dann doch unterrichten wollte, leider spielte das Wetter damals nicht mit.

Aber ihr würde er alles beibringen. Nachdem Ricarda sie gerettet und zu ihm gebracht hatte, standen ihre Überlebenschancen gleich Null. Dass sie sich aber noch einmal erholen würde, damit hatte er nicht gerechnet.

Aber so war es nun einmal. Dieser Person würde er alles beibringen, was er wusste, das stand fest.

 

- - - - - -

 

„Wo bleiben denn die so lange? Hoffentlich ist ihnen nichts zugestoßen.“ Adrian ging unruhig auf und ab, in der Hoffnung, dass Johnny und Laroux jeden Moment aus dem Schatten der Bäume auftauchen würden. Als er einen Ast hinter sich brechen hörte, drehte er sich blitzschnell um und war erleichtert. „Na endlich! Wisst ihr was ich mir für Sorgen gemacht habe! Ich dachte schon Nikolas hätte euch angegriffen!“

Johnny trat vor und versuchte seinen Arm vor ihm zu verstecken, denn auch wenn das Vampirblut die äußerlichen Wunden geheilt hatte, die Schwellung blieb trotzdem. Wahrscheinlich wäre die auch nicht gewesen, wenn Larouxs Fänge nicht bis zum Anschlag in seinen Arm hineingejagt worden wären.

Adrian lief zu Johnny und Laroux, der immer noch etwas schwankte. „Was ist passiert?!“ Er schaute auf Johnnys Arm und dann zu Laroux. Adrian packte Laroux am Hals und hob ihn hoch. Normalerweise hätte er das nicht geschafft, aber da Laroux immer noch geschwächt war, stellten sein Alter und seine Kraft kein Hindernis dar. „Warum hast du ihn gebissen! SAG ES MIR!“

„Weil er sonst gestorben wäre“, sagte eine Stimme hinter Adrian.

Adrian ließ Laroux los und drehte sich um. „Caligola!? Ich weiß nicht was ich sagen soll. Vielleicht, dass es mich wundert, dass du hier bist, oder dass ich nur zu gerne wüsste wo Ricci steckt.“ Er machte einen Schritt auf Caligola zu und knurrte ihn an. „Wahrscheinlich eher das Zweite. Also: Wo ist sie!“

Anstatt zu antworten schwieg Caligola und ging zu Laroux. „Erst einmal müssen wir uns um die beiden kümmern. Laroux wurde von mehreren Werwölfen gebissen und Johnny hat ihm das Leben gerettet, indem er ihm sein Blut gegeben hat.“

„Wo ist Ricci?“, fragte Adrian ruhig.

„Hilf mir die beiden zu euren Schlafplätzen zu bringen.“

„Du weichst meiner Frage aus.“

Caligola legte Larouxs Arm um seine Schulter und stützte ihn, bis sie zum Lager kamen. Dort angekommen setzte er ihn ab und ging wieder zu Johnny. Da wurde er von Adrian an der Schulter gepackt.

„WO. IST. RICCI! Verdammt noch mal! Was hast du mit ihr gemacht?!“, schrie Adrian ihn an.

Caligola drehte langsam den Kopf nach hinten und blickte traurig in Adrians Gesicht. „Ich habe ihr gar nichts getan. Ganz im Gegenteil, ich habe versucht sie zu retten. Leider war ich zu langsam.“ Caligola schob Adrians Hand beiseite und brachte Johnny zu Laroux.

„Soll das heißen“, er schluckte, „sie ist…“ Er konnte es nicht aussprechen. Der Schmerz war zu tief.

„tot.“, beendete Caligola seinen Satz. „Sie stürzte von einer Klippe in den Gletschereissee. Kein Lebewesen, außer einem Vampir, kann das Überleben. Ich selbst habe sechs Stunden lang versucht sie zu finden. Ohne Erfolg.“ Er senkte den Kopf. „Es tut mir leid.“

Adrian rann eine Träne die Wange hinunter bis zu seinem Kinn. „Hat sie dir auch noch etwas gesagt?“

„Sie wollte, dass ich ihr verspreche, Johnny zu helfen, das Rudel zurückzubekommen. Und genau das werde ich auch tun.“

„Verstehe.“ Adrian konnte und wollte nicht wahrhaben, dass Ricci gestorben sein sollte. Schließlich hatte er sie all die Jahre trainiert, die er beim Rudel war. Er hatte ihr und Johnny dabei zugesehen, wie sie aufwuchsen. Und nun war sie tot. Adrian wischte sich eine Träne aus dem Auge und sah zu Johnny und Laroux. „Wenn sie wieder fit sind, werden wir uns einen Plan zurechtlegen müssen, wie wir Nikolas aufhalten wollen und das dürfte nicht so leicht werden.“

„Da stimme ich dir zu. Aber sicher ist auch, dass wir es alleine nicht schaffen werden, sie sind schließlich viel zu viele. Auch wenn wir viel Erfahrung und Kraft haben, sie sind in der Überzahl und wenn es ginge, möchte ich es vermeiden zu viele von ihnen umzubringen.“ Caligola setzte sich ans Feuer und Adrian nahm neben ihm am Baumstamm Platz.

„Woher dieser Sinneswandel?“, harkte Adrian nach.

„Mir hat jemand beigebracht, dass es keine Lösung darstellt, jemanden umzubringen, der eigentlich gar nichts für die Situation kann. Außerdem werden manche einfach falsch beurteilt. Sicher, bei Nikolas hätte ich kein Problem ihn einfach so zur Strecke zu bringen, aber der Rest des Rudels, Riccis Rudel, kann nicht wirklich etwas dafür, denn wenn sie sich Nikolas widersetzen, werden sie sterben.“ Caligola musste bei dem Gedanken an Ricci lächeln.

Adrian bemerkte das und gab ihm einen Klaps auf die Schulter. „Sie wäre eine großartige und gerechte Rudelführerin geworden.“ Er warf einen Blick über die Schulter zu Johnny. „Aber nun ruhen alle Hoffnungen auf Johnny. Er wird es sicher schaffen, aber ganz ohne Ricci wird auch er nicht leben können. Ich mache mir große Sorgen um ihn, schließlich war Ricci sein ganzes Leben bei ihm und half ihn schon aus so manch einer schlimmen Situation. Wie er es ohne sie schaffen soll ist mir ein Rätsel.“

Caligola saß gebückt und hatte die Hände auf dem Schoß zusammengefaltet. „Du bist da. Du wirst im schon helfen können und allein seid ihr nun auch wieder nicht. Wenn es hart auf hart kommt, werden Laroux und ich euch immer helfen. Das habe ich Ricci versprochen.“

Adrian musste lachen. „Also hat Ricci das unmögliche geschafft. Sie hatte schon immer so eine Gabe.“

„Wie darf ich das verstehen?“

„Sie hat es geschafft, den gefährlichsten Typen den Kopf zu verdrehen und ihn schlussendlich dazu gebracht, denen, die er am meisten hasst, zu vertrauen und zu helfen.“ Er drehte sich zu Caligola und schaute ihm in die Augen. „Nun, wenn ich ehrlich sein soll: Hätte man mir vor einem Jahr gesagt, dass ich mit dir hier sitzen und ein ruhiges Gespräch führen würde, ich hätte den Typen ins Gesicht geschlagen und ausgelacht.“

„Verständlich. Ich hätte wahrscheinlich dasselbe getan.“ Sie sahen sich an und fingen lauthals an zu lachen.

„Aber ganz ehrlich, Caligola, ich weiß nicht wer von euch beiden wem den Kopf verdreht hat.“

„Ich auch nicht. Ich weiß nur, dass ich sie gerne länger gekannt hätte.“

„Wenn das so ist, kannst du gerne mich fragen. Ich habe so ziemlich alles in ihrem Leben mitgekriegt.“

„Danke, aber erst einmal sollten wir uns um Nikolas kümmern. Er wird nichts unversucht lassen, um uns zur Strecke zu bringen.“

 

- - - - - -

 

„Gregory?“

Gregory kam ins Zimmer und ging zu der im Bett liegenden Frau. Er blieb direkt davor stehen. „Was gibt´s?“

„Kann ich dich etwas fragen?“

„Nur zu, schieß los.“

„Wie bin ich eigentlich hier her gekommen?“ Sie griff sich an den Kopf. „Und warum tut mein Kopf so weh?“

Er setzte sich zu ihr ans Bett. „Nun, ganz so einfach ist das nicht. Eine meiner Bekannten hat dich gefunden und zu mir gebracht. Die Umstände wie und warum du Ohnmächtig wurdest, sind mir selbst unklar.“

„Was genau hatte ich eigentlich? Ich meine, so ganz unverletzt kann ich nicht gewesen sein, aber wo sind meine ganzen Wunden?“, fragte sie verwirrt.

„Ich habe ein bisschen geschummelt. Du weiß schon, Zauberei und so ein Zeug.“ Er rieb sich am Hinterkopf und lächelte schüchtern.

Sie lächelte und strich sich ihr glänzend dunkelrotes Haar beiseite. „Hast du deine Meinung eigentlich deine Meinung geändert?“

„Ich hatte schon vor dir etwas beizubringen, als du mich gefragt hast, doch da hatte der Rat sich quer gestellt.“

„Und jetzt hat er seine Meinung geändert?“ fragte sie fröhlich.

„Ja.“

„Lass mich raten: Das war, als du einfach so verschwunden bist, nicht?“ Sie lächelte schief.

„Jetzt komm schon, du nimmst mir das doch nicht übel, oder?“ Gregory versuchte so unschuldig wie möglich dreinzuschauen.

Sie drehte eine Strähne zwischen den Fingern und richtete ihre ganze Aufmerksamkeit darauf. Plötzlich erstarrte sie. Sie nahm die Strähne in beide Hände und starrte darauf. „Warum sind meine Haare Dunkelrot?“ Sie sah Gregory entsetzt an.

Der wiederum drehte den Kopf weg, um ihr nicht in die Augen sehen zu müssen. „Das liegt an der Magie. Sie bring deinen wahren Charakter zum Vorschein und das ist bei eben feurig, temperamentvoll und hitzköpfig. Zumindest, wenn es nach der Farbe ginge. Oh! Und eifersüchtig.“

Sie schüttelte enttäuscht den Kopf. „ Aber da ist noch mehr, oder? Los, sag schon!“

„Nun ja…es wird sich mit der Zeit vielleicht weiß färben“, obwohl Gregory sehr leise sprach konnte sie ihn verstehen.

„Das ist jetzt nicht dein Ernst!“

„Bevor du dich aufregst, muss ich dir noch etwas sagen: Du musst deinen Namen ändern“, als sie protestieren die Arme in die Luft, verbat er ihr den Mund, „Es ist zu deiner eigenen Sicherheit. Zurzeit kennt jeder im Kreis derjenigen, die dich umbringen wollen, deinen Namen. Ricci, das ist das einzige was dein Leben verlängert.“

„Aber ich will nicht!“, sie sprang auf und baute sich vor Gregory auf. „Jetzt hör mal zu, in letzter Zeit…“

Gregory stand auf und unterbrach sie. Nach ein paar protestantischen versuchen, doch wieder zu Wort zu kommen, konnte Gregory sie soweit beruhigen, dass sie ihn wieder zu Wort kommen ließ. „Es ist wegen Caligola und Nikolas, nicht wahr?“ Das war eher eine Feststellung, als eine Frage.

Ricci senkte den Kopf und nickte. „Das ist alles so verwirrend!“ Sie krallte ihre Fingernägel in ihre Haare. „Und das ist alles hat einen Ursprung: Nikolai!“ Sie kniff die Augen zusammen und hob den Kopf.

Gregory sah den Kampfeswillen in ihren Augen. „Ich nehme an, du wirst dich an ihm rächen?“

„Darauf kannst du einen lassen!“

Er lächelte und fuhr demonstrativ die Fänge aus. „Dann wirst du deinen Namen eben behalten und Nikolai wird vor dir niederknien, wenn er erfährt wie stark du geworden bist.“

Sie legte den Kopf schief. „Jetzt hast du mich neugierig gemacht?“

Gregorys Grinsen wurde breiter. „Ich werde dir die Kunst der Magie beibringen und zwar nicht nur die Grundkenntnisse, sondern alles was ich weiß!“

Sie kniff die Augen zusammen und machte einen Schritt auf ihn zu. „Wie soll ich denn das alles auf einmal lernen?“

„Nun, es gibt da einen Zauberspruch, der mein Wissen mit dir teilt. Eigentlich sind es meine Erinnerungen. Wobei…meine Vergangenheit ignorierst du lieber, die könnte deine Einstellung mir gegenüber ändern.“

Ricci winkte ab. „Keine Panik, ich werde meine Einstellung dir gegenüber nicht ändern. Schließlich warst du derjenige, der mich gerettet hat.“

„Lass das!“, sagte er und wich einen Schritt zurück.

„Was?“, fragte sie verwirrt.

„Dieser Blick! Ich kenne den und mit den Folgen möchte ich nicht unbedingt leben.“

„Der hier?“, sie lächelte verführerisch und machte einen Schritt auf ihn zu.

Er machte einen weiteren Schritt zurück. „Genau den!“

„Verstehe.“ Jetzt weiß ich wie ich jeden Mann dazu bringe, das zu machen, was ich will. Sie grinste fies und wendete sich dann wieder Gregory zu. „Na dann machen wir das mit der Erinnerungsübertragung, ich bin bereit!“

Gregory legte seine Finger an ihre Schläfen. Rementios corentia livertatus. Er öffnete die Augen und beobachtete Riccis Reaktionen. Erst zuckte sie zusammen, dann wurde ihr Gesichtsausduck entsetzt und schlussendlich war in ihrem Gesichtsausdruck keine Emotion mehr zu finden. Gregory fuhr sich nervös mit der Zunge über die Fänge. „Geht es dir gut?“

„Absolut.“ Sie zog das Wort genüsslich in die Länge. Von einem Augenblick auf den anderen verfärbten sich ihre Augen golden. Fasziniert beugte er sich zu ihr hinunter und sah ihr in die Augen.

Ricci reckte das Kinn vor und sah ihn an. „Was ist los?“ In ihrer Stimme lag ein verführerischer Unterton.

„Deine Augen! Sie sind auf einmal goldfarben! Wie ist das m…“ Er wurde von Ricci unterbrochen, die seinen Kopf zu sich hinunterzog und ihn küsste. Er hatte ganz vergessen, dass auch all seine Emotionen auf sie übertragen wurden. Gregory stieß sie von sich weg und hielt sie auf Abstand.

Ricci zog einen Schmollmund. „Ooh, was ist los mit dir?“, sie kicherte, „Ich weiß doch, dass du es auch willst.“

„Das geht nicht! Ich kann nicht…“

„Jetzt komm schon! Bloß weil du Caligolas Erschaffer bist, musst du dich doch nicht schuldig fühlen!“ Sie sah ihm verführerisch in die Augen.

„NEIN! Jetzt pass mal auf…“

Fontus dei!“ Ricci tippte ihm auf die Lippen und Gregory konnte nicht mehr sprechen und bewegen schon gar nicht. Ricci konnte ihn wie eine Puppe behandeln. Er musste sich nun ihrem Willen beugen.

Sie stieß ihn zurück, wobei er auf das Bett fiel. Ricci setzte sich rittlings auf ihn und stützte die Hände links und rechts von seinen Schultern ab. „Damit hast du nicht gerechnet.“ Sie fing an seinen Hals zu liebkosen und legte ihre Handflächen auf seine Brust. Da wurde sie apprupt von ihm geworfen und gegen die Wand gedrückt.

Gregory lag währenddessen immer noch auf dem Bett und hatte die Handfläche auf Ricci gerichtet. „Damit habe ich wirklich nicht gerechnet, aber so unvorsichtig werde ich auch nicht mehr sein. Kronos viktumina!

Riccis Kopf wurde zurückgeschleudert und einen Augenblick danach sank sie kraftlos zu Boden. Ricci griff sich an den Kopf. „Aah, was…“ Da fiel es ihr wieder ein. Entsetzt schlug sie die Hände vor den Mund. „Oh. Mein. Gott! Verdammt Gregory, was hast du mit mir gemacht?!“ Sie schüttelte den Kopf.

„Das waren Nachwirkungen des Zaubers. Normalerweise passiert so etwas nicht, aber du bist anscheinend nicht normal.“

Sie riss die Augen auf und drehte den Kopf langsam zu Gregory. „WIE BITTE!“

Gregory hob schützend die Hände hoch. „Nein nein nein, so habe ich das nicht gemeint!“

Ricci stemmte die Hände in die Hüften. „Dann klär mich mal auf, wie du es meinst!“

„Dass du empfindlicher für Magie bist.“

„Yeah! Das heißt also, dass ich etwas Besonderes bin. Das gefällt mir!“ Sie stand auf und klopfte ihre Hose ab. „Achja, warum muss ich eigentlich immer in meinen Ausgehklamotten schlafen?“

„Erwartest du jetzt gerade wirklich von mir, dass ich dich hätte umziehen sollen?“, er zog die Augenbrauen hoch.

Ricci erstarrte. „NEIN! Ich meine nur, dass…ach vergiss es!“ Sie ging zu ihm hinüber. „Wir sollten uns jetzt lieber Gedanken darüber machen, wie wir Nikolas aus dem Weg räumen.“

„Du willst also wirklich deinen eigenen Vater umbringen?“, er sah sie neugierig an. „Ja!“, antwortete sie. Gregory zuckte mit den Schultern. „Ok, ich bin dabei!“

Ricci drehte sich um und wollte gerade den Raum verlassen, da drehte sie sich noch einmal zu Gregory um. „Aber bevor wir gehen, tu mir einen Gefallen und fahr deine Fänge wieder ein.“

Gregory griff sich automatisch an den Mund und erschrak. „Oh verdammt!“ Er hatte die ganze Zeit über seine Fangzähne ausgefahren.

Ricci amüsierte sein Gesichtsausdruck. Sie fing an zu lachen und verließ den Raum.


Kapitel 15

 

 

Caligola und Adrian saßen am Baumstamm und überlegten sich einen Plan, wie sie Nikolas erlegen konnten. Es stellte sich als ziemlich schwierig heraus, den Plan durchzuführen, ohne jemand anderen umzubringen oder erheblichen Schaden zuzufügen.

Adrian hatte eine Skizze vom Haus und der näheren Umgebung in den Boden gezeichnet. „Hier“, er zeigte mit einem Stock auf den Garten, „befindet sich eine geheime Falltür.“

„Und wie soll uns das helfen? Wir müssten erst einmal in die Nähe des Gartens kommen und der wird streng bewacht. Außerdem würden sie uns riechen“, meinte Caligola.

Adrian sah ihn schief an. „Als ob ich das nicht gewusst hätte. Außerdem lässt du mich ja nicht einmal ausreden! Die Geheimtür führt in die Waffenkammer, das heißt…“

„Dass wir sie daran hindern müssen diese zu erreichen“, ergänzte Caligola.

„Genau.“

„Aber wir sind einfach viel zu wenige!“ Johnny tauchte hinter ihnen auf, Laroux an seiner Schulter gelehnt. „Die sind mindestens fünfzig.“

„Und Garoux wird mit den Vampiren auch nicht weit sein. Er wird sich diese Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen. Immerhin kann er dann in Ruhe abziehen. Ohne Caligola sind sie sowieso aufgeschmissen. Das hatten wir schon einmal.“

Adrian und Caligola drehten sich um und machten den beiden Platz. „Sag mal, Caligola, wie sieht es eigentlich mit deinem Gedächtnis aus? Kannst du dich wieder erinnern?“, fragte Adrian.

Johnny und Laroux sahen Caligola neugierig an. Er nickte. „An absolut alles. Und wenn ich ehrlich bin wäre ich ohne Ricci immer noch der alte. Klar, ich werde jetzt sicher nicht zu Ghandi, aber ich denke schon, dass ich versuchen werde mich zu ändern. Dennoch werde ich immer Caligola bleiben.“ Er lehnte sich zurück. „Das Abschlachten werde ich mir so gut wie möglich in Grenzen halten, aber ich kann euch nicht versprechen, dass ich es mir abgewöhnen kann. Keine Panik, ich werde nicht Rückfällig und euch etwas antun.“ Er verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, als alle drei ihn erschrocken und mit weit aufgerissenen Augen anschauten.

„Das will ich aber auch hoffen. Ricci würde mich bis ans Ende meiner Tage heimsuchen, wenn ich dich umbringen müsste“, meinte Adrian.

„Vorausgesehen du würdest überhaupt einmal fünf Minuten überleben“, ergänzte Laroux.

Johnny beobachtete gebannt das Gespräch. „Versteh das jetzt bitte nicht falsch, aber bist du wirklich so stark wie alle behaupten? Oder sind die ganzen Gerüchte am Ende doch nur Lügen?“

Adrian und Laroux schauten Johnny entsetzt an. Johnny sag mal spinnst du?

Caligola legte Adrian die Hand auf die Schulter. „Schon gut. Reg dich nicht auf. Er stellt nur eine normale Frage, ich werde ihn ja nicht gleich umbringen.“ Er ignorierte Adrians Blick und wandte sich Johnny zu. „Wenn du willst, kannst du mich gerne herausfordern.

Johnnys Augen fingen zu leuchten an. „Das wäre cool!“

Adrian packte Caligola am Arm. „Sei nicht zu hart zu ihm.“

„Er wird seine Grenzen schon herausfinden.“

„Sei dir da mal nicht so sicher. Als wir ihm das erste Mal von dir erzählt haben, hat er geschworen dich eines Tages zu suchen, zu finden und dich dann zur Rechenschaft zu ziehen.“

„Adrian, jetzt komm nicht mit den alten Geschichten! Das ist schon so lange her!“

Adrian schaute ihn aus halb geschlossenen Augen an. „Du warst achtzehn.“

Caligola und Laroux mussten anfangen zu lachen. „Jetzt mal ehrlich, er wird nicht einmal dreißig Sekunden schaffen“, bemerkte Laroux abschätzig.

„Jetzt untertreib mal nicht. Ich bin nicht so schwach wie du denkst!“, keifte Johnny ihn an.

„Geh komm! Du würdest nicht einmal zwei Minuten mit mir schaffen!“

„Ruhe!“, herrschte Caligola die beiden an. „Wenn Johnny gegen mich antreten will, dann lass ihn. Ich werde versuchen dich nicht zu verletzen.“

Johnny grinste Laroux an, der es erwiderte. Sie standen alle auf und gingen zu einer kleinen Lichtung. Adrian stützte Laroux, der noch immer etwas wackelig auf den Beinen war und stellte sich an den Rand der Lichtung, während Johnny und Caligola sich in die Mitte begaben.

Caligola stellte sich locker hin, aber Johnny ging in Angriffsposition. „Wenn du willst, kannst du dich auch in einen Wolf verwandeln.“

„Hast du keine Angst, dass ich dich beiße?“, fragte Johnny vorsichtig. Er konnte hören, wie Laroux zu lachen anfing, ignorierte ihn allerdings.

„So weit wird es nicht kommen. Dazu müsstest du außerdem nah genug an mich herankommen.“ Caligola verschränkte die Arme hinter seinem Rücken. „Na los, ich überlasse dir den ersten Schlag.“

Johnny verwandelte sich in einen Wolf und fletschte die Zähne. Das wird lustig. Er lief auf Caligola zu und sprang ihn mit voller Wucht an. Caligola jedoch, machte im letzten Moment einen Schritt auf die Seite, wodurch Johnny mit der ganzen Energie im Gras landete. Wieder einmal.

Adrian konnte sich nur mit Müh und Not das Lachen verkneifen. Das erinnerte ihn an ihr Training und daran, dass Johnny anscheinend alles wieder vergessen hatte.

Johnny rappelte sich wieder auf und schüttelte den Dreck und das Gras ab. AU! Ich dachte du überlässt mir den ersten Schlag?

„Aber wenn du dich so dämlich anstellst, werde ich dich beinhart auf die Fresse fliegen lassen.“ Er deutete auf das Loch im Boden. „Also bemüh dich lieber.“

Geht klar! Na dann, er senkte den Kopf, auf ein Neues. Er umkreiste Caligola, der immer noch wie eine Statue dastand und die Hände hinter seinem Rücken verschränkt hatte. Johnny blieb hinter seinem Rücken stehen und zwar genau in seinem toten Winkel.

Caligola machte keine Anstalten sich zu bewegen. Er sah demonstrativ gerade aus und ignorierte Johnny. Zumindest schien es so zu sein.

Johnny wartete, bis er sich sicher sein konnte, dass er nicht hersah und sprang ihn dann an. Caligola machte wieder einen Schritt zur Seite, womit Johnny wieder im Gras landete.

Caligola drehte sich zu Adrian um und zog eine Augenbraue hoch. „Und was hast du ihm bitte beigebracht, als wir weg waren? Ich meine, das kann jeder.“ Normalerweise sollte er mindestens das Ausweichen beherrschen. Kein Wunder, dass Nikolas ihn so leicht erledigen konnte.“

Was Johnny hörte verletzte seinen Stolz. Er richtete sich leise auf und schlich sich an Caligola heran. Johnny stand einen Meter von ihm entfernt, als er sich mit seinen Hinterläufen vom Boden abstieß und ihn ansprang.

Womit er nicht gerechnet hat, waren Caligolas schnelle Reflexe. Er drehte sich um und verpasste ihm einen Schlag in die Magengrube. Johnny wurde zurückgeschleudert und blieb auf dem Rücken liegen. Er verwandelte sich zurück und hielt sich den Bauch.

Caligola ging neben ihm in die Hocke. „Das war schon besser. Aber eben nicht einmal Ansatzweise gut genug um mich überhaupt zu verletzen.“ Er stand wieder auf und streckte Johnny die Hand entgegen. „Komm, steh auf.“

Johnny ergriff seine Hand und Caligola zog ihn hoch. „Dann werde ich wohl noch etwas Training brauchen, bevor ich gegen Nikolas antreten kann.“

Du wirst ganz sicher nicht gegen ihn antreten. Nimm es mir nicht übel, aber ich habe noch mehrere Rechnungen mit ihm offen. Außerdem könntest du so lange trainieren wie du willst, du würdest es nie schaffen ihn auch nur schwer zu verletzen.“

 

- - - - - -

 

Ivictus flamenturo!“ Plötzlich folg ein fußballgroßer Feuerball durch den Raum.

Gregory sah Ricci erstaunt an und klatschte dann. „Sehr gut! Das war…erstaunlich! Ich habe eine Woche gebraucht, um den Feuerball so groß werden zu lassen und du schaffst das in gerade einmal zwei Stunden. Respekt!“

Ricci strahlte zufrieden. „Ich habe ja auch die Erinnerungen eines der ältesten Vampire, den es gibt. Und die sind nicht gerade ohne.“

Gregory sah sie eiskalt an, die Fänge ausgefahren und seine Augen leuchteten. „Die solltest du auch besser für dich behalte“, knurrte er, sodass sich Riccis Nackenhaare aufstellten.

Noch nie hatte sie vor einem Vampir solch eine Angst, wie jetzt gerade vor Gregory. Die Augen vor Angst geweitet, wich sie einen Schritt zurück. Ricci fing an zu zittern. Sie hob unschuldig die Hände. „J-j-ja. Ich werde niemanden etwas sagen!“, versprach sie.

„Gut.“ So schnell wie sein Gesichtsausdruck eiskalt wurde, wich er wieder seinem sonst so freundlichem Blick, ohne das Leuchten in den Augen und die Ausgefahrenen Fangzähne. Er nahm Ricci in die Arme. „So und jetzt beruhigst du dich wieder. Ich werde dir nichts tun.“ Er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und drückte sie weg, ließ seine Hände aber auf ihren Schultern ruhen. „Ehrlich.“

Ricci zitterte immer noch, regte sich aber nach ein paar Sekunden wieder ab. „Mach das bitte nie wieder. Weißt du was für eine Angst du mir eingejagt hast?“ Sie rieb sich die Arme, so als ob sie frieren würde.

