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Eurynome

Eurynome

 

Eine Kurzgeschichte

von Michl Schendi

 

Prolog

 

Diese Geschichte handelt von einem jungen Mann und seiner persönlichen Horrorgeschichte.

Sein Name ist Jürgen, er ist achtundzwanzig Jahre alt und er hat eine vier Jahre alte Tochter deren Mutter bei der Geburt des Kindes verstarb. Jürgen ist arbeitslos. Er versucht verzweifelt seinen Lebensunterhalt auf illegale Weise zu verdienen, da ihm die Möglichkeit auf einen Job verwehrt bleibt.

Seine Tochter Linda ist autistisch veranlagt und deshalb ein recht schwer zu erziehendes Kind, was Jürgen mental zu schaffen macht. Der Tod seiner Frau Sophie machte ihn außerdem schwer depressiv.

 

Jürgen weiß nicht, was mit ihm nicht stimmt, denn...

er hört und...

sieht... Dinge...

 

23.4.2010 – 20:30

 

Die Kleine und ich haben heute ihren Geburtstag gefeiert.

Sie liegt endlich im Bett und schläft. Es war anstrengend bei all den Kindern und nervenden Müttern, die einen ständig ausfragen, was mit Lindas' Mutter passierte.

Ich kann es nicht mehr hören. Schiebt euch eure Meinungen und Fragen in den Arsch ihr …

 

Wie dem auch sei, Hauptsache der Kleinen geht es gut. Ich hab noch 40 Euro in der Geldbörse bis zum Ende des Monats.

Blöd nur, dass die Strom und Gas Rechnung in Höhe von 263 Euro nicht bezahlt ist.

Gute Nacht!

 

24.4.2010 – 11:00

 

Heute ist Sonntag, ich hab lang geschlafen nachdem ich mich ewig im Bett gewälzt hab und …

ich weiß es nicht. Da war etwas. Oder war es nicht da?

Ich hab mir eingebildet einen Windhauch, wie kalten Atem im Nacken zu spüren. Als ich mich umdrehte war natürlich niemand da. Ich hatte jedenfalls das Gefühl etwas oder jemand ist in der Nähe. Wahrscheinlich spinne ich nur und es hat durchs geschlossene Fenster gezogen. Paranoia … Jürgen, reiß dich zusammen.

 

18:30

 

Es war heute Nachmittag echt wunderschön an der frischen Luft. Linda hat am Spielplatz mit ihren Zwergenfreunden gespielt und ich gemütlich ein Bierchen getrunken. Es war echt heiß für April und ich hab Kopfschmerzen, mir ist schwindlig. Wohl einen Sonnenstich geholt... Linda spielt im Kinderzimmer mit ihren Puppen. Ich leg mich mal eine Weile hin.

 

01:45

 

Draußen ist es finster, im Haus still, ich hab gepennt.

Als ich nach der Kleinen sah, war sie nicht im Kinderzimmer. Ich hab das ganze Haus abgesucht und sie nicht gefunden.

Es gab also nur noch einen Ort wo sie sein konnte. Der Weinkeller in den ich nicht gern gehe. Er ist mir unheimlich und es riecht muffig.

Jedenfalls öffnete ich die Kellertür und leuchtete mit der Taschenlampe hinein. Es war nichts zu sehen. Also ging ich ein paar Schritte vorwärts, als hinter mir die Tür zuflog und das Licht der Taschenlampe ausging.

Auf einmal erschienen in einer der oberen Ecken des Raumes bläulich leuchtende Kugeln, die im Kreis herumschwirrten. Ich hab mich so erschrocken, dass ich schreien musste und mir schwarz vor Augen wurde.

Das war vor ein paar Stunden! Zum Glück hat mich Linda aufgeweckt. Sie hat mich nur ängstlich gefragt, was ich denn da für komische Geräusche im Keller mache und wo ich die ganze Zeit war.

Ich habe Angst.

 

Dies waren die letzten Eintragungen im Tagebuch des Mannes.

 

 

Kapitel 1 – Dinge aus dem Keller

 

„Papa, bleibst du heute bei mir?“ fragte Linda mich, nachdem der Zwischenfall im Keller passierte.

„Ich hol mir meine Matratze rüber okay? Das Kinderbett bricht sonst wieder unter unseren Hintern.“

Ich ging also in mein Zimmer nebenan und zog die Matratze durch die zwei Türen. Nachdem ich sie im Kinderzimmer platzierte, ging ich noch zu Linda an ihr Bett und gab ihr einen Kuss.

„Passt du auf, Papa?“ fragte sie.

„Ich passe auf mein Schatz und jetzt Augen zu und schlafen.“ war meine Antwort darauf.

Ich ließ die Tischlampe eingeschaltet. Die Kleine hatte Angst im Dunkeln. So setzte ich mich auf meine Matratze und dachte nach, was mir da eigentlich passiert war. Dieses unheimliche kleine Licht im Keller, das mich umwarf, im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich hatte jedenfalls die Tür zum Weinkeller mit dicken Kartons vom Umzug blockiert, sodass man sie nicht mehr sehen konnte. Für mich gab es da keine Tür und keinen Keller mehr.

