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Kapitel 1

          Kaderin

Kaderin lehnte etwas abseits von dem kleinen Fest an einem Baum. Das Rudel saß auf Bänken oder auf dem Boden um das große Lagerfeuer. Sie spielten auf ihren Gitarren oder Bongos und Kaderin genoss es, wie der alte Rhythmus der Musik sie durchflutete.

Es waren Lieder über vergangene Zeiten und über Götter an die niemand mehr glaubte, dennoch wurden sie aus Tradition weiterhin gesungen.

Andere standen am Buffet und aßen.

Doch am meisten interessierten sie die zwei Männer, die der Grund für das Fest waren.

Es waren Taylor und Calum. Auch sie saßen am Lagerfeuer. Das Licht strahlte sie an. Taylor wikte beinahe wie flüssige Schokolade, während Calum sie an Karamell erinnerte. Sie kamen aus einem befreundeten Rudel weiter im Süden.

Kaderin hatte vor zwei Jahren dort den üblichen zweijährlichen Austausch gemacht, den man als Rudelmitglied mit sechzehn machen musste. Dies war ebenfalls Tradition, besonders als Tochter des Alphas. Kaderin hatte sich nie gefragt, was das brachte, denn sie interessierte sie nicht besonders und sie fand sich einfach damit ab.  Jedoch war Kaderin nur ein Jahr dort gewesen, da ihr Rudel sie nach dem Tod ihrer Großmutter als Heilerin gebraucht hat.

Von ihrer Grandma hatte sie, seit Kaderin sechs war, alles gelernt, was man als Heilerin wissen musste. Von ihr hatte sie auch die Gabe ihrer Hände geerbt. Kaderin spürte Krankheit, Verletzungen, alles eben, was an einem Körper nur sein konnte. Sie spürte es durch Energien, die dann durch ihren Körper flossen und ihr Instinkt wusste sofort, was es dann genau war.

In diesem Austausch hatte sie Taylor kennen gelernt. Sie hatten sich verliebt und waren fast das ganze Jahr zusammen gewesen, doch als sie ihm sagte, dass sie wieder zurückgehen musste, war er ausgeflippt und Kederin  war immer noch wütend auf ihn wegen der Worte, die er zu ihr gesagt hatte. Er war ihre erste große Liebe gewesen und er hatte ihre Sicht auf Männer geändert. Seit ihm hatte sie sich nicht mehr verliebt und sie würde das nächste Mal vorsichtiger sein.

Ihr Blick glitt zu Calum, sie hatte ihn nie persönlich kennengelernt, da er selbst auf Austausch gewesen war. Er war der Sohn des Alphas und daher ein Ehrengast ihres Rudels.

Er wurde wie ein Prinz behandelt und verhätschelt.

Kaderin seufzte und sank an dem Baum zu Boden. Sie liebte es zu feiern, zu tanzen, zu trinken, aber nicht, wenn Taylor hier war.

Plötzlich drehte Calum seinen Kopf und begegnete ihrem Blick. Seine Augen weiteten sich leicht, doch nur so kurz, dass Kaderin sich nicht sicher war, ob es wirklich geschehen ist. Sie wandte den Blick ab und auf einmal setzte ein sanftes Kribbeln ein. Oh nein!, dachte Kaderin sofort. Das war alles andere als gut.

„Kaderin, dürfen wir dich kurz stören?“, fragte plötzlich eine weibliche Stimme neben ihr.

Kaderin sah auf und stellte fest, dass sie nicht bemerkt hatte, wie Cheryl und Jackson zu ihr gekommen waren.

Kaderin lächelte die beiden an und stand auf. „Natürlich!“

Cheryl lächelte erleichtert. „Wir wollen nur wissen, ob alles in Ordnung ist“, erklärte sie.

Kaderin sah sie besorgt an. „Warum? War etwas?“

Cheryl schüttelte den Kopf. „Nein, nein, wir sind nur vorsichtig.“

Kaderin nickte und legte eine Hand auf ihren geschwollenen Bauch.

Sofort spürte sie die Energie, die von dem Ungeborenen ausging.

Sie prickelte angenehm in ihren Händen und kroch dann durch ihre Arme in ihren ganzen Körper.

Cheryl war im siebten Monat schwanger und blühte förmlich auf. Genauso wie ihr Mann Jackson.

Kaderin war ein wenig neidisch. Sie wollte auch Kinder, doch im Moment war sie mit ihren achtzehn Jahren wohl ein wenig zu jung und vor allem hatte sie den richtigen Mann dafür noch nicht gefunden.

Als Kaderin keine Unebenheiten in der Energie des Babys spürte nickte sie. „Alles in Ordnung!“

Wieder ein erleichtertes Lächeln Cheryls.

„Äh ... wollt ihr wissen, was es ist?“, fragte Kaderin vorsichtig.

Jackson nickte eifrig und sie lachte leise über seinen Elan. Auch Cheryl nickte sanft.

Kaderin grinste. „Ein Mädchen!“, hauchte sie. Sie hatte es an der Weiblichkeit der Energie erkannt.

Jackson zog seine Frau in seine Arme und küsste sie zärtlich.

Kaderin zog sich leise zurück. Sie wollte die Beiden jetzt nicht stören.

Sie ging in Richtung Lagerfeuer. Schnell schnappte sie sich ein Glas Bowle und ging zu dem Baum, der nah neben dem Hauptgebäude stand.

Natürlich spürte sie die Blicke von Taylor und Calum auf sich, als sie einen Schluck aus dem Bowlenglas nahm und gegen den Baum sprang.

Schnell sprang sie immer wieder zwischen Baum und Hüttenwand hin und her und war so schnell auf dem Dach angelangt.

Kaderin setzte sich auf das Dach und sah wieder zur Feier hinunter.

Calum hatte den Blick ihrem Vater zugewandt und hörte ihm aufmerksam zu, während Taylor sie immer noch offen beobachtete.

Das Dach machte einen leichten Ruck und Jason setzte sich neben Kaderin.

Sofort spürte sie die Blicke einiger Wölfinnen auf sich. Jason war der Frauenheld im Dorf. Doch Kaderin war die einzige, der er wirklich Treu war.

Doch es wunderte sie nicht, dass er bei den Frauen so beliebt war. Jason war groß und blass. Er hatte schwarzes etwas längeres Haar und Snake Bites in der Unterlippe.

Er legte einen Arm um ihre Schultern und sie lehnte sich entspannt gegen ihn.

„Wie geht’s dir?“, flüsterte er leise.

Kaderin antwortete seufzend „Ganz gut, aber ich finde es beunruhigend, ihn hier zu sehen!“

Jason war ihr bester Freund. Er war wie ein großer Bruder für sie und sie erzählte ihm alles. Auch das mit Taylor hatte sie ihm erzählt.

Jason nickte. „Kann ich mir denken. Er sollte sich von dir fern halten, sonst hat er ein paar Narben mehr!“, Kaderin kannte Jason gut genug, um zu wissen, dass er die Drohung ernst meinte. Sie liebte diesen Mann. Zwar nur wie einen Bruder, aber sie liebte ihn.

„Das würde Dante nie erlauben, das weißt du. Taylor ist einer unserer Gäste!“, ermahnte sie ihn, doch Jason lachte nur. „Es interessiert mich nicht, was dein Vater denkt!“

Kaderin gab ihm einen dicken Kuss auf die Wange. „Ich weiß, deswegen bist du ja auch so toll!“

Jason lachte noch lauter und auf einmal viel Kaderin ein, das Taylor sie beobachtete und sie überlegte, was er sah.

Seine Exfreundin saß hier ein wenig abgeschottet mit einem großen, schwarzhaarigen Wolf im Rocker-Style auf einem Dach, kuschelte sich an ihn und küsste ihn sogar auf die Wange.

Unwillkürlich musste sie lächeln.

Taylor hatte es nicht anders verdient, wirklich nicht.

„Was denkst du?“, fragte Jason leise.

Sie kicherte und er wusste sofort, was sie dachte. „Willst du ihn eifersüchtig machen?“, fragte Jason.

Plötzlich erinnerte sie sich wieder an Calum, der noch immer  mit ihrem Vater redete und ab und an immer wieder zu ihr hoch sah, als würde er über sie reden.

Sie hatte nichts gegen ihn, nur dass er so offen über sie redete störte sie und das Kribbeln, dass sie vorhin gespürt hatte, irritierte sie etwas.

Das Gesicht ihres Vaters wirkte nicht besonders erfreut, aber das tat es nie, wenn er auch nur an Kaderin dachte.

„Kaderie? Willst du ihn eifersüchtig machen?“, fragte Jason nochmal, als er merkte, dass sie nicht reagierte.

„Was? Willst du mich so dringend küssen?“, neckte sie ihn.

Jason grinste und ließ seine Stimme schleimig werden. „Oh Baby, du weißt doch, dass ich es liebe, dich zu küssen!“

Kaderin konnte sich das leise Kichern nicht verkneifen.

