Manche Türen sollten lieber verschlossen bleiben!
Hannah war von in Holz gravierten Zeichen umgeben. Eine bleierne Kälte umschlang sie. Und dann sah sie das tiefe Schwarz, das sich als Nebel in die hinterste Ecke drückte.
Sie blickte sich um, konnte Joe aber nicht sehen. Panik ergriff sie. Hannahs Herz schlug wild und ihre Knie zitterten. Platzangst erfasste sie und schnürte ihr die Kehle zu. Sie war in der Kiste, für die Joe das Grab aushob. Darin würde ihr Körper verrotten, nachdem sie jämmerlich erstickt war. Shahur würde dem Schauspiel hohnlachend beiwohnen. Hannahs Seele wäre unwiederbringlich verloren.
»Hannah«, erklang Joes Stimme. »Erde an Hannah. Houston, wir haben ein Problem.«
Hannah hörte ihn, doch sie konnte sich von ihrem Gedanken nicht lösen. Erst als sie einen Seitenhieb spürte, kehrte sie zurück in die Gegenwart.
»Was?«
»Wo warst du?«
»Denkst du noch manchmal daran?«, wollte sie wissen und traute sich nicht, den Namen des Unglücks auszusprechen.
Joe hingegen schien es nicht zu stören, die Dinge zu benennen. »An Shahur?«
Sie fuhr zusammen und blickte sich um. »Nicht so laut.«
»Warum nicht? Der schlummert in seiner Kiste, tief unten in der Erde.«
Erneut sah sie sich um. Der Schulhof war von Leben erfüllt, denn sämtliche Schüler nutzten das schöne Wetter. Keiner von ihnen saß heute in der sterilen, neonlichtgefluteten Mensa.
»Man könnte dich hören«, flüsterte sie.
Er legte ein breites Grinsen auf. »Na und? Sollen sie ruhig erfahren, dass wir einem Dämon in den Allerwertesten getreten haben.«
Sie versah ihn mit einem rügenden Blick. Es brauchte keine Worte, damit er sie genau verstand. Das schätzte sie sehr an ihm. Er neigte sich über den hölzernen Tisch und belegte ihre Lippen mit einem zarten Kuss. »Ich weiß doch, dass du das nicht willst. War nur Spaß.«
Ihr ging es nicht darum, ein Geheimnis um die ganze Sache zu machen. Ihr war nur daran gelegen, nicht als Verrückte abgestempelt zu werden. Aus Erfahrung wusste Hannah, dass das schnell ging. Bei Joe reichte es vollkommen aus, dass seine Mutter als Hexe in Alicetown bekannt war. Deshalb wurde er von allen gemieden. Wahrscheinlich, so dachte Hannah, hatten sie einfach Angst vor dem Unbekannten. Seit sie und Joe ein Paar waren, färbte diese Angst ein wenig auf sie ab. Sie wurde zwar nicht gemieden, aber ihre Mitschüler verhielten sich ihr gegenüber vorsichtiger als früher.
Ihr Blick erfasste Nancy Stark. Zumindest sah das Mädchen aus wie Nancy. Aber sie konnte es unmöglich sein, denn ihr fehlten mindestens vier Kleidergrößen. Gestern noch hatte sie an ihrem Shirt herumzupfend, den Rettungsring verbergend vor Hannah im Unterricht gesessen. Und nun sah sie aus, als hätte sie eine Crash Diät gemacht.
Vorsichtig stupste sie Joe an. »Hat Nancy eine Schwester?«
Kaum ausgesprochen, fiel ihr eine durchscheinende Gestalt hinter dem Mädchen auf. Sie klebte regelrecht an der Doppelgängerin. Jede Bewegung, die diese machte, tat auch ihr seltsamer Schatten.