Als mir bewusst wurde, dass ich mit einer imaginären Schrotflinte in beiden Händen, mich und mein Kind beschützend da saß, schüttelte ich den Kopf, doch die „Schrotflinte“ niederlegen konnte ich nicht.

Da hörte ich auch schon diese unheimlichen Stimmen, ganz leise im Raum sprechen. Es klang wie das Tonband einer Nazirede aus den Vierziger Jahren. Verzerrt und unverständlich mit einem Rauschen im Hintergrund. Jedoch so leise, dass es kaum wahrnehmbar war. In meinem Kopf drehte sich alles im Kreis. Ich stand hurtig auf, weil ich das Atmen meiner Tochter nicht hören konnte und sofort schossen mir albtraumhafte Szenarien in den Kopf. Sie lebte natürlich noch und war eingeschlafen. Ich drehte mich beruhigt um und ließ den Kopf nach unten fallen, als ich aus meinem Zimmer ein lautes Geräusch vernahm. Es klang als wäre mein Computer durch das Zimmer gegen die Wand geschleudert worden. Ich ging erschrocken, langsam mit meiner unsichtbaren Waffe los. Die Tür des Zimmers knallte vor meinen Augen zu und Linda wurde wach.

„Papa?“

„Alles ok, Schatz, schlaf weiter, ich passe auf.“ flüsterte ich ihr zu.

Langsam und leise öffnete ich die Tür wieder. Im Augenwinkel bildete ich mir ein Leuchten das vorbeihuschte gesehen zu haben. Es sah aus wie das im Keller und mein Herz sprang vor Adrenalin und Angst. Es war dunkel im Haus, nur die Taschenlampe die ich mir quasi an den Lauf der Schrotflinte gehalten hab erhellte ein wenig den Flur. Es war nichts zu sehen. Auch kein Licht. Die Geräusche hatten auch aufgehört und ich schlich zu meinem Zimmer. Die Tür stand einen Spalt offen und darin war ein leicht bläulicher Schimmer zu sehen der im Sekundentakt aufflackerte. Ich zögerte, doch beschloss nachzusehen, was hier nicht stimmte. In dem Wissen, was mir zuvor im Keller passierte, zitterte ich vor Abscheu.

 

Mit dem rechten Fuß stieß ich leicht gegen die Tür, sodass sie langsam aufging. Als ich mich vorsichtig und angsterfüllt näherte, sah ich bereits die Lichtquelle.

Im oberen Eck über meinem Computertisch schwirrten sie herum. Kleine sehr helle, bläulich leuchtende Kugeln, die sich unkontrolliert bewegten. Ich konnte sie nicht zählen, es waren aber mindestens 15 Stück, die sich im Umkreis eines Kubikmeters auf verstörende Weise bewegten. Es wirkte nicht so, als wären diese Lichter aus irgendeiner Materie. Mein Herz begann zu rasen, mir wurde kalt und ich konnte meinen Atem sehen.

Es fühlte sich plötzlich an, als wäre die Temperatur unter den Gefrierpunkt gesunken. Ich hatte aufgehört mich an der imaginären Schrotflinte festzuhalten und war nur noch damit beschäftigt, nicht ohnmächtig zu werden.

Im nächsten Augenblick flog mir auch schon der Bildschirm meines Computers entgegen. Ich schaffte es gerade noch, mit dem Kopf auszuweichen, doch erschrak so heftig, dass ich zu Boden fiel und mir den Hinterkopf an der Tischkante stieß.

Ich lag auf dem Boden, mit dem Kopf zur Decke und hielt mir den Kopf. Vor Schmerz stieß ich einen Schrei heraus, der sich in meinem Kopf anhörte wie das Echo des Schlages einer Kirchenglocke. Die Lichter näherten sich mir und umkreisten mich mit sonderbar zackigen und kantigen Bewegungen. Dann hörte ich Linda im Nebenzimmer schreien. Ich verstand leider nichts von dem was sie mir zurief, in meinen Ohren rauschte es zu sehr. Als ich auf meine Hände blickte sah ich Blut. Der Aufprall meines Kopfes hat eine offene Wunde hinterlassen, die jetzt in meinem Kopf pulsierte. Trotz aller Schmerzen und Schwindelgefühle schaffte ich es mich aus dem Zimmer zu robben. Ich schlug sofort die Tür hinter mir zu und stand auf um ins Kinderzimmer zu laufen. Linda lag jedoch friedlich schlafend in ihrem Bett. Ich versperrte die Tür und setzte mich wieder auf meine Matratze. Die Taschenlampe auf die Tür gerichtet, vor Angst zitternd und geistig vollkommen verstört.

Auf dem Fußboden lagen Kleidungsstücke der Kleinen. Ich versuchte mir mit einer von Lindas' Hosen einen Verband um den Kopf zu wickeln. Es klappte. Die Blutung hatte aufgehört und ich verspürte immerhin eine kleine Erleichterung.

 

 

Kapitel 2 – Der Pfarrer

 

Ich öffnete meine Augen, die Sonne war aufgegangen. Irgendwie hatte ich es geschafft einzuschlafen. Die Uhr zeigte 05:36 und Linda schlief noch. Dann fiel mir wieder ein, was in der Nacht passiert war, bevor ich einschlief.