Er und sie hatten nie richtig etwas gehabt. Sie hatten nur beide die gleiche Vorliebe, Leute zu ärgern und am besten tat man das, indem man sie eifersüchtig machte.

Außerdem hatte sie ihm auch schon öfters geholfen, bestimmte Mädels aufzureißen.

Kaderin packte Jason im Nacken und zog ihn zu sich hinunter. Seine Küsse waren fest und sie mochte sie, obwohl sie rein gar nichts dabei empfand.

Es war ein langer Kuss und als er sich von ihr löste, grinste er sie an.

„Was?“, fragte sie lachend.

Jasons Grinsen wurde noch breiter. „Sag nicht, du hast Taylor nicht knurren gehört!“

Jetzt brach Kaderin wirklich in lautes Lachen aus.

 

            Calum

Calum lag in dem Bett, das ihm Dante, das Rudelalpha, im Gästehaus zugeteilt hatte, und starrte an die Decke.

Er dachte über Dantes Angebot nach. Natürlich nahm er es an. Er wollte dem Alpha gegenüber loyal erscheinen, auch wenn er es nicht wirklich war. Genauso wenig wie Calums Vater, auch wenn es so schien.

Dante war kein gutes Alpha, das wusste jeder, doch er war stark, so stark, dass ihn noch niemand im Zweikampf um das Rudel besiegt hatte. Außerdem hatte Dantes Rudel noch keinen würdigen Nachfolger gefunden, denn nur Wölfe, die sich auch zu anderen Zeiten als Vollmond verwandeln können, konnten Alpha werden, oder wenn sie das momentane Alpha besiegten.

Es gab auch ein paar Rudel, die kein Alpha hatten, bei ihnen funktionierte es überraschender weise auch relativ gut.

Doch Dantes Angebot war nicht nur wegen der scheinbaren Loyalität interessant, sondern vor allem wegen dem, was sich im Laufe des Abends ergeben hatte.

Als Calum und Taylor angekommen waren, war das Lagerfeuerfest bereits im vollen Gang.

Dante hatte sie begrüßt und sich mit ihnen auf eine Bank ans Feuer gesetzt, um Calum das Angebot mitzuteilen.

„Es geht nur darum, dass ich weiß, was sie so anstellt. Ich weiß, dass sie sich verteidigen kann, aber ich mache mir dennoch Sorgen um sie. Immerhin ist sie meine Tochter“

Natürlich wusste Calum, dass das eine glatte Lüge war. Er wusste zwar nicht, was zwischen Dante und seiner Tochter war, doch er hatte schnell gemerkt, dass es dem Mann nicht um sein Kind ging.

„Du musst mir nur sagen, ob sie etwas macht, dass … nun ja … dem Rudel schadet!“

Calum hatte noch nicht zugestimmt, als er sie bemerkte.

Sie lehnte an einem Baum und starrte Taylor an.

Ihr blondes Haar lag, an der Seite zu einem Zopf gebunden, auf ihrer rechten Schulter.

Sie hatte helle Haut und er konnte sogar von hier aus erkennen, dass sie sehr rein war.

Ihre Gesichtszüge waren gerade und symmetrisch. Mit vollen Lippen und großen strahlenden grauen Augen, die jedoch ein wenig kalt wirkten.

Dann wechselte ihr Blick und sie begegnete seinem. Es durchfuhr ihn ein Ruck und er wusste es sofort.

Das war sie! Sie musste ihm gehören!

Calum war sich ganz sicher, sie war seine Gefährtin. Er musste nur noch dafür sorgen, dass sie es auch wusste.

Sie würde sich hoffentlich sehr schnell zu ihr hingezogen fühlen.

Ihr Blick wanderte weiter über den Platz mit dem Feuer und durch die Reihen.

Calum hatte ins Feuer gestarrt und überlegt, ob er das Angebot trotzdem annehmen sollte.

Als er das nächste Mal zu ihr sah, legte sie gerade ihre Hand auf den Bauch einer Schwangeren. Ihr Blick war nun warm und sie wirkte dadurch viel hübscher.

Calum hatte seinem Blick wieder dem Feuer zugewandt, dann bemerkte er Taylors Blick.

Taylor beobachtete wie sie zwischen Baum und Hütte auf das Dach sprang.

Er wirkte abgelenkt. Was lag da in seinem Blick? Bewunderung oder war es Traurigkeit? Calum konnte es nicht richtig erkennen.

Plötzlich hatte sich Dantes Hand auf Calums Schulter gelegt und er redete auf ihn ein.

„Wenn du den Job machst, bekommst du sie, sie wird dir gehören!“

Dante hatte wohl den Ruck bemerkt, der durch Calums Körper gegangen war.

Er wollte sie nicht dazu zwingen, dass sie ihm gehörte. Er wollte, dass sie ihm gehören wollte und dass sie wollte, dass er ihr gehörte.

Doch die Zustimmung ihres Vaters war bestimmt nicht schlecht für diese Sache.

Calum beobachtete, wie sie mit dem Rocker, der sich neben sie gesetzt hatte, lachte und flüsterte. Ihre grauen Augen strahlten vor Freude. Ein Stich der Eifersucht durchfuhr Calum. Er wollte der Grund sein, warum sie lachte, der Grund, warum ihre Augen glücklich strahlten.

Er seufzte und plötzlich schaltete sein ganzer Verstand aus, als er sah, wie sie den Rocker küsste. Das war ihr Freund? Reine Eifersucht flutete durch Calums Körper.

„Okay, ich mach's!“, antwortete er Dante.

Und jetzt wusste er, er würde es schaffen! Sie würde ihn wollen!

Kaderin würde ihm gehören!

Kapitel 2

Calum

Dante klopfte an der Tür der Heilerhütte.

Seine Muskeln waren angespannt. Für Calum war der Hass des Vaters zur Tochter nicht übersehbar. Dante strahlte ihn gerade heraus.

Wie konnte ein Vater nur sein Kind hassen?

Die Tür öffnete sich und eine freundliche Kaderin sah heraus, doch als sie ihren Vater erblickte gefror ihr Gesicht und wurde emotionslos.

Ihre strahlenden Wolkenaugen wurden wieder zu kaltem Eis und es schmerzte Calum in seinem Inneren. Sie sollte nicht so sein.

„Was willst du?“, fragte Kaderin kühl. Auch ihre Stimme war emotionslos. Nicht wütend, nicht traurig, nichts. Einfach nur monoton.

Und doch war es ein schöner Klang.

„Wir müssen reden!“, erklärte Dante und wartete nicht, bis sie ihn herein bat, was sie wahrscheinlich nie tun würde, sondern schob sich an ihr vorbei ins Hütteninnere.

Kaderin ging ihm nach und Calum ging bis in den Flur hinterher und wartete dann dort.

Die beiden sollten ihr Gespräch alleine führen, auch wenn er jedes Wort hören konnte.

„Calum wird ab jetzt auf dich aufpassen“, begann Dante unmittelbar.

„Was?“, fauchte Kaderin wütend, doch dann hatte sie sich sofort wieder im Griff und war so monoton wie zuvor. „Das kannst du nicht tun!“

„Doch, genau das kann ich tun!“, Dante klang streng, doch das schien seine Tochter nicht zu interessieren.

„Das kann nicht dein Ernst sein! Ich will nicht, dass mir irgend so ein Möchtegern Alpha-Sohn hinterher dackelt und den Babysitter spielt, den ich nicht brauche!“, immer noch war sie beherrscht, doch Calum merkte, dass sie wütend war. Sehr wütend. Die Beleidigung schmerzte ihn, doch er verstand sie. Er würde auch nicht wollen, dass ihm ein Fremder auf Schritt und Tritt folgte. Wahrscheinlich auch nicht, wenn es ein Bekannter wäre.

Dante knurrte leise. „Du bist auch die Tochter eines Alphas!“ Er wurde langsam ungeduldig.

Kaderin lachte bitter auf und bei dem Klang überlief Calum eine Gänsehaut. Das Verlangen wurde größer, sie lachen zu hören, glücklich mit ihm Lachen zu hören!

„Jetzt plötzlich passt es dir wieder, dass ich deine Tochter bin? Nein, ich bin nicht gut genug für dich. Ich bin eine Missgeburt, schon vergessen?“ Ihre Stimme klang immer noch nicht wütend, obwohl sie wütend sein sollte, doch sie klang kühl und berechnend.

„Ich bin diese Diskussionen leid, Kaderin! Calum bleibt bei dir, Punkt!“, Dante ließ Kaderin nichts mehr erwidern und stürmte aus dem Raum neben dem Flur, indem sie das Gespräch geführt hatten.

Er warf Calum einen vielsagenden Blick zu. „Viel Spaß!“

Dann stürmte er aus der Hütte.

Calum schüttelte den Kopf über Dante und war unglaublich froh, einen Vater wie seinen zu haben, dem er nicht total egal war.