Derartige Erscheinungen hatte Hannah immer wieder, seit sie in Shahurs Welt eingedrungen war. Joes Mutter hatte gesagt, dass sie nun miteinander verbunden waren und sich diese Verbindung mit der Zeit lösen würde. Mit einem Dämon verbunden zu sein, entsprach nicht gerade Hannahs Vorstellungen eines normalen Lebens. Es war nun schon drei Monate her, seit sie, Joe und seine Mutter Shahur besiegt hatten. Doch statt nachzulassen, gewannen die Erscheinungen an Stärke. Immer deutlicher konnte sie die Seelen der Toten sehen. So hatte es zumindest Joes Mom bezeichnet. Ob das tatsächlich fremde Seelen waren, die auf der Welt umherwanderten oder aber jene, die der Gefangenschaft Shahurs entkommen waren, wusste sie nicht. In manchen Momenten war sie sich sogar sicher, sich alles nur einzubilden. Dann aber erinnerte sie sich an all die schlimmen Dinge, die sie und Joe bezwungen hatten. Nein, Einbildung war das sicherlich nicht.
»Scheiße, das muss die Schwester sein. Die ist viel zu dünn für Nancy.«
Hannah suchte in ihrer Erinnerung nach einem Hinweis. Sie fragte sich, ob sie Nancy heute schon auf dem Schulgelände gesehen hatte. Garantiert wäre sie ihr nicht entgangen. »Aber was macht denn die Schwester hier? Ich glaube, Nancy ist heute gar nicht da.«
Achselzuckend erwiderte Joe: »Wenn das überhaupt ihre Schwester ist.«
Die Nancy-Doppelgängerin strich sich eine widerspenstige Strähne ihres braunen Haares aus dem Gesicht und richtete den Gurt ihrer Tasche.
»Joe, guck doch mal genauer hin. Ihre Gesten sind die gleichen. Die müssen miteinander verwandt sein.«
Er sah ihr hinterher, bis sie im Schulgebäude verschwand. »Na ja – vielleicht ist es eine Cousine oder so. Vielleicht ist Nancy krank und sie gibt nur das Attest ab«, schlussfolgerte er.
»Klar, die haben kein Telefon zu Hause«, antwortete Hannah zynisch und erhob sich von der Holzbank.
»Wo willst du hin?«
»Nachsehen, wo das schlanke Nancydouble hin will«, gab sie zurück und hastete schnellen Schrittes in das Schulgebäude.
Joe folgte ihr.
Das Ende der Pause wurde mit dröhnendem Läuten angekündigt. Hinter ihnen strömten die Schüler durch die Glastür, die wie ein Nadelöhr wirkte, durch das ein ausgefranstes Tau eingefädelt werden wollte. Hannah konnte das Mädchen nirgends entdecken. Enttäuscht musste sie sich eingestehen, das Double aus den Augen verloren zu haben.
»Beeil dich! Mr. Bowley kotzt sonst wieder, wenn wir zu spät kommen«, meinte Joe.
Das stimmte. Der Lehrer konnte einem ziemlich zusetzen, wenn man nicht pünktlich auf seinem Platz saß. Also gab Hannah Joes Bemühungen nach und ging in den Klassenraum. Wenn das Mädchen wegen Nancy hier war, dann würde sie es bei Mr. Bowley antreffen. Immerhin würde er das Attest entgegennehmen müssen. Aber als sie den Raum betraten, sah sie, dass Nancys Platz zwar leer war, aber auch von der Doppelgängerin jede Spur fehlte.
»Jetzt entspann dich mal wieder«, sagte Joe und nahm neben ihr Platz. »Die ist bestimmt nur krank. Magen-Darm oder vielleicht hat sie dieses tödliche Frauenleiden.«
Getränkt von Skepsis sah Hannah ihn an. Sie war tatsächlich angespannt. Doch das lag eher an der Tatsache, dass dieses Mädchen, das Nancy abgesehen von der Figur zum Verwechseln ähnlich sah, von einem Geist begleitet wurde. »Mit der stimmt was nicht. Sie hat einen Schatten«, flüsterte sie ihm zu, während Mr. Bowley den Raum betrat und die Tür mit einem lauten, aufgesetzten Räuspern schloss.
Sofort herrschte absolute Ruhe, die hier und da durch ein leises Rascheln geschnitten wurde.
»Herrschaften«, hallte der brummige Tenor des Lehrers durch den Klassenraum. »Weiß jemand, wo sich Miss Stark aufhält?« Er zog den Stuhl zurück und setzte sich an sein Pult. Dann ließ er prüfend den Blick über die Gesichter schweifen. »Niemand?«
Hannah war nahe dran, ihm von dem Mädchen zu erzählen. Doch sie schwieg und schüttelte langsam den Kopf.