Sofort fiel mir das Atmen schwer, mein Kopf schmerzte und das Licht brannte in meinen Augen. Ich löste den Hosenverband von meinem Kopf und hoffte, dass die Blutung nicht wieder anfing. Es war einigermaßen in Ordnung. Noch immer mit blutigen Händen, stand ich auf und schlich mich zur Tür um Linda nicht zu wecken. Sie sollte kein Blut auf meinen Händen sehen und ich musste mir den Kopf ordentlich verbinden. Der Verbandskasten war allerdings am anderen Ende des Flurs im Badezimmer. So musste ich an meinem Zimmer vorbei, dessen Tür ich nur noch zutrat, nachdem ich attackiert wurde. Ich wagte keinen Blick in Richtung Tür und ging geradeaus ins Badezimmer. Dort verband ich mir den Kopf und wusch mir die Hände. Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich die Kirche und den Friedhof der gegenüber unseres Hauses lag. Bei genauerer Betrachtung wurde mir klar, dass der Friedhof und die Leichen die da beerdigt wurden, direkt neben meinem Weinkeller lagen. Konnte es sein, dass ich es mit einer Art Geist oder mehreren davon zu tun hatte? Waren untote Seelen in meinen Weinkeller eingedrungen und ich hatte sie herausgelassen? Das klang für mich unvorstellbar, da ich nicht an solchen „Hokus Pokus“ glaubte.

 

Ich verließ das Badezimmer, nachdem ich meine Blase ängstlich um mich blickend entleert hatte. Linda stand vor der Kinderzimmertür im Flur und blickte verschlafen auf den Boden. Ich lief auf sie zu und nahm sie in den Arm.

„Papa, was war das für ein Bumm Bumm in der Nacht?“

fragte sie mich und rieb sich ihre kleinen Augen.

„Ich weiß es nicht, aber ich werde es herausfinden. Und ich passe auf, mein Schatz, keine Angst. Du solltest dir mal die Zähne putzen und dann gibt es Frühstück für meine Kleine, also los ins Bad mit dir.“

Ich gab ihr einen Klaps auf den Hintern und sie lief los.

„Ich muss aber noch Pippi“ flüsterte sie mir von der Tür aus zu.

„Alles klar, dann mach zuerst Pippi“ flüsterte ich zurück.

Ich beschloss, doch nachzusehen, ob in meinem Zimmer irgendetwas zurückblieb. Es war nichts zu sehen, abgesehen von Computerteilen die im gesamten Zimmer herumgeschleudert wurden und ein paar Tropfen Blut die ich verloren haben musste. Ich war mehr als erleichtert und ging zurück Richtung Badezimmer.

Die Kleine war bereits dabei sich die Zähne zu putzen.

„Hopp Hopp, nicht trödeln du Zwerg.“

„If futz Fähne, Fafa“ sagte sie mit der Zahnbürste und einer Menge Schaum im Mund.

Als sie fertig war, gingen wir ins Esszimmer, wo sich auch die Küche befand.

„Was hältst du davon wenn wir heute spazieren gehen?“

Mit dem Vorwand auf den Friedhof und zur Kirche zu gehen um nach Spuren zu suchen, fragte ich sie.

„Ja, Papa, aber spielen.“ Sie war bereits hellwach und sprang umher. „Wir spielen später, ich will zuerst unsere Nachbarn besuchen, Schatz.“

Linda aß ihr Butterbrot mit Käse während ich besorgt aus dem Fenster blickte und einen Schluck Wasser aus der Leitung trank. Nachdem sie sich umzog, gingen wir los. Einmal um das Haus gegangen, waren wir auch schon bei der Kirche angekommen. Es war jetzt laut meiner Uhr 07:42 und soweit ich wusste, war der Pfarrer meist in der Kirche. Er war ein einsamer, älterer Mann, eher klein und schmal gebaut und zurückgezogen. Man sah ihn kaum auf der Straße. Er war nur zu sehen, wenn er im Lebensmittelgeschäft am Ende des Dorfes einkaufte oder man in die Kirche ging, was die wenigsten Bewohner des Dorfes oft taten. Manchmal, wenn ich im Garten saß und zur Kirche hinüberblickte, konnte ich sein Orgelspiel hören. Scheinbar war dies seine einzige Beschäftigung.

Wir standen vor der Kirche, links von uns stand ein steinernes Kreuz das mich sicherlich um drei Meter überragte. Daneben war ein Kriegerdenkmal, den Opfern des ersten und zweiten Weltkrieges gewidmet. Es war eine Statue mit drei Soldaten. Zwei davon zogen einen schwer verletzten Mann ohne Beine scheinbar in Sicherheit. Darunter standen Namen von gefallenen Soldaten aus dem Dorf und der Umgebung, sowie die Jahre in denen sie verstarben.