Leise trat er in die Tür des Wohnzimmers.

Kaderin stand mitten im Raum und starrte die gegenüberliegende Wand an.

Sie stand stolz und gerade da und sie wirkte noch immer wie eingefroren.

Und als sie sich abwandte, konnte er gerade noch die einzelne Träne sehen, die über ihre Wange rann.

 

            Kaderin

Wie konnte er es wagen hier hereinzuplatzen und diesen verfluchten Babysitter für sie dazulassen?

Natürlich wusste Kaderin, dass sie keine Chance gegen den Alpha hatte.

In der Bewegung, in der sie sich eine Strähne hinters Ohr steckte, wischte sie sich auch schnell die Träne aus dem Gesicht.

Sie spürte Calum hinter sich in der Tür stehen.

Langsam drehte Kaderin sich zu ihm um und starrte ihn an.

Er lehnte im Türrahmen und sie musste zugeben, dass er absolut unglaublich aussah.

Calum war mindestens eins achtzig groß.

Er hatte einen athletischen, braunen Körper. Sein kurzes, dunkles Haar stand ab, was ihn ein wenig verwegen wirken ließ.

Er hatte warme, grüne Augen mit gelben Sprenkeln darin.

Sein Gesicht war symmetrisch und Kaderin wusste, dass jede Frau ihm mit Sicherheit hinterher starrte, wenn er durch die Stadt ging.

Sie seufzte und fand sich mit der Situation ab, dass sie jetzt einen hinterherlaufenden Hund hatte.

Kaderin war ziemlich gut darin, sich mit Sachen abzufinden. Das war sie gewohnt.

Natürlich hatte sie keine Lust die ganze Zeit mit ihm zu verbringen, was bedeutete, dass sie wenn sie allein sein wollte ihn im Wald abhängen müsste.

Das würde sie schon irgendwie hinbekommen.

 

Sie öffnete die Tür und machte Platz, damit Jason eintreten konnte.

„Wo ist er?“, fragte er sofort.

„In seinem Zimmer“, Calum war dort hingegangen nachdem Kaderin ihm gesagt hatte, dass Jason kommen würde, um mit ihr zu reden.

Jason nickte und folgte ihr in ihr Zimmer. Sie warfen sich nebeneinander auf Kaderins Bett, so wie sie es schon seit ihrer Kindheit gemacht hatten.

„Also was ist los?“, fragte Jason sie. Er hatte natürlich sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmte.

Kaderin seufzte und begann vorsichtig. „Er … er ist nett.“

Jason sah sie skeptisch an. „Nett?“

Noch ein Seufzen. „Okay, mehr als nett. Ich … ich verbringe gern Zeit mit ihm! Es ist unglaublich. Er … er weiß genau, wenn er mich allein lassen muss, wenn er einfach nur neben mir sitzen zu braucht oder wenn ich bereit bin mich mit ihm zu unterhalten. Aber ich kenne ihn doch kaum!“, ihre  Stimme begann brüchig zu werden.

Jason sah sie mitfühlend an. „Verliebst du dich in ihn?“

Sie kannte die Antwort auf diese Frage und Jason auch. Sie baute langsam Vertrauen zu Calum auf, auch wenn sie keinen Grund dazu hatte, und sie glaubte, dass das keine so gute Idee war.

„Ich fühle mich … ich weiß nicht. Zu ihm hingezogen? Aber ich kenne ihn doch kaum!“

Man konnte den Menschen um sich herum nicht trauen   – davon hatte Kaderin Ahnung - , vor allem, wenn man sie kaum kannte.

Immerhin war alles was Calum ihr innerhalb der fünf Tage, die er jetzt hier war, über sich erzählt hatte, dass er in gegen Satz zu mir eine glückliche Kindheit gehabt hatte.

Deswegen war Kaderin noch immer kühl zu ihm, doch immer öfter erwischte sie sich dabei, dass sie sich ihm gegenüber nicht mehr verschloss, aber sobald sie es merkte, verfiel sie sofort wieder zurück in ihre gewohnte Kälte.

Jason wischte eine Träne von Kaderins Wange. „Jase, ich hab so Angst!“, flüsterte sie.

Er rutschte näher an sie heran und nahm sie in den Arm. „Ich weiß, Honey! Aber ich fürchte, du musst dich damit abfinden.“

Das wusste Kaderin und sie wollte es auch versuchen und so wie sie sich selbst kannte würde sie das auch schaffen.

Jason kannte ihre Ängste verletzt zu werden, immerhin kannte er schon schon seit Babytagen.

Diese Angst hatte Kaderin auch bei Calum, denn spätestens wenn er erfuhr, wie es sich um ihren inneren Wolf verhielt, würde er sie verlassen, wenn er denn überhaupt etwas von ihr wollte, denn bis jetzt hatte er noch keinerlei Andeutungen gemacht. Daher machte Kaderin die Eifersucht,  die sich immer in ihrer  Brust breit machte, sobald Calum mit einem hübschen Rudelmädchen sprach, ebenfalls Angst.

Sie wusste, dass sie keinen Grund dazu hatte, doch dieses Gefühl der Eifersucht ließ sich einfach nicht vertreiben. Sie hatten ja nichts mit einander.

Kaderin setzte sich auf und grinste Jason an. „Na, wie schlimm sehe ich aus?“

Jason lachte und schüttelte den Kopf. „Nicht so schlimm. Deine Nase ist nicht rot geworden und läuft nicht.“

Sie drehte sich zu dem Spiegel in ihrem Zimmer um und sah ihr Spiegelbild an.

Ihre blonden Haare waren ein wenig zerzaust vom herum liegen und ihre Augen leicht rot umrandet von den Tränen, aber ansonsten sah sie ganz gut aus.

„Kaderie, ich muss los...“, meinte Jason und stand auf. Sie folgte ihm aus ihrem Zimmer bis zur Tür.

Er stellte sich an die Türschwelle und sah wieder mitfühlend auf sie hinunter. „Das wird schon, Honey!“ Er gab ihr einen sanften Kuss auf die Stirn und ging dann.

Sie schloss seufzend die Tür hinter ihm und hoffte einfach nur, dass er Recht hatte.

„Alles in Ordnung?“, sie erschrak und wirbelte herum. In der Tür seines Zimmers stand Calum und sah Kaderin besorgt an.

„Ähm … ja, mir geht’s gut“, antwortete sie schnell.

Und natürlich schien er zu merken, dass sie mit ihm jetzt nicht darüber reden wollte und ging mit einem Nicken wieder in sein Zimmer und schloss die Tür hinter sich.

Seufzend sah sie ihm nach.

Kapitel 3

Kaderin klopfte an Calums Zimmertür.

Sofort öffnete er und sah ihr ein wenig verschlafen entgegen. Er trug nur Boxershorts, was sie kurz aus dem Konzept brachte. Sein Körper war gut trainiert und Kaderin musste sich zusammenreißen, um ihm in das müde Gesicht zu sehen. Kein Wunder, dass er müde war, es war ja auch gerade einmal halb acht.

„Ähm … ich gehe für die Seefeier heute Mittag Einkaufen. Ich schätze, du willst mit?“, stammelte Kaderin.

Calum nickte. „Gib mir nur eine Minute“, meinte er und drehte sich wieder um.

In der Zeit, in der er sich anzog, holte sie schnell eine Tasche und ihre Autoschlüssel.

Warum musste eigentlich immer sie die Einkäufe machen? War sie das persönliche Dienstmädchen des Rudels oder was?

Nein, Kaderin, du bist nur die beschissene Missgeburt, die keinen Wert hat.

„Können wir?“, fragte plötzlich Calum hinter ihr und riss sie aus ihren niederen Gedanken.

„Klar“, sagte Kaderin schnell und sie gingen zum Auto.

„Kaderin, warte!“, sie zuckte bei der bekannten Stimme zusammen und drehte sich langsam zu Valerie um.

„Du fährst doch einkaufen, oder?“, sie wartete die Antwort nicht ab. „Bring mir doch einen Sekt mit ja?“, es war mehr ein Befehl.

Dann drehte sie sich blitzschnell zu Calum um.

Natürlich war sie nur wegen ihm hier.

„Hi, verrückt, dass du schon sechs Tage hier bist und wir uns noch gar nicht kennengelernt haben. Ich bin Valerie!“ Sie lächelte ihn mit dem strahlendsten Lächeln an, das sie hatte.

Kaderin konnte nur den Kopf über ihre ehemalige beste Freundin schütteln und fragte sich mal wieder, wie sie sich so hatte ändern können.

Die Blondine war zusammen mit Jason ihr einziger Halt im Leben gewesen, doch an Kaderins siebzehnten Geburtstag hatte sie ihre kleine Party ruiniert und ihr den Kuchen mit einigen Beschimpfungen ins Gesicht gedonnert.