»Gut. Wir verlegen den Unterricht heute nach draußen. Während ich Ihre Klausuren in Augenschein nehme, beschäftigen Sie sich bitte mit dem Stoff der letzten Stunde.«
»Da hat wohl jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht«, flüsterte Joe und stand auf.
Hannah kam es auch seltsam vor, dass ihnen gerade der strenge Mr. Bowley nicht nur eine Freistunde schenkte, sondern sich noch dazu nicht auf den Unterricht vorbereitet hatte. Mit einem Achselzucken schnappte sie sich ihre Tasche und folgte Joe durch die hinausströmende Menge. Die Schüler hatten es alle sehr eilig, den Klassenraum zu verlassen. Kein Wunder, dachte Hannah, als Joe meinte: »Mach schon, bevor er es sich anders überlegt.«
Auf dem Weg nach draußen erwähnte sie: »Ich möchte wissen, warum er die Klausuren nicht zu Hause korrigiert hat. Das sieht ihm gar nicht ähnlich.«
»Seine Tochter ist verschwunden«, dröhnte eine kräftige Stimme hinter ihr.
Hannah drehte sich um und stand Riley gegenüber. Der stämmige Baseballspieler der Schulmannschaft sah sie traurig an.
»Woher weißt du das?«
»Gestern waren die Cops bei mir. Ich war der Letzte, der sie lebend gesehen hat. Aber sie war mit irgendjemandem verabredet und hatte es ziemlich eilig. Da war so ein Tattoo, das ihr jemand heimlich verpasst hat. Eine Ranke. Ich habe damit nichts zu tun. Na ja, die Cops glauben mir. Aber Mary hat eine Menge zu erklären, wenn sie wieder auftaucht.«
Mit diesen Worten ließ er Hannah stehen und zog an ihr vorbei in Richtung Ausgang.
»Das ist hart«, vermeldete Joe. »Sie war im Cheerleaderteam. Ohne sie wird das ganze Trüppchen zusammenbrechen, weil sie die Choreo gemacht hat. Außerdem war sie für die Kostüme zuständig. Es wird schwer, Ersatz für Mary zu finden.«
Seine fatalistische Haltung gefiel ihr nicht. Wenn alle so schnell vom Schlimmsten ausgingen, würde niemand nach Mary suchen. »Erst mal ist sie nicht für tot erklärt worden. Ich bin sicher, sie taucht wieder auf. Und außerdem: Wieso bist du so gut informiert?«
»Letztes Jahr musste ich ein Werbevideo für die Schule machen. Projektwoche«, erklärte er knapp und eilte hinaus.
Aus irgendeinem Grund beschlich Hannah das Gefühl, dass noch mehr dahintersteckte als nur eine Projektwoche. Jedoch merkte sie ihm an, dass er nicht darüber reden wollte. So beschloss sie, dieses Thema zu einem besseren Zeitpunkt noch einmal anzusprechen, und folgte ihm.
Joe stand mitten auf dem Weg zwischen zwei Rasenflächen und sah sich um. »Toll! Jetzt müssen wir auch noch hier rumgammeln.«
Hannahs Blick erfasste die Schüler. Hier gammelte niemand. Stattdessen hielten die meisten auf das Tor zu und verließen das Schulgelände.
»Na ja, du kannst hier gammeln. Oder wir gehen einfach.«
»Hannah. So kenne ich dich ja gar nicht«, gab Joe mit einem breiten Grinsen zur Antwort.
Sie hakte sich bei ihm unter. »In mir schlummert so viel mehr und langsam drängt es an die Oberfläche.«
Hinter dem Zaun erstreckte sich ein unendlich großer Mischwald. Zwischen den Bäumen bemerkte Hannah ein Huschen. Es war nicht auszumachen, ob es sich um ein Tier oder einen Menschen handelte, dafür war es zu schnell verschwunden. Doch als sie ein weiteres Mal hinsah, blickte sie betreten weg. Bei der Gestalt handelte es sich um einen Mann. Sein Gesicht war blau und aufgedunsen. Ein Toter, dachte sie. Er drehte seine Runden um eine alte Eiche und bemerkte Hannah gar nicht. Tote machten ihr keine Angst, aber manche von ihnen waren schreckliche Tode gestorben und sahen dementsprechend aus. Dieser hier musste ertrunken oder erstickt sein. Sehnlichst wünschte sie sich, dass diese Verbindung zur Totenwelt endlich an Kraft verlieren würde. Sie hatte es satt, ständig Wesen von der anderen Seite zu begegnen.