Ich ging mit Linda an der Hand weiter zur Eingangstür, klopfte drei mal vorsichtig und öffnete die große Schwingtür, die in einen relativ großen Raum führte, der eben wie das innere einer katholischen Kirche aussah. Ich blickte um mich, doch keiner war zu sehen. Ich vernahm den Geruch von Weihrauch und fühlte mich sofort unwohl. Kirchen waren mir schon als Kind bei Schulmessen unheimlich gewesen und ich dachte mir damals schon, dass ich kein Teil einer Sekte sein möchte. Dann hörte ich den Pfarrer rufen und sah bereits wie er auf mich zukam, aus der Hinterkammer der Kirche.

„Guten Morgen Jürgen, welch eine Ehre sie im Hause des Herren begrüßen zu dürfen. Und wer ist denn die Kleine da? Ihre Tochter?“

Ich wusste nicht, dass er meinen Namen kannte. Wir hatten uns auch noch nie unterhalten.

„Guten Morgen, Herr Pfarrer. Das ist Linda, meine Tochter, sag Hallo Linda.“ ich blickte zu ihr hinunter.

„Hallo“ sagte sie schüchtern und versteckte sich hinter meinem rechten Bein.

„Ich wollte mit ihnen sprechen. Mir passieren unheimliche Dinge in letzter Zeit. Offen gesagt, ich bin nicht gläubig, aber ich glaube, ich hab es mit Geistern zu tun, die von ihrem Friedhof zu mir ins Haus gekommen sind.“ Schnell erläuterte ich ihm meine Situation.

„Geister? Wie kommen sie denn auf einen solchen Unfug? So etwas wie Geister gibt es nicht, Jürgen. Wenn wir Menschen vom Leben dahinscheiden, kommen wir entweder zu Gott dem Herrn in den Himmel oder, wer in Sünde lebte wird zu auf ewiges Leid in die Hölle geschickt. Von Gott selbst.“

Er sah mich mit finsterem Blick an.

„Tut mir leid, ich wollte sie nicht belästigen oder aufregen, aber ich habe momentan wirklich Angst um mich und meine Tochter. Soll ich zur Polizei gehen? Dann verliere ich meine Tochter an das Jugendamt und lande in der Psychiatrie. Das glaubt mir doch kein Mensch.“ erwiderte ich.

„Ich kann ihnen leider nicht helfen, vielleicht aber sollten sie darüber nachdenken wirklich Hilfe zu suchen. Bei einem Nervenarzt.“

Er drehte sich um und ging zurück in seine Kammer.

„Auf Wiedersehen, Jürgen, kommen sie wieder wenn sie bei Verstand sind und keine gotteslästerlichen Ideen mitbringen.“ rief er noch aus dem Zimmer heraus.

In mir tobte ein Sturm. Ich war wütend und traurig und schockiert zugleich. „Komm Linda, lass uns gehen“ so verließen wir die Kirche wieder, mit dem schlechtesten Eindruck den sie mir hinterlassen konnte.

Was sollte ich jetzt tun? Wieder zurück ins Haus gehen mit der Kleinen? Ich fühlte mich bei dem Gedanken nicht wohl und beschloss ins Dorfgasthaus zu gehen. Der Blick auf die Uhr verriet mir, es war 08:02.

Das Gasthaus war nicht weit weg. Zwei Straßen weiter, an der Schule und dem Kindergarten vorbei, im selben Gebäude in der auch die Pizzeria sich befand. Rechts daneben war die örtliche Polizeistelle in der meist nur ein dicker Schreibtischpolizist saß, der am Computer tippte oder mit der Zeitung auf dem Kopf im Bürostuhl schlief.

„Guten Morgen“ rief ich dem Wirten entgegen. „Hast hoffentlich nichts dagegen wenn mein Zwerg dabei ist.“

„Morgen, nein kein Problem Jürgen, wie geht’s? Was willst du haben? Und du Kleine?“ fröhlich lächelte er mich an.

„Gib mir bitte nur ein Glas Wasser. Ich hab eine Horrornacht hinter mir. Du würdest es nicht glauben.“

Neugierig fragte er was passiert ist und ich erklärte auch ihm die Situation, in der Gewissheit, dass er es für einen Scherz hielt.

„Okay, das klingt... Verrückt, Jürgen.“ Er wusste nicht recht, was er sagen soll, das sah ich in seinem Blick.

„Sag ich doch. Ach, vergiss es.“ antwortete ich. „Bring der Kleinen ein Glas Apfelsaft bitte.“

Er wandte sich um und holte die Getränke.

„Papa? Ich will nach Hause.“ jammerte Linda leise.

„Ich auch, aber das geht jetzt nicht Schatz.“

„Warum nicht?“ Sie fing an weinerlich zu werden und meine Unruhe wurde größer.

„Na gut, wir trinken was, dann gehen wir zurück ins Haus okay Schatz?“ Ich versuchte irgendwie ein wenig Zeit herauszuschlagen, bis ich wieder zurück ins Haus musste.

„Hier eure Getränke und für dich hab ich noch etwas.“ Der Wirt reichte Linda ein Sahnebonbon.

„Danke sön“ sagte sie lächelnd.