Bis heute wusste Kaderin noch nicht, was Valeries Problem war, doch sie beleidigte Kaderin weiterhin und diese ignorierte sie.

Sie war einer der Gründe, warum Kaderin den meisten Menschen nicht vertraute.

Calum lächelte zurück und sofort durchfuhr sie ein kleiner Stich der Eifersucht.

Sie ignorierte, wie Valerie irgendetwas von wegen, mal zusammen essen zu gehen, sagte und stieg in ihr kleines Auto.

„Also Valerie, Kaderin wartet schon auf mich. Man sieht sich sicher...“, unterbrach Calum sie mitten im Satz. Kaderin klappte die Kinnlade herunter. Er hatte sie eiskalt abblitzen lassen.

Dann plumpste er auf den Beifahrersitz.

Doch Valerie ließ sich noch nicht so leicht abwimmeln. Sofort tauchte sie an seinem offenen Fenster auf.

„Also wir könnten ja bei der Seefeier heute Nachmittag zusammen schwimmen gehen“, es war mehr eine Feststellung, als eine Frage.

Hatte sie es wirklich so nötig?

Calum drehte sich zu Kaderin und formte mit dem Mund die Worte. „Rette mich!“

Diese verkniff sich ein Lachen und warf Valerie einfach nur einen gelangweilten Blick zu. „Tja Valerie, also wir müssen jetzt wirklich los“, Kaderin schenkte ihr ein ironisches Lächeln, „wir sehen uns ja später!“

Und dann fuhr sie ohne eine Antwort von Valerie abzuwarten los.

Im Rückspiegel sah sie noch ihren wütenden Blick und dann konnte Kaderin einfach nicht anders, als laut loszulachen.

Calum stieß ein Schnauben aus und grinste sie an. „Danke!“

Sie lächelte breit zurück. „Nicht besonders begeistert vom Rudelflittchen, was?“

Er sah sie kurz verwirrt an. „Sie ist das Rudelflittchen?“

Jetzt war Kaderin verwirrt, warum glaubte er das nicht? Immerhin war sie schlank, hatte aber ausladende Hüften und eine große Oberweite.

„Das kann doch nicht sein, was finden die denn an der?“, fragte Calum jetzt eher entsetzt.

Kaderin starrte ihn an, bis ihr einfiel, dass sie auf die Straße schauen musste. „Willst du mich verarschen? Hast du sie überhaupt mal angeschaut?“

Calum lachte. „Natürlich. Aber was will ich mit einem hübschen Mädchen, das innerlich total kaputt ist?“

Total kaputt. Ja, das war Kaderin auch irgendwie.

Was sollte er also mit ihr wollen?

Ihr Blick war starr auf die Straße gerichtet und sie schwiegen sich die restliche Fahrt an.

 

            Calum

Calum sah die fahrende Schönheit neben sich an. Kaderin trug ihre Haare offen und sie fielen ihr in sanften Wellen bis zur Hüfte, was unglaublich aussah.

Von der Seite sah er ihr gerades helles Profil mit diesen wundervollen grauen Augen. Sie wirkten zwar nicht kalt, aber verschlossen.

Plötzlich hielt sie den Wagen und stieg aus, ohne ihn noch einmal anzusehen.

Auch er stieg aus und folgte ihr in den Supermarkt, nachdem sie einen Einkaufswagen geholt hatte.

Es faszinierte ihn, wie schnell und strategisch sie vorging. Sie schien genau zu wissen wo was stand und was und wie viel sie brauchte.

Als sie fast an der Kasse waren, klingelte plötzlich ihr Telefon.

„Ja?“, meldete sie sich. „Ja, ich bin beim Einkaufen“ … sie hörte kurz zu, dann seufzte sie. „Weißt du, ich bin es leid, dir immer den Kram für deine Schweinereien zu kaufen“, die Worte standen im Gegensatz zu ihrem amüsierten Tonfall.

Dann lachte sie. „Ja, ich bring dir dein Zeug mit.“

Dann legte sie auf und warf Calum einen kurzen Blick zu. „Bin gleich wieder da.“

Dann ging Kaderin in eine der Reihen, während Calum bei dem vollen Wagen wartete.

Als sie zurückkam hatte sie eine Tube Schokoladensauce und eine Packung Kondome in der Hand. Spätestens jetzt wusste Calum, dass Jason am Telefon gewesen war.

Dem Jungen flogen die Mädchen einfach zu.

Calum selbst konnte sich natürlich auch nicht gerade beschweren.

Unwillkürlich fragte er sich, ob Kaderin auch was mit ihm hatte.

Immerhin kam er ab und zu vorbei und er hatte  schon gesehen, wie sie sich auf der Willkommensfeier geküsst hatten.

Kaderin ließ die Sachen in den Wagen fallen und sie gingen zur Kasse, während Calum das miese Gefühl der Eifersucht nicht loswurde.

„Kade?“, setzte er vorsichtig an. Stand es ihm zu das zu fragen?

Sie drehte sich zu ihm um, ein fragender Blick im Gesicht.

„Ich weiß, das geht mich nichts an, aber du und Jason … seid ihr … ?“, er brach ab.

Kaderin sah ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue an. „Du hast recht, es geht dich nichts an, aber“ Und dann begann sie zu lachen.

Es klang so unglaublich schön, dass Calum auch selbst lächeln musste.

„Jason und ich hm?“, sie tat so als würde sie ernsthaft darüber nachdenken. „Gott nein“, lachte sie wieder.

Sofort ließ das Gefühl der Eifersucht in Calum nach. Er war verdammt froh darüber, dass nichts zwischen den beiden lief.

„Also versteh mich nicht falsch! Jason ist toll! Er ist wie ein Bruder für mich und es wundert mich kein Stück, dass die Frauen ihn lieben.“, erklärte sie lächelnd.

Sie mochte Jason wirklich sehr, das konnte Calum in Kaderins Blick sehen.

„Ich wünschte, er würde endlich eine finden, die nicht nur Sex von ihm will oder er von ihr“, sie lachte wieder leise.

Calum half ihr die Sachen auf das Laufband der Kasse zu legen, während er meinte: „Er braucht seine Zeit. Ich glaube, wenn er die Richtige findet, tut er sich leicht, seine Bettgeschichten aufzugeben.“

Kaderin sah spöttisch auf, wobei ihre Augen wieder etwas kalt waren. „Spricht da jemand aus Erfahrung?“

Calum sah sie ernst an. Sie durfte nicht von ihm denken, dass er nichts von ihr wollte. „Ich bin kein Frauenheld, wenn du das meinst.“

Kaderins Blick glitt über seinen Körper und er konnte die Zweifel darin sehen, doch sie schien ihm zu glauben.

 

            Kaderin

Kaderin saß wieder auf dem Ast eines Baumes, so wie sie es meistens tat und beobachtete den Rest des Rudels. Sie schwammen im See, planschten oder lagen einfach nur in der Sonne herum.

Aber am meisten interessierte Kaderin Calum. Er stand etwas abgelegen am Wasser. Sein Oberkörper war nackt und sorgte dafür, dass sie einfach so dahin schmolz. Seine gebräunte Haut spannte sich über die starken, aber nicht zu ausgeprägten Muskeln und glitzernde Wassertropfen rannen über ihn, da er gerade im See schwimmen gewesen war.

Sein Haar klebte an seinem Kopf und in seinem Gesicht und wirkte durch die Nässe noch dunkler als sonst.

Plötzlich drehte er sich zu Kaderin und grinste sie an. Sie zog eine Augenbraue hoch, was ihn zum Lachen brachte.

Und wieder einmal wunderte sie sich, wie gut sie sich verstanden. Was war das zwischen ihnen?

Da war definitiv etwas und Kaderin gab es jetzt entgültig auf, sich dagegen zu wehren, wenn sie das überhaupt je richtig getan hatte. Sie hatte nur noch Angst ihm da mit ihrem inneren Wolf zu sagen.

Sie erinnerte sich daran, was er über Valerie gesagt hatte.

Er wollte kein Mädchen, das innerlich kaputt war. Kaderin war es aber.

Calum schüttelte lachend den Kopf und drehte sich dann wieder zum See um und sprang wieder hinein.

Plötzlich traf sie ein Stein an der Seite und lenkte ihren Blick von dem Platscher ab, den Calum im Wasser gemacht hatte.

Unter Kaderin stand Valerie und funkelte sie böse an.

„Hey Eiszeit! Komm runter und spiel mit mir!“, fauchte sie hoch.

Den Spitznamen hatte sie Kaderin gegeben, nachdem sie ihr die Freundschaft gekündigt hatte und ein Miststück geworden war. Denn sie hatte Kaderin mit ihren Beleidigungen und alldem einen weiteren Teil ihres Herzens gebrochen und daraufhin hatte Kaderin die Welt von sich abgeschottet. Zumindest den Teil, der ihr  wehtun konnte. Nur Calum hatte sie nicht abblocken können.