Sie waren gerade auf dem Weg zum Tor, da tauchte das verwirrende Mädchen wie aus dem Nichts auf. Hannah stieß Joe mit dem Ellenbogen in die Rippen.
»Au!«, beschwerte er sich.
»Da«, flüsterte sie und deutete mit dem Kopf auf Nancys schlankes Double. »Los, wir fragen sie nach Nancy.«
Abrupt blieb Joe stehen und betrachtete Hannah, als hätte sie etwas Ungeheures von ihm verlangt. »Lieber nicht.«
»Was ist denn mit dir los? Hast du etwa Angst vor ihr? In dem Fall übernehme ich das Reden und du sagst nichts«, bestimmte Hannah und zog ihren Arm unter Joes hervor. »Hey du!« Das Mädchen reagierte nicht. Also versuchte sie es anders: »Nancy?«
Zu Hannahs Verwunderung drehte sich die Geheimnisvolle um. Je näher Hannah ihr kam, umso stärker schien die Ähnlichkeit zu Nancy zu werden. Doch ehe sie das schlanke Double erreichte, drehte sich dieses weg, schob die Hände in die Jackentaschen und beschleunigte.
Hannah ließ sich jedoch nicht abschütteln und legte einen Zahn zu. »Warte doch mal!«
Mit ihrem Appell erreichte sie zwar, dass das mysteriöse Mädchen stehenblieb, sich aber nicht umdrehte. Irgendetwas verheimlichte die falsche Nancy, das konnte Hannah förmlich riechen.
»Was willst du?« Ihre Stimme hatte denselben Klang wie Nancys. Sie ging wie Nancy, sie hörte sich an wie sie und sie führte dieselben Gesten aus wie ihre Mitschülerin. Das konnte nur eins bedeuten ... »Nancy?«
Sie wandte sich Hannah zu. »Okay, ich bins. Und jetzt?«
Wortlos staunend ließ Hannah ihren Blick an Nancys Figur rauf und runtergleiten.
»Kann ich jetzt weiter?«
»Wie hast du das gemacht? Das ist unglaublich«, räumte sie ein.
Einen winzigen Moment sah Nancy sie an, als wäre sie bei etwas wirklich Schrecklichem ertappt worden. Dann sagte sie: »Plastische Chirurgie.«
»Aber müsstest du dann nicht in der Klinik sein? Du musst doch Schmerzen haben.«
Nancy schluckte. »Ich hab gute Schmerzmittel. Außerdem ...«, setzte sie an und legte eine kurze Denkpause ein. »Ich habe an einer medizinischen Studie teilgenommen, in der das Fett ohne größere Eingriffe entfernt wird. Und eigentlich darf ich darüber noch nicht sprechen.«
»Wow«, warf Joe ein.
Hannah schwieg. Sie betrachtete ihr Gegenüber und bewunderte die schlanke Figur. Nur das Gesicht hatte sich nicht großartig verändert. Klar, es war schmaler geworden und auch ihr Doppelkinn war verschwunden, aber die knollige Nase und der kleine Höcker auf dem Nasenrücken waren geblieben. Ebenso ihre unreine Haut und die schmalen Augen. Aus der Ferne wirkte sie hübsch, aber näher betrachtet verlor sich diese Wirkung. Von ihrem Gesicht schien sie mit einem großen Ohrring ablenken zu wollen. Das, so dachte Hannah, war ihr nicht gelungen.
»Ich muss dann auch wieder weiter«, proklamierte Nancy und lief los.
»Dann hat sie selbst ihre Krankschreibung abgegeben«, schlussfolgerte Joe.
»Aber, wenn sie so fit ist, braucht sie doch keine Krankschreibung. Ich glaube eher, dass sie sich mit ihrer neuen Figur nicht getraut hat, den Klassenraum zu betreten. Ich meine, die Figur ist makellos, aber der Rest.«
»Hannah, jetzt wirst du aber bissig.« Er legte seine Hände auf ihre Hüften. »Das hast du doch gar nicht nötig«, wisperte er, zog sie an sich heran und küsste sie sanft.