Er ging fünf Meter zurück „Tut mir leid, aber das war notwendig. Du hättest sonst mit mir gemacht was du wolltest. Jetzt allerdings kennst du meine alte Seite, also wirst du den Fehler hoffentlich nicht begehen, mich zu hintergehen.“

„Keine Panik, diese Option hast du gerade zu Nichte gemacht. Nicht dass ich jemals in Erwägung gezogen hätte dich zu hintergehen!“, die hob beschwichtigend die Hände.

„Wenn wir das geklärt hätten, können wir ja mit dem Training weitermachen. Als nächstes hätte ich gerne, dass du eine Illusion herbeirufst. Sie könnte dir irgendwann das Leben retten.“

„Geht klar. Also gut, welche Illusion soll ich beschwören?“

„Eine, die dich vor mir beschützen sollte. Ich hoffe du weißt noch welcher von den Zaubersprüchen, die du aus meiner Erinnerung hast, der Richtige ist. Invictus flamenturo!“ Ein Feuerball von einem Meter Durchesser flog auf Ricci zu.

„Livictius Monomentes!“ Eine riesige Steinmauer baute sich vor Ricci auf und fing den Feuerball ab. „Was sollte das?!“ Sie ließ die Mauer verschwinden. „Willst du mich umbringen?“

„Nun ja…so könnte man das auch nennen.“ Er versuchte sich das Lachen zu verkneifen, aber sein breites Grinsen verriet ihn.

„Gregory! Du nimmst mich nicht ernst!“

„Doch, doch! Wie kommst du nur auf die dumme Idee? Ich nehme dich immer ernst.“ Er hatte sich um gedreht und verkniff sich nur noch mit viel Selbstbeherrschung das Lachen.

„Ich glaube es nicht! Du machst dich doch wirklich über mich lustig!“ Sie ging zu ihm hin, packte ihn an der Schulter und drehte ihn um.

Gerade noch rechtzeitig konnte er sich zusammennehmen und eine ernste Miene aufsetzen. „Was soll das? Traust du mir nicht? Denkst du wirklich ich würde dich belügen?“

„Fast dasselbe hat Caligola auch zu mir gesagt. Bevor er Eleonora umgelegt hat. Na gut, ich gebe es ja zu: Sie hat es verdient. Diese dreckige kleine Schlampe hat versucht ihn mir wegzunehmen.“

„Siehst du: Eifersüchtig. Also ich finde die Haarfarbe steht dir und die vereinzelten weißen Strähnen passen perfekt dazu, die hellen das ganze etwas auf.“ Gregory konnte es sich nicht verkneifen Ricci darauf aufmerksam zu machen, dass sie nun weiße Strähnen hatte.

Ricci fuhr sich durch die Haare und starrte sie entsetzt an. „Oh mein Gott! Das sieht so aus, als ob ich alt werde!“

„Mhm. Jetzt siehst du aus wie eine richtige Hexe.“ Gregory hielt die Hand vor den Mund und fing an Ricci auszulachen. Während er sich vor Lachen krümmte, funkelte Ricci ihn böse an.

Sie riss an ihren Haare, fing an zu heulen und sank auf die Knie. „Meine schönen Haare. Ich war zwar nicht geradeglücklich, als sie dunkelrot waren, aber weiß?!“ Sie fing an zu schniefen. „Das ist alles deine schuld! Du wusstest, dass das passiert und hast mir nichts gesagt! Und jetzt färben sich meine Haare weiß! Weiß! Ich werde mich nie wieder unter normale Leute gehen können!“

„Jetzt übertreib mal nicht! Es ist ja nicht so, dass deine Haare jetzt rein Weiß werden, sie bekommen nur weiße spitzen und ab und an ein paar wenige Strähnen, aber mehr passiert auch nicht. Aber, wenn ich dir das vorher auch schon gesagt hätte, hättest du dann nicht trotzdem „Ja“ gesagt? Außerdem kannst du dennoch unter normale Leute gehen. Das einzige was passieren kann, ist dass sie dich vielleicht für verrückt halten.“

Sie sah ihn schief an. „Also ein steht fest: Du bist mir absolut keine Hilfe.“

„Was erwartest du von einem mir? Dass ich dir Styling-Tipps gebe? Sehe ich etwa aus als ob ich Schwul wäre? Nichts gegen Schwule.“

Sie sah ihn demonstrativ von oben bis unten an. Von seinem nachtschwarzen Haar, über seine Magierrobe, in der er aussah wie ein Mönch, bis hin zu seinen Lederschlapfen. Sie hob langsam den Kopf und biss sich auf die Unterlippe. „Willst du darauf wirklich eine Antwort?“

Er sah sie unter halb geschlossen Augen an. „Pass lieber auf was du sagst. Ich…“

„Jaja. ,Ich bin ein Jahrhunderte alter Vampir der zaubern kann‘, ich hab´s verstanden. Spar dir das, ich besitze genau die gleich Zauberkraft wie du.“ Sie grinste siegessicher und Gregory musste zugeben, dass sie Recht hatte.

„Diesmal hast du Recht, aber vergiss nicht, dass ich wesentlich mehr praktische Erfahrung habe.“

„Und du vergiss nicht, dass ich deine praktische Erfahrung auch habe.“

„Bitte lass es mich nicht bereuen, dass ich meine Erinnerungen mit dir geteilt habe“, meinte Gregory ernst.

„Du hörst mir echt nicht zu. Ich habe, weiß ich nicht wie oft schon gesagt, dass ich das nicht einmal in Erwägung ziehen würde.“ Ricci ging auf ihn zu und blieb direkt vor seiner Nase stehen. „Oder etwa nicht?“

„Jaja, schon gut.“

„Dann können wir uns ja jetzt auf den Weg zu Nikolas machen.“

„Halt. Du brauchst erst etwas mehr Erfahrung im Kampf, aber dafür müssen wir so oder so nach draußen, also lass uns gehen.“

 

- - - - - -

 

„Aaaah!“ Johnny flog mit voller Wucht gegen einen Baum.

„Mann Johnny, jetzt streng dich wenigstens ein bisschen an! Oder ist das etwa zu viel verlangt.“ Caligola warf die Hände in die Luft. „Laroux, komm her und demonstrier es ihm.“

„Das ist jetzt nicht dein Ernst. Ich bin schon genug erledigt!“

„Ja genau, du bist so erledigt, dass du kurz abgehauen bist und ein paar Hirsche erledigt hast, um dich zu nähren. Erzähl das deiner Oma.“

„Du weißt aber schon, dass die seit mehreren Jahrhunderten Tod ist, oder?“

„Jetzt stell dich nicht so an. Ich lasse mich schon seit fünf Stunden zusammenschlage, da wirst du doch locker mehr schaffen?“, meinte Johnny provokant.

„Aber locker!“, keifte er zurück. „Na dann zeig mal was du drauf hast, Caligola!“

Caligola grinste ihn an und stellte sich Laroux gegenüber. Laroux näherte sich Caligola und umkreiste ihn, jedoch blieb dieser nicht, wie bei Johnny stehen, sondern behielt ihn im Auge. Als Laroux angriff ging alles ganz schnell. Sie wichen den gegenseitigen Hieben gekonnt aus und versuchten ihrerseits einen Treffer zu landen.

Johnny und Adrian standen daneben und beobachteten die beiden. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt den Hieben, denn Caligola und Laroux waren so schnell, dass man ganz genau hinsehen musste, um überhaupt etwas erkennen zu können.

„Verdammt sind die schnell! Adrian, kannst du das auch?“

„Johnny, ich bin ein Werwolf und kein Vampir. Wenn wir laufen sind wir schneller, aber im Kampf können wir uns nicht so bewegen.“

„Mist, das würde uns erheblich weiterhelfen.“

Sie beobachteten weiterhin den Kampf zwischen Caligola und Laroux. Plötzlich sagte Johnny ganz nebenbei: „Wir bräuchten so eine Vampir-Werwolf Mischung, das wär´s jetzt.“

Auch wenn Laroux dem Kampf seine Aufmerksamkeit schenkte, konnte er nebenbei Adrians und Johnnys Gespräch mithören. Als Johnny der Einfall kam, hatte Laroux eine Idee und war für einen kleinen Augenblick abgelenkt, doch genau diesen Augenblick nutzte Caligola, um Laroux den vernichtenden Schlag zu verpassen. Er verpasste ihm einen kräftigen Hieb in die Magengrube, sodass er in Richtung Adrian und Johnny flog.

Adrian und Johnny konnten gerade noch rechtzeitig ausweichen, sodass Laroux zwischen ihnen durch, gegen einen Baum flog. Laroux schüttelte den Kopf, rappelte sich auf und stellte sich zwischen Johnny und Adrian. Caligola gesellte sich zu ihnen, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht.

„Dein Vorschlag war gar nicht so dumm. Es gibt sogar Vampir-Werwolf Mischlinge. Sehr wenige, da es verboten ist, das sie miteinander Kinder haben, aber Regeln sind bekanntlich da, um gebrochen zu werden. Irgendwo in der Nähe sollte sich sogar ein Rudel, mit einem solchen Anführer sein.“

„Das ist die Idee!“, jubelte Adrian.

„Ich glaube nicht“, wandte Caligola ein.

„Bitte sag mir, dass das jetzt nicht dein Ernst ist.“ Laroux faltete die Hände. „Alle?“

„Ich glaube schon.“

Johnny schaute verwirrt durch die Runde. „Was meint ihr mit alle?“

Adrian senkte den Kopf und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. „Das bedeutet, dass Caligola das Rudel deutlich dezimiert, wenn nicht sogar…ausradiert hat.“

Johnny sah Caligola mit offenem Mund an. „Willst du damit sagen, dass du unsere einzige Chance gegen Nikolas umgelegt hast?“

„Naja, so würde ich das nicht nennen, immerhin haben wir trotzdem eine Chance das Rudel wieder zurück zu gewinnen.“

Johnny drehte sich um und ging in den Wald. „Wo willst du hin?“, rief Adrian ihm nach. „Nachdenken!“, kam es zurück. Adrian drehte sich wieder zu Laroux und Caligola um. „Lasst uns trotzdem weitertrainieren.

 

- - - - - -

 

Johnny spazierte durch den Wald und überlegte sich, wie er Nikolas ohne die Hilfe eines anderen Rudels vertreiben oder töten konnte. Es ist aussichtslos. Es müsste schon ein Wunder geschehen, damit wir Nikolas besiegen können. Gesenkten Hauptes ging er weiter und achtete nebenbei darauf, nicht in das Territorium von Nikolai zu stolpern.

Vor einer großen Platane blieb er stehen und blickte zu deren Krone. „Wie alt du wohl bist?“, fragte er sich. Johnny stellte sich neben den Baum und legte seine Hand auf den Stamm.

„Etwa hundertsiebzig Jahre“, kam es von oben.

Johnny schreckte zurück und blickte sich verwirrt um. „Wer ist da? Komm, zeig dich!“

Plötzlich sprang jemand vom Baum herunter und landete direkt vor Johnnys Füßen. Er hatte schwarze Haare, die in der Sonne dunkelblau schienen. „Hallo, Fremder“, zischte er verächtlich. „Ich bin Marco Konstantin. Und du?“

„Johnny Lanchester.“

„Lanchester? Den Namen kenne ich irgendwoher. Wie heißen deine Eltern, Johnny?“

„Ann und Jeremy. Wieso?“

Marco wich einen Schritt zurück und knurrte. „Dann gehörst du also zu Nikolas Rudel! Verräter!

„Halt! Das stimmt nicht. Ich gehöre zu keinem Rudel. Ich war Rudelführer, aber dann kam Nikolas und hat mich in einem unfairen Kampf besiegt.“

„Hmm“, Marco griff sich nachdenklich ans Kinn. „Das heißt also, dass du vogelfrei bist!?“

Johnny kniff die Augen zusammen. „Vogelfrei ja, aber allein…nein. Ich habe eine sehr…ähm, wie soll ich sagen?...Tödliche Unterstützung.“ Johnny lächelte.

„Dürfte ich auch erfahren wie diese Unterstützung heißt? Oder was sie sind?“, fragte Marco unbeeindruckt.

„Lieber nicht. Du würdest mir ersten nicht glauben und zweitens dann meinen, ich sei ein Verräter, auch wenn es gar nicht so ist.“

Marco legte den Kopf schief. „Nun, jetzt traue ich dir auf jeden Fall nicht. Also kannst du es mir ruhig sagen, denn es könnte sich sowieso nicht mehr verschlechtern.“

„Wenn du meinst. Sie besteht aus drei Mann.“

Marco unterdrückte sein Lachen.

„Jetzt findest du das noch lustig, aber wenn du erfährst um wen es sich dabei handelt, wirst du deine Meinung ganz schnell ändern.“

„Dann gib mir einen Grund sie zu ändern.“

„Das werde ich. Also, sie besteht aus Adrian, ein Werwolf wie du weißt“, Marco nickte unbeeindruckt, „Laroux, einem Vampir“, er zog die Augenbrauen hoch und Johnny grinste, „und, du solltest ihn kennen, Caligola, einem allseits bekannten Vampir“, Marco kniff die Augen zusammen.

„Ich hätte dir das mit dem einen Vampir geglaubt, aber als du Caligola ins Spiel gebracht hast, wusste ich dass du mich für dumm verkaufst. Aber netter Versuch. Und jetzt sei ehrlich: Welche, ach so tödliche Unterstützung hast du?“, fragte er überheblich.

„Genau die, die er gesagt hat.“ Adrian, Laroux und Caligola waren hinter Johnny aufgetaucht. Marco wich knurrend zurück. „So, jetzt beruhigst du dich wieder und lässt Johnny alles erklären“, forderte Caligola Marco knurrend auf. Adrian warf Caligola einen strengen Blick zu. Caligola verdrehte die Augen. „Bitte.“

„Wieso sollte ich euch trauen?“, fragte Marko verunsichert.

„Weil wir den gleichen Feind haben, es aber nicht alleine gegen ihn aufnehmen können“, erklärte Johnny.

„Nun gut, aber ihm vertraue ich trotzdem nicht. Er könnte uns in den Rücken fallen“, Marco zeigte auf Caligola.

„Dazu habe ich keinen Grund. Allerdings habe ich einen Grund Nikolas zur Strecke zu bringen.“

„Ihr wollt also, dass ich auf euer Wort vertrauen soll, und einem „ehemaligen“ Massenmörder, der mehr Werwölfe umgebracht hat, als bekannt waren, umgebracht hat? Aber sonst geht es euch gut?“ Marco deutete Johnny den Vogel.

„Er ist auf unserer Seite, oder glaubst du, sonst würde er uns wohl kaum trainier und wir würden jetzt nicht mehr hier stehen.“

„Außerdem war er in Kantaia“, Marcos Augen wurden groß, „und sie leben alle noch!“ Naja, das ist nicht ganz die Wahrheit, Eleonora lebt jetzt nicht mehr.

Marco trat unentschlossen von einem Fuß auf den anderen. „Wir werden sehen. Aber wie kommt ihr hierher und was wollt ihr?“

„Wir suchen einen Mischling“, antwortete Adrian.

Marco lachte. „Wenn ihr Dimitri sucht, muss ich euch leider enttäuschen, den hab ich seit dem Angriff eures geläuterten“, er zeigte auf Caligola, „nicht mehr gesehen. Entweder er ist geflüchtet oder, nun ja, tot.“

Caligola trat vor. „Und was ist mit dir? Du bist schließlich sein Sohn, wenn ich mich das noch rechte erinnere.“

Marco sah sich um, um sicher zu gehen, dass sie niemand belauschte. „Kommt mit. Wir reden im Dorf weiter.“

„Dorf?“, fragte Laroux verwirrt. „Wieso habt ihr so etwas nicht?“

Caligola drehte den Kopf zu Laroux. „Früher hatte jedes Rudel ein Dorf. Als ich allerdings dort eingefallen bin, haben sie es für sicherer gehalten, dass sie das Rudel über eine größere Distanz zu verteilen. Zugegeben, es hat mich mehr Zeit gekostet sie alle zu finden, aber dass es geholfen kann ich nicht sagen.“

 

- - - - - -

 

Ricci und Gregory kamen zu der Grenze, wo der Schnee dem Gebirge wich. „Wir sollten dann langsam anfangen, deine Kampffertigkeit zu verbessern. Ich finde diesen Platz hier perfekt. Keine Baume und nichts, was sonst abbrennen könnte“, meinte Gregory. Er strich die Falten aus seinem weißen Hemd, welches er sich angezogen hatte, bevor sie losgegangen waren.

Ricci sah ihn schief an. „Wieso abbrennen?“ Als auf Gregorys Gesicht ein fieses Grinsen aufrauchte, kroch in Ricci eine schlimme Vorahnung hoch. „Invictus blocadio manifestus!“ Gleich danach flog ein riesiger Strahl, aus blauen Flammen auf Ricci zu und umhüllte sie. Ricci schrie wie am Spieß, aber durch die Flammen kam kein Mucks.

Ricci hielt schützend die Hände vors Gesicht. Sie merkte jedoch schnell, dass die Flammen sie nicht verletzten. So plötzlich der Flammenstrudel aufgetaucht war, verschwand er auch wieder. Ricci schaute Gregory verständnislos an. „Was sollte das?“

„Ich habe deine Magie blockiert. Jetzt musst du dich mit deine Körper verteidigen.“

„Na toll.“ Ricci ließ ihre Hände auf die Oberschenkel fallen. „Dann fangen wir an.“ Ricci ging auf Gregory zu und wartete auf eine Reaktion seinerseits. Und die ließ nicht lange auf sich warten.

Ivictus flamenturo!“

Ricci sah den Angriff voraus, rannte auf ihn zu und sprang in letzter Sekunde ab, stieß sich an seinen Schultern ab und riss ihn mit sich zu Boden. Allerdings stand Ricci, während Gregory am Boden lag.

„Ahhh. Das war nicht schlecht, auch wenn du meine Strategie nur aus meinen Erinnerungen hast.“

„Lügner. Deine Strategie besteht darin, den Gegner zuerst zu täuschen und ihn erst dann anzugreifen, wenn er dich nicht mehr beachtet. Du brauchst mir nichts vorzumachen“, warf Ricci ein.

„Willst du jetzt klugscheißen, oder was?“, fragte er mit einem leicht amüsierten Unterton. Als Ricci grinsend nickte, verdrehte er amüsiert die Augen. „Ja ich weiß, die Frage hätte ich mir jetzt sparen können.“ Gregory rappelte sich auf und warf ihr einen schiefen Blick zu. „Du weißt aber schon, dass, wenn du dich mit anderen anlegst, du diejenigen nicht so einfach flachlegen kannst.“

Mit einem schiefen grinsen ging sie auf ihn zu und stellte sich direkt vor seine Nase. „Ich werde niemanden flachlegen und mich wird auch keiner flachlegen, verstanden?!“, sagte sie und stieß die Luft aus.

„Ich werde jetzt auf deine Zweideutigkeit eingehen und fragen: Warum willst du niemanden, nicht einmal Caligola, an dich ranlassen?“ Er grinste verschmitzt und legte den Kopf schief.

Ricci fand, dass er nun wirklich, auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, total süß aussah. Da half es auch nicht, dass seine eisblauen Augen noch besser zur Geltung kamen, da sein schwarzes Haar sein Gesicht perfekt umrahmte. Verdammt! Warum muss er nur so süß aussehen!

„Ich hätte wahrscheinlich mehr Spaß, wenn ich dir das jetzt nicht sage, aber da du mir voll und ganz vertrauen musst bleibt mir wohl nichts anderes übrig…“

Ricci schaute ihn misstrauisch an. „Was meinst du? Na los, spuck´s schon aus, Gregory!“

Er rieb sich den Nacken. „Naja, ich…ähm…kann deine Gedanken lesen“, sagte er schnell.

Ricci reckte das Kinn vor und blinzelte schnell. „Was hast du gerade gesagt?“, zischte sie durch ihre Zähne.

„Ricci, reg dich jetzt bitte nicht auf, ich…“

„Warum zum Teufel hast du das NIE gesagt!“, fuhr sie ihn an. Er wollte gerade etwas sagen, doch sie streckte ihm die Handfläche entgegen und verbat ihm den Mund. „Wie lange kannst du das schon?“, fragte so ruhig sie konnte.

„Eigentlich…schon immer“, antwortete er reumütig.

Ricci schnaufte. Sie stellte sich vor seine Nase und tippte ihm mit dem Finger auf die Brust. „Ich schwöre dir, wenn du dich nicht aus meinen Gedanken raushältst, dann…“, sie gab einen entrüsteten Laut von sich.

„Legst du mich flach?“

Ricci die Arme in die Luft. „DU… missratener Möchtegern Vampir-Magier!“

„Darf ich dich darauf hinweisen, dass ich um einige Jahrhunderte älter bin als du und die Magie sozusagen erfunden habe?“, sagte er locker-lässig. Er machte einen Schritt nach vorne, sodass nur noch ein Zentimeter zwischen ihnen Platz war und Ricci zu ihm „aufsehen“ musste. „Irgendwelche Einwände?“

„Nein“, sagte sie kleinlaut.

„Schön“, er kehrte ihr den Rücken zu, „dann könne wir ja mit dem Training weitermachen.“

Eingebildeter…, Ricci griff sich auf die Stirn, reiß dich zusammen, er kann deine geheimsten und intimsten Gedanken lesen und du dumme Nuss servierst sie ihm sozusagen auf dem Silbertablett. Apropos Silber! Ich sollte mir Silberpflöcke zulegen. Wo hab ich eigentlich meine gelassen? Fuck! Ricci konzentrier dich!

„Da ich jetzt dein Trainer bin und deinen inneren Monolog gerade mitangehört habe, werde ich dir deine Silberpflöcke erst dann aushändigen, wenn wir dein Training beendet und in der Nähe von Nikolas oder einer anderen Gefahr sind.“

Ricci huschte ein Lächeln übers Gesicht. „Och Gregory, hast du denn überhaupt kein Vertrauen mir gegenüber?“

„Das fragst du mich jetzt? Nachdem ich dir eröffnet habe, dass ich deine Gedanken lesen kann. Ich bin mir nicht sicher, was du damit machen könntest.“

„Ich…“ könnte dir nie etwas antun. Du hast mir das Leben gerettet, ich …

Gregory las ihre Gedanken und musste lächeln. Er drehte sich zu Ricci um und sah ihr in die Augen. „Wir werden auf dem Weg welche mitnehmen, wenn du willst?“

Sie warf ihm die Arme um den Hals. „Dankee!“

„Warum willst du eigentlich jetzt auf die Schnelle Silberpflöcke? Ich meine, ich weiß wie du darauf gekommen bist, aber für welchen Zweck?“

„Ich möchte damit Trainieren, um Nikolas ganz langsam hinzurichten.“

„WOW! Ich würde nur zu gerne wissen wie du reagieren würdest, wenn du die ganze Wahrheit kennen würdest?“, fragte er sich laut. Gregory erstarrte, als ihm klar wurde, was er gerade gesagt hatte.

Ricci ließ ihn los und sah ihn verwirrt und gleichzeitig neugierig an. „Ich weiß nicht, ob ich jetzt wütend sein soll oder nicht. Aber lassen wir die Tatsache, dass ich nur noch deine Erinnerungen über die Zaubersprüche habe links liegen, sag mir lieber was die ganze Wahrheit ist.“

„Na gut, aber du wirst nicht sehr erfreut darüber sein.“

„Ich denke ich werde es überleben. Allerdings garantiere ich nicht dafür, dass mein lieber Vater das auch tun wird.“

 

- - - - - -

 

Marco war zwar nicht wirklich darüber begeistert, dass gerade Caligola, der Typ, der das ganze abgeschlachtet hatte, genau dieses wieder betrat. Aber diesmal war etwas anders. Diesmal hatten sie einen gemeinsamen Feind und wie das Sprichwort doch schon sagt: Der Feind deines Feindes ist dein Freund. Doch bevor sie das Dorf betraten musste noch einiges geklärt werden.

„Also, hier im Dorf haben wir ein paar Regeln“, er sah Laroux zwar ab und zu auch in die Augen, aber die meiste Aufmerksamkeit war auf Caligola gerichtet, „Nummer Eins: Hier wird nicht gemordet oder ein Wertier in irgendeiner anderen Weise verletzt oder unschädlich gemacht!“ Er sah Caligola eindringlich an.

„Was?“, fragte dieser unschuldig.

Laroux lachte sich ins Fäustchen und sah unschuldig zu Boden. „Als ob er einer Fliege etwas zu Leide tun könnte“, flüsterte Laroux. Auf diesen Kommentar folgte ein böser Blick seitens Caligola.

Marco ignorierte Laroux einfach. „Ja klar und ich bin…“

Laroux unterbrach ihn: „Marc o´Polo!“

Johnny sah ihn schief an. „Sag mal geht es dir nicht gut?“

„Bei ihm ist das ein Anzeichen dafür, dass er zu wenig Blut getrunken hat“, warf Caligola ein.

Während Marco nicht recht wusste, wie er reagieren sollte, stieß Johnny erleichtert die Luft aus. Dafür kassierte er einen fragen-wütenden Blick von Marco. „Warum bist du bitte erleichtert? Er könnte uns alle umbringen!“

„Ja klar“, sagte Johnny gedehnt, „ Nein, ich hatte mir Sorgen gemacht, dass das vielleicht die Nachwirkungen vom Werwolfsbiss sind. Aber das er nur Blut braucht ist schon wieder harmlos“, er grinste. „Soll ich?“, fragte er an Caligola gewandt.

„Ich glaube ich höre nicht recht?! Ich meine, ich habe mich schon die ganze Zeit über gefragt, wie ein Werwolf sich mit Vampiren zusammentun kann, aber das übersteigt alles!“, meinte Marco perplex. „Ich denke ihr solltet wieder gehen.“

„Hast du eine bessere Idee? Willst du ihm dein Blut geben?“, fragte Johnny sarkastisch. Marco kniff nur die Augen zusammen.

„Ok, bevor ihr euch noch zerfleischt, schlage ich vor ich gehe mit Laroux jagen und komme dann wieder zurück.“ Caligola sah Marco wartend an.

„Ich traue dir nicht, Blutsauger. Aber wenn ich mich entscheiden muss, ob ich dich alleine hier lasse oder alleine mit ihm gehen lasse, dann bin ich lieber dafür, dass Johnny ihm hier und jetzt Blut gibt. Da ich weiß, dass er vorher schon Werwolfsblut bekommen hat, kann ein Schluck mehr oder weniger auch nichts mehr ändern“, gab sich Marco geschlagen.

Johnny stellte sich neben Laroux und bot ihm seinen Arm dar. Laroux biss vorsichtig zu und nahm ein paar kräftige Züge, bevor er die Wundmale sorgfältig wieder verschloss. „Geht es dir jetzt besser?“, fragte Johnny, während er an der Stelle rieb, an der Laroux ihn gebissen hatte.

„Ja danke, jetzt schon. Tut mir Leid für die Unannehmlichkeiten. Wir können jetzt fortfahren.“

„Also gut“, er wandte sich wieder Caligola zu, „Zweitens werden alle mit Respekt behandelt und keine dummen Sprüche geklopft, da es sonst Konsequenzen mit sich zieht, dass ich euch mitgenommen habe. Und zu guter Letzt: Lasst eure Fangzähne bitte eingefahren. Ich will nicht wissen was passiert, wenn einer Angst kriegt und angreift.“ Er sah fragend durch die Runde. „Sonst noch Fragen?“

„Wenn sie uns angreifen, dürfen wir uns dann wehren? Denn ich werde sicher nicht zulassen, dass ich nochmals von einem Wertier gebissen werde!“, warf Laroux ein.

„Sagen wir es so: Ich hoffe, dass es nicht so weit kommen wird“, war das einzige was Marco ihnen sagen konnte, denn er wusste selbst nicht, was dann passieren würde. „Dann lasst uns gehen.“


Kapitel 16

 

 

Marco führte Caligola, Johnny, Adrian und Laroux ins Dorfinnere, zum jetzigen Führer des Rudels. Als sie das Dorf durchquerten, waren alle Blicke auf Caligola und Laroux gerichtet, aber vor allen Dingen auf Caligola. Wieso auch nicht, es war selbstverständlich, dass ihn jeder im Auge behielt.