„Was willst du, Valerie?“

Sie seufzte laut und sah demonstrativ gelangweilt auf ihre Fingernägel.

Kaderin knurrte leise und sprang von meinem Ast zu ihr herunter.

Valerie funkelte sie wütend an. „Du solltest dich von Calum fernhalten!“

Kaderin hatte geahnt, dass so etwas kommen würde, aber trotzdem wurde sie wütend. Jedoch unterdrückte sie die Wut. Wie immer. Sie würde es Valerie nicht gönnen, festzustellen, dass sie Gefühle in ihr auslöste, wenn auch negative.

„Lass mich in Ruhe, Valerie! Und Calum auch. Es gibt genug andere Männer im Rudel, auch wenn es nur noch ein paar sind, die du noch nicht im Bett hattest!“, meinte Kaderin kühl.

Sie erreichte genau das, was sie wollte. Valerie wurde wütend, doch sie ging nicht darauf ein, sondern zuckte nur mit den Schultern.

„Halt dich einfach von ihm fern, klar?“

Plötzlich spürte Kaderin eine kühle Nässe auf ihrer Schulter und dann warme Lippen, die ihre nackte Schulter küssten.

„Ich schätze, du bist zu spät dran, Valerie!“, meinte Calum ernst und legte Kaderin von hinten seine nassen Arme um den bis auf den Bikini nackten Körper. Sie konnte sich  einen leisen Quieker nicht verkneifen und ein angenehmer Schauer durchfuhr sie, als sie die Kälte des Wassers spürte.

Sie konnte sich kaum noch auf die empörte Valerie konzentrieren, sondern nahm nur noch Calum war. Die eigentliche Hitze seines Körpers, die gegen die Kälte des Wassers kämpfte und langsam gewann.

Valerie starrte die beiden entsetzt an. „Calum, das ist doch nicht dein ernst, oder? Du bevorzugst mir die Missgeburt?“

Ein Ruck ging durch Calums Körper und plötzlich wurde seine Stimme dunkel und drohend. „Nenn sie nie wieder so!“

Kopfschüttelnd drehte sie sich um und stapfte zu Taylor.

Den hatte Kaderin ja total vergessen! Natürlich waren ihr die Blicke, die er ihr zuwarf, aufgefallen, doch sie hatte noch immer nicht mit ihm gesprochen. Nicht dass sie traurig deswegen gewesen wäre. Vielleicht interessierte er sich ja auch gar nicht mehr für sie. Wahrscheinlich. Zumindest ließen das die letzten Worte, die er vor ihrer Abreise damals zu ihr gesagt hatte, vermuten.

Grinsend drehte sie sich zu Calum um. „Ich würde sagen, die sind wir los!“

Calum lachte leise. „Ja, sieht wohl so aus“

Sie lachten noch ein wenig zusammen und lästerten über Valerie, dann ging Calum wieder zurück zum Wasser und Kaderin sah ihm Kopfschüttelnd hinterher. Warum hatte sie sich so schnell in ihn verliebt?

„Kaderin? Kann ich mit dir reden?“, sofort versteifte sie sich. Es war wohl falsch gewesen über Taylor nachzudenken.

Langsam drehte sie sich zu ihm um. Anstatt zu antworten ging sie  zu ihrem Baum, lehnte sich gegen den Stamm und sah den großen, jungen, dunkelhäutigen Mann an. Er hatte sein Haar kürzer geschnitten, doch ansonsten hatte er sich nicht verändert.

„Kade, es tut mir so leid, was ich damals gesagt habe!“, begann er.

Sie zog eine Augenbraue hoch. „Was genau? Dass ich eine Missgeburt bin, so wie jeder sagt, oder dass du mich nie geliebt hast?“, ihre Stimme war reines kaltes Eis.

Taylor fuhr sich ein wenig verzweifelt durch das schwarze Haar. „Verdammt Kade! So hab ich das doch gar nicht gemeint! Ich war nur so wütend, als du mir gesagt hast, dass du wieder gehst!“

Konnte sie das glauben? Seit Jahren hatte sie sich wegen dem, was er gesagt hatte, keinem Mann mehr genähert. Calum momentan mal ausgeschlossen.

Kaderin zuckte die Achseln. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. „Und jetzt?“

Taylor trat einen Schritt näher auf sie zu. Er wurde leiser. „Kade, ich liebe dich immer noch!“

Sein Gesicht kam immer näher! Wollte er sie etwa küssen? Ausgerechnet jetzt?

Sie hauchte ein leises „Nein“, denn zu mehr war sie nicht im Stande, da sie zu schockiert war.

Doch er reagierte nicht darauf und plötzlich berührten seine Lippen ihre.

Über ein Jahr hatte sie ihm nachgetrauert und ausgerechnet jetzt kam er zu ihr? Jetzt wo sie sich gerade wieder verliebt hatte?

Im nächsten Moment war sie unheimlich verwirrt.

 

 

Kapitel 4

Calum

Calum stand bis zu den Knien im kühlen Wasser, als es plötzlich zu tröpfeln begann.

Er hatte die grauen Wolken bis gerade eben gar nicht bemerkt. Zu sehr hatte er über Kaderin nachgedacht. Über den Moment, als ihr Körper sich gegen seinen gedrückt hatte und er ihr Schaudern gespürt hatte.

Sofort wanderte sein Blick zu Kaderin.

Taylor stand bei ihr. Kälte überzog ihr Gesicht und als Taylor etwas sagte, konnte er die Verwirrung in ihrem Blick sehen.

Ein Stich der Eifersucht durchfuhr ihn, als er sah wie sein Freund Kaderin küsste.

Doch Kaderin reagierte anders als erwartet.

Sie stieß Taylor von sich, drehte sich um und sprintete in den Wald.

Schnell hatte Calum die Eifersucht beiseitegeschoben und raste hinter ihr her.

Der Regen war stärker geworden und prasselte ihm nun ins Gesicht.

Schnell hatte er Kaderin eingeholt, doch er hielt ein wenig Abstand, um ihr wenigstens etwas Privatsphäre zu lassen.

Sie stand mitten zwischen den Bäumen und atmete schwer.

Und dann begann sie eine Melodie zu summen.

Erst leise, dann lauter.

Die Melodie war eher etwas aggressiv.

Und dann begann sie zu tanzen. Sie bewegte sich perfekt passend zu ihrem Summen.

Sie drehte sich, sprang gegen Bäume, wiegte ihre Hüften und schlängelte ihre Arme.

Es war unglaublich.

Calum konnte aus ihrem Tanz mit Leichtigkeit ihre Gefühle filtern.

Wut, Frustration, Angst und er konnte sogar ihre Verwirrung erkennen.

Am Ende sank sie in sich zusammen auf den nassen Waldboden und Schluchzer schüttelten ihre Schultern.

Vorsichtig ging er auf sie zu und zog sie in seine Arme.

Kaderin presste sich an ihn und weinte gegen seine Brust.

Sie schwiegen noch lange nachdem Kaderin aufgehört hatte zu weinen und Calum genoss es, sie an sich zu spüren.

Er atmete ihren warmen, süßlichen Geruch ein.

Plötzlich sah sie zu ihm auf. „Danke!“, hauchte sie leise.

Sämtliche Kälte war aus ihr gewichen und er konnte einfach nicht mehr anders. Er beugte sich zu ihr herunter und dann lagen seine Lippen endlich auf ihren.

Sofort merkte er, wie sie den Kuss erwiderte. Vorsichtig drang er mit der Zunge in ihren Mund.

Es war ein unglaublich sanfter Kuss.

Langsam löste Kaderin sich von ihm. Sie öffnete die Augen und starrte ihn verwirrt an.

Plötzlich wich sie ein wenig vor ihm zurück. „Nicht so“, hörte er sie flüstern. Dann schlug sie sich die Hand vor den Mund, sprang schnell auf und sprintete davon.

Calum wusste, was sie meinte. Er würde sie auch nicht zum ersten Mal küssen wollen, nachdem ihm gerade irgendjemand anderes die Zunge in den Hals gesteckt hatte.

 

Das Dorf war wie leer gefegt, doch was hatte er erwartet? Es war immerhin Vollmond.

Calum ging mit schnellen Schritten zu der Hütte in der Jason mit seiner Familie lebte und klopfte laut an.

Hoffentlich war er noch da und nicht schon mit den anderen im Wald.

Beinahe sofort öffnete sich die Tür und Calum wurde von Jason gemustert.

„Was willst du?“, seine Stimme war fast schon so kalt, wie Kaderins sein konnte.

„Bitte Jason, wo ist Kaderin?“, Calums Stimme war flehend, doch sein sinkendes Selbstwertgefühl ignorierte er.