„Also du meinst, du hast Geister im Haus? Ich hab so was schon mal gehört. Es gibt Leute die angeblich schwarze Magie anwenden um die Seelen von toten aus ihren Gräbern zu holen. Aber das sind alles nur Mythen. Weiß doch jeder, dass es keine Geister gibt. Oder?“ erklärte er und fragte zugleich. Ich blickte ihn nur an und wusste nicht, was ich antworten sollte.

„Denk drüber nach. Sorry, aber ich glaub es nicht. Willst mich wohl veräppeln.“ scherzte er.

„Ja, schon gut.“ murmelte ich vor mich hin.

In dem Moment kam mir der Gedanke. Der Pfarrer könnte was damit zu tun haben. Er kam mir schon zuvor etwas seltsam und unmenschlich vor. Speziell, weil er ziemlich fanatisch religiös war. Himmel und Hölle... Gott und Teufel... Bullshit!

 

Es war 08:55 auf meiner Uhr. Ich verabschiedete mich vom Wirten und wir gingen zurück zum Haus.

Linda tänzelte vor mir umher. Ich war gereizt und müde, mein Kopf schmerzte immer noch und mir war schwindlig und übel zumute. Jeder Schritt der mich näher Richtung Haus brachte, tat mir im Kopf weh.

 

 

Kapitel 3 – Die Geheimnisse der Kirche

 

Wir waren wieder zurück im Haus und ich verschanzte mich mit Linda im Kinderzimmer. Als ich in mein Zimmer sah, war alles unverändert.

Der Gedanke an den Pfarrer ließ mich allerdings nicht in Ruhe. Ich musste herausfinden, was hier nicht stimmte. Abgesehen von meiner Angst, eine weitere Nacht hier im Haus zu verbringen, musste ich eine Lösung für diese wahnsinnige Sache finden.

Ich rief den Wirten an und fragte ob er mir den Gefallen täte, ein paar Stunden auf Linda aufzupassen, während ich der Sache auf den Grund gehen wollte.

Er sagte zu, auch wenn es ein wenig widerwillig war. Doch er war mir noch etwas schuldig.

 

Eine halbe Stunde später, waren wir zurück im Gasthaus.

„Danke, damit sind wir quitt. Ich hol sie dann Nachmittags wieder ab okay?“ fragte ich unsicher.

„Kein Problem, ich denke heute wird nicht viel los sein und ich bekomme dann Verstärkung von meiner Frau.“

Mit diesen Worten beruhigte er mich. Seine Frau konnte gut mit Kindern umgehen. Sie hatte schon einige Male auf Linda aufgepasst.

Ich machte mich auf den Weg. Mein Plan war es, dem Pfarrer einen weiteren Besuch abzustatten. Ich wollte mir seine Kammer und den Keller unter der Kirche mal genauer ansehen. Auch der Friedhof interessierte mich. Irgendwas schien hier nicht in Ordnung zu sein. Warum musste es ausgerechnet mich treffen?

Der Weinkeller war mir schon unheimlich als wir einzogen, doch so etwas surreales war mir noch nie passiert. Ich ging die Straße zur Kirche entlang. Von weitem sah ich bereits das große Steinkreuz. Die Sonne brannte mir auf dem Nacken. Es war eindeutig zu heiß für diese Jahreszeit. Deshalb flüchtete ich so schnell es ging auf die schattige Straßenseite. Mein Kopf dröhnte noch immer vom Aufschlag auf den Fußboden. Meine Sicht war getrübt und das Sonnenlicht schmerzte brennend in meinen Augen. Das Dorf schien wie leergefegt. Kein Mensch war auf den Straßen zu sehen und auch das typische Hunde-bellen war nicht zu hören, wenn man zu nah an einen Zaun der Nachbarn kam. All das erschien mir sehr seltsam. Es wirkte alles wie in einem Traum. Einen kurzen Augenblick lang war mir nicht klar, was ich eigentlich tue. Dann wurde mir wieder bewusst, was in der letzten Nacht wirklich passierte. Diese Lichterscheinungen und das Schreien meiner Tochter, die eigentlich schlief. Was war los mit mir? Stimmte vielleicht mit mir etwas nicht? Ich hatte mir auf jeden Fall am Vortag zu viel Sonnenstrahlen eingefangen. Langsam zweifelte ich an mir und meinem eigenen Verstand. Der Weg zur Kirche wirkte auf mich wie eine wochenlange Wanderung durch trockenste Wüstensteppen, in denen ein Tropfen Wasser niemals auffindbar war. Mein Mund war staubtrocken, die Kehle zugeschnürt. Doch ich wollte nicht umkehren. Ins Haus wollte ich auch nicht. Dann kam mir die Idee. In einen fremden Garten zu klettern und schnell einen Schluck Wasser aus dem Gartenschlauch trinken. Gedacht, getan. Und trotz allem hatte noch kein einziger Hund im Dorf gebellt und kein nach Wein stinkender Pensionist, dessen Frau ihn vor Jahren verließ pöbelte mich an, wie ich es gewohnt war, bei uns im Dorf.