Marco war froh darüber, dass das Haus des Rudelführers nicht weit weg lag. Noch länger und seine Muskeln wären vor Anspannung geplatzt. Er musste jederzeit damit rechnen, dass irgendjemand, seien es die Vampire oder die Dorfbewohner, etwas Dummes anstellten.

Es waren nur noch zehn Meter bis zum Hauseingang, als plötzlich jemand schrie. Alle Fünf drehten sich um und befürchteten das Schlimmste. Doch es war nur eine Mutter die nach ihrer Tochter schrie, denn diese rannte auf Caligola zu. Marco bekam Panik.

Das kleine Mädchen blieb vor Caligola stehen und streckte die Arme nach ihm aus. Caligola hob das Mädchen mit den langen braunen Haaren, das nicht älter sein konnte als fünf hoch.

„Ich bin Katherina“, sagte die kleine Zuckersüß.

„Hallo, Katherina. Was möchtest du?“, fragte er höflich und ebenso sanft.

„Meine Mutter und alle hier im Dorf fragen sich was ihr hier wollt, aber keiner von denen traut sich etwas zu sagen“, sie fing an zu grinsen, „Da hab ich mir gedacht, ich frag einmal nach. Würden sie es mir bitte sagen?“

Caligola lächelte sanft und beugte sich zu ihr, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Er konnte hören wie alle, außer Johnny, den Atem anhielten. Als er dem Mädchen seine Frage beantwortet hatte, ließ er sie runter.

Katerina lief mit einem breiten Lächeln im Gesicht zu ihrer Mutter, die sie überglücklich in die Arme schloss. Das kleine Mädchen richtete ihr das aus, was Caligola gesagt hatte, sie warf Caligola einen unsicheren Blick zu und verschwand dann zusammen mit Katherina.

„Ich liebe Kinder“, sagte Laroux verträumt.

Caligola drehte sich zu Laroux um und lächelte ihn glücklich an. „Ich auch. Leider werden wir nie eigene haben. Ich verstehe auch, dass das so besser ist. Schließlich schmerzt es zu sehen, wie sie aufwachsen und dann sterben. Ich habe es schon lange aufgegeben, einen Weg zu finden. Es soll nun einmal nicht so sein.“

Johnny legte den beiden jeweils eine Hand auf die Schulter und fing an zu Lächeln. „Ihr könnt euch ja um meine Kinder kümmern. Aber“, er deutet mit den Zeigefinge auf Caligola, „bring ihnen ja keinen Blödsinn bei!“, ermahnte er ihn. Sie fingen an zu lachen.

„Kommt, lasst uns weitergehen bevor noch mehr auftauchen und zu gaffen anfangen“, meinte Marco.

Sie setzten sich wieder in Bewegung. Vor der Eingangstür blieb Marco stehen und klopfte an. Nach dem ein „Herein“ ertönte, öffnete er die Tür und sie traten ein.

Die Inneneinrichtung war, genauso wie alle Häuser im Dorf, aus Holz. Es sah aus, als wären sie in einer Blockhütte in irgendeinem Skigebiet.

Nach einem etwa dreißig Meter langen Teppich aus blutrotem Stoff, kamen sie zu dem Thron auf dem der Rudelführer wie ein König thronte.

„Verehrter Herr Hrothgar, diese vier Besucher bitten um eine Audienz bei ihnen. Es geht um die Zukunft des Rudels der Silberwölfe“, verkündete Marco.

„Die Audienz sei ihnen gewährt“, sagte Hrothgar mit seiner tiefen Stimme.

Caligola trat vor und die Augen des Königs weiteten sich. „Verehrter Herr Hrothgar, wir, Adrian Garcia, Laroux de Roquefere, Johnny Lanchester und Caligola Mertes, wollen um Unterstützung im Kampf gegen Nikolas erbitten.“

Hrothgar stand auf und stellte sich vor Caligola. Aus der Nähe konnte man erkennen, dass Hrothgars Haar allmählich grau wurde. „Nenn mir einen Grund, warum ich einem Mörder wie dir helfen sollte, jemanden, der stärker ist als du, der dich vielleicht sogar besiegen könnte, umzubringen?“

„Weil ich Nikolas alleine besiegen kann, aber nicht riskieren will, dass das ganze Rudel dabei draufgeht!“

„Warum sollte ich dir das glauben? Du hast seit du zum Vampir wurdest, angefangen unsere Art zu jagen und auszulöschen? Die Werwölfe hast du ja bereits, fast alle erledigt.“

„Das war bevor…“, er ließ den Kopf sinken, als er an Ricci dachte. Er atmete einmal tief ein, auch wenn das gar nicht nötig gewesen wäre. „Das war bevor ich Ricci Farley traf“, sagte er erhobenen Hauptes.

Hrothgar blinzelte verwirrt. „Sie meinen doch nicht etwa die Ricci Farley, die versucht hat, einen Friedensvertrag zwischen Vampiren und Werwölfen zu erreichen?“ Als Caligola nickte konnte er es nicht wirklich fassen. „Ich dachte sie sei gestorben, beziehungsweise von diesem Louis hingerichtet!?“

Johnny und Laroux bissen sich auf die Unterlippe, als Caligola sagte: „Nun, eben dieser Louis steht nun vor ihnen.“ Noch bevor Hrothgar etwas einwenden konnte, fuhr Caligola fort. „Ich weiß, dass sie jetzt verwirrt und noch weniger vor mir begeistert sind, aber lassen sie es mich erklären. Bitte!

Hrothgar sah Caligola ungläubig an, bevor er sich zu Marco umdrehte. „Und du bist sicher, dass das Caligola, der Massenschlächter ist?“

Marco nickte war aber verwirrt. „Wieso sollte er das nicht sein?“

„Er hat bitte gesagt!“, meinte Hrothgar, immer noch ziemlich perplex.

Caligola verdrehte die Augen. Das ganze ging ihm schön langsam gehörig auf die Nerven. Mal ehrlich, war es wirklich so unwahrscheinlich, dass er „bitte“ sagte? Klar, er war der gefürchtetste Vampir, außer ein paar kleinen Ausnahmen, und sie kannten ihn nicht anders. Er hatte immer jedes Wertier, das ihm begegnete sofort und ohne Zögern umgebracht. Wer sollte ihm auch glauben, dass er sich nach tausend Jahren gehändert hatte? Hätte man ihm das gesagt, bevor er Ricci gekannt hätte, wäre diese mit Sicherheit nicht mehr am Leben.

„Also gut. Sagen wir, wir glauben dir, dass du nicht mehr…alle umbringst, die dir begegnen, was für einen Grund hast du Nikolas zu beseitigen?“, fragte Hrothgar argwöhnisch.

„Das hat einen persönlichen Ursprung, den ich nicht gerne vor allen ausplaudern möchte.“ Er hatte die Arme hinter seinem Rücken verschränkt und sah Hrothgar in die Augen.

Hrothgar saß auf seinem Thron, stützte sich mit dem Ellenbogen an der Lehne ab und stützte seinen Kopf ab. „Gut. Ich schlage vor wir treffen uns heute Abend wieder hier. Ich werde dennoch zwei meiner vertrautesten Wachen mitnehmen.“ Er nickte Marco zu und deutete mit einer Handbewegung auf die vier. „Entschuldigen sie mich, aber ich habe noch andere Verpflichtungen. Marco, würdest du ihnen bitte ihre Quartiere zeigen.“ Er deutet zwei Wachen ihnen zu folgen. „Verstehen sie das nicht falsch, aber sie müssen mir erst beweisen, dass ich ihnen vertrauen kann. Besonders sie Herr Mertes.“

Caligola grinste Hrothgar wissend an, bevor er, zusammen mit den anderen, Marco zu ihren Quartieren folgte. Die Wachen wiederum folgten Caligola auf Schritt und Tritt.

Ziemlich nervig, fand Caligola. Aber was sollte er machen. Er konnte Hrothgar ja irgendwie verstehen. Er wusste ja nicht, wie sehr Caligola sich verändert hatte. Was Ricci alles erreicht hatte. Wie sehr sie ihn verändert hat. Er konnte immer noch nicht fassen, dass sie jetzt vielleicht tot war.

Wenn ich hier fertig bin, werde ich Gregory nach einem Weg fragen dich wieder zurück zu bringe. Das verspreche ich dir Ricci. Ich werde nach dir suchen und dich auch finden. Und wenn es das Letzte ist was ich mache. Über sein Gesicht huschte ein breites Grinsen. Nikolai würde schon noch dafür büßen, für alles, was er ihm angetan hatte.

 

- - - - - -

 

„Wow, wow, woooow! Warte!“ Ricci warf sich zur Seite, als ein mannshoher Feuerball auf sie zuflog.

„Na komm Ricci, ein bisschen mehr Tempo, wenn ich bitten darf! Wenn du so lahmarschig weitermachst, wirst du Nikolai nie besiegen“, spottete Gregory.

Ricci lag keuchend auf dem Rücken und sah Gregory böse an. „Dann lass uns endlich einmal eine Pause machen! Lass uns ein Hotel mieten und eine Nacht schlafen. In der Nähe wird es doch sicher eines geben, oder etwa nicht? Ich brauche nämlich dringend etwas Neues zum Anziehen und eine Dusche würde ich auch nicht ablehnen.“

„Warum springst du nicht einfach in irgendeinen See? Dann sind du und deine Sachen gewaschen. Wäre das nicht einfacher?“, fragte er mit einem kaum merkbaren, aber dennoch leicht genervten Unterton.

„In den Eissee? Sag mal spinnst du?“ Sie deutete ihm den Vogel, drehte sich um und warf die Arme in die Luft. „Aber warum auch nicht. Vielleicht gehe ich ja diesmal wirklich drauf? Aber welches Schwein interessiert das? Dich? Wie es aussieht nicht!“ Sie knurrte. Ricci stemmte die Hände in die Hüften. „Ok.“ Sie drehte sich um und ging mit einem aufgesetzten Lächeln auf ihn zu und blieb direkt vor seiner Nase stehen. „Aber du kommst mit!“

Gregory riss die Augen auf. „Ich?!“ Ricci nickte. „Bist du Wahnsinnig?“

Riccis aufgesetztes Lächeln wurde zu einem zufriedenen Strahlen. Auf genau diese Reaktion hatte sie gehofft. „Ja genau. Du! Denn einem Vampir macht die Kälte ja bekanntlich nichts aus. Oder bist du doch nur ein…“

„Nein. Ich bin kein Möchtegern Vampir-Magier. Und es stimmt, dass mir die Kälte nichts ausmacht. Aber ich garantiere nicht dafür, dass ich nicht versuchen werde dich zu beißen. Immerhin habe ich seit über einem Tag nichts mehr gegessen und habe dementsprechenden Hunger.“ Zur Untermalung fuhr er die Fänge aus und ließ seine Augen aufleuchten. „Reicht dir das? Oder soll ich deutlicher werden?“

Ricci bewegte sich nicht vom Fleck, sondern blieb trotzig stehen. „Versuch es einmal ohne mein Einverständnis und ich fackel dich ab!“ Ricci ließ ihre Augen in golden wechseln, um ihm zu zeigen wie erst sie das meint.

Sie standen ungefähr dreißig Sekunden nur da und starten sich gegenseitig in die Augen. „Du kannst nicht gegen mich gewinnen. Was denkst du eigentlich, wie willst du das schaffen, so ganz ohne Zauberkräfte?“

Riccis Augen verengten sich. „Woher willst du denn wissen, dass ich nicht doch noch ein Ass im Ärmel habe?“

„Weil ich aus deinen Gedanken entnehme, dass du nicht die geringste Ahnung hast, was du als nächstes machen sollst.“ Auf Gregorys Gesicht erschien ein breites Lächeln. „Ich kämpfe allerdings nicht gegen dich und finde deine Idee nicht einmal so schlecht. Ich könnte mir dort auch etwas zu essen besorgen. Ich weiß sogar schon welches Hotel wir nehmen werden.“ Gregory fuhr lächelnd die Fangzähne ein und ging an Ricci vorbei.

Diese drehte sich etwas perplex um. „Das wars? Keine weiteren Drohungen oder unfreiwilliges Blutabzapfen?“

„Ich habe keinen Grund dir weh zu tun. Außerdem, wenn du jetzt mal ganz scharf nachdenkst, könnte ich daraus keinen Nutzen ziehen. Du allein hast zu wenig Blut im Körper, um meinen Hunger zu stillen.“ Er blieb stehen, drehte sich um und kehrte zu Ricci zurück. „Wobei, wenn ich es mir recht überlege“, er hob Riccis Kinn an, sodass ihre Kehle entblößt war, „kann das Blut eines Werwolfs den Durst jedes Vampirs stillen, ganz egal wie groß der Hunger auch ist.“ Ricci schluckte. Gregory bekam das mit und musste lachen. Er ließ sie los und machte einen Schritt zurück. „Dachtest du wirklich ich würde dich gegen deinen Willen beißen?“ Riccis Mundwinkel zuckten. „Ach Ricci, du musst noch eine Menge über Vampire lernen.“ Entschlossen drehte er sich um und machte sich daran, zu dem Hotel zu gehen, in welches er mit Ricci vorhatte einzuchecken. „Na komm, Ricci. Wenn du noch heute dort ankommen möchtest, solltest du dich beeilen und nicht schon wieder so rumtrödeln, wie beim Training.“

Ricci schüttelte leicht verwirrt den Kopf und folgte Gregory. Vielleicht würde sie eines Tages aus ihm schlau.

 

- - - - - -

 

Ricci ging neben Gregory und würdigte ihn keines Blickes.

Er stieß ihr mit dem Ellenbogen in die Rippen. „Jetzt komm schon, wo bleibt dein Sinn für Humor?“

Sie schüttelte den Kopf und ging stur weiter. Einfach ignorieren, Ricci. Irgendwann wird ihm das Spiel schon zu blöd.

„Oh nein, es fängt gerade erst an Spaß zu machen!“, zwitscherte er.

Himmelherrgott noch mal. Wenn ich nicht wüsste, dass nicht alle Vampire so nervig sind wie er, könnte ich sie auch nicht leiden.

„Wieso bist du dir da so sicher? Ich meine: Ein bisschen Spaß muss sein. Dann ist die Welt voll Sonnenschein!“

Jetzt fängt er auch noch an zu singen! Der hat sie doch nicht mehr alle!

„He, pass auf was du sagst!“, er zog eine Schnute und griff sich aufs Herz, „Vampire haben auch Gefühle!“, er schniefte einmal, bevor er anfing zu grinsen.

Ich muss allerdings zugeben, dass dein Outfit, im Gegensatz zu deiner Priesterrobe, echt…ähm

„Heiß aussieht?“

„Das hab ich nicht gedacht!“

„Doch, ganz tief in dir drin und ich verurteile dich nicht. Nein, wirklich. Ich weiß doch, dass du deinen Caligola nie betrügen würdest.“

„Ganz genau und schon gar nicht mit dir.“

Er lachte. „Glaub mir, wenn ich es darauf anlegen würde, wärst du jetzt schon längst…“

„NEIN!“, schrie sie ihn an. „Wieso seid ihr Vampire eigentlich alle so eingebildet. Ihr glaubt alle, dass ihr jede oder jeden haben könnt! Wieso?!“

Gregory steckte die Hände in die Taschen seiner dunkelblauen Jeans und konnte sich beim besten Willen, das Grinsen nicht verkneifen. „Das liegt daran, dass Vampire euch Menschen überlegen sind, das Menschliche existiert dennoch, auch wenn es viele abstreiten wollen. Und genau dieses kleine Fünkchen Menschlichkeit verzehrt sich nach Macht. Diese Macht haben wir eben nur über Nichtvampire.“ Er senkte den Kopf, wobei ihm einige seiner nachtschwarzen Strähnen ins Gesicht fielen. „Außerdem gibt es einige unter euch, die du vielleicht sogar kennst, die sich selbst Vampire nennen, obwohl sie gar keine sind. Dennoch lassen sie sich liebend gerne beißen. Sie sind wie“, er fuchtelte mit den Händen, um den richtigen Ausdruck dafür zu finden, „Snacks für zwischendurch. Leider lassen sie sich nicht in jedem Teil der Welt zu finden.“

„Und ich bin für dich so etwas wie einer dieser Snacks?“, fragte sie bitter.

„Nein! Nein. Du bist genau das, naja nicht haargenau, aber dennoch herrscht zwischen ihnen und dir eine kleine Ähnlichkeit. Nur, dass du weißt, dass es Vampire gibt und du hast das Glück, dass es in Caligola und mir noch ein kleines bisschen normaler Menschlichkeit gibt. Du mit deiner tollpatschig-lieben Art hast in uns die Beschützer Instinkte geweckt und uns sozusagen…befreit? Nennt man das so?“

Während ihrer Unterhaltung hatten sie einige Kilometer zurückgelegt und standen nun auf einem Hügel, mit wunderbarer Sicht auf die Stadt vor ihnen. Die Lichter der Stadt erhellten den Himmel und ließen es aussehen wie einen Traum.

„So, und wo ist jetzt unser Hotel.“ Ricci ließ den Blick über die kleine Stad schweifen und zeigte schlussendlich auf ein schäbiges Hotel, am Rande der Stadt. „Lass mich raten, es ist das da.“

Von ihrem angeekelten Blick amüsiert, fing Gregory zu kichern an. „Nein. Da würdest du mich im Traum nicht reinbringen. Ich für meinen Teil“, er zupfte an seinem Hemd, „stehe, wenn es um Hotels geht, eher auf Luxus. Also rate noch einmal.“

Ricci sah sich noch einmal verwirrt um. Ihr Blick blieb auf einem sehr hohen, teuer aussehenden Hotel hängen. „Du meinst doch nicht etwa das, oder?“ Als Gregory nickte, blinzelte Ricci ungläubig. „Aber das muss ja ein Vermögen kosten!“

Gregory zuckte mit den Schultern. „Ach, das ist eine Kleinigkeit. Und jetzt lass uns gehen, ich habe Hunger.“

 

- - - - - -

 

„So, und jetzt sitzen wir hier und können nur blöd an die Decke schauen!“, Johnny schlug mit der Faust auf den Holzboden der Hütte. „Wie lang sollen wir hier noch vermodern? Wir dürfen nicht einmal hinaus!“ Er tigerte von einer Ecke der Hütte zur anderen.

„Jetzt setzt dich auf deine vier Buschstaben und gib Ruhe“, maulte Laroux.

Johnny biss die Zähne zusammen und schaute durch die Runde. Caligola stand gegen die Wand gelehnt, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und sah stur auf den Boden, Laroux und Adrian saßen auf der schwarzen Ledercouch und sagten eigentlich gar nichts. Sein Blick blieb an Adrian haften. Er ging wütend auf ihn zu. „Was ist eigentlich mit dir los? Du hast die ganze Zeit über, seit wir hier sind, nichts gesagt. Aber auch absolut gar nichts! Woran liegt das?“, fauchte er ihn an.

„Jetzt setz dich verdammt noch mal, auf deinen Arsch und halt die Fresse!“, fuhr Caligola ihn an. „Deine ganze herum Rennerei nervt!“

Johnny drehte sich zu Caligola um. „Ach ja? Was sonst? Willst du mich umbringen? Das denke ich eher nicht, denn dann sind wir alle tot. Höchstwahrscheinlich nur du, aber…“

Caligola sprang auf, packte Johnny an der Kehle und drückte ihn gegen die Holzwand. „Wenn du nicht gleicht die Klappe hältst, überlege ich mir das mit dem Versprechen an Ricci noch einmal und töte dich auf der Stelle. Und was die da draußen angeht“, er zeigte nach draußen, „die werden wohl kaum etwas dagegen unternehmen können.“ Caligola fuhr die Fänge aus und beugte sich zu ihm vor.

„Schluss jetzt. Hört auf ihr beiden. Wir müssen uns gedulden, wenn wir die Hilfe der Courtes lámur haben wollen“, mischte Adrian sich ein.

Caligola ließ Johnny los und machte einen Schritt zurück. „Du hast Recht. Ich habe wohl überreagiert.“

Johnny atmete tief durch. „Wir alle haben zu viel um die Ohren gehabt. Es tut mir Leid. Hätte ich nicht gegen Nikolas verloren, dann würde das Rudel immer noch mir gehören.“

„Wir würden ihn trotzdem jagen. Egal was passiert wäre, meine Rechnung mit Nikolas endet erst, mit seinem Tod“, meinte Caligola bitter.

Adrian stand auf und stellte sich an das Fenster. Draußen gingen Leute vorbei und schauten immer wieder nach drinnen. „Neugieriges Aas“, knurrte Adrian. „Können sie sich nicht irgendeinen anderen Ort zum rumgaffen aussuchen.“

Laroux zog verwundert die Augenbrauen hoch. „So habe ich dich ja noch nie erlebt? Adrian, du wirst mir gerade immer sympathischer.“

„Laroux lass deine dummen Sprüche. Ich denke drei Wolfsbisse auf einmal könne selbst einem Vampir bleibenden Schaden zufügen“, meinte Johnny gelassen, woraufhin Laroux ihm einen bösen Blick zuwarf. Johnny grinste ihn nur an und wandte sich dann wieder Caligola zu. „Da wir jetzt sowieso den ganzen Tag hier drinnen verbringen müssen, kannst du uns ja erzählen wie“, Johnnys stimme versagte. Er räusperte sich einmal, damit keiner der Anwesenden merkte, dass er die Tränen unterdrücken musste. Und um die Traurigen Erinnerungen zu verdrängen. „Wie Ricci gestorben ist.“

Caligolas Gesichtsausdruck wurde traurig. „Ich war abgehauen, sie kam mir nach und stürzte dann die Klippe hinunter. Ende der Geschichte“, sagte er knapp.

Johnny legte seine Hand auf Caligolas Schulter. „Ich weiß, dass es für dich sehr schmerzen muss darüber zu reden, aber ich würde gerne wissen, was sie zuletzt getan hat.“

Caligola sah Johnny traurig an und seufzte. „Dazu muss ich dir die Vorgeschichte erzählen. Wir kamen bei Gregory, dem Magier, an und nahmen die Handschellen ab. Danach wollten wir unsere traute Zweisamkeit genießen, aber ein Werwolf namens Eleonora“, Adrian riss die Augen auf und drehte sich neugierig zu Caligola um, „hat uns dabei gestört und sich an mich rangemacht.“

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht!“, fuhr Adrian ihn an, „Eleonora würde sich niemals auf einen Vampir, und schon gar nicht dich, ranmachen!“

Alle sahen Adrian verwundert an. Johnny war der Erste, der etwas sagte. „Was geht denn mit dir ab? Sag nicht, dass du sie kennst!“

Adrian ließ den Kopf sinken. „Sie ist meine Frau.“

Caligola schluckte. Oh-oh. Bleibt nur noch zu hoffen, dass er sie nicht mehr liebt oder erst gar nicht nach ihr fragt. Verdammt, irgendwann findet er es sowieso heraus. „Das ist gar nicht gut.“

„Warum?“, fragte Adrian.

„Das erfährst du im Laufe meiner Erzählung. Aber bitte unterbrich mich nicht.“

„Ich werde es versuchen.“

„Also gut. Auf jeden Fall, hat sich Ricci dann furchtbar aufgeregt, weil sie dachte, dass ich etwas mit Eleonora am Laufen hätte“, Adrian verschränkte die Arme vor der Brust und schnaufte. Caligola brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen und erzählte weiter. „Sie ist abgehauen, während ich mich mit Eleonora gestritten habe. Lange Rede, kurzer Sinn: Ricci bekam mein, unabsichtlich, mein früheres ich zu Gesicht und ich bin abgehauen. Sie wollte mich gar nicht gehen lassen, aber ich wollte nicht, dass sie mich so sah. Ich habe sie weggestoßen und bin abgehauen.“ Caligola ließ bedrückt den Kopf hängen. „Ich war so ein Idiot.“

„Was wurde aus Eleonora?“, fragte Adrian. Als Caligola nicht antwortete, hatte Adrian schon eine schlimme Vorahnung. „Wie?“

„Ich habe sie gegen die Wand gedrückt und ausgesaugt.“

„Du…!“ Adrian fasste sich wieder und fragte etwas ruhiger: „Ich wollte wissen wie es dazu kam“, presste er zwischen den Zähnen hervor.

„Ich habe sie gebeten mich und Ricci in Ruhe zu lassen, aber sie ließ nicht locker. Irgendwann fingen wir an zu streiten und dann sind die Pferde mit mir durchgegangen. Es tut mir Leid, wenn ich gewusst hätte, dass sie deine Frau war, dann…“

Adrian winkte ab. „Ich dachte Eleonora sei bei einem deiner Überfälle umgekommen, als sie weglief und nicht mehr wiederkam, aber wenn das stimmt, was du erzählst, hat sie es verdient. Lasst uns mit dem Thema abschließen. Erzähl weiter. Was ist passiert, nachdem du gegangen bist?“

„Ich musste mir einen Weg durch den Schneesturm kämpfen. Leider wurde der Sturm nach einer Weile immer stärker und da keine Höhle oder sonst irgendein Unterschlupf zu finden war, habe ich mir eine Höhle in den Schnee gegraben. Es dauerte nicht lange, da war dir Höhle wieder zu und der Schnee hatte mich unter sich begraben. Einschlafen konnte ich nicht, also habe ich über die Ereignisse des Tages noch einmal nachgedacht und mich dazu entschlossen, Ricci nicht kampflos aufzugeben. Wenn sie sich in einen anderen verliebt hätte, habe ich mir gesagt, würde ich sie mit ihm leben lassen. Gesagt getan. Am darauffolgenden Tag bin ich zurück zum Turm, in dem der Zauberer wohnt, gegangen und habe sie gesucht. Gefunden habe ich sie, als sie Gregory gerade umarmte. Ich dachte er habe sie erführt und nun will sie mich nicht mehr und bin wieder gegangen.

Um mich abzuregen bin ich schwimmen gegangen und nachdem ich wieder aus dem Wasser gestiegen war, sah ich Ricci an der Klippe stehen und hinunter sehen. Als sie mich bemerkte, fauchte ich sie gerade an. Ich wollte zu dem Zeitpunkt nichts mehr mit ihr zu haben und sie so schnell wie möglich wieder loswerden. Ricci allerdings hatte keine Angst als ich ihr mein wahres Gesicht zeigte.

Wir wollten uns gerade versöhnen, als der Boden unter ihren Füßen wegbrach und sie in die Tiefe stürzte. Gott sei Dank konnte sie sich an einem kleinen Felsvorsprung festhalten. Ich kletterte zu ihr hinunter und wollte gerade nach ihrer Hand greifen, als auch dieser Vorsprung wegbrach und ich nur noch zusehen konnte, wie sie in den Fluss stürzte.

Ohne ein Zögern sprang ich ihr hinterher und versuchte sie zu finden. Nichts. Sie war weg, aber ich gab nicht auf. Ich folgte dem reißenden Fluss bis zu einem See, der so kalt war, dass einem das Blut in den Adern gefrieren konnte. Sechs Stunden suchte ich vergeblich nach ihr. Das letzte was sie zu mir sagte war, dass ich ihr versprechen solle, dir zu helfen und ich halte meine Versprechen.“

Johnny, Adrian und Laroux standen die Tränen in den Augen. Wenn im diesem Augenblick jemand das Haus betreten würde, könnte er glauben, dass da drei Kinder wären denen die traurigste Geschichte der Welt erzählt werden würde. Na gut, für sie war es auch so, denn jeder von ihnen hatte Ricci gekannt. Laroux am kürzesten, doch er hatte sie schon in der kurzen Zeit zu mögen gelernt.