Jason musterte ihn noch einmal. „Warum willst du das wissen?“

Calum seufzte. „Nicht wegen meinem Job, wenn du das meinst!“

Jason nickte und schloss die Tür hinter sich. „Du liebst sie oder?“

Calum hatte gar keine Zeit zu antworten. „Na komm, ich zeig dir wo sie bei Vollmond ist!“

Jason ging sofort los und tiefer in den Wald. War Kaderin tatsächlich dort? Im Wald? Wobe sich alle anderen Wölfe herumtrieben und jagten?

Er folgte Jason ein ganzes Stück durch den dunklen Wald und unterdrückte das Gefühl sich auch in den Wolf zu verwandeln, der in seinem Inneren darauf pochte, nach außen zu brechen.

Plötzlich hörte er ihr leises Summen.

Es klang so schön, wie heute Nachmittag. Seit dem Kuss hatten sie kein Wort mehr miteinander geredet.

Kaderin hatte sich auf ihr Zimmer zurückgezogen und sich dann zur Vollmondnacht hinausgeschlichen.

Es war das erste mal gewesen, dass sie sich davon schlich. Bis jetzt hatte es sie nicht so sehr gestört, dass Calum meistens bei ihr war.

Er berührte Jason an der Schulter. „Danke, Mann!“

Jason verstand sofort, dass Calum ab jetzt allein klar kam, sprang in die Luft und verwandelte sich im Sprung in einen riesigen schwarzen Wolf.

Calum folgte weiter dem leisen Summen, bis er zu einem riesigen Baum kam. An den Baum waren weitere Bäume hingewachsen und hätte er Kaderin nicht gehört wäre er einfach daran vorbei gegangen.

Kaum merklich strahlte Licht durch die kleinen Löcher der Wurzeln.

Zwischen den Bäumen war ein Hohlraum. Calum entdeckte einen Spalt, durch den er sich drückte und dann stand er ein wenig geduckt in dem Hohlraum der Bäume.

Kaderin saß auf dem Boden neben zwei dicken Kerzen und sah ihn mit großen Augen an.

 

Kaderin

Kaderin hatte sich in ihr kleines Versteck zurückgezogen, das sie in ihrer Kindheit gefunden hatte.

Leise summte sie ihr Lieblingslied und beobachtete das Flackern der Kerzen.

Plötzlich hörte sie ein Knacken und dann stand Calum neben ihr.

Er sah unglaublich aus in dem Kerzenlicht.

Ohne zu fragen setzte er sich neben sie.

Ein Schauer glitt über Kaderins Rücken, als sie seine Schulter an ihrer spürte.

Sie beide sagten nichts, sondern saßen einfach nur schweigend nebeneinander. So wie sie es öfter taten und Kaderin es mochte.

Die Gänsehaut auf ihren Armen verschwand einfach nicht.

Im nächsten Moment war Calums Gesicht genau vor ihrem.

Er wollte sie küssen. Und Gott, sie wollte es auch, aber es war nicht richtig.

Calum war auch nur ein Wolf und würde sie irgendwann verlassen, sobald er ihr Geheimnis kannte, und das würde verdammt wehtun, da sie jetzt schon in ihn verliebt war.

Also legte sie die Hände auf seine Brust und stoppte ihn.

Wider rannte ein Schauer über ihr Rückgrat.

„Du solltest gehen!“, sie bemühte sich ihre Stimme kühl zu halten, doch es gelang ihr nicht richtig.

„Kade!“, es war schon fast ein Flehen, doch sie ging nicht darauf ein.

„Bitte geh!“, sie konnte nichts dagegen machen, dass ihre Stimme zitterte.

Calum schüttelte leicht den Kopf, doch Kaderin drückte stärker gegen seine Brust und dann gab er endlich nach.

Er stand auf und schlüpfte nach draußen.

Doch aus irgendeinem Grund wusste Kaderin, dass er nicht so leicht aufgeben würde und das bedeutete, dass sie es ihm entweder sagen musste oder sie musste sich weit von ihm fernhalten, doch das wollte sie nicht.

 

Kapitel 5

Calum

Sie schnitt weiter die Erdbeeren auf und ignorierte Calum, der im Türrahmen stand.

"Was machst du hier?", meinte sie zu ihm und er zuckte unter der Kälte ihrer Stimme zusammen. Warum war sie so kalt zu ihm? Hatte sie nicht verstanden, dass sie zu ihm gehörte? Er hatte doch bemerkt, wie sie jedes Mal eine Gänsehaut bekam, wenn sie ihn berührte. Calum beobachtete Kaderins schmalen, hellen Körper. Das blonde Haar, das ihr auf die Schultern fiel und die süßen perfekten Hände, die geschickt die Erdbeeren schnitten. Oh Mann! Konnte man sich so schnell verlieben? Scheinbar. Er liebte die Art, wie sie sich die Haare zurück strich, wie sie Gedichte beim Lesen leise vor sich hin nuschelte, wie graziös, wie sie sich bewegte. Und er liebte das Gefühl ihrer Lippen auf seinen. Sie nahm eine der Dosen Sprühsahne und sprühte die Schlagsahne auf die Erdbeeren. Calum ging zu Kaderin und legte ihr die Hände auf die Taille. Sie erschrak und drehte sich so schnell um, dass die Sahne weiter sprühte und die ihn traf. Schnell nahm sie den Finger von dem Knopf und starrte die Sahne auf seinem T-Shirt an. Auch Calum senkte den Blick nach unten und begann zu grinsen. "Na warte!", schnell schnappte er sich eine andere Flasche und besprühte Kaderins Bauch. Sie schnappte nach Luft und sah in wütend an. "Du willst Krieg?" Calum grinste, doch nicht lange, denn Kaderin sprühte ihm die Sahne direkt ins Gesicht. Er wollte sie packen, doch sie duckte sich unter seinem Arm weg. Schnell drehte er sich zu ihr um und erwischte ihren Ausschnitt. Sie stoppte und sah an sich hinunter. Calum beobachtete, wie die Sahne zwischen ihre Brüste lief. Wieder ein Spritzer traf sein Gesicht. Schnell sah er auf in Kaderins lachendes Gesicht und wieder einmal war er überglücklich, sie so zum Strahlen bringen zu können.

Er ging einen Schritt näher auf sie zu, sodass ihre Körper sich beinahe berührten. Calum spürte fast wie sie durch seine Nähe erbebte. Er sah ihr tief in die Augen und verlor sich in den grauen Gewitterwolken, aus denen nun alle Kälte gewichen war.

Und dann beugte er sich langsam zu ihr herunter und berührte mit seinen Lippen sanft die ihren.

Ihre Augenlider flatterten, bevor sie sie ganz schloss. Wieder machte sie diesen süßen Seufzer, den sie das letzte Mal auch ausgestoßen hatte.

Ganz vorsichtig, aus Angst sie wieder zu erschrecken, öffnete er die Lippen und fuhr mit seiner Zunge über ihre Lippen. Wie von selbst öffneten sich diese für ihn und er Drang mit seiner Zunge in ihren Mund. Ihre Zungen tanzten in dem sanften Kuss miteinander, während Calums und Kaderins Atmung schwerer wurde.

Nur für einen kurzen Moment löste er sich von ihren Lippen und flüsterte wie in Trance: "Ich liebe dich!"

Plötzlich versteifte Kaderin sich. "Was?", Calum konnte ihre Stimmlage nicht einordnen und wusste daher nicht, was sie dachte. Sie klang atemlos und etwas verwirrt.

"Ich liebe dich", flüsterte er noch einmal.

Tränen traten in ihre Augen und blitzschnell presste sie ihre Hände an seine Sahne verschmierte Brust, um ihn von sich weg zu stoßen. Bevor er sie fragen konnte, was war, sprintete sie bereits aus der Tür.

 

            Kaderin

Als sie nach draußen raste, rannen die Tränen bereits über Kaderins Gesicht. Ihr ganzer Körper zitterte und sie spürte noch immer Calums warme Lippen auf ihren. Der Kuss hatte sie beinahe um den Verstand gebracht, so unglaublich war er gewesen.

Und dann sein leises Flüstern. "Ich liebe dich", hatte er gegen ihre Lippen gehaucht.

Wie konnte er so etwas sagen? Was dachte er sich bloß dabei?

Kaderin sprintete zum Wald, doch sie konnte sich nicht einmal so weit konzentrieren, dass sie automatisch geradeaus statt Slalom lief.

Immer wieder stellte sie sich  die gleichen Fragen. Warum hatte er das gesagt? Warum hatte sie sich in ihn verliebt?

"Kaderin, bleib stehen verdammt!", hörte sie Calum hinter sich.

Sie hatte nicht bemerkt, dass er ihr hinterher gerannt war und seine Stimme hallte in ihrem Kopf wider.

Plötzlich stolperte sie und fiel auf die Knie, dort blieb sie dann sitzen.

Calum blieb vor Kaderin stehen und sah zu ihr herunter. Er wirkte deprimiert. "Bitte, Kaderin, rede endlich mit mir! Was ist los mit dir?"

