Manchmal kommt der Zeitpunkt, wo ein einziger Moment, sei es auch nur wenige Sekunden, über alles entscheidet. Und alles, was man gerade tut oder denkt, wird überaus wichtig. Auch wenn dieser Moment für Außenstehende nur ein kurzer Moment sein möge, scheint dieser Moment für den, der in seinem Leben etwas ändern will, die Zeit still zu stehen und er vergisst alles um ihn herum, denn nur dieser eine Moment zählt ...
Er geht.
Ich muss es ihm sagen, bevor er aus meinem einsamen Leben verschwindet. Ich habe kaum Zeit, es ihm zu sagen. Ich stehe nun seit zwei Stunden in der eisigen Kälte und warte bis er kommt. Er muss es wissen! Ich muss ihm das sagen, was ich ihm schon vor einem halben Jahr hätte sagen sollen, nein, seit der ersten Begegnung hätte ich es ihm sagen sollen. Aber ich habe mich nicht getraut, das zu sagen..., dass ich ihn mag. Sehr sogar. Und nun werden die Augenblicke mit ihm nur noch der Vergangenheit angehören. Nur noch eine blasse Erinnerung, die vergeht, die in meinen Gedanken nur Träume sein werden, die nie lebt... wenn ich es ihm nicht sage! Meine Liebe. Ach, ich weiß nicht. Vielleicht mag er mich nicht. Was wird er wohl sagen, wenn ich ihm meine Liebe gestehe? Wird er mich auslachen? Oder wird er mich in seine Arme legen. Ohh...wenn es nur so wäre. Ich sehe ihn so oft, aber ich schaffe es einfach nicht, ihm in die Augen zu sehen und zu sagen...
Er sieht sooo verdammt, mega, super, toll, giga und alle guten Worte auf dieser Welt zusammen gut aus. Er ist sooo süß. Seine dunklen Augen, seine Nase, sein süßer Mund, alles an seinem Gesicht und überhaupt passt und sitzt an der richtigen Stelle. Er ist so schön, dass ich bei jedem Anblick wie Eis dahin schmelze. Er ist so cool. Und nett. Ja, sein Inneres sieht genauso gut aus wie sein Äußeres. Er ist gutmütig, lieb, witzig, toll und hilfsbereit. Er bringt mich immer zum Lachen und gibt mir Mut mit seinen Worten, mit seinem Tun. Er schenkt mir Geborgenheit, Freude und Hoffnung. Jeder Tag wird zum Erlebnis mit ihm. Er schenkt mir Beachtung und Liebe. Anerkennung, Akzeptanz, Glaube. Auch, wenn er es nicht bemerkt. Wir hatten nicht einmal ein richtiges Date. Immer kam etwas dazwischen. Nein, ich habe mich nie getraut. Aber heute. Aber heute werde ich es ihm sagen! Wenn ich es ihm das sage.
.
Meggie seufzte. Sie stand am Straßenrand. Hinter ihr war der Bahnhof. Es war laut. Die Züge quietschten, die Menschen gingen eilig aneinander vorbei und auf den Straßen brummten die Autos. Ein warmer Geruch von frisch gebackenen Brezeln durchflutete die Luft. In der Bäckerei waren viele Menschen, die ein gestärktes Frühstück für den Tag zu sich nehmen wollten. Außerdem war es an diesem Wintermorgen sehr kalt. Meggies Hände und Füße froren ab, doch es kümmerte sie nicht. Es war viel los am frühen Morgen. Alles bewegte sich, nur Meggie stand da, als hätte sie niemand bemerkt. Sie wartete. Sie wartete in der großen Menschenmenge, die sie sonderlich nicht beachtete.
Viele Tage, über Wochen und Monate, habe ich ihn gesehen. Ich erinnere mich, wie er mich jedes Mal warmherzig mit einem Lächeln begrüßte, wie er mir aufhalf, als ich gestolpert bin, wie er mich aufmunterte, als ich mich blamiert habe, wie er mir bei meinen Problemen zur Seite stand und wie er immer freundlich zu mir war. Er ist der netteste Mensch, den ich je gesehen habe.
Meggie schaute sich um. Immer wieder blickte sie auf die Uhr. Der Zug, mit dem diejenige Person verschwand, stand schon am Bahnhof und wartete. Als würde die ganze Welt auf ihn warten.
Ich bin verliebt. Ich liebe ihn.
Warst du schon einmal verliebt?
Trotz der eisigen Kälte wurde Meggie rot. Er
stieg aus dem Taxi, hinter ihm sein Reisekoffer. Er stand zehn Meter vor ihr entfernt. Meggies Herz begann schnell zu pochen. Ihr wurde es heiß und ihre Knie zitterten. Ihre Hände schwitzten. Sie war so aufgeregt, dass sie sich nicht bewegen konnte.
Er ist da. Wie soll ich es ihm sagen? Ruhe, Meggie, es ist ganz einfach. Nur einige Sätze. Nur einige Worte...Er sieht so gut aus. Er könnte doch jede andere bekommen. Ob er mich mag? Wieso kann ich nicht so cool sein wie er? Wenn er an meiner Stelle wäre, würde er sich bestimmt nicht in die Hose machen. Ich habe solche Angst. Was ist, wenn er mich ablehnt? Vielleicht will er gar keine Beziehung anfangen? Was ist, wenn er "Nein" sagt? Ich komme mir dumm vor. Was ist, wenn er lacht? Ich kann es ihm nicht sagen.
Neun, acht Meter entfernt
Ihr Herz raste...
Nein. Er hat einmal gesagt, dass man dafür kämpfen muss, wenn man etwas will. Sag es Meggie. Geh zu ihm!
Sieben, sechs Meter entfernt
...schneller...
Sag ihm, dass ich ihn mag. Was wird er denken? Ich bin in dich verliebt. Schon länger. Was wird er von mir halten? Du bist so nett. Wie wird er reagieren? Geschockt? Gekränkt? Ich möchte bei dir bleiben.
Fünf, vier Meter entfernt
...und schneller...
Du musst es ihm sagen! Ich sage es ihm. Ich muss mich zusammenreißen. Sei nicht so Feige! Wenn ich es jetzt nicht sage, ist alles verloren. Ich werde nie wissen, ob er mich liebt oder nicht. Ich werde dann nie meine große Liebe erfahren. Da ist er doch und was mache ich? Nichts. So kann und darf es nicht enden. Sag es! Das ist meine letzte Chance, Meggie. Noch habe ich die Zeit. Jetzt oder nie!
Drei, zwei, ein Meter entfernt
...und schneller.
Gesteh ihm seine Liebe. Ich liebe ihn.
Er ging an ihr vorbei. Er sah sie an, lächelte ihr zu und ging weiter.
Warum hat er nichts gesagt?
Warum hat sie nichts gesagt?
Dieser Augenblick war entscheidend. Nur drei Sekunden und die Zeit war wie verloren gegangen. Weg, die einzige Chance, war flüchtig wie Gas weggeflogen. Sie war da, aber weg.
Die Liebe. Die Person. Der Schatz. Das Ein und Alles.
Weg.
Meggie stand immer noch auf dem gleichen Fleck. Ihr Herz pochte immer noch wie wild und sie zitterte am ganzen Körper. Eine Träne lief ihr übers Gesicht.
Weg, dachte sie sich.
Einfach weg.
Chancen sollte man nutzen.
Ich gebe nicht auf.
Es ist nie zu spät.
DANNY!
Tag der Veröffentlichung: 09.01.2009
Alle Rechte vorbehalten