 

- - - - - -

 

Ricci und Gregory gingen durch die Straßen, auf dem Weg zum Hotel. Sie waren hell erleuchtet und es herrschte auch nicht gerade wenig betrieb.

„Und wie weit wird das Hotel entfernt sein?“, fragte Ricci ungeduldig.

Gregory zog die Augenbrauen hoch. „Bist du denn schon müde?“

Ricci drehte den Kopf zu ihm und sah in seine Augen. „Jetzt mal ehrlich, sehe ich für dich müde aus?!“, sie zeigte auf ihre leichten Augenringe.

„Nein. Eigentlich nicht“, meinte er spöttisch. „Keine Panik, wir sind schon da.“ Er deutete auf das riesige Hotel vor ihnen.

Riccis Mund blieb offen stehen und ihr Blick wanderte das riesige Gebäude entlang nach oben. „WOW! Das ist ja riesig!“, staunte sie.

„Und wir werden das Zimmer im obersten Stock haben“, sagte er so gelassen, als ob das eine Selbstverständlichkeit wäre.

„Habe ich eigentlich schon einmal erwähnt, dass ich irrsinnige Höhenangst habe?“

Gregory konnte sich das Lachen nicht verkneifen. „Nein hast du nicht, aber dafür ist es auch schon zu spät. Außerdem würde mich das nicht davon abhalten, dieses Zimmer zu nehmen.“

Ricci sah ihn aus dem Augenwinkel an. „Ein wahrer Gentleman.“

„Und noch besserer Liebhaber. Keine Panik, ich würde nicht einmal auf die Idee kommen, mit dir zu schlafen.“ Gregory ging zum Eingang, während Ricci ihm beleidigt folgte.

„Was soll das denn nun wieder heißen?“ Sie blieb stehen und stemmte die Hände in die Hüften. „Bin ich dir denn nicht attraktiv genug, oder was?!“

Er blieb stehen und drehte sich zu Ricci um. „Das ist eine lange Geschichte. Naja, eigentlich lässt sie sich mit einem Satz erklären. Beziehungsweise mit einem Gegenstand plus kurze Erklärung.“

Plötzlich stand er vor Ricci und knöpfte sich das weiße Hemd auf. Sie dachte schon er würde sich vor ihr ausziehen, aber in dem Moment holte er eine Hundemarke heraus und zeigte sie Ricci. Darauf stand ein Name. Timothy Gregorius Chase Phoenix III. Ricci nahm sie in die Hand und drehte sie. Auch auf der andern Seite Stand ein Name. Ricci riss erschrocken die Augen auf. Diesmal standen da nur zwei Vornamen, aber das war es nicht, was sie erschreckte. Eher der Nachname. Timothy Chase Mertes. Ricci hob benommen den Kopf. „Soll das etwa heißen…“

„Dass ich sein Vater bin?“, vollendete Gregory ihren Satz, „Nein, das bin ich nicht. Ich bin nur sein Macher.“ Als Ricci nichts sagte, fuhr er fort. „Ich werde dir alles erklären, aber erst lass uns einchecken.“ Er nahm Riccis Hand und führte sie hinein, da sie ziemlich benommen aussah.

Die Hotellobby sah schon aus, wie eine Villa. Der Boden war aus Marmor, genauso wie der Tresen und die Stützsäulen. Von der weißen Decke hing ein Kristallleuchter und erhellte den ganzen Raum.

Gregory ging zum Tresen und betätigte die kleine goldenen Klingel, woraufhin sofort ein Angestellter, mit dunkelbraunem, fast schon schwarzem Haar, kam. „Привет, Timothy! Schön dich wieder einmal zu sehen!“

Gregory kniff argwöhnisch die Augen zusammen. Er lebte seit tausend Jahren in einem Turm, weit abseits von diesem Dorf, wie konnte der Typ ihn kennen? „Es tut mir leid, aber sollte ich sie kennen?“, fragte er leicht verwirrt, aber dennoch höflich.

„Also ehrlich Timothy, sag bloß du kannst dich an unsere nächtlichen Sauftouren nicht mehr erinnern. “ Als Gregory den Kopf schüttelte, verdrehte der Typ die Augen. „Weißt du noch? Dimitri Konlan!“ Er sah sich um und ließ dann kurz seine Augen Blutrot aufblitzen. „О боже мой! Ich habe dir bei deiner Verwandlung geholfen.“

Da traf es Gregory wie ein Blitz. „Dimitri! Ich weiß schon wieder! Aber ich muss sagen, dass ich mich an unsere Sauftouren nicht mehr erinnern kann, hat aber einen anderen Grund. Du musstest mich nicht nur einmal nach Hause tragen, weil ich sturzbetrunken war. Bevor ich zum Vampir wurde.“

Ricci riss die Augen auf. Der Typ ist auch so alt! Gregory, ich hoffe der hat nicht vor sich an meinem Blut zu schaffen zu machen!

Dimitri gab einen entrüsteten Laut von sich, bevor er Ricci schief ansah. „Малютка, ich bin kein Vampir. Also was sollte ich mit deinem Blut. Das einzige für das ich Blut brauche ist, um einen Pakt abzuschließen. Aber ich bezweifle, dass ihr deswegen hier seid. Ты поняла?“ Er drehte sich wieder zu Gregory um. „Also, welches Zimmer darf es sein?“

„Wie sieht es mit der Präsidenten-Suite aus?“

„Da muss ich dich leider enttäuschen, die wurde gestern schon an jemanden vergeben, der länger in der Stadt bleiben möchte.“

„Du. Warum habe ich mir das schon gedacht.“

Er zuckte vergnügt mit den Schultern. „Aber die Suite neben meiner ist noch frei. Wie sieht´s aus?“ Er sah Ricci wissend an. „Hast du Bock, mal was beziehungsweise jemand neues auszuprobieren?“

Ricci gab einen entrüsteten Laut von sich. „Was bildest du dir ein“, fauchte sie leise, „Ich werde ganz sicher nicht mit jemanden wie dir schlafen. Ich habe einen Freund!“

Dimitri sah Gregory mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich wusste ja, dass Hunde treu sind, aber ich hatte gehofft, dass das nicht für Werwölfe gilt. Wie ich sehe leider schon, aber das verstehe ich vollkommen. Jemand der viertausend Jahre Erfahrung, als Bordellstammgast mit sich bringt, hat sicher einiges zu bieten.“

Ricci riss die Augen auf und drehte den Kopf langsam zu Gregory. „Bordellstammgast?“, zwitscherte sie.

Gregory sah sie aus dem Augenwinkel an. „Bock das doch auszuprobieren?“, fragte er provokant.

„Nein!“ Sie wandte sich wieder an Dimitri. „Was ist jetzt, bekommen wir die Suite neben deiner?“ Gregory wollte etwas sagen, aber Ricci brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen.

Dimitri sah Gregory wissen an und sagte dann zu Ricci: „Klar. Wie lange darf es sein?“

„Zwei Tage“, antwortete Ricci.

„Gut.“ Er nahm einen Schlüssel von der Wand hinter ihm und reichte ihn Ricci. Dimitri warf Gregory einen vielsagenden Blick zu, bevor sie im Fahrstuhl verschwanden.

Gregory steckte die Hände in die Hosentaschen und biss sich auf die Unterlippe. „Ein Dämon also.“ Gregory sah Ricci fragend an. „Was ist mit dem Dämon?“, fragte er sie.

„Dein früherer Saufkumpan ist also ein Dämon.“

„Ja“, bestätigte er ihr.

„Kann er auch zaubern?“

„Nein. Dimitri steh es sich mehr darauf, Leute mit seinen Feuerbällen in ein Häufchen Asche zu verwandeln.“

„Oh, ein Feuerdämon.“

„Jap.“

Die Fahrstuhltüren öffneten sich und Ricci stieg aus. Sie befanden sich im obersten Stockwerk, was Ricci nicht gerade geheuer war. Aber ihre Sturheit verbaten ihr ein Zimmer in einem anderen Stockwerk zu nehmen. „Ok, wo gehören wir jetzt hin?“ Sie warf einen Blick auf den Schlüssel in ihrer Hand. „4002. WAS?! Wir sind im Vierzigsten Stock!“

„Ja.“, sagte Gregory leicht verwirrt. „Warum? Stört dich die Höhe?“

„NEIN! Ich wusste nur nicht, dass es so weit oben ist.“ Sie gingen aus dem Aufzug und Ricci blieb vor zwei Türen stehen. „Es gibt hier nur zwei Zimmer?“, fragte sie perplex. Sie zuckte mit den Schultern. „Auch gut, dann haben wir wenigstens unsere Ruhe.“ Auf dem Zimmer zu ihrer linken stand 4001. Sie wandte sich zu dem Zimmer zu ihrer rechten und stellte sich vor die Tür. 4002. „Passt.“ Sie steckte den Schlüssel in das Schloss und sperrte auf. Die Tür öffnete sich und gab die Sicht auf ein, in Blutrot, Weiß, Schwarz und Gold gehaltenes Zimmer frei. Es nahm die Hälfte des Stockwerkes ein und konnte mit allem bieten, was eine Frau begehrt. Als Ricci das riesige Bett bemerkte, lief sie darauf zu und sprang. Bei ihrer Landung bemerkte Ricci, dass das Bett nicht nachgab, sondern sich mit ihr bewegte. „COOL! Ein Wasserbett! Dieses Bett nehmen ich in Anspruch!“

Gregory schloss die Tür und sah Ricci fragend an. „Du weißt aber schon, dass dieses Zimmer nur ein Bett hat, oder?“

Ricci fuhr hoch. „WAS!“

Gregory presste die Lippen zusammen und nickte.

„Dann…“, Ricci sah sich um Zimmer um, „Schläfst du eben auf der Couch!“, sagte sie triumphierend.

„Träum weiter. Weißt du wie sehr ich mich auf so ein Bett gefreut habe. Ich hätte Dimitri dazu überredet uns sein Zimmer zu überlassen, denn das hat nämlich zwei Betten. Aber Madame musste mir ja den Mund verbieten. Das hast du dir das selbst zuzuschreiben, denn ich werde ganz sicher nicht auf der Couch schlagen.“

„Na gut, du kannst auch in dem Bett schlafen. Aber…“

„Wie gesagt, ich werde nicht mit dir schlafen und dich auch nicht in irgendeiner Art und Weise verführen. Du liebst Caligola und er dich. Ich als sein Macher werde nur darauf aufpassen, dass dir nichts passiert.“ Er legte sich neben Ricci aufs Bett. „Ich schlage vor, dass wir uns heute ausschlafen und morgen einkaufen gehen, denn draußen wird es schon dunkelt. Ich für meinen Teil bin nämlich, auch wenn ich als Vampir nachtaktiv bin, erledigt und genieße es in so einem Luxusbett zu schlafen.“ Er knöpfte sich das Hemd auf und warf es in hohem Bogen auf die Couch.

Ricci sah in schockiert an, als auch noch die Hose folgte. „Du schläfst doch hoffentlich nicht nackt?!“, fragte sie unsicher.

„Keine Sorge, heute nicht.“ Gregory hob die Decke hoch und legte sich darunter. „Nacht.“

Ricci setzte sich auf. „Würdest du bitte einen halben Meter rüber rutschen?“

„Nein. Ich habe genauso das Recht in der Mitte des Bettes zu schlafen wie du.“ Er drehte ihr den Rücke zu.

Sie wollte etwas demonstrieren, musste jedoch einsehen, dass er genauso stur war wie sie und sie nichts gegen ihn ausrichten konnte. Ricci warf ihre Sachen zu seinen Auf die Couch und drehte ihm den Rücken zu.

„Ich wusste gar nicht, dass du nur in Unterwäsche schläfst?“, meinte Gregory.

„Siehst du hier irgendwo ein T-Shirt, das ich anziehen kann? Ich nicht, also sei ruhig.“

„Ich wollte dir mein Hemd leihen, aber ok. Dann gute Nacht!“

Ricci schloss die Augen, versuchte die Präsenz neben ihr auszublenden und nach einer Weile schaffte sie es auch einzuschlafen.


Kapitel 17

 

 

Adrian stand auf und ging zur Tür. „Mir reicht es jetzt langsam. Ich habe keinen Bock die ganze Zeit über zu warten, bis sich dieser Möchtegern König Zeit für uns nimmt!“ Er ging zur Tür und riss sie auf. Davor standen zwei Wachen, die Adrian perplex anstarren.

„Was soll das!“, fuhr eine ihn an.

„Ich habe keinen Bock mehr in dieser Sauna zu sitzen. Die Sonne knallt aufs Dach und wärmt die Hütte immer weiter auf!“

„Damit musst du leben, Adrian, denn Hrothgar hat dir noch keine Erlaubnis erteilt, das Haus zu verlassen.“

„Ist mit scheißegal! Und wenn ihr mich nicht vorbeilasst, werdet ihr erfahren, warum mich keiner mehr in diesem Dorf haben will!“ Adrian wollte sich zwischen die Wachen drängen, doch sie packten ihn und drückten ihn zurück ins Haus. „Leute, wenn es euch nichts ausmacht, könntet ihr mir bitte helfen?“

Laroux trat vor. „Kommt schon. Lasst uns raus. Wir machen euch schon keinen Ärger.“

Die Wachen fingen an zu lachen und stießen Adrian mit einem Ruck zurück ins Haus. „Ja, klar. Und als nächstes sollen wir dir freiwillig unser Blut geben. Halt einfach die Fresse, Blutsauger!“

Johnny baute sich vor den Wachen auf. „Was ist euer Problem!“

„Wir wollen euch nicht hier haben, das ist unser Problem!“

„Schön. Denn uns interessieren eure Probleme nicht. Wie gesagt, es sind eure!“

Die Wach rechts von Johnny verpasste ihm einen Schlag in die Magengrube, sodass er zusammenbrach. Arian und Laroux stürzten sofort zu ihm.

„Macht es wie euer Freund. Seid einfach ruhig!“ Die Wache zeigte auf die Couch, wo gerade eben noch Caligola gesessen war. „Verdammt! Wo ist er!“

„Hier“, sagte eine Stimme hinter ihnen. Sie drehte sich um und wurden von Caligola bewusstlos geschlagen. Er ging vor Johnny, der sich immer noch vor Schmerzen krümmte, auf die Knie. „Lass mich dir helfen.“ Caligola biss sich in den Arm und hielt ihn Johnny hin.

Dieser nahm seinen Arm in den Mund und trank. „Danke.“ Er wischte sich das Blut, welches danebengeronnen war, weg und stand langsam wieder auf. „Du hättest ruhig schon früher auftauen können.“

„Tut mir leid.“ Er hob den Kopf hoch und stand auf. „Lass uns dem Möchtegern König einen Besuch abstatten.“

Sie gingen durch das Dorf und fanden keine Menschenseele. Die Türen waren allesamt abgeschlossen, ebenso die Fenster.

„Ich habe das Gefühl, die haben Angst“, bemerkte Laroux.

„Ich frage mich nur wovor?“, sagte Caligola unschuldig, ein wissendes Grinsen konnte er sich allerdings nicht verkneifen.

Sie kamen vor Hrothgars Haus an und traten ein, ohne anzuklopfen.

„Klopf-Klopf. Ist hier jemand?“, fragte Caligola spöttisch.

„Was wollt ihr jetzt schon hier! Ich habe euch gesagt, dass ich keine Zeit habe!“, schrie eine Stimme, am anderen Ende des Raums.

„Wir wollten nicht länger in dieser Sauna sitzen und darauf warten, dass sie sich endlich Zeit für uns nehmen“, rief Adrian.

Plötzlich kam ein Mann bei der Tür hereingestürmt. Er schnappte nach Luft und seine Augen waren vor Angst geweitet. „Die Silberwölfe greifen an! Sie haben einen Vampir an ihrer Seite! Er will das Dorf auslöschen, wenn wir uns nicht Nikolas anschließen!“

Caligola sah Hrothgar an. „Wir werden uns um sie kümmern. Hoffentlich können sie uns dann vertrauen.“

Caligola, Adrian, Johnny und Laroux verließen den Raum, gingen nach draußen und stellten sich in einer Linie auf.

„Wie viele schätzt du sind das?“, sagte Laroux zu Caligola, als die erste Schar Werwölfe auf sie zukam.

„Hundert? Hundertfünfzig? Irgendetwas in der Art. Nimmst du die linke Flanke, dann nehme ich die rechte?“

„Geht klar.“ Laroux brachte fuhr die Fänge aus und brachte sich in Kampfposition.

„Johnny, Adrian, nehmt ihr die Vampire? Oder braucht ihr dabei Hilfe?“

Johnny und Adrian verwandelten sich und brachten sich ebenfalls in Angriffsposition. Du traust uns aber nicht viel zu. Johnny und ich kümmern uns schon um die Vampire. Wenn wir Hilfe brauchen sagen wir Bescheid. Und jetzt los!

Sie stürmten auf die Angreifer los. Caligola schleuderte die ersten Werwölfe gegen irgendwelche Bäume, er wollte schließlich nicht, dass sie starben, sie sollten nur ohnmächtig werden.

Laroux ging das ganze eher lässig an. Die ersten Werwölfe riss er in Stücke, bevor ihm einfiel, dass er sie am Leben lassen sollte. „Caligola, wie kann ich sie ausschalten, ohne dass sie gleich draufgehen?“

„Mit der Zeit kommt die Übung.“

Währenddessen kümmerten sich Johnny und Adrian um die Vampire. Sie hatten es leichter, schließlich konnten sie die Vampire ohne weiteres ausschalten. Während Johnny sie in kleine Fetzen riss, schnappte Adrian entweder nach deren Herzen oder er riss ihnen mit einem kräftigen Biss den Kopf ab.

Sie kämpften fast drei Stunden, bis sich der klägliche Rest der Vampire und eine Menge Werwölfe wieder zurückzogen. Caligola ging mit Laroux durch das Gemetzel und sah nach, ob es noch Überlebende unter den Vampiren gab.

Insgesamt hatten nur fünf Vampire den Angriff überlebt und drei starben, an den Folgen des Bisses. Die zwei Überlebenden ergaben sich und gaben Caligola ihr Wort, ihm treu und ergeben zu dienen.

Adrian und Johnny gingen durch und fesselten die ohnmächtigen Werwölfe. Von ihnen hatten zum Glück fast alle überlebt. Nur die paar wenigen, die zuerst auf Laroux losgingen, konnten sie nur noch Stückchenweise auflesen.

„Was machen wir mit ihnen?“, fragte Johnny Adrian.

„Wir werden sie auf ihre Treue testen und diejenigen die es ehrlich meinen werden entweder mit und kämpfen oder sich um die verletzten kümmern.“

Nach stundenlangem aussortieren, hatten sie nur drei Werwölfe die nicht auf ihre Seite wechseln wollten. Sie wurden kurzerhand wie ein Paket verschnürt in den Kerker geworfen.

Adrian und Johnny sahen nach wie es Caligola und Laroux bei ihren übergebliebenen ging. „Was gibt es neues von Nikolas?“, fragte Adrian ruhig.

Laroux stemmte die Hände in die Hüften und seufzte. „Es gibt zwei überlebende. Caligola bespricht mit ihnen gerade den neuen Plan und teilt sie ein. Zur Sicherheit hypnotisiert er sie auch noch einmal. Sie haben uns berichtet, dass sich Garoux Nikolas angeschlossen hat.“

„Ist das nicht dein Bruder?“, fragte Johnny.

Laroux nickte. „Aber wir konnten uns nie leiden. Sie sagen, er habe sich ihm angeschlossen, weil Nikolas ihm die Freiheit versprach. Sonst hätte er sie alle ausgelöscht.“ Er schnaufte. „Garoux war schon immer die Art große Klappe, nichts dahinter. Immer wenn es brenzlig wurde, hat er sich aus dem Staub gemacht. Man sollte ihn allerdings nicht unterschätzen.“

 

- - - - - -

 

Riiing, Riiing

Ricci fuhr hoch. „Was ist los!“ Sie hörte ein knurren neben sich und erschrak. Da fiel ihr wieder ein, dass Gregory neben ihr schlief. Sie ließ sich zurück auf das Bett fallen, welches dabei anfing zu schaukeln.

Ein weiteres Knurren. „Ricci, es gibt Vampire, die um diese Uhrzeit gerne schlafen. Würdest du das bitte respektieren. Danke und jetzt bitte ich um Ruhe.“

Ricci verdrehte die Augen und schloss sie wieder.

Riiing, Riiing,

Diesmal war es Ricci die knurrte. „Gregory, würdest du bitte ans Telefon“, murrte sie.

„Geh doch selber ran. Ich habe keinen Bock!“

„Aber das Telefon ist neben dir!“

„Freu dich. Das ist trotzdem kein Grund für mich ran zu gehen.“

„Wenn du meinst.“ Sie rappelte sich hoch, wobei das Bett Wellen schlug und sie sich nicht richtig auf den Knien halten konnte. Ricci beugte sich Gregory und versuchte das Telefon zu erreichen, doch da fing das Bett so an zu wackeln, dass sie über ihm das Gleichgewicht verlor und auf ihm landete.

Gregory fuhr hoch und sah sie böse an. Sie lag Bäuchlings auf über ihm und hatte die Arme ausgestreckt. „Sehr gescheit angestellt.“ Er beugte sich hinüber und wartete bis es wieder klingelte. Gregory nahm ab und lauschte kurz. „Dimitri, wenn mich noch einmal aufweckst, kannst du was erleben!“ Es folgte eine kurze Pause. „Ok, gut. Aber erst um eins!“… „Hör zu ich bin müde!“… „Ja ok!“ Er legte auf und wandte sich wieder Ricci zu. „Dimitri will, dass wir in einer Stunde in der Lobby sind.“

Ricci ließ den Kopf ins Leintuch sinken. „Warum?“

„Er will mit uns einkaufen gehen.“

Ricci hob den Kopf und ihre Augen funkelten. „Warum hast du das nicht gleich gesagt!“ Sie sprang aus dem Bett und verschwand ins Bad. „Gregory beeil dich! Schlafen kannst du wenn du tot bist!“

„Ricci, falls du es noch nicht mitbekommen hast, ich bin bereits tot!“

„Spar dir deine faulen Ausreden!“ Sie kam aus dem Bad und stemmte die Hände in die Hüften. „Gregory steh auf! Sonst kommen wir noch zu spät!“

Er hob die Augenbrauen. „Ich weiß, dass du dir sofort deine neuen Sachen anziehen willst, aber ich hoffe, dass du nicht vorhast so nach draußen zu gehen!“

Ricci sah an sich herunter und verdrehte die Augen. Sie hatte ganz vergessen sich ihre Sachen anzuziehen, nun stand sie in Unterwäsche vor ihm.

„Schwarz steht dir, Hexe!“, sagte er gelassen.

„Danke und jetzt steh auf!“

Mit einem murren stand er auf und ging sich fertig machen. Natürlich im Vampirtempo. Als Ricci sich das Top über den Kopf zog stand Gregory schon in voller Montur an den Türrahmen gelehnt. „Na komm beeil dich Ricci, sonst kommen wir noch zu spät!“, äffte er sie nach.

Ricci zog sich die Hose an und ging mit Gregory in die Lobby.

Dimitri saß auf einem Stuhl und wartete schon auf sie. „Ah, das ging aber flott.“ Er hielt Ricci den Arm zum Einhängen hin. „Wenn ich bitten darf.“

Ricci nickte und hängte sich bei ihm ein, während Gregory die ganze Zeit über neben ihr ging. „Du kannst sie gerne verhätscheln, aber sie wird dich ganz sicher nicht gegen Caligola eintauschen“, bemerkte er so nebenbei.

„Ihr Freund ist dein Schützling?! Wow, ich wusste gar nicht, dass Meister so etwas für ihre Creavit machen.“

Ricci sah Dimitri fragend an. „Was ist ein Creavit?“

Dimitri seufzte. „О боже мой. Habt ihr ihr denn nichts beigebracht?“ Dimitri schüttelte den Kopf. „Ein Creavit ist ein Erschaffener.“

„Aahh. Ok, danke. Und würdest du bitte deutsch mit mir reden?“

„Zurück zum Thema. Ricci, was möchtest du dir als erstes Kaufen? Ich denke doch Gregory, als Gentleman, wird dir deine Einkäufe bezahlen, oder irre ich mich da?“

„Ja du irrst dich. Ich werde Ricci nur eine Gewisse Summe zur Verfügung stellen.“

Ricci sah Gregory neugierig an. „Dürfte ich erfahren um welche Summe es sich dabei handelt?“

„Da du nur das notwendigste brauchst“, Riccis Miene wurde finster, „Habe ich da an ungefähr 3.000 Juwels gedacht.“

Ricci blieb der Mund offen stehen. Verständlich, denn ein normales T-Shirt kostete um die 10 Juwels. „Wenn du mir so viel für das notwendigste gibst, will ich wissen, wie viel du eigentlich hast!“

„Das wirst du niemals erfahren.“ Gregory wandte sich an Dimitri. „Ich schätze einmal wir werden in das Hoteleigene Geschäft gehen, oder?“

„Richtig mein Freund.“

Sie gingen durch zwei gläserne Flügeltüren und betraten eine etwa 336 Quadratmeter große Halle, mit insgesamt 36 Geschäften, der verschiedensten Art.

„Das kann ja lustig werden“, murrte Gregory.

 

- - - - - -

 

Nach etwa Sechs stunden war Riccis Einkaufsrausch beendet und sie kam mit Dimitri, der all ihre Taschen tragen musste, im Schlepptau zurück und strahlte. „Der Tag war ein voller Erfolg!“

Gregory sah an ihr vorbei zu Dimitri, der sich gerade noch so auf den Beinen halten konnte. „Ich sehe es.“

„Wir tragen nur noch schnell meine Sachen in unser Zimmer und verschwinden dann.“

Gregory sah sie fragend an. „Wohin verschwinden wir denn?“

„Dimitri kennt da eine super coole Bar, in die er uns mitnehmen will. Das wird toll!“

„Ok, ich warte dann hier auf euch.“ Er konnte noch hören, wie Dimitri etwas von „von wegen wir“ faselte, dann war er auch schon weg und Ricci stand alleine im Flur.

Sie drehte sich verwirrt zu Gregory um und sah in an. „Wo ist er?“

„Hier bin ich.“

Sie drehte sich blitzschnell um. „Das ging aber schnell!“

„Ich weiß und jetzt lasst uns feiern gehen!“

Es dauerte keine fünf Minuten, da standen sie schon vor einer Bar die Midnight Lounge hieß. Als sie die Bar betraten, stiegen Ricci unbekannte Düfte in die Nase, die sie fast um den Verstand brachten.

„Was riecht hier so gut?“, fragte sie verträumt.

„Das sind die Gerüche von Duftdämonen. Sie verführen ihre Auserwählten damit“, meinte Dimitri verächtlich. „Sie sind echt erbärmlich.“

Er führte Ricci und Gregory an die Theke und setzte sich mit ihnen auf die Barhocker.

Ricci bestellte sich einen Whiskey pur. Sie drehte sich um und warf einen Blick auf die große Tanzfläche, auf der es von Menschen nur so wimmelte. „He Gregory! Kannst du tanzen?“ Sie zupfte an seinem neuen, weißen Hemd, bis er ihr seine Aufmerksamkeit schenkte.

„Nein.“ Er wartete bis der Barkeeper kam und bestellte einen Pina Colada.