Sie sah zu ihm auf und die Tränen wurden noch stärker. Verwirrt schüttelte sie den Kopf. "Wie kannst du sagen, dass du mich liebst? Du kannst mich nicht lieben, du weißt doch kaum was über mich!", ihre Stimme zitterte und wurde immer lauter.

Calum sah sie verwirrt an, dann sank er vor ihr auf die Knie und sah ihr tief in die Augen.

"Obwohl ich nicht deine ganze, große Lebensgeschichte kenne, muss das nicht heißen, dass ich nichts von dir weiß!" Sein Blick wurde noch weicher und ... Liebevoller? "Kaderin, ich kenne dich besser, als das ganze Rudel - ausgenommen Jason -. Wer außer ihm und mir weiß, dass auch du Gefühle hast, die schnell verletzt werden können, dass du deine Gefühle durch Tanz auslebst und dass du dich meistens unheimlich einsam und verlassen fühlst?"

Sie fühlte sich verlassen? Das hatte sie noch nie gefühlt, aber jetzt wo er es sagte ... er hatte Recht!

Calum wusste tatsächlich viel mehr über sie, als sonst jemand - ausgenommen Jason -. Aber das wichtigste wusste er noch nicht.

"Aber du ... du kannst mich nicht lieben! Ich ... ich kann mich nicht in eine Wölfin verwandeln!", gestand sie es ihm.

Er zuckte nur mit den Schultern. "Und wenn schon"

Sie schüttelte heftig den Kopf. "Nein, du verstehst nicht! Ich bin eine Missgeburt! Sie haben mich schon gebissen, aber es hat nichts gebracht. Ich werde mich nie in einen Wolf verwandeln, weil er tot ist", ihre Stimme war verbittert. Immerhin war das die Sache, unter der sie ihr Leben lang gelitten hatte.

Kaderin senkte ihren Blick auf den Boden, um Calums Reaktion nicht zu sehen.

Doch das ließ er nicht zu. Er legte seine Finger unter ihr Kinn und hob es an, bis sie ihn ansehen musste. Seine grünen Augen sahen tief in ihre und Kaderin wusste, dass er das, was er jetzt sagte absolut ernst meinte. "Kaderin, es ist mir völlig egal, ob du eine Wölfin bist oder nicht! Ich liebe dich, Kaderin! Und das bleibt so, egal was du mir deines Erachtens Schreckliches erzählst!"

Sie konnte es kaum glauben und musste es erst einmal verdauen. Er liebte sie, obwohl er ihr Geheimnis kannte!

Während sie wie erstarrt da saß und sich nicht mehr bewegen konnte, küsste Calum sanft über ihren Wangen ihre vielen Tränen weg.

Er war warm und seine Lippen sanft und weich.

Plötzlich erwachte sie aus ihrer Starre und küsste ihn schnell. Diesmal war es nicht so ein unheimlich sanfter Kuss, wie vorhin. Nein, jetzt küsste Kaderin ihn wie eine ertrinkende. Ihre Hände krallten sich in seine Schultern. Er legte seine Arme um ihren Körper und gab ihr somit den Halt, den sie gerade brauchte.

Vorsichtig löste sie sich von ihm und sah ihm tief in die Augen. Sie liebte diese gelben Sprenkel in den Tiefen des Grünes.

Langsam beugte er sich über sie und sie sank nach hinten auf den Waldboden. Calum lag jetzt auf ihr, wobei er sich neben ihr mit den Armen abstützte, um sie nicht zu erdrücken.

Kaderin küsste ihn wieder und ihr Kuss wurde jetzt verlangend. Tief in ihrem Körper zog sich etwas zusammen und sie unterdrückte ein Stöhnen.

Calums Lippen wanderten von ihrem Mund über ihre Wange zu ihrem Ohr. Er küsste sanft die Stelle unter ihrem Ohr, an der ihr Kiefer begann, und knabberte dann an ihrem Ohrläppchen.

Sie kicherte leise, doch es verwandelte sich schnell in ein leises Stöhnen, als seine Hände an den Seiten ihres Körpers entlang strichen.

Ohne daran zu denken, wo sie waren oder sonst irgendetwas, zog Kaderin Calum das noch Sahne verschmierte Shirt aus. Er seufzte an ihren Hals und sie durchfuhr ein angenehmes Schaudern.

"Schlaf mit mir!", flüsterte sie leise. "Bitte!"

Sie wollte ihn. Sie brauchte ihn! Und vor allem wollte sie, dass er wusste, dass er ihr gehörte.

Calums Antwort war ein leidenschaftlicher Kuss und seine Hände fuhren über ihren Bauch nach oben zu ihren Brüsten.

Recht schnell verlor Kaderin ihr Kleid und lag nur noch in Unterwäsche unter ihm.

Ihre Hände strichen über seinen nackten Oberkörper und erfühlten die glatte Haut und die starken Muskeln.

Dann ließ sie eine Hand weiter runter wandern, bis sie über die große Beule in seiner Jeans strich.

Calum stöhnte leise auf und drückte sich fester gegen ihre Hand. Schnell öffnete sie den Knopf seiner Hose und schob sie mithilfe ihrer Füße nach unten, während Calum die warme Stelle zwischen ihren Brüsten küsste.

Seine Hände schienen überall zu sein und Kaderin merkte kaum, wie er ihren BH öffnete und ihn über ihre Schultern schob.

Plötzlich war sie ein wenig nervös, als er auf ihren Körper hinunter sah, doch das legte sich wieder, als er mehr zu sich selbst als zu ihr sagte: "Wunderschön"

Er verteilte viele kleine Küsse auf ihren Brüsten und sie bäumte sich stöhnend unter ihm auf.

Sanft und kaum merklich Strich er ihr das Höschen runter und gleichzeitig seine Boxershorts.

Dann sah er ihr wieder tief in die Augen. Wieder genoss sie den Anblick seiner Sprenkel, aber vor allem sah sie darin Liebe.

Als seine Lippen die ihren berührten, drang er mit einem Stoß in sie ein. Dann hielt er still und sah sie wieder liebevoll an. "Hab ich dir wehgetan?", fragte er schwer atmend.

"Nein", hauchte Kaderin zurück und hob ihren Kopf um ihn wieder zu küssen.

Er begann sich in ihr zu bewegen und als er dann die Hand nach unten wandern ließ, um sie dort zu streicheln, flog sie. Um einen Aufschrei zu verhindern, grub sie ihre Zähne in seine Schulter.

Die Wellen, die durch Kaderins Körper rauschten,

brachten Calum dazu zu erbeben.

Und im nächsten Moment hielt er mit einem Stöhnen ganz still und sie spürte tief in sich, wie er kam.

Er rollte sich ein wenig von ihr runter, sodass sein Oberkörper mit etwas weniger Gewicht auf ihr lag, und legte seinen Kopf an ihren Hals.

Geistesabwesend strichen Kaderins Hände sanft über ihren breiten Rücken.

Sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Hals und plötzlich hatte sie das Gefühl, nicht mehr weiterleben zu können, ohne dass sie es ihm sagte.

"Calum", ihre Stimme war heiser und ziemlich leise. Er hob träge den Kopf und sah Kaderin an.

Wieder verlor sie sich in seinen wunderschönen Augen.

"Ich liebe dich auch!"

Kapitel 6

Müde öffnete Kaderin die Augen. Sie war wohl eingeschlafen. Vorsichtig hob sie den Kopf und sah auf Calum hinunter. Auch er war eingeschlafen, nachdem er sich auf den Rücken gerollt und Kaderin auf sich gezogen hatte.

Plötzlich war ihr Mund trocken und sie drückte sich so von ihm weg, dass er nicht aufwachte.

Als sie stand hob sie ihr Kleid vom Boden auf und schüttelte den Dreck davon ab, dann zog sie es an und drehte sich zu Calum um.

Er sah unglaublich gut aus, wie er da schlafend auf dem Waldboden lag.

Erst jetzt viel ihr das Blut an seiner Schulter auf.

Sie sah genauer hin. Es war die Stelle an der sie ihn vorhin gebissen hatte.

Ihr Mund klappte auf. Kaderin hatte ihn ausversehen als ihr Eigentum markiert.

Tatsächlich ausversehen, obwohl es sie jetzt nicht wirklich störte.

Er gehörte ihr.

Sie konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.

Plötzlich erinnerte sie sich wieder an ihren Durst.

Leise schlich sie sich zu dem kleinen Bächlein, das ein paar Meter weiter floss.

Das Wasser war klar und Kaderin kniete sich an den Rand und formte mit ihren Händen eine Schale, die sie dann ins Wasser tauchte und daraus trank.

Das kühle Wasser war angenehm in ihrem Mund.

Sie musste Lächeln als sie über Calum nachdachte. Alles war perfekt!

Und dann schlug plötzlich etwas Dumpfes auf ihrem Kopf auf, der Boden raste auf sie zu und alles wurde schwarz.