Es war totenstill als ich auf dem Friedhof ankam. Ich blickte um mich, keiner war zu sehen. Die Tür der Kirche war geschlossen. Ich war also sicher vor des Pfarrers' Blicken. Ich schlich die Kirchenwand entlang nach hinten zum Friedhof der direkt mit meinem Garten abschloss. Zwischen meinem Grundstück und dem Friedhof lag nur ein nicht asphaltierter Weg. Unter meinem Garten, der Weinkeller.

 

Ich stand nun direkt auf dem Friedhof zwischen ungefähr sechzig Gräbern. Es war hier nicht viel Platz um tote Menschen zu begraben. Ich schaute mich um.

Einige Gräber waren uralt. Gestorben 1876 zum Beispiel. Die Grabsteine waren vermodert und teilweise bröckelten sie auseinander. Es kümmerte sich auch scheinbar niemand um die letzte Ruhestätte dieser Menschen. Komischerweise war das jüngste Grab auch bereits sehr alt. Gestorben 1944, ein Opfer des zweiten Weltkrieges. Mir wurde immer unbehaglicher aufgrund der Tatsache, dass ich mich an diesem mysteriösen Ort befand und mein Haus direkt gegenüber von Geistern heimgesucht wurde.

Dann hörte ich wieder diese Tonbandstimme.

Leider verstand ich nur Stücke davon.

„...zu viele ... brennen … gefangen...ewige Verdammnis“

Für mich ergab es keinen Sinn. Das ganze wiederholte sich und es klang, als käme diese Stimme direkt aus dem Erdreich unter mir. Ich schüttelte den Kopf und rieb mir meine Augen, bohrte mit meinen Zeigefingern in meine Ohren, doch die Stimmen stoppten nicht. Ich hörte sie auch wenn ich mir die Ohren zuhielt und sie schienen lauter und lauter zu werden. Es machte mich beinahe verrückt. Oder war ich bereits wahnsinnig geworden?

Ich ging zurück zur Vorderseite der Kirche und öffnete die Tür. „Hallo Pfaffe, da bin ich wieder.“

„Jürgen, komm herein ins Haus Gottes“ ertönte es aus der Kammer am anderen Ende der Kirche.

„Was wird hier eigentlich gespielt? Benutzen sie schwarze Magie oder was fickt mein Hirn so derartig?“

Ich konnte mich vor Wut kaum halten.

„Setzen sie sich doch zu mir, wir trinken gemütlich eine Tasse...“

„Halt dein Maul, Pfaffe, sonst kleb ich es dir. Hör zu, du sagst mir jetzt sofort, was hier los ist, oder ich schwöre bei meiner Tochter, dass ich dich an deinen verdammten Hoden aufhängen werde.“ brüllte ich ihm ins Gesicht, als er aus seinem Zimmer auf mich zu kam.

Meine Faust war bereits gehoben und ich war fast schockiert über mein eigenes Verhalten. So aggressive Züge hatte ich bisher nie an mir selbst gekannt.

„Jürgen... Jürgen... beruhige dich, mein Sohn. Der Herr wird all deine Probleme lösen. Erzähle mir, Sohn, was belastet dich?“ Er sprach so ruhig und gelassen, dass es mich mit Angst erfüllte.

Vorerst hielt ich meinen Mund um die Sache nicht eskalieren zu lassen, falls der Mann tatsächlich unschuldig war. Ich hinkte ihm hinterher und sah zum ersten Mal in seine Kammer.

Darin stand ein altes Holzbett mit uralter Bettwäsche. Mir kam sofort ein beißender, moschusartiger Geruch entgegen. An den Wänden hingen eindeutig mehr Kreuze, als es normal gewesen wäre und das mit Ölfarben gemalte Bild von Jesus Christus auf dem Kreuz machte den Anschein als gäbe es für diesen Mann nichts als das Leid von Jesus, dem Sohn Gottes. Er war offensichtlich religiös besessen. Im Eck stand ein hölzerner, quadratischer Tisch. Auf ihm befanden sich rote Kerzen und eine schwarze Bibel. Das war alles. In dem Raum lebte ein verrückter, alter Mann.

„Was tun sie hier den ganzen Tag?“ fragte ich.

„Ich sorge dafür, dass wir Menschen unserem Herrn gerecht werden.“ antwortete er kühl.

„Haben sie irgendwas mit schwarzer Magie zu tun?“
„So etwas wie Magie oder Geister gibt es nicht.“ Er blieb weiterhin ruhig. Dieses mal regte er sich nicht auf.

„Was ist dann mit mir passiert? Was sind das für … Dinger in meinem Haus?“ Mein Zittern wurde immer stärker. Dann stand er auf und ging zur Tür.

„Folge mir.“

Ich ging ihm panisch hinterher. Er zeigte mit dem Finger auf einen Stufenabgang, dessen Tür mit Ketten verschlossen wurde.

„Da unten lebt es. Es ist kein Geist. Es hat auch nichts mit Magie zu tun. Ich erkläre es dir. Jedoch wollte ich dieses Geheimnis bewahren.“ sagte er und wurde dabei immer unruhiger.

„Was lebt da unten?“ fragte ich aufgeregt?