Dimitri trank seinen bestellten Sex on the Beach. „Klar kann er tanzen. Er war der beste Tänzer seiner Zeit.“

Gregory warf Dimitri einen bösen Blick zu, der töten konnte. „Eben. Meine Zeit ist schon sehr lange um.“

Dimitri klopfte ihm auf die Schulter. „Jetzt sei nicht so verklemmt! Du führst dich auf als hättest du tausend Jahre keinen Sex mehr gehabt!“, sagte Dimitri und fing an zu lachen. Aber als Gregory nur aus seinem Drink trank wurde es ihm klar. „Oh. Mein. Gott. Wie kann man das aushalten!“

Ricci fing an zu kichern. „Deswegen bist du immer so schlecht drauf!“

Gregory drehte den Kopf zu ihr um. „Du bist auch mies drauf, soll ich daraus auch schließen, dass du zu wenig Sex hast?“, meinte er spöttisch. Ricci lief hoch rot an und wandte den Blick ab. „So jung und schon total geil nach Sex. Ricci, wir sollten Caligola schleunigst finden.“

Dimitri fing an zu lachen. „Ihr zwei geht jetzt erst einmal auf die Tanzfläche und tobt euch aus. Vergesst aber vorher nicht eure Drinks auszutrinken. Ihr wisst doch, es gibt verrückte die euch irgendetwas in den Drink schütten können.“

Ricci und Gregory tranken ihre Drinks aus und gingen auf die Tanzfläche. Da auf der Tanzfläche nicht gerade viel Platz war, mussten sie eng miteinander tanzen. Da sie aber nichts voneinander wollten, war das nur ein kleines Problem. Ein größeres waren die Leute, die sich durchdrängten und alle anderen wegstießen.

Nach einer halben Stunde, pickten sie fast aneinander. Sie wussten nicht, ob es an dem jeweils anderen, der Hitze im Club lag oder an den vielen Personen so eng aneinander.

Ricci wollte langsam aus dem Klub, es schien als finge alles an sich zu drehen. Die Musik wurde dumpfer und das einzige was sie noch wahr nahm, waren diejenigen, die sich in der Nähe ihres Blickes befanden.

Plötzlich kam ein ruhiges Lied und jeder legte seinem Partner die Arme um den Hals, also machen Gregory und Ricci es ihnen gleicht, um nicht aufzufallen. Ricci sah ihm in die Augen. „Ich glaube ich bin betrunken“, sagte sie glucksend.

Gregory lachte kurz. „Ricci, du kannst von einem Glas Whiskey nicht betrunken werden!“, meinte er spöttisch. Jedoch ging es ihm genauso. Er tat es als Einbildung ab.

Er konnte nicht betrunken sein. Das ging gar nicht von diesem einen Glas. Er müsste rein theoretisch ein halbes Fass austrinken, um betrunken zu sein.

Da kam eine Tussi und rammte Ricci den Ellbogen in den Rücken, sodass Ricci einen Satz nach vorne machte. Doch statt ins leere zu fallen, fiel sie Gregory in die Arme und berührte unabsichtlich seinen Mund mit ihren Lippen. Sie ließ ihn los und wich ein Stück zurück. „Ups.“ Sie sah ihm in die Augen und hätte schwören können, dass das blau intensiver war.

„Du bist wunderschön, habe ich dir das jemals gesagt?“, meinte Gregory.

„Gregory, was redest du?“ Sie sah sich um, aber Dimitri konnte sie weit und breit nicht entdecken. „Ich denke wir sollten gehen. Du wirkst betrunken, genauso wie ich und solange ich noch etwas klar denken kann“, weiter kam sie nicht, da hatte Gregory ihr schon sanft seine Lippen aufgelegt.

Erst protestierte sie, doch was auch immer in dem Drink war, es hatte ihr so stark zugesetzt, dass sie schlussendlich nachgab und seinen Kuss erwiderte.

Er schlang seine Arme um ihre Taille und zog sie mit sich. Seine Küsse wurden immer leidenschaftlicher.

Schließlich stand Ricci mit dem Rücken zur Wand und drängte sich immer näher an ihn. Dann stieß sie ihn sanft weg, um wieder Luft zu holen.

„Lass uns aufs Zimmer gehen und uns dort fortsetzen“, knurrte er leise. Er hob Ricci hoch und verschwand mit ihr.

 

- - - - - -

 

Gregory trug Ricci auf seinen Armen in ihr Zimmer und legte sich mit ihr aufs Bett. Ihre Küsse waren wild und leidenschaftlich. Gregory fuhr mit seinen Händen unter ihr Top und streichelte ihre Hüften. Er verschlang sie fast mit seinen Küssen. Ab und zu musste er sie loslassen, damit Ricci nach Luft schnappen konnte.

„Verdammt, du bist so warm und weich!“, knurrte Gregory mit leuchtenden Augen an. Er küsste sie, wobei er sie immer und immer wieder mit seiner Zunge neckte. Er stieß sie an und liebkoste ihre Zunge. Gierig sah er sie an und streifte ihr das rote Top ab, welches er ihr gekauft hatte.

Ricci war unter Gregorys hartem Körper geradezu gefangen. Doch es störte sie keineswegs, im Gegenteil, es törnte sie an. Sie rieb ihren Körper an seinem uns Gregory gab ein kehliges Knurren von sich. Sie schlang ihre Beine um ihn wobei sie sein hartes Glied zwischen ihren Beinen spüren konnte.

Gregory wanderte mit seinen Händen hinter ihren Rücken und öffnete mit einem gekonnten Handgriff ihren BH. Dieser flog in hohem Bogen vom Bett und landete neben ihrem Top. Gregory massierte ihre Brüste, während er ihren Mund immer wieder eroberte.

Ricci erwiderte seine leidenschaftlichen Küsse und knöpfte währenddessen gekonnt sein Hemd auf. Mit jedem Knopf kamen ein weiterer Teil seiner alabasterfarbenen Brust zum Vorschein und seine Hundemarke. Als sie das Hemd geöffnet hatte, zog Gregory es sich aus und warf es zu den anderen Kleidungsstücken auf den Boden, die Hundemarke jedoch ließ er oben. Ricci strich wie wild über seine Brust und heizte damit sein Verlangen immer weiter an.

Gregory machte sich an ihrer Hose zu schaffen und streifte sie ihr ab. Er stemmte seine Hände neben Riccis Kopf in das Leintuch und sah sie begierig an. „Heute Nacht, werde ich dir das Schreien und Stöhnen beibringen. Nicht, dass du daran etwas ändern könntest, ich wollte dich nur informieren“, knurrte er und leckte sich über seine ausgefahrenen Fangzähne.

Sie sah in seine eisblau leuchtenden Augen zog ihn wieder zu sich hinunter. „Ich habe nichts anderes von dir erwartet. Ich hoffe du hast in deinem viertausend jährigem Leben einiges über Sex gelernt, denn wenn ich morgen noch laufen kann, werde ich dir gehörig die Meinung geigen“, sagte sie betrunken.

Sie warf ihn mit einem gekonnten Schwung auf den Rücken und setzte sich rittlings auf sein hartes Glied. Langsam ließ sie ihre Hüften kreisen und spürte wie sich sein Körper unter ihrem immer weiter anspannte. Triumphierend leckte die sich über die Lippen, während er den Kopf nach reckte und genüsslich die Augen schloss.

Gregory knurrte laut und warf Ricci wieder um. Er sah in ihre goldenen Augen und befreite sich dann aus seiner schon zu engen Hose. Auch diese landete auf dem Boden. Er schaute Ricci wissen an und wanderte dann mit seinem Kopf immer tiefer. Hinterließ eine Spur aus Küssen, auf dem Weg zu ihren Schenkeln.

Das einzige was Ricci noch anhatte, war ihr schwarzes Spitzenhöschen, welches Gregory sanft nach unten und über ihre Füße streifte. Jetzt lagen ausnahmslos alle Kleidungsstücke am Boden.

Ricci keuchte auf, als Gregory ihr einen wissenden Blick zuwarf, ihre Schenkel auseinander drückte und mit dem Kopf dazwischen verschwand. Langsam umkreiste er mit der Zunge ihre Klitoris und Ricci krallte sich in das Leintuch. Sie drückte ihren Kopf nach hinten in den Kopfpolster, riss die Augen auf und stöhnte leise auf.

Er zog sie näher zu sich und drückte mit der Zunge gegen ihre Scham. Ricci biss sich so fest auf die Lippen, dass sie sich schon fast verletzte. Gregory zog ihre Beine über seine Schulter und packte sie an den Hüften. Er neckte sie immer wieder und selbst als sie laut aufstöhnte war er noch nicht zufrieden. Er fuhr mit seinen Fängen über die Spitze ihres Kitzlers und Ricci durchfuhr ein wohliger Schauder.

Schließlich hatte der Alkohol die Kontrolle über sie, und Ricci verlor all ihre Schamgefühle. Sie nahm eine Hand und krallte sie in Gregorys nachtschwarzes Haar. Dieser leckte in der Zwischenzeit genüsslich weiter und trieb Ricci immer weiter an den Rand ihres Verstands.

Die Nerven in ihrem Unterleib spielten verrückt und trieben Ricci in den Wahnsinn. Einen göttlichen Wahnsinn. Kurz bevor sie zum Höhepunkt kam hörte Gregory auf und rutschte wieder nach oben. Er zog an ihren Schenkeln, bis er ihren Scheideneingang spüren konnte. Doch bevor er in sie eindrang legte er sich auf sie und sah sie einen Moment lang an.

Ricci biss sich auf die Unterlippe, öffnete den Mund und hob den Kopf. Kurz bevor sie seine Lippen berührte grinste er und drang mit einem Stoß seiner Lenden tief in sie ein. Ricci warf den Kopf zurück und bäumte sich unter ihm auf, nur um dann zu stöhnen, als er sich wieder aus ihr zurückzog. Sie schlang die Beine um seine Hüften und presste sich an ihn. Sie wollte ihn tief in sich spüren.

Ricci streckte eine Hand nach ihm aus und wollte seinen Kopf zu sich ziehen. Gregory nahm ihre Hand und fuhr, mit den Lippen die Schlagader an ihrem Handgelenk nach. An ihrem Hals blieb er stehen und hob den Kopf. „Du wirst dir noch wünschen, du hättest mich niemals gebeten, das mit dir zu tun.“ Ricci kicherte, bevor Gregory sie mit einem Grinsen küsste. Wieder drang er in sie ein, doch diesmal nur Stück für Stück. Er heizte ihr beider Verlangen auf bis sie sich nicht mehr losließen. Sie umklammerten sich so stark, dass Ricci blaue Flecken davontragen würde.

Immer wieder stieß er in sie ein, um sich später aus ihr zu entfernen, nur damit er sich nach einem Augenblick später in ihr zu versenken konnte. Seine Bewegungen wurden stärker und schneller, solange bis Ricci anfing im Rhythmus seiner Stöße aufzustöhnen.

Das einzige was Ricci noch hörte, waren ihr Stöhnen und der dröhnende Puls in ihren Ohren. Gregory genoss es zu sehen wie sie sich unter seinen Bewegungen wand und aufbäumte. Nur eines fehlte ihm noch.

Er packte Ricci wieder an ihren Schenkeln und zog sie im gleichen Rhythmus, in dem er in sie eindrang, an sich. Ricci hatte die Arme über ihren Kopf in das Polster gekrallt und stöhnte laut. Als sie zum Höhepunkt kam schrie sie, doch das reichte Gregory nicht. Er wollte zwar, dass sie schrie, jedoch sollte sie seinen Namen schreien. Er knete ihre Brüste, während er sich in ihr bewegte. Auch als er selbst zum Höhepunkt kam und sich in ihr ergoss, hielt ihn das nicht davon ab weiterzumachen.

Über tausend Jahre hatte er im Turm gelebt und der Besuch hielt sich in Grenzen. Wenn man es genau nahm, waren es tausend Jahre völlige Enthaltsamkeit. Ein weiterer Grund dafür, dass er die heutige Nacht ausnutzen würde. Der Alkohol hatte nur dafür gesorgt, dass er seine Hemmschwelle verlor und sich mit Ricci vergnügte.

Gregory senkte den Kopf und fing an, an ihrer Brustwarze zu knabbern und zu saugen. Diese waren schon hart und standen nach oben, sodass er mit seinen Fängen daran zupfen konnte. Er knurrte und Ricci stöhnte. Ein kurzer Biss genügte und Ricci bäumte sich mit einem wimmern ein weiteres Mal unter ihm auf.

Riccis Nerven spielten nun allesamt verrückt. Von einem weiteren Orgasmus gerüttelt schrie sie auf und krallte sich an Gregorys Schulter fest, dabei hinterließ sie rote Striemen. „Mehr! Härter!“, stöhnte sie.

Gregory kam ihrer Bitte liebend gerne nach und stieß immer härter in sie. Er wandte sich ihrer anderen Brustwarze zu, während die erste nun gerötet war. Langsam und sanft umkreiste er mit seiner Zunge ihren Warzenhof und zupfte wieder mit seinen Fängen an ihr. Zufrieden damit, dass nun beide gerötet waren, fing er wieder an Ricci zu Küssen. Diese stöhnte bei jedem Stoß in seinen Mund und fuhr mit der Zunge über seine Fänge, bis sie sich von ihm lösen musste, um Luft zu holen. Sie atmete schnell und flach und musste trotzdem immer wieder nach Luft schnappen.

Währenddessen wanderte Gregory zu ihrer Kehle und leckte sanft über ihre Halsschlagader. Er würde sie beißen, das stand fest. Auch dass es heute Nacht geschehen würde, nur der genaue Zeitpunkt stand noch nicht fest. Er kratzte mit den Fängen über ihre Haut, ohne dabei auch nur die geringste Spur zu hinterlassen. Als er sich wieder ganz aus ihr zurückzog und mit einem kräftigen Stoß bis zum Anschlag in sie eindrang, fuhr Ricci wimmernd hoch und klammerte sich an seiner Schulter fest. Sie keuchte und wurde von einem weiteren Orgasmus gebeutelt, auch Gregory kam in ihr und biss sie.

Ricci spürte den Schmerz von Gregorys Biss nicht, nur die wollige Wärme die sich in ihrem Körper bei jedem seiner Züge ausbreitete. Als er wieder bis zum Anschlag in sie eindrang und sie somit zu einem weiteren Orgasmus brachte, schrie sie seinen Namen. Und zwar so laut, dass es derjenige im Nebenzimmer mitbekam. Die Wände waren zwar Schallgedämpft, aber Ricci konnte sehr laut schreien.

Ricci ließ sich schweißüberströmt aufs Bett sinken. Sie keuchte und auch Gregory atmete ein paarmal ein und aus. Er zog sich aus ihr zurück und ließ sich auf ihren Körper sinken. Damit sie nicht sein ganzes Gewicht tragen musste, stützte er sich mit seinen Unterarmen, links und rechts neben ihr ab.

„Verdammt, das war fantastisch“, flüsterte Gregory. Er legte seinen Kopf auf ihr, sich heben und senkendes Brustbein und sah sie an.

Ricci musste erst einmal wieder zu Atem kommen, bevor sie etwas sagen konnte. „Ich kann meinen Unterleib und die Beine nicht mehr spüren“, sie atmete wieder ein und aus, „Mal sehen, ob das Morgen auch noch so ist.“

Gregory sah auf die Uhr. „Es ist 5:53. Ich denke, dass sich die anderen Gäste jetzt in den Arsch hinein ärgern, weil sie keinen so einen Spaß hatten wie wir“, er sah sie glücklich an. Sein Blick wanderte über ihre Lippen, zu ihrer Halsschlagader und bis hin zu ihrem roten, von weißen Strähnen durchzogenem Haar. „Und du?“

„Ich denke, dass sich das Hotel morgen einige Beschwerden anhören kann, weil einige nicht schlafen konnten.“

Ricci ließ den Kopf zurück in das Kopfpolster sinken und schloss die Augen. Jetzt war sie komplett erledigt. Noch immer konnte sie spüren, wie die Wärme ihren Körper durchflutete und die Nerven in ihren Unterleib vor Erregung zuckten. Gregorys steinharter und gleichzeitig samtweicher Körper auf ihrem.

Da er sie um gut einen Kopf überragte, war Gregory nach unten gerutscht, als er seinen Kopf auf ihr Brustbein gelegt hatte. Die Hände hatte er links und rechts von Riccis warmen Köper ausgestreckt. Als Ricci die Augen geschlossen hatte, wurden seine Augenlieder auch schwer. Er legte den Kopf schief und schlief ein.

 

Kapitel 18

 

 

Während Adrian mit Caligola und Hrothgar den Plan durchging, kümmerten sich Johnny und Laroux zusammen mit den besten Kämpfern des Dorfes, um die Kampfausbildung.

„Wir müssen sie mehr auf den Nahkampf trainieren. Werwölfe setzten auf ihre Kraft, da sie aber auch schnell sind, darf sie nicht unterschätzen“, erklärte Johnny.

Laroux nickte und setzte fort: „Vampire setzten auf ihre schnelle und hinterlistige Art. Sie werden sich lautlos anschleichen und dann versuchen, euch das Genick zu brechen. Seid also doppelt vorsichtig und hört eure Umgebung ab.“

„Kommen wir jetzt zum Training.“ Einer der Kämpfer machte ihnen etwas vor und sie versuchten das nach zumachen.

„Wir sollten sie umzingeln“, schlug Hrothgar vor.

„Sie dürfen das Waffenlager nicht erreichen. Es befindet sich genau hier.“ Adrian zeigte auf die Mitte der Karte vom Grundstück.

„Gut, aber wir brauchen einen Plan B. Nikolas wird sicher schon mit etwas in der Art rechnen und das dürfen wir nicht vergessen.“

Adrian und Hrothgar stimmten ihm zu. „Gut, dann wäre das geklärt.“

„Wann werden wir angreifen?“

„Ich schlage vor, in zwei Tagen.“

„Aber das ist doch viel zu früh?“

„Keine Panik, die Wertiere sind von Geburt an sehr wehrhafte Tiere. Daher der Name.“

„Na gut. Wir werden einen Crashkurs mit ihnen machen. Ich hoffe das wird reichen.“

Sie gingen nach draußen und halfen Johnny, Laroux und den anderen bei der Ausbildung.

 

- - - - - -

 

Ein zwitschern erfüllt das Zimmer. Ricci war gerade aufgewacht, wollte ihre Augen dennoch nicht öffnen. Sie hatte so wunderbar geschlafen. Plötzlich hörte sie ein atmen ganz nah bei ihr, doch da fiel ihr wieder ein, dass sie mit Gregory das Bett teilen musste. Sie wollte gerade tief einatmen und sich strecken, da spürte sie ein Gewicht auf ihrem Oberkörper. Langsam öffnete sie ihre Augen und hob den Kopf, woraufhin ein stechender Schmerz durch ihren Kopf fuhr. Sie schloss die Augen und öffnete sie erst dann wieder, als das Pochen abklang. Was sie allerdings sah, ließ sie erstarren. „Gregory, wie viel haben wir gestern getrunken?“

Als Antwort bekam sie ein murren. „Keine Ahnung. Ich glaube jeder von uns ein Glas. Du Whiskey und ich Pina Colada. Warum?“ Gregory rieb den Kopf auf dem warmen und samtweichen Untergrund. Doch da merkte er, dass etwas nicht stimmen konnte. Er öffnete langsam die Augen und das erste was er sah war nackte Haut. Verwirrt hob er den Kopf und sah in zwei schockierte Augen. In Riccis Augen, denn er lag auf ihr. Und sie beide waren nackt.

„Scheiße“, war das einzige was er herausbrachte. Er stützte sich mit seinen Händen ab und drückte sich hoch, da bemerkte er noch etwas. Er lag zwischen Riccis gespreizten Beinen.

„Was zum Teufel ist passiert?“, fragte Ricci, ihren Blick immer noch starr auf Gregory gerichtet.

Er sah verwirrt auf sie herab. „Ich denke es ist das, wonach es aussieht.“

Ricci konnte es sich eigentlich auch schon denken, aber sie wollte die klare Gewissheit, dass sie miteinander geschlafen hatte. Sie stützte sich mit den Ellenbogen ab und drückte sich ebenfalls hoch. Langsam schloss sie die Augen, biss sich auf die Unterlippe und Atmete tief ein. „Vampire können nicht betrunken sein. Also“, sie öffnete die Augen und sah Gregory ernst an, „was ist passiert?“

Er schüttelte den Kopf. „Ricci, ich weiß es nicht. Aber ich kenne da vielleicht eine Möglichkeit, das herauszufinden.“

„Welche!“

„Dazu musst du mich in deine Gedanken hineinlassen.“

„Ok, mach!“

Gregory legte einen Finger an ihre Schläfe und durchsuchte ihre Gedanken.

Ricci lag immer noch unter ihm und machte keine Anstalten sich zu bewegen, aus Angst sie könne ihm vielleicht doch zu nahe kommen.

Eigentlich unsinnig, wie konnte sie ihm noch näher kommen, als beim Sex?

Schlagartig veränderte sich der Gesichtsausdruck von Gregory. Er wurde von suchend zu genießend. Als er fertig war, ließ er sich neben sie auf Bett fallen. „Also gut. Ich habe eine gute und eine schlechte Nachrichten. Zuerst die Schlechte: Wir hatten wilden und heißen Sex. Die Gute: Du hast es genossen.“

„Momentchen mal! Du willst damit sagen, dass ich den Sex mit dir genossen habe?“ Er nickte. „Das glaube ich dir nicht! Kannst du mir das irgendwie beweisen? Und warum zum Teufel ist das eine gute Nachricht?!“

Er drehte den Kopf zu ihr um und hob die Augenbrauen. „ Zugegeben, so gut ist sie auch nicht. Aber Ja, es gibt Wege es dir zu beweisen. Wie willst du es haben?“

„NEIN! Ich meinte meine Erinnerungen.“

„Ich weiß eh. Komm her.“ Sie drehte sich zu ihm um und er legte ihr die Finger an die Schläfen. „Rementios corentia livertatus.“

Ricci erlebte all das, was sie gestern mitbekommen hatte noch einmal. Und wie es aussah hatte es ihr wirklich gefallen. Als er die Finger wegnahm, öffnete sie die Augen und sah in seine. „Was machen wir jetzt?“

Gregory stand auf, zog sich die Boxershorts an und tigerte vor dem Bett auf und ab. „Als erstes müssen wir herausfinden wer das getan hat. Immerhin kannst einen Vampir nicht betrunken machen…Es sein denn …!“ Er blieb stehen und eine Augen fingen an zu leuchten“… du mischt ihm starke K.O. Tropfen unter den Drink. Und ich kenne da eine Person, die das liebend gerne macht.“

Gregory begab sich zur Tür und ging zu Dimitris Zimmer. Mit einem lauten Krachen flogen die zwei Flügeltüren aus massivholz auf. „Dimitri, du Arschloch!“

Dimitri lag mitten auf seinem Bett und links und rechts von ihm lag eine Blondine. Er hob verschlafen den Kopf. „Gregory, was ist?“

„Warum hast du mir K.O. Tropfen in meinen Drink getan!“, schrie Gregory.

„He jetzt reg dich ab. Es ist ja nichts passiert“, sagte er.

„Doch! Ich habe mit der Freundin meines Creavits geschlafen!“

„Ja, das habe ich laut und deutlich gehört.“

Auch wenn Ricci noch im Bett lag, konnte sie hören, was Gregory mit Dimitri besprach. Und das was sie hörte, fand sie so gar nicht lustig. Denn wenn Dimitri Recht hatte, dann musste sie ziemlich laut gewesen sein. Sie zog sich die Decke über den Kopf und lief erneut hochrot an.

„Gregory, jetzt entspann dich mal. Du siehst sowieso viel besser aus, als gestern. Die Nacht mit ihr hat euch beiden nicht geschadet. Außerdem warst du gestern Abend so verklemmt, dass ich nicht wusste, wie ich dich sonst locker kriegen könnte. Und seine wir mal ehrlich: Hat es ihr denn nicht gefallen?!“

„Das ist nicht der springende Punkt! Ihrem Freund wird das nämlich ganz sicher nicht gefallen!“

„Der muss das ganz doch nicht erfahren.“

„Doch und weißt du auch von wem!“

„Von ihr?“, meinte Dimitri verschlafen.

Gregory kniff die Augen zusammen. „Nein. Von Dir!“ Er verließ das Zimmer und ging zurück in ihre Suite. Gregory schloss die Türen hinter sich und lehnte sich dagegen. „Was machen wir jetzt?“

„Wie wäre es mit: Herausfinden, warum ich meinen Unterleib nicht spüre und wie ich das beheben kann?“

„Tut mir leid. Ich war wohl etwas zu grob zu dir.“

Ricci schüttelte den Kopf. „Du sagtest, ich habe es genossen, also kann ich bei der Sache nicht so unschuldig gewesen sein. Auch wenn ich es nicht zugeben will.“

Sie ließ sich zurück in den Kopfpolster fallen. „Wie erkläre ich das bloß Caligola?! Er wird mich hassen!“ In Riccis Augen sammelten sich die Tränen. „Noch viel schlimmer ist die Tatsache, dass wir gehen müssen und ich keinen blassen Schimmer habe, ob er mir diesen Fehltritt jemals verzeihen wird.“

Gregory stellte sich ans Fußende des Bettes. „Ich könnte dir mein Blut geben, dann stehst du im Null-komma-nichts wieder auf den Beinen.“

„Wenn du so lieb bist.“

Er setzte sich neben sie, fügte sich eine kleine Wunde am Handgelenkt zu und hielt sie ihr hin. „Bon appetit. Und was die Sache mit dem erklären angeht: Dimitri wird uns begleiten und Caligola dann alles erzählen.“

Ricci nahm sein Handgelenk und fing an zu trinken. Langsam ließ das Taubheitsgefühl in ihrem Unterleib nach und sie konnte sich wieder bewegen. Sie hob den Kopf und sah Gregory mit feuchten Augen an. „Ob er es ihm glauben wird? Wird er mir jemals verzeihen?“

„Ich denke schon. Immerhin liebt er dich.“ Er stand auf und zog sich seine Sachen an.

„Ich muss aber zugeben, dass Dimitri mit einer Sache Recht hat.“

„Hm?“

„Du siehst wirklich besser aus, als gestern.“

„Vielleicht sollte ich mich bei dir bedanken? Immerhin hast du allein mir das ermöglicht. Beziehungsweise, dein Körper.“

Auf Riccis Gesicht erschien ein leises Grinsen. „Aber bilde dir ja nicht ein, dass ich das noch einmal mit dir mache!“

Gregory fing ebenfalls an zu Grinsen, während er sich sein Hemd zuknöpfte. „Schade eigentlich. Du hast nur das Allgemeinprogramm mitgekriegt. Glaube mir, in meinen viertausend Jahren, habe ich so einiges mehr über Sex gelernt. Ich kenne jede Stellung und habe sie auch schon alle ausprobiert. Manche sind zum Vergessen, andere erweitern deinen Horizont.“

Ricci zog sich ihre Sachen an, die Gregory ihr aufs Bett geschmissen hatte, und sah ihn neugierig an. „Verstehe. Aber ich liebe nun einmal nur Caligola.“

„Das war mir klar, als ich euch das erste Mal sah.“ Er drehte sich zu ihr um. „. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass er so etwa in der Art machen wird. Ich hatte nur nicht gedacht, dass er es bei mir tut. Tut mir leid.“

„He, keiner von uns beiden konnte ahnen, dass Dimitri so etwas vorhatte. Oder besitzt du die Gabe der Vorhersehung?“ Sie hob eine Augenbraue.

Doch bevor er antworten konnte, kam Dimitri ins Zimmer. „Gut geschlafen?“, fragte er wissend und sah Ricci an.

„Was passiert wenn ich jetzt „Nein“ sage?“, gab sie trotzig zurück. Denn sie wollte ihm nicht den gefallen machen und auch noch rot anlaufen.

„Siehst du, ich habe dir doch gesagt es hat ihr gefallen!“, sagte er zu Gregory, der mit dem Rücken zu ihm stand.

„Wenn du meine Faust nicht in deiner Fresse spüren willst, solltest du das Thema jetzt begraben“, sagte Gregory mit messerscharfer Stimme.

„Reg dich ab. Ich bin schon still.“

Ricci hatte sich inzwischen fertig angezogen und stand auf. „Weißt du was ich mich frage, Gregory?“

Er drehte sich zu ihr um und folgte ihrem hinterlistig-grinsenden Blick in Richtung Dimitri. „Was denn?“, fragte er heiter.