Auf dem Nachhauseweg dachte Hannah unentwegt über Nancy nach. Ihr wollte einfach nicht in den Sinn, was das für eine neue Methode sein sollte. »Sag mal ...«, setzte sie an und blieb stehen.
»Was denn?«
»So ein Eingriff kostet bestimmt viel Geld, oder?« Sie wusste, dass Nancys Mutter arm wie eine Kirchenmaus war.
Er nickte. »Na ja, aber wenn sie sich als Versuchskaninchen angeboten hat, dann bekommt sie das bestimmt auch noch bezahlt.«
Hannah schnaufte. »Boah, tolle Figur und Geld obendrauf?«
»Ich glaube nicht, dass das so ganz risikofrei ist.«
Sie sah an sich hinunter und zupfte an ihrem Bauch herum.
»Nein!«, schoss es über Joes Lippen. »Denk nicht mal dran.«
»Ein bisschen könnte doch weg, oder?«
»Wovon denn? Da ist nichts, was zu viel wäre«, beteuerte er. »Und außerdem liebe ich jeden Zentimeter an dir.«
Und sie liebte es, ihn zu necken. Dann kam er immer aus seinem Schneckenhaus hervor und überhäufte sie mit Komplimenten. Das mochte sie sehr. Da gab es nur ein klitzekleines Problem. Sie konnte Dinge sehen, die kein anderer sah. Und deshalb fielen ihre Reaktionen manchmal sehr unpassend aus. Genau wie in diesem Moment, als sie Händchen haltend die Straße hinauf schlenderten und Hannah sich plötzlich schüttelte. Eine Frau mit zerfressener Haut und einem zerrissenen weißen Kleid kreuzte ihren Weg. Doch Joe sah sie nicht.
»Was ist? Hab ich was Ekliges gemacht?«
»Nein«, antwortete sie. »Es ist ... schon gut.« Wie sollte sie ihm denn erklären, dass sie ständig tote Menschen sah? Er würde sich nur unnötig Sorgen machen. Also ergriff sie die Flucht nach vorn. »Zu mir oder zu dir?«
»Ehrlich gesagt: lieber zu dir. Mom übertreibt es in letzter Zeit wieder mit dem Räuchern.«
Immer, wenn Emely Strawer ausgiebig räucherte, war sie sicher, dass das Böse in Alicetown stärker wurde. Seit sie Shahur im Tchabrak eingesperrt hatten, machte sie in regelmäßigen Abständen solche Räucherungen. Vielleicht sorgte sie sich aber einfach nur, dass der Dämon eines Tages seinem Gefängnis entfliehen könnte.
Hannah schloss die Tür auf und vergewisserte sich, dass sie allein waren. Wenn nicht, müsste sie erklären, warum sie jetzt schon zu Hause eintrudelte. »Mom, Dad?«
»Ausgeflogen«, meinte Joe, als es im Haus ruhig blieb. Zielstrebig huschte er an ihr vorbei in die Küche.
»Zum Glück«, konterte Hannah erleichtert und schloss die Tür hinter sich.
Joe kannte sich hier gut aus. Er hielt auf den Kühlschrank zu und holte eine Platte mit den Resten vom Vortag hervor. Dann griff er nach zwei Tellern aus dem Hänger über ihm, verteilte die Kartoffeln mit etwas gemischtem Gemüse und platzierte je ein Steak darauf. Den Rest packte er zurück in den Kühlschrank und stellte den ersten Teller in die Mikrowelle.
»Für mich bitte nicht«, sagte Hannah.
»Keinen Hunger?«
»Schon, aber nicht auf Gemüse und Kartoffeln.«
»Aha«, erwiderte er und versah sie mit einem kritischen Blick. »Zu gesund?«
»Nein«, verteidigte sie sich. »Ich kann das Zeug einfach nur nicht mehr sehen. Seit
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Dana Müller
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Cover: Dana Müller
Lektorat: Berliner Autorenzirkel
Korrektorat: A. Müller, R. Schwartz
Tag der Veröffentlichung: 29.11.2022
ISBN: 978-3-7554-2629-5
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