„Als der erste große Krieg zu Ende war, begrub man die Gefallenen Soldaten aus unserem Dorf und der Umgebung hier. Diese Soldaten wurden damals dafür eingesetzt, ganze Orte komplett auszuradieren. Von dieser Geschichte weiß heutzutage hier im Dorf keiner mehr, außer mir. Die Vernichtungstruppe wurde mit Flammenwerfern und Giftgas in die Städte und Dörfer an der Front geschickt um selbst die letzten Spuren von Leben dort auszulöschen. Und sie kamen alle selbst dabei um. Es waren insgesamt 85 Männer, die töteten um am Ende selbst getötet zu werden. Ihre Strafe bekamen sie, als sie hier beerdigt wurden. Ein Dämon namens Eurynome*, der seit Jahrhunderten unter dieser Kirche eingeschlossen ist, hat Besitz ergriffen, von den Seelen der toten Soldaten. Bisher sind ihre Erscheinungen allerdings nicht über die Mauern dieser Kirche hinaus gewandert. Es tut mir Leid, aber ich kann dir in dieser Sache nicht helfen. Mir kann der Dämon nicht weh tun. Ich bin geschützt von Gott, dem Herrn und seinem Sohn Jesus Christus, der über meinem Bette wacht.“

Er begann stark zu zittern und nahm hastig ein Kreuz in die Hand, seine Augen rollten sich zurück und wieder nach vorne, zurück und wieder nach vorne. Es hörte für eine kurze Weile nicht auf und konnte nur von panischem Schrecken gepackt daneben stehen und zusehen.

Dann beruhigte er sich wieder. Doch ich bekam ihn nicht wach. Sein Atem und der Puls waren zu dem Zeitpunkt vorhanden, also lebte er.

Ich ging ein paar Schritte aus der Kammer hinaus und blitzartig hämmerte etwas von innen heftig gegen die Tür, die in den Keller der Kirche führte. Auch ein zweites, drittes und viertes mal erschütterten brutale Schläge das gesamte Gotteshaus. Die Stimme in meinem Kopf hatte aufgehört. Das war mir während dem Gespräch mit dem Pfarrer nicht aufgefallen. Stattdessen hörte ich jetzt ein gurgelndes und zischendes auf und ab aus dem Keller. Es klang als würde jemand etwas riesiges, fleischiges, schleimiges auf dem Boden hin und her ziehen.

Wie aus dem Nichts spürte ich einen weiteren Schlag auf den Hinterkopf. Mir wurde schwarz vor Augen und ich kippte zur Seite um. Im letzten Moment ehe ich ohnmächtig wurde, konnte ich noch die Umrisse des Pfarrers der sich über mich beugte sehen.

 

 

Kapitel 4 – Die Opferung

 

Ich öffnete meine Augen und konnte zuerst außer rötlichem Licht nichts erkennen. Nach einigen Minuten schaffte ich es mich aufzusetzen. Mein Atem war schwer und ich spürte im Hals, wie mein Herz pochte. Die Luft war dick und feucht. Es fühlte sich an, als konnte man sie mit einem Messer schneiden. Mir tropfte Schweiß von der Nase. Die ersten Schemen die ich erkennen konnte, waren die von Särgen rund um mich aufgebahrt. Allesamt geöffnet. Dann merkte ich, dass ich selbst in einem Sarg saß. Das rötliche Licht stammte von Kerzen die im ganzen Raum aufgestellt waren und in der Dunkelheit trostlos vor sich hin flackerten. Der Geruch, den ich wahrnahm, war kaum zuzuordnen. Es roch nach meinen schlimmsten Albträumen. Nach totem Fisch, der tagelang in der Sonne lag oder einer vaginalen Pilzinfektion.

Das Geräusch hatte nicht aufgehört. Immer noch war ein ekelerregendes, schleimiges Scheuern zu hören.

Es war allerdings nicht mehr so weit von mir entfernt wie zuvor. Befand ich mich im Keller der Kirche?

Der Pfarrer hatte mich bewusstlos geschlagen. Ich hatte ihm nicht vertrauen dürfen. Meine Vorahnung war richtig gewesen und ich bereute, dass ich alleine hergekommen war.

Ich kletterte aus dem Sarg und spürte wie das Blut von meinem Kopf den Rücken hinunterlief. Ein zweites Mal musste ich mir den Schädel verbinden. Dieses Mal mit meinem schweißgebadeten T-Shirt.

Wie vom Teufel gejagt zwängte ich mich zwischen den Särgen durch und bemerkte, dass in jedem einzelnen eine deutlich verweste Leiche lag. Sofort hielt ich mir die Hand vor den Mund. Ich war kurz davor, mich zu übergeben, als ich in unmittelbarer Nähe Lindas' Stimme hörte.