„Ich frage mich, ob er es überlebt, wenn er Caligola die ganze Sache erklärt.“

„Wenn er versuchen sollte, mir etwas anzutun, fackle ich ihn einfach ab und die Sache hat sich“, sagte Dimitri nonchalant und fing an mit einem Feuerball zu spielen.

Das wirst du ganz sicher nicht überleben“, sagten Gregory und Ricci gleichzeitig.

 

- - - - - -

 

„Und wie bekommen wir die Sachen da alle rein?“, fragte Ricci fassungslos, als sie Dimitris Auto sah. Es war ein Porsche Panamera Sport.

„Wir können auch meinen anderen Wagen nehmen. Der hat einen extra großen Kofferraum“, meinte Dimitri ungerührt.

Sie drehte sich zu ihm. „Jetzt übertreib mal nicht. Das was du tragen musstest, hatte das doppelte Gewicht, von den Dingen die die Taschen eigentlich enthielten.“

Gregory kam stieß zu ihnen. „Nehmen wir einfach den anderen Wagen und damit hat sich die Sache.“

Sie wechselten den Wagen, verstauten Riccis Sachen im Kofferraum und stiegen ein. Während Dimitri und Gregory vorne saßen, nahm Ricci hinten in der Mitte Platz und beobachtete die Straße, die sie entlangfuhren.

Im Wagen herrschte eisiges Schweigen. Nach zehn Minuten hielt Dimitri es nicht mehr aus. „Was soll ich diesem Caligola erzählen? Der soll ja nicht gerade einer von der ruhigen Sorte sein, hab ich gehört.“ Er wandte den Blick nicht von der Straße ab.

„Er wird dir höchstwahrscheinlich den Kopf abreißen“, meinte Ricci eisern.

„Ganz sicher“, pflichtete Gregory ihr bei.

„Dürfte ich euch beide etwas fragen, ohne dass ihr euch gleich wieder aufregt?“

„Schieß los, ich garantiere für nichts“, sagte Gregory.

„Ich bin ein bisschen verwirrt. Erst wart ihr total kühl zueinander. Ihr wart sozusagen unnahbar und gestresst. Ihr wolltet euch vergnügen, nicht mit dem jeweils anderen, aber in gewisser Hinsicht schon.“

„Komm zum Punk!“, forderte Ricci ihn auf.

„Ihr habt miteinander geschlafen, seid bester Laune und versteht euch hervorragend. Warum seid ihr nicht zusammen?“

Ricci machte den Mund auf, brachte aber nur stockende Laute von sich. „Ich hoffe ich habe mich gerade verhört! Gregory hat er das gerade wirklich gesagt!“

Gregory hingegen sah Dimitri wütend an. „Habe ich dir nicht gesagt, du sollst das Thema auf sich ruhen lassen!“, fuhr er ihn an.

„Hört auf mich so anzuschreien. Ich habe doch recht!“, es folgte eine kurze Pause, wütende Blicke wurden ausgetauscht, „Pass auf lasst mich euch einfach ein paar Fragen stellen. Ihr müsst sie nicht laut beantworten, aber denkt darüber nach.“

Ricci und Gregory sahen sich an und nickten schlussendlich. „Wir werden sowieso nicht drum herum kommen.“

„Also gut. Ihr habt miteinander geschlafen und wie hat es euch gefallen? Sagt jetzt nicht ihr würdet euch an nichts erinnern, denn ich weiß ganz genau das Timmi hier ein paar echt feine Zaubertricks kennt, womit ihr gegenseitig die Erinnerungen des jeweils anderen durchforsten könnt.“

Eigentlich hat er Recht. Aber ich kenne nur meine Erinnerungen. Gregory, lass uns deine Erinnerungen an letzte Nacht durchstöbern. Du hast sicher mehr mitgekriegt als ich.

Ich denke, dass ist irgendwie eine gar nicht so schlechte Idee. Hör zu, du als Werwolf brauchst dafür gar keinen Zauber. Nach unserem Blutaustausch kannst du in meinen Kopf eindringen. Voraussichtlich ich erlaube es dir. Dann such schön. Er öffnete seine Gedanken und Erinnerungen für sie.

Ricci lief hochrot an. Sie hatte in ihren Erinnerungen deutlich weniger mitgekriegt. In seinen allerdings bekam sie jedes noch so kleine Detail ganz genau mit. Ach du heilige Scheiße! Sie teilte das neugewonnene Wissen mit ihm und wunderte sich darüber, dass sich seine Miene nicht merklich verändert hatte. Was ist los?

Was soll los sein?

Du siehst nicht wirklich schockiert aus, musste sie feststellen.

Weil ich es nicht bin.

Wie bitte!?

Soll ich ehrlich sein! Dimitri hat Recht. Ich habe es genossen und wie! Es wird zwar sich nicht wiederholen, mit dir, aber ich habe es wirklich genossen. Ein breites Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus.

Ricci sah in entsetzt an. Das…Wie… Aber…

Ricci, jetzt sei ehrlich, war es für dich wirklich so schrecklich wie du es erzählst?

Ich…Das geht dich überhaupt nichts an! Und wenn du willst, dass wir noch weiter miteinander befreundet bleiben, solltest du schleunigst deinen Mund halten. Es war kein Weltuntergang…belassen wir es dabei.

Sondern? Jetzt lass dir nicht jedes einzelne Wort aus der Nase ziehen!

Es hat mir gefallen. Aber das ändert nichts an meinen Gefühlen für Caligola! Zufrieden?

Das bezweifle ich nicht. Er sah Dimitri an. „Nächste Frage.“

„Nun, eurem Gedankengang zu urteilen, war es das. Ihr habt alle meine Fragen beantwortet, auch wenn ich sie noch gar nicht gestellt habe.“ Es folgte eine weitere kurze Pause. „Doch eine hätte ich da noch!“

Nein!, fuhr Ricci ihn an.

Das würdest du nicht überleben, meinte Gregory an Dimitri gerichtet.

„Wenn ihr meint. Bin schon still“, murrte Dimitri.

Ricci und Gregory sahen aus dem Fenster. Die Wahrheit war leider, dass sie es vielleicht wirklich genossen hatten, aber Ricci war nun einmal in Caligola verliebt und dass er sie jetzt vielleicht hassen würde, nur weil Dimitri einen Fehler gemacht hatte, war zu schlimm um das alles einfach so zu vergessen.

Caligola liebte Ricci. Seit Aliras Tod, hatte er keine feste Beziehung mehr gehabt. Ihr stummer Blickaustausch sprach Bände.

Die restliche Fahr über, herrschte bedrückendes Schweigen.

 

- - - - - -

 

Während Johnny mit Laroux und Adrian trainierte, wanderte Caligola nervös auf und ab. Es dämmerte schon und morgen war der Angriff. Ich habe irgendetwas vergessen! Und mir will partout nicht einfallen was! Er tigerte unruhig auf und ab und machte damit alle anderen auch nervös.

Als Johnny zu Boden ging, wandte sich Laroux an ihn. „He, was ist los?“

„Nichts. Es ist als ob…als ob ich irgendetwas vergessen hätte. Irgendetwas Wichtiges…“

Laroux legte ihm seine Hand auf die Schulter. „Wenn du es vergessen hast, wird es schon nicht so wichtig sein.“

„Und wenn doch?“

„Jetzt hör aber auf! Du triefst ja schon fast vor Selbstmitleid! Schäm dich! Du bist CALIGOLA MERTES! Du bist einer der gefürchtetsten Vampire, also hör auf mit dem Scheiß!“

Caligolas Mundwinkel zuckten. Er hob den Kopf und sah ließ seinen Blick über das Trainingsfeld schweifen. „Ich frage mich wie hoch die Verluste auf beiden Seiten werden. Nikolas greift nicht mit Halbstarken an, er nimmt nur die Besten.“

„Was passiert, entscheidet allein das Schicksal.“ Laroux hob den Kopf und sah in Richtung Himmel. „Der Tag verging ziemlich schnell. Es dämmert schon wieder. Glaubst du sie greifen heute Nacht vielleicht schon an?“

„Das können wir leider nicht mit Sicherheit ausschließen. Stell ein paar Wachen auf. Sie müssen uns nicht beschützen, nur Alarm schlagen, fall sie etwas Ungewöhnliches entdecken.“ Laroux nickte und machte sich sofort daran, die Wachen einzuteilen. Caligola blieb stehen und sah auf den Sonnenuntergang. „Alarm! Eindringlinge!“, schrie eine Wache. Caligola drehte sich blitzschnell um. Na das ging ja schnell. Sofort rannte er zu den Wachen und konnte nicht glauben was er dort sah.

Ricci!

Ricci, Gregory und noch ein Typ standen Rücken an Rücken, bereit jeden der ihnen zu Nähe kommt zu töten. Plötzlich kam ein Vampir aus dem Gestrüpp und griff den, Caligola unbekannten, Typen an. Der ließ in seiner linken Hand einen Feuerball auftauchen und schoss ihn auf den Vampir. Dieser zerfiel zu Asche und alle anderen um sie herum wichen einen großen Schritt zurück. Plötzlich schrie Gregory: „Dimitri! Ich habe dir gesagt du sollst sie nicht in ein Häufchen Asche verwandeln!“

Plötzlich trafen sich Riccis und Caligolas Blicke. Sie riss die Augen auf und er sah wie sich Tränen darin bildeten. „Caligola!“ Sie breitete die Arme auf und rannte auf ihn zu. Die Wachen, die sie aufhalten wollten, wurden wie von einem Schutzschild auf die Seite geschleudert und schüttelten verwirrt die Köpfe.

Caligola erwiderte ihre Umarmung und wollte sie gar nicht mehr loslassen.

Sie sah ihn mir Freudentränen in den Augen an und machte den Mund auf, doch bevor sie etwas sagen konnte, verschloss Caligola ihre Lippen mit seinen.

Er küsste sie lang und innig, er wollte sie nicht loslassen, denn es bestand die Gefahr, dass das alles doch nur ein Traum sein könnte.

Seine Hände fuhren durch ihr Haar und ihren ganzen Körper entlang, bis sie ihn wegdrückte und Luft holte. „Wow, ich bin auch überglücklich dich zu sehen, aber denk daran, ich bin diejenige die noch Luft holen muss.“

Er hielt ihren Kopf und sah sie halb verwirrt, halb vor Erleichterung an. „Du lebst! Ricci weißt du wie froh ich bin! Ich dachte ich hätte dich an der Klippe verloren! Wie hast du das überlebt?“

„Das habe ich Alles Gregory zu verdanken!“

„Deine Haare?“, Caligola fuhr durch ihr rotes, von weißen Strähnen durchzogenem Haar.

„Lange Geschichte. Zauberei und so weiter. Apropos, würdest du bitte?“

Caligola hob die Hand und deutete den Wachen, Gregory und Dimitri durchzulassen. Mit einem knurren ließ Dimitri den Feuerball in seiner Hand verschwinden. Sie kamen auf Caligola zu, der sie freudig empfing. „Gregory, auch wenn unsere Beziehung nicht gerade die beste ist, muss ich dir danken, dass du Ricci zurückgebracht hast. Ich nehme an, dass…“, er deute auf Dimitri, „ er euch auch geholfen hat?“ Gregory und Ricci warfen sich gegenseitig besorgte Blicke zu. Caligola bekam dies mit und sah verwundert zwischen den beiden hin und her. „Ist was?“

„Das sollten wir wo anders besprechen“, meinte Gregory.

Caligola führte sie in sein Büro, welches Hrothgar ihm zur Verfügung gestellt hatte. Sie setzten sich an einen Tisch. Caligola zog Ricci zu sich. Sie war ziemlich angespannt, weswegen Caligola Gregory und Ricci besorgt ansah. „Was ist passiert?“

Ricci lief eine Träne die Wange hinunter. Caligola wischte sie ihr weg und Ricci sah ihn traurig an. „Es tut mir Leid“, schluchzte sie, „Es war nicht meine Schuld, aber auch nicht seine.“

Caligola warf Gregory einen besorgt-bösen Blick zu. „Was hat das zu bedeuten? Gregory, wenn du ihr etwas angetan hast, dann schwöre ich dir bei Gott…“

„Das solltest du zu Dimitri sagen!“ Er deutete mit dem Kopf auf den Feuerdämon neben ihm. Gregory warf Dimitri einen bösen Blick zu. „Na los, sag ihm was du getan hast!“

Caligola sah Dimitri argwöhnisch an.

Dimitri blieb gelassen. „Ich habe ihnen Drogen in den Drink gegeben.“

Caligola sah ihn verwirrt an. „Das wars?“

„Ja. Mehr habe ich nicht getan.“

„Was heißt du nicht getan?“

„Naja, Ricci und…“

„Er hat Gregory K.O. Tropfen verabreicht und mir auch irgendetwas. Die Folge war, dass wir beide eine Art Rausch hatten und miteinander schliefen.“

Caligola blinzelte, stand stumm auf und ging hinaus. Ricci sah Gregory bedrückt an.

„Kann ich jetzt gehen?“, fragte Dimitri genervt. Da ihm keiner eine Antwort gab ging er einfach hinaus.

„Es tut mir leid. Ich hätte es irgendwie wissen müssen“, sagte Gregory.

Ricci schniefte und ließ den Kopf auf den Tisch sinken. „Kannst du nicht einfach in die Zeit zurückreisen und das alles verhindern?“ Sie tat das, was alle tun: Sie klammerte sich an einen Strohhalm. Gregory schüttelte stumm den Kopf.

Plötzlich hörte sie draußen einen Krach. Sie schauten auf und rannten zur Tür.

 

- - - - - -

 

Als sie die Tür öffneten, sahen sie nur eine Feuerkugel durch die Luft fliegen und gegen einen Baum krachen, der in Flammen aufging und umknickte. Plötzlich flog Dimitri durch die Luft und landete stehend.

„Pass lieber auf, was du tust, Creavit! Dein Macher wird dir das sicher nicht durchgehen lassen!“

Caligola stürzte sich auf Dimitri, der im letzten Moment auswich und einen weiteren Feuerball nach Caligola warf.

Gregory stürzte hinaus um schlimmeres zu verhindern. Als beide aufeinander losgingen, stellte er sich in die Mitte. „Obsidione!“ Auf beiden Seiten erschien eine Mauer aus Magie und ließ Dimitri und Caligola abprallen. „Hört auf! BEIDE!“

Dimitri und Caligola rappelten sich auf. „Ich werde dich umbringen!“, schrie Caligola Dimitri an. „UND DU!“ Er ging auf Gregory zu, „DU, wirst Ricci nie wieder zu nahe kommen! Verstanden!“

Gregory sagte nichts. „Das lässt du dir von deinem Creavit gefallen?“, schrie Dimitri. „Was ist aus dem Timothy geworden den ich gekannt habe?! Der, der jeden der ihm widersprach in Spinne verwandelte?“

Caligola fing an zu knurren. „Was redest du da? Ich wurde von Alira verwandelt!“

Dimitri fing an zu lachen. „Das glaubst du doch wohl selbst nicht! Tims Tochter hätte niemals jemanden verwandelt!“

„Und warum bringst du nennst du ihn immer Timothy? Er verschwand vor tausendfünfhundertachtzig Jahren! Und seit wann hatte der mächtigste aller Vampire eine Tochter?!“

Ricci riss die Augen auf. „Moment mal!“ Ricci stellte sich neben Gregory. Alle Augen waren auf sie gerichtet. „Soll das heißen deine Tochter“, sie zeigte auf Gregory, „war Caligolas Gefährtin?“

Caligola verzog verwirrt das Gesicht. „Jetzt kenn ich mich nicht mehr aus.“

Gregory schloss verzweifelt die Augen. Warum muss das gerade jetzt passieren? Warum kannst du nicht einfach deine Klappe halten Dimitri.

Dimitri trat vor. „Da unser werter Herr Gregory, oder wie auch immer er sich jetzt nennt, nichts sagt, werde ich dich aufklären. Timothy Gregorius Chase Phoenix III., ist der mächtigste, noch lebende Vampir auf Erden. Er wurde vor viertausend Jahren von Charles Rudolfus Raffael Winchester IV. verwandelt, der ein Jahr darauf von einem Möchtegern-Van Helsing ermordet wurde. Seine Tochter, Alira Margarethe Phoenix, kam einen Tag vor seinem Verschwinden, etwa 1980 v. Chr., zur Welt. Seine Frau, Antonia Elizabeth Svetlana Phoenix, wurde damals, ich bitte nochmals um Entschuldigung, von mir getötet. Seine Tochter ließ sich mit fünfundzwanzig von ihm verwandeln.

Sie wurden beide zu den gefürchtetsten Auftragskillern und stiegen in den Rang der Könige auf. Sie hatten sogar eine Zeit lang ihr eigenes Königreich. Bis sie aufflogen. Nachdem du diesem Nikolas gefolgt bist, war er glücklicherweise in der Nähe, als du von einem Vampir ausgesaut und liegengelassen wurdest. Er verwandelte dich auf Wusch seiner Tochter, die herausgefunden hatte, dass du ihr Seelenverwandter warst. Timothy ging, während Alira blieb und sich um dich kümmerte. Sie wurde, wie du dich sicherlich noch erinnern kannst, von Nikolas umgebracht. Ihr beide wart am Boden zerstört, aber während du dich auf die Suche nach Nikolas gemacht hast, und dabei fast die ganze Spezies Werwolf ausgerottet hast, zog Tim sich zurück und ertrank seine Trauer in Alkohol!“ Er sah in die geschockten Gesichter der Zuschauer (fast das ganze Dorf) und setzte ein zufriedenes Grinsen auf.

Caligola sah Gregory geschockt an. Gregory hob langsam den Kopf. Die Fänge ausgefahren und die Augen leuchteten vor Zorn und Wut. Genauso hatte er Ricci angesehen, als er sie ermahnte seine Erinnerungen nicht weiter zu erzählen. „Dimitri“, knurrte er, „Hatten wir nicht besprochen, dass du mein Leben nicht vor anderen ausbreitest und ich dich dafür am Leben lasse?“ Er legte den Kopf schief.

Dimitri brachte sich in Angriffsposition, ließ seine Augen rot aufleuchten und in jeder Hand einen Feuerball erscheinen.

Gregory tauchte Ricci nach hinten. Als Caligola daraufhin drohend die Fänge ausfuhr, bereit Ricci um jeden Preis vor ihm zu beschützen, brachte Gregory ihn mit einem Fauchen zum Schweigen. Er wandte sich wieder Dimitri zu. „Ich dachte das ganze haben wir schon hinter uns?“

„Tja, Timmi, du hast wohl vergessen, wer von uns hier der ältere ist?“, sagte Dimitri verächtlich.

„Nun, du wiederum vergiss, wer von uns hier weiß wie man Magie benutzt?“, zur Demonstration ließ er auch in jeder Hand einen Feuerball erscheinen. Ein Staunen war zu hören. Nun ja, welcher Vampir schießt denn auch mit dem, was ihn selber umbringt, beziehungsweise konnte überhaupt zaubern.

Ricci stellte sich, trotz Gregorys warnendem Knurren neben ihn. Bitte lasst das jetzt! Hebt euch eure Wut für später auf, wenn wir gegen Nikolas kämpfen! Bitte, Gregory. Sie legte ihre Hand auf seinen Arm, aber als er wieder knurrte zuckte sie zurück.

LASS ES! Ich habe keine Lust dich in ein Häufchen Asche zu verwandeln. Gregory gab ein kehliges Knurren von sich, als Dimitri den Kampf begann.

Ricci hob ihre Hände und schloss die Augen. Plötzlich erstarrten Dimitri und Gregory.

„Was zur Hölle?“, sagte Gregory verwundert.

„Erwähne diesen Ort nicht in meiner Gegenwart!“, knurrte Dimitri.

Alle Augen waren wieder auf Ricci gerichtet. „Hört endlich auf zu streiten! Ich habe es langsam satt, dass mir keiner zuhört! Wir müssen uns für morgen vorbereiten! Und ich will endlich meine Ruhe haben! Vampire: Fangzähne einziehen! Wertiere: Zurückverwandeln! Dimitri und Gregory: PACKT SOFORT EURE FEUERBÄLLE WEG!“

Sie taten wie ihnen geheißen. „Na endlich“, sagte Ricci erschöpft und brach zusammen. Caligola und Gregory wollten Ricci auffangen, aber Caligola war schneller und knurrte Gregory an: „Lass es. Ihr habt für heute schon genug angerichtet.“ Er hob Ricci hoch und sah zu den anderen. „Was glotzt ihr so? Vorstellung beendet, zurück auf eure Plätze!“

Dimitri stellte sich neben Gregory und sah Ricci erstaunt an. „Wie hat sie das geschafft?“

„Ich habe keine Ahnung. Nicht einmal ich kenne so einen Zauberspruch“, meinte Gregory.

„Ihr zwei habt wirklich Nerven!“, fuhr Caligola sie an, „Ihr macht euch hier Sorgen darüber, dass sie einen unbekannten Zauberspruch kennt, während sie zusammenbricht! Ich habe keine Lust sie noch einmal zu verlieren!“, knurrte er sie an.

Adrian, Johnny und Laroux, die das ganze Spektakel miterlebt hatten, rannten zu Caligola. „RICCI!“, rief Johnny aufgeregt. „Sie lebt! Gott sei Dank, sie lebt!“

Adrian und Laroux stießen erleichtert einen Seufzer aus. Plötzlich runzelte Adrian die Stirn. „Ihre Haare! Warum sind ihre Haare rot-weiß?“

„Das kommt später. Jetzt bringe ich sie ins Bett. Sie braucht Ruhe.“ Caligola ging mit ihr in seine Hütte legte sie sanft aufs Bett und legte sich neben sie. Die ganze Zeit über behielt er sie im Auge. Er hatte sie vermisst. Diesem Dimitri würde er am liebsten den Kopf abreißen. Hoffentlich hat Gregory kein Interesse an ihr. Scheiß Vorschriften!

Ricci regte sich. Sie öffnete die Augen und sah Caligola an. Was meinst du damit? Welche Vorschriften?

Er drehte sich zu ihr und sah sie mit einem gespielten Lächeln an. Nichts, nichts.

Du verschweigst mir irgendetwas. Sag schon, was ist los?

Es ist der Eigentumsanspruch. Da Gregory mein Macher ist, kann er von mir einfordern was er will, nur dich könnte er nicht einfordern, aber…

Was aber? Kann Gregory mich einfordern? Wieso sollte er das tun?

Er kann dich einfordern, weil du mit ihm geschlafen hast. WARTE! Es gibt da noch einen kleinen Funken Hoffnung! Das heißt, wenn ihr nicht euer Blut ausgetauscht habt. Er sah sie voller Hoffnung an, doch Ricci drehte sich um. Er legte seine Hand um ihre Taille und zog sie zu sich. Ricci, wir werden schon eine Lösung finden. Das verspreche ich dir.

Sie drehte sich zu ihm um. Eine Träne lief ihre Wange hinunter, die Caligola sanft wegwischte. Ich hoffe du hast Recht. Wegen der Sache mit Gregory…

Vergiss es. Du kannst nichts dafür. Es ist die Schuld dieses Feuerdämons. Am liebsten… Seine Augen fingen an zu leuchten.

Ricci drehte sich zu ihm um und gab ihm einen Kuss. Hör auf darüber nachzudenken. Das macht die Sache für mich auch nicht grad besser. Ich bin müde, bleibst du bei mir?

Caligola fing an zu Grinsen. Ich werde dich nicht wieder loslassen, mein süßer, kleiner Fellteppich das Verspreche ich. Ich will dich nie wieder verlieren.

Sie kuschelte sich näher an ihn und schloss die Augen.


Kapitel 19

 

 

Nikolas ging in seinem Zimmer auf und ab. Da betrat Garoux den Raum. „Hey, Nick, weißt du schon das Neuste?“

Nikolas blieb stehen und sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Ich hoffe für dich, dass es etwas Wichtiges ist, denn sonst…“

„Deine kleine Rotzgöre hat Dimitri und Timothy mitangeschleppt“, sagte Garoux verächtlich und lehnte sich gegen den Türrahmen.

Nikolas riss die Augen auf. „WAS!“, fragte er ungläubig. Plötzlich stand er vor Garoux mit leuchtenden Augen. „Das kann nicht sein! Wie hat dieses Gottverdammte Balg das überlebt?! Timothy ist verschwunden seit ich seine Tochter erledigt habe! Und Dimitri ist in Cortun! Die Stadt ist mehr als fünftausend Meilen von hier entfernt! Mein Spitzel…“

„Hat sich seit mehr als zwei Monaten nicht mehr bei dir gemeldet. Dimitri hat ihn erledigt, weil dein ach so intelligenter Spitzel ihn angepöbelt hat! Ich muss sagen, das war echt intelligent von ihm. Jetzt sitzt er drüben bei Hrothgar mit Timothy, Caligola, Laroux, Adrian, Johnny und deiner Rotzgöre, die wie ich ganz vergessen habe zu erwähnen, jetzt auch noch zaubern kann!“

Jacques trat ein. „Wie kommt es, dass dein Spitzel, wo du ja alle so sorgfältig auswählst, genau den Fehler macht, vor dem jeder bei einem Gespräch mit Dimitri gewarnt wird?“

Nikolas fing an zu knurren. „Weil ihr Vampire heutzutage nichts mehr auf die Reihe kriegt!“ Er ging nervös auf und ab.

„Ich wette mit dir, dass ich Dimitri ganz leicht auf unsere Seite ziehen kann. Immerhin ist er ein Dämon und die sind bekanntlich von Grund auf Böse!“, gab Jacques mit einem hinterhältigen Grinsen von sich.

Garoux trat vor ihn. „Und wie will ein drittklassiger Vampir wie du das erledigen?“

„Weil dieser drittklassige Vampir einen ziemlich guten Draht zu Dämonen hat“, sagte mit einem lässigen Grinsen.

„Dann mach. Entweder du gehst drauf und ich habe einen Schwächling weniger, oder du schaffst es und wir haben einen Dämon und einen erstklassigen Vampir dazu!“, meinte Nikolas. Jacques warf Garoux einen triumphierenden Blick zu und verschwand.

 

- - - - - -

 

Jacques hockte hinter einem Busch, mit perfekter Sicht auf das Dorf und da es bereits Nacht war, konnte er sich unbemerkt an den Wachen, bestehend aus Wertieren, vorbeischleichen.

Das ging ja leichter als gedacht. So jetzt muss ich nur noch diesen Dimitri finden. Wie mag der wohl aussehen? Plötzlich flog ein fußballgroßer Feuerball auf ihn zu. Wooooow! Er konnte sich gerade noch rechtzeitig ducken, doch seine Haarspitzen waren verkohlt.

Verzweifelt fasste er sich an seinen Kopf. Mist!

Da stand plötzlich ein Mann vor ihm. Dank seiner Fähigkeit in der Nacht zu sehen, konnte er ihn genau erkennen. Er hatte dunkelbraunes Haar und war etwa eins achtzig groß. Seine Augen leuchteten rot und in seinen Handflächen brannten weitere Feuerbälle.

Jacques stand auf und klopfte sich ab. „Ich schätze einmal du bist Dimitri, oder?“, fragte er lässig.

„Wer will das wissen?“, fragte er mit leicht russischem Akzent.

„Ich bin Jacques und komme, um dir eine Nachricht von Nikolas zu überbringen.“

„Dann spuck´s mal aus!“

„Er lädt dich ein, ihn im Kampf zu unterstützen.“

Dimitri fing an zu lachen. „Und warum sollte ich mich auf die Seite von Nikolas stellen? Welchen Grund habe ich euch zu unterstützen!“

„Nun, wir kämpfen gegen Caligola und ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass du ihn gerne herausfordern willst. Und wenn du bei uns bist, kannst du ihn sogar töten!“

„Klingt verlockend, aber nicht wirklich reizvoll. Immerhin ist er der Creavit von Timothy und es wäre eine Schande ihn dadurch zu meinem Feind zu machen.“

„Nun ja, aber Timothy hat es auf Caligolas Freundin Ricci abgesehen und wenn er die haben will muss er Caligola sowieso erst aus dem Weg räumen. Sieh es als eine Art gefallen für Timothy an.“

Dimitri kratzte sich am Kinn. „Ich werde darüber nachdenken.“

„Lass dir nicht zu viel Zeit“, bemerkte Jacques, bevor im schwarz der Nacht verschwand. Ich hoffe er hat den Köder geschluckt, sonst sind wir aufgeschmissen.