 

Kaderin öffnete die Augen. In ihrem Kopf pochte Schmerz und schien ihn sprängen zu wollen.

Sie sah nur Stein und gelbes Fackellicht.

Und dann kam der Schmerz. Sie konnte nicht anders als aufzuschreien.

Der Schmerz rannte wie Feuer von ihren Händen in ihre Arme und immer weiter.

Sie drehte den Kopf um herauszufinden, woher der Schmerz kam.

Kaderin schien auf einer Steinplatte zu liegen, weshalb es alles andere als angenehm war ihren Kopf zu drehen, doch es gelang ihr trotzdem.

Aber es war ein Fehler. Denn jetzt sah sie all das Blut, das über ihre Hände rann. Aus einer Wunde in ihrer Handfläche, in welcher ein Dolch steckte und sie so an den Fels nagelte.

Ihr wurde schlecht vom Anblick und schwindlig vom Schmerz und wieder wurde alles schwarz.

 

            Calum

Wo war sie, verdammt?

Calum folgte der Spur, die in die Erde gezogen war.

Als er aufgewacht war, war Kaderin weggewesen. Er hatte sich seine Kleidung angezogen und war dann ihrer Fußspur zum Bach gefolgt.

Dort fand er nur eine Blutspur und einen kleinen Weg, als hätte jemand etwas hinter sich hergezogen.

Panik hatte ihn überfallen. Das war definitiv Kaderins Blut gewesen.

Nervös fuhr Calum sich über die Stelle, an der Kaderin ihn mit ihrem Biss markiert hatte, obwohl sie keine Wölfin war.

Die Wunde war bereits wieder verheilt, so wie es bei Markierungen üblich war, dennoch spürte er dort Kaderins Energie pulsieren.

Seine Schritte wurden schneller. Er musste sie finden!

Wer würde sie entführen wollen?

Alles war vorhin so perfekt gewesen und jetzt?

Weiterhin folgte er der Spur in der Erde des Waldes. Er beschleunigte. Was wenn ihr etwas passiert war?

Was wenn er zu spät kam oder sie sogar gar nicht fand?

Plötzlich kam er an eine Höhle. Der Eingang war schmal, sodass er seitlich durchgehen musste.

Die Höhle war dunkel und feucht. Sie wurde mit jedem Schritt, den Calum machte breiter.

Und dann stand er auf einmal in einer Art Raum.

An den Wänden hingen Fackeln und beleuchteten den grausamen Anblick, der ihn leise aufschreien ließ.

Da lag sie.

Langsam ging er auf sie zu und mit jedem Schritt schien sein Herz mehr zu zersplittern.

Kaderin lag auf einem riesigen Felsen, der sehr an einen Altar erinnerte, mitten im Raum.

Calum bekam keine Luft mehr.

Er war so viel zu spät gekommen.

Kaderins Arme waren ausgebreitet, durch ihre Hände Dolche gestoßen, die sie an dem Fels hielten.

Sie war nackt. Trug nichts am Körper außer ihr Blut. Viel Blut.

Ihr ganzer Körper war übersäht von kleinen Schnittwunden. An den kleineren war das Blut bereits getrocknet, aus den etwas größeren lief es noch in leichten Rinnsalen.

Das blonde lange Haar hing zu Boden und war von dem ganzen Blut Kupfergefärbt.

Die einzige Stelle, die nicht blutig war, war ihr Gesicht. Sie war blass. Ihre Augen geschlossen, der Mund leicht geöffnet. Aus ihren Augenwinkeln führten die Spuren ihrer getrockneten Tränen.

Auch Calum traten jetzt Tränen in die Augen, dann beugte er sich zu Kaderin hinab.

Sie war so schön und es splitterte sein Herz. Das konnte doch nicht sein!

Seine Lippen striffen über ihre noch leicht warmen.

„Es tut mir so leid!“, flüsterte er gegen ihren Mund.

 

Kaderin

Das Licht war zu grell für ihre Augen. Doch dann wurde es gedämpft und schien golden zu werden.

Vorsichtig hob Kaderin ihre Lider und blinzelte in das Honiglicht.

Sie saß auf dem Boden eines kleinen Pavillons aus weißem Stein.

Der Boden war kalt, jedoch nicht unangenehm.

Wo war sie?

Wie war sie hier gelandet?

Langsam stand sie auf, da sie sich nicht sicher war, ob ihr geschundener Körper das aushielt.

Geschundener Körper? Was war passiert?

Sie wusste es nicht genau, denn die Erinnerungen schienen unerreichbar zu sein.

Ihr Gehirn schien leer und von einem Nabel umwabert.

„Kaderin“, es war nur ein Flüstern. Die Stimme war sanft und Kaderin konnte nicht anders, als ihr zu folgen.

Sie trat aus dem Pavillon und stand nun am Rand eines Sees.

Doch das Wasser war nicht klar und blau, sondern war wie aus Honig. Die goldene Flüssigkeit glänzte in dem Licht, das von nirgendwo genau zu kommen schien.

„Es tut mir leid“, flüsterte die Stimme wieder und Kaderin drehte sich zu ihr.

An einem goldenen Baum lehnte eine große Frau.

Ihr braunes Haar war kurz geschnitten und sie trug einen ebenso braunen Wolfspelz um ihre Schultern.

Sie hatte große braune Rehaugen und ein sanftes Lächeln um den Mund.

„Wo bin ich?“, fragte Kaderin und stellte fest, dass ihre Stimme kratzig und leise war.

Die Frau, die wie Kaderin jetzt feststellte drei Köpfe größer war als sie, legte nun den Kopf leicht schief.

„Wir sind neben dem Olymp“, antwortete sie.

Ihre Stimme war stark und ließ Kaderin neben sich kalt aussehen.

„Hä?“, brachte sie unlogischer weise heraus.

Die Frau lachte leise, dann ging sie in den kleinen Pavillon zurück und deutete Kaderin ihr zu folgen.

Langsam ging sie hinter ihr her und setzte sich neben sie zurück auf den kühlen Marmorboden. Es war schwer, denn ihr ganzer Körper schmerzte, doch sie wusste noch immer nicht warum.

„Kaderin … ich bin Artemis und …“, woher kannte sie ihren Namen? Was war hier los? Auch ihr Name kam Kaderin bekannt vor.

Und dann setzte sich alles zusammen… Olymp – Artemis – die alten Geschichten, die man im Rudel als Lieder am Lagerfeuer sang – Waren sie alle war?

Die Geschichten über eine Göttin, deren Kinder sie alle waren und die ihren Sitz im Olymp bei den griechischen Göttern hatte. Die sich um sie kümmerte und zu der die Wölfe früher gebetet hatten.

Waren alle die Geschichten wahr, an die keiner im Rudel mehr glaubte? Oder träumte Kaderin das alles hier nur?

Sie starrte Artemis mit offenem Mund an.

„Ich will etwas von dir, Kaderin. Ich möchte, dass du für mich in den irdischen Olymp eintrittst. Vertritt mich und zeige meinen Wölfen, dass es mich gibt!

Du musst ihnen die Augen öffnen!“

Kaderin schnappte nach Luft.

Sie wusste nicht warum, vielleicht war das alles nur ein Traum oder sie stand unter Artemis Einfluss, doch sie glaubte ihr und sie wollte ihre Aufgabe erfüllen.

Was sollte sie noch bei meinem Rudel, zu dem sie nie richtig gehören würde?

Sie wollte gerade einfach zustimmen, doch dann hielt sie etwas davon ab. Calum.

Was würde mit ihm sein? Kaderin hatte ihn durch gerade erst gefunden, da konnte sie ihn doch nicht gleich wieder verlassen?

Als hätte sie Kaderins Gedanken gelesen, antwortete Artemis auf ihre unausgesprochene Frage. „Du kannst ihn mitnehmen! Es ist genug Platz dort. Es ist eine kleine Insel. Die Berührten, die dort bereits leben, werden dir alles erklären.“

Kaderin war überfordert. Ihr Gehirn funktionierte nicht richtig und sie wollte, dass diese Schmerzen endlich aufhörten.

„Ich mach es!“, es war ihr gerade ziemlich egal, was sie da gerade bejahte, sie wollte einfach nach Hause und schlafen, da sie plötzlich unheimlich müde war.

„Sehr gut!“, Artemis lächelte und nickte. „Ich werde euch dorthin bringen, wenn ihr bereit seid!“

Kaderin wollte etwas erwidern, doch Artemis war plötzlich weg und dann verschwamm alles in ein goldenes Licht. Das glänzende Gold wurde immer dunkler bis es schwarz war.

Kaderin wollte über all das nachdenken, doch sie konnte nicht, denn sie wurde plötzlich ohnmächtig.

 

Impressum

Texte: © 2014, May Hutn Self Publishing
Tag der Veröffentlichung: 16.08.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Das ist für euch Mädels! Bee und Lou

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