„Papa, Papa, du hast nicht aufgepasst!“

Mir stockte der Atem. Das konnte nicht real sein. Ich hatte Linda bei einem Freund abgegeben. Sie konnte nicht hier sein. Doch dann flitzte ein Schatten an mir vorbei und verschwand hinter einer Ecke, wo ein Durchgang zu sein schien. Ich bewegte mich weiter in dieselbe Richtung wie der Schatten, in der fürchterlichen Erwartung von etwas Grauenhaften überrumpelt und massakriert zu werden. Nichts passierte, ich stand nun am Anfang eines dunklen Flurs der in den Raum führte, in dem ich mich mit all den Leichen befand. Leider konnte ich kaum drei Meter weit sehen, also beschloss ich mir eine der Kerzen aus dem Raum zu holen. Das kleine flackernde Licht des Kerzenfeuers brachte mir leider nicht viel Weitsicht, doch ich setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen und ging weiter. Der Boden unter meinen Beinen fühlte sich matschig an und jeder Schritt verursachte ein schmatzendes Geräusch. Ich kam dem lauten, reibenden Geräusch näher, das ich schon die ganze Zeit hörte. Sehen konnte ich jedoch nichts. Ich sah nach links, nach rechts, nach oben und schließlich sogar nach unten auf den Boden. Ich fand nichts, außer Dunkelheit. Somit musste ich meinen gesamten Mut zusammen nehmen und die Angst vor Finsternis überwinden.

„Einfach weitergehen, einfach weiter...“ und schon stieß ich mit dem Knie an eine Kante. Als ich die Kerze nach unten hielt, spürte ich wie mein Knie schmerzte. Ich war gegen einen Sarg geprallt, aus dem die knöcherne Hand einer Leiche ragte. Links eine Wand, rechts ging der Flur weiter.

Ich blieb in der Nähe einer Mauer um mich orientieren zu können. Dann spürte ich mit den Fingern an der Wand links zu mir etwas schleimiges. Es fühlte sich plötzlich an als wären die Wände aus einer organischen Materie. Als ich mir die Wand im Kerzenlicht ansah, bemerkte ich, dass ich inmitten eines langen Tunnels aus dieser stinkenden, wabernden, fleischartigen Materie stand. Ich schaute weiter um mich. Eine ungefähr zwanzig Zentimeter dickes Rohr, das mehr einer Arterie ähnelte, ragte aus der Wand neben mir. Aus ihr tropfte in pulsierenden Bewegungen eine dampfende, dicke Flüssigkeit auf den Boden herab, der vermutlich ebenfalls aus unaussprechlich grauenhaften, menschlichen Überresten bestand. Sofort wendete ich meinen Blick ab. Durch meine Adern schoss pures Adrenalin. Mein Herz-Kreislaufsystem versagte langsam aber sicher. Der Puls raste in mir, so sehr, dass ich ihn in jedem meiner Finger spüren konnte. Meine Augen nahmen kaum noch etwas wahr. Am Liebsten hätte ich sie einfach geschlossen und wäre an Ort und Stelle gestorben. Doch dann fiel mir Linda ein. Meine Tochter. Ich durfte sie nicht im Stich lassen. Sie durfte nicht auch noch ihren Vater verlieren.

Ich schlurfte weiter den Tunnel entlang und mit jedem Atemzug brannten meine Lungen, als wären sie mit Gas gefüllt. Dann erblickte ich ein Licht am Ende des Tunnels. Die Geräusche und Stimmen in meinem Kopf wurden immer leiser, je weiter ich mich dem weißen Licht des Tunnels näherte. Als ich endlich vor der offenen Tür stand, aus der ein gleißend, heller Lichtschein drang, verlor ich endgültig mein Bewusstsein.

 

Licht...

Ich lag nun auf einem steinernen Altar. Durch scheinbar fremde Augen, sah ich mich blutend da liegen. Ich war mir nicht sicher, ob ich noch atmete. Ich schien tot zu sein.

 

Als ich bemerkte, dass ich über mir selbst schwebte, mich frei in der Luft bewegen konnte und sah wie um mich herum Lichter anfingen auf unheimliche Weise zu tanzen, fühlte ich mich von ihnen angezogen.

 

Denn, ich war nun einer von ihnen.

 

 

Epilog

 

Jürgen wurde nie wieder gesehen. Der Wirt rief noch am selben Tag die Polizei, nachdem er Jürgen nicht telefonisch erreichen konnte. Auch die Behörden haben nie feststellen können, was mit dem jungen Mann geschah. Seine Tochter Linda wurde in die Obhut einer Pflegefamilie gegeben und lange Zeit psychiatrisch behandelt.

 

Vier Jahre später wurde das Haus in dem Jürgen mit seiner Tochter wohnte abgerissen. Der Pfarrer lebte weiterhin sein religiös-fanatisches Leben mit der Last auf den Schultern, seine Seele an einen Dämon verkauft zu haben.

 

*Eurynome:

In der christlichen Mythologie ein höherer Dämon und Fürst des Todes. Mit großen, langen Zähnen, einem von Wunden entstellten Körper und Fuchspelz als Gewand. Es wurde berichtet, er ernähre sich von Tierkadavern und Leichen.

Laut Erzählungen gab es in Delphi eine Statue, die ihn mit schwarzem Gesicht zeigte, wie er auf Geier-haut saß und einem Wolf die Zähne fletschte.

Die Geschichte von Jürgen basiert auf einer wahren Begebenheit. Allerdings sind 95 % davon frei meiner Fantasie entsprungen. Danke an meinen Bruder für die Idee!

Impressum

Texte: Michl Schendi
Tag der Veröffentlichung: 04.06.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meinen Bruder

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