 

- - - - - -

 

Dimitri drehte sich um und ging zurück ins Dorf.

„… wir kämpfen gegen Caligola und ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass du ihn gerne herausfordern willst. Und wenn du bei uns bist, kannst du ihn sogar töten!... aber Timothy hat es auf Caligolas Freundin Ricci abgesehen…“ Jacques´ Worte hallten ihm immer noch durch den Kopf.

Er könnte Caligola umbringen und Timothy sogar einen Gefallen tun. Die perfekte Lösung für sein Problem.

Ich weiß nicht recht…aber das könnte meine Freundschaft mit Tim wiederherstellen…ich muss es versuchen. Erzählen kann ich ihm aber nichts davon, er würde sowieso nur abstreiten. Ich tu´s einfach!

Dimitri warf einen letzten Blick auf das Dorf und verschwand dann.

Er brauchte nicht lange, um Nikolas´ Versteck zu finden. Die Wachen brauchten allerdings sehr lange, bis sie kapierten, dass sie erstens sowieso keine Chance gegen ihn hatte und zweitens er nun auf ihrer Seite war.

Mit einem krachen ließ er die Tür zu Nikolas´ Wohnzimmer auffliegen. Dieser saß gerade mit Jacques und noch einem anderen Vampir auf der Couch. Doch als Dimitri den Raum betrat sprang er auf und fletschte die Zähne.

„Oh wie interessant. Ein Werwolf-Vampir Mischling! So jemanden wie dich habe ich in meinem ganzen Leben nur sehr selten zu Gesicht bekommen. Freut mich dennoch deine Bekanntschaft zu machen.“ Er sah sich um und ignorierte Nikolas´ Knurren. „Schön hast du´s hier. Gefällt mir, wirklich.“

„Wer sind sie!“, fauchte Nikolas.

Dimitri drehte sich zu Nikolas um und sah ihn mit leuchtend roten Augen an. „Dein schlimmster Alptraum!“

Der zweite Vampir stand ebenfalls auf, bereit Dimitri sofort anzugreifen.

„Nikolas, Garoux, darf ich vorstellen, Dimitri Konlan“, sagte Jacques ruhig. Er deutete Dimitri sich hinzusetzten.

Dimitri setzte sich gelassen neben Jacques auf die Couch, während Garoux und Nikolas sich nur widerstrebig niederließen. Dimitri sah die beiden lächelnd an. „Wie ich sehe kennt ihr meinen Ruf. Nun, da ihr so zusammengekrampft dasitzt, kann ich euch Entwarnung geben. Ich werde euch nicht in ein Häufchen Asche verwandeln. Nein, ganz im Gegenteil. Jacques hat mir angeboten bei euch mitzumachen und bin hier um sein Angebot anzunehmen.“

Nikolas und Garoux entspannten sich ein wenig. „Woher kommt dieser plötzliche Sinneswandel?“, harkte Nikolas nach.

„Nun, ihr könnt Caligola nicht leiden und ich auch nicht.“

„Ich soll dir also glauben, dass du dich uns, nur wegen einem einzelnen Vampir, anschließt?“ Dimitri nickte. „Tut mir leid, aber das kauf ich dir nicht ab.“

„Ich kann auch gerne wieder gehen?“

„Nein. Wir brauchen Sie“, sagte Garoux schnell und kassierte einen von Nikolas einen bösen Blick.

„Ich hoffe du hintergehst uns nicht. Ich kenne Dämonen und die nutzen alles um ihre eigenen Machenschaften voranzutreiben.“

„Tja, ich bin nicht anders. Wenn ihr fertig seid, bin ich nämlich wieder weg.“ Mit einem strahlenden Lächeln sah er Nikolas an.

 

- - - - - -

 

Als Ricci langsam wach wurde und die Augen öffnete, sah sie in zwei ihr nur allzu gut bekannte, ozeanblaue Augen.

„Morgen Ricci“, sagte Caligola sanft.

„Morgen.“

„Und? Hast du gut geschlafen?“

„Du warst bei mir, wie könnte ich da nicht gut schlafen?“ Sie schmiegte sich an seine Brust und er gab ihr einen Kuss auf die Stirn.

„Weißt du was, wenn du willst kannst du ruhig Schatz zu mir sagen.“

„Ok, Schatz.“

Auf seinen Lippen breitete sich ein zufriedenes Lächeln aus. „Ich habe dich vermisst. Ich dachte schon ich hätte dich verloren, als du in den Fluss gefallen bist. Wie hast du das eigentlich überlebt?“

„Nun ja, ich weiß es nur vom Erzählen her. Eine gewisse Ricarda hat mich zu Gregory gebracht, der mich dann geheilt hat. Ich hatte nämlich unzählige blaue Flecken am ganzen Körper und ich glaube sogar einige Knochenbrüche, aber er hat alles verschwinden lassen.“

„Ja, das Blut eines so alten Vampirs ist sehr stark.“ So viel zum Thema, er hat ihr von sich aus kein Blut gegeben, dachte Caligola verbittert.

Ricci hob den Kopf und sah ihn an. „Er hat mir auch kein Blut gegeben. Er hat das alles nur mit Magie getan. Ich habe vor unserem kleinen Malheur keinen einzigen Tropfen Blut von ihm gekriegt. Und er von mir auch nicht. Ich habe es ihm zwar einmal angeboten, aber er hat abgelehnt. Jetzt ergibt alles einen Sinn.“ Caligola sah sie verwirrt an und sie verdrehte die Augen. „Schau, er wollte nie etwas von mir, auch nicht, als er mir erzählte, dass er dein Macher ist. Ich habe mich darüber furchtbar aufgeregt, weil ich das als Beleidigung aufgefasst hatte. Gregory erklärte mir dann, dass ich zu dir gehöre und er nur dazu da sei mich zu beschützen. Er wollte niemals mit mir schlafen, weil er wusste, dass du dann denkst, er erhebe Besitzanspruch!“

Caligola schüttelte den Kopf. „Das glaube ich nicht. Warum sollte er jemanden wie dich aufgeben? Du bist außerdem seine Schülerin und eine Ausbildung, dauert meines Wissens fast drei Jahre!“

„Bei mir nicht. Er hat nämlich seine Erinnerungen mit mir geteilt. Nur die Zaubersprüche versteht sich.“ Ricci wollte ihm die ganze Wahrheit mit ihrem Ausrutscher lieber nicht erzählen, außerdem war es unwichtig.

Er streichelte sanft ihre Wange. „Weißt du was, ich glaube dir. Du würdest mich nie belügen, wenn es um etwas Wichtiges geht. Oder etwa doch?“

„Niemals!“

Er legte sich auf sie und küsste sie, als wäre es ihr letzter Kuss. „Ach ja und noch etwas. Ich nehme an, auch wenn es nur ein Ausrutscher war, das dir der Sex mit ihm gefallen hat. Stimmt´s oder hab ich recht?“ Ricci wandte beschämt den Blick ab. Caligola legte den Finger auf ihr Kinn und sah ihr in die Augen. „Glaub mir, ich kann dich vollends verstehen. Ältere Vampire haben so einiges drauf. Der springende Punkt ist allerdings, dass ich dich das ganz schnell vergessen lassen werde. Du fragst dich wie? Ich zeig´s dir!“

Ricci sah ihn neugierig an, wusste aber sofort was er meinte, als er sich das Hemd auszog.

 

- - - - - -

 

Gregory lag in seinem Bett, welches er von Hrothgar zur Verfügung gestellt bekommen hatte, und träumte vor sich hin.

Irgendetwas stimmte nicht. Etwas fehlte. Gregory stand auf und ging nach draußen, wo er feststellen musste, dass Dimitri nicht mehr da war. Wo ist er denn jetzt schon wieder?

Gregory sandte seine Gedanken nach Dimitri aus und musste zu seiner Überraschung feststellen, dass er gar nicht so weit weg war. Doch da war noch eine andere Aura. Eine, die durch und durch böse war.

Plötzlich fingen die Wachen an zu schreien: „Hilfe! Wir werden angegriffen!“ Und im nächsten Moment kamen zahlreiche Werwölfe und noch viel mehr Vampire durch das Gestrüpp gerannt.

Gregory öffnete enttäusch die Augen. Dimitri, was hast du da nur wieder angestellt.

Da bekam er eine Antwort von ihm. Ich habe alles im Griff. Jacques hat mir von deinem Problem mit Caligola erzählt und ich werde dir helfen. Damit wir wieder Frieden schließen können. Ich werde mich revanchieren. Ich werde Caligola für dich aus dem Weg räumen, damit du Ricci bekommst. Denn unsere Freundschaft ist mir wichtiger als alles andere! Damit brach die Verbindung zu ihm ab.

Oh nein.

Adrian, Laroux und Johnny kamen aus ihren Häusern gestürzt und begaben sich sofort in den Kampf.

Warum muss ich immer dann auftauchen, wenn sich irgendwo ein Krieg zusammenbraut? Am besten ich erledige das hier schnell, schnappe mir Dimitri und verschwinde mit ihm. Heutzutage hat doch keiner mehr Respekt vor dem anderen. Es ist, als würde die Zeit nicht vorwärts, sondern rückwärts laufen. Angreifen, mit allen Mitteln versuchen den Gegner in die Knie zu zwingen und wenn man merkt, dass es doch nicht so ganz funktioniert, wie man es sich vorstellt, irgendwie einen Waffenstillstand herbeirufen. Menschen sind so einfältig.

Er seufzte. Was soll´s, ich kann es eh nicht mehr ändern. Na dann, auf in den Kampf!

 

- - - - - -

 

„Was war das?“ Caligola hob den Kopf und lauschte.

„Das bildest du dir ein“, sagte Ricci sanft. Sie zog seinen Kopf wieder zu sich hinunter und küsste ihn.

„Da! Schon wieder! Irgendetwas stimmt da draußen nicht!“ Er rollte sich von Ricci runter und ging zum Fenster. „Verdammt! Wir werden angegriffen!“ Im Null Komma nichts, hatte Caligola sich angezogen und stürmte nach draußen.

Auch Ricci sprang auf um Nachzusehen was sich da draußen abspielte. Sie rannte zum Fenster und zog sich nebenbei an. Die Aussicht ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Vampire und Wertiere kämpften gegeneinander.

Sie rannte aus dem Haus und blieb schockiert stehen, als ein Feuerball neben ihr einschlug. „Aaah!“ Ricci sprang auf die Seite und rollte sich ab. „Wer von euch hat gerade mit einem Feuerball nach mir geworfen?!“, schrie Ricci wütend.

Als Antwort folg ihr Caligola entgegen, gefolgt von Dimitri, der sich sofort wieder auf ihn stürzte. „Dimitri, was machst du da? Ich dachte du bist auf unserer Seite?“

Doch Dimitri ignorierte Ricci und versuchte weiterhin auf Caligola einzuschlagen, der sich gekonnt dagegen wehrte. „Dimitri, was tust du da?“

„Ich stelle meine Freundschaft mit Tim wieder her!“ Ricci wollte sich einmischen, aber Caligola und Dimitri stießen sie immer wieder auf die Seite und Magie konnte sie nicht einsetzten, da Dimitri und Caligola im Nahkampf sehr eng miteinander verschlungen waren. Ihnen konnte sie nicht helfen, also musste sie sich zusammenreißen und den anderen helfen.

Sie rannte zu Hrothgar, der es gerade in Bärengestalt mit sechs Vampiren gleichzeitig. Sie riss einen von ihnen, von Hrothgar herunter und riss ihm den Kopf ab. Der nächste folgte sofort.

Als Hrothgar wieder allein weiterkämpfen konnte, rannte sie zu Johnny, dem gleich eine ganze Horde überrannte. Zwei Dutzend waren dann doch zu viele für ihn. Gemeinsam rissen jedoch alle in kleine Fetzen und kein einziger entkam ihnen. Während Johnny den anderen half, musste Ricci jetzt ganz allein gegen Werwölfe und Vampire kämpfen, allerdings war das fair, denn Ricci machte sie allesamt fertig. Mit nur einem Zauberspruch.

„Du verdammter Hurensohn! Ich werde dich vierteilen!“, schrie Adrian, als Jacques ihn biss. Irgendwie hatte Jacques es geschafft, dass Adrian sich gegen seinen Willen zurückverwandelte.

Ricci sprang, verwandelte sich und stürmte mit weit aufgerissenem Maul auf Jacques zu, bereit ihn zu zerreißen. Doch Jacques schnappte sich Riccis Vorderlauf, nutzte den Schwung ihres Sprungs und ließ sie gegen die große Eiche, die neben ihm stand, krachen.

Er verdrehte Adrian die Hand und hielt ihn so am Boden, während er sich aufrichtete und Ricci auslachte. „Dachtest du verzogenes Rotzgör wirklich, dass du mich erledigen könntest?“

Ricci verwandelte sich zurück und sah ihn grimmig an. „Nenn mich noch einmal verzogenes Rotzgör und du wirst den nächsten Tag nicht mehr erleben!“ Sie zuckte mit den Schultern. „Okay, du wirst den nächsten Tag sowieso nicht mehr erleben…“, ihr Blick wurde wieder ernst, „aber trotzdem!“

Jacques lachte und verstärkte seinen Druck auf Adrian, sodass dieser die Augen schmerzverzerrt zusammenkniff und aufstöhnte. „Ja klar, du, ein kleines Hündchen…“, klimperte mit seinen Wimpern, „…willst es mit einem Vampir wie mir aufnehmen. Das kenne ich, aber woher nur?“ Jacques legte den Zeigefinger an sein Kinn und tat als ob er über etwas nachdächte. „Aja, genau!“, er schnippte mit den Fingern, „…damals, als dich dein allerliebster Louis gerade noch retten konnte. Den ganzen Spaß den ich verpasst habe.“ Er verpasste Adrian einen Schlag gegen den Kopf und dieser brach bewusstlos zusammen.

Jacques stand auf, verpasste Adrian nebenbei einen Tritt in die Rippen und ging auf Ricci zu. Er sah sie begierig an und leckte sich über die Lippen. „Aber ich gedenke das ganz schnell nach zu holen.“

Ricci versuchte sich aufzurappeln und zu entkommen, aber Jacques stand schon vor ihr, packte sie an der Kehle und drückte gegen den Baum hinter ihr. Sie umklammerte seinen Arm und versuchte ihm mithilfe eines Zaubers Elektroschocks durch den Körper zu jagen, damit er sie loslässt, aber aus irgendeinem unerfindlichen Grund passierte nichts. Ricci schloss die Augen, konzentrierte sich und jagte ihm einen noch stärkeren Schock durch den Körper, doch es passierte wieder nichts. Irritiert blickte Ricci auf Jacques´ Arm und dann in sein Gesicht. „Was zur Hölle?“

Jacques fing an zu grinsen. „Oh, ist die kleine Hexe etwa enttäuscht, weil ihre Hexenkräfte bei dem bösen Vampir nicht funktionieren?“, er zog einen Schmollmund, „Oh, das tut mir aber leid“, er grinste breit, sodass Ricci seine voll ausgefahrenen Fangzähne sehen konnte. „Ich bin nicht dämlich, ich wusste sehr wohl, dass du versuchen wirst uns mit deinen kleinen Zaubertricks außer Gefecht zu setzten. Aus genau diesem Grund habe ich Dimitri gebeten uns mit einem Anti-Verzauberungs-Zauber auszustatten. Netter Trick, muss ich schon zugeben.“

Ricci wand sich unter seinem Blick und versuchte krampfhaft Jacques von sich zu drücken, aber er war stärker als sie. „Was willst du von mir!“, fauchte sie ihn an.

Er schnalzte mit der Zunge. „Naja, weißt du was ich schon immer wissen wollte?“ Er beugte sich zu ihr hinunter. „Ich wollte, seit ich dich das erste Mal gesehen habe, wissen wie dein Blut schmeckt.“ Jacques öffnete den Mund und legte seine Lippen auf ihre Halsschlagader, bereit jeden Moment zuzubeißen.

Ricci spürte, wie Jacques´ Zähne an ihrer Halsschlagader rieben. Ricci fing an zu zittern, aber sie würde niemals, niemals um ihr Leben betteln. Diesem Vampir würde das nur Genugtuung bereiten, wenn sie winselte und das konnte er sich aber so etwas von abschminken. Der Druck seiner Fänge verstärkte sich und gleich würden seine rasiermesserscharfen Zähne durch ihre Kehle stoßen und jegliches Leben aus ihr saugen.

Da wurde er zehn Meter durch die Luft geschleudert und kam am Boden zum Erliegen.

Ricci sank schockiert auf den Boden und sah auf Jacques´ reglosen Körper. Plötzlich legte jemand seinen Arm um sie und zog sie hoch.

Ricci hob den Kopf und sah, wie Dimitri Jacques wütend anschaute. „Was sollte das! Du weißt ganz genau, dass ihr sie nicht verletzen dürft!“ Er ging auf Jacques zu. Bei Dimitris Gesichtsausdruck konnte man glauben, dass er ihn jetzt in Stücke reißen würde.

Ricci zögerte nicht und rannte zu Caligola, der gegen einen Baum gestützt am Boden saß. Er hatte einige große Wunden die stark bluteten.

Ricci rannte so schnell sie konnte zu ihm und kniete sich weinend neben ihn hin. „Oh mein Gott! Es tut mir leid! Hier“, sie hielt ihm ihr Handgelenk hin, „Trink etwas, du hast sehr viel Blut verloren!“

Er drückte ihre Hand weg. „Nein. Du brauchst deine Kraft.“ Er ließ seinen Kopf gegen den Baum sinken und keuchte.

„Jetzt stell dich nicht so an, du brauchst Kraft, wenn du gegen Dimitri und die Nikolai gewinnen willst, sonst stirbst du und ich kann und will ohne dich nicht leben.“ Sie hatte Tränen in den Augen, bei dem Gedanken ihn zu verlieren.

Caligola legte seine rechte Hand an ihren Hinterkopf und zog sie zu sich. „Meine kleine Kämpferin. Ich möchte dein Leben nicht riskieren, nur um meines zu retten. Ich lebe immerhin schon seit tausend Jahren, das war lange genug. Du allerdings, hast noch dein ganzes Leben vor dir.“

Eine Träne lief ihre Wange hinunter. „Ein Leben ohne dich? Für mich unvorstellbar. Es ist mir egal wie alt du bist, was du schon alles gemacht hast oder mit wie vielen du schon geschlafen hast. Ich will nicht ohne dich leben. Und jetzt halt die Klappe und trink!“

Er gab ihr einen Kuss und sah ihr dann in die Augen. „Mein süßer, kleiner Fellteppich.“ Caligolas Blick wanderte von ihren Augen zu ihrer Halsschlagader und zurück zu ihren Augen. Ricci hob den Kopf und ließ sich von ihm beißen.

Sie stützte sich bei ihm ab und konnte beobachten, wie sich seine Wunden schlossen.

Als sie alle verheilt waren, ließ er sie los, fuhr sich mit dem Zeigefinger über seine Fänge und steckte ihn ihr in den Mund. „Und jetzt bist du an der Reihe. Trink!“

Ricci tat wie ihr geheißen und trank sein Blut. Von einer Sekunde auf die andere fühlte sie sich nicht mehr erschöpft, sondern wie neu geboren.

Sie standen beide auf und Caligola zog sie in seine Arme. Dieser kurze Augenblick würde beiden nicht genügen, aber für den Moment musste es reichen. Er ließ sie los und sah Ricci in die Augen. „Lass uns diesem Arsch von Nikolai zeigen wo hier der Hammer hängt. Auf in die Schlacht.“

Er gab Ricci einen Kuss und wollte gerade gehen, da packte sie seinen Arm und zog ihn zu sich zurück. „Und lass uns beten, dass wir uns wiedersehen.“

„Auf jeden Fall!“ Er schenkte ihr ein Lächeln bevor er sich wieder ins Schlachtgetümmel stürzte.

Ricci ließ ihren Blick über das Schlachtfeld wandern und erhaschte einen Blick auf Laroux, der gerade gegen seinen Bruder kämpfte. So etwas ist schrecklich. Ich wünsche niemanden, dass er seinen eigenen Bruder bekämpfen muss, oder sogar töten.

 

- - - - - -

 

Laroux wich den Schlägen seines Bruders aus und versuchte seinerseits einen Treffer zu landen, aber er zögerte immer wieder.

Garoux war immerhin sein Bruder, wie könnte er seinen eigenen Bruder umbringen. Wer würde so etwas schon freiwillig machen. Aber Laroux würde es tun müssen. Es hieß entweder er oder Garoux; und Garoux hatte schon genug Ärger gemacht.

Er hingegen trat für das Gute ein. Niemals würde er jemanden töten oder gar verletzen, der unschuldig war. Garoux war weder gut noch unschuldig, so blieb Laroux nur die Möglichkeit ihn umzubringen. Doch erst musste er Garoux erst einmal erwischen.

Laroux konnte einem von Garouxs Schlägen ausweichen, bevor dieser ihm die Nase brach.

„Du kämpfst ja wie ein altes Weib. Hast dich wohl in den letzten Jahren etwas gehen lassen“, spöttelte Garoux.

„Denkst du wirklich, dass ich dich dann überleben würde. Es sei denn, natürlich, du kämpfst genauso mies wie ich, Brüderchen“, konterte Laroux.

„Pass auf was du sagst, du elender Verräter!“ Garoux stürzte sich auf Laroux. Seine Augen leuchteten vor Wut, seine Fänge waren zu ihrer vollen Länge ausgefahren und seine Finger waren gekrümmt, als hätte er Klauen.

Laroux nutzte diese Chance und wich aus, um ihm mit geballter Faust ins Kreuz zu schlagen. Es machte einen widerlichen Knacks und Garoux fiel leblos zu Boden. Laroux wusste, dass sein Bruder noch nicht tot war und er dies schnell nachholen sollte, wenn er nicht wollte, dass er noch mehr Schaden anrichtete.

Er ging konzentriert auf ihn zu und stieg ihm vorsichtshalber noch einmal ins Genick. „Tut mir leid, Bruder, aber irgendwer muss dich aufhalten und wenn ich es nicht tue, dann tut es ein anderer und das will ich nicht.“

Er kniete sich neben seinen Bruder und zog einen Silberdolch aus seiner Gürteltasche, die er sich vor dem Kampf umgebunden hatte. „Verzeih mir, aber so ist es besser. Für uns alle“, setzte er leise hinzu. Kurz zögerte er, doch schlussendlich stieß er den Pflock in Garoux Brust.

Sein Körper zuckte kurz zusammen, dann wich die letzte Luft aus seinen Lungen und seine Augen schlossen sich.

„Tut mir leid, Bruder.“ Er spürte wie sich eine Hand auf seine Schulter legte und wollte demjenigen gerade über die Schulter werfen, als er bemerkte, dass es Ricci war, die ihm die Hand auflegte.

„Es tut mir leid. Niemand sollte sein eigenes Familienmitglied umbringen, schon gar nicht seinen Bruder, aber du hast das Richtige getan.

Er stand auf und drehte sich zu Ricci um. „Ich weiß.“ Laroux ließ den Kopf sinken. Bevor er sich versah hatte Ricci ihn schon umarmt. „Gib nicht auf, wir sind jetzt deine Familie und wir werden dich niemals im Stich lassen“, sie wich einen Schritt zurück, die Hände immer noch auf seinen Schultern ruhend, „Hast du gehört niemals.“ Sie drehte den Kopf um. „Wir sollten die anderen jetzt unterstützen.“

Er nahm ihren Arm und sah ihr in die Augen. „Danke.“

Ricci nickte und im nächsten Moment war sie auch schon wieder mitten auf dem Schlachtfeld und trat den Bösewichten in den Arsch.

Sie passte zu Caligola und das war auch gut so, denn er konnte sie brauchen; sie ergänzten sich.

Ein auf ihn zustürmender Vampir riss ihn aus den Gedanken, aber schon im nächsten Moment waren Kopf und Körper an zwei verschiedenen Orten.

Adrian war inzwischen auch wieder auf den Beinen

Na dann, auf in die Schlacht.

 

- - - - - -

 

Da Dimitri gerade mit Jacques beschäftig war, kümmerte sich Caligola nun um Nikolai.

Doch da war er nicht der einzige.

Flamma inferno!“, aus Gregorys Händen kam eine gewaltige Feuerwalze, die alles was sie berührte in Asche verwandelte und sie zielte Nikolai an.

Nikolai streckte seine Hände aus und teilte das Feuer in der Mitte. „Dachtest du wirklich, dass du mich so leicht besiegen kannst?“ Nikolai lachte auf und klopfte sich die Asche von den Schultern. „Nicht schlecht. Aber ich dachte eigentlich, dass du während deiner Zeit im Turm etwas mehr dazugelernt hast.“

„Dann sollte ich dich wohl nicht enttäuschen, wenn du dir mehr erwartet hast.“ Gregory grinste hinterhältig und im nächsten Moment erstarrte Nikolai. Gregory schloss die Augen und konzentrierte sich.

„Gregory!“ Caligola stellte sich neben Gregory und beobachtete sie eine Weile. „Was machst du mit ihm?“

Gregory antworte ihm nicht, stattdessen trat die Ader an seinem Kopf hervor und er streckte angestrengt die Arme aus. Eine Zeit lang geschah nichts, doch dann sank Nikolai langsam auf die Knie und verharrte dort. Auch Gregory sank erschöpft auf die Knie und stützte sich mit den Händen an seinen Oberschenkeln. „Er kann sich jetzt nicht mehr bewegen“, sagte Gregory erschöpft, „Wenn du ihn erledigen willst mach schnell, ich weiß nicht wie lange der Zauber wirkt.“

„Seit wann gehst du so schnell K.O.?“, fragte Caligola spöttisch.

„Ach halt die Klappe. Wenn du dir den selben Kampf mit ihm geliefert hättest, dann würdest du dein Maul jetzt nicht so weit aufreißen.“

„Hey, ich habe gegen Dimitri gekämpft, also sei nicht so abwertend.“

Gregory hob den Kopf. „Ja, aber danach hat Ricci dich mit ihrem Blut versorgt, also darf ich das sehr wohl sagen.“ Er deutete mit dem Kinn auf Nikolai. „Und jetzt mach endlich.“

Caligola ging auf Nikolai zu. „Na, hast aber auch schon mal besser ausgesehen.“

Nikolai hatte, genauso wie Gregory, am ganzen Körper Wunden, die nicht mehr so schnell heilten, wie es üblich war. Sie hatten beide ziemlich viel Blut verloren, aber Nikolai sah ein kleines bisschen schlechter aus als Gregory.

„Geschieht dir Recht.“ Caligola ging vor Nikolai in die Hocke. „Hat dich sicher ziemlich geärgert, dass deine Tochter doch nicht in deine Fußstapfen treten will. Tja, dass sie sich dann aber auch noch mit deinem Feind verbündet hat dir sicher den Rest gegeben, oder?“ Caligola grinste spöttisch. „Dann dieser, ach so perfekte Plan, um uns alle auszuschalten, der zum Schluss doch nach hinten losging. Nick, heut ist echt nicht dein Tag.“

Nikolai fing zu grinsen an. „Oh, Caligola, denkst du wirklich, ich habe das alles nicht vorhergesehen?“

Caligola sah ihn etwas genervt an. „Mit was willst du mir meine gute Laune denn verderben? Sieh dich um Nikolai, deine Armee ist ausgeschalten, oder so gut wie und niemand wird dir mehr helfen.“

Aus Nikolais Kehle, drang ein angestrengtes Lachen. „Du kennst mein Ass noch nicht. Auch wenn du mich umbringst, es gibt noch hunderte von meiner Sorte. Du wirst Ricci nicht vor allen beschützen können, irgendwann wird es einer von ihnen schaffen sie tödlich zu verletzen und wir wissen beide, dass Ricci nicht unsterblich ist. Du kannst sie auch nicht zu einer deiner Rasse machen. Sie wird alt und grau und was denkst du wie lange es dauern wird, bis du sie nicht mehr attraktiv findest?“ Nikolai kicherte und atmete angestrengt. „Sie ist noch ein Kind; Du bist ihr allererster Freund und sie denkt wie ein Mensch; Irgendwann wird ihr auffallen, was sie nicht alles verpasst hat, spätestens dann ist es aus mit euch beiden. Mach dir nicht so viele Hoffnungen, denn sobald sie allein ist, wird sie nicht mehr lange leben.“

Caligolas Gesichtsausdruck wurde ernst. „Du bist so einfältig. Wir werden niemals aufgeben und einen Weg finden, der ihr Leben verlängert und mit deinen kleinen Anhängern werden wir auch noch fertig, also ist dein Ass auch wieder weg.“ Siegessicher schenkte Caligola ihm ein Lächeln.

„Ach Caligola, du bist ein Narr.“ Nikolai lachte ihn aus. „Sie wird genauso sein wie ihre Mutter. Du kennst sie doch sicher noch, oder? Sie war diejenige die bei ihrer Geburt angeblich gestorben ist? Wobei, das stimmt ja gar nicht. Sie wollte sich nicht verwandeln lassen und ist an den Folgen eines Kampes gestorben. Sie wollte aber auch unbedingt gegen mich kämpfen. So eine Närrin.“

Caligola kniff die Augen zusammen und sah ihn schief an. „Du hast sie umgebracht? Du hast allen Ernstes deine eigene Frau umgebracht?!“

Er schnaufte. „Sie war nur das Mittel zum Zweck, oder wie hätte ich sonst einen Mischling zeugen können? Ricci ist nicht mehr, als ein Versuch, der leider furchtbar in die Hose ging, wenn das alles auch nur deine Schuld war.“

Blitzschnell packte Caligola Nikolai am Kragen seines dunkelblauen Hemdes und fletschte die Zähne. „Wage es ja nicht noch einmal so abwertend über Ricci zu sprechen!“

„Uh! Da scheint sich aber einer mächtig verknallt zu haben!“ Nikolai fing an zu lachen. „Hast du noch gar nicht darüber nachgedacht, was ihr machen werdet, wenn ihr mich ausgeschaltet habt?“

„Haben wir das Thema mit dem altern nicht gerade geklärt?“

„Ich meinte eigentlich, dass du ständig ein Auge auf sie werfen musst. Wer weiß welche Auftragskiller auf sie angesetzt werden. Du kennst doch noch Julian, oder?“

„Das hast du nicht getan!“

Ein hinterhältiges Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Er wird sich um sie kümmern, sobald ich tot bin. Und wenn du ihn nicht töten willst, solltest du aufpassen was du als nächstes tust.“

„Er kann sie nicht aufspüren!“

„Oh doch, das kann er und zwar durch dich.“ Caligola erstarrte. „Du wirst sie so oder so verlieren, egal wie du dich entscheidest. Aber du kannst ihr Leben verlängern oder es verkürzen, das kommt ganz auf dich an.“ Nikolai grinste siegessicher.

Caligola ließ ihn los, stand auf und starrte zu Boden. „Leider hast du da Recht. Ich kann sie nicht für mich haben.“ Nikolai grinste noch breiter. „Aber ich weiß zwei Dinge. Nämlich, dass ich mehr als zwei gute Freunde habe, die sich um sie kümmern würden.“ Nikolais lächeln verschwand, als Caligola den Kopf hob und ihn mit ausgefahrenen Fängen anlächelte. „Und, dass du sie niemals bekommen wirst!“

Gregory schrie auf und Nikolai versuchte zu fliehen, aber Caligola war schneller und trennte mit einem gekonnten Schlag den Kopf von den Schultern.

„Das hast du nun davon.“ Caligola drehte sich zu Gregory um, der inzwischen auf ihn zugekommen war.

„Was wirst du jetzt tun?“, fragte Gregory, den Blick auf den verrottenden Leichnam von Nikolai gerichtet.

Er atmete tief ein und sah ihm entschlossen in die Augen. „Ich werde dich wohl oder übel um einen Gefallen bitten müssen, der mir, Gott weiß wie schwer, fällt.“

„Du wirst es also tun?“

„Ich möchte nicht, dass ihr etwas zustößt. Ich werde Julian in der Zwischenzeit suchen und mit ihm reden. Er ist sehr vernünftig und ich denke er versteht es.“ Er steckte die Hände in die Hosentaschen. „Bis dahin möchte ich dich bitte auf sie aufzupassen, denn du bist der einzige der dafür garantiert, dass ihr nichts passiert und das wissen wir beide.“

Gregory nickte. „Was soll ich ihr sagen?“

„Sag ihr, dass ich einem Vampir gefolgt bin, der versucht hat zu flüchten.“

„Etwas Besseres fällt dir nicht ein?“

Caligola wandte den Blick ab und biss sich auf die Unterlippe. „Ich muss jetzt weg. Es dürfte schwieriger werden ihr das zu erklären, wenn mich jemand sieht.“

Gregory trat vor und legte seine Hand auf Caligolas Schulter. „Ich werde gut auf sie achtgeben. Viel Glück mein Freund.“

Caligola tat es ihm gleich und legte ihm die Hand auf die Schulter. „Danke mein Freund, das werde ich.“ Er drehte sich um und wollte gerade gehen, da drehte er sich noch einmal um. „Und sag ihr, dass ich sie liebe.“

„Das werde ich.“

Und weg war er. Verschwunden in einem riesigen Wald und keiner wusste wann und ob er jemals wieder kommen würde.

Gregory sah ihm einen Moment nach, als er überraschend von hinten jemanden kommen hörte. Mitten in der Bewegung hielt er inne und sah ihn Larouxs Augen. „Verdammt, Mann! Ich hätte dich töten können!“

Laroux nickte in Richtung Wald. „Warum ist er gegangen? Und erzähl mir nicht, dass er hinter jemanden her war.“

Gregory fing an zu Grinsen. „Du hast also mitgehört?“

Laroux nickte. „Jedes noch so leise Wort.“ Es folgte eine kurze Pause. „Noch kann ich ihn einholen.“

„Ich werde dich nicht daran hindern. Ganz im Gegenteil, er kann einen guten Freund gebrauchen.“

„Pass gut auf sie auf, sonst reiß ich dir persönlich den Arsch auf!“

„Das werde ich. Und jetzt hau ab.“


Kapitel 20

 

Ricci tigerte unruhig über das Schlachtfeld und wurde von Sekunde zu Sekunde immer verzweifelter.

Johnny hatte es schon aufgegeben sie zu beruhigen, genauso wie die anderen. Sie halfen lieber den Verletzten und nahmen die gefangenen Vampire in die Mangel.

Sie wartete nun schon fast eine halbe Stunde auf ein Zeichen von ihm.

Gregory und Caligola hatten sich Nikolai vorgenommen und als am Schlachtfeld alles geklärt war, wollte auch Laroux ihnen helfen. Seitdem hat niemand mehr etwas von einem der drei gehört, geschweige denn gesehen.

Als Gregory dann endlich auf der Lichtung erschien erstarrte Ricci kurz, als ob sie darauf wartete, dass Caligola auch gleich kommen würde, aber selbst als Gregory schon vor ihr stand war nichts von ihm zu sehen.

Johnny sah wie Gregory den Kopf senkte. Er sagte irgendetwas zu ihr, aber er konnte nicht genau hören was es war.

Als Gregory den Kopf wieder hob und ihr seine Hand auf die Schulter legen wollte, schob sie sie weg und trat zurück.

Johnny wusste jetzt schon was das zu bedeuten hatte.

Sie schüttelte den Kopf und brach einen Zeitpunkt später zusammen.

Obwohl Gregory sie sofort auffing, rannte Johnny auf sie zu und kniete sich neben sie ins Gras. Ihr Gesicht war Tränenüberströmt und ihre Augen gerötet.

„Nein! Nein. Das darf nicht wahr sein!“ Sie schüttelte den Kopf und wollte es nicht wahrhaben, dass Caligola nun weg war.

Gregory drückte sie an sich und tröstete sie.

Johnny sah ihn fragend an. „Ist er…“

„Genau das versuche ich ihr klarzumachen, er ist nicht tot. Er kümmert sich nur um einen der geflohenen Vampire.“

„Dann wäre er aber schon längst wieder hier!“, schrie Ricci dazwischen.

„Schhhh. Du beruhigst dich erst einmal wieder und dann reden wir weiter.“

Gregory half ihr auf, und Johnny legte ihr seine Hand um die Taille. Sie gingen zu den verletzen und halfen weiter.

Es fiel Ricci schwer einen klaren Kopf zu bewahren, weswegen Gregory ihr sagte sie solle ins Haus gehen und versuchen sich wieder zu beruhigen.

Nachdem Johnny Hrothgar geholfen hatte, bat ihn einer der Werwölfe, die zuvor noch Nikolai geholfen hatten, um ein Gespräch.

Johnny folgte ihm zu einer großen Wiese auf der sich alle Werwölfe versammelt hatten.

„Johnny, ich möchte dir im Namen, aller hier anwesenden Werwölfe danken, dass du uns von Nikolai befreit hast.“

„Aber das war ich nicht. Caligola und Gregory haben ihn erledigt.“

„Aber du hast Hrothgar und sein Rudel dazu gebracht wieder zu kämpfen und euch so einen großen Vorteil verschafft.“ Der Mann trat vor. „Ich frage dich nun vor allen Anwesenden“, der Mann ging auf die Knie und Johnny hatte eine schlimme Befürchtung, „Wirst du unser neuer Anführer sein?“

Johnny fiel die Kinnlade runter. Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet.

 

- - - - - -

 

Ricci stand vor dem großen Fenster in ihrem Haus und starrte hinaus in die Ferne. Sie hatte die Arme um sich geschlungen und weinte immer noch.

Ihr Blick schweifte die ganze Umgebung ab, in der Panik, sie könnte ihn übersehen. Wenn er schwer verletzt wäre und sie die Einzige wäre die helfen konnte, durfte sie ihn nicht übersehen.

Sie kaute unruhig auf ihrer Unterlippe herum und trat von einem Fuß auf den anderen.

„Wusstest du, dass Pferde genau das gleiche machen, wenn ihnen langweilig ist?“

Ricci nahm nicht einmal wahr, dass Dimitri den Raum betreten hatte. „Das nennt man Weben. Und jetzt verschwinde wieder, denkst du nicht, dass du für heute schon genug angerichtet hast?“

„Das war ein Missverständnis.“

Ricci fuhr herum und ohrfeigte ihn. „Das bringt mir Caligola auch nicht wieder zurück!“ Ihr ganzer Körper zitterte und sie konnte sich nur mit Mühe aufrecht halten.

„Ricci, es tut mir ehrlich leid. Ich wollte Gregory nur einen Gefallen tun. Zumindest dachte ich das. Das war das Dümmste, das ich jemals gemacht habe und ich würde es liebend gerne rückgängig machen.“

„Aber das kannst du nicht!“

„Ich weiß, dass du mich am liebsten zurück in die Hölle schicken würdest, aber…“ Er senkte den Kopf.

„Aber was!?“

Er hob ihn wieder. „Aber dann kann ich das gemachte nicht entschädigen.“

Sie schüttelte den Kopf. „Du hast alles kaputtgemacht.“

„Jetzt übertreibst du aber.“

Sie trat vor und drückte ihm den Zeigefinger in die Brust. „Ach ja? Dann hast du also nichts in unsere Drinks getan und dafür gesorgt, dass…“

Dimitri unterbrach sie. „Warte mal! Ich dachte das hätten wir schon geklärt!“

Ricci machte den Mund auf, schloss ihn aber sogleich wieder.

„Jetzt hört endlich auf zu streiten.“ Gregory trat in den Raum und lehnte sich gegen den Türrahmen. „Wir können es nun nicht mehr Rückgängig machen. Er wird wiederkommen, allerdings muss er noch etwas erledigen. Er ist wegen dir gegangen Ricci.“

„Wieso hast du mir das nicht erzählt!?“, fragte Ricci irritiert.

„Weil du ihm dann gefolgt wärst und genau das sollte ich verhindern.“

„Wow, Timmy, du bist echt gerissen“, meinte Dimitri.

„Er hat mich gebeten auf dich aufzupassen, denn wenn dir etwas passiert reißt Laroux mir den Arsch auf und Caligola auch und das wäre schlimm, denn ich möchte in meinem Leben auch weiterhin auf meine vier Buchstaben sitzen.“ Er kicherte und Ricci trat auf ihn zu.

„Wieso gerade du?“

„Weil ich um einiges Stärker bin, als so mancher alte Vampir, weil ich dich genauso gern habe wie Caligola, wenn auch nicht aus demselben Grund und weil Dimitri ein Dämon und mein bester Freund ist.“ Er trat einen Schritt auf sie zu und sah auf sie herab. „Ich denke wir zwei sind stark genug um dich vor Nikolais Anhängern zu beschützen.“

„Und vor Jacques“, fügte Dimitri hinzu.

Beide drehten sich zu Dimitri um. „Jacques ist entkommen?“, fragten beide mit weit aufgerissenen Augen.

„Ja.“ Dimitri wand sich. „Naja, ich habe ihn K.O. geschlagen und mich dann um die anderen gekümmert und als ich wieder zurück war…weg.“

Gregory verdrehte die Augen. „Warum hast du ihn nicht gleich enthauptet?“

„Weil…ich habe keine Ahnung.“ Dimitrie blickte nachdenklich zu Boden.

Gregory verschränkte die Arme und atmete hörbar aus. „Na toll.“ Er massierte sich den Nasenrücken.

„Zurück zu mir! Was soll ich denn seiner Meinung nach machen?“

„Caligolas Meinung nach soll ich auf dich aufpassen“, sagte Gregory.

„Das heißt?“, hakte Ricci nach.

„Das heißt, dass du mit Timothy mitgehen sollst“, erklärte Dimitri.

Ricci blinzelte. „Ist das dein ernst?“

„Ich wüsste auch nicht warum du mit mir kommen solltest.“

„Hey, Tim. Sagtest du nicht, dass dir der Rat erlaubt hat andere in Magie zu unterrichten?“, meinte Dimitri.

„Ja, aber warum soll mir das jetzt weiterhelfen?“

„Du könntest Ricci unterrichten.“

Ricci dachte nach. „Die Idee finde ich gar nicht einmal so schlecht! Dann tust du wenigstens etwas Nützliches.“

„Oh nein!“

„Doch! Du könntest doch auch eine Zauberschule aufmachen!“

„Klar und dazu suche ich mir ein Schloss, nenne es Hogwarts und mein bester Schüler wird Harry Potter heißen.“

„Guter Anfang!“, sagte Ricci quietschfidel.

Gregory verdrehte genervt die Augen. „Ich werde darüber nachdenken.“

„Juhuuu!“

Dimitri verschränkte die Arme vor der Brust. „Das kann ja lustig werden.“

„Du sagst es“, stimmte Gregory ihm zu. „Lasst uns den anderen wieder helfen.“

 

- - - - - -

 

Sie verließen das Haus und sahen wie Johnny nachdenklich herumtigerte.

„Hey, Johnny, was ist los?“, fragte Ricci.

Johnny hob erschrocken den Kopf und setzte sofort ein Lächeln auf. „Hi. Ich stehe vor einer schweren Entscheidung.“

„Welche schwere Entscheidung kannst du schon treffen, kleine Töle? Was du zu Abend isst?“, meinte Gregory sarkastisch.

Johnny legte den Kopf schief und zog eine Grimasse. „Ha-ha. Sehr witzig.“

Ricci stieß Gregory in die Rippen. „Sei nicht so fies.“ Sie wandte sich wieder Johnny zu. „Was ist denn los?“

Er seufzte. „Die Wölfe wollen, dass ich ihr neuer Anführer werde.“

Ricci fing an zu strahlen. „Das ist doch super!“

„Ich habe noch nicht zugesagt.“

„Das wäre der perfekte Job für dich!“

Gregory sah sie schief an. „Ich weiß, dass du Nikolai nicht leiden konntest, aber dass du gleich dein ganzes Rudel ins Verderben stürzen würdest.“

„Gregory lass das, du bist nicht witzig“, sagte Johnny genervt.

„Und du bist humorgestört, oder was?“

„Was hat das jetzt damit zu tun?“

Gregory zuckte mit den Schultern.

„Jungs, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit. Hier liegen haufenweise Leichen und ihr habt nicht besseres zu tun, als euch darum zu streiten, wer von euch beiden den größeren Schwanz hat“, meinte Dimitri.

„Dabei muss ich ihm recht geben. Lasst uns erst aufräumen, danach dürft ihr euch nach Lust und Laune weiterzanken“, sagte Ricci grinsend.

„Na gut.“ Johnny warf Gregory einen letzten herausfordernden Blick zu und machte sich dann auf den Weg zum Schlachtfeld.

„Was denkst du, ob sie uns gehen lassen werden?“, fragte Ricci.

„Ich denke schon“, Gregory sah sie an, „Und wenn nicht, Dimitri kann sehr überzeugend sein.“

Dimitri musste lachen und auch Ricci konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Da hat er recht. Ich kann wirklich sehr überzeugend sein.“

„Vor allen Dingen, wenn du die Gestalt wechselst und allen drohst sie in ein Häufchen Asche zu verwandeln“, meinte Gregory amüsiert.

„Wie? Du kannst die Gestalt wechseln?“, fragte Ricci verwirrt.

„Ja, das haben Dämonen so an sich. Du weißt schon, spitze Zähne, scharfe klauen und vier Meter Flügelspannweite.“

Sie sah ihn entsetzt an. „Kein Witz?“

„Nein, warum sollte ich darüber einen Witz machen.“

„Kannst du mir das einmal demonstrieren?“

„Nein!“

Gregory fing lauthals an zu lachen. „Das wird wirklich noch sehr lustig.“

Nach weiteren, kläglich gescheiterten Versuchen, Dimitri davon zu überzeugen, dass er sich doch verwandeln solle, gingen sie zum Schlachtfeld und halfen den anderen beim Aufräumen.

Überall lagen Leichenteile und was davon übrig geblieben war.

Ricci musste sich ständig übergeben und warf schließlich das Handtuch, doch dann tat sie es Gregory gleich; Sie verbrannte sie einfach.

„Oh, hat die Arme Ricci einen schwachen Magen?“, spöttelte Dimitri.

Zur Antwort schleuderte sie ihm einen Feuerball entgegen. „Dann steh du einmal die ganze Zeit auf einem Schlachtfeld und verbrenn dutzende von Leichen mit Atmung.“

Gregory musste lachen und Ricci wurde grün vor Neid, als sie sah was Gregory alles anstellen konnte.

Er musste die Leiche nur kurz ankokeln und sie brannte lichterloh, wobei sie innerhalb von wenigen Sekunden nur noch ein Häufchen Asche waren.

„Also das will ich auch können.“

„Viel Spaß beim üben.“

Marco kam über das Feld gelaufen und es sah so aus, als ob ihm das ganze nichts ausmachen würde. „He, schön dass ich euch doch noch finde, ich soll euch ausrichten, dass wir nachher ein Fest veranstalten und wir würden uns freuen, wenn ihr ebenfalls kommen würdet.“

„Aber klar doch!“

„Gut passt! Dann arbeitet schön fleißig weiter.“ Damit war Marco auch schon wieder verschwunden.

„Ihr habt es gehört, arbeitet schneller! Давай! Давай! Ich hab mords Kohldampf!“

Ricci sah ihn angewidert an. „Wie kann man in so einer Situation bloß ans Essen denken?!“

Dimitri wackelte belustigt mit den Augenbrauen. „Glaub mir, wenn du erst einmal das erlebt hast, was wir beide gesehen haben, dann macht dir das hier auch nichts mehr aus.“

Ihr Gesichtsausdruck wurde verzweifelt. „Na toll, da kann ich mich ja auf was gefasst machen.“

 

- - - - - -

 

Als sie die Leichen alle entsorgt und würdig bestattet hatten, war Dimitri der erste, der zum Buffet rannte und sich etwas zu essen nahm.

Ricci stand lachend neben Gregory und als er gehen wollte, hielt sie ihn am Arm fest und deutete ihm, noch etwas besprechen zu müssen.

Als sie im Wald hinter einem Baum standen, wo die anderen sie nicht sehen konnten, verschränkte Ricci die Arme vor der Brust. „Was genau hat Caligola dir gesagt. Sei ehrlich zu mir.“

Gregory wandte den Blick ab und sah in den Wald. „Ich habe ihm gesagt, dass du es nicht erfahren wirst.“

„Es wird deine einzige Möglichkeit sein, zu verhindern, dass ich mich auf die Suche nach ihm mache.“

Er seufzte. „Na schön, mir wird nichts anderes übrig bleiben. Ich erzähle dir aber nur die Kurzfassung.“

„Wenigstens erzählst du mir etwas.“

„Spar dir deinen Sarkasmus. Nikolas sagte, er habe einen Auftragskiller angeheuert, der dich nach seinem Tod umbringt. Es handelt sich dabei um einen alten Freund Caligolas. Damit dir nichts geschieht, macht er sich nun auf die Suche nach seinem Freund und will verhindern, dass er dir etwas antut.“

„Irgend so etwas in der Art hätte ich mir denken können.“

„Jedenfalls bist du sicher, solange du dich nicht in Caligolas Nähe aufhältst.“

„Ach, meint er also ich kann mich nicht selbst beschützen? Brauche ich jetzt echt schon einen Babysitter, der auf mich aufpasst und mir all meine Entscheidungen abnimmt?“ Sie hielt kurz inne. „Irre ich mich, oder bin ich nicht vor kurzem achtzehn geworden? Heißt das nicht, dass ich jetzt erwachsen bin und mein Leben selbst in die Hand nehmen kann?“, stellte sie bitter fest.

„He, er will nur, dass ihr länger als ein paar Tage zusammen sein könnt. Immerhin bist du nicht unsterblich und es ist so leicht euch zu töten. Zu leicht.“

Sie sah ihn schief an, die Arme immer noch verschränkt. „Sprichst du da aus Erfahrung?“

„Wechsle nicht das Thema.“

Sie zuckte mit den Schultern. „War nur eine Frage.“

„Der springende Punkt ist der, dass Dimitri und ich stark genug sind, um dich vor jedem Angreifer zu beschützen und dich so lange am Leben zu erhalten, bis Caligola sich wieder um dich kümmern kann.“

„Oh nein, wie Heldenhaft von euch.“

Gregory packte Ricci an den Schultern und schüttelte sie. „Willst du nicht kapieren, dass er sich um dein Leben sorgt, oder bist du einfach zu dumm dazu!“, schrie er sie an.

Ricci stieß ihn von sich und fuhr ihn an: „Vielleicht liegt es daran, dass ich mir lieber darum Sorgen mache, dass er womöglich bei dem Versuch ihn zu finden und zu überreden sterben könnte und ich ihn nie wieder sehe! Wir könnten genauso gut alle nach ihm suchen, denn wenn du und Dimitri die stärksten seid, dürfte es für euch kein Problem sein ihn aufzuhalten!“ Tränen rannen ihr wie kleine Bäche die Wangen hinab und ihre Augen waren rotgeweint.

Gregory sah sie schuldbewusst an. „Das ginge nicht, da Dimitri und ich…nunja, andere Probleme haben, in die wir euch nicht hineinziehen wollen. Da all unsere Feinde denken wir seien tot, wollen wir auch, dass das so bleibt. Ich hoffe du verstehst das.“

Er nahm sie in den Arm und Ricci leistete keinen Widerstand. „Fang schon mal an zu trainieren, denn wenn er stirbt, werde ich dich jagen, finden und dir einen qualvollen Tod bescheren.“

Er kicherte. „Werde ich machen.“ Er ließ sie los, wischte ihr die Tränen von den Wangen und sah ihr in die Augen. „Lass uns zum Fest gehen, bevor sie einen Suchtrupp losschicken.“

„Ok.“

Epilog

 

Ricci, Johnny, Adrian, Dimitri, Gregory, Marco und Hrothgar saßen im Dorf an einem Tisch und feierten Johnny neuen Job, denn nun war er der neue Anführer der Silberwölfe.

„Auf Johnny, den neuen Rudelführer!“

„Auf Johnny“, stimmten alle mit ein und erhoben die Gläser

Die Stimmung war munter und fröhlich, das ganze Dorf und Johnnys Wölfe waren gekommen um mitzufeiern.

Für Johnny brach nun eine neue Art des Lebens an, denn nun konnte er nicht so mir nichts dir nichts irgendeinen Blödsinn verzapfen, denn nun musste er aufpassen, dass sein Rudel nicht mit hineingezogen wurde.

Während sich die anderen Unterhielten saß Ricci nur am Rand und stocherte in ihrem Essen herum.

„Ricci komm schon hör auf, wenn man dir zusieht vergeht einem ja das essen“, meinte Adrian eher amüsiert als ernst.

„Wenn es dich stört, kann ich ja auch gehen“, sagte sie emotionslos.

„Hey, Ricci, was ist los?“

„Was los ist! Du fragst mich ehrlich was los ist! Caligola ist weg! Wegen mir! Ich muss hier weg, weil irgend so ein geistig verwirrter Vampir hinter mir her ist und lauter geistesgestörte Anhänger mir ans Leder wollen! Und jetzt muss ich mich von einem Dämon und einem möchtegern-Vampir-Magier herumkommandieren lassen, weil er nichts Besseres zu tun hat, als sich Sorgen um mich zu machen! Und du fragst mich was los ist!“

Alle am Tisch waren verstummt und starrten Ricci an.

„Ja, starrt mich nur alle an! Schön, dass euch mein Leben mehr interessiert als euer eigenes!“, sei sprang auf und stapfte davon.

Gregory stand ebenfalls auf und ging ihr nach.

Sie stand zwischen den Bäumen und weinte.

„He.“ Er lehnte sich an den Baum neben ihr. „Schönes Wetter heute.“

„Lass mich in Ruhe.“ Sie fuhr sich mit dem Handrücken über die Wange.

„Komm her.“ Er stieß sich vom Baum ab und nahm Ricci in den Arm.

„Er ist gegangen ohne mir auch nur einen Abschiedskuss zu geben. Er hat mir versprochen, dass wir uns nach der Schlacht wieder sehen, aber jetzt ist er einfach abgehauen!“ Sie lehnte sich an seine Schulter und ließ ihren Tränen freien Lauf.

„Schon gut, er wird ja wieder kommen.“

Sie schniefte. „Und wenn nicht.“

„Hör auf so zu denken.“ Er hob ihr Kinn an und sah ihr in die Augen. „Wie wärs, es wird dunkel, wollen wir fahren?“

„Gute Idee, ich halte es hier sowieso nicht länger aus.“

Sie gingen zum Fest zurück. „Leute, tut mir leid, aber wir müssen los. Ihr wisst schon; im Dunkeln sieht dich niemand.“

„Das ist schade, aber wir werden euch nicht aufhalten. Ihr werdet schon wissen was ihr zu tun habt.“

Gregory nickte. „Komm, Dima, lass uns fahren.“

Sie stiegen in einen schwarzen Van und fuhren los.

Die Fahrt zu Gregorys alten Anwesen würden mindestens acht Stunden dauern. In Acht Stunden würde die Sonne schon aufgegangen sein und sie würden für jeden sichtbar sein, was nicht Sinn und Zweck des Versuchs unbemerkt zu verschwinden war.

Gregory stieg auf der Fahrerseite ein, Dimitri auf der Beifahrerseite und Ricci setzte sich auf die Rückbank.

„Na dann, ab ins Verderben.“

 

~ 231 ~

Impressum

Texte: Silvia Leeb
Bildmaterialien: Silvia Leeb
Tag der Veröffentlichung: 06.02.2